Meer sehen von LisaEgoismus ================================================================================ Kapitel 6: ----------- „W-Wie?“, mehr brachte ich nicht raus. Wie, Janis konnte nicht sehen?! „Ich bin fast blind“, nuschelte er, schluchzte dann wieder auf. In meinem Magen machte sich ein ungutes Gefühl breit. Das war doch jetzt bitte nicht sein Ernst?! „Bitte…“, Janis drückte sich eng an meinen Oberkörper, „Verlass‘ mich nicht…“ Hilflos legte ich meine Arme um seinen Körper. Das hatte gesessen. Ich wusste nicht im Ansatz was ich sagen sollte. Selbst was ich denken sollte, war mir noch nicht so richtig klar. Seine Finger strichen etwas hilflos über meinen Arm: „Luke…“ „T-Tut mir Leid“, presste ich aus meinen Lippen hervor, schob ihn dann sanft von mir, um aufzustehen, „Ich muss mal kurz weg…“ Er schluchzte nochmals auf, machte aber keine Anstalten mich festzuhalten. Seufzend ging ich ins Bad um mir einen Schwall kaltes Wasser ins Gesicht zu schmeißen. „Scheiße! Fuck!“, ich lehnte mich mit dem Rücken zum Waschbecken und vergrub meine Hände in meinem Gesicht. Scheiße! Da war man einmal glücklich und dann so was. Warum hatte er mir das nicht eher gesagt oder besser, warum war mir denn nichts aufgefallen, ich war doch schließlich sein Freund! Aber konnte ich wirklich mit jemandem zusammen sein, der nicht einmal wusste, wie ich aussah? Ich ließ mich auf die kalten Fliesen sinken. Nein, das durfte doch nicht wahr sein! Warum Janis? Warum nicht irgendjemand anderes?! „Luke?“, ich vernahm Mo’s Stimme von außen. „Ist offen“, nuschelte ich, er verstand es aber und kam rein. Jetzt durfte ich mir sicher wieder eine Standpauke anhören, wieso ich hier rumsaß und nicht bei Janis war… „Janis kam gerade zu meinem Zimmer“, fing er ungewohnt ruhig an, „Fine kümmert sich gerade um ihn. Er meinte, er hat es dir gesagt?!“ Ich nickte nur und sah auf die Fliesen. „Ach man“, Mo seufzte, dann setzte er sich auf den Badewannenrand, „Vielleicht verstehst du an Hand deiner jetzigen Reaktion, warum Janis es dir nicht gleich sagen wollte. Er liebt dich wirklich.“ Ich schwieg eine Zeit lang, dann seufzte ich: „Ich liebe ihn ja auch. Ich weiß nicht, was mich mehr schockiert. Die ganze Tatsache an sich, oder das er es mir verheimlicht hat…“ „Würdest du es gleich jemandem um die Ohren hauen, wenn du ihn magst, aber nicht weißt, wie er darauf reagieren wird? Und du Schiss hast, ihn deswegen zu verlieren?“, Mo’s Stimme klang fast ein wenig vorwurfsvoll, „Janis kann schon seit längerem kein normales Leben mehr führen und das mit dir war in seinen Augen einfach normal und unkompliziert…“ „Wie kam es dazu?“, ich blickte hoch zu Mo. Der seufzte und stand auf: „Red‘ doch einfach mit ihm selbst. Und es wäre vielleicht auch nicht schlecht, wenn du ihm jetzt die Angst nimmst, dass du ihn verlässt. Ich mein, dass wirst du ja nicht tun, oder?“ Ich schluckte und stand ebenfalls auf: „N-Nein…“ „Will ich auch hoffen“, murrte Mo, „Ansonsten bestätigt sich dein Ruf als oberflächliches Arsch nur! Und ich muss dich leider einen Kopf kürzer machen.