Showbusiness wider willen von Mismar (Zwischen Laken und Lügen) ================================================================================ Prolog: ■ Was man findet, darf man behalten ------------------------------------------- Vor 3 Jahren... „Dreckskarre!“ Wütend schlug er die Faust gegen das Lenkrad. Sein Sportwagen war schon wieder stehengeblieben, und das noch in so einem ärmlichen Viertel im Nirgendwo! Das war wohl eine bescheuerte Idee von Kisame Hoshigaki gewesen, unterzutauchen, während sein Name gang und gebe in den Medien war. Da hatte er nur ein einziges Mal falsch zugeschlagen, beobachtet, wie sein Gegner unglücklich gefallen war und nun war er in aller Munde. Egal, welches kommunizierfähige Medium er auch in die Hand nahm: Für die Menschen war er nichts weiter als ein dreckiger Mörder. Ja, auffallen um jeden Preis, so sah es ihm Showgeschäft aus, aber Zabuza hatte seit jenem Vorfall an keinem Wettkampf mehr teilgenommen. Die Gegner kuschten vor ihm und auch sein Manager hatte ihn gnadenlos durch einen anderen Profisportler ersetzt. Und nun stand er hier, mit seinem aufgemotzten Wagen in der prallen Sonne. Das Sitzleder klebte, Hemd und Hose waren in Schweiß getränkt. Just in diesem Augenblick verfluchte er die Hitze. Sie und die ganze Welt! Zur Hölle mit euch! „Brauchen Sie Hilfe, Mister?“, hörte er eine glockenhelle Stimme fragen. „Die Werkstatt ist nicht sehr weit von hier. Ich kann sie Euch zeigen.“ „Verpiss dich!“ Zabuza war nicht in der Stimmung, sich von einem ärmlichen Fremden helfen zu lassen. Am Ende suchte dieser mit seiner Karre das Weite! Nächstenliebe? Dass er nicht lachte! Der Kopf ruckte herum und der schwarzhaarige Profisportler warf der Person einen tödlichen Blick zu. Was für ein Gesicht! Die Schönheit erwiderte seine bissige Aufforderung mit einem zuckersüßen Lächeln. Das seidigschwarze Haar reichte ihr bis zu den Hüften. Braune, mandelförmige Augen schauten so unschuldig drein, dass jede noch so hässliche Schandtat vergeben war. Sie war ungewöhnlich schlank, abgenutzte Klamotten kaschierten ihren traumhaften Körper. Um es auf den Punkt zu bringen: Sie war genau sein Typ. „Mein Angebot steht noch.“, merkte sie an, nachdem Zabuza sie von oben bis unten betrachtet hatte. „Also?“ Schmunzelnd ergriff er das Portmonee, zog ein paar Scheine aus dem Umschlag doch entgegen seiner Erwartung lehnte sie das Geld ab. Skeptisch steckte er die Geldbörse in die Hosentasche zurück. Das kam völlig unerwartet. „So etwas wie dich gibt es nur einmal.“ „Danke für das Kompliment.“ Zabuza stieg aus dem Wagen aus und rieb sich die verschwitzten Hände. Wie er es hasste, diese Karre zu schieben! Als er die schwarzlackierte Rückseite seines Autos berührte, kam ihm die Schönheit unerwartet zur Hilfe. Ihre Freundlichkeit rief Verwunderung und Misstrauen in ihm hervor. Dieses heiße Gestell musste etwas Durchtriebenes im Sinn haben. „Da vorne.“, hörte er sie sagen. Vergnügt stellte er fest, dass er weniger auf die Straße als vielmehr auf ihr Hinterteil geschaut hatte. So war ihm die Schieberei wie ein Katzensprung vorgekommen. „Hallo, jemand da? Wir brauchen Hilfe.“ Die unbekannte Schönheit trat auf das heruntergekommene Gebäude zu und ein fettleibiger Mechaniker kam ihr entgegen. Er starrte den Flitzer mit tellergroßen Augen an. Selbst die Leute in der Umgebung staunten nicht schlecht. „Einen Schaden, und ich bring dich um!“, versicherte ihm Zabuza und der Mann zuckte zusammen. Die Drohung war echt. Schwerfällig lehnte sich der gutgebaute Mann an seinen Wagen. Sofern dieser Kerl, oder einer aus der gaffenden Menge, Scheiße bauen sollte, war er schnell genug zur Stelle, um die besagte Person eigenhändig zu erwürgen. Er wischte sich die Schweißperlen von der Stirn, die Hitze war unerträglich. Er hätte lieber in der Stadt bleiben sollen. In seinem luxuriös eingerichteten Appartement. „Ihr solltet dem Mann nicht drohen. Am Ende pfuscht er an dem Wagen herum... er ist eigentlich ein sehr Netter.“ Sie stellte sich mit einer kaum merkbaren Distanz vor ihm. „Warum seid Ihr in so einer Gegend wie dieser hier?“ „Verfahren.“, sagte er so knapp wie möglich und verschränkte die Arme vor der Brust. Das war wohl eine Lüge. Sein GPS hatte ihm die Route angezeigt, allerdings fühlte er sich nicht verpflichtet, ihr die Wahrheit zu erzählen. Warum auch? Sobald der Wagen repariert war, würde er dieses junge Mädchen aus den Augen verlieren. Und aus dem Sinn. Schade um sie, wenn er an festen Beziehungen interessiert gewesen wäre, hätte er sie zu sich in die Großstadt geholt. „Ah, verstehe. So ist das also.“ „Und du wohnst hier?“ Zabuza behielt sie im Auge. Nicht nur, weil sie unbeschreiblich schön war, sondern zur Sicherheit seiner Geldbörse. Wiederholt überzeugte er sich von der Anwesendheit seines Portmonees. „Nein, ich bin zum Einkaufen hier. Ich lebe mit meinen Eltern auf dem Land... ein paar Kilometer von hier entfernt.“ Sie lächelte kurz und wirbelte in die entgegengesetzte Richtung herum. „Viel Glück noch.“ „Soll ich dich fahren...? Die Reparatur wird wohl nicht allzu lange dauern.“ Süffisant lächelnd warf sie ihm einen frechen Blick über die Schulter zu. „Man steigt zu keinem Fremden ins Auto.“ Und wenn er nicht in so einem Dreckskaff gelandet wäre, dann wäre er ihr nachgeeilt, um diese „Bekanntschaft“ zu vertiefen. So war das Leben: Hart und grausam. „Steig ein.“ Zabuza hatte die Beifahrertür aufgestoßen. Die schwarzhaarige Schönheit lief vollgepackt am Straßenrand entlang. Glück im Unglück: Denn ein furchtbarer Sturm hatte sich zusammengebraut. Donnergrollen ertönte wie ein dramatisches Orchester. Eines war sicher: Dieses Wetter war gefährlicher als er. Der Profilsportler war nur froh gewesen, dass der Mechaniker sein Handwerk so meisterhaft an seinem Wagen gezeigt hatte und rechtzeitig fertiggeworden war. „Mach schon.“ Ein zweites Mal würde er sie nicht darum beten, einzusteigen, denn im Grunde diente dies nicht zu seinem Vorteil. „Danke.“, sagte sie lächelnd und kam dieser gutgemeinten Aufforderung nach. „Ist nicht weit, hm?“ „Mit dem Wagen nicht. Ich sag dann Bescheid.“ Sie rutschte auf dem Sitzleder hin und her, ihre Nervosität war deutlich zu spüren. Erst der plötzlich auftauchende Regen schien sie zu beruhigen. Er klang wie ein rhythmisches Trommelspiel. „Ah, so gut wie da.“ Die Schönheit deutete auf ein abgelegenes Haus. Zabuza hielt an. Dass sie nicht gleich aus den Wagen, in den peitschenden Regen, gelaufen war, grenzte an ein Wunder. Ihr Blick fiel aus dem Seitenfenster und im ersten Augenblick schien sie nicht zu bemerken, wie der Berufssportler ihren Oberschenkel leicht berührend mit der Hand streifte. Shit, von Selbstbeherrschung konnte hier keine Rede sein. Wieso war sie nicht einfach hinausgeeilt? Er wäre weitergefahren und hätte sie vergessen. Zabuza hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich nach ihrem Namen zu erkundigen. Sie drehte den Kopf in seine Richtung. Ein leichter Rotschimmer hatte sich auf ihren Wangen gebildet. Ja, ein Blowjob durfte doch wohl drin sein. Eine schnelle Nummer wäre ihm sogar lieber gewesen. Und nach ihrer Reaktion zu urteilen schien sie nicht abgeneigt zu sein. Was hatte er erwartet? „Eigenlob stinkt“ hin oder her, aber er sah wirklich gut aus. Und vor allem hatte er Geld. Verdammt viel Geld, das er geradezu aus dem Fenster warf. Neben ihm saß eine scheinbar liebreizende Lady, die so verteufelt heiß war, dass man sich als Mann geradezu verpflichtet fühlte, es ihr so richtig zu besorgen. „Wäre dir... das nicht ein bisschen zu schwul?“ Sie durchbrach die Stille mit einem leisen Wispern. Die Hand auf ihrem Oberschenkel zog sich langsam zurück. Zabuza hatte sie scheinbar richtig verstanden. Diese Situation gehörte zu jenen, vor der jeder hetero angehauchte Kerl Angst hatte: In Wirklichkeit war die begehrenswerte Traumfrau ein Mann. Zabuza sank tief in das Sitzleder zurück und seufzte hörbar. Er wusste nicht einmal, was peinlicher war: Dass er nicht begriffen hatte, einen Kerl angeschmachtet zu haben oder eher die Tatsache, trotz dieser neuen Erkenntnis, es mit ihm treiben zu wollen? „Tut mir leid... ich sollte mich wohl ein wenig männlicher benehmen.“, entschuldigte sich das als Junge enttarnte Mädchen. Beschämt wandte er sich zur Tür. Ein verdächtiges Klicken erklang, man hatte ihn eingeschlossen. „Sag mal... hast du dir schon mal vorgestellt, ein Leben im Rampenlicht zu führen?“ Kapitel 1: ■ Der kürzeste Weg zum Ruhm ist, gut zu werden --------------------------------------------------------- „Vergiss es. Kein Mittagessen. Du wirst heute Abend eine Extrarunde um den Block laufen.“ „Bitte was? Das soll wohl ein schlechter Scherz sein...“ Haku sah ihn mit großen, braunen Augen an. Wunderbar. Kaum hatte er das schick eingerichtete Luxusapartment betreten, kam ihm ein schlecht gelaunter Zabuza entgegen. Der schien ja regelrecht auf ihn gewartet zu haben. Und das nicht zum ersten Mal. „Und warum diesmal?“ Empört ging er an ihm vorbei, den weichen Teppich aus Dochtgarn unter seinen Füßen spürend, und eilte provokativ in Richtung Küche. „Ich habe dich mit deinen Kommilitonen in der Eisdiele gesehen. Weißt du eigentlich, wie viele Kalorien so ein Milchshake hat?“ „296.“ Bedrückende Stille. Jaja, rhetorische Frage. Das hatte Haku schon verstanden. „Die ganze Portion.“ Nein, er kannte die Werte nicht in- und auswendig. Zabuza hatte ihm ein nigelnagelneues Handy geschenkt, und in letzter Zeit gebrauchte er es nur zur Ermittlung von Kalorien. Solange es nur Kalorien waren. Sollte Zabuza ihn eines Tages die Eiweiß-, Kohlenhydrate- und die Fettwerte zählen lassen, bei Gott, er würde schreiend aus dem Fenster springen! Und selbst ein Sprung aus dem fünften Stock war totbringend. Falls er dies doch mit schweren Knochenbrüchen und unbeschreiblichen Schmerzen überstehen sollte, stand sich Haku bereits mit dieser Frage konfrontiert: „Was glaubst du, wie viele Kalorien du beim Sprung verbraucht hast?