Das Buch von Akio21 (Mein Tagebuch von Naruto) ================================================================================ Kapitel 33: Ich liebe dich/Zuhause/Sasukes Zimmer ------------------------------------------------- Als ich am nächsten Morgen in den Klassensaal ging und zielstrebig meinen Platz ansteuerte, herrschte große Aufregung. Noch mehr als sonst. Aber das interessierte mich nicht. Kaum hatte ich mich gesetzt, kamen ein paar Mädchen an mein Pult gestürmt. Sakura und Ino waren auch dabei. Die anderen kannte ich nicht vom Namen her. Wozu sollte ich mir auch Namen merken, wenn ich doch ständig die Schule wechseln musste. Hatte ich mir das als mein Schicksal ausgesucht? „Sasuke, wir müssen dir etwas erzählen“, ergriff Sakura das Wort. „Ja genau, das wirst du niemals glauben,“ wurde sie von Ino unterstützt. Desinteressiert lehnte ich meine Tasche neben mich auf den Boden. „Wir konnten es selbst kaum glauben,“ sagte jemand. Wie schon gesagt. Das interessierte mich überhaupt nicht. „Um was geht’s?“ fragte ich. „Die Lehrer sind alle im Büro des Direktors versammelt und – sie trinken.“ „Wie bitte?“ „Ja, sie trinken Sekt.“ „Die feiern.“ „Die feiern? Was gibt es zu feiern?“ „Halt dich fest, Sasuke.“ „Muss ich nicht. Wird auch so gehen.“ „Stell dir vor, Kakashis Frau hat ein Kind bekommen. Gestern Abend.“ Ich musste schlucken. War das etwa...Automatisch legte ich die Hand auf meine Kamelie und tatsächlich, ein sehr vertrautes Ziehen war zu spüren. Wahrscheinlich leuchtete sie gerade wieder in diesem weiß-goldenen Ton. Der Rest des Gekreisches um mich herum wurde zu einer Art Bienensummen. Tja, Kakashi. Naruto, das Monster, hat gestern dafür gesorgt, dass die Seele deines Kindes unbeschadet zur Welt kommen konnte. Was würdest du dazu wohl sagen? Ich lehnte mich zurück, und holte das Tagebuch heraus. Es war mir jetzt egal, ob andere es sahen oder nicht. Solange es keiner anfasste oder hineinsah war alles in Ordnung. Wenn es wirklich so war, und davon war ich überzeugt, dann gehörte die Seele die ich gesehen hatte, Kakashis Kind und das wiederum bedeutete... Naruto, sind die Zeitabstände eines Planes verschieden? Kann eine Seele sich einen ganz bestimmten Tag aussuchen? Ich klappte das Buch wieder zu, ohne auf die Fragen zu antworten, was das sei, und legte es in die Tasche zurück. Jemand war unverschämt genug, nach meiner Tasche zu greifen. „Pfoten weg,“ schrie ich, „das ist mein Geburtstagskalender.“ „Oh, wie aufmerksam von dir, Sasuke.“ „Er hat recht, wir sollten es uns auch aufschreiben.“ Zum Glück rannte jeder an seinen Tisch zurück, um sich das Geburtsdatum von Kakashi Kind zu notieren. Endlich Ruhe. Ich seufzte und sah aus dem Fenster. Sehnsucht übermannte mich. Ich wollte zurück. Zurück zu ihm. Und dann kam die Panik. Ich war kein Kami, hatte dort keine Aufgabe. Was wenn er mich erst bei sich bleiben ließ, wenn ich kein Mensch mehr war? Ich muss unbedingt nochmal mit dir reden Naruto. Und das ansprechen, was ich bisher nicht gewagt habe. Das hätte ich gestern schon tun sollen, oder noch früher. Stattdessen – ich hatte genau das Gegenteil getan. Du heilige Scheiße – war ich etwa schüchtern? Na ja, das