“ Auch wenn Mo es sicher nicht lustig gemeint hatte, musste doch ihn doch ein wenig anlächeln: „Langsam kann ich dich verstehen. Und ich find deine Art richtig süß…“ „S-Süß?!“, Mo sah mich mit offenen Mund an. „Tut mir Leid, mach dir keine Hoffnungen, ich bin glücklich vergeben“, damit ging ich an ihm vorbei, „Wo kann ich Janis finden?“ Mo konnte auch nur grinsen, zog mich dann aber mit in sein Zimmer, wo Fine und Janis auf dem Bett hockten und sie ihn fest in den Armen hielt. „Janis?“, er zuckte etwas zusammen. „Janis…“, ich seufzte und setzte mich neben ihm aufs Bett, „Es tut mir Leid… ich liebe dich! Ich hät‘ nicht abhauen dürfen…“ Hilflos strich ich mit meinen Fingern über seinen Rücken. „Kann dir doch keiner übel nehmen“, nuschelte er kaum hörbar gegen Fine’s Hals, „Wer will schon etwas mit einem Krüppel zu tun haben…“ „Janis! Du bist doch kein Krüppel!“, fuhr Mo seinen Bruder energisch an. „Eben“, ich gab Mo recht -…ich gab Mo recht?! Oh Gott, dass das mal passieren würde…- und löste Janis‘ Klammergriff von Fine, um ihn in den Arm zu nehmen, „Ich liebe dich, und ich will weiterhin mit dir zusammen sein. Ich würde dich auch heiraten, wenn es möglich wäre, aber das geht ja noch nicht. Das Thema hatten wir ja schon…“ „Wirklich?“, er drückte sein Gesicht in meine Halsbeuge. Ich nickte: „Ja. Lass uns zu dir gehen, okay?“ Damit gingen wir wieder in sein Zimmer und legten uns ins Bett. Ich kuschelte mich eng an Janis: „Tut mir Leid das ich abgehauen bin…“ „Ich bin dir nicht böse…“, seine Finger strichen über mein Gesicht, dann spürte ich seine Lippen auf meinen. Zärtlich erwiderte ich den Kuss. Er war eben doch das, was ich wollte. Jedoch löste ich unfreiwilligerweise den Kuss, da ich gähnen musste. Janis kicherte ein wenig: „Lass uns schlafen, ja?“ „Aber ich wollte dich noch einiges fragen…“ „Kannst du morgen machen, okay?“, er hauchte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen, ehe er sich eng an mich drückte und zufrieden schnurrte. Oh man… war ihm echt verfallen. Ich legte meine Arme um ihn und drückte ihn fest an mich. Den Kleinen würde mir keiner mehr wegnehmen. Hmmm, ich spürte wie etwas Weiches meine Wange abtastete. Es bewegte sich nun langsam zu meinem Hals und zu meinen Ohren, wo es blieb und zärtlich an meinem Ohrläppchen zog. „Hrrrm“, ich öffnete meine Augen, doch im nächsten Moment schloss ich sie wieder genießerisch, da eine Hand über meine Brust strich und schließlich meine Brustwarzen liebkosten. „Luke…“, säuselte Janis mir ins Ohr, dann ließ seine Hand von meinen Brustwarzen ab und strich zu meinem Bauch runter und wagte sich sogar an den Rand der Boxer. Uhh, wenn er nicht bald aufhörte… Ich öffnete wieder die Augen und fast schon grelles Tageslicht schoss mir entgegen: „Janis… hör auf…“ „Warum?“, er hielt tatsächlich inne, da er kurz davor war, seine Fingerspitzen unter den Rand der Boxer zu schieben. „Du machst mich damit nur geil…“, nuschelte ich ein wenig peinlich berührt. „Na, wenn’s sonst nichts ist“, meinte mein Liebster leichtfertig, dann drückte er auch schon sein Becken gegen meine Oberschenkel. Scheiße. Er war hart und diese Erkenntnis beruhigte meinen Puls nicht gerade. „Janis…“, ich wollte ihn noch zur Vernunft rufen, doch er drückte bereits seine Lippen gierig auf meine, dann rollte er sich auf mich und rieb sein Becken sanft gegen meins. Ich stöhnte leicht in den Kuss. Meine Hände ließ ich auf seinem Po nieder und massierte diesen etwas. „Luke…“, Janis löste den Kuss, „Du machst mich wahnsinnig…“ „Wer hat denn angefangen?