Ultimatum der anderen Art
Kapitel 9
„Warum hast du dir wegen mir freigenommen? Es ist unnötig, mir geht es gut“, meinte Sakura und beobachtete Sasuke. Seufzend ließ er sich auf die Couch nieder, warf die Fallakte brüsk auf den Wohnzimmertisch.
„Du hättest dich nicht selbst entlassen sollen.“ Kaum dreißig Minuten nach ihrem Aufwachen ignorierte sie sämtlich Einwürfe der Ärzte und verließ das Zimmer. Die angebotenen Medikamente hatte sie kopfschüttelnd der Schwester zurück in die Hand gedrückt. Es wäre ihm lieber gewesen, sie würde noch einige Zeit unter Beobachtung stehen. Nicht zuletzt, wegen ihres Ausbruchs. Sakura brachte ihr Verhalten nicht zu Sprache und er würde es auch nicht tun. Allerdings musste Sasuke zugeben, eine Frau, wie sie weinen zusehen, es erschütterte ihn.
„Ich mag keine Ärzte“, hörte er Sakura. „Sie sind die Einzigen, die mich auf natürlich aussehende Art umbringen können. Der Fall kommt ihr voran?“
„Das lässt du bleiben“, kommentierte Sasuke, während er ihre Hand von den Dokumenten nahm. Sie heran zog und sich mit ihr auf die Polsterung legte.
„Ich weißt nicht, für wie dumm du mich hältst Sakura aber untersteh dich, weiterhin hinter meinem Rücken zu agieren.“
Sie stockte. „Was meinst du?“
„Naruto und Hinata mag es nicht aufgefallen sein, mir schon. Kakashi versucht systematisch, die Aufgabenstellung zu stoppen. Das lässt mich zu dem Schluss kommen, er besitzt entweder Informationen, die er uns vorenthält oder jemand hat es ihm geraten.“ Seine Finger streichelten durch ihr Haar.
„Nehmen wir einfach beides an. Und jetzt zählen wir den Fakt deines Zustands dazu. Was ergibt sich mir daraus?“, fragte er rhetorisch und sprach weiter. „Richtig, du arbeitest mit ihm zusammen.“
„Zufall?“ Sakura genoss Augen schließend seine Lippen auf ihrer Haut und seine seichten Berührungen. Sie milderten die innerliche Unruhe, welche sie seit der Erinnerung an Elena verspürte. Eine Ablenkung, die sie herbeisehnte.
„Kakashis Erleichterung, weil ich einige Tage abwesend bin, habe ich mir demnach eingebildet?“
„Denkbar“, gab sie entspannt zurück, registrierte das Verschwinden seines belustigten Tonfalls.
„Sakura mir ist bewusst, du wirst es nicht sein lassen also erzähl mir, was du entdeckt hast.“
„Wenn ich es nicht tue?“
„Dann finde ich es selbst heraus.“
Ihre leise Stimme wurde ernst. „Du kannst sterben, wenn du danach suchst.“
„Hn, ja das ist im Bereich des Möglichen“, meinte er.
Sakura stieß die Luft aus, öffnete ihre Lider.
„Ich sollte mir abgewöhnen dich zu unterschätzen“, gab sie ihre Gedanken preis und fügte hinzu: „Meine Informationen sind noch zu ungenau, ich kann nicht mit Gewissheit sagen, ob es euren Fall betrifft. Das reicht allerdings aus, um Kakashi zu raten abzuwarten. Mir ist das Gift in die Quere gekommen. Sobald sich mein Körper vollends erholt hat, werde ich einige Leute kontaktieren. Erst dann kann ich mir sicher sein.“
„In was?“
Sie küsste Sasukes Hand, die durch seine Umarmung auf ihrer Schulter lag. „Ob die Morde eine Nachahmung sind.“
„Du glaubst sie gehen nicht von den Russen aus?“
„Nein mittlerweile nicht mehr.“
Er nickte sacht, drückte ihre Gestalt näher.