“ Natürlich war das eine starke Übertreibung. Zabuza war wahnsinnig. Nicht größenwahnsinnig. Zumindest noch nicht. Seit Haku das Elternhaus verlassen hatte, um zu ihm in die Großstadt zu ziehen, zählte er Kalorien. Tagein. Tagaus. Abendessen war verboten. Süßigkeiten gab es nur zu besonderen Anlässen. Er nahm knapp die Hälfte von dem empfohlenen Tagesbedarf eines jungen, erwachsenen Mannes ein. Er hasste es. Irgendwie. Er hatte die Flucht ergreifen wollen, aber dann war auch schon eine Hiobsbotschaft ins Haus geflattert, die ihm im wahrsten Sinne des Wortes den Boden unter den Füßen weggezogen hatte: Seine Eltern waren tot. Sie wurden in ihrem Landhaus erschlagen. Und an jenem Tag hatte er Zabuza von seiner wohl zärtlichsten Seite kennengelernt: Fürsorge und ein Ich-bewach-dich-rund-um-die-Uhr-Programm. Andere würden das wohl als Stalking bezeichnen. „Schau bloß zu, dass du heute mehr verbrennst als du bereits zu dir genommen hast.“ Zabuza folgte seinem jüngeren Bewohner in die Küche. Dass dieser nicht demonstrativ das nächste, kalorienhaltige Produkt in die Hand genommen hatte, erstaunte ihn. Am Anfang war der Junge sehr schüchtern, geradezu verschlossen gewesen. Aber in letzter Zeit schien dieser seine Grenzen austesten zu wollen. Verspätetes Teenager-Verhalten. Haku fischte eine Flasche Wasser aus dem modernen, auf Hochglanz polierten Kühlschrank heraus. Er nahm Getränke wie Bier und Energydrinks zur Kenntnis, aber allein der Gedanke, sie vor Zabuzas Augen zu trinken, hätte mit Tod und Mordschlag geendet. „Also wenn du mir schon nachstellst, dann hättest du mich wenigstens mit Nachhause nehmen können.“ „Bewegung schadet dir nicht.“ Er spürte das dringende Bedürfnis, ihm seinen weiberähnlichen Hintern zu versohlen. Allerdings war er ein viel zu beherrschter Mensch und seine Hand rutschte ihm nur in den seltensten Fällen aus. Wenn er den jungen Schönling bestrafen wollte, dann tat er dies mit Ignoranz. In einem Streit brauchte er keine guten Argumente. Das Deuten auf die Eingangstür schien mehr als tausend Worte zu sagen. Eine Vollwaise aus dem Haus zu werfen war zwar nicht die feine englische Art, aber er ermöglichte Haku ein Luxusleben, von dem andere Kinder nur zu träumen wagten. „Ja, schon gut. Ich habe mir ohnehin vorgenommen, eine Extrarunde zu laufen.“ Er lächelte liebreizend und unschuldig zugleich. „Immerhin steht in zwei Tagen das Casting an.“ Und so löste sich Zabuzas schlechte Laune in Luft auf. Er war zufrieden. Sehr sogar. Haku war eben klug genug, in so einem Augenblick das Richtige zu sagen. Er mochte zwar ein freches, vorlautes Mundwerk haben, aber ihm war ein ehrlicher Freund allemal lieber als ein trügerischer Heuchler. Kisame Hoshigaki war so einer. Sie waren keine Freunde, nicht wirklich. Ein Kumpel vielleicht, dessen Hilfe er in letzter Zeit zu häufig in Anspruch nahm. Die eine Hand wäscht die andere. Aber bei Geld hörte die Freundschaft auf, notfalls würden sie sich gegenseitig die Fresse polieren. In dieser Hinsicht waren sie sich zu ähnlich. Große Arschlöcher eben. Erfolg war ihnen wichtiger als ein reines Gewissen. Haku war da anders: Er war zu weich, nicht skrupellos genug, um seine Kontrahenten mit fiesen Tricks außer Gefecht zu setzen. Eine ehrliche Haut eben, aber genau diese Eigenschaft mochte er an ihm. „Gehen wir ins Wohnzimmer.“, forderte er seinen jungen Mitbewohner auf. „Ich habe dich für einen Volleyball-Kurs angemeldet.“ Haku blieb wie angewurzelt stehen. Die Augenbraue zog sich skeptisch in die Höhe. Am liebsten hätte er rückwärtsgehend die Wohnung verlassen. „Kommst du jetzt?!“ „Bin schon unterwegs!“ Schleichend trat er in das große, hell beleuchtete Zimmer. Die großen Fenster boten einen herrlichen Ausblick auf die Großstadt. Nachts erstrahlte sie in einem kunterbunten Farbspiel. Haku starrte wie gebannt aus dem Fenster. „Wie kommt’s?“ Er hatte nicht vor, Zabuzas Entscheidungen in Frage zu stellen, zumindest nicht jede. „Dein Hintern... der könnte noch etwas runder sein.“ Die Brauen des schwarzhaarigen Stundeten zogen sich zusammen. Bloß nicht lachen!, appellierte er an seine Vernunft. Hoffentlich spiegelte sich sein Gesicht nicht im Glas wider. So langsam kam ihm das Training wie eine Geschlechtsumwandlung vor. Speziell konzentrierte er sich beim Abnehmen auf diese Körperbereiche: Bauch-Beine-Po. Selbst sein Geschlecht war auf dem ersten Blick nicht bestimmbar. Und dennoch hatte er in keinem Foto-Shooting Frauenkleider anziehen müssen. Das wär’s noch. Er in einem Hauch von Nichts. Eines Abends, das nahm er sich jetzt fest vor, würde er in einem durchsichtigen Negligé in Zabuzas Bett steigen. Der Abturner schlechthin. „Im Ernst, Zabuza, kein normaler Mann will einen anderen Kerl in Pantys sehen.“ Amüsiert drehte er sich zu ihm um. Der Profisportler hatte es sich auf der schwarzen Ledercouch bequem gemacht. Er leistete ihm Gesellschaft und nahm einen auf dem Tisch liegenden Prospekt in die Hand. Volleyball war also mittwochs um 19:00 Uhr. Kein Thema, sein Stundenplan war zwar völlig überladen mit Kursen und Terminen, aber es fiel ihm wahnsinnig schwer, eine Bitte von Zabuza abzuschlagen. „Passt es dir von der Zeit? Ich meine wegen der Uni und so.“ „Ja, das geht schon klar.“ Haku liebte das Studentenleben, und dies verdankte er einzig und allein Zabuza. Damals waren ihm nicht die Mittel gegeben, Abitur zu machen, und hier in der Großstadt hatte er es mit Bestnoten bestanden. Medizin zu studieren war lediglich sein Traum gewesen. Wenn es nach dem Profisportler gegangen wäre, dann hätte der Jüngling eine Akademie für Nachwuchstalente besucht. Es war aber eine Sache, die er noch nachzuholen hatte. Dem Deal, sich erst auf die Karriere und dann auf das Studium zu konzentrieren, hatte Haku nur schweren Herzens zugestimmt. „Dann bin ich mal in meinem Zimmer. Ich muss nächste Woche zwei Referate halten.“ Seufzend richtete ein großer, rothaariger Kerl seinen Blick auf die an der Wand hängenden Uhr. Eine niedergeschlagene Miene zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Überstunden. Einfach so. Ausgerechnet heute hatte sein Chef ihn dazu verdonnert, die Lebensmittel neu zu etikettieren. Dieser war eben ein richtiges Arschloch. Der schien ja regelrecht gewusst zu haben, dass der junge Verkäufer eine Verabredung hatte, wohlgemerkt mit seinem einzigen Freund. Es kam ihm wie Schikane vor, als würde sein Chef die letzte, wichtige Verbindung in seinem Leben kappen wollen. Denn Juugos bester Freund war der weltberühmte Popstar Kimimaro Kaguya. Und dieser beliebte Star war ständig unterwegs, rund um die Uhr beschäftigt. Selbst Termine, von denen er bis dato nichts wissen konnte, trug er in seinen Planer ein. Es grenzte also an ein Wunder, wenn sich dieser einen freien Abend für ihn nehmen konnte. Wütend schlug er gegen das Regal. Er musste zur Ruhe kommen, jetzt auszurasten, würde in einer Katastrophe enden. Juugo war überhaupt froh, bei seinem Schulabschluss und Lebenslauf einen Job ergattert zu haben. Denn er wurde unkontrolliert wütend, schlug auf alles und jeden ein, und dies hatte zur Folge gehabt, dass er von der einen Pflegefamilie in die nächste rumgereicht wurde wie einen Joint. Das Handy klingelte. Seine wehleidigen Gedanken waren wie weggeblasen, als er die vorwurfsvolle, aber dennoch vertraute Stimme auf der anderen Leitung hörte. „Wenn du schon nicht pünktlich erscheinen kannst, dann mach wenigstens die Tür auf. Ich bin das Warten leid.“ „Warte kurz...“ Beschämt, und vor allem mit einem schlechten Gewissen, schloss er die Tür des Ladens auf. Juugo ging einen Schritt zur Seite, als ein drahtig gebauter Mann an ihm vorbeigerauscht kam. „Schließ ab, mich darf hier keiner sehen.“ „Ich weiß.“ Der Rothaarige warf einen knappen, aber prüfenden Blick auf die belebte Straße. Die Menschen zogen nichtsahnend an dem kleinen Einkaufsladen vorbei. Niemand schien die Anwesenheit der besagten Person bemerkt zu haben. „Sorry, das war nicht meine Absicht, dich warten zu lassen.“ Er wandte sich von der Tür ab und musterte die Gestalt seines Freundes mit großen Augen. Es war ungewöhnlich, Kimimaro Kaguya in einem weißen Jogging-Anzug zu sehen. Normalerweise war dieser immer im neusten, und vor allem teuersten Trend gekleidet. Selbst jetzt, wo er eigentlich wie ein Normalverdiener wirken wollte, trug er Markenklamotten. Die Sportkleidung war von Gucci und die schwarze Sonnenbrille, die seine besonderen Augen vor der Öffentlichkeit verbergen sollte, war von Prada. Und das Parfüm... war das von Armani? Er war sich nicht so sicher, bewandert war er in dem Gebiet „Das Teuerste vom Teuren“ sowieso nicht. Und er fühlte sich unbeschreiblich billig in seiner Kleidung, die einfach nur schlicht und verschwitzt war. „Und du bist dir sicher, dass dich so keiner erkennt...?“ Kimimaro warf die Kapuze zurück. Während er angestrengt über Juugos Aussage nachzudenken schien, strich er sich durch das platinblonde Haar, fast so, als würde er diese Kostbarkeit offen zur Schau stellen wollen. „Du weißt doch, Orochimaru lässt mich nicht mit Discount-Kleidung aus dem Haus gehen. Gerade weil man mich erkennen könnte.“ Er würde auch nie das Risiko eingehen, in billiger Kleidung herumzulaufen, denn so etwas war wie ein gefundenes Fressen für die Paparazzi. „Ah... macht Sinn.“ „Hey, mach dir keine Gedanken.“ Kimimaro legte ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. „Mich wird schon keiner erkennen. Da, wo wir hingehen werden, laufen die Kerle ständig in schlechten Kopien rum. Sie werden also denken, ich tue es auch.“ Die Sache hatte nur einen Haken: Zusammen rausgehen und feiern, das war wohl nicht drin. Betreten starrte Juugo den Boden an, der ungewohnt dreckig war, so wie es der Zufall eben wollte. Die ganze Welt schien die Freundschaft zu Kimimaro nicht zu akzeptieren, und es fiel ihm wahnsinnig schwer, die Verabredung absagen zu müssen. Zumal der Weißschopf selten ein „Nein“ akzeptierte, in dieser Hinsicht ähnelte er Orochimaru sehr. „Ich kann nicht...“ „Und das fällt dir erst jetzt ein?“ „Nein... ich habe spontane Aufgaben aufgelastet bekommen... ich dachte erst, ich würde sie bis zum vereinbarten Zeitpunkt schaffen. Tut mir leid...“ Und das erklärte natürlich das schweißtriefende Hemd... er hatte übertrieben hektisch gearbeitet. „Gut, dann bin ich wohl umsonst hierher gekommen. Werde mich umdrehen, ins Auto steigen und ohne dich fahren.