“ „Du!“, nuschelte Janis fast ein wenig vorwurfsvoll. „Ich?!“, hä? Hatte ich was verpasst? „Wenn du so gut riechst und nur in Boxer neben mir liegst…“, nuschelte Janis. Ach so, jetzt war ich also daran schuld, weil ich einfach mal rumlag. Ich musste grinsend den Kopf schütteln, dann saugte ich mich an Janis Hals fest. Wie ich schon einmal festgestellt hatte: Bei so einem Opfer war man gern Täter. Meine Hand ließ ich in sein Höschen gleitet, wo ich bereits freudig erwartet wurde. „Uhh“, Janis musste aufstöhnen, als ich anfing meine Hand zu bewegen. Zärtlich küsste ich mich an seinem Schüsselbein entlang. Ich wollte mehr von dieser Stimme hören, so fasste ich ihn etwas fester und schneller an. Dass er immer feuchter wurde, bestätigte mir nur, dass es ihm offensichtlich gefiel. Seine Finger krallten sich nahezu schon in meine Schulter und sein Becken bewegte sich schneller gegen meine Hand. „Oh Gott!“, er biss sich auf die Unterlippe, „Hör auf!“ Er hielt meine Hand fest und bremste sich selber und nahm ein wenig Abstand. Fragend sah ich ihn an: „Was ist de-?“ Noch ehe ich die Frage komplett stellen konnte, spürte ich seine Hand an meinem besten Stück. Über diese Berührungen war ich nicht im Geringsten undankbar. Ich zog Janis wieder enger an mich und küsste ihn innig. Er keuchte in den Kuss als ich mich wieder an seinem Höschen zu schaffen machte. „N-Nicht“, meinte er dann flehend und wollte meine Hand wegschieben, doch der Widerstand war eigentlich viel zu lasch, als dass er es ernst meinen könnte. Ich musste grinsen, ehe ich ihn wieder innig am Hals küsste. „Kommt ihr auch zu- ähh“, plötzlich hörte ich Mo’s Stimme in meinen Ohren. Oh Scheiße! Sofort ließ ich von Janis Hals ab und sah erschrocken zur Tür: „M-Mo…?!“ „‘Tschuldigung“, damit flog die Tür wieder zu. ARRRRRRRGH!!! Bei Gelegenheit brachte ich den echt noch um! Noch ehe ich jedoch Mordpläne schmieden konnte, wurde meine Aufmerksamkeit wieder auf Janis gelenkt, der sich jetzt doch mit aller Kraft aus meinem Griff befreit hatte und leicht keuchte. „Alles okay?“, ich sah meinen Liebsten besorgt an. Der nickte bloß: „J-Ja…“ „Schön…“, ich lächelte und beugte mich über ihn, da er sich wieder in die Kissen fallen lassen hatte. Ich küsste ihn wieder zärtlich am Hals. „L-Luke…“, er nahm meinen Kopf zwischen seine Hände und zog ihn zu sich hoch, um mich zu küssen. Meine Hand haschte wieder zu seinem Schritt, doch da erwartete mich eine Überraschung. Ich löste den Kuss und sah grinsend auf Janis hinab: „Tse tsetse…“ Der lief nur rot an und schaute beschämt weg: „Ich hab‘ doch gesagt, du sollst aufhören!“ Ich küsste ihn auf die Schläfe: „Mir wär’s nur lieber gewesen, wenn das nicht still und heimlich passiert wäre…“ „Luke!“, meinte mein Kleiner nun fast schon protestierend. Ich musste kichern: „Du bist so süß!