Gefühl war neu, aber ich wusste es doch. Eigentlich hatte ich es vom ersten Augenblick an gewusst, ich hatte es im gleichen Moment gewusst, als ich sein Tagebuch in den Händen hielt. Und er war gekommen, er hatte mich geholt, aber was hatte ich getan? Anstatt mich mit meinem Gefühl auseinander zu setzen, hatte ich ein Detektivspiel daraus gemacht. Die Schulglocke hatte schon geläutet, aber die Lehrer waren wohl noch in Feierlaune. Ich nahm wieder das Buch heraus. Die Antwort stand zu da. Natürlich geht auch das. Aber die meisten Seelen bevorzugen einen Zeitraum von ein oder zwei Monaten. Wieder so viele Wörter, wie ich auch geschrieben hatte. Das musste wohl eine Regel sein. Oder doch Zufall? Egal. Ich musste das jetzt einfach schreiben. Und schreiben, war eigentlich auch nicht sonderlich mutig. Eine ganz andere Sache, als es jemandem direkt ins Gesicht zu sagen. Aber – das würde ich auch noch schaffen. Naruto, ich liebe dich. Schnell klappte ich es wieder zu, und wagte nicht mehr es zu öffnen, während dem gesamten Unterricht. Was wenn da stand, ich dich aber nicht. Oder – genauso schlimm, dein Plan ist anders, oder so etwas. Verdammt, warum hatte ich nicht einfach gefragt, wann wir uns wiedersehen, das hätte es doch auch getan, oder? Nein, keine Chance, das ich jetzt nachsehen würde. Vielleicht zu Hause. Nach dem Essen, nach den Hausaufgaben, nach meiner Lieblingssendung, nach dem Duschen... Das mit dem Feiern war eindeutig übertrieben. Kein Lehrer war betrunken. Ganz gut gelaunt, vielleicht und manche gaben keine Hausaufgaben auf, aber das hatte wohl eher was mit ihrer Sympathie für Kakashi zu tun. Vermutlich war die Party nichts anderes gewesen, als ein Glas billigen Sekt für jeden. Ich musste es wissen. Beim nächsten Lehrerwechsel holte ich das Buch wieder heraus. Ich hol dich ab. Ich hatte ja mit so einigem gerechnet, aber damit jetzt nicht. Und – war das nun ein gutes Zeichen oder ein schlechtes? Aber wen sollte ich fragen? Meine Hand holte automatisch das Handy aus meiner hinteren Hosentasche, ich tippte die SMS an Itachi. An wen sonst? Keine Ahnung. Es gibt da jemanden, und ich habe ohne nachzudenken geschrieben, ich liebe dich, die Antwort war – ich hol dich ab, was bedeutet das? Insgeheim wünschte ich mir, Itachi hätte eine Freistunde oder wäre zuhause, oder hätte Vibieren eingeschaltet, während ich auf das Display starrte. Tatsächlich kam die Antwort. Du bist zu verwöhnt. Eigentlich ist es deine Sache, das Mädchen abzuholen, nicht umgekehrt. Nebenbei, man schreibt zuerst, willst du mit mir ausgehen. Mist, das war nicht die Antwort die ich hören oder lesen wollte. Mittlerweile war die Lehrerin schon im Raum. Ich hielt mein Handy unter das Pult und tippte, ich will nicht wissen, wer wen abholen sollte, ich will wissen, ob mein Gefühl erwidert wird. Itachi schien wirklich Pause zu haben. Woher soll ich das wissen? Danke Bruder, du bist mir eine große Hilfe, dachte ich. Das brachte nichts. Bevor die Lehrerin etwas bemerkte und mein Handy konfiszierte, steckte ich es lieber wieder zurück. Warum hatte er nicht geantwortet, ich dich auch, oder ich dich nicht? Ob er das persönlich klären wollte? War das dann gut