“ Die Stimme triefte nur so von Ironie. „Ich gebe dir nur zwei Möglichkeiten: Entweder du lässt dir von mir helfen, deine Aufgaben schneller zu erledigen oder... du schmeißt diesen Job hier und lässt dich von Orochimaru unter Vertrag nehmen.“ Dass ein normaler Bürger wie Juugo mit einem Popstar befreundet war, kam ja auch nicht von ungefähr: In einer im Fernseher ausgestrahlter Talentshow hatten sie den rothaarigen Hünen entdeckt. Er war unter die Besten gekommen, und wenn er seinen Nebenbuhler nicht körperlich geschlagen hätte (soviel Kimimaro wusste, hatte dieser versucht, Juugo zu sabotieren), dann wäre er wohl als Sieger hervorgegangen. Juugo besaß ein seltenes Talent: Er konnte mit zwei Stimmen singen. Die zweite war etwas tiefer, rauer, und Orochimaru war hellauf begeistert gewesen. Und so war Kimimaro losgezogen, um das Ausnahmetalent zu finden, ihn um den Finger zu wickeln... und dennoch hatte es sich nicht so ergeben wie erhofft. Trotzdem waren sie sehr gute Freunde geworden. So einen Freund wie Juugo würde er kein zweites Mal finden, denn er bewies immer wieder aufs Neue, dass er nicht daran interessiert war, reich und berühmt zu werden. Genau wie in diesem Moment. „... Gut. Aber... das ist nicht richtig, dich hier arbeiten zu lassen.“ Was würde nur die Öffentlichkeit sagen? Normalverdiener versklavt berühmten Popstar und lässt diesen für sich schuften... skandalös. „Willst du mir etwa sagen, ich kann das nicht?“ Kimimaro nahm die Sonnenbrille herunter. Smaragdgrüne Iriden trafen auf rotbraune. Er machte einen Schmollmund und spielte den Beleidigten. Sprachlos und gedankenverloren sah Juugo ihm in die Augen, eine rötliche Bemalung betonte das Grün immens. Er hatte noch nie so einen Menschen gesehen. Soviel er aber von ihm erzählt bekommen hatte, war Kimimaro in einem unbekannten, armen Stamm nordwestlich geboren worden. Die rote Bemalung, sowohl an den Augen als auch an der Stirn, war ihr Erkennungszeichen gewesen, Körperschmuck eben. Orochimaru hatte, um einen schlechten Skandal zu überdecken, einen solchen Jungen adoptiert. Und obwohl Kimimaro nur schlechte Erinnerungen aus seiner Heimat mitgenommen hatte, wollte er für Orochimaru dieses einzigartige Aussehen beibehalten; denn dieser mochte Exotisches. „Das habe ich jetzt nicht gesagt. Aber ich kann dich schlecht für mich arbeiten lassen, was würden die Leute von mir denken?“ „Die sind doch nicht hier. Wir tun nur das, was Freunde füreinander tun. Oder willst du mir etwa sagen, dass wir nicht die besten Freunde sind?“ Kimimaro grinste schelmisch. „Na komm, sei doch nicht immer so kleinlich.“ Er nahm den an der Fensterbank angelehnten Wischmopp zur Hand. „Was musst du denn alles machen?“ „Nur etikettieren und wischen...“ Der Rotschopf wollte seinem Freund die Etikettierpistole in die Hand geben, aber da fing dieser auch schon an, leise singend den Boden zu reinigen. Das war wohl seine Art, einer möglichen Diskussion aus dem Weg zu gehen. Wie gebannt beobachtete er Kimimaros Schritte, die immer mehr einem Tanz glichen. Er führte die Bewegung in einem Jazz-Funk aus. Kein Wunder, dass der Popstar so gut war: Er übte immer und überall, selbst hier beim Putzen schien er unbewusst dem Training nachzukommen; oder er tat dies mit Leidenschaft. Auf jeden Fall war diese Motivation ansteckend, und obwohl Juugo nur bei Gelegenheit sang, tat er dies doch beim Etikettieren. Kapitel 2: ■ Unerhofft kommt oft -------------------------------- „Siehst du, hat doch Spaß gemacht.“, sagte Kimimaro vergnügt, währenddessen seinen Freund beim Umziehen beobachtend. Dieser zog etwas Modernes über, genau genommen Markenkleidung, die er ihm beim letzten Treffen geschenkt hatte. Und dass er sich diese zum ersten Mal ankleidete, erkannte der Popstar am Preisschild. Er hatte sie in einer französischen Edelboutique gekauft; Kleidung in Juugos Größe zu finden war aber so eine zeitfressende Sache gewesen. Schwarz stand ihm ausgesprochen gut, fügte er gedanklich an. Würde dieser eine protzige Sonnenbrille und ein Funkgerät am Ohr tragen, dann wäre ihm der Job als Bodyguard sicher. „Sieht gut aus. Solltest du öfters tragen.“ Er ging auf ihn zu und entfernte die Preisschilder. „Dafür sind sie ja schließlich da.“ Der Rotschopf kratzte sich verlegen am Kopf. Die Situation war so ausgesprochen peinlich. „Ehrlich gesagt... ich hatte Panik gehabt, sie würden dreckig werden oder gar kaputtgehen.“ „Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du eine neue Waschmaschine brauchst?“ Dem Verkäufer schoss die Röte ins Gesicht. Seine Waschmaschine war völlig in Ordnung. Er war nur wegen der Kleidung besorgt gewesen. Er hatte sich vorgenommen, bei dem nächsten Treffen gut gekleidet mit ihm auszugehen. Kimimaro sollte sich seiner nicht schämen. „Gehen wir jetzt...? Ich will aus diesem Laden raus.“ Und das Thema wechseln, kam ihm spontan in den Sinn. Gemeinsam traten sie aus dem kleinen Einkaufsladen. Juugo hatte die Hölle hinter sich gelassen... für heute. „Hast du dir einen neuen Wagen gekauft? Ich meine... an deinen alten reicht er nicht gerade heran.“ Kimimaro deutete mit der Fernbedienung auf einen dunkelblauen Mercedes und entriegelte die Sicherung. „Der gehört mir nicht. Man hat an meinem einen Seitenspiegel demoliert. Aus Versehen, sagt dieser Uchiha.“ Die Zufälle schienen kein Ende zu nehmen. Der Rotschopf hatte bislang keine Bekanntschaft mit Sasuke Uchiha gemacht. Zum einen war sich dieser Uchiha viel zu schade, um seine wertvolle Zeit mit einem Normalverdiener wie Juugo zu verschwenden, zum anderen vermied er das Zusammentreffen Kimimaro zuliebe. „Ach was. Die Klamotten hier fallen auf, aber wenn ich mit einem Porsche vorfahre, das ist völlig normal, oder wie?“ Juugo lachte ein bisschen. „Du hast ja recht. Ich dacht ja nur... weil dir der Wagen so viel bedeutet.“ Und gerade weil ihm dieser Wagen so wichtig war, wünschte er sich nichts sehnlicher, als Sasuke damit zu überfahren. Immerhin war das Fahrzeug ein Geschenk von Orochimaru gewesen, eine „kleine Anerkennung“ sozusagen, da Kimimaro einen wochenlangen Sommerhit gelandet hatte. „Komm, wir sind spät dran.“ Der Weißschopf stieg also in das weniger komfortable Fahrzeug ein und brachte es ins Laufen. Juugo nahm auf dem Beifahrersitz Platz, vorsichtig, denn er hatte sich die letzten Male permanent den Kopf gestoßen. Eine Größe von 202.1 cm war Fluch und Segen zugleich. „Schau in den Handschuhfach nach.“, forderte Kimimaro ihn auf, dabei langsam aber sicher auf die Hauptstraße fahrend. Juugo betrachtete den besagten Stauraum. „Du sollst mir doch nichts schenken... ich will nicht, dass du dich am Ende ausgenutzt fühlst.“ Sein Freund warf ihm einen fragenden Blick zu. „Ich wollte dich eigentlich bitten, mir die Kaugummis zu geben.“ Erneut, und das sicherlich nicht zum letzten Mal, war Juugo vor Scham errötet. „Uhm... warte. Sofort.“ Als er das Handschuhfach öffnete, sprang ihm ein schön verpacktes Geschenk entgegen. Verwirrt starrte er dieses an, nicht realisierend, dass Kimimaro einen Witz gerissen hatte. Erst, als dieser lachte, schien der Rotschopf den Scherz verstanden zu haben. „Du hättest dein Gesicht sehen sollen. Unbezahlbar. Das war’s mir wert ... Mach’s auf.“ Juugo seufzte schwer. Natürlich war er froh, einen so großzügigen Freund wie Kimimaro zu haben; aber ihm kam es letzten Endes wie Ausbeutung vor, auch wenn der Weißschopf immer wieder zu sagen pflegte, dass Geld keine Rolle spielen würde. Und trotz allem verspürte Juugo eine gewisse kindliche Vorfreude, als er das Päckchen aus dem Geschenkpapier befreite. Er staunte nicht schlecht, als ihm der Inhalt bewusst wurde: Eine Digitalkamera. Ein sehr gutes und vor allem teures Modell, wohlgemerkt. „Kimimaro...“ „Hey, freu dich doch.“ Und wie er sich freute. Wenn sie nicht auf einer belebten Straße fahren würden, dann hätte er ihn aus Dankbarkeit umarmt. Juugo schien nur sehr langsam zu begreifen, dass man ihm tatsächlich eine Digitalkamera geschenkt hatte, eine, die mehr kostete als fünf Monatsgehälter zusammen. „Danke, du bist der Beste.“ „Das weiß ich doch.“ „Überhaupt nicht eingebildet.“ Und so war die Tatsache vergessen, dass sein hinterhältiger Chef geplant hatte, ihm den Abend zu verderben. Wenn der wüsste... Lächelnd überprüfte er die extravaganten Funktionen der Kamera. Allein die Schärfe war unglaublich, sie schien trotz fahrenden Wagens die vorbeiziehenden Lichtpegel exakt einzufangen. Und kaum hatte er die Ortschaft bewundert, wurde diese immer mehr zu einer zwielichtigen Gegend. Betrunkene. Prostituierte. Schläger. Kimimaro durfte sich glücklich schätzen, seinen Wagen wegen einer Kleinigkeit zur Reparatur gebracht zu haben; spätestens hier wäre nichts mehr von der Bonzenkarre übriggeblieben. Das Auto kam endlich zum Stehen. Kimimaro zog es vor, seine Identität zu wahren, und kleidete sowohl die Sonnenbrille als auch einen Hut mit schmaler Krempe an. „Das hättest du wirklich nicht tun müssen... ich meine, das ist ja nichts, was dir Spaß macht.“ „Du machst dir zu viele Gedanken.“ Kimimaro hatte ihn gebeten, mit ihm einen Underground-Club zu besuchen. Der Grund war eine Art „Tanzwettbewerb“ gewesen. Sie würden also unbegabte Straßenkünstler als auch Ausnahmetalente zu sehen bekommen. Und unter ihnen erhoffte sich Kimimaro ein paar neue, und vor allem gute Background-Tänzer zu finden. Normalerweise, da war sich Juugo sicher, standen die Leute in Reih und Glied bei ihm an, um Teil seines Videoclips zu werden. „Komm, wir gehen rein.“ Der Weißschopf ging voraus, mit Juugo im Schlepptau, und hielt vor einer lärmenden, stark beleuchtenden Bar an. Im Inneren war es unerträglich laut; eine Mischung aus Hip-Hop, Techno und Electro ertönte in endloser Dauerschleife, die Menge jubelte im Rhythmus. Kimimaro suchte mit seinen Augen eine schwach beleuchtete Gegend auf, anders als Juugo, der wie gebannt das Treiben auf der Tribüne beobachtete: Zwei Breakdancer rotierten um die Wette, auf die Gefahr hin, sich das Genick zu brechen. Nachdem sein reicher Freund einen geeigneten Platz gefunden hatte, gesellte er sich zu ihm. Die Bedienung ließ nicht lange auf sich warten. „Bestell dir, was du willst.“, hörte er Kimimaro sagen, wie so oft. Geld würde wohl nie eine Rolle spielen. „Hast du Hunger?“ „Nein... nicht wirklich.