Das Buch von Akio21 (Mein Tagebuch von Naruto) ================================================================================ Kapitel 31: Am Flussufer ------------------------ Die Stufen vor mir waren stabil. Eine Steintreppe. Und kaum breit genug, das zwei Leute nebeneinander hinunter gehen konnten. Die Wände dagegen waren aus Erde. Hin und wieder hörte ich ein Geräusch und sah, das etwas Erde auf die Treppe fiel. Trotzdem waren die Wände rechts und links fast gerade. Besonders weit sehen konnte ich auch nicht. Ich drehte mich nach Hansuki um, um sie nach einer Taschenlampe zu fragen. Sie war einige Schritte zurückgegangen, sah nach unten und schwieg. Eigentlich hatte sie die ganze Zeit kaum etwas gesagt, und ich hatte auch das Gefühl, das Reden hier irgendwie störte. Ich wandte mich wieder der Treppe zu. Mir war nämlich gerade klargeworden, das ich mit allen möglichen Mitteln versuchte, meine Nervosität zu verdrängen, indem ich mich mit dem Verstand an Dinge klammerte, die ich kannte. Zum Beispiel, dass man eine Taschenlampe benutzte, wenn man eine Treppe hinunterstieg. Genauso gut hätte ich fragen können, wo der Lichtschalter ist. So wie jetzt hatte ich mich noch nie gefühlt. Angst, Freude, Unsicherheit, Neugier, Unwissenheit und Glück vermischten sich zu einem Gefühlschaos und es gab nichts, um dem zu entkommen. Ich könnte hier noch endlos stehen bleiben, nach Löchern und Wurzeln in der Erdmauer suchen, ändern würde sich dadurch nichts. Mir blieb im wahrsten Sinne des Wortes nur die Flucht nach vorne. Ich trat auf die erste Stufe und stützte mich mit der Hand an der kühlen Mauer ab. „Ganz ruhig, Sasuke, bevor ich Naruto treffe werde ich hier unter der Erde begraben und wenn nicht, bekomme ich ganz sicher einen Herzinfarkt“, versuchte ich mich zu beruhigen. Allerdings waren Gedanken dieser Art nicht sonderlich beruhigend. Vorsichtig ging ich die nächsten Stufen hinunter, als ich ein knarrendes Geräusch hörte und fuhr herum. Hinter mir verabschiedete sich gerade der Eingang und kurz darauf stand ich in absoluter Dunkelheit da. Na gut, dann musste ich eben noch vorsichtiger sein. Ich streckte den rechten Arm Richtung Decke aus, und brauchte noch nicht einmal den Ellbogen durchzudrücken, um sie zu fühlen. Erde, Wurzeln. Wer weiß, vielleicht werde ich tatsächlich lebendig begraben, aber das war es nicht. Das war nicht der Grund für meine Angst und Nervosität. Aber ich wollte sie loswerden, ich musste ihn so schnell wie möglich treffen. Als ich mich anschickte, die nächste Stufe mit dem Fuß zu ertasten gingen plötzlich Lichter an. Unter mir war ein Gang, rechts und links davon steckten in Behältern Kerzen die mit einem Rauschen von alleine angegangen waren. Sie flackerten und warfen unheimliche Schatten auf die Wände und den Boden. Klar, hier gab es Sauerstoff. Die restlichen Stufen stieg ich hinunter, ohne mich großartig an den Wänden ab zu stützen. Durch den Kerzenschein schienen die Wände des Ganges heller zu sein, als er es wahrscheinlich in Wirklichkeit war. Eine Mischung aus Braun und Gelb, ließ sie fast schon Orange aussehen. Das Problem hier war, wohin sollte ich gehen? Welcher Gang war der Richtige? Ich wusste noch nicht einmal, ob ich bereits in dieser Anderswelt war, mich erwarteten jedenfalls keine Wesen, die hier lebten. Vielleicht war das Ganze hier doch ein Fehler gewesen, dachte ich gerade, als ich die Töne einer Grasflöte hörte. Ja. Ja, irgendwie passte das hierher. Eine Querflöte oder irgendein Blechinstrument hatte hier nichts