oder nicht? Und wann holst du mich ab, Naruto? Heute Nacht oder in fünfzig Jahren? Das konnte ich vielleicht später noch fragen, wenn ich zuhause war. Aber meine Konzentration war dahin. Als ich in Mathematik an die Tafel gerufen wurde, um eine einfache Gleichung zu lösen, war ich nicht dazu imstande. Wie ein Idiot stand ich vor der Tafel, hinter mir unangenehme Stille. Auch das hob nicht unbedingt meine Stimmung. Wenigstens schien Kakashi mich vollkommen vergessen zu haben. Als ich im Flur vor mich hin trödelte rannte er mit dem Autoschlüssel in der Hand an mir vorbei. Als ich aus der Tür trat, blendete mich die Sonne. Ich hob eine Hand, um meine Augen zu schützen und – sah ihn. ------------------------------------------------------ Jetzt war mir klar, was er mit abholen meinte, aber – war er verrückt geworden? Was wenn ihn einer sah, Kakashi zum Beispiel, nein, der war zum Glück ja schon weg, trotzdem...ich rannte zu Naruto und keuchte sofort drauf los: „Bist du verrückt geworden?“ Verständnislos sah er mich an. „Es ist ja okay, wenn du heimlich in der Nacht deine Schwester besuchst, aber mitten am Tag, in aller Öffentlichkeit hier aufzutauchen, also – da ...“ fehlten mir doch die Worte. „Oh, keine Sorge, niemand sieht mich,“ kicherte Naruto. „Hä?“ Vorsichtig drehte ich mich nach allen Richtungen um. Es sah tatsächlich keiner her. Sogar Sakura und Ino nicht, obwohl sie nach irgendetwas oder irgendwem Ausschau zu halten schienen. „Und dich sieht auch keiner,“ meinte Naruto jetzt ernster. „Mich sieht auch keiner,“ echote ich. Hatte er mich etwa unsichtbar gezaubert? Konnte ich wie ein Geist durch Wände gehen oder musste ich Türen öffnen und würde damit andere Leute erschrecken? „Zu nah,“ sagte er jetzt. „Wenn du so nah bei mir stehst, sieht dich keiner. Genauer gesagt, als du auf mich zu gerannt bist, warst du für andere von einem Moment zum anderen verschwunden. Du solltest vorsichtiger sein. Na ja, zum Glück sah gerade keiner her.“ „Du – hättest mich warnen müssen,“ sagte ich verärgert. „Das hätte ich, wenn ich nicht so überrascht gewesen wäre,“ meinte der unverschämte Kerl vollkommen unbekümmert. Wortlos starrte ich ihn an, um ihm mein Missfallen an dieser Aktion zu demonstrieren. Ohne sich beeindrucken zu lassen, fuhr er fort: „Es ist nicht meine Zeit, darum sieht mich auch keiner.“ Dann grinste er: „Ich dachte, du freust dich, wenn ich dich abhole. Das macht man doch so?“ Mit großem Schrecken fiel mir wieder ein, was ich ihm durch das Buch mitgeteilt hatte. Zu nah, hatte er gesagt. Und obendrein, - wieso holte er mich ab? Itachi hatte mich schließlich wissen lassen, das der Junge das Mädchen abholt. Mir wurde plötzlich ganz übel. Was jetzt? Vielleicht die Sache runter spielen? Ich war nun mal leider ein miserabler Schauspieler, aber ich beschloss, mir meinen Ärger nicht länger anmerken zu lassen. Kami hin oder her, derartige Frechheiten würde ich mir nicht gefallen lassen und das konnte Naruto ruhig wissen. Mit verschränkten Armen beugte ich mich zurück und fragte:“Macht man das so? Ganz schön altmodisch, wenn du mich fragst, das ist wirklich nicht deine Zeit.