“ Juugo war satt von der Frustfresserei, die er seinem Chef zu verdanken hatte. „Hm... Bier?“ Bescheiden wie eh und je. „Sind wir heute wieder experimentierfreudig?“, stellte Kimimaro vergnügt fest. „Wie auch immer ... für mich einen Gin and French.“ Und so eilte die Kellnerin mit einem schnellen Hüftschwung davon. Der Weißschopf warf einen flüchtigen Blick auf die breit gebaute Tribüne. Er wirkte keineswegs angetan. Juugo sah ihn mit großen, rotbraunen Augen an. „Du willst dich betrinken? Ich dachte, du nimmst teil...“ Dass sie mit einem Wagen unterwegs waren, schien er nicht zu bedenken. „Schau dir doch die Leute an, Juugo. Die machen sich zum Affen mit ihren Aufwärmübungen. Sagen wir so: Ich kann mir das Elend ohne Alkohol nicht antun. Die sind schlichtweg unter meinem Niveau.“ Tödliche Stille. Dann aber zeigte er sein gewohntes Lächeln, das er seltsamerweise nur für den Rotschopf übrigzuhaben schien – und für Orochimaru. „Ach was, ich betrinke mich doch nicht... davon tanzen die auch nicht besser.“ Juugo schaute erneut in Richtung Bühne. „Also... so schlecht finde ich sie nicht... aber ja.“ Natürlich waren sie nicht schlecht, aber in den Augen eines geschulten, professionellen Tänzers sah das Ganze schon anders aus: Sie hatten Talent, ohne Frage, aber sie zeigten nur 0815-Schritte, die man in jeder Tanzschule beigebracht bekam. Auswendiggelernte Schritte zu beherrschen war keine Kunst, sie neu zu interpretieren schon. Es langweilte ihn, das war alles. „Es geht... aber lass uns das Thema wechseln.“ Das Klirren von Gläsern war zu vernehmen, als die kalten Getränke ausgeteilt wurden. Das ging ja schneller als erwartet. Perfekt, wenn man die schwüle Hitze in diesem großen Saal bedachte. Juugo trank einen großen, gierigen Schluck. „Und... schreibst du an einem neuen Song?“ „Nicht wirklich... mir fällt kein guter Text ein.“, seufzte er so laut, dass der Rotschopf dies selbst bei der Geräuschkulisse zur Kenntnis genommen hatte. Kimimaro war also deprimiert. „Keine Ahnung, die vier haben etwas instrumental Gutes auf die Beine gestellt bekommen, aber ich bin absolut planlos.“ Zu seinem Glück war er auch in anderen Bereichen beschäftigt; ansonsten wäre er Stück für Stück von der Bildfläche verschwunden, und so eine Enttäuschung wollte er Orochimaru nicht zumuten; und vor allem nicht bei der Konkurrenz, die sich in dessen Villa eingenistet hatte: Sasuke Uchiha. „Aber... ich habe in dieser Zeit an einem anderen Projekt gearbeitet.“ Ein zufriedenes Lächeln lag auf seinen Lippen; Kimimaro zückte das Portmonee, ein beschriftetes Papier herausholend, und spannte seinen Freund nicht länger auf die Folter. „Ich wollte etwas Tiefsinniges schreiben, kein Hit zum Mitsingen. Dann ist mir dieser Text eingefallen.“ Er schob ihm das Stück Papier zu. „Warum nimmst du nicht diesen Text...?“ Und dann schien er die Antwort auch schon zu kennen. Das Stück schien als Triett konzipiert worden zu sein, und diese Anspielung war mehr als offensichtlich: Es sollte ein Duett werden, zwischen Kimimaro und ihm. „Ich... ich kann das nicht.“ Gerade, als Juugo sich dazu entschlossen hatte, ihm den Zettel zurückzugeben, ohne diesen aufmerksam gelesen zu haben, winkte Kimimaro ab. „Ich weiß, es soll ja keine Aufforderung sein, dieses Stück musikalisch über die Bühne zu bringen, aber...“ Und weil der Weißschopf bemerkte, dass er den anderen in eine unschöne Situation gebracht hatte, nahm er neben ihm Platz und tastete nach der neuen Kamera. Juugo hatte sie aus Panik mitgenommen, scheinbar aus der Befürchtung heraus, man würde heute Nacht das Auto plündern. „Komm, zur Erinnerung.“ Kimimaro hielt das neue, teure Geschenk in die Höhe. Der Auslöser blitzte unerwartet hell, und zur gleichen Zeit erklang tosender Applaus. Der Unbekannte auf der Bühne, der seinen Widersacher scheinbar in den Schatten stellte, begeisterte die Zuschauer mit Locking, funkartige, übertrieben dynamische Tanzbewegungen. Und alles, was groß, übertrieben und dynamisch getanzt wurde, riss die Menge wie eine Flut mit sich mit. „Und jetzt...?“, fragte Juugo wie aus heiterem Himmel. „Meine Begeisterung hält sich in Grenzen.“ Der Locker hatte ja auch die Art der Musik bestimmen dürfen. Sein Widersacher schien leichte Probleme mit dem schnellen Takt des vorgegeben Songs zu haben, denn er stellte sich mehr schlecht als recht an. Aber dies war nur die erste Runde, denn der zweite Song wurde von ihm ausgewählt, etwas sehr Langsames, einen Hip-Hop-Song, der glatt aus Tayuyas Feder hätte stammen können: Vulgärsprache und die Verherrlichung von Sex, Gewalt und Drogen. Hut ab, wenn dieser Locker es schaffen sollte, die Menge für sich zu gewinnen. Denn Locking sah nur gut aus, wenn schnell und vor allem fröhlich getanzt wurde. Der Hopper befand sich in seinem Element, und mit diesem Song fühlte er sich auf der sicheren Seite. Zu früh gefreut, denn als er seinem Widersacher die Bühne freiräumte, hatte sich der Locker einfach für einen anderen Tanzstil entschieden: Popping, langsame roboterartige Bewegungen. Und als hätte man die Futuristen aus der Zeit der Avantgarde in die Reihen der Zuschauer gesetzt, da diese bekannt für ihre ungebrochene Liebe zu Technik waren, war die Menge ganz und gar aus dem Häuschen. Der Sieger stand also fest. „Warte kurz.“ Kimimaro schlängelte sich durch die Menge, und lauschte dem Appell des Veranstalters, der sich einen neuen Teilnehmer erhoffte. Erst, als er die Hochfläche der Bühne erreichte, nahm er den Locker so richtig wahr: Die Person war in einem schwarzen, aber locker sitzenden Jogging-Anzug eingekleidet. Ein genauso dunkelfarbiger Hut wurde so tief ins Gesicht gezogen, dass Kimimaro sich nicht so sicher war, ob er gerade einen Mann oder eine Frau betrachtete. Denn sie war ziemlich dünn und langes, schwarzes Haar reichte ihr bis zur Hüfte. Es musste also eine Frau sein. Und obwohl es nicht seine Art war, Frauen zu demütigen, war sein Kampfgeist in gewisser Weise geweckt worden. Der Weißschopf hievte sich auf die Bühne hoch und wurde mit lautem Applaus begrüßt. Solange die Nacht noch jung war, freuten sich die Leute über jeden Teilnehmer – das verdankten sie wohl dem Alkohol. „Die Regeln sind klar: Der Neue bestimmt die Musik.“, schrie der Veranstalter geradezu ins Mikrofon. Kimimaro warf der unbekannten Person einen flüchtigen Blick zu. Das, was man vom Gesicht sehen konnte, war ausgesprochen hübsch. „Pass auf, dass du nicht auf deine hübsche Nase fällst.“, sagte er zu dieser und forderte den Veranstalter auf, ein klassisches Lied aus den 90er zu spielen. Dass sich dieser für einen Song aus Orochimarus meistverkauftem Album entschieden hatte, war purer Zufall gewesen. Und weil es Kimimaro nicht wichtig war, seine eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, sondern die des anderen, kam er zu dem Entschluss, wie ein Epigone die Tanzart seines Managers exakt zu kopieren. Denn die Menschen liebten bekannte Dinge; neue und unbekannte wurden von vornherein abgelehnt. Als der weltbekannte Popsong erklang, führte der Weißschopf die Choreografie perfekt aus. Die Musik wurde gestoppt und die Menge begann zu toben wie in einem Affenhaus. Wie gemein er doch war, immerhin hatte er von dem „King of Pop“ persönlich gelernt. Der andere würde es schwer haben, dies zu toppen, besonders weil in diesem Song eine gewisse Eleganz vorhanden war: Die fremde Person war also zum Scheitern verurteilt, falls diese so übertrieben dynamisch wie eine Comicfigur tanzen sollte. Stattdessen führte sie die Schritte des Tanzes sogar fort, nur dass ihre Bewegungen verdammt weiblich wirkten durch den lasziv dargestellten Hüftschwung. Sie stieß ihm spielerisch den Ellbogen in die Seite, nachdem die Melodie verklungen war. Die Männer pfiffen ihr anrüchige Komplimente zu. „Du bist dran.“, merkte sie mit einer glockenhellen Stimme an. So setzte er Orochimarus Choreografie fehlerlos fort. Sie hingegen versuchte es auf die weibliche Tour und schien sogar die männliche Gesellschaft für sich gewonnen zu haben, obwohl ihre Schritte nicht ganz so sauber und fein waren wie seine. In der Regel perfektionierten Straßenkünstler und Hobbytänzer nur einen Stil. Er selbst hatte eine Tanzschule besucht und die Grundschritte aller Stille kennengelernt. Ob auch sie auf einer professionellen Akademie gewesen war? Sie schien zwar Talent zu haben, aber ihr fehlte es schlichtweg an Übung. Jetzt war es an der Zeit, sie in ihr Unglück rennen zu lassen: Denn das Lied erreichte seinen Höhepunkt, und es kam nur ein einziger Tanzschritt in Frage: Dieser war aber so riskant, dass selbst Orochimaru sich einen Bänderriss am Bein geholt hatte. Denn es wurden mehrere Pirouetten gedreht, den Fuß nur so wenig wie möglich den Boden berühren lassend, und das bis zum anderen Ende der Bühne. Es gab mehrere Möglichkeiten, jenen Schritt zu vermasseln: Der Fuß wurde beim Schwungholen verdreht, der eine oder andere verlor das Gleichgewicht, und dann gab es die Personen, die sich tatsächlich übergeben hatten aus einem Schwindelgefühl heraus. Bei der Unbekannten wirkte es wie eine halbe Ballettvorstellung, und leider Gottes wurde seine Befürchtung wahr: Sie stolperte ungeschickt. Alles ging so rasend schnell. Sie wurde ausgelacht, von dem einen oder anderen. Kimimaro seufzte schwer und ging auf sie zu, eine helfende Hand haltend. Sie aber war scheinbar mit einem anderen Problem beschäftigt. „Er wird mich umbringen! Ich bin so gut wie tot!“ Sie erblickte auf ihrem Arm eine leichte Verletzung, kaum der Rede wert, aber in ihren Augen schien diese ein Vorzeichen der Apokalypse zu sein. Und so richtete sie sich auf, ihre ganze Umwelt ignorierend, und rauschte so schnell davon, dass Kimimaro nicht einmal die Gelegenheit bekommen hatte, sie nach ihrem Namen zu fragen. Das nannte man wohl Pech. Seufzend wandte er sich zum Gehen, den Hut tiefer ins Gesicht ziehend, und wurde zum Gewinner ernannt, sollte sich keiner mit ihm messen wollen. Er winkte ab und stieg dann auch schon von der Bühne, nicht daran interessiert, sich eine Sekunde länger in diesem Schuppen aufzuhalten. Jetzt war es auch an der Zeit, das zu tun, worauf Juugo Lust hatte; auch wenn dies bedeutete, einen kleinen Waldspaziergang zu machen. Kapitel 3: ■ Schlimmer als eine griechische Tragödie ---------------------------------------------------- „Das kann doch nicht so schwer sein, einen richtigen Ton zu treffen, Sasuke.