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Wenn deine Meinung nicht zählt

von

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Warum wohl?

Warum wohl?
 

Als die Tür vor mir aufsprang, begann mein Herz immer schneller zu schlagen, denn ich hatte Ronin entdeckt, der mit angewinkelten Beinen auf dem Fenstersims saß und mir nun einen lächelnden Blick entgegenwarf.

Beinahe hätte ich vergessen, weshalb ich hier war. Ich wollte das alles so schnell wie möglich beenden.
 

Doch bevor ich etwas sagen konnte, stand er auf und schien auf mich zuzulaufen, doch stattdessen ging er an mir vorbei und zog einen Schlüssel aus der Hosentasche, mit dem er die Tür verriegelte.

"Ich muss mit dir reden. Mir tut das alles so leid. Ich wollte nicht, dass du wegen mir Schwierigkeiten mit deinen Eltern bekommst.", sagte er leise und ein trauriger Ton lag in seiner Stimme.

"Leider lässt sich das nicht mehr ändern. Aber wenn es dich beruhigt, ich habe das Problem aus der Welt geschafft.", entgegnete ich eher nachdenklich als wütend. Wie er da so vor mir stand, konnte ich ihm einfach nicht böse sein, egal wie sehr ich es auch versuchte. Es schien ihm wirklich leid zu tun und ich war der letzte, der nun ewig nachtragend sein würde.

"Aber wieso hast du das getan? So etwas schenkt man doch nicht einfach jemanden. Bitte hör auf mich zu verarschen, ja? Ich habe auch so schon genügend eigene Probleme."
 

Ich setzte mich auf einen Tisch, der direkt vor mir stand, da ich keine Ahnung hatte, wie lange dieses Gespräch wohl dauern würde. Schließlich war ich eingeschlossen worden. Mal wieder.

"Ich hatte dir doch versprochen, dass ich dir zeigen werde, wieso ich dir diesen Manga geschenkt habe.", flüsterte er leise, während er einen Schritt in meine Richtung setzte.

"Wie willst du mir das bitte zeigen?", fragte ich aufgebracht. "Ich bin doch kein Spielzeug, das man einfach kaputtmachen kann."
 

Er schien mir gar nicht richtig zuzuhören, sondern kam immer näher. Langsam spürte ich seinen warmen Atem an meinem Ohr, doch ich nahm es nicht richtig wahr, da ich immer noch zu sehr in meine Beschimpfungen versunken war. Überhaupt überforderte das Ganze mich ein wenig.
 

Erst als ich seine weichen Lippen auf meinen spürte, realisierte ich, was hier mit mir geschah und wollte erschrocken zurückweichen, wodurch ich beinahe vom Tisch gefallen wäre, hatte er nicht eine Hand um meine Hüfte gelegt, um mich näher an sich zu ziehen. Im ersten Moment wollte ich ihn wegstoßen, doch das Gefühl, das mich gerade überkam, war so unbeschreiblich schön.

Irgendwie hatten sich meine Gedanken abgeschaltet, andererseits wäre ich sicherlich noch viel wütender gewesen und hätte ihn vielleicht sogar geschlagen. Doch wahrscheinlich war es die Überraschung, die mich gefrieren ließ.
 

Etliche Sekunden verweilten wir so, während er langsam mit der Hand über meinen Rücken streichelte, ehe er den Kuss intensivierte.

Verdammt, ich fühlte mich wie ein zehnjähriger kleiner Junge, der kurz vor seinem ersten Kuss stand.

Das war nicht mal gelogen. Dieser Kuss würde mein erster richtiger sein - wenn man Nina nicht mitzählte - und das auch noch mit einem anderen Mann. Doch dank dem Schock konnte ich das alles gar nicht richtig realisieren.
 

Langsam öffnete ich die Lippen und wollte seine Zärtlichkeit erwidern. Das war das Gefühl, welches ich bei Ninas Kuss vermisst hatte. Hier war es und noch tausend mal stärker, als ich es jemals vermutet hatte.
 

Ich spürte, wie Ronin mit seiner Hand mein T-Shirt hochschieben wollte, doch diese Geste brachte mich wieder zur Besinnung.

"Warte. Stop! Das verwirrt mich gerade ein bisschen und geht mir wohl auch zu schnell.", flüsterte ich schüchtern.