“ „Das ist nicht altmodisch“, widersprach er und rieb sich nachdenklich das Kinn, „aber altmodisches kann auch einen gewissen Reiz haben. Hm.“ „Ach was, ich hätte dich doch auch abholen können,“ ich schlug ihm kumpelhaft gegen den Arm, „wenn ich gewusst hätte, wo.“ Verdammt, wurde das hier langsam zu einer Abholdiskussion? Das ist nur deine Schuld, Itachi. „Also, in welcher Entfernung sollte ich stehen, um gesehen zu werden?“ fragte ich so herablassend wie nur möglich. „In dieser!“ Naruto schubste mich von sich weg. Er war jetzt eindeutig wütend. Und ich hörte schon Ino und Sakura meinen Namen rufen. Erschrocken drehte ich mich um. Aber die beiden hatten mich noch nicht gesehen, sie suchten mich. Das bedeutete – ich hörte sie nicht, wenn ich in Narutos Nähe stand. Stimmt, das fiel mir jetzt erst auf. Ich ging wieder einen Schritt auf Naruto zu und die Umweltgeräusche und Stimmen verschwanden. „Puh,“ erleichtert seufzte ich auf. „Die Blonde, die mag ich,“ Naruto sah an mir vorbei zu Ino. Ich folgte seinem Blick, Ino wandte sich gerade an Sakura. Es sah so aus, als würden sie die Suche aufgeben und gehen wollen. Oder vielleicht überlegten sie auch, ob sie nochmal zurück ins Klassenzimmer gehen sollten. „Klar, ich kann mir auch vorstellen wieso.“ „Echt?“ „Natürlich. Weil ihre Eltern einen Blumenladen haben, warum sonst?“ Naruto grinste mich an. Ein Glück. Nachtragend schien der nicht zu sein. „Also gut. Du sagtest du holst mich ab und das hast du auch gemacht. Und jetzt?“ „Ich dachte mir, ich begleite dich nach Hause.“ Oh mein Gott. Das mit dem altmodisch hatte ich doch nur gesagt, um ihn zu ärgern. Aber der war tatsächlich altmodisch. Wollte er etwa meine Tasche tragen? Ich war entsetzt. „Augenblick mal. Ich dachte, wir würden zu dir gehen,“ rief ich. „Willst du nicht nach Hause?“ Naruto sah überrascht aus. Nach Hause. Als ob ich jemals ein zuhause gehabt hätte. Ich fühlte mich bei ihm viel mehr zuhause, als bei mir. Oder in irgendeinem anderen zuhause das ich je zuvor hatte. „Doch. Genau darum will ich ja zu dir.“ Naruto streckte sich und kniff enttäuscht die Augen zusammen. „Dabei habe ich mir heute extra freigenommen.“ „Freigenommen? Geht das? Und – wofür hast du dir denn freigenommen?“ „Klar geht das, du weißt doch, das ich manchmal meine Schwester besuche.“ „Stimmt, da fällt mir ein, ich konnte dich sehen.“ „Natürlich kannst du mich sehen. Es ist wegen der Markierung.“ Er schien nicht zu begreifen. „Nein, ich meine, ich konnte dich damals schon sehen. Als du auf der Mauer gesessen hast. Weißt du nicht mehr, du hast mich doch auch gesehen.“ „Und?“ War der Kerl vielleicht schwer von Begriff? „Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Markierung doch noch gar nicht.“ „Das – stimmt.“ Naruto schien ernsthaft verwirrt zu sein. „Du hast recht. Seltsam.“ Und mal keine Antwort zu haben. Ich grübelte auch darüber nach. „Könnte es damit zusammen hängen, das ich dein Tagebuch hatte?“ „Hm, eigentlich nicht. Ich weiß nicht.“ „Gut, dann – gehen wir eben zu mir nach Hause,“ lenkte ich ein. Wozu hatte ich sonst die ganzen Blumen besorgt. „Ich will dir mein Zimmer zeigen.“ Naruto nickte. „Aber meine Tasche trage ich selbst.“ „Huh?