“ Janis blähte beleidigt die Backen auf: „Ja ja, mach dich nur lustig! Ist mir ja kein bisschen unangenehm!“ „Olle Pussy, du!“, ich pikste mit dem Zeigefinger gegen seine Backe und richtete mich auf, „Gehen wir duschen? Danach können wir ja mal Mo suchen und fragen, was der wollte.“ Janis nickte und stand ebenfalls auf: „Der wollte uns sicher zum Frühstück holen. Sonntags essen wir alle zusammen.“ „Oh, da lass uns schnell machen“, ich krabbelte zu meinem Rucksack, um mir passendes Zeug rauszuholen, als mein Blick auf Janis‘ Boxer fiel, konnte ich bloß grinsen. Wenn ihn so mal keiner sah… „Du? Luke?“, Janis machte seinen Kleiderschrank auf, „Könntest du mir was zum Anziehen raussuchen. Ich willMo nicht rufen müssen…“ Ich nickte und trat an den Schrank ran, der mehr als ordentlich aussah: „Bestimmt sonst Mo, was du anziehst?“ Janis nickte: „Ja.“ „Da hat er einen guten Geschmack“, ich lächelte, dann drückte ich ihm eine schwarze Röhre und ein türkisfarbenes Shirt in die Hand, dazu ein weißer Nietengürtel, weiße Socken und eine schwarze Boxer. So konnte man sich eigentlich blicken lassen. „Ich hoffe, du hast auch Geschmack“, meinte Janis grinsend, nahm das Zeug dann aber dankbar an. „Wenn alle lachen, weißt du warum“, erwiderte ich voller Optimismus. „Idiot!“, brummelte Janis, ging dann schon mal Richtung Bad und ich folgte ihm. „Mach mal Platz!“, ich schob mich mit unter die Dusche zu Janis, der mich nun ganz entsetzt ansah, „Zusammen duschen?“ „Warum nicht?“, ich zuckte mit den Schultern, ließ dann meinen Blick über seinen mit Schaum geschmückten Körper gleiten, „So einen wunderschönen Körper ganz nackt zu sehen, darf ich mir doch nicht entgehen lassen…!“ „Spinner!“, meinte Janis mit hochrotem Kopf, seifte sich dann aber weiter ein. War kein bisschen verführerisch, wie er sich da über seinen ganzen Körper strich und wirklich keine Stelle ausließ. Gaaaanz ruhig, Luke… „Willst du dir gar nicht die Haare waschen?“, versuchte ich mich abzulenken. Janis sah ein wenig irritiert zu mir: „Ja?! Aber lass mich doch erst mal den Körper waschen…?!“ Ich nickte. Eigentlich tat man es ja andersrum, oder war ich jetzt der, der komische Ansichten beim Duschen hatte? Ohne groß zu fragen, packte ich mir den Duschkopf und hielt ihn mit laufendem Wasser über Janis seine Rübe. Dieser drehte sich erschrocken zu mir um: „Luke! Ich kann das selber!“ „Ich will es aber machen!“, meinte ich protestierend. Janis schüttelte grinsend den Kopf: „Du bist mir einer!“ Dann packte er mich an den Schultern und stellte sich auf die Zehenspitzen, um mir einen Kuss auf die Lippen zu drücken, dabei kam er mir ziemlich nah, oder eher: etwas ZU nah. Jetzt sah er mich grinsend an: „Von wegen Haare waschen, du hast ganz andere Absichten.“ „Hab ich gar nicht!