“ „Hör auf, mir das zu sagen!“ Genannter Sasuke hatte es so satt, und das nicht zum ersten Mal. „Wenn’s dir nicht passt, dann kann ich ja gehen!“ Genervt stemmte er sich in die Höhe. Orochimaru hatte ihn musikalisch stimmen wollen wie eine Gitarre. Aber Sasuke war kein Gegenstand, den man nach Belieben ausbessern konnte wie man es gerne hätte. Und kaum hatte sich der gutaussehende, junge Mann Richtung Tür gewandt, da richtete sich auch schon der reiche Musiker auf, die Hand nach ihm gestreckt. Er bat diesen, stehenzubleiben. „Wir kriegen das schon hin, Sasuke.“, versprach dieser. Oh ja, Orochimaru war vernarrt in diesen Uchiha. Denn laut der wild kursierenden Gerüchte über Orochimaru, bevorzugte dieser gutaussehende, und vor allem junge Männer. Sasuke Uchihas Aussehen sprach also nicht nur pubertierende Mädchen, sondern auch pädophil angehauchte Kerle an. Das rabenschwarze Haar war modern gestylt, die Haltung und Kleidung stets lässig. Sasuke war allerdings nicht daran interessiert, wegen seiner Optik angehimmelt zu werden, sondern wegen seiner Fähigkeiten. Denn sein älterer Bruder Itachi, dem er im Showbusiness das Wasser reichen wollte, war im punkto Aussehen genauso begehrenswert wie die jüngere Version. „Ich bin nun mal kein Sänger oder Tänzer!“, rechtfertigte sich der Uchiha. „Was soll ich also hier? Dann kann ich ja auch gleich die Agentur wechseln...!“ Endlich zeigten seine Worte Wirkung: Orochimaru sank in einen gemütlich aussehenden Sessel zurück und sagte leise: „Vergiss meine Worte wieder. Ich werde mir etwas einfallen lassen.“ Der Schwarzschopf warf Orochimaru einen flüchtigen Blick zu. Wegen diverser Schönheitsoperationen sah dieser nicht aus wie ein Mann Anfang 50. Vielmehr erinnerte er ihn an eine Leiche aus einem japanischen Horrorfilm: Das lange, schwarze Haar betonte die kreidebleiche Haut. Hohe Wangenknochen und schmale, schlitzartige Augen verliehen ihm die Gesichtszüge einer Schlange. Mit seiner anmutigen, dennoch boshaften Erscheinung wäre Orochimaru der perfekte Antagonist in einem Spielfilm gewesen. „Ich weiß nicht so recht... ich bin doch ein Schauspieler, und kein Musiker...“ Und gerade weil er ein hervorragender Schauspieler war, und besser als sein Konkurrent beziehungsweise älterer Bruder sein wollte, hatte er die Schlange spielendleicht um seinen Finger gewickelt. Normalerweise war Orochimaru ein strenger, kaltherziger Mensch, aber bei Sasuke schien er geradezu eine Schwäche entdeckt zu haben. Vielleicht war dies nur eine Masche, um den Jüngeren ins Bett zu kriegen. Den „Spaß“ aber würde er Kimimaro alleine überlassen; es gehörte nicht zu seinem Repertoire, sich hochzuschlafen. „Ich regle das, du wirst sehen... bald wirst du erfolgreicher sein als Itachi.“ Er konzentrierte all seine Sinne auf seinen neu gewonnenen Liebling. Kimimaro hatte in letzter Zeit keinen guten Song auf den Markt gebracht, und mit Modeln würde sich dieser nicht lange übers Wasser halten können. Nicht bei der Konkurrenz, denn die jetzige Generation war voll von Schönheiten. Orochimarus letzte Bemerkung, er würde besser werden können als Itachi, war wie eine Offenbarung gewesen, die ihn davon abhielt, die Tür zu öffnen und den Raum hinter sich zu lassen. Er nahm also auf einem Sessel Platz und meinte mit gespieltem Frust: „Gut... das hoff ich doch... für dich.“ Der schwerreiche Musiker sagte bezüglich seiner trotzigen Haltung nichts, denn das Klopfen an der Tür regte seine Aufmerksamkeit an. Wie erwartet trat sein Betreuer Kabuto Yakushi ein, der sich um den langweiligen Teil seiner Arbeit kümmerte. Kabuto hatte das lange, platinblonde Haar zu einem Zopf zusammengebunden. Die Brille spiegelte seine enorme Intelligenz wider. „Da gibt es eine kleine, lästige Sache, Orochimaru.“ Dieser zeigte die neuste Ausgabe einer populären Zeitschrift und gab sogleich das Anliegen bekannt: „Jiraiya hat einen Artikel über dich verfasst: Pop-Legende lockt junge Nachwuchstalente in sein Lebkuchenhaus... soll ich die Anwälte einschalten?“ Rufmord war ja keine Seltenheit, und dieser Schriftsteller namens Jiraiya beharrte stets auf seine Pressefreiheit; dieses Mal war er aber zu weit gegangen. „Da kriegt ja das Wort ‚Naschen’ eine ganz neue Bedeutung.“, merkte Sasuke überflüssigerweise an. Ihm war zwar nach Lachen zumute, aber dies unterdrückte er gekonnt. Denn es war nicht seine Natur, über sinnlose und niveaulose Scherze zu lachen, vielmehr tat er dies als abwertende Haltung anderen gegenüber. Strafende Blicke wurden ihm zuteil, die Anspielung war mehr als verständlich gewesen... Orochimaru riss seinem Betreuer die Zeitung aus der Hand. Er las im Stillen den Zeitungsartikel. Ein Schmunzeln glitt über seine Lippen, da die Doppeldeutigkeit im Text nicht zu übersehen war. Aber in erster Linie galt der Text als Appell an Orochimaru, sich auf sein eigenes Talent zu konzentrieren und nicht die Lorbeeren der anderen einzuheimsen. Kabuto zog eine Braue in die Höhe. „Und?“ „Jiraiya wird keine Ruhe geben, egal, wie viele Anwälte wir ihm auf den Hals hetzen... wann kommt denn unsere hübsche ‚Prinzessin’ wieder?“ „Sie...? Die Tournee endet in vier Tagen.“ „Wunderbar... dann schick meinen ‚alten Freund’ Jiraiya eine Einladung zum Dinner. In vier Tagen.“ Ein süffisantes Lächeln umspielte Orochimarus Lippen. „Wie sagt man so schön: Halte deine Freunde nahe bei dir aber deine Feinde noch näher.“ Der weißhaarige Betreuer nickte stumm. „Wie du wünschst. Soll ich ihm eine Begründung zur Einladung schreiben?“ Orochimaru seufzte schwer. Er sank tiefer in den Sessel zurück, seine Finger verhakten sich in den teuren Stoffbezug. Er hatte nicht vor, diesen lebensfrohen Spinner auf seiner Nase herumtanzen zu lassen. Und vor allem war es ein Fehler, Orochimarus Arbeit zu kritisieren. Seine Zeit als Pop-Legende war vorbei. Es nützte nichts, mit einem verletzten Bein die Tanzhallen zu erobern und die guten Songs, die er schrieb, gab er an seine Schützlinge weiter, die wegen ihrer verdammt gutaussehenden Erscheinung eine größere Anzahl an Fans zu ergattern schienen. Er hatte ein neues Projekt geplant, und dieses würde er Jiraiya unter die Nase reiben, ihm diesen so schmackhaft machen, dass dieser geradezu betteln würde, Teil dieses Projektes zu werden. Sein Plan galt in erster Linie dazu, die perfekte Stimme für Sasuke zu finden. Diesen starrte er auch mit schmalen Schlitzen an. Den Uchiha interessierte das Thema Jiraiya nicht. „Ja, ich plane ein neues Projekt, in das ich ihn einweihen will.“ „Neues Projekt?“ Es wirkte nicht so, als wäre dies nur eine fadenscheinige Ausrede, um besagten Jiraiya hierher zu locken. Orochimaru schien wirklich ein neues Projekt geplant zu haben. Wieso hatte er ihn nicht in Kenntnis gesetzt? Immerhin war es seine Aufgabe als Betreuer, alles Nötige in die Wege zu leiten. „Soll das eine Überraschung werden, oder willst du mich in deinen neuen Plan einweihen, um die Vorbereitungen treffen zu können?“ „Warum auch nicht. Ich habe mir einen Musikwettbewerb im Fernseher vorgestellt.“ Der Schwarzschopf führte die Hände über den Kopf und teilte diese so, als würde er imaginäre Buchstaben in der Luft schreiben. „Orochimaru sucht den Superstar.“ Langes Schweigen. Kabuto räusperte sich. „Den Namen sollten wir besser überdenken...“ „Wer ist sie?“, wechselte Sasuke das Thema und erhoffte sich eine vernünftige Erklärung. „Sei doch nicht so ungeduldig, Sasuke. Du wirst sie noch früh genug kennenlernen.“ Allerdings bezweifelte der reiche Musiker, dass es ein freudiges Aufeinandertreffen werden würde. In dieser Hinsicht waren seine Lieblinge gleich: Man sah in allem, das schön und talentiert war, einen Feind. „Gut, dann frag ich eben die anderen.“ Die Palette an Leuten, die Sasuke hätte befragen können, war ziemlich groß. Notfalls würde er Kimimaro über die sogenannte „Prinzessin“ ausquetschen. Er richtete sich auf, ging aus dem Zimmer, vorbei an Kabuto, und warf beim Hinaustreten die Tür mit einem festen Knall hinter sich zu. Ein Mädchen also. Sie war also begabt, zumindest führte dies auf die sogenannte „Tournee“ zurück, von der Kabuto gesprochen hatte. Warum in aller Welt hatte er nicht einmal von ihrer Existenz gewusst? Er kannte ja nicht einmal ihren Namen! In all den Wochen hier schien er rein gar nichts in Erfahrung gebracht zu haben. Orochimaru und seine Leute waren ihm egal... sie waren nur dazu da, ihm zum Ruhm zu verhelfen, und diesen würde er früher oder später Itachi unter die Nase reiben. Sasuke spielte bereits mit dem Gedanken, sich bei einem Akatsuki-Casting zu bewerben. Für eine Anmeldung war es zu spät, aber Orochimaru wusste sehr wohl, seine Kontakte spielen zu lassen. Aber letzten Endes machte es keinen Sinn, sich bei der gleichen Agentur zu bewerben. Für Itachi war es sicherlich viel ärgerlicher, seinen Bruder in der feindlichen Agentur zu wissen. Rache war so bitter süß. Der Uchiha machte sich auf den Weg ins Tonstudio. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor... und das nur wegen eines erfolgreichen Mädchens, das sich in ungefähr vier Tagen hier zeigen würde. Es war so absurd, die anderen wegen ihr aufzusuchen. Und so blieb er stehen, nicht nur, weil er seinen Plan, sich nach der Prinzessin zu erkundigen, verworfen hatte, sondern weil er eine schlaksige Erscheinung sichtete. Kimimaro Kaguya. Dieser ging auf ihn zu, das Gesicht nonchalant wie eh und je. „Du hast dort nichts zu suchen.“, sagte Kimimaro und wandte seinen Blick in die Richtung, in die Sasuke geplant hatte, zu gehen. Er war ja kein Sänger, also war allein der Gedanke, das Tonstudio aufzusuchen, verschwendete Mühe. „Ich suche nur einen Platz, wo ich einen Versager wie dich nicht finden werde.“ Ja, Sasukes Bemerkungen waren spontan. Verletzend. Dass Kimimaro keine Songs zustande brachte, war ja mittlerweile bekannt. Eins zu null für Sasuke. Der Uchiha hatte ihm ordentlich auf den Fuß getreten. Es bereitete Kimimaro sicherlich keine Freude, keine guten Songs in letzter Zeit geschrieben zu haben. Aber diese Zeit würde schon bald vorbei sein. Er lächelte überheblich. „Du schadest meinem Gehör. Ich spreche nicht mit Leuten, die keinen richtigen Ton treffen.