I'm not the one von Mismar (Juugo x Kimimaro) ================================================================================ Prolog: So nah. So fern ----------------------- Der Schein einer Kerze hüllte das Zimmer in ein rötliches, warmes Halbdunkel ein. Unruhig, und von seinem schnellen Atem angetrieben, loderte die Flamme auf. Er berührte sie mit Faszination. Ein süßer, kurzer Schmerz betäubte ihn. Erregte ihn. Ein stilles Lächeln umspielte seine Lippen, die feine Verbrennung heilte im Nu. Es war also kein Traum. Der Laut einer sich öffnenden Tür zog die Aufmerksamkeit auf sich. Ein schwarzhaariger Mann trat mit phlegmatischen, anmutigen Schritten in den Raum. Vorsichtig, und mit Bedacht, umkreiste dieser ihn wie eine Beute. „Du bist also schon hier, Kimimaro.“, zischelte dieser vergnügt, und als er vor ihm zum Stehen kam, ihn keine Sekunde aus den Augen lassend, verschränkte er die Arme vor der Brust. Er wartete. Eine tiefe Verbeugung. Das weiße Haar, so fein gesponnen wie die Fäden einer Seidenraupe, fiel ihm ins Gesicht. Kimimaro legte sich eine Hand aufs Herz und erwiderte auf die scheinbar rhetorische Frage mit einem „Ja, Orochimaru-sama.“ Unbeschreibliche Freude, die nicht in Worte zu fassen war, machte sich in ihm breit. Mit leichter Gewalt umfasste der schwarzhaarige Schlangenmann das Kinn des anderen. Seine Raubtieraugen fixierten die smaragdgrünen Iriden zufrieden, seine Zunge glitt geradezu verzückt über die Lippen. „Heute Nacht werde ich deinen Körper noch viel mehr begehren als ich es bereits tue, Kimimaro.“ Dann stieß er ihn in das große, weiche Bett. Gesten wie diese hätten nicht zweideutiger sein können; besonders als Orochimaru den jungen Mann dazu aufforderte, sich das Obergewand von den Schultern zu streifen. Wie so oft betrachtete er Kimimaros makellosen Körper mit Genuss: Männlich und doch von einer ansehnlichen Eleganz. Und schon bald würde dieser Körper seiner sein. Schamlos, und unter Wunschvorstellungen leidend, zog er die Kleidung bis zur Hüfte. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse, das Blut peitschte wie verrückt. Kimimaro warf dem Schwarzschopf einen vielsagenden Blick zu, als dieser mit bedächtigen Schritten auf ihn zukam. Orochimaru stützte sich mit einem Knie ab, die weiche Matratze federte unter seinem Gewicht. Die eine Hand tastete nach Kimimaros Schulter, umspielte sie mit emsigen Fingern. Sogleich drückte er ihn aufs Bett, beugte sich diabolisch lächelnd über ihn. Sein langes, schwarzes Haar berührte ihn, als er sich gierig an seinem Hals zu schaffen machte. Ein Gefühlschaos brach in ihm aus, Kimimaro war nicht in der Lage, seine Gefühle und Gedanken zu ordnen. Sie tobten und rasten wie bei einem Unwetter auf hoher See. Orochimaru versetzte ihn in regelrechte Ekstase mit dieser bis dato unbekannten Empfindungen. Sein Verlangen nach ihm wuchs ins Unermessliche. Er spürte den tiefer gleitenden Mund, Richtung Oberkörper. Keuchend ergriff er das Laken, und schon bald zersägte ein leiser Schrei, sowohl lustvoll als auch mit Schmerzen geprägt, die Lippen. Orochimaru hatte ihn gebissen, seine spitzen Zähne bohrten sich tief in das Fleisch. Vergnügt leckte er sich über die Lippen, schmeckte das Blut des anderen. Der unter ihm Liegende krallte sich in sein schwarzes Haar. Die Pein war ihm ins Gesicht geschrieben, aber sie wurde mit einem Lächeln untermauert: Kimimaro ertrug diese Schmerzen mit einer Glückseeligkeit. Das Mal des Fluches breitete sich auf seinem Oberkörper aus und versetzte ihn in einen komaähnlichen Zustand. Die Wahrscheinlichkeit war sehr gering, dies zu überleben. Orochimaru richtete sich auf, langsam, das Gesicht zur Tür gewandt. Ein anderer stand in dieser, er schien zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein. „Kümmere dich um ihn, Kabuto.“, befahl er dem Iryoin. Ein letzter, flüchtiger Blick zu Kimimaro. Das Leiden setzte sich selbst in seiner Bewusstlosigkeit fort. Kabuto schob die Brille zurecht. Sein Meister ging unbesorgt an ihm vorbei, dass der auf dem Bett liegende Junge höchstwahrscheinlich sterben würde, schien ihn nicht zu kümmern. „Und im Falle eines Todes...? Soll ich seinen Körper ins Labor bringen?“ „Mach mit ihm, was du willst. Tot nützt er mir gar nichts.“ Das war auch die einzige Antwort, die man ihm gab, und Kabuto würde sich diesem Wunsch beugen. Kapitel 1: Das, was uns verbindet --------------------------------- „Sein Zustand ist kritisch. Ob er sterben wird?“ „Ich weiß nicht… Orochimaru-sama wird dies nicht erfreuen.“ „Ja… wir behalten es besser für uns… ich meine, er lebt ja noch.“ „Noch…“ Ein prüfender Blick glitt über den Monitor. Die Mitarbeiter nahmen das durch die Kamera erfasste Umfeld in Augenschein, das einen spärlich eingerichteten Raum gleich einer Zelle zeigte. Nur eine Liege, auf der eine halb zerwühlte Decke lag, und eine Waschgelegenheit waren das einzige Mobiliar, das dieser Raum zu bieten hatte. Der Bewohner des „Zimmers“ hatte sich wieder einmal in die Ecke verkrochen, die Unterarme blutend, den Kopf mit beiden Händen gestützt. Juugo schien wie gewohnt seine Kontrolle verloren zu haben, unterlag wie so oft seiner bösen Seite, die sich zu seinem Leid an dessen eigenen Körper zu schaffen gemacht hatte. Sein Juin heilte die Wunden, aber nur die körperlichen, seelisch war er mehr Wrack als Mensch. „Monster“ traf es wohl besser zu. Der Mitarbeiter umfasste seinen Nacken. Mochte dieser Job auf der einen Seite ein Segen sein, denn trotz Einfachheit wurde er gut bezahlt, so war dieser auf der anderen Seite durch das ständige Beobachten tödlich für den Nacken. „Ich weiß nicht… er wirkt nach einem Besuch Kimimaros immer so fröhlich. Vielleicht sollten wir diesen zu ihm schicken lassen.“ „Das ist nicht unsere Entscheidung, Kabuto-sama hat dies zu bestimmen.“ „Gut, ich gebe ihm Bescheid.“ Und somit wandte er sich an das Funkgerät, um besagten Kabuto zu kontaktieren. „Wir stören Sie ungern, Kabuto-sama, aber da gibt es ein kleines Problem.“ Die Leiden der Nacht waren wie vergessen, als Kimimaro im Spiegel betrachtend das Erd-Juin bewunderte. Es war ein gutes Zeichen, es am Körper zu tragen. Denn kurz bevor er eingewilligt hatte, sich das Juin injizieren zu lassen, hatte er ein vertrautes Gespräch mit seinem besten Freund Juugo geführt. Dieser war keineswegs begeistert gewesen, denn er nannte sich selbst „Die Wurzel allen Übels“. Zudem hätte er es sich nie und nimmer verziehen, wenn sein Juin Schuld an Kimimaros Tod gewesen wäre. Doch er lebte, und ihn überkam das Gefühl, seine Krankheit mit diesem Mal bekämpfen zu können; einer Krankheit, die er bislang verschwiegen hatte. Es wäre zwar das klügste gewesen, Orochimaru mit dieser Neuigkeit zu konfrontieren, aber er wollte diesen nicht in ein seelisches Unglück stürzen. Juugos Juin heilte Wunden, wieso also keine Krankheiten? Zuversichtlich, wie er war, hatte er hierfür seinen eigenen Tod in Kauf genommen. Des Weiteren wünschte sich Orochimaru das Juin am Leib zu tragen, das den Wirt um ein Zehnfaches verstärkte. Aber dieser setzte sein Leben nicht aufs Spiel, also hatte Kimimaro dies für ihn getan, denn er hatte nicht vor, den Wunsch, Orochimarus Traumgefäß zu werden, zu verwerfen. „Wundervoll.“, hörte er Orochimaru schnalzend mit der Zunge sagen. „Ein unglaublicher Körper, ich kann es kaum erwarten, ihn zu besitzen.“ Er war unangekündigt in das Zimmer getreten und stellte sich, mit beiden Händen Kimimaros Schultern berührend, hinter seinem Schützling. Dieser lächelte seinem Spiegelbild entgegen und zog den Reißverschluss seines Obergewands zu. Das Juin war wie eine Tätowierung sichtbar zu sehen. „Ich wünsche mir nichts sehnlicher.“, meinte Kimimaro begeistert. Denn Orochimaru hatte seinen Körper stets bewundert, aber dieser war noch nie so angetan gewesen wie heute. Er würde sich bei der nächsten Gelegenheit bei Juugo bedanken, denn in diesem Moment ahnte er nicht, dass sein rothaariger Freund wehleidig in einer Ecke hockte, mit Selbstmordgedanken spielend. „Ich habe etwas für dich.“ Die Geschenke häuften sich in letzter Zeit. Narrenfreiheit wurde ihm vergönnt wie kein zweiter, und dies war vorteilhaft, denn er hatte geplant, seine letzten Tage mit Juugo zu verbringen. Nickend folgte er seinem Meister in einen großen Saal, in dem vier Gestalten zu warten schienen. Er sah hoch zu dem Geländer und wurde mit einem hämischen Grinsen begrüßt, fast so, als sähen sie in ihm eine Art Opfer, an dem sie ihre Mordlust hätten befriedigen können. „Sie haben alle das Juin.“, erklärte Orochimaru. „Ich schenke sie dir. Mach mit ihnen, was du willst.“ So hatte der Sannin diese vier Personen zu Gegenständen degradiert, über die Kimimaro verfügte wie Spielzeuge; ein starker Charakterzug Orochimarus, Menschen wie wertlose Objekte zu behandeln. Wenn diese ihren Sinn nicht erfüllten, oder ihren Besitzer schlichtweg langweilten, dann warf man sie weg wie Abfall. Der Weißschopf freute sich über diese äußerst großzügige Gabe, denn das Juin steigerte ihren Wert und somit auch seinen. Aber er hatte nicht vor, sie zu töten, oder sie zu einem perversen Vergnügen zu zwingen. Sie sollten ihm gehorchen, jeden Befehl widerstandslos ausführen. Die Unzufriedenheit spiegelte sich auf ihren Gesichtern wider; sie würden ihn also nicht als Meister akzeptieren. Nun denn, es war ihre Entscheidung, dann würde er sie eben zu Tode verurteilen. „Dient mir, oder ich töte euch.