“, maulte ich. Nein, wirklich nicht! Echt nicht! Glaubt mir doch bitte! Ich tat etwas Schampoo auf meine Handinnenflächen und rubbelte den Kopf des Kleineren ein. „Was du kannst, kann ich schon lange…“, hörte ich ihn nuscheln, oder zumindest so etwas Ähnliches. Kurz darauf verstand ich auch, was er meinte. Er hatte sich das Duschgel geschnappt und rieb mich am ganzen Körper ein. Absicht! Pure Absicht! Wirklich! Janis war versauter, als man es auf dem ersten Eindruck denken konnte! Er drückte mich energisch gegen die geflieste Wand und küsste meinen Hals. Seine Hände strichen über meinen Oberkörper, über meinen Arsch, über meinen Schritt. Sie waren einfach überall. Janis küsste sich zu meinem Ohr vor: „Du fühlst dich so toll an…“ „Und du leistest verdammt gute Arbeit“, erwiderte ich stöhnender Weise. Hastig zogen wir uns an. Wir hatten jetzt definitiv Verspätung, was das Frühstück betraf. Dabei hang uns der Magen wohl schon in den Kniekehlen. Irgendwann hasteten wir dann zur Küche, die sich im Erdgeschoss befand (Janis Zimmer und das Bad waren im ersten Obergeschoss) und ich staunte nicht schlecht, wie Janis die Treppen nahezu hinunter sprang, und dass, obwohl er nicht sah, was er tat. „Morgeeen“, flötete er fröhlich in die Küche hinein. Ein Gebrummel, was wie „Morgen“ klang, erhielt er zurück. Ich folgte ihm etwas langsamer, und ja, vielleicht war ich ein wenig schüchtern, und trat letztendlich auch in die Küche: „Guten Morgen…“ „Morgen“, Fine und Janis‘ Mam lächelten mich fröhlich an. Mo schaute nur peinlich berührt weg und sein Vater, den ich gerade zum ersten Mal sah, musterte mich von oben bis unten: „Du bist also Luke…“ Ich nickte etwas unbeholfen: „Ja…“ „Komm her!“, meine Aufmerksamkeit wurde auf Janis gelenkt, der auf den Platz neben sich klopfte. Lächelnd ging ich zu meinem Süßen, den bereits eine Schockoladenschnute zierte, da er in seine Schokosemmel gebissen hatte. Zu meiner großen Erleichterung verlief das Frühstück ganz okay, auch wenn die anderen schon lange fertig waren. „Warum kommt ihr so spät, Janis?“, sein Vater unterbrach die kurz aufgetretene Stille, „Mo hatte euch doch geweckt. Und du weißt genau, dass ich es nicht mag, wenn man zu spät zum Frühstück kommt. Das ist der einzige Morgen, wo die ganze Familie mal beisammen ist.“ „Tut mir Leid“, nuschelte Janis, „Ja, Mo hatte uns geweckt, aber irgendwie war mir nicht nach aufstehen. Luke hat ewig gebraucht, um mich wach zu bekommen! Und dann waren wir noch duschen, weil wir so geklebt haben. Die Hitze ist einfach unerträglich!“ „Ja, das ist sie in der Tat“, sein Dad seufzte, sah dann zu mir, „Janis ist schwer wach zu bekommen, wenn er nicht will, nicht wahr?“ Ich nickte und versuchte möglichst erschöpft zu klingen: „Wirklich! Ständig hat er sich wieder umgedreht und seinen Kopf in die Kissen gedrückt. Und kaum saß er mal, ist er wieder wie tot umgefallen.“ Der Mann lachte ein wenig: „Das ist mein Sohn.“ „Von wem hat er das wohl“, seine Mam räusperte sich grinsend. Auch er grinste, sah dann aber wieder zu mir: „Schön, dass er endlich mal einen guten Kumpel gefunden hat.“ Ach, offiziell war ich also nur der Kumpel? „Dad“, hörte ich Janis mampfen, „Luke ist kein Kumpel. Wir sind zusammen.“ Wer einen Springbrunnen brauchte, konnte sich gern melden. Ich hatte soeben den perfekten gefunden, da Janis‘ Dad der Kaffee förmlich raussprudelte. Die Mutter, die dummerweise gegenüber saß, sprang entsetzt auf: „Reiner!!!“ „Ist was?