“ Gleichstand. Sasukes Gesicht zog sich ärgerlich zusammen. Kimimaro spürte, dass sich eine Spannung, elektrisch wie eine Gewitterwolke, zwischen ihnen erzeugte. Eines Tages, da war er sich zu hundert Prozent sicher, würde es so ordentlich zwischen ihnen krachen. Er hatte zwar nicht die Erlaubnis, Sasuke etwas zu verbieten, aber dieser hatte so einen manipulativen Charakter, dass der Weißschopf bereits mit Sabotage seinerseits rechnete. Aber bitte nicht heute! Er hatte die ganze verdammte Nacht über nicht geschlafen. Ihm war stattdessen ein unglaublicher Song eingefallen, und diesen würde er heute noch aufnehmen lassen. Seine Band hatte er schlafend, und leider betrunken von der letzten Nacht, in einem Gemeinschaftszimmer entdeckt, sonst hätten sie jetzt schon den neuen Song einspielen können. „Und wenn schon.“ Sasuke beugte sich vor und grinste ihm frech entgegen. Mit zweideutiger Tonlage sagte dieser hauchend: „Orochimaru mag aber meine Stimme.“ Das reichte. Auf dieses Spiel würde er sich nicht einlassen. Kimimaro ballte die Hände zu Fäusten, spürte die Nägel, die sich in sein Fleisch rammten. Eifersucht. Und doch lächelte er seinen Kontrahenten an. „Kein Kommentar.“ Bevor es zu Handgreiflichkeiten kommen würde, ging er schon an seinem persönlich ernannten Feind vorbei. Kimimaro war zwar eifersüchtig, aber weil Orochimaru so große Hoffnungen in Sasuke setzte, wollte er diesem keinen unnötigen Kummer bereiten. Es hatte gelernt, Sasuke zu akzeptieren. Für Orochimaru. Da seine Band in einem komaähnlichen Zustand verweilte, suchte Kimimaro die Tanzhalle im Keller des Gebäudes auf. Er seufzte so schwer. Er hatte regelrechte Vorfreude empfunden, als er den Song zu Ende geschrieben hatte. Sogar auf Schlaf hatte er verzichtet, nur um diesen so schnell wie möglich einzuspielen. Und nun war dieses faule Pack tatsächlich am Schlafen. Die Halle war nicht sehr groß, aber zum Aufwärmen und Proben reichte sie allemal. Ein Spiegel schmückte eine Wandseite und Kimimaro betrachtete seinen locker sitzenden Jogging-Anzug, den er auch gestern Abend getragen hatte. Dann aber, als er sich lang genug im Spiegel betrachtet hatte, schritt er gemächlich auf die Musikanlage zu und warf die CD ein, auf der das instrumental komponierte Lied seiner Band gespeichert war. Der Song war für seinen Geschmack zu langsam, er schaltete die Wiedergabegeschwindigkeit einen Stück höher und begab sich dann in die Mitte des Raumes. Ihm kam die Szene der letzten Nacht in den Sinn. Kimimaro erlag der Versuchung, die Schritte des Fremden auf seine Art zu interpretieren, dabei das neu erfasste Lied singend. Es war perfekt, die Musik, der Text und der Tanz harmonierten miteinander. Kimimaro empfand eine gewisse Vorfreude, der Streit mit Sasuke war sogar vergessen. Er hoffte, Orochimaru von dieser Neuigkeit in Kenntnis setzen zu können. Sein Wunsch ging schneller in Erfüllung als erwartet: Er war zwar aus dem Takt gekommen, aber er war wegen der Erscheinung Orochimarus, die er plötzlich im Spiegel gesichtet hatte, nicht ins Stolpern geraten. Kimimaro blieb wie angewurzelt stehen. Die Musik spielte sich im Hintergrund ab. „Ein neuer Song... über mich?“ Orochimaru ging mit langsamen Schritten auf ihn zu und musterte die Erscheinung des anderen mit neugierigem Blick. Kimimaros keuchender Atem neutralisierte sich. Eine verdächtige Röte machte sich auf seinem Gesicht breit, als er die Frage realisierte, die man ihm gestellt hatte: Er hatte tatsächlich einen Song geschrieben, der an eine unbekannte Person adressiert war. Diese Person war ihm tatsächlich unbekannt... „Nun ja... in gewisser Weise schon.“ Das war das Gute an Songtexten: Die Texte waren multirealisierbar. Die Zuhörer identifizierten sich mit der Person, die in dem Stück erwähnt wurde, warum auch immer. „Der Abend scheint dich inspiriert zu haben. Solltest öfters ausgehen.“, merkte Orochimaru an und umkreiste ihn wie ein Jäger seine Beute. Der Weißschopf nickte. Ein Schauer der Erregung jagte über seinen Rücken, als Orochimaru seine Schultern berührte. Sanft. Es war kaum zu spüren. Ein heißer Atem wurde ihm in den Nacken geblasen. „Das sollte ich.“, sagte dieser wie in Trance. In Wirklichkeit hatte Kimimaro die letzten Wochen das Haus nicht verlassen, weil er sich nicht dem Vergnügen hingeben wollte. Denn er hatte ein schlechtes Gewissen wegen dieser kreativlosen Phase gehabt, doch diese gehörte nun der Vergangenheit an. Zumindest hoffte er dies. „Aber... es gibt ein paar Kleinigkeiten, die ich verbessern würde.“, hauchte der Schwarzschopf ihm ins Ohr. „Komm später zu mir. Das Einspielen kann ja bis morgen warten.“ Und dann verebbte die Berührung, Orochimaru hatte sich von ihm abgewandt und war Richtung Tür gegangen. Er hätte dies früher bemerken sollen, ein Blick in den Spiegel hätte genügt, aber Kimimaro war zu berauscht von der Situation gewesen. Er warf seinem Manager einen leicht lächelnden Blick zu. Nachdem dieser gegangen war, schaltete Kimimaro die Anlage ab. Die Situation hatte ihn verwirrt, und dennoch einen süßen Beigeschmack hinterlassen. Süß genug, um seine gute Laune mit Juugo zu teilen. Die Nummer auf dem Handy wählte sich wie von selbst. Das Lächeln wurde sogar größer, als sein bester Freund an das mobile Telefon ging. „Juugo... wann hast du Zeit? ... nein, sag mir einfach, wann du Zeit hast, meine Termine sind egal ... da gibt es nämlich eine Sache, die ich gerne mit dir machen wollen würde.“ Zabuza richtete sich auf. Er schirmte sich die Augen vor dem hellen Sonnenlicht ab, das ihn zu blenden versuchte. Haku hatte ihm Frühstück ans Bett gebracht, wohl eher das Mittagessen, nach der jetzigen Uhrzeit zu urteilen, und dieser zeigte sich gerade von seiner besten Seite. Ein liebreizendes Lächeln lag auf seinen Lippen, so unschuldig und verdächtig zu gleich. Der Blick des Profisportlers wurde misstrauischer. „Hier stimmt etwas nicht...“ „Hey, jetzt tu nicht so, als wenn ich dich nie bekochen würde.“ „Das mein ich nicht... du bist nicht in der Uni.“ „Ach das... morgen ist doch das Casting. Ich war heute Morgen beim Arzt und habe mich krankschreiben lassen für die Woche.“ Es grenzte an ein Wunder, dass Zabuza überhaupt die Uhrzeiten wusste, an denen Haku Unterricht hatte. Immerhin machte dieser den Eindruck, als wenn er sich nicht für das Studium des Jüngeren interessieren würde; heute hatte dieser ihm aber das Gegenteil bewiesen. Seltsam. Das war nicht Hakus Art, den Unterricht zu schwänzen. „Als ob...“ Sein Blick blieb zwar auf der köstlich aussehenden Mahlzeit hängen, denn Hakus Essen schmeckte genauso gut wie bei einem Koch, aber schon bald musterte er den anderen mit gerunzelter Stirn. „Ein bisschen zu warm, findest du nicht auch?“ „Ich trage sehr gerne langärmlig. Sieht doch schön aus. Ich dachte, das ziehe ich morgen auch an.“ „Und das trägst du heute schon?“ Haku hatte etwas zu verbergen, das war doch offensichtlich. Und dieser wollte sogar, dass man ihm auf die Schliche kam. Der schwarzhaarige Schönling wäre sogar klug genug gewesen, um einen Mord zu vertuschen. Hier aber stellte er sich mehr schlecht als recht an. Zabuza ergriff einen Arm des anderen, zog sogleich die Ärmel hoch, und bemerkte, halb schockiert, halb verwirrt, die Bandage, die Haku sich um die rechte Seite gebunden hatte. „Was ist das?“ „Es ist nicht so schlimm wie es aussieht!“ 0815-Ausreden, aber diese waren wohl für jede Situation geeignet. „Es ist nur eine Schürfwunde, ich habe sie bereits verarztet.“ „Mensch, wie kann dir so etwas nur passieren?!“ Die Antwort wollte er aber nicht wissen. Zabuza interessierte sich nicht für die Kausalität von Situationen. Die Ursache spielte also keine Rolle, nur die Wirkung. Es war ihm also egal, wie er sich die Wunde zugezogen hatte. Er seufzte schwer, es brachte nichts, ihn auf diesen Fehler hinzuweisen. Der Junge fühlte sich schon schuldig genug, sichtlich unwohl zupfte dieser an der Bandage herum. „Es tut mir leid... wirklich.“ Zabuza lehnte sich zurück, schloss die Augen, und nahm den Appetit anregenden Geruch zur Kenntnis. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen. Aber er riss sich zusammen, denn er wollte Haku lang genug ignorieren, um diesen zu bestrafen. Erfolgreich starrte er nach einer halben Stunde in eine Trauermiene, die mehr als tausend Worte sprach. „Du brauchst was Neues zum Anziehen...“ Kapitel 4: ■ Das kann ich, das kann ich nicht --------------------------------------------- Haku versuchte angestrengt zu lächeln, während er seine Konkurrenz in der Empfangshalle betrachtete. Eine unüberschaubare Menge an Männern hatte sich hier versammelt, allerdings waren diese nicht auffallend schön. Sie hatten also vor, mit „richtigen“ Talenten am Casting teilzunehmen. Nervös zupfte Haku am seidigen Stoff seines neuen Oberteils und fühlte sich dank seiner auffällig weiblichen Erscheinung fehl am Platz. Bislang wartete er nur darauf, von einem Mann angesprochen zu werden, er möge sich doch bitte in die Empfangshalle zu den Frauen begeben. Skeptische Blicke wurden ihm zugeworfen, Haku glitt zur Wand mit der Hoffnung, eins mit dieser zu werden. Vergeblich. Das Fotoalbum, das Zabuza mit „sehr viel Liebe“ angefertigt hatte, hielt er schützend an die Brust gedrückt. Er würde wohl nie die Leidenschaft zum Modeln entwickeln können, denn gutauszusehen war die eine Sache… er bezweifelte aber, dass dies reichen würde, um in diesem Gewerbe auch Erfolg zu haben. Seine Vermutung bestätigte sich binnen einer Sekunde, als er, die Wand entlang gleitend, gegen einen anderen gestoßen war. Das Album fiel ihm aus der Hand und landete, wie in einem schlecht gespielten, tragischen Film, aufgeschlagen und die Fotos zeigend auf den Boden. Ein Blondschopf beugte sich vor. Er hatte langes, schönes Haar, das ihm über eine Gesichtshälfte fiel. Das Haar wurde mit einer geschickten Handbewegung kurz zur Seite geschoben, zwei klare, blaue Augen kamen zum Vorschein. Das war wohl einer, der seine hübsch anzusehende Erscheinung ebenfalls zu seinem Vorteil nutzen würde. Zumindest waren dies Hakus erste Gedanken gewesen, bevor der andere hämisch zu grinsen begann, perlweise Zähne zeigend, und mit einer spöttischen Stimme meinte: „Schon erbärmlich zu glauben, man würde dich wegen deiner Schneewittchen-Erscheinung nehmen.