“ Seine Bemerkung war keineswegs als Kampfansage gedacht, aber die vier sprangen über das Geländer und griffen ihn gemeinsam an. Da Kimimaro ein sehr guter Taijutsu-Meister war, brachte er den ersten aus der Gruppe, einen übergewichtigen Jungen namens Jirobo, aus dem Gleichgewicht. Sogleich ergriff er die Hand eines dunkelhäutigen, sechsarmigen Ninjas und schleuderte Kidomaru auf die anderen beiden Angreifer zu. Tayuya und Sakon wichen sowohl mit Glück als auch mit Können aus. Einen gewaltigen Schritt nach hinten springend, führten sie beide unterschiedliche Fingerzeichen aus, um Ninjutsus gegen ihn einzusetzen. Orochimaru verfolgte das Treiben amüsiert. Kimimaro schien leichtes Spiel zu haben, und verzweifelt aktivierten die vier das Juin, um ihre Kräfte zu steigern. Trotzdem war der Weißschopf besser als sie alle zusammen. „Orochimaru-sama, ich störe Sie ja ungern…“ Kabuto gesellte sich an seine Seite und richtete sich aus einer Gewohnheit heraus die Brille. „Juugo macht uns Probleme.“ „Erzähl.“ „Er hat sich geschnitten. Wir sind uns so ziemlich sicher, dass er einen Selbstmordversuch plant.“ „Ich kann mir denken, weswegen.“, sagte dieser so kühl wie möglich. „Gut, Kimimaro soll ihn aufsuchen… nach dem Kampf.“ Juugo hätte sich schon vor Jahren umgebracht, wenn dieser den Mut dazu gehabt hätte. Somit kam es auf die eine oder andere Minute nicht an, auch wenn der Rotschopf ein wichtiger Bestandteil für seine Experimente war. So verfolgte Orochimaru den Kampf bis zum Finale. Kimimaros Gegner hatten die erste Stufe des Juins eingesetzt, die Muster zeichneten sich wie Tätowierungen am ganzen Körper ab. Und dennoch schienen sie nicht den Hauch einer Chance zu haben; es hatte keine fünf Minuten gedauert, und schon lagen Jirobo und Kidomaru bewusstlos auf dem Boden. Die rothaarige Tayuya stemmte sich fluchend hoch, sie war kaum in der Lage, sich auf den Beinen zu halten, aber sie versuchte dies mit ganzer Kraft. Mochte dies aus Dummheit geschehen, oder aus Ehrgeiz, da auch Sakon sich nicht geschlagen geben wollte, so war Orochimaru die Motivation reichlich egal. Anerkennung gab es einzig und allein für Kimimaro. „Ich frage euch nochmal: Wollt ihr mir dienen? Oder muss ich euch töten?“ Eine Art Besessenheit flammte in seinen Augen auf; nicht, weil er sie unbedingt zur Strecke bringen wollte, sondern weil er sich bewusst geworden war, wie sich wahre Macht anfühlte; Macht, über Menschen bestimmen zu können wie Gegenstände. Orochimarus Macht. Sakon und Tayuya waren endlich zur Vernunft gekommen. Da sie bereits auf allen vieren am kriechen waren, verbeugten sie sich bis zum Boden. Niederlage. Eine schmerzliche Erkenntnis, die sie erst einmal zu verarbeiten hatten. Und dennoch waren sie froh, in Kimimaro einen würdigen Meister gefunden zu haben. Erleichtert, weil er endlich das angestrebte Ziel erreicht hatte, fuhr er zu Orochimaru herum. Er legte sich eine Hand auf die Brust, berührte sanft das Juin. „Jetzt… bin ich mit Euch verbunden, Orochimaru. Auf Ewig.“ Ja, es war das Band zwischen Orochimaru und ihm, eins, das er Juugo zu verdanken hatte. So fühlte er sich auch seinem rothaarigen Freund verbundener denn je, und wie erhofft, hatte etwas, das zu Juugo gehörte, ihm nicht geschadet. Der schwarzhaarige Schlangenmensch schritt auf ihn zu. „Großartig. Ich habe nichts anderes erwartet.“ Mit einer wegwerfenden Geste deutete er den vieren an, den Platz zu räumen. Sie waren nicht länger vonnöten. Nicht jetzt. Jetzt war es an der Zeit, ein ernsthaftes Gespräch mit Kimimaro zu führen. Denn obwohl er so gelassen über Juugos Zustand reagiert hatte, bedauerte er dessen kritischen Zustand zutiefst. Juugo war wie eine tickende Zeitbombe, und so langsam beschlich Orochimaru das Gefühl, dass diese bei Kimimaros „Tod“ hochgehen würde. Es war ihm wichtig, dies zu verhindern, denn er hatte nicht vor, sich von Juugo auf der Nase herumtanzen zu lassen. Aber ihn zu verlieren wäre ein schwerer Verlust gewesen, und er würde nicht freiwillig auf den lang ersehnten Körper verzichten... nein, es war an der Zeit, Juugo zur Vernunft zu bringen. Orochimaru berührte eine weiße Strähne, die sich in Kimimaros Gesicht verirrt hatte. „Juugo... er scheint deinen Traum nicht unterstützen zu wollen.“ Kimimaro warf ihm einen fragenden Blick zu, kindliche Naivität spiegelte sich in seinem Gesicht wider. „Das hat er mit keiner Silbe erwähnt...“ Natürlich schenkte er seinem Meister Glauben, dennoch machte sich in ihm eine kleine Enttäuschung breit, weil er sich voll und ganz auf die Unterstützung des Hünen verlassen hatte. Es war doch sein langersehnter Traum, der einzige Grund seiner Existenz. Warum wollte Juugo dies vereiteln? Wenn man einen Menschen mochte, dann unterstützte man dessen Träume, oder etwa nicht? „Du weißt... er ist mir wichtig. Nicht so wichtig wie du...“ Er strich die Wange des anderen, die einen sanften Rotton angenommen hatte. „... dennoch unersetzbar.“ „Ja...“ Sein schneller schlagendes Herz hüpfte wie verrückt. „Ich werde mit ihm reden... er soll sein Leben nicht wegwerfen, denn ich werde schon bald in Euch weiterleben, daher würde ich es nur fair von ihm finden, Euch zu gehorchen.“ Nickend stimmte Orochimaru ihm zu, das war auch alles, was er hören wollte... denn schon erreichte sie eine Hiobsbotschaft, als eine hysterisch klingende Stimme aus Kabutos Funkgerät zu sprechen begann. „Er ist draußen...! Juugo... er ist aus seiner Zelle entkommen!“ Und so schnell, wie diese Worte zu ihnen vorgedrungen waren, so schnell war Kimimaro aus dem Raum gestürzt, in der Hoffnung, das Schlimmste verhindern zu können. Kapitel 2: Für dich und mich ---------------------------- Momente wie diese waren in der Lage, einen so guten Start in den Tag zu vermiesen. Wie hatte Juugo die Zelle verlassen können? Dieses unfähige Personal! Er würde die Toten und Schwerverletzten nicht bedauern… es gab Sicherheitsmaßnahmen, an die sich jeder zu halten hatte. Nachdem er schnellstens die Strecke hinter sich gelassen hatte, und das Laboratorium erreichte, kam er schlitternd zum Stehen. Er hörte eine bekannte Stimme, die mitunter rau und vor allem sehr bedrohlich klang. Juugos dunkle Seite... er mochte sie nicht, auch wenn er alles an Juugo akzeptierte, denn diese verursachte mehr Chaos in einem Moment als ein wild gewordenes Tier. „Ich bring dich um!“ Er sah in dem schwach beleuchteten Flur die Silhouette seines Freundes. Dieser sprintete mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf ihn zu, eine schwere Eisenkette hinter sich her ziehend. Mordlustig eilte er auf Kimimaro zu, die Faust war zu einem Schlag angehoben. Und kaum hatte er diesen erreicht, denn der Weißschopf hatte sich nicht von der Stelle gerührt, blieb der gezielte Schlag aus. „Hast du dich endlich beruhigt?“ Niedergeschlagen, und sich scheinbar schuldig fühlend, warf Juugo einen Blick Richtung Boden. Das Juin zog sich zurück. „Du bist nicht allein, Juugo.“ Kimimaro legte ihm eine Hand auf die Schulter, sah in das reumütige Gesicht des anderen. „Ich bin doch da.“ Diese Worte waren wie Balsam für seine Seele, die schmerzlich wie Feuer brannten; denn im gleichen Augenblick erinnerte er sich an die Tatsache zurück, dass schon bald Kimimaro als ein Gefäß unter vielen enden würde. „Es tut mir leid...“, flüsterte dieser so leise wie möglich. Die Morde, die er seiner dunklen Seite zu verdanken hatte, waren nicht zu entschuldigen. Sein Freund war dies aber gleich, denn das Wohl Juugos stand im Vordergrund. „Gehen wir in deine Zelle, damit sich die Panik legt.“ Sanft umfasste er die Hand des Hünen, die größer und kräftiger war als seine. Er zog diesen mit leichter Gewalt mit sich mit, die schwere Eisenkette grub tiefe Furchen in den Boden. Blut säumte die Wände, die Leichen lagen mit zertrümmerten Körpern auf dem Boden. Juugos böse Seite hatte ganze Arbeit geleistet, nicht, dass er dessen Tat nicht beklagte, aber es gehörte nun mal zur menschlichen Natur, dass die Starken die Schwachen fressen. „Es tut mir leid.“, wiederholte Juugo erneut, als sie an seiner Zelle angekommen waren. Er deutete auf einen abseits liegenden Mann. Das Gesicht glich einem Trümmerhaufen, es war erstaunlich, wie viel Kraft und Wut in dem bösen Juugo steckte. Warum dieser Mitarbeiter überhaupt die Tür in dessen Zelle geöffnet hatte, war Kimimaro ein Rätsel. Er trat auf den Leichnam des jungen Mannes zu und hob die Schlüssel an. Nach einem kaputten Schloss zu urteilen, hatte Juugo bei der letzten Kette die Tür aufgebrochen, dabei den Kopf des Jungen so kräftig gegen die Wand gestoßen, dass dieser bei dem ersten Schlag verstorben war. Mordlust hin oder her, aber Juugos Schläge waren auf Anhieb tödlich und so blieb ihnen eine unvorstellbare Qual aus. „In die Zelle mit dir.