verloren, aber wichtiger als das, es war Naruto, der da spielte, ich wusste es einfach. Ohne nachzudenken folgte ich den Klängen. Sämtliche Ängste und Aufregung, die mir ein so ungutes Gefühl gegeben hatten, verschwanden, jetzt war ich einfach nur noch glücklich ihm zu begegnen. Er war da, er führte mich, ich war sicher, alles andere war unwichtig. Und je weiter ich durch dieses Labyrinth an Gängen lief, desto mehr veränderte sich die Umgebung. Schließlich kam ich zu jener Tropfsteinhöhle und das Spiel verstummte. Verschiedene bewegliche und farbige Lichter huschten hier herum, sogar einen kleinen See konnte ich erkennen und den Ausgang. In dieser Höhle fühlte ich mich, als hätte ich hier mein ganzes Leben verbracht, anstatt mir den Knöchel zu verstauchen. Der Ausgang war schmal, ziemlich klein und lief oben spitz zu. Auch der sah aus, als hätte ihn die Natur geschaffen und nicht ein Team von Bauarbeitern. Ich ging darauf zu und auf der anderen Seite der Spalte sah ich auch schon den Fluss. Naruto saß auf einem Stein auf der anderen Seite, und betrachtete seine Flöte, als würde er darüber nachdenken was er als nächstes spielen sollte. Ohne sich zu bewegen sah er mich plötzlich von der Seite aus blauen Augen an. Die blonden widerspenstigen Haare, sogar die Kleidung, ja kein Zweifel, der Fremde von der Mauer gegenüber, der mich trotz undurchlässigen Vorhängen angesehen hatte. Endlich. Er schwieg. Er bewegte sich nicht einmal, sondern sah mich nur an. Ganz anders, als der Naruto aus der kürzlichen Erinnerung. Aber – er passte hierher. Als wäre er eins mit dieser Welt und das war er wahrscheinlich auch. Ähm. „Hallo, Naruto.“ Ich hörte meine Stimme kaum und wollte mich gerade räuspern, als er aufstand. „Hallo, Sasuke.“ Er stützte eine Hand in die Hüfte und grinste mir schelmisch entgegen. „Bist du immer so langsam?“ Verärgert zuckte ich zurück. Was war das denn? Kein herzliches Willkommen in der Anderswelt? Kein sehnsuchtsvolles, ich habe so lange auf dich gewartet? Ich beugte mich nach vorne. „Na ja, es war dunkel und...“ red keinen Unsinn. „Du hättest mir ja früher den Weg zeigen können, oder?“ „Hä? Was meinst du?“ fragte er mich verständnislos. „Na, dein Ding da“, ich deutete auf die Grasflöte in seiner Hand, „du hättest mich ja schneller führen können.“ Er wedelte mit der Hand in der er die Flöte hielt hin und her, „ich hab nur gespielt, weil mir langweilig war. Das hatte mit dir nichts zu tun.“ „Nicht? Aber – wie dann?“ Ich verstand gerade gar nichts mehr. Und – einen Kami hatte ich mir auch anders vorgestellt. Irgendwie – erhabener. „Ah verstehe, du hast dich noch umgesehen, oder?“ Naruto sprang über den Fluss und nutzte die Steine darin als Trittbrettstufen. Bevor ich wusste wie mir geschah stand er auch schon direkt vor mir. Viel zu nah. Er war etwas kleiner als ich und musterte mich. Wäre er ein normaler Junge gewesen, ich hätte ihn zurückgestoßen und aufgefordert mit dem Scheiß aufzuhören. Allerdings, er war kein normaler Junge, trotzdem wollte ich wissen, ob er keine Manieren hätte, aber bevor ich sprechen konnte, wurde ich von seinen blauen Augen eingefangen. Anders konnte ich es nicht ausdrücken. Er war doch ein Kami. Ich konnte es deutlich in diesen wunderschönen Augen sehen, mit denen er mich neugierig musterte, mehr noch, es war als würde er sich meine Seele ansehen, mein Herz berühren. Es war seine Flöte mit der er mich von meinen weltlichen Gefühlssorgen befreit hatte, aber geführt hatte er mich damit nicht, das stimmte. Es war eher