“ Die Stimme war dunkel, männlich, und doch eben die Stimme eines Mistkerls. Haku riss dem fremden Blondschopf das Buch aus der Hand und warf ihm einen tödlichen Blick zu, der nur von kurzer Dauer war. So schnell, wie er die Beleidigung vernommen hatte, so schnell war diese wieder aus seinem Kopf entschwunden. „Nur kein Neid.“, merkte der Schwarzschopf an. „Hmpf! Ich und neidisch? Wovon träumst du nachts?“ Er versuchte, das blonde Haar zur Seite zu schieben, erfolglos. Haku seufzte schwer und stellte fest, dass er zum Streiten nicht gemacht worden war. Es war auch nicht seine Absicht gewesen, den anderen zu provozieren. Er schüttelte den Kopf, vorsichtig, um nicht das schwarze, offen tragende Haar in Unordnung zu bringen. „Schon gut, mein Fehler.“ „Willst du mich etwa verspotten, hm?!“ Er ignorierte die „Entschuldigung“ geflissentlich. Haku, den Streit aus dem Weg gehend, machte einen Schritt zur Seite, den Kopf gesenkt und das Buch an sich gepresst. Er mochte keinen Streit und selbst wenn er jeglichen Grund dazu gehabt hätte, diesem Kerl seine Meinung zu geigen, so tat er dies aus Anstand nicht. Er spürte, nachdem er sich um einige Zentimeter entfernt hatte, dass sein Arm ergriffen wurde. Die Stelle, an der er sich verletzt hatte, schmerzte. „Jetzt sei nicht albernd…“, sagte Haku so leise wie möglich, einen Blick auf den Arm werfend, und hoffte, der andere würde zur Besinnung kommen. Falsch gehofft. Zu seinem Glück bekam ein junger, wild aussehender Kerl die Streitversuche des anderen mit und schob sich, schief grinsend, zwischen den beiden Männern. „Wenn du dich streiten willst, dann streit mit mir!“ Haku befreite sich aus dem Griff, mit dem Gedanken, dass Zabuza bei so einer groben Berührung zu einem Schlag ausgeholt hätte. Männlicher Beschützungsinstinkt eben... und es entwertete Hakus eigene Männlichkeit. Er mochte zwar kein Schläger sein, aber Probleme lösten sich bekanntlich, indem man die Sache mit Worten (oder mit einer Anzeige) klärte. Und dennoch, obwohl er sich wieder einmal seiner Männlichkeit beraubt fühlte, schaute er mit einem Hauch Bewunderung zu dem jungen Kerl, der den anderen Blondschopf, dieser zeigte ihnen beim Gehen den Mittelfinger, tatsächlich vertrieben hatte. „Danke, das war nicht nötig.“, meinte Haku, teils aus Gewohnheit, teils aus dem Empfinden, dass er dies wirklich allein geschafft hätte. Dieser Blondschopf hätte in der Menge keine Schlägerei begonnen, so dumm war keiner. Haku musterte den wildaussehenden Jungen und ihm fielen im ersten Augenblick kratzerartige Narben auf den Wangen auf. Dieser rieb sich dann verlegen über die Nase, scheinbar brachte er mit dieser Geste zum Ausdruck, dass er sich geschmeichelt fühlte. „Keine Ursache, Schwesterchen.“ Der Junge hatte seine Weisheit nicht mit Löffeln gegessen und dennoch machte er auf Haku einen sympathischen Eindruck. „Ich bin aber ein Junge.“, merkte er also an. „Aber mach dir keine Gedanken, jeder denkt, ich sei ein Mädchen.“ Er war keinem böse, denn die Tatsache, wie ein hübsches Mädchen auszusehen, nutzte er oft zu seinem Vorteil, dem er, immerhin hatte Zabuza ihn nur deswegen aufgegriffen und mitgenommen, indirekt sein Leben verdankte. „Danke nochmals.“, wiederholte der Schwarzschopf lächelnd. „Ah... sorry... du warst nur so hübsch.“ Kurzes Schweigen, bevor der Blondschopf zu grinsen begann. „Ich bin übrigens Naruto Uzumaki. Und warum bist du hier?“ Leichte Verwunderung zeichnete sich in Hakus Gesicht ab und er warf, voller Erstaunen, einen Blick in die Runde. All jene, die sich hier versammelt hatten, waren mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, nicht daran interessiert, sich mit einem Konkurrenten – oder auch zwei – zu befassen. Der Schwarzhaarige sah ihm in die blauen Augen und legte sich leicht lächelnd eine Hand auf Herz. „Haku Yuki... also... ich denke mal, aus dem gleichen Grund wie du.“ Und dann entwich ihm auch schon ein weibisches, aber fröhliches Lächeln. „Ja... also... Modeln.“, fügte dieser etwas beschämt und unzufrieden zu. Zudem befürchtete er, erneut verspottet zu werden. „Ja! Das passt zu dir! Du wirst sicherlich gewinnen, ich habe noch nie einen Jungen gesehen, der hübscher als ein Mädchen ist! Bislang gibt es keinen hier, der sich in punkto Aussehen mit dir messen kann.“ Eine ausschweifende Geste, die die Männer im Raum einschloss. „Du Charmeur.“ Wie niedlich es aus Narutos Mund klang, einem anderen Kerl Komplimente zu machen. Haku hatte eigentlich vorgehabt, auf Wunsch Zabuzas, sich mit keinem anderen hier zu beschäftigen. Der Profisportler hatte sie alle als „egoistische Arschlöcher“ bezeichnet, die für den Erfolg über Leichen gehen würden – so wie ein gewisser anderer eben. Dennoch... in einer Hinsicht schien sich dieser getäuscht zu haben: Naruto strahlte eine positive Energie aus und versuchte nicht, ihn aus dem Raum zu ekeln, anders als dieser langhaarige Blondschopf. „Und du...?“ „Ah... naja, ich mach das, was vermutlich viele machen: Singen.“ Er lachte unsicher, oder auch fröhlich, dies war schwer festzumachen bei seiner positiven Ausstrahlung, obwohl ein anderer ihn für einen Oberidioten gehalten hätte wegen seiner Grimasse. „Ach was. Das heißt aber nicht, dass jeder singen kann. Was wirst du denn singen?“ Haku hatte bereits im Fernseher von Talentshows gesehen, wo ein Großteil sich zum Affen gemacht hatte. Entweder waren diese Menschen so von sich selbst überzeugt oder sie taten eben alles, um ins Fernsehen zu kommen. Zum Glück war das hier kein Casting, das zur Belustigung anderer ausgestrahlt werden würde. „Ja, ich werde besser als sie alle sein!“ Dann nannte dieser Naruto, nachdem er sich stolz auf die Brust geklopft hatte, ihm den Song, der mittlerweile im Radio in endloser Dauerschleife zu hören war. Wie Haku dieses Lied in letzter Zeit hasste... und dennoch wünschte er sich im Grunde alles Gute für Naruto trotz dieser kurzen Bekanntschaft. Das Gespräch fand ein jähes Ende, als eine bildhübsche Frau die Halle betrat. Der Schönheit wurde jede Aufmerksamkeit gewidmet, sie wurde regelrecht mit den Blicken der Männer ausgezogen, doch die Dame hatte für diese Blicke nur ein müdes Lächeln übrig. Haku erkannte, wieso die Männer so hin und weg von dieser Persönlichkeit waren: Es handelte sich um die berühmte Sängerin und das Model Konan, das trotz ihres mittleren Alters zwanzigjährige Frauen in den Schatten stellte. Sie war wegen ihrer engelsgleichen Stimme so erfolgreich geworden und dann hatte sich alles andere von allein ergeben. Die Frau musterte die Gruppe und meinte dann mit lauter Stimme: „Ich bitte die Nummern 69-99 sich der Reihe nach aufzustellen. Alle anderen bitte ich wiederum, das Gebäude zu verlassen.“ Konan hatte nicht vor, sich mit enttäuschten Teilnehmern, die am Vortag gescheitert waren, oder mit Zuspätkommenden, die nicht einmal eine Anmeldung abgeschickt hatten, rumzuschlagen. „Hier entlang. Der Präsident ist bereits im Haus.“ Sie schaute mit ihren bernsteinfarbenen Augen der Menge beim Einreihen zu. Dumme Sprüche und ein hektisches Hin und Her waren dabei keine Seltenheit. Dann aber, als die Gruppe sich feinsäuberlich in eine Reihe aufgestellt hatte, fuhr sie auf dem Absatz herum und wies ihnen die Richtung, in der das heutige Casting stattfinden würde. Im großen Saal angekommen musterte Haku die stark beleuchtete Tribüne und erinnerte sich an die Nacht zurück, in der er unerlaubterweise an einem Tanzwettbewerb teilgenommen hatte. Er empfand keine Nervosität bei anderen, kein Lampenfieber, dennoch verspürte er bei dem Anblick dieser Tribüne das Gefühl, sich heute bis in die Knochen zu blamieren. Tanzen und Modeln... das eine hatte er von seiner Mutter beigebracht bekommen... das andere aber? Das hatte sich einfach ergeben. So ein guter Model wie Konan würde er nie werden und als er zu der Jury blickte, die sich an einem Pult versammelt hatte, bekam er eine weitere Erkenntnis: Sasori, ebenfalls ein erfolgreicher Model, würde er ebenfalls nicht beeindrucken können. Dem rothaarigen Mann sagte man nach, dass er wirklich jede Schönheitsoperation in Anspruch genommen hatte. An ihm war wohl nichts mehr Echtes dran, nur das rote, feurige Haar war das Einzige, das er aus Kindheitstagen mitgenommen hatte. Er wirkte erstaunlich jung, obwohl auch er sich in Konans Altersklasse bewegte. Neben dem berühmten Model saß ein junger, schwarzhaariger, leicht androgyn wirkender Mann. Das war wohl Itachi Uchiha, ein beliebter Schauspieler, den Haku in sämtlichen Actionfilmen bewundert hatte. Seine Geste war locker, nichtssagend, und es wirkte sogar so, als würde er seine Gefühlswelt perfekt kontrollieren. Ein leerer Platz in der Mitte, der sicherlich für den Präsidenten bestimmt war, wurde von einem groß gebauten Mann besetzt. Sein kühler Blick und die Piercings, von denen er mehr als genug im Gesicht hatte, stimmten die Teilnehmer unruhig, die sich wegen seiner Erscheinung eingeschüchtert fühlten. Ein Mann, der sich „Pain“ nannte, den ein fragwürdiges Aussehen kennzeichnete und dem eine große Firma gehörte... so ein Mann war schwer einzuschätzen. Konan, nachdem auch sie sich neben den groß gebauten Mann gesetzt hatte, warf einen kurzen Blick zu Kisame Hoshigaki rüber, dem Haku sogesehen dieses „Unheil“ hier verdankte. Der Hüne war kein wirklicher Freund Zabuzas, aber sofern der eine dem anderen einen Gefallen schuldete, dann war der jeweils andere sofort zur Stelle. Haku musterte Zabuzas Bekannten, den er öfters zu Gesicht bekommen hatte: Sein Aussehen war ebenfalls außergewöhnlich, andere würden ihn als eine Art „Freak“ bezeichnen, aber der Profisportler war nicht nur wegen seiner „schlagfertigen“ Argumente – und das war nicht metaphorisch gemeint – bekannt, sondern sein Aussehen erfreute sich tatsächlich an Beliebtheit, dass dieser mehrere Werbeaufträge bekommen hatte. Ein etwas tollpatischer Mann, der die Treppe mehr flog als dass er sie ging, stolperte zum Mikrofon und bat die Nummer 69, zu ihm auf die Tribüne zu kommen. Die Person stellte sich vor und kündigte ihr Talent an, mit dem sie versuchte, die Jury zu beeindrucken. Eine Dauerschleife an Déjà-vus erstreckte sich, als nach und nach die Teilnehmer ähnliche Talente vorzuweisen hatten, eins schlechter als das andere. Es ging nicht nur darum, gut zu sein, sondern auch aufzufallen. Und eine Person, die sich auf der Tribüne als „Deidara“ vorstellte, war besonders auffällig... nicht nur die Person, sondern auch das Talent... er nannte es „Kunst“. Der Blondschopf namens Deidara forderte auf, ihm einen Tisch zu bringen, und wie auf Wunsch kam ein Praktikant dieser Aufforderung nach. Das Werkzeug, das er zur Veranschaulichung seiner Kunst brauchte, zauberte er aus einer Tasche und Gelächter ertönte, als die Gruppe von Teilnehmern eine formbare, tonartige Masse erblickte. „Das Lachen wird euch vergehen, ihr habt kein Verständnis von Kunst, hmpf!