“ „Ja…“ Juugo betrat seine ungemütlichen vier Wände. Das fahle Licht der Sonne schien durch die Gitterstäbe und der dadurch verursachte Schatten hinterließ einen melancholischen Eindruck: Das war Juugos Leben. Wie ein eingesperrter Vogel, der seit Jahren die Welt da draußen nicht erblickt hatte. Mochte Kimimaro auch ein eingesperrter Vogel sein, so war jener Käfig aber golden. „Ich muss mit dir reden.“ Kimimaro warf die Tür hinter sich zu. Um die Toten würde sich ein anderer kümmern, Orochimarus Wünsche waren von Wichtigkeit. Der Weißschopf machte einen gezielten Schritt auf die Liege zu und warf seinem Freund einen aufmunternden Blick zu. „Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Das passiert manchmal. Und das bist ja nicht du, der das zu verantworten hat.“ „Und doch sind es meine Hände, an denen das Blut dieser Menschen klebt.“ Das schlechte Gewissen war die eine Sache, er hob seinen Kopf an und schaute direkt in die grünen Irden seines Freundes. Wie einzigartig diese doch waren. Sein Blick glitt tiefer und als er das Mal auf der Brust entdeckte, zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen. „Du trägst es…“ „Ja.“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen und er berührte das Zeichen mit immenser Zärtlichkeit. Ein Schatz, den er einzig und allein Juugo zu verdanken hatte. „Du hast mir das Leben gerettet… ich weiß nicht, wie ich dir danken soll.“ Juugo zwang sich zu einem Lächeln. „Du hast mir nicht zu danken… ich danke dir.“ Denn bevor es zu einer Bekanntschaft zwischen ihnen gekommen war, da hatte Juugo einsam und alleingelassen in einer Hölle gelebt. Und nun hatte er einen Freund; und dieser war sein ein und alles. Was wäre denn gewesen, wenn das Juin ihn abgestoßen hätte? Dass Orochimaru ihn dafür hätte hassen können, war noch zu verkraften, denn so wirklich mögen tat er diesen nicht, aber ihm selbst wäre das Weiterleben schwergefallen. Welche Gründe sprachen denn für das Leben, wenn man so verdorben und abscheulich war wie Juugo? Er war schlimmer als ein Monster, denn er tötete ohne die Konsequenzen zu bedenken: Er nahm Männern das Leben, die eine Familie zu ernähren hatte. Die Ermordung an Frauen schien seiner bösen Seite ein großes und vor allem perverses Vergnügen zu bereiten. Und die Kinder… zu unschuldig, um überhaupt eine böse Tat im Leben vollbracht zu haben, für die man sie hätte bestrafen können. Ja, Juugo hasste diese andere Seite in ihm. „Was wäre denn gewesen… wenn du gestorben wärst?“ „Ich lebe aber noch, über alles andere lässt sich streiten.“ Natürlich hatte er diesbezüglich schlaflose Nächte verbracht. Wer wäre dann der geeignete Körper für Orochimaru gewesen? Und Juugo…? Keiner hatte es bislang geschafft, ihn ohne Gewalt und Medikamente zur Ruhe zu zwingen. „Komm zu mir.“ Er hatte Platz auf der ungemütlichen Liege genommen. Wie grässlich es doch sein musste, auf so einem Ding zu schlafen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätte er Juugo ein ordentliches Bett gezeigt, eins, das so groß war wie das von Orochimaru. Diesem Mann verdankte er eine Art Luxusleben, auch wenn er mit einer bescheidenen Variante hätte auch leben können. Er selbst war in einer Hölle großgeworden, keine Liege, keine Waschgelegenheit, und war mit allem dankbar gewesen, das Orochimaru ihm geboten hatte. Aber er ähnelte seinem Meister so sehr, dass er sich langsam aber sicher daran gewöhnte, zu verlangen, was sein Herz begehrte. Juugo kam der stillen Aufforderung nach. Er ließ seinen Freund nicht aus den Augen, besonders das Juin fixierend. „Versteh mich doch…“ „Tu ich doch. Und das bedeutet mir viel. Wirklich. Aber… lass uns reden. Es ist dringend.“ Er machte eine kleine Pause, seine Worte genau durch den Kopf gehen lassend, und nach einer genauen Überlegung fing dieser auch schon zu sprechen an: „Du musst mir was versprechen… tu es für mich, ja?“ „Um was geht es denn…?“, fragte dieser so misstrauisch wie möglich. Juugo ahnte Böses. „Versprich es mir erst. Und das musst du auch halten, ja?“ „Na schön…“ Der Weißschopf seufzte erleichtert auf, ein großer Stein war ihm wirklich vom Herzen gefallen. Eine Bitte wie diese hätte er ja nicht erzwingen können. Denn sobald dieser zu Orochimarus Körper werden würde, dann hätte er keine Gewalt mehr über Juugo. „Du magst mich doch sehr, oder?“ „Das weißt du doch… wie sehr ich dich mag.“ Mögen war wohl untertrieben. Juugos gesamte Welt drehte sich um Kimimaro, wie ein Besessener dachte er stundenlang an den einzigen Freund, den er hatte und den er nicht verlieren wollte. Er lächelte sanft und umfasste eine Hand Juugos. „Ich mag dich auch… aber ich bitte dich, als dein Freund, dir nicht wehzutun, hörst du? Du bist wichtig für Orochimaru, dein Juin verhilft ihm zu wahrer Macht. Und es hat mein Leben gerettet.“ Der rothaarige Hüne spürte die Hand. Sie war so weich, und so drückte er diese mit einer Zärtlichkeit, die über das freundschaftliche Ausmaß hinauszugehen schien. Eine starke Anziehungskraft ging von ihm aus. „Ich will dich nicht verlieren… du bist doch so viel nützlicher für ihn… warum, in aller Welt, musst du ihm deine Treue auf diese Art beweisen? Ist er das wert?“ Ein Finger hatte sich bestimmend auf seine Lippen gelegt, Kimimaro wies ihn an, zu schweigen. „Kein schlechtes Wort mehr, ja? Ich kann auch anders, Juugo, und das wird dir nicht gefallen.“ Natürlich, ihm jetzt die Freundschaft zu kündigen, wäre mehr als unangebracht gewesen. Er wollte ja Juugo am Leben halten und nicht diesem noch einen Grund geben, dieses zu beenden. „Es ist mein Traum… Orochimaru zeigte mir die Welt da draußen, er machte mich stark und vor allem… dank ihm weiß ich jetzt, wie schön das Gefühl ist, gebraucht zu werden… Wie ist es denn für dich, zu wissen, dass ich dich mag… dass ich mir Sorgen um dich mache…? Gefällt es dir etwa nicht?“ „Doch, du hast ja recht.“ „Ja also. Mach dir doch nicht so viele Gedanken. Sobald Orochimaru meinen Körper in seinen Besitz genommen hat, dann bin ich ein Teil von ihm. Ein Teil von mir lebt in ihm weiter. Ich werde doch nicht sterben.“ „Ja…“ Juugo senkte seinen Kopf und starrte die Hand des anderen an. „Dein Körper lebt… aber dein Geist… wird sterben…“ Es war kein Trost, zu wissen, dass Kimimaros Geist durch die Raffinesse und Kaltblütigkeit einer falschen Schlage ersetzt wurde. „Aber… ich werde mich deinem Willen beugen, das ist meine Art, dir für all das zu danken.“ „Und du wirst Orochimaru keine Schwierigkeiten machen?“ „Wenn das dein Wunsch ist… dann ja.“ Zufriedenheit umspielte die Lippen Kimimaros. Sanft strich er ihm über den Kopf, etwas Blutiges fand sich an seiner Hand wieder. Er musterte dies mit Besorgnis. „Dein Kopf… er blutet.“ Der Rotschopf suchte die Stelle auf, die schmerzhaft pochte. Er hatte sich wohl den Kopf gestoßen, aber körperliche Schmerzen bemerkte er nur am Rande. „Ist nur eine Platzwunde…“ „Sicher?“ Der Kaguya überprüfte die Wunde. Sie war nicht tief und vor allem nicht tödlich. „Du solltest dich was schlafen legen, du hast einen anstrengenden Tag gehabt.“ Er richtete sich auf, dem sitzenden Juugo zulächelnd, und wandte sich Richtung Tür. „Ich habe eine Idee: Ich werde Orochimaru um Erlaubnis bitten, dass ich dir die Natur zeigen darf. Wir zusammen. Und im Gegenzug versprichst du ihm die ewige Treue. Denn das würde mir viel bedeuten. Du bist mir wichtig und ich will unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen.“ Juugo hörte ihm zu, nickend beugte er sich seinem Willen, wie so oft. Er hatte ja praktisch keine andere Wahl als diese. Denn der Gedanke, Kimimaro würde ihn hassen können wegen einer eigentlich gutgemeinten Entscheidung, war unerträglich. Lächelnd öffnete Kimimaro die schwere Metalltür. „Und tu dir nichts… es würde mich kränken.“ „Keine Sorge… ich werde ihm nichts tun... vorerst.“ Er blieb wie angewurzelt stehen. Diese Stimme war so düster gewesen… sie hatte gar nicht nach Juugo geklungen. Kimimaro warf zögernd einen Blick über die Schulter. „Juugo…?“ Dieser saß nur da, in Erinnerungen schwelgend, und sagte kein Wort. Dann aber, als er bemerkte, dass Kimimaro ungewohnt lange an der Tür verharrte, sah dieser fragend auf. „Was ist?“ „Ach nichts… ich dachte, du hättest was gesagt.“ „Eigentlich nicht.“ „Dann… sehen wir uns morgen, ja?“ Und mit einem schlechten Gefühl trat er aus der Zelle. Die robuste Tür schloss sich mit einem ohrenbetäubenden Geräusch, das das wahnsinnige Lachen in der Innenkammer übertönte. Kapitel 3: Ich will hier raus ----------------------------- „Ich will mich für Juugos Verhalten entschuldigen, Orochimaru-sama.“ „Ich bin ihm nicht böse.“ „Danke, das wird ihn freuen.“ Kimimaro seufzte erleichtert auf. „Übrigens: Ich habe die Sache mit ihm geklärt... er ist bereit, das Experiment fortzuführen.“ „Wie selbstlos.“, spottete Orochimaru und warf seinem Traumgefäß einen amüsierten Blick zu, dabei einen kalten Körper mit seinen knochendürren Fingern berührend. Der Schwarzschopf hatte eine neue Kunst testen wollen, eine, die ein menschliches Opfer erforderte. Kabuto ging ihm zur Hand und ergründete den Leichnam des Mannes, an dem Orochimaru experimentiert hatte. Stillschweigend wohnte dieser dem Gespräch bei. „Bezüglich meiner guten Laune, und vor allem meiner Großzügigkeit, werde ich unserem Freund einen kleinen Wunsch erfüllen müssen, nicht wahr?