Finera - Dawn of the Dark von Kalliope ================================================================================ Kapitel 43: Steppengespräche ---------------------------- 2. Dezember - Summer - Route 13 lag vor ihnen und erstreckte sich bis an den Horizont. Summer und Bryce hatten eine Weile in Tempera City verbracht, doch zum Trainieren hatte es sie nie in die sandige Steppe von Route 13 verschlagen, weshalb nun beide am oberen Ende standen und die Landschaft auf sich wirken ließen. Für Anfang Dezember war es generell viel zu heiß, weshalb beide nur ein T-Shirt unter ihrer Jacke trugen, doch sobald sie das schützende Gebirge hinter sich lassen würden, würde sie der warme, trockene Steppenwind noch weiter aufheizen. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es hier nachts wirklich kalt werden soll“, sagte Summer. Sie würden ein oder vielleicht zwei Stunden bergab laufen müssen, um auf dem weiten Plateau der Steppe anzukommen. Von dort mussten sie nur noch ihren Kurs halten und immer geradeaus laufen, bis sie Illumina City erreichten. Bryce plante dafür zwei volle Tage ein, weil das Vorankommen im sandigen und lehmigen Steppenboden beschwerlicher war als auf den anderen Routen. Vielleicht würden sie auch drei Tage brauchen. Hoffentlich verliefen sie sich nicht. „Schwester Joy hat uns davor gewarnt, leichtsinnig zu werden“, ermahnte Bryce sie und rückte seine Brille zurecht. Er machte den ersten Schritt, Summer folgte ihm sogleich. Noch hatten sie festen, steinigen Boden unter den Füßen. „Aber deinem Onix wird es hier mit Sicherheit gefallen. Ich denke, du solltest es unten in der Steppe außerhalb seines Pokéballs lassen, damit es sich frei bewegen kann. Dafür hat es so selten die Gelegenheit.“ „Stimmt, daran habe ich gar nicht gedacht“, sagte sie sogleich fröhlich und setzte ihre Sonnenbrille auf, um ihre Augen gegen das grelle Sonnenlicht zu schützen. „Ich könnte auch auf Onix reiten, dann muss ich nicht laufen und wir wären schneller – ach, wobei, ich bin mir gar nicht sicher, ob es uns beide tragen könnte.“ Bryce zog eine Grimasse. „Vom Gewicht her bestimmt, aber ich kann mir Besseres vorstellen als auf dem steinharten Körper von Onix hin und her geschaukelt zu werden.“ „Ach komm schon“, beharrte Summer grinsend. „Du bist nur neidisch, weil du kein Pokémon besitzt, auf dem du reiten könntest. Damit wären wir viel schneller in der nächsten Stadt.“ Er warf ihr einen genervten Seitenblick zu. „Es gehört zum Leben eines Trainers dazu, zu Fuß durch die gewählte Region zu reisen. Das verstärkt die Verbundenheit zu der Natur, den Pokémon und stärkt den eigenen Charakter.“ „Aus welchem Glücks-Ei-Essen hast du das denn abgekupfert.“ Sein Blick wurde noch eine Spur finsterer. „Kümmere dich lieber darum, deine Pokémon vernünftig zu trainieren. Glutexo hört noch immer nicht auf dich und hier in der Steppe wäre ein ausgezeichneter Lebensraum, um es zu trainieren.“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, entließ er alle seine Pokémon gleichzeitig aus ihren Pokébällen. Turtok, das er lange Zeit in Azuria City zurückgelassen hatte, das nun aber wieder bei ihm sein durfte, brüllte die Weite des Steppenplateaus herausfordernd an. Es ließ seinen Hals knacken, renkte seine Arme richtig ein und stapfte dann mit großen Schritten und wachsamen Blick gut zehn Meter von Bryce entfernt umher wie ein Bodyguard. Enekoro gähnte gelangweilt. Sein Schwanz peitschte hin und her, doch ansonsten machte es keine Anstalten, dass die Steppe in irgendeiner Form interessant sein könnte. Rocara hingegen quietschte vergnügt und begann augenblicklich damit, in unregelmäßigen Kreisen und Ellipsen um Summer und Bryce über den Boden zu sausen. Auch Vipitis schien sich zu freuen, endlich einmal längere Zeit außerhalb des Pokéballs verbringen zu können. Sein Körper hinterließ wellenförmige Muster auf dem Boden und bei jeder Bewegung zeichneten sich die starken Muskeln unter seiner schuppigen Haut ab. Summer starrte seine Pokémon alle der Reihe nach an, wobei ihr