Mir war es wirklich peinlich, dass ich ihn unterbrochen hatte, obwohl Ronin dafür sicherlich seinen ganzen Mut aufbringen musste. Aber soweit wollte ich nicht gehen, vor allem, da ich ihm bis eben noch eine hätte reinhauen können.

"Nicht schlimm.", entgegnete er mit kläglicher Stimme und ließ seine Hand wieder unter dem Kleidungsstück hervorgleiten. "Ich habe wohl einfach zu lange auf diesen Moment gewartet, da hat es mich überkommen, weil du so unbeschreiblich süß aussahst. Und ich werde mich jetzt nicht für diesen verdammten Kitsch entschuldigen!"
 

Ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Hatte Ronin gerade tatsächlich gesagt, dass ich süß aussehe.

"Ja...gut, dann lass uns mal lernen... Deshalb bin ich ja auch hier...", stotterte ich verlegen vor mich hin und versuchte das Thema abrupt zu wechseln, während ich in den Tiefen meines Rucksackes zu Graben begann.
 

Endlich hatte auch ich verstanden, wieso er mir ausgerechnet einen Manga über eine gleichgeschlechtliche Liebe geschenkt hatte. Jetzt könnte ich mich dafür ohrfeigen, dass ich nicht schon viel früher darauf gekommen war und vor Naivität nur so strotze.

"Ok...wie du meinst.", sagte er monoton und ließ sich auf einen Stuhl gleiten, der verdächtig nahe neben mir stand.

Während wir lernten, fiel mir immer wieder auf, dass Ronin total in Gedanken versunken war, jedoch jede Aufgabe richtig lösen konnte.
 

"Sag mal, du brauchst doch gar keine Nachhilfe in dem Fach, oder?", fragte ich dann aber doch ganz mutig.

"Nein. Ich kann Latein ganz gut.", war seine Antwort auf meine Frage.

"Wieso sitzen wir dann hier und lernen?", entgegnete ich verwirrt, denn ich hatte immer noch nicht ganz verstanden, was das alles dann für einen Sinn haben sollte. Vielleicht war ich zu diesem Zeitpunkt auch einfach nur viel zu weltfremd.

"Damit ich an dich herankomme.", sagte er und schaute mich mit einem breiten Grinsen an. "Und damit ich das jetzt machen kann.", fügte er noch hinzu und gab mir einen zärtlichen Kuss auf den Mund, ehe er sich wieder dem Blatt zuwandte, als ob nichts gewesen wäre.

Ich konnte nur dämlich vor mich hin lächeln.

Mann, ich war einfach nur ein Idiot.

"Was hältst du davon, wenn wir uns diese Zeit sparen und du mir dafür ein Date versprichst.", fügte er lachend hinzu.

"Einverstanden." Ich wusste zwar nicht genau, wieso ich zusagte, jedoch hatte ich keinen Moment gezögert.
 

In den letzten Tagen war viel passiert und tatsächlich waren schon zwei Monate vergangen, in denen wir tatsächlich mehrmals ausgegangen waren.

Die Dates waren wirklich schön gewesen, denn Ronin war sehr romantisch, was ich ihm gar nicht zugetraut hätte.

Und mir selbst hätte ich auch nie zugetraut, dass ich jemals auf dieser Kitschschiene fahren würde.
 

Zum Glück hatte ich auch keine Probleme mehr mit meinen Eltern, denen ich jetzt immer Nina als Alibi vorwerfen konnte, wenn ich mich eigentlich mit meinem "Freund" traf.
 

Doch heute war ich mit Nina beim Einkaufen gewesen und ich hatte Ronin an einem Schaufenster entdeckt, während er verträumt in den Himmel schaute. Aufgeregt wie ich war, Amors Pfeil hatte mich wohl total erwischt, wollte ich ihr meinen Geliebten natürlich sofort zeigen.

"Ach, Finny, das hätte ich dir vielleicht schon früher sagen sollen. Ich kenne Ronin, er geht doch in meine Klasse.", sagte sie lachend, während sie mich amüsiert anschaute. Ich war erstmal total perplex und begann dann ebenfalls zu lachen.

"Stimmt, du hast doch auch schon von dem Zelten gesprochen. Hätte ich eigentlich drauf kommen können.", entgegnete ich kopfschüttelnd, zuckte dann aber zusammen, als sich zwei Arme von hinten um mich legten.

"Gehst du mir etwa fremd?", fragte Ronin ironisch, der sich unbemerkt von hinten angeschlichen hatte.