“ Juugo eine Freude zu machen stand Orochimaru nicht in dem Sinn; viel eher war es in seinem Interesse, dessen Loyalität für sich zu gewinnen. Denn er brauchte ihn lebend, das war ja das Traurige an der Geschichte. „Ist das Euer Ernst?“, hinterfragte Kimimaro, dankbar, dass der Schwarzschopf ihm zuvor gekommen war, denn es war nicht seine Art, seinen Meister um einen Gefallen zu bitten. „Eigentlich sollte ich ihn bestrafen.“ Das Herz des Weißschopfs zog sich schmerzhaft zusammen, er kämpfte gegen das Gefühl an, ersticken zu müssen. Er wollte seinem besten Freund keine Folter zumuten, und dennoch... sofern es Orochimarus Wunsch war, ihm körperliche oder seelische Wunden zuzufügen, dann würde er dies akzeptieren. „Wenn das... Euer Wunsch ist, Orochimaru-sama.“ Eine tiefe, devote Verbeugung, denn Kimimaro war nicht in der Lage, in die gefährlich gelben Iriden seines Meisters zu schauen. Erst, als er die Schritte des anderen hörte, langsam und gemächlich auf ihn zubewegend, riskierte dieser einen Blick in seine Augen. Der Sannin zwirbelte eine weiße Strähne, die sich wie dünne Seide um seinen Finger spannte, und sagte mit verspielter, geradezu verträumter Stimme: „Ich bin doch kein Unmensch, Kimimaro.“ „Gewiss nicht.“ Das hatte er auch nicht sagen wollen. Fehlverhalten wurde bestraft, und obwohl die böse Seite Juugos dies zu verantworten hatte, gehörte diese trotz allem zu seinem Körper; und genau deswegen würde sich Kimimaro jeder Strafe beugen, die der schwarzhaarige Nukenin ihm auferlegen würde. Orochimarus Gesicht zeigte ein boshaftes Lächeln. „Ich sagte doch: ich bin ihm nicht böse. Dieser Schaden, den er angerichtet hat, ist kaum der Rede wert.“ Das Leben der anderen interessierte ihn nicht, sie waren leicht zu ersetzen, und vor allem war die Zahl der Opfer für Juugos Verhältnisse sehr gering. Dieser war sogar im Stande, ein ganzes Dorf auszulöschen, problemlos und das mit Freuden. „Was gedenkst du also, mit ihm zu tun?“ Eine verdächtige Röte zierte Kimimaro blasses Gesicht. „Ich... nun ja, ich dachte mir, ihm die Gegend außerhalb zu zeigen.“ „Das halte ich für keine so gute Idee, Kimimaro.“, hörten sie Kabuto sagen, dieser richtete seinen Blick auf den gründlich erforschten Leichnam. „Er würde dir entfliehen können, und dann...?“ „Das wird er nicht, ich bin sein Käfig.“ „Auch ein Käfig weist etwaige Fehler auf.“ Kimimaros Brauen waren finster gerückt vor Zorn. Sogleich umspielte ein liebreizendes Lächeln seine Lippen. „Ihr wollt mich doch nicht kritisieren, Kabuto-sama? Mein Körper ist makellos. Es gibt also keinen Grund, mir Fehler zuzusprechen, denn es gibt keine.“ Kabuto setzte zu einer bissigen Bemerkung an, aber eine knappe Handbewegung seitens Orochimaru brachte ihn zum Schweigen. „Genug.“ Der Schwarzschopf verschränkte seine Arme vor der Brust und warf den beiden einen vielsagenden Blick zu. „Verzeiht, Orochimaru-sama.“, sprachen sie gleichzeitig aus. „Ich vertraue dir, Kimimaro.“ Er beugte sich zu seinem Ohr vor, sein kalter Atem strich über die empfindliche Haut, dann wurde diese von einer langen, feuchten Zunge berührt. „Mach mit ihm alles, was nötig ist, um ihn am Leben zu halten.“, flüsterte Orochimaru diesem ins Ohr. „Gedenke aber: Falls dir Juugo entwichen sollte... dann trete mir nie wieder unter die Augen.“ Der schwarzhaarige Sannin nahm einen Schritt Abstand von ihm, diesen von oben bis unten betrachtend. „Haben wir uns verstanden?“ „Natürlich. Das wird aber nicht passieren, versprochen.“ Allein der Gedanke an die Strafe war unerträglich. Er würde Juugo davon in Kenntnis setzen müssen, mit der Drohung, sich selbst umzubringen, wenn dieser ihm wie ein Tier entlaufen sollte. „Dann sind wir uns ja einig.“ Orochimaru trat auf die Leiche zu, diese müde betrachtend, und meinte gähnend an Kabuto gerichtet: „Begleite Kimimaro zum Nördlichen Versteck und besorge mir die neusten Testberichte.“ Der Iryonin nickte so knapp wie möglich und wandte sich Orochimarus Traumgefäß zu. „Ruht Euch aus, Orochimaru-sama.“, meinte dieser beim Verlassen des Zimmers; Kimimaro folgte ihm wie erwartet. Langes, gewohntes Schweigen. Kabuto seufzte verachtend: „Lass dir allerdings eines gesagt sein: Solltest du Orochimaru-sama unnötigen Kummer bereiten, dann werde ich dich persönlich zur Rechenschaft ziehen.“ Kimimaro hatte ein müdes Lächeln für ihn übrig. „Da bin ich aber gespannt.“ Es gehörte nicht zu seinem Plan, Orochimaru zu verärgern, im Gegenteil, aber diese Bemerkungen seitens Kabuto trieben ihn zur Weißglut. Dieser war von einer krankhaften Eifersucht beherrscht. So setzten sie ihren Weg, und vor allem das Schweigen, fort. „Ich brauche die Testberichte, jetzt.“, forderte Kabuto auf und ging mit einem gezielten Schritt auf die Männer am Schalter zu, die bei seinem herrischen Ton zusammengezuckt waren. Einer der beiden rollte im Drehstuhl sitzend auf den Aktenschrank zu und holte das gewünschte Dokument hervor. Sein Blick blieb an Kimimaro hängen, denn diesen sichtete man nur sehr selten im Kontrollraum. Dieser ging ebenfalls zum Schalter, die Monitore genau im Auge behaltend, und zeigte bei Juugo reges Interesse. Sein rothaariger Freund war eingeschlafen und ahnte nicht, dass ein langersehnter Traum in Erfüllung gehen würde: Die Freiheit von draußen zu genießen. „... und die Schlüssel zu Juugos Zelle.“ „Jawohl...“ Unzufriedenheit seitens des Mannes. Er hatte ja das Massaker mit eigenen Augen gesehen, hier über die Monitore, und ein seltsames Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit, als er realisierte, dass das Spiel wieder von vorne losgehen würde; nur mit neuen Opfern. „Orochimaru erlaubte mir, Juugo aus der Zelle zu holen. Ich werde ihn für ein paar Stunden nach draußen geleiten.“ Kimimaro, bebend vor Erwartung, wandte sich an die Tür. Eine unsagbare Freude machte sich in ihm breit, die binnen eines Moments zunichte gemacht wurde. Die Männer hielten ihn zurück, zumindest versuchten sie dies mit mahnenden Worten. „Bitte nicht...! Dieser Kerl sollte nicht für seine Tat am Nachmittag belohnt werden... das wäre respektlos den Toten gegenüber!“ Die zarten Gesichtszüge des jungen Kimimaros wurden schlagartig finster. Dieser blickte wütend, und die Hände zu Fäusten ballend, zu jenem Manne, der vielmehr eine Drohung als eine gutgemeinte Mahnung ausgesprochen hatte. Das war ein Wort zu viel gewesen. „Wiederhole das... und ich töte dich.“ Trotz aller Angst, die der Mann gegenüber dem Kaguya verspürte, setzte dieser zu einer Bemerkung an und versuchte, an die Vernunft des anderen zu appellieren. Kein Laut entwich seiner Kehle, stattdessen riss er seinen Mund auf, die Augen verdrehend, und in der darauffolgenden Sekunde lag dieser tot auf dem Boden... zumindest hatte es den Anschein, denn Kabuto hatte ihn mit einer Wurfnadel außer Gefecht gesetzt und seufzte schwerfällig: „Ich bleibe hier, Kimimaro. Tu, was du nicht lassen kannst. Ihr werdet aber morgen früh pünktlich im Labor erscheinen, es gibt noch einige Experimente, die durchgeführt werden müssen.“ Der treue Diener Orochimarus drückte mit seinem Fuß den auf dem Boden liegenden Mann zur Seite und nahm dessen Platz auf dem Drehstuhl ein. Der andere Mann am Schalter war kreidebleich geworden und führte seine Arbeit fort, hoffend, nicht das nächste Opfer des weißhaarigen Arztes zu sein. „Haben wir uns verstanden, Kimimaro?“ „Ja, wir werden da sein.“, versprach dieser und trat stillschweigend aus dem Raum. „Juugo.“, flötete Kimimaro erfreut, diesen an der Seite kitzelnd. Der Rotschopf riss die Augen erschrocken auf, im ersten Augenblick hatte er das Gefühl gehabt, einer Halluzination gegenüber zu stehen. Er rieb sich die Müdigkeit aus den Augen, und horchte auf, als Kimimaro mit den Schlüsseln klimpernd seine Aufmerksamkeit erregte. „Du bist ja hier... wie spät ist es?“ Der Raum wies keine Uhr auf, warum auch, in dieser Zelle hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. Juugo wusste nicht einmal, wie lange er schon in Gefangenschaft lebte. Jahre, soviel war sicher. „Es ist abends, Zeit, die Natur von draußen zu bewundern.“ „Die Natur... von draußen?“ Verwirrung spiegelte sich in Juugos Gesicht wider. Das musste also ein Traum sein. „Und du hast... sein ‚Ja’ bekommen?“ Er nickte. „Jetzt komm, morgen früh werden wir untersucht. Ich denke, sie werden ein paar Proben aus uns entnehmen.“ Das war ja mittlerweile Routine. Juugo beugte sich nach wie vor dem Wunsch, an ihm „herumspielen“ zu dürfen, unter der Bedingung, Kimimaro als Begleiter an seiner Seite zu haben. Einst, Kimimaro erinnerte sich als wäre dies gestern erst geschehen, war Juugo völlig wütend geworden, als man ihm Blut entnommen hatte, und hatte alle Arzthelfer im Umkreis umgebracht. Solange also Kimimaro bei ihm war, war Juugo harmlos wie ein Schäfchen. „Das ist ja kein Problem... wegen morgen. Aber bist du dir sicher... mit mir nach draußen zu gehen?