“ -------------------------------------------------------- Der Fußmarsch bis zu meinem derzeitigen zuhause dauerte etwa fünfundzwanzig Minuten. Wir verbrachten ihn vorwiegend schweigend und sozusagen Schulter an Schulter. Naruto trug einen ganz normalen, orangefarbenen Zweiteiler und hatte lässig seine Hände in die Hosentaschen gesteckt. Er sah sich kaum um und ich fragte mich, ob er öfters hier herumspazierte. Ich dagegen war ziemlich angespannt und behielt meine Umgebung ganz genau im Auge. Der Weg führte uns zwar in eine ruhige Gegend, in der nur normale Wohnhäuser mit Gärten standen und kaum Verkehr herrschte, aber wenn ich jemand sah achtete ich sehr genau darauf, ob derjenige nicht doch Blickkontakt mit mir herstellen würde. Na ja, man läuft ja nicht jeden Tag unsichtbar herum. Nach einer Weile fiel mir auf, dass ich Vogelgezwitscher hörte. Naruto erklärte mir, dass ich die Geräusche hören konnte, wenn ich mich nur intensiv genug darauf konzentrierte. „Stell dir vor, ein Auto überfährt dich, weil du es nicht hören kannst“, witzelte er. „Ja, ja“, murrte ich. „Nur keine Angst, ich pass schon auf dich auf“, setzte er noch eins drauf. Damit war unsere Konversation auch schon wieder zu Ende. Allerdings nicht allzu lange, denn Naruto fing plötzlich an mir zu erklären, dass ich andere sehen könnte, weil Menschen in erster Linie ihren Sehsinn benutzten. Das passiere automatisch und unbewusst. Aufs Hören und Riechen hingegen müsse man sich eben bewusst konzentrieren. Ich unterbrach seine Schilderungen mit der Frage, ob er annehmen würde, ich wolle so einen Stress noch öfters erleben, woraufhin er sich den Rest des Weges in Schweigen hüllte. Naruto begutachtete die Fassade unseres Hauses, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. Dabei wusste ich doch genau, dass er – egal. Ich stellte meine Schultasche auf den Boden und kramte nach meinem Hausschlüssel. Kaum hatte ich ihn ins Türschloss gesteckt wurde sie zu meiner Überraschung auch schon von meinem Bruder aufgerissen. Der hatte überhaupt keine Pause, der war zuhause?! Gerade als ich fragen wollte, was er jetzt schon hier verloren hätte, rief Naruto hinter mir fröhlich: „Hallo. Guten Tag.“ Als ich mich umdrehte sah ich ihn auch noch mit hoch erhobener Hand dazu winken. Was sollte das? Itachi konnte ihn doch gar nicht sehen. Itachi sagte: „Oh, Hallo.“ Ich fuhr zu Itachi herum. Was ging hier ab? Unsicher sah ich dann wieder Naruto an. Der zwinkerte mir zu. Irgendein Zauber vielleicht? Das hätte er mir wirklich früher sagen können. „Ähm, das ist Naruto, ein Freund aus der Schule. Naruto, mein Bruder. Itachi.“ Naruto strahlte. Jetzt musste ich aufpassen und Abstand zu halten. Oder nicht? Komplizierte Sache, das. Ich würde Naruto nachher fragen. Da Itachi ihn sehen konnte, wurde ich vielleicht nicht unsichtbar hier im Haus, wenn ich in Narutos Nähe stand. Oder galt das nur für Itachi und nur für den Moment? Ich seufzte. „Wir gehen nach oben. Lernen“, sagte ich knapp und steuerte auch schon auf die Treppe zu. Eigentlich hatte ich Naruto direkt hinter mir vermutet, bis ich Itachi sagen hörte: „Freut mich dich kennenzulernen. Sasuke hat noch nie einen Freund mit nach Hause gebracht.