so, als hätte er mich einfach zu sich gezogen, wie einen Fisch den man an der Angel hatte. Mit seiner Art, so wie er sich gegeben hatte, wollte er mir nur meine Befangenheit nehmen. Und jetzt – sah er nicht nur in meine Seele er ließ mich auch in seine sehen. Wie lange das dauerte wusste ich nicht. Zeit existierte überhaupt nicht mehr, und damit auch kein Zeitgefühl. Er ließ mich so plötzlich mit seinem Blick los und beugte sich wieder zurück, dass ich vor Überraschung fast hingefallen wäre. Einen Arm legte er hinter seinen Kopf und grinste mir entgegen. „Eigentlich hatte ich ein Mädchen erwartet.“ Der Typ regte mich schon wieder auf, „und ich keinen Flussgott.“ „Schon gut“, von einer Sekunde zur anderen wurde er wieder ernst. „Ich weiß mittlerweile selbst, dass es damit nichts zu tun hat.“ „Und – womit...“ „Komm ich zeig dir was“, rief er während er sich umdrehte und den Weg zur anderen Flussseite zurücknahm. O je. Veränderte der sein Verhalten immer von einer Sekunde zur anderen? Und warum konnten wir nicht auf dieser Seite bleiben, hatte das auch etwas zu bedeuten? Mit einem leisen Seufzer folgte ich ihm ans andere Ufer. Erst als ich drüben war, wurde mir bewusst, was für einen Fluss ich gerade ziemlich gedankenlos überquert hatte. Naruto stand direkt vor dem Kamelienfluss, wieder ganz Kami, und sah mich an. Gespannt, was er mir zeigen wollte, stellte ich mich neben ihn. Mit einem Finger deutete er auf meine Brust. Zuerst wusste ich nicht, was er meinte, aber dann spürte ich das mir schon so bekannte Ziehen. Ich musste nicht nachsehen, um zu wissen, das sie wieder rot war. „Also stirbt jemand.“ „Ja. Eine Frau, nein eigentlich noch ein Mädchen. Aber sie leidet schon seit Jahren an einer Krankheit.“ Sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich traurig. „Sie hat wirklich viel durchgemacht, aber sie konnte und wollte nicht loslassen. Zum Glück ist sie jetzt gleich bereit.“ Naruto sah auf den Fluss und ich folgte seinem Blick. Eine rote Kamelie, ähnlich wie ich schon mal eine gesehen hatte, bemühte sich, nicht mit dem Strom zu schwimmen, und sich irgendwie am Ufer festzuhalten. Dann plötzlich ließ sie sich mit dem Fluss treiben, und als sie das tat, blühte sie auf, ihre Blätter öffneten sich weit und ihre Farbe wurde kräftiger. Kein Vergleich zu vorher. Ich sah Naruto an, der jetzt glücklich lächelte. Jemand den ich kannte? Unwillkürlich legte ich meine Hand auf die Brust. Naruto, der meine Bewegung registriert hatte, sagte, „nein, es ist weil du so nahe der Quelle bist.“ Er bückte sich und hielt seine Hand über die Blume. Eine runde, glanzlose Kugel löste sich aus ihrer Mitte und schwebte nach oben in seine Hand. Während die rote Kamelie welkte und auf den Grund sank, erhob sich Naruto wieder und zeigte mir die Kugel. „Das ist eine Seele, nicht wahr?“ Eigentlich war es eine rhetorische Frage. „Was machst du mit ihr?“ „Sie muss sich ausruhen.“ Naruto schloss die Hand und öffnete sie wieder. Die Kugel die jetzt ist seiner Hand lag, war glänzend und so klar wie reiner Bergkristall. Sogar ich konnte sehen, das es nicht die Gleiche von eben war. Er öffnete die andere Hand auf der eine weiße Kamelie lag. Kein einziges Blatt sah zerdrückt aus, obwohl seine Hand doch geschlossen gewesen war. Die neue Seele schwebte zur Kamelie und verschwand in ihrer Mitte. Naruto bückte sich und legte sie zu den anderen Blumen in den Fluss. Er war wirklich ein Kami und ich gerade Zeuge einer Geburt geworden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)