“ Kimimaro umfasste seinen Arm, riss ihn hoch auf beide Beine. „Weißt du, was ich mir deswegen habe anhören müssen? Ich mache doch jetzt keinen Rückzieher, nein, diesen Gefallen...“, er schaute zu der an der Decke installierten Kamera, „... tu ich ihm nicht.“ Und so würde er sich auch keinen weiteren Protest von Juugo anhören, deswegen zog er ihn hinter sich her, dessen Zelle verlassend, und eilte mit dem Rotschopf in die Finsternis der Nacht. Kapitel 4: Frei zu sein ----------------------- Eine Stunde war bereits vergangen, nachdem sie das hiesige Gebäude verlassen hatten. Juugo starrte wie gebannt den Mond an. Und kaum hatte er sich an diesem satt gesehen, begutachtete dieser die Wellen, die mit einem sanften Klang gegen die Küste schlugen. Dieser Augenblick war perfekt, zumindest dachte er dies, denn sogleich ergriff Kimimaro seine Hand, lächelte, und zog ihn hinter sich her. Tiefe Spuren wurden in den weißen Sand gegraben, als sie schlendernd an der Küste entlang gingen. Juugos Blick ruhte mit Wohlgefallen auf dem Meer, das sich schwarz in endloser Weite erstreckte. „Schön, nicht wahr?“ Kimimaro drückte die Hand des anderen, die sich mittlerweile gelockert hatte. Das Meer hatte Juugos Gedanken mitgerissen, und wie ein Retter in der Not holte er ihn aus den Fluten zurück – aus den Fluten diverser Gedankengänge, die Juugo aus lauter Bewunderung nicht mehr in Griff hatte. Er dachte an alles und an nichts. „Ja...“ Sprachlos ging er weiter, er wollte diese heutige Nacht auf sich einwirken lassen. Es würde kein nächstes Mal geben. Kimimaro war der einzige Grund, weswegen er hatte rausgehen dürfen, und wenn dieser starb, dann würde besagter Grund wegfallen. Man würde ihn wie ein wildes Tier einsperren, an ihm herumexperimentieren, bis sein Körper zu schwach war, um sich ans Leben zu klammern, das wohlgemerkt nicht mehr lebenswert war... mehr oder weniger, stellte Juugo jedes Mal fest, wenn er die Anwesenheit des anderen bemerkte. Kimimaro hatte so oft mit dem Gedanken gespielt, Orochimaru zu bitten, Juugo wie einen Ninja zu behandeln. Der Rotschopf hätte viele Aufträge mit Leichtigkeit erfüllen können, zumindest dessen schwarze Seite, und doch hätte Orochimaru diesen nie das Risiko eingehen lassen, auf einer Mission zu sterben. So wichtig war dieser ihm. Und allein deswegen hatte er aus Trennungsschmerz dessen Hand in seine gelegt, und würde diese vorerst nicht loslassen. Dass er ihm damit unbewusst näher gekommen war als gewollt, war weder seine Absicht noch eine unangenehme Tatsache. Mit einem leichten Lächeln, und weil Juugo ziellos umherirrte und sich von Kimimaro führen ließ, schob er den Rotschopf Richtung Wasser, Stück für Stück. Erst als das Nass Juugos nackte Füße berührte, tauchte er wieder in die Realität ein. Erschrocken wich er zurück, wie ein Tier, das Wasser scheute. „Es ist kalt...“, merkte Juugo an, um diese peinliche Situation zu rechtfertigen. Ja, er war nicht mehr Herr seiner Sinne, aber war ihm das nach all den Jahren zu verdenken? Er liebte die Natur und diese wurde ihm zu seinem Schutz entzogen. Orochimaru traf keine Schuld, er hatte dies ja so gewollt. „Soll ich dir helfen, auf heiße Gedanken zu kommen?“ Leise flüsternd kam er dessen Gesicht näher, ein anrüchiges Lächeln umspielte seine Lippen. Juugo hingegen schien diesem Blick nicht standzuhalten zu können, er wich eine Anzahl an Schritten zurück und es grenzte an ein Wunder, dass er nicht rücklings ins Wasser gestolpert war. Und doch tauchte sein Unterkörper ins kalte Nass, das allerdings nicht in der Lage war, die Wärme, die sich dank Kimimaro gebildet hatte, zu normalisieren. Der Weißschopf hatte etwas testen wollen, und er selbst war errötet, weil ihm schlagartig bewusst geworden war, wie er in Orochimarus Gegenwart reagierte: Komisch, aber überaus niedlich. Ob sein Meister dies genauso sah? Betrachtete er Kimimaro mit den gleichen Augen wie dieser Juugo? „Wie lange ist es her, seit du gebadet hast?“ „Du hast doch jetzt nicht vor, mit mir zu baden?“ Juugo mochte es, in einem Waldsee zu baden, aber da hatte er auch nie einen Begleiter beziehungsweise Aufpasser an seiner Seite gehabt, deswegen war ihm bei dem Gedanken nicht so wirklich wohl, dies in der Gegenwart Kimimaros zu tun. Selbst wenn dieser das von ihm verlangt hätte; und so schob er eine zweite Frage hinterher: „Findest du... meinen Geruch unangenehm?“ Ihm wurde ja nicht oft die Möglichkeit gegeben, im warmen Wasser zu baden. Meistens wurde er nur grob gewaschen, zum Beispiel wenn ihn eine Untersuchung erwartete. „Nein, eigentlich nicht... ich mag den Geruch irgendwie.“ Kimimaro war nicht so klar, was genau er an ihm mochte. Oft klebte der Geruch vom getrockneten Blut an diesem, aber anstatt zu würgen oder sich angewidert abzuwenden, übte dies einen gewissen Reiz auf Kimimaro aus. So vermutete der Weißschopf, dass er dies Orochimaru zu verdanken hatte, da dieser stets den Geruch und Geschmack von dieser roten Substanz mit sich trug. Juugo lächelte verlegen und watete auf den anderen zu, der ja im Gegensatz zu ihm im Trockenen stand. Es war warm, daher hatte er keine Erkältung zu befürchten. „Und nun...? Sollen wir weiter?“, fragte Kimimaro und reichte seinem Freund die Hand, denn die Befürchtung, Juugo würde von jetzt auf gleich durchdrehen, behielt er stets in seinem Hinterkopf. „Ja... weiter. Das ist mir zu nahe...“ „Wie meinst du das?“ „Ich will nicht in der Nähe dieses Gebäudes bleiben, ich hoffe, das verstehst du.“ „Tu ich. Also komm.“ Er wandte sich ab, die Hand nach hinten gestreckt. Kimimaro lächelte, als diese ergriffen wurde, aber sogleich zeichnete sich Verwirrung in seinem Gesicht ab, als er mit einem gewaltigen Ruck nach hinten gezogen wurde. Es ging zu schnell. Sein ganzer Körper wurde ins Wasser gezogen. Etwas Schweres ruhte auf diesem, zwei gewaltige Hände schlossen sich um seinen Hals. Luft wurde ihm doppelt so viel aus dem Körper gepresst, er trank Wasser gegen seinen Willen. Er würde ertrinken... oder erdrosselt werden. Bei diesen Händen wäre es ein Leichtes, ihm das Genick zu brechen. Trotz dieser wohl aussichtlosen Situation tastete er nach den Armen. Zuerst waren es nur die Fingernägel, die sich in das weiche Fleisch bohrten, dann wurden diese durch Knochen ersetzt, die aus seinem Körper traten und sich in die Haut des anderen fraßen. Als dann die Rippen folgten, die seinen Gegenüber verletzt hätten müssen, wurde ihm schwarz vor Augen. Ein gellendes Lachen. Es tut mir leid, Orochimaru-sama. Kaum hatte der Weißschopf seine Augen geöffnet, biss er sich verzweifelt auf die Lippen. Zu gern wäre er in dieser Situation gestorben, wenn dem anderen tatsächlich die Flucht gelungen wäre. Sein Charakter aber sträubte sich gegen suizidale Gedanken, denn solange er lebte, und das musste Schicksal sein, solange würde er all das in seiner Macht Stehende tun, um Orochimaru zu unterstützen. Er würde Juugo bis ans Ende der Welt jagen... Als er sich an das schwache Licht gewöhnte, spürte er eine kräftige Hand, die sich besorgt um seine schloss. Es war Juugos Hand! Kimimaro seufzte erleichtert aus, das Glück stand ihm bei. „Was ist passiert?“, stellte Juugo die äußerst merkwürdige Frage, fast so, als hätte er die Tat aus seinem Gedächtnis verdrängt. Kein Wunder, es war ihm gelungen, Kimimaro zu verletzen... mit sehr viel Kraft hätte er diesen sogar getötet, zumindest wäre er diesbezüglich in der Lage gewesen. „Juugo?“ Kimimaro richtete sich auf, fasste sich aus einem Reflex heraus an den Hals, und schaute den anderen mit einem verwunderten, als auch sehr kühlen Blick an. Er war ihm irgendwie böse... ein bisschen, immerhin hatte dieser ihn zu töten versucht. Allerdings ebbte die Wut ihm gegenüber ab, da sich in erster Linie eine gewisse Enttäuschung ihm selbst gegenüber manifestiert hatte. Er war zu diesem Zeitpunkt zu schwach gewesen, um sich gegen Juugo zu behaupten. Welch Schande! Da hatte er sich von ihm tatsächlich überrumpeln lassen. Dies sollte kein weiteres Mal passieren, denn nun stand Kimimaro in dauerhafter Alarmbereitschaft und würde seinem Freund nicht noch einmal den Rücken kehren. „Schon in Ordnung... du bist nur ein bisschen durchgedreht. Nicht so tragisch.“ Seine Wunden waren verheilt, sogar Juugos Haut zeigte feine Schnitte, die wie durch ein Wunder immer blasser zu werden schienen. Der Rotschopf senkte beschämt den Kopf, immerhin wurde ihm schmerzhaft bewusst, dass er tatsächlich Kimimaros Leben gefährdet hatte... dieses Mal war es aber anders. Er konnte sich an keine genauen Details erinnern, keine Erinnerung, die ihm die Wahrheit über das Geschehene offenbarte. „Tut mir leid...“ „Ist ja in Ordnung... wir sollten aber zurück...“ Das wäre wohl das Beste, sich nach dieser Angelegenheit zurückzuziehen. Streit und Ärger wollte er vermeiden, für sie beide. Eine Enttäuschung machte sich auf Juugos Gesicht bemerkbar, nachdem sich sein einziger Freund aufgerichtet und ihm sogar die Hand hingehalten hatte. Zögernd ergriff er diese, seufzend bäumte er sich auf. „Kein Wunder...