“ Schnell und mühelos formte Deidara ein Vogelwesen aus der Masse. „Oh Gott, sind wir im Kindergarten?“, sagte der eine zum anderen und bekam die Zustimmung, die er sich erhoffte. „Ja, damit kann er im Zirkus auftreten, aber nicht hier.“ Der Spott wurde durch Gelächter ersetzt und auch die anderen, die den beiden nur zugehört hatten, machten sich ebenfalls über diesen selbsternannten Künstler lustig. Nachdem Deidara in Sekunden dieses Vogelwesen kreiert und es wie ein Schöpfer stolz präsentiert hatte, da schlug er dieses mit der Faust nieder. „Die Schönheit eines Kunstwerks erschöpft sich nur in einem einzigen Moment! Kunst ist vergänglich, ha!“ Eifrig knetete er aus der zerstörten Masse etwas Neues, genauso schnell, genauso geschickt, und ein Tier, das nicht dem anderen glich, zeichnete sich vor ihren Augen ab. Auch dieses wurde zerstört und von seinen Kunstwerken, denn beim dritten Durchgang hatte er eine schöne, aber schwer zu deutende Figur erschaffen, blieb nichts anderes übrig als eine Erinnerung und eine Masse... Haku war entgegen seiner Erwartung begeistert. Wenn eine traurige Musik im Hintergrund ertönt wäre und Deidara bewusst eine Geschichte versucht hätte zu erzählen, dann würde dem einen oder anderen Tränen in die Augen steigen... falls dieser Deidara überhaupt in der Lage war, dramatisch traurige Geschichten zu erzählen, viel mehr bekam man das Gefühl, dass es ihm darauf ankam, Gewalt zu verherrlichen – und Kunstwerke zu zerstören wie ein Futurist. Dennoch... seine Denkensweise war anders, wertvoll, und so hatte die Jury tatsächlich Interesse an ihm gefunden. Sasori räusperte sich und wandte sich mit nonchalanter Stimme an den blondhaarigen Künstler: „Du glaubst wirklich, Kunst ist etwas Vergängliches?“ „Natürlich ist sie das, hm! Ein Kunstwerk muss einmalig sein! Etwas Einmaliges, das in dieser Form und Art in keiner anderen raumzeitlichen Dimension existieren darf!“ Deidara machte den Eindruck, als hätte er diesen Weg zum Casting nur gesucht, um seine Ansicht von Kunst mitzuteilen. Haku hatte sich nie über Kunst Gedanken gemacht. Für die einen war ein Kunstobjekt etwas Schönes oder Einmaliges und gerade die Avantgarde hatte versucht, eine andere Art von Kunst zu schaffen. Eine, die zum Nachdenken aufforderte... und das hatte Deidara mit seiner Vorführung geschafft, selbst wenn ein Großteil seine Meinung nicht teilen würde – aber das hatte der Künstler sicherlich auch nicht im Sinn gehabt, Zustimmung zu finden. Solange er sich und seine Kunst liebte, war seine Welt perfekt. „Gut, kommen wir jetzt zur Nr. 76.“, betonte Pain, weil dieses Casting nicht dazu gedacht war, einen einzigen Teilnehmer in den Vordergrund zu stellen. Der junge Mann war aber wirklich nicht schlecht gewesen, er würde sich verkaufen lassen, obwohl sich ein jeder sicher war, dass es schwer werden würde, mit ihm zu arbeiten. Aber dies hatte ja seine Zeit und vielleicht hatten die Teilnehmer, eingeschüchtert oder angespornt, etwas Besseres zu bieten. Haku seufzte leise, als Deidara durch einen neuen Teilnehmer ersetzt wurde. Die anderen waren uninteressant, er blickte erst wieder auf, als Narutos Nummer aufgerufen worden war. Dieser ging siegessicher hinauf und stellte sich voller Eifer vor. Dass er möglicherweise vor den Augen der anderen hätte versagen können, dies schien er nicht bedenken zu wollen. Er nannte den Titel des Songs und, auf Pains Zeichnen, begann dieser ohne Musik zu singen. Naruto war zwar kein schlechter Sänger, aber außergewöhnlich gut war er auch nicht. Normal eben. Die Jury wirkte unbeeindruckt, als er den Song beendet hatte. Zwar hatte der Junge ein einzigartiges Äußeres durch seine wilde Erscheinung, dennoch war der Gesang zu gewöhnlich und nicht gut genug gewesen, um in diese Firma aufgenommen zu werden. Naruto, der in die unterkühlten Gesichter der Jury sah, fragte etwas unsicher, was er hätte an seinem Gesang besser machen können. Bis auf Konan hatte keiner der Mitglieder vorgehabt, Kritik auszuüben. Damals hatte ein Mann namens Orochimaru in der Jury gesessen und die Sänger und Tänzer beurteilt, bevor es zu einem heftigen Streit gekommen war. Wie dieser ihn beurteilt hätte? Soviel er wusste, war sein bester Freund bei diesem untergekommen, obwohl Sasuke Uchiha sich nie für Musik interessiert hatte – zumindest nicht während ihrer gemeinsamen Schulzeit. „Nicht schlecht. Aber wir suchen außergewöhnliche Talente... momentan wärst du nicht in der Lage, eine professionelle Laufbahn als Sänger anzustreben.“ Das war hart, aber Naruto hatte ja unbedingt wissen wollen, was sie von seinem Gesang hielt, und eigentlich war es auch nicht ihre Art, einen Teilnehmer verbessern zu wollen. Aber dieser war tatsächlich überzeugt gewesen, gut genug für Akatsuki zu sein. Naruto, der sich am liebsten aufgespielt hätte, denn er warf Konan einen zornigen Blick zu, gab sich geschlagen, und stellte sich mit gesenkten Haupt zu den anderen Teilnehmern. Er hatte sich eine andere Reaktion erhofft, so aber hatte man ihm erneut an den Kopf geworfen, als Sänger nicht gut genug zu sein. Naruto blendete die anderen Teilnehmer aus und stellte sich wie immer die Frage, was er hätte besser machen sollen, bevor er einen Namen zu hören bekam und Haku interessiert musterte. Dieser ging etwas zögernd zur Tribüne, bot dem tollpatschigen Praktikanten das Album an, und stellte sich mit fröhlich klingender Stimme vor. Er wirkte durch und durch wie ein hübsches Mädchen... und obwohl dieser Haku rein äußerlich betrachtet voll und ganz seinen Geschmack traf, so war Naruto nicht an Männern interessiert. Haku, dem man beigebracht hatte, in so einer Situation einen kühlen Kopf zu bewahren, hielt sein Lächeln aufrecht, als Sasori und Konan ins Album blickten. Was ihn nun erwarten würde? Als Laufsteg-Model würde das schwierig werden, denn dafür hatte er keine geeignete Größe, aber Zabuza hatte ihm bereits versprochen, sich diesbezüglich keine Gedanken machen zu müssen. Es gab viele Mittel und Wegen, sein hübsches Gesicht zu vermarkten. Sasori, der das Album in die Hand bekommen hatte, blätterte und richtete dann seine Aufmerksamkeit an Haku. Unglaublich, dass dieser Junge hübscher als ein Mädchen war, dennoch hatten sie nicht vor, eine Person nur nach ihrem Aussehen zu beurteilen. „Dir ist aber schon klar, dass ein Mann eine Mindestgröße von 185 cm haben muss, um als Model zu arbeiten.“ „Das ist mir bewusst, aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.“ Der Schwarzschopf versuchte so selbstbewusst wie möglich zu wirken. „Außerdem ist es nicht mein Ziel, auf dem Laufsteig zu arbeiten.“ „Ein Model muss wandelbar sein. Würdest du also ein Laufsteg-Angebot ablehnen?“ „Natürlich nicht, aber ich würde mich keinem Auftragsgeber aufdrängen, um an einen zu kommen.“ „Es kann nicht schaden, energisch zu sein. Denkst du nicht auch?“ „Disziplin und Geduld halte ich für angebrachter für einen Model.“ Sasori lehnte sich zurück, schaute erneut in das Album. Ein wirklich schöner Junge, einmaliges Aussehen. Perfekte Haut. Perfektes Haar. Er hatte ja den Jungen ausgefragt, um herauszufinden, ob dieser auch intelligent war – zumindest musste ein Junge in seinem Alter schulisch begabt sein, wenn dieser, wie aus dem Formular zu lesen war, Medizin studierte. Er war wirklich gutes Material, dennoch... eine Frage brannte ihm auf der Zunge: „Bei der Konkurrenz wird es schwer für dich werden, Männer mit maskulinen Gesichtszügen werden bevorzugt.“ Der Rotschopf hatte selbst mit dieser Tatsache zu kämpfen, aber dieser Haku tat ja alles Erdenkliche, um wie ein Mädchen zu wirken – und dies mit Erfolg. Sasori hatte sogar zweimal ins Formular gucken müssen, um sich von der Hakus Männlichkeit zu überzeugen. Obwohl Haku mit so einer Anmerkung gerechnet, und sogar eine passende Antwort sich zurecht gelegt hatte, so fiel ihm im ersten Augenblick keine schlagfertige Bemerkung ein. „Ich meine... wieso einen Mann nehmen, der wie eine Frau aussieht... und nicht gleich eine Frau?“ Und genau in diesem Augenblick wäre Haku am liebsten im Erdboden versunken. Jede Antwort, die er für heute präpariert hatte, war ihm entfallen. Er hatte mit dieser Frage gerechnet, aber dass sie ihn so aus der Bahn werfen würde, dies hätte er nicht gedacht. Des Weiteren dachte er wieder und wieder an Sasoris letzte Frage zurück: Wieso einen Mann nehmen, der wie eine Frau aussieht... und nicht gleich eine Frau? „Ich... ich weiß es nicht...“ Wieso eigentlich? Hatte er wirklich geglaubt, Zabuza würde sich für einen jungen weiblich aussehenden Mann interessieren, wenn der andere sogar in der Lage war, jede Frau um den Finger zu wickeln? Hatte er das wirklich geglaubt? Zabuza hatte zwar nie in seiner Gegenwart mit Frauen geflirtet, doch wusste der Schwarzschopf zu gut, dass der andere durchaus Kontakt mit Frauen pflegte. Ja, was hatte er sich eigentlich erhofft? Schöner als seine letzte Freundin zu sein, die ebenfalls ein berühmtes Model war, und ihn so für sich zu gewinnen? Haku, verletzt durch die Gedanken, die er sich selbst zusammengesponnen hatte, war wie erstarrt und reagierte auf keine Frage seitens Sasori. Erst, als man ihn berührte und ihn indirekt zu den anderen schob, erwachte er aus seiner Starre und stellte schockiert fest, dass er Zabuzas Wunsch mit einem Schlag zunichte gemacht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)