“, Janis sah verdattert in die Runde. Klar, er hatte es ja nicht gesehen. „Dein Vater musste nur gerade meinen, seinen Kaffee, den er im Mund hatte, über den ganzen Tisch zu verteilen!“, meinte seine Mutter und stand auf, um einen Lappen zu holen. Reiner hingegen hustete noch ein wenig, ehe er zunächst zu seiner Frau, dann aber zu uns sah: „Entschuldigung, Inge. Wie? Und ihr seid zusammen? Also so richtig mit Liebe und so?“ Janis nickte und grinste über beide Backen: „Ja!“ Mir hingegen war das irgendwo doch recht unangenehm. Ich mein, welcher Vater hörte schon gern, dass sein Sohn schwul war. Noch dazu am heiligen Sonntagsfrühstückstisch. „Oh Okay…“, mehr kam dann nicht mehr von ihm. „So!“, Luke setzte sich grinsend neben mich aufs Bett, „Du hattest doch gestern noch irgendwelche Fragen. Also?“ Ja… was hatte ich gestern noch mal für Fragen gehabt…? „Naja, eigentlich mehr so allgemein. Wie du das alles so machst. Ich mein, ich hab ja null gecheckt“, wirklich, was für ein unachtsamer Freund war ich nur?! Er zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Kannst du nicht irgendwie konkreter werden? Ich mein, ich weiß ja gar nicht, wo ich da anfangen soll.“ „Ähm, zum Beispiel, wie machst du das, dass du nicht überall dagegen rennst?“, wenn man sonst Blinde sah, die hatten ja einen Stock, und selbst damit sah das ganze doch recht waghalsig aus. „Hm…“, er kuschelte sich an mich, „Na hier im Haus weiß ich wo alles ist. Ich kann dir sagen, dass die Treppe acht Stufen hat. Und früher habe ich ja ganz normal gesehen. Das ist ja in etwa so, als würdest du im Dunkeln durch dein Haus laufen. Da weißt du ja auch, wo alles ist. Und ich sehe ja noch etwas. Ist ja nicht so, dass ich gar nichts sehe. Hell und Dunkel kann ich noch unterscheiden und ganz, ganz grobe Umrisse. Also ich weiß einigermaßen wo du stehst, zum Beispiel, oder wann mir etwas im Weg ist. Aber ich könnte dir nicht sagen, welche Augenfarbe du hast, oder wie dein Gesicht allgemein ausschaut. Und draußen… da orientiere ich mich anderen Personen. Meist an Mo, oder jetzt eben an dir. Ich mache sehr viel mit Gehör. Und wenn ich am Strand lang laufe, laufe ich meist knöcheltief im Wasser, so dass ich nicht die Orientierung verlier. Meist höre ich Musik, und weiß, nach so und so vielen Titeln muss ich umkehren, damit Mo mich später findet. Verstehst du ein wenig?“ Was für eine Fülle an Informationen. Das musste erst mal verarbeitet werden, klang aber recht plausibel. Ich nickte: „Raffiniert. Deswegen ist Mo auch auf Schritt und Tritt bei dir, beziehungsweise holt dich immer ab und so?!“ „Ja genau! Nur mit was ich nicht klar komme, sind irgendwelche Orte, wo viele Menschen sind. Weil ich dann leicht meine Bezugsperson verliere. Weißt du noch, als wir im Kino waren? Da habe ich dich doch gerufen, und bin erst zu dir, als ich deine Stimme hörte.“, jetzt wo er so erzählte klang vieles offensichtlich. Und die Treppe war er sicher hochgestolpert, weil er nicht wusste, dass da eine war. „Und wegen der SMS“, fuhr er fort, „Da muss ich dir beichten, dass Mo mir immer vorgelesen hat und dir geantwortet hat…“ „Bitte?!“, ich sah ihn auf dem ersten Moment recht sprachlos an, musste dann aber lachen, „Oh scheiße! Ich glaub, der hat jetzt für immer einen Schwulenschock weg.