“ „Es ist das Beste. Tut mir leid...“ „Nein, es tut mir leid.“ Ein warmes Lächeln, das zur Entschuldigung dienen sollte, legte sich auf Juugos Lippen. „Danke, dass du das verstehst...“ Kimimaro erwiderte das Lächeln, allerdings halbherzig und auch nur aus einem gewissen Zwang heraus. Erneut nahm er Juugos Hand und führte diesen zurück in das Versteck. „Alles in Ordnung mit dir? Du siehst ein wenig krank aus.“, hatte der Rotschopf auf dem Weg gefragt. Kimimaro schwieg. Eine Ansammlung an Gedanken kreiste in seinem Kopf herum. Er machte sich unglaublich viele Vorwürfe... wieso ist das passiert... warum bin ich nicht stark genug gewesen... und wieso kann sich Juugo nicht an das erinnern, was er mir angetan hat? Er wusste auch, dass er diesbezüglich keine Antwort bekommen würde, denn Juugo schien selbst mit der Situation überfordert zu sein. Und jedes Mal, wenn er den sanften Händedruck spürte, machte sich in ihm ein schlechtes Gewissen breit. Eine Sorge wiegte aber größer: Immerhin hatte er diesen Tag dafür nutzen wollen, Juugo ruhig zu stimmen und nun beschlich ihn das Gefühl, ihn auf eine äußerst seltsame Weise verärgert zu haben. Dann blieb er auch stehen. „Entschuldige... mir geht es gut.“ Sie waren endlich im Gebäude angekommen, ab und zu ging ein Mitarbeiter an ihnen vorbei, warf einen verstohlenen Blick auf die beiden Lieblingsexperimente Orochimarus und ging dann schweigend weiter. Es störte keinen von beiden. Kimimaro fuhr zu ihm herum, lächelnd, und dann tastete auch dieser nach der Wange des anderen. „Bist du mir denn böse?“ „Nein... warum denn... also... nein.“ Sein Blick glitt zu Boden, aber sein langjähriger Freund umfasste dessen Kinn und zwang ihn mit dieser Geste, ihn anzusehen. „Sicher? Du hast aber gute Gründe, mir böse zu sein. Immerhin habe ich mein Versprechen nicht halten können.“ „Ach was... ist ja immerhin meine Schuld.“ Ein leises, verzweifeltes Lachen. Juugo war mit dieser Situation tatsächlich überfordert. Er hatte sich während des Gehens vorgestellt, wie dieser Kimimaro verletzte. Und obwohl er sich immer an die Taten des anderen hatte erinnern können, sonst wäre der gute Juugo nicht immer so verzweifelt am Ende des Tages, so fiel ihm die Erinnerung an heute besonders schwer. Das war wohl eine Gedächtnislücke... vielleicht stand er ja auch unter Schock, weil er versucht hatte, laut Kimimaros Aussage, diesen zu erwürgen. „Nein, sag das nicht.“ Indirekt war der Rotschopf zwar Schuld, aber er hatte nicht vor, ihm ein schlechtes Gewissen mit auf dem Weg zu geben. Immerhin würde er schon bald das Gefäß Orochimarus werden und daher sagte er in guter Absicht nichts, das den anderen hätte verärgern können. „Wir holen das vielleicht noch einmal nach.“ „Schon in Ordnung, ich habe die Zeit da draußen genossen.“ Nicht lange, aber dennoch hatte es ihn sichtlich zufriedengestellt. Das war eben der Preis, wenn man in Gefangenschaft leben wollte. Juugo hatte sich für dieses Schicksal entschieden. „Sehen wir dann. Aber schlaf dich aus, morgen früh müssen wir in guter körperlicher Verfassung sein.“ Er deutete auf die Tür, die von einem Mitarbeiter geöffnet wurde... und dann zögerte er. „Planänderung... ich werde heute Abend bei dir schlafen. Als Wiedergutmachung. Reicht dir das?“ Kapitel 5: In meinem Raum ------------------------- „Du musst das nicht tun. Wirklich nicht.“ „Tu ich aber. Ich mach grundsätzlich das, was ich will.“ Kimimaros Blick ruhte auf der schweren Metalltür, die mit hörbarem Klicken geschlossen wurde. Jetzt waren sie eingesperrt. Es gab kein Entkommen. „Ja schon... trotzdem. Und wenn...“, leise redend merkte Juugo an, „... ich dich wieder verletze?“ „Ich bin stärker. Außerdem sind die Kameras hier.“ Mit einem Lächeln und zufrieden wirkenden Eindruck nahm Kimimaro auf der Liege Platz und gesellte sich somit zu seinem körperlich großgewachsenen Freund. Dieser sah ihn besorgt an, Kimimaro wusste, worauf dieser anspielte. Es war allerdings ein Thema, das er nicht ansprechen wollte. Denn innerlich zerfraß ihn dieses... zumal die Schwäche von vorhin die Sorge untermauerte. „Hast du es ihm erzählt...?“, flüsterte Juugo und warf einen vernichtenden Blick zur Kamera, da es ein Leichtes war, sie zu belauschen. Er wusste ja, dass Kimimaro seine Krankheit verschweigen wollte, wegen der er das Juin in Kauf genommen hatte... er hatte es für seine Krankheit getan, Orochimaru hingegen wusste nichts von dieser, und hätte Kimimaros Tod voll und ganz akzeptiert. Zumindest war dies ein guter Grund, diese Schlange zu hassen. „Du machst dir zu viele Gedanken. Es geht mir schon viel besser, seit ich das Juin trage. Das Schicksal hätte mich sterben lassen, wenn es nicht vorgesehen hätte, meinen Körper als Gefäß dienen zu lassen.“ Er lächelte geradezu glücklich. Der Weißschopf war sich sicher, dass ihn das Juin heilen würde. Es wäre ein grausamer Wink des Schicksals, sollte das, was Orochimaru, Juugo und ihn verband, ihm schaden. „Schon möglich...“ Er hatte ja nicht vor, zu streiten. Dennoch wäre es wohl das Beste gewesen, zumindest Kabuto in Kenntnis zu setzen. Möglicherweise hätte dieser eine medizinische Lösung parat. „Wieso hast du dich keinem Arzt anvertraut?“ Kimimaro lachte bitter. „Kabuto würde das nur freuen... aber... er würde niemals Orochimarus Ziele behindern für sein eigenes Glück. Außerdem wissen wir beide, dass sein Körper zu untauglich ist, um die Rolle des Gefäßes zu übernehmen.“ Eine gewisse Arroganz schwang bei dieser Aussage mit. Er hatte ja nicht vor, oberflächlich zu behaupten, Kabuto sei zu schwach und zu alt, um sich perfekt mit dem Körper Orochimarus zu einigen. Mochte Kabuto ein Genie sein, die geistige Intelligenz war bei der Auswahl nicht von Belang. Er war das perfekte Gefäß und keiner würde ihm je diese Rolle streitig machen können. „Und einem anderen Arzt...? Es sind genug Leute da, die du um Rat fragen kannst.“ „Ich weiß... aber sie unterstehen alle Orochimarus Anweisungen. Ich möchte nicht, dass er sich unnötig Sorgen macht, verstehst du? Und dir vertraue ich voll und ganz. Du würdest mich nie verraten.“ Er nahm Juugos große Hände in seine und massierte diese mit einem liebevollen Druck. „Also bleibt das unser kleines Geheimnis, das sich eines Tages selbst in Luft auflösen wird. Da bin ich mir da sicher.“ Das wehleidige Thema, das sie angeschnitten hatten, wurde durch belanglose, freundschaftliche Gespräche ersetzt. Sollte dies jemand belauscht haben, so hätte er dies in kurzer Zeit bereut, denn das, was besprochen wurde, hatte schnellstens an Niveau verloren. So ging das bis in die Nacht. Müdigkeit überkam sie beide. Außerdem war es wichtig, am Morgen in einer guten körperlichen Verfassung zu sein. Die Liege war ziemlich klein für einen jungen Mann in Juugos Größe. Kimimaro hatte sich an dessen breit gebauten Körper anschmiegen müssen, um einigermaßen Platz bekommen zu können. Aber es störte ihn nicht, er mochte dessen Nähe sehr. Juugo hingegen hörte sein Herz rasend schnell schlangen. Nervosität, dabei hätte er sich doch an diesem Umstand hier gewöhnt haben müssen. Doch in letzter Zeit empfand er ein anderes, weit über das freundschaftliche Ausmaß hinaus, unbekanntes Gefühl. Er hatte versucht, dieses fremdartige Gefühl zuzuordnen. Es war wohl etwas Intensiveres, denn seit Neustem hatte er Gedanken, die man besser nicht hätte haben sollen. Und während sein Arm um den Körper des anderen lag, diesen näher zu sich ziehend, bemerkte er nicht, wie seine Hand von selbst streichelnde Bewegungen machte fast wie bei einem Tier. Es war aber nacktes Fleisch, das er berührte. Nichts Weiches, Pelziges. Die Haut war so makellos, keine Wunden zierten diese und genau dies machte ihn so wild. Er hatte plötzlich Hunger auf Fleisch und Blut. Der Mitarbeiter seufzte schwer, während er mit hochgelegten Füßen die Monitore beobachtete. Es war nichts Besonderes zu sehen. Er hatte zwar den Auftrag, Juugos Zelle zu bewachen, doch dieser hatte ja Besuch von seinem Freund Kimimaro. Er hätte schwören können, es würde zu mehr kommen als nur einem freundschaftlichen Gespräch. Nicht, dass er dies hatte sehen wollen, aber er war sich in dieser Hinsicht einfach sicher gewesen. Doch dann, als Juugo sich aus dem Bett erhob, ohne den Weißschopf zu wecken, da zog der Mitarbeiter eine Augenbraue skeptisch in die Höhe. Dass dieser aber zur Kamera schritt, vor dieser stehen blieb und apathisch zur Linse schaute, jagte dem auf dem Drehstuhl sitzenden Mann einen kalten Schauer über den Rücken. Eine fremdartige Eigenart, bislang hatte sich Juugo nicht zu so einer seltsamen Handlung hinreißen lassen. Was er damit zu bezwecken versuchte? Wie auch immer... solange dieser nur da stand und nichts Verwerfliches mit Kimimaro trieb, solange war ihm diese beängstige Reaktion egal. Er würde ebenfalls mit einem starren Blick den Monitor beobachten, nur im Gegensatz zu ihm konnte Juugo ihn nicht sehen. Dass mittlerweile eine Stunde vergangen war, schien den Rotschopf nicht zu stören. So langsam aber sicher fühlte er doch ein Unwohlsein. Hätte sich Kimimaro nicht im Schlaf bewegt und gedreht, dann hätte er einen defekten Fehler bei der Kamera vermutet. Plötzlich glitt die Tür des Kontrolleraumes auf, ein weiterer Mitarbeiter trat hinein und dieser lenkte mit seiner Anwesenheit den anderen ungewollt ab. Kimimaro lag in einem festen Schlaf wie ein Bewusstloser. Dass sich Juugo aus dem Bett entfernt hatte, bemerkte er erst, als etwas Warmes seine Haut berührte. Blut. Er schmeckte die metallartige Substanz und sah verschlafen drein, als er Juugo sich über ihn beugend erblickte und das Blut bemerkte, das aus einer feinen tiefen Schnittwunde an seinem Hals trat. Sorge trotz Juugos Lächeln. Es war ein ungewohntes, bösartiges Lächeln. Und da war er wieder... vielleicht wäre es das Beste, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Umgekehrte Psychologie, der Weißschopf erwiderte das Lächeln. „Wieso bist du verletzt?