Blick bei Turtok vor Neid triefte. Kurzerhand entließ sie ebenfalls ihre Pokémon. Onix gab ebenfalls einen Freudenschrei von sich und schlängelte zu Vipitis herüber. Seine Bewegungen waren viel langsamer und schwerfälliger, doch auch Onix hinterließ ein Wellenmuster im sandigen Boden. Jurob, das zu klein war und sich auf dem Land ohnehin nicht so gut fortbewegen konnte, wurde von Summer auf Onix‘ Rücken gesetzt. Von dort aus kletterte es auf der Felsnatter empor, bis es auf Onix‘ Kopf saß und die Aussicht genießen konnte. Evoli tat dasselbe. Bully, das Mähikel, trabte sofort an, galloppierte einige Meter vor, machte einen Bocksprung und trabte dann brav neben Summer her. Nur Glutexo quittierte Summers Verhalten mit einem abschätzigen Knurren und einer Glutsalve, die nur knapp hinter ihr im Boden landete. Mit rauchenden Nüstern verschränkte Glutexo die Arme und lief keinen Millimeter. Summer rollte mit den Augen und zog Glutexo zurück in seinen Pokéball. Bryce schüttelte mit dem Kopf. „Anstatt einfach sofort klein beizugeben, hättest du die Chance nutzen sollen.“ „Dann müsste ich jedes Mal mit ihm diskutieren, nein danke. Es macht doch sowieso, was es will.“ Bryce schürzte die Lippen, sagte aber nichts mehr dazu. Summer kannte seine Meinung und wusste, dass er der Ansicht war, sie wäre nicht die richtige Trainerin für Glutexo, doch zugeben würde sie das auf keinen Fall. Stattdessen wechselte sie schnell das Thema. „Sag mal, willst du für Weihnachten eigentlich zurück nach Azuria City? Wir haben schon den 2. Dezember und bisher hast du noch nichts dergleichen gesagt.“ „Weil ich hier in Kalos bleiben werde“, antwortete er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Der Flug nach Kanto lohnt sich nicht, wenn ich nur für ein paar Tage oder eine Woche bei meiner Familie bleiben will. Wir feiern Weihnachten sowieso nicht groß. In den letzten Jahren hatten wir nicht einmal einen Weihnachtsbaum. Wir lesen die Weihnachtskarten der Verwandtschaft, tauschen ein paar Geschenke aus und das war es.“ Sie riss die Augen auf. „Kein Weihnachtsbaum? Und was ist mit dem traditionellen Essen?“ Im Hause Light-Loraire wurde Essen außerordentlich groß geschrieben. „Meine Mutter kauft den Braten aus dem Supermarkt.“ „Du Ärmster.“ „Das ist alles halb so wild.“ Er winkte ab. „Deinem Verhalten nach entnehme ich aber, dass du nach Finera zu deiner Familie willst?“ „Oh, ich würde sehr gerne“, meinte Summer sogleich. „Aber meine Eltern sind beide der Meinung, dass Rain und ich unsere Trainerreise dafür nicht unterbrechen sollten. Weihnachten ist zwar ein schöner Feiertag, aber sie wollen uns unsere Geschenke nach Illumina City zu der Cousine unserer Mutter schicken. Wir sollen mit Ivy feiern. Und meine Mutter hat gesagt, dass ich Ivy nach einem Nebenjob fragen soll, solange ich in Illumina City bin.“ Summer rollte mit den Augen. „Wenn es sein muss, werde ich das tun.“ „Finde ich gut, so bist du beschäftigt und verdienst zur Abwechslung mal dein eigenes Geld.“ „Hey!“ Sie boxte ihm spielerisch in die Seite. „Das ist gemein von dir. Was wirst du denn tun, während wir in der Stadt sind?“ Bryce rieb sich die Stelle, an der sie ihn erwischt hatte. „Ein wenig trainieren und viel lesen, denke ich. Über die Feiertage ist sowieso nicht viel in den Arenen los, also können wir genauso gut einen Gang zurückschalten und im neuen Jahr mit neuem Elan starten.“ „Wahrscheinlich hast du Recht“, gestand Summer. „Und vielleicht schaffe ich es, dass Rain mir endlich verzeiht – auch wenn ich nicht weiß, was ich verbrochen habe. Sie hat mir immer noch nicht geantwortet. In den letzten Monaten ist sie eine ziemlich blöde Miltank-Kuh geworden.“ „Es ist normal, dass Menschen sich auseinander leben. Aber egal, was passiert, sie wird immer deine Schwester bleiben.“ „Ich hoffe es.“ Summer zog ihre Sonnenbrille wieder ab und schaute gen Horizont in die Richtung, in der Illumina City lag. „Ich hoffe wirklich, dass wir wieder zueinander finden werden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)