“ Ich mein, wir hatten nicht nur normales Zeug geschrieben, sondern auch richtig Kitschiges. Oh Gott, das war jetzt irgendwo schon dezent peinlich. „Jaa, weißt du wie peinlich mir das war, als du das erste Mal wirklich schnulziges Zeug geschrieben hattest?“, Janis musste kichern, „Und dann musste ich dir ja auch so antworten. Ich bin fast im Erdboden versunken!“ „Und das mit der Schule? Wirklich so schlimm?“, ich meinte, das wäre ja voll unfair, wenn er keinen Abschluss bekäme. Er konnte ja nichts dafür. Aber gut, über das deutsche Bildungssystem brauchten wir ja nichts sagen… Zu meiner großen Verwunderung schüttelte er den Kopf: „Das hat Mo gestern nur so gesagt, weil er genau wusste, dass ich dir das noch nicht sagen konnte. Ich besuche so eine Art Privatschule, eigentlich eher in Richtung Spezialschule. Ich bin nicht dumm oder so. Tut mir Leid, dass wir dich da gestern angelogen haben…“ Na Gott sei Dank! Ich war wirklich froh darüber, dass es bloß eine Lüge war, ohne Mist. „Das mit dem Mobbing stimmt aber“, nuschelte er dann kleinlaut, „Ich war schon immer die dumme Brillenschlange. Und selbst im Kindesalter hatte ich schon sau dicke Gläser…“ „Wie hat das überhaupt angefangen? Also, dass du nicht mehr viel siehst?“, ich mein, ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie das wäre, wenn ich nichts mehr sehen würde. Oder nicht mehr hören würde, oder, oder, oder! Ich mein, die fünf Sinne waren nicht umsonst da. Auch wenn Hören und Sehen wohl die beiden wichtigsten waren, zumindest empfand ich so. Er seufzte: „Keine Ahnung. Irgendwann wurde es immer schlechter. Dann, eines Morgens hatte ich eine Art Grauschleier vor den Augen. Wir waren sofort ins Krankenhaus gefahren. Nach Untersuchung, MRT, Hirnwasserentnahme und dem ganzen Zeug stand fest, ich hatte eine Sehnerventzündung beiderseitig. Mit ein bis zwei Wochen Behandlung geht das im Normalfall wieder weitestgehend weg. Nur bei mir irgendwie nicht. Der Grauschleier verschwand zwar, aber ich sah schlechter denn je. Und solche Entzündungen haben die Angewohnheit, dass sie gern ein zweites Mal kommen. Und naja, so kam eben eins zum anderen. Und bei solchen Entzündungen bleiben quasi Narben wie auf der Haut, was nicht gut ist.“ Ich schluckte. Oh Scheiße. Es konnte wirklich jeden immer und überall treffen. Aber warum ausgerechnet meinen kleinen, süßen Janis?! Ich legte meine Arme um ihn und drückte ihn eng an mich: „Ist doch scheiße eh. Kann man nichts dagegen machen…?“ Ich mein, Menschen erfanden Handy’s, die mit einem sprachen und irgendwelche Raketen, die einen ins Weltall katapultierten. Warum waren sie dann in der Medizin teilweise so neandertalerhaft?! Beziehungsweise dauerte alles Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte! „Hm naja…“, Janis nuschelte, „Es gibt da schon was…“ Bitte? Überrascht und mit einem dicken Hoffnungsschimmer sah ich zu Janis: „Was?!“ „Ähm, das ist momentan noch in den Kinderschuhen. Man hat es bei dem ein oder anderen Menschen schon ausprobiert, auch mit Erfolg.“, Janis seufzte, auch wenn ich nicht verstand warum. „Aber das ist doch gut!