“ Die Frage wollte er trotzdem wissen, denn ehrlich gesagt war es eine unnötige Verletzung, die er sich da zugezogen hatte... aber das Blut, das immer wieder seine Lippen berührte, das schmeckte ihm. „Du magst den Geschmack, nicht wahr? So wie ich.“ Selbst wenn dies der Fall sein sollte, so wäre das kein Grund, sich die Kehle halb aufzuschneiden. Er hätte ja auch bei dieser sinnlosen Tat draufgehen können. Aber dieser Kerl über ihm war verrückt, es machte keinen Sinn, eine Logik zu hinterfragen. Kimimaros Kopf wandte sich nach rechts. „Womit?“ Die Antwort kam allerdings überraschend. Juugo zeigte ihm die blutigen Fingerkuppen und obwohl diese nicht so lang waren wie die bei einer Frau (oder bei Orochimaru), hatte sich dieser problemlos eine klaffende Wunde am Hals aufschneiden können. Ihm fiel nur ein einziges Wort ein: Bestie. „Gut... das war dumm von dir. Wieso hast du das gemacht...? Nein, das hat bestimmt keinen Grund. Aber ich sag dir was: Geh von mir runter, ich bin sowieso stärker.“ „Genau deswegen habe ich es ja getan.“ Das Lächeln wurde größer. Wahnsinniger. Juugo beugte sich zu Kimimaros weißer Haarpracht herunter, an der er einen großen Gefallen gefunden hatte. „Tu mir doch weh. Stech’ mich mit deinen Knochen ab.“ Ein Lachen, bitter und überheblich, erklang leise an seinem Ohr. Dass dieser dann mit seiner feuchten Zunge dieses berührte, war nicht der einzige Grund, weswegen Kimimaro sich in einem Schockzustand befand: Der andere hatte indirekt zugegeben, dass es ihm keine Probleme machte, unterlegen zu sein, Schmerzen verursacht zu bekommen. „Ach, habe ich dir die Sprache verschlagen? Wieso hältst du dich zurück? Das geht doch ganz einfach.“ Juugo entfernte sich von seinem Ohr. Erleichterung machte sich in Kimimaro breit, das Herz hatte wie wild zu klopfen begonnen und das keineswegs im positiven Sinne. Der Rotschopf nahm eine aufrecht sitzende Haltung ein und fuhr bereits die wunde Stelle erneut nach. Nur dieses Mal schob er die Fingerkuppen sehr tief in sein Fleisch und hätte in einem anderen Menschen Brechreiz ausgelöst. „Lass das gefälligst!“, sagte Orochimarus Traumgefäß mit kräftiger Stimme. Natürlich hätte er auch handgreiflich werden können, aber jetzt bestand die Gefahr, mit einer falschen Bewegung das Leben des anderen zu gefährden. „Machst du dir Sorgen. Um mich? Oder um ihn?“ Juugo grinste schamlos, aber ihm zuliebe entzog er der bereits geweiteten Wunde die Hand. Außerdem machte es ihm Spaß, diesen Ausdruck in dessen makellosem Gesicht zu sehen. Eine Mischung aus Hass, Verzweiflung, Wut und natürlich Sorge. Natürlich nicht um ihn, dennoch hatte der andere zu tolerieren, dass sie ein- und denselben Körper teilten. Somit war es sein gutes Recht, sich selbst Schmerzen zuzufügen. „... das muss verbunden werden. Lass mich wenigstens die Blutung stoppen.“ Juugos Wunden heilten sich zwar, aber dies brauchte seine Zeit. Besonders am Hals eine zu haben hätte tödlich enden können. Egal, wie sehr er diesen Juugo hier verabscheute, er würde das Leben der guten Seite nicht gefährden; allein schon, weil Orochimaru diesen brauchte – und das lebend. „Nein.“, sagte dieser ruhig, eine Stimmlage, die nicht identisch war mit seiner brutalen Persönlichkeit. Kimimaro hatte es leid, er wäre das Beste für alle, dass er die Wachen dazu anschickte, die Tür zu öffnen, er warf sogar einen recht hilflosen Blick zur Kamera. Was erhoffte er sich eigentlich? Juugo war nun in einem instabilen Zustand und so unberechenbar wie eh und je. Wäre es nicht sogar dumm von ihm, die Zelle jetzt zu verlassen? Sollte die Wunde ihn einschüchtern, sich ihm zu beugen, oder war sie tatsächlich ein Vorzeichen dafür, dass der andere sich gegebenenfalls das Leben nehmen würde? Der Weißschopf sagte dann spottend: „Als wenn du dir das Leben nehmen würdest. Dafür giert es dich zu sehr, zu töten.“ „Ja, das tut es. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, noch einmal in diesen Genuss zu kommen?“ Er beugte sich wieder zu seinem Gesicht runter, bleckte belustigt die Zähne. „Allein zu wissen, dass sich deine Wunden heilen, dass ich dir jeden Knochen einzeln brechen, herausreißen kann, erregt mich.“ Wunschvorstellung, wenn Kimimaro bedachte, dass er ihm trotz allem überlegen war. Er machte sich keine Gedanken, der andere würde es nicht schaffen, ihm auch nur einen Knochen zu brechen (davon abgesehen, dass er schnell wieder einen nachwachsen lassen konnte). Egal wie sehr er seinen Freund auch mochte, sollte aber diese dunkle, in ihm schlummernde böse Seite handgreiflich werden, würde er sich mit allen Mitteln wehren. Selbst wenn dies bedeutete, dem eigentlichen Juugo wehzutun. Langes Schweigen. Keiner von beiden sprach ein Wort. Kimimaro wartete nur, dass sich der gute Juugo zeigte. Dass das Blut hin und wieder auf sein Gesicht tropfte, hinterließ in ihm ein ungutes Gefühl. Wie lange würde der andere sich am Bewusstsein halten können? Irgendwann müsste der Blutverlust doch stark genug sein, um ihn kurzweilig außer Gefecht zu setzen. „Wie wäre es mit einem Deal?“ Das süffisante Lächeln bedeutete nichts Gutes. „Ich kann mich einmal an dir austoben und dafür verspreche ich dir, dem anderen nicht wehzutun.“ ... die Frage war jetzt nur, wie viel Wert das Versprechen eines Psychopathen hatte? Kapitel 6: Viel zu tief ----------------------- Kimimaro seufzte schwer, hörbar, denn er hatte nicht vor, diesem Psychopathen eine Freikarte zu seinem Körper zu geben. Egal in welcher Hinsicht er sich austoben wollte... das spielte keine Rolle. Es ging ums Prinzip und um seinen Stolz. Kimimaro, immer noch unter dem Hünen liegend, richtete sich auf und spürte Juugos schneller werdenden Atem. Er hatte zwar vor, den anderen mit einer Handbewegung von sich runterzuschieben, doch der Rotschopf behinderte ihn an diesem Vorhaben. Dieser pinnte ihn mit beiden Händen in die liegende Position zurück. „Nicht so hastig. Ich denke mein Deal klingt sehr fair.“ „Es ist kein Deal, es ist ein Ultimatum. Von Fairness kann wohl keine Rede sein.“ Kimimaro warf ihm einen strengen, überheblichen Blick zu. Er hätte sich jederzeit von diesem Griff befreien können. Dafür hätte er nichts anderes gebraucht als sein Kekkei Genkai. „Du musst ja nicht.“, merkte Juugo an und schob ein Bein zwischen die Schenkel des anderen. „So sehr hänge ich nicht an diesem Leben... nicht, solange ich eingesperrt bin. Du kannst mich ja auch rauslassen, wenn ich im Gegenzug deinen Körper verschone.“ Kimimaro zuckte unweigerlich bei der Berührung zusammen. So eine Berührung war ihm fremd, nicht geheuer, und deswegen verfinsterte sich sein Blick von Sekunde zu Sekunde. „Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich stärker bin. Ich brauche keine Gnade, ich kann mich jederzeit zur Wehr setzen, wenn mir das hier zu bunt wird. Und außerdem: Ich werde dich nicht gehen lassen, auf gar keinen Fall.“ Es war Juugos Wunsch gewesen, eingesperrt zu werden, und nun war er zu wichtig, um das Weite zu suchen. Außerdem gehörte es sich für einen Ninja nicht, den Menschen, von dem man aufgenommen worden war, so zu hintergehen. Anderseits... sie waren beide keine Ninjas, keine richtigen. Er hatte zwar Missionen für Orochimaru erledigt, aber eine richtige Ausbildung wie die anderen hatte er nie gebraucht. Dennoch hing er an dieser Vorstellung fest, dass keiner von beiden Orochimaru zu hintergehen hatte. Somit würde er nie auf den Gedanken kommen, den anderen bei einem Fluchtversuch zu helfen. „Also hören wir jetzt mit diesem sinnlosen Spielchen auf?“ Juugo, leicht grinsend, nahm die Worte des Weißschopfs zwar auf, aber das Gerede kümmerte ihn nicht. Er hatte auch nicht vor, Kimimaro es so einfach wie möglich zu machen. Dazu gefiel ihm dieses „Spielchen“ zu gut und ein jeder, der den Monitor beobachten würde und das Treiben von außen her betrachtete, würde möglicherweise das Geschehen hier drinnen falsch interpretieren. „So abgeneigt scheinst du aber nicht zu sein.