"Das würde ich doch niemals machen.", antwortete ich todernst und blickte nach oben in seine glänzenden Augen.

"Was ich dich eigentlich noch fragen wollte, hast du Lust an unserem Schulausflug vielleicht mit mir in einem Zelt zu schlafen?", fragte er schnell und schaute mich dann erwartungsvoll an.

"Eigentlich habe ich schon Elias versprochen, dass..."

Ich kam nicht dazu den Satz zu beenden und wurde von einem grimmigen Zischen unterbrochen.

"Der schon wieder.", seufzte Ronin enttäuscht, ehe er noch etwas anfügte. "Aber das ist kein Problem... wenn du willst, werde ich mich darum kümmern, dass Elias dann doch woanders schläft."

Meine Augen wurden riesig groß und ich überlegte krampfhaft, ob mein bester Freund mich nicht für immer hassen würde, wenn Ronin oder ich ihm mitteilen würden, dass er sich jemand anderen suchen musste, der sich ein Zelt mit ihm teilte.

Aber der junge Mann, der da so erwartungsvoll neben mir stand, war mir eben um einiges wichtiger.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich natürlich noch nicht, was das für mich bedeuten sollte, wenn ich Ronin zustimmte.

"Gerne. Dann kümmere dich mal darum, dass Eli mich nicht in Stücke reißt, ja?", sagte ich dann noch knapp, bevor ich wieder wie verrückt grinste. Den ganzen Schulausflug, Tag und Nacht, mit meinem Freund zu verbringen, etwas Schöneres konnte ich mir einfach nicht vorstellen.
 

"Super. Dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag mit Nina.", flötete Ronin dann überglücklich, gab mir einen zarten Kuss auf die Stirn und verschwand wieder in irgendeinem der Läden in der Einkaufszeile.
 

"Ich hoffe, du weißt, worauf du dich da eingelassen hast.", sagte Nina grinsend, aber in ihren Blicken lag etwas Fragendes.

"Ähmm... worauf habe ich mich denn da deiner Meinung nach eingelassen?", fragte ich sie.

Was wollte sie mir denn bitte wieder mitteilen?

"Naja... ich sage nur... du... Ronin.... ein Zelt.... alleine... verstehst du mich?", stotterte sie vor sich hin.

"Oh Scheiße. Ja. Ich verstehe dich.", entgegnete ich auf einmal ernst und wurde ganz blass, weil mir erst jetzt der Sinn meiner Antwort deutlich wurde.
 

"Was mache ich denn jetzt?" Nina stand nur lächelnd neben mir.

"Vielleicht entspannst du dich einfach ein bisschen und lehnst dich zurück, wartest auf das was kommt und freust dich.

"Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Was, wenn einer von den Lehrern kommt oder Eli oder sonst wer?", fragte ich nun wieder aufgebrachter.

"Es wird nichts passieren, Finn. Sieh das doch alles mal ein bisschen lockerer. Wenn es dich aber beruhigt, dann könnt ihr euer Zelt ja etwas abseits aufbauen und ich passe auf, dass keiner kommt.", antwortete Nina ruhig und lächelte. Ich konnte mich nicht dran erinnern, wann sie das letzte Mal nicht gelacht hatte, musste aber trotzdem aufseufzen.

"Okay. Ich versuche mich zu entspannen. Ich habe nur solche Angst, dass ich ihn enttäusche, weil ich ihn doch liebe. ", flüsterte ich und senkte den Kopf, um ihr nicht in die Augen schauen zu müssen.

"Weißt du was, manchmal bist du ein richtiges Mädchen. Ist ja schlimm mit dir. Am besten ist es doch, wenn du ihm selbst sagst, dass du ihn liebst.", fügte sie lachend hinzu und setzte sich in Bewegung.

"So... ich muss dann auch mal weg, mach dir nicht so viele Gedanken, Finn."

Sie war schneller verschwunden, als ich es realisieren konnte.
 

Kurze Zeit später stand ich alleine auf der Straße vor dem Einkaufszentrum, alleine mit meiner Liebe zu Ronin.


Nachwort zu diesem Kapitel:
In diesem Kapitel kommen sich Finn und Ronin auch endlich aktiv näher, ich hoffe, dass es euch gefällt.
Viel Spaß!
Achja, Kitschfaktor hoch zehn. Komplett anzeigen

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