“ Ungläubig drehte ich mich um. Naruto kratzte sich gerade verlegen. „Echt jetzt?“ Das konnte ja wohl nicht wahr sein. „Naruto, kommst du?“ „Ja.“ Er folgte mir nach oben in mein Zimmer, wobei er sich die ganze Zeit nach links und rechts drehte, als sei er noch nie in einem Haus gewesen und erinnerte mich eigentlich schon die ganze Zeit an den hyperaktiven Naruto aus der letzten Erinnerung. Ich war gespannt, wie er auf die Kamelien reagierte und öffnete meine Zimmertür mit einer einladenden Handbewegung. „Tada.“ Naruto schlüpfte an mir vorbei ins Zimmer. Ich hörte ein andächtiges: „Oh – wow,“ und klopfte mir geistig selbst auf die Schulter. Dann folgte ich ihm. „W...Was ist das?“ „Wahnsinn, Sasuke.“ Naruto besah sich verzückt meinen Schrank und berührte ihn dann sogar mit der Hand. Anscheinend beeindruckte ihn das kräftige Königsblau, mit dem ich ihn beklebt hatte. Gleich darauf lief er zum Regal. Na ja, in seiner Welt gab es viele Pastellfarben und wenn ich an das rote Tagebuch dachte, dann mochte er wohl intensive Farben, nur – wo zum Teufel war mein Highlight? Wohin waren meine Kamelien verschwunden? „Bin gleich wieder da,“ entschuldigte ich mich von einem Naruto der nur kurz nickte und fasziniert meinen Bettüberwurf musterte, der überwiegend schwarz war, mit einem Wolf der einen gelben Mond an heulte. Vor zwei Jahren hatte ich mal so eine born to be wild – Phase gehabt und der Überwurf war noch ein Überbleibsel aus dieser Zeit. Er war einfach praktisch wenn man zu faul war, um sein Bett zu machen. Noch während ich die Treppe runter rannte rief ich laut: „Itachi.“ Ich fand ihn in der Küche. In der Hand hielt er eine kalte Dose Ravioli ohne Deckel und in der anderen einen Löffel. „Igitt.“ „Du musst es ja nicht essen. Hauptsache mir schmeckt es.“ „Wo sind die Kamelien?“ „Mutter hat sie raus gestellt. Sie meinte, es täte den Blumen gut. Unsere Nachbarin hat ihre auch draußen und nicht wie du im Zimmer.“ Bei der ist es auch was anderes dachte ich, während ich nach draußen rannte. Vor dem Haus hatte ich keine gesehen, darum rannte ich gleich um die Ecke. Tatsächlich. Da standen sie im Schatten und ließen die Köpfe hängen. So ein Mist. Ich nahm einen Topf hoch und überlegte, ob ich ihn überhaupt noch mit nach oben nehmen sollte, aber wenn ich sie wegwerfen würde, ich hatte das ungute Gefühl, Naruto würde sich extrem darüber ärgern. Also nahm ich den Topf mit nach oben in mein Zimmer. Ich wollte zumindest versuchen, sie wieder aufzupäppeln auch wenn ich wenig Hoffnung hatte, das es mir gelingen würde. Vor allem wenn ich daran dachte, das ich keinen grünen sondern einen giftigen Daumen hatte. Naruto hüpfte auf meinem Bett herum wie ein kleines Kind. „Sag mal, wie alt bist du?“ fragte ich verärgert. „So was hab ich mit drei Jahren zum letzten Mal gemacht.“ Er hielt inne und sah auf den Topf den ich in der Hand hatte. „Oh. O ja. Mutter hat sie nach draußen gestellt. Na ja, ich – es sollte eine Überraschung für dich sein, aber...