“ Sein Bein ruhte auf seinem Unterleib, Kimimaro hatte aber bislang keinen Aufstand veranstaltet – anderseits... Juugo hatte noch nicht wirklich angefangen. Bislang war es nur ein leichtes „Kennenlernen“. Seine wahre Natur hätte sich Kimimaro richtig zur Brust genommen, dass selbst Idioten wie die am Monitor dies nicht hätten falsch verstehen können. Also wäre es wohl das Beste, es wie ein Spiel erscheinen zu lassen, an dem Kimimaro Gefallen gefunden hatte. „Mein Körper würde anders reagieren, wenn dieser nicht so abgeneigt wäre.“, meine Kimimaro schnippisch, der, beherrschend wie er war, sich nicht die Blöße gegeben hatte, als der andere ihn unanständig an einer Stelle berührte. Der Rotschopf, angespornt durch die Worte Kimimaros, rieb mit sanfter Gewalt mit seinem kräftigen Bein an dem Schritt des anderen und erhoffte sich eine Erregung, nur um ihm die Bestätigung zu geben, dass der Weißschopf eine genauso kranke Persönlichkeit wie er selbst war. Die einzige Reaktion, die seitens Kimimaro kam, waren Knochen, die aus dessen Schultern traten und sich in das Fleisch des anderen fraßen. Nicht tief genug, um zu sterben, aber tief genug, um zurückzuweichen und um diese ungewollte Berührung zu unterlassen. „Finger weg, ich kann auch anders.“ „Meinst du etwa, ich kann nicht anders?“ Die Stellen, an denen die Knochen seine Haut aufgerissen hatten, schmerzten. Er hatte nun die Wahl: Entweder er brach diese Knochen durch, um dem schmerzenden, sich langsam tauben anfühlenden Schmerz zu entgehen oder aber... er ertrug diese Pein. Denn wenn er plante, sie zu brechen, dann hätte er den anderen auch loslassen müssen und wer wusste schon, wie Kimimaro dann reagieren würde. So lange hätte er diesen in seiner Gewalt. Fraglich wie lange, aber ein menschlicher Körper war in der Lage, stundenlange Qual zu ertragen; ein Monster war also in der Lage, länger durchzustehen. Kimimaro warf ihm einen abschätzenden Blick zu. Respekt, der andere war ein viel größerer Sturkopf als erwartet. „Bist du so dumm oder tust du nur so?“ Er stierte auf die Stellen, die zu bluten begannen. Sein weißes Oberteil wurde besudelt, nichts Neues, dennoch löste das in ihm ein ungutes Gefühl aus. Aber er war bedacht darauf, keine Organe zu treffen oder etwas anderes, das den anderen tödlich hätte verletzen können. Es war nur wichtig, ihm Schmerzen zuzufügen – und ihn dazu zu animieren, von ihm runter zu gehen. Juugo hatte es leid, er hatte ihm die Chance gegeben, sich ihm willig hinzugeben, Schmerzen zu ertragen, die nicht ansatzweise so schlimm waren, als sich einen Knochen aus dem Leib zu reißen. Er hatte Kimimaro nie gefragt, ob sein Kekkei Genkai ihm Schmerzen zufügte... und selbst wenn, Juugo hatte sich dazu entschlossen, ihm weitaus schlimmer zu schaden und ihm gleichzeitig zu zeigen, dass Schmerz die einzige Möglichkeit war, um sie beide in Erregung zu versetzen. Kimimaro aber verherrlichte keine Gewalt. Sie diente nur dazu, um Schwächere zu quälen oder um sie zu unterdrücken. Er nutze seine Fähigkeiten nur in einem Notfall... oder in Situationen wie diese hier. Es war aber nichts, das ihm Spaß machte, besonders dann nicht, wenn es sein eigentlich bester Freund war, der unter dieser Qual zu leiden hatte. „Du bist nicht mehr ganz dicht.“, sagte er dann schon und, um ihn in Sicherheit zu wiegen, glitt er mit dem Fuß Juugos Wade entlang, spürte, wie fest und stark diese doch waren. Diese kleine Berührung schien den anderen schon zu erregen, denn sein Atem wurde nicht nur schneller, sondern er hatte ihm ein überraschtes, gieriges Aufstöhnen entlockt, das mit einem leichten Lächeln seinerseits quittiert wurde. Er bemerkte, dass etwas sich an seinem Unterkörper regte, nicht bei sich, sondern bei ihm. Dies war aber nicht dazu gedacht, um ihn zu erregen, sondern um ihn notfalls mit seinem Fuß zu verletzen. Die Schmerzen, das Blut und dann eine kleine zärtliche Geste seitens Kimimaro hatten in Kombination ein fremdartiges Gefühl in ihm ausgelöst. Es war aber der Gedanke, Kimimaro zu zerfleischen, der ihn reizte, die Tatsache, dass der andere so widerstandsfähig wie kein anderer war. Jedes Mal, wenn er ihm eine schlimme Wunde zufügen würde, dann würde diese sich schließen. Immer, wenn er ihm einen Knochen brechen würde, dann würde sie nachwachsen ohne Komplikationen. Dieser Körper unter ihm war durchaus perfekt, um misshandelt zu werden. Der Fuß, mit dem Kimimaro ihn berührt hatte, glitt höher, die Kehrseite entlang streichend, und kam bei der Hose zum Stillstand. Wie tragisch, da hatte Kimimaros Berührung für einen kurzen Moment eine Bestie gezähmt und nun war diese wie ein Tier, das Blut zu lecken bekommen hatte – es gierte nach mehr und es würde nicht länger auf seine Beute warten. Juugo beugte sich vor, die Knochen wurden tiefer in sein Fleisch versenkt, als er den unter ihm Liegenden zu küssen, ihm die Lippen aufzureißen, versuchte. Der Schmerz war überwältigend, so war er gar nicht in der Lage, an dem anderen dran zu kommen, aber das spielte auch keine Rolle. Der Rotschopf zog sich zurück, in eine sitzende Position, und war erleichtert, als die Knochen nicht länger in seinem Fleisch ruhten. Die Knochen zogen sich komplett zurück und er sah ein überhebliches Lächeln in Kimimaros Gesicht. Ein langes Schweigen herrschte zwischen ihnen, nachdem sich Juugo ein Stück von seinem Körper entfernt hatte. Endlich hatte er begriffen, dass es nichts brachte, den Weißschopf zu unterwerfen. Er würde das nie mit sich machen lassen und überhaupt hatte diese ganze Situation einen sonderbaren Charakter angenommen. Da man endlich seine Handgelenke losgelassen hatte, rieb sich Kimimaro diese, dabei den anderen genau im Auge behaltend. Der Rotschopf hatte sich zwar aufgerichtet, dennoch hielt er seinen Unterleib an den des anderen gepresst. Juugos Erregung war geblieben. Allein deswegen war sich Kimimaro sicher, dass der andere bereits eine Dummheit plante. „Es reicht jetzt, du solltest langsam kapieren, dass es nichts bringt, verstanden?“ Dass die böse Seite Juugos nicht auf ihn hören würde, das war ihm klar, aber es galt nun, seinen Standpunkt deutlich zu machen. Nachdem der Rotschopf eine ganze Weile zur Kamera geschaut hatte, wandte er sich an den im Bett liegenden jungen Mann zu, betrachtete die Blutspuren, die sich auf Kimimaros, aber auch auf seiner Kleidung gebildet hatten. Dann aber beugte er sich vor, ohne jegliche Gewalt, und bemerkte einen verwunderten Gesichtsausdruck, ehe er seine Lippen auf Kimimaros versiegelte. Die Ruhe schien ihn völlig aus der Bahn gebracht zu haben, deswegen hatte er nicht schnell genug reagiert, als Juugo ihn tatsächlich zu küssen begonnen hatte. Kimimaro starrte ihn mit großen Augen an. Er spürte die Lippen und dachte unweigerlich an die Nacht zurück, in der Orochimaru ihn gebissen hatte. Allein der Gedanke beschwipste ihn und auch die Tatsache, dass Juugo sich beruhigt hatte. Er war dankbar für die Rückkehr der guten Seite. Er ließ sich fallen, er mochte ja Juugo, und das hier...? Das war ganz angenehm. Er hatte die Augen geschlossen und erwiderte unbeholfen den Kuss, indem er die leichte Berührung des anderen kopierte und dann sein Körper sich selbst zu bewegen schien, Dinge tat, die nicht mit dem menschlichen Verstand einher ging. Er war dankbar für diese Ruhe, für diese Geborgenheit, und binnen eines Augenblicks wurde all das angenehme Gefühl zerstört, als Juugo ihn plötzlich mit Gewalt für sich beanspruchen wollte. Er biss ihm in die Lippen, er riss ihm das Hemd auf, verkrallte sich unangenehm fest in sein Haar, drückte ihm die Schenkel kraftvoll auseinander. Blut. Blut. Blut. Aber es war nicht sein eigenes, denn, obwohl Juugo seine Macht demonstriert und ihn wie ein wildes Tier angefallen hatte, da hatte Kimimaro schon sein Kekkei Genkai benutzt und mit scharfen Knochen solange auf ihn eingeschlagen, bis der Rotschopf vom Blutverlust zusammengebrochen war... Er starrte ihn fassungslos an, die Wunden, die er ihm dieses Mal zugefügt hatte, waren enorm. Tödlich sogar. Als der Raum von mehreren weiß gekleideten Männern hektisch betreten worden war und man den schwer verletzten Juugo auf einer Trage hinausbrachte, erst da realisierte Kimimaro die Schwere seiner Tat. Er hatte Juugos Leben in Gefahr gebracht und Orochimarus Ziele und Träume. Er eilte den Männern nach, die Juugo in die Intensivstation brachten. Es kümmerte ihn nicht, mit einem zerfetzten Hemd durch die Gegend zu laufen, viel wichtiger war Juugos Befinden. Dass ausgerechnet aber Kabuto derjenige war, der den Rotschopf heilen und das Leben retten würde, das war nur die Spitze des Eisbergs... „Es tut mir leid.“, entschuldigte sich Kimimaro reumütig und mit einer Verbeugung wollte er viel eher dem strengen Blick des Medizin-Ninjas entgegen, der die helfenden Hände um Juugos blutüberströmte Brust gelegt hatte. „Sei still, ich brauche Konzentration. Einen Menschen zu verletzen ist etwas einfacher als einen zu heilen.“, sagte dieser mit einer überheblichen, kalten Stimme. Kimimaro widersprach ihm nicht, denn es galt Juugo zu retten und keine sinnlosen Streitgespräche zu führen. Er beobachtete also, wie der Heilungsprozess begann... und Kimimaro bemerkte zum ersten Mal, dass er dem weißhaarigen Ninja haushoch unterlegen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)