“ „Naja, das Problem ist, das Risiko das man danach gar nichts mehr sieht, liegt bei 50%...“, nuschelte er, „Und so bleibt mir noch gut ein Jahr, also schätzungsweise nach meinem Arzt, dass ich noch einen Hauch sehe. Wenn es also schief geht, habe ich ein Jahr verloren…“ „Und wenn es gut gehen sollte, du dich aber nicht getraut hast, hast du dein restliches Leben verloren“, nuschelte ich gegen seinen Hals, „Janis, bitte! Versuch es doch!“ Er seufzte schwer: „Ich habe einfach Angst, verstehst du? Der Eingriff ist nicht ungefährlich! Und den Mittwoch war ich nicht bei der Nachhilfe, sondern bei einem Beratungsgespräch. Es birgt unglaublich viele Risiken! Ich hätte im Prinzip viel eher gehen sollen, denn je mehr man sieht, desto höher sind die Chancen, dass es gut geht.“ Auch ich seufzte. Irgendwo konnte ich ihn ja verstehen. Ich mein, wer legte sich gern unters Messer, vor allem bei so heiklen Themen wie Augen. Aber wenn es vielleicht seine Rettung war? Man sollte doch alle Chancen nutzen. Und ob er nun heute, oder nach einem Jahr nichts mehr sieht… was war schon dieses eine Jahr dagegen, dass man vielleicht für den Rest seines Lebens wieder sehen konnte? Oder verstand ich es einfach nicht? Musste man selbst in der Position sein, um in so einer Entscheidung richtig handeln zu können? „Ich weiß es einfach nicht!“, meinte er dann recht verzweifelt, „Selbst wenn ich meine Eltern frage oder Mo, sie können mir auch nicht richtig helfen. Es spricht einiges dafür, anderes dagegen.“ Ich seufzte: „Was würde sich für dich ändern, wenn du ein Jahr eher gar nichts mehr siehst?“ Er schwieg. Er schwieg eine ganze Zeit lang. Dann seufzte er: „Ich weiß es nicht. Die Angst, irgendetwas zu verpassen, was ich so vielleicht noch ansatzweise sehen könnte… oder allgemein die Angst, irgendwann gar nichts mehr zu sehen. So habe ich noch dieses eine Jahr, mich darauf vorzubereiten…“ Ja, das war es wohl eher. Die Angst davor, irgendwann gar nichts mehr zu sehen. Er wollte wohl einfach diesen Gedanken so weit wie möglich von sich schieben. Scheiße! Ich kuschelte mich enger an ihn. Wie sollte ich ihm da helfen? Ich konnte ja schlecht gegen seinen Willen sagen: Du machst das. Und am Ende brachte es gar nichts und ich war schuld daran, dass er dieses eine Jahr verloren hatte. „Scheiße“, nuschelte ich nun auch gegen seinen Hals. „Ich weiß“, antwortete er, „Aber weißt du, wie gern ich dich sehen würde? Und das Meer… wie gerne würde ich wieder das Meer sehen wollen…“ „Langsam versteh ich, warum du so hin und hergerissen bist“, ich seufzte, hauchte ihm dann einen Kuss auf die Wange. „Ach Luke…“, er seufzte, sah mich dann lächelnd an, „Was machen wir unsere restliche Zeit noch? Ich mein, jetzt depressiv zu sein, darauf habe ich keine Lust.“ Er hatte ja Recht, also grinste ich ihn breit an: „Ich wüsste da schon was…“ „Hm?“, er legte seinen Kopf schief und sah mich wie Mr. Bambi-Ratlos an. „Hehe“, ich zog ihn zu mir und küsste ihn ausführlich. Was sollte man auch sonst machen??? ____ *für den medizinischen Part übernehme ich keine Haftung!!! ;D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)