“ Naruto sprang vom Bett runter und stellte sich vor mich. Er hielt seine Hände in Höhe der Blumen und wie durch Zauberhand erholten sie sich in Sekundenschnelle. Sie blühten sogar schöner, als zuvor. Dabei sah er mich an mit einem Lächeln, das ich nicht so richtig einordnen konnte, aber ich spürte überall ein Kribbeln auf meiner Haut. Also stellte ich den Topf schnell auf dem Tisch ab und sagte: „Unten sind noch mehr. Ich hol sie mal eben.“ „Ich helf dir.“ Gemeinsam brachten wir die Töpfe wieder nach oben. Mit Mühe und Not hatte ich Naruto davon abhalten können, die Blumen nicht gleich noch an Ort und Stelle zu heilen. „Hör bloß auf, was ist, wenn jemand vorbeikommt?“ „Ja? Was ist dann?“ „Wo lebst du? Hinterm Mond?“ „Nein, nicht hinter dem Mond, ich lebe in der Anders...“ „Das weiß ich,“ rief ich laut. „Ich meinte etwas anderes. Stell dir vor, jemand läuft vorbei und sieht nur mich und halb verwelkte Blumen, die plötzlich blühen?!“ Ich hoffte, er würde sich bei dieser Vorstellung unserer nicht ganz unkomplizierten Lage bewusst werden. „Na ja, im Moment sehen sie dich und schwebende Töpfe.“ Ich wurde blass. Naruto lachte. „Nur Spaß, du weißt doch, alles in meiner Nähe oder was ich trage, auch meine Kleidung ist für andere nicht sichtbar.“ „Sehr witzig, mir ist fast das Herz stehengeblieben.“ Naruto grinste nur. Mir wurde plötzlich klar, dass sich der Typ über meine Nervosität lustig machte oder sie witzig fand. Abrupt drehte ich mich um und ging voraus. Ich nahm mir vor, ein ernstes Wort mit diesem Kindskopf zu sprechen, sobald wir wieder oben in meinem Zimmer waren. Naruto setzte sich aufs Bett und sah mir zu, wie ich die Blumentöpfe wieder an ihre ursprünglichen Plätze stellte. Rote und weiße Blüten wechselte ich ab. Dabei überlegte ich, wie ich ihn wohl am Besten darauf ansprechen könnte, ihm erklären könnte, dass mich seine Unbekümmertheit störte, während ich besorgt war, dass jemand etwas bemerkte und er das obendrein auch noch komisch zu finden schien. „Wo ist deine Mutter?“ fragte Naruto ganz unerwartet. Ich sah zu ihm hin. Er fläzte sich zwar aufs Bett, aber seine Stimme hatte ruhig und ernst geklungen und sein Gesichtsausdruck war es auch. „Hm, meine Eltern haben sich während ihrer Studienzeit kennengelernt. Mein Vater arbeitet freiberuflich als Bauingenieur und ist ein gefragter Mann. Er bekommt Aufträge von überall her. Mutter arbeitet zwar offiziell nicht, aber sie ist oft bei ihm im Büro oder am Bauplatz und unterstützt ihn dort.“ Mehr wollte ich gar nicht erzählen und ich war froh, als Naruto nur mit einem „Verstehe“ zur Decke sah, ohne weitere Fragen zu stellen. Er schwieg und ich nutzte die Gelegenheit ihn zu betrachten. Das hier hatte ich mir von Anfang an gewünscht. Darum hatte ich nach ihm gesucht. Damit ich mit ihm zusammen sein konnte. Und jetzt war er wirklich hier. Langsam ging ich auf mein Bett zu, als Naruto plötzlich sagte: „Manchmal muss man sich entscheiden.“ „Wie?“ Er drehte sich um und sah mich an. „Ich hatte zwar keine Wahl, aber – letztendlich habe ich mich dennoch aus freien Stücken für meine Arbeit entschieden, obwohl es bedeutete, dass ich meine Familie nicht mehr oft zu Gesicht bekommen würde.“ „Das kann man doch nicht vergleichen.“ „Nicht?“ „Nein. Außerdem warst du es doch der – allein gelassen wurde.“ Ich legte die Hand auf das Mal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)