„Ich habe mir etwas Ähnliches gedacht.“
„Teil es mir mit“, verlangte Sakura, spürte seinen heißen Atem an ihrer Wange und vernahm den belustigten Laut. Eine Geste, die ihr plötzlich eines bewusst machte. Sasuke arbeitete selbstständig, ohne das Wissen Kakashis und wurde fündig.
„Wann?“ Überrumpelt richtete sie sich auf, sah, wie er seine Augenbrauen hob und trocken feststellte: „Du unterschätzt mich ziemlich oft.“
„Es scheint so.“
„Sakura, ich bin kein einfacher Agent, der sich den Anordnungen seines Vorgesetzten fügt. Ich bin zwei Jahre bei der CIA gewesen. Und dort wäre ich noch heute, hätte Kakashi mich nicht sechs Monate lang belagert, in seine Abteilung zu wechseln.“
„Auf was bist du gestoßen“, fragte sie direkt, musterte seine sich nicht ändernde Gesichtsmimik. Verdammt fluchte sie still. Dieser Mann kontrollierte seine Regungen momentan so tadellos, sie konnte nichts aus seinen Mikroausdrücken lesen.
„Wie ist es, wenn man über etwas nicht im Bilde ist?“, fragte er, stützte sich amüsiert auf die Lehne.
„Sasuke, das ist...“ Der Husten kam unerwartet und schmerzhaft.
„Du hättest wenigstens die Medikamente annehmen sollen“, stieß er aus und setzte sich ruckartig auf.
„Schwindel und Übelkeit sind keine Symptome, für die es nötig wäre, Tabletten einzunehmen.“
„Wenn du anfängst, Blut zu spucken, bringe ich dich wieder ins Krankenhaus“, antwortete er aufstehend. „Ich setz Kamillentee auf.“
„Brauchst du nicht“, schüttelte Sakura ihr Haupt. Kraftlos entkrampfte sich ihr Leib, während sie den Geräuschen hinter sich zuhorchte.
„Die Sachlage Sasuke, bitte“, lenkte sie das Thema zu ihren Wurzeln zurück.
„Frankreich.“
Sie runzelte die Stirn. „Was?“
„Ein Bekannter der CIA schuldete mir einen Gefallen. In Frankreich gab es eine Mordserie, die identisch ist. Vor etwas einem halben Jahr, kurz bevor die dort ansässige Polizei den Kerl festnehmen konnte, verschwand er spurlos. Bis heute.“
„Du hast einen Namen“, schlussfolgerte sie.
Er nickte. „Pierre Chanal, 37 Jahre, geboren in Mourmelon. Ich habe die DNA und seine Fingerabdrücke. Ab jetzt darf er keinen Fehler machen. Und wir wissen beide, die Chance bei einem zweiten Mord keine Spur zu hinterlassen, ist schwindend gering.“
Sakura verschränkte die Arme. „Gab es Indizien auf einen Mittäter?“
„Die Franzosen gehen davon aus, Pierre habe die Paare alleine getötet.“
„Unmöglich“, verkündete sie. „Es gibt keinen Zweifel an meiner These!“
Sasuke stellte die dampfende Tasse vor ihre Nase. „Trinken.“
„Hast du ein Bild?“, fragte sie, schob das Porzellan beiseite. Deswegen schloss Sasuke es aus, die französische Mafia in den USA besaß kaum Einfluss. Sie würden niemals den Zorn der Russen auf sich ziehen. Und die Russen, sie starben eher, als mit Frankreich zu kooperieren. Die Mentalität unterschied sich viel zu sehr. Riss eine tiefe Schlucht zwischen beide Fraktionen auf. Ein Überwinden eben dieser, ausgeschlossen.
„In der Akte.“ Er setzte sich zu ihr, während sie zielstrebig die Seiten umblätterten und bei besagtem Abbild innehielt.
„Ist das...“
„Eine aktuelle Aufnahme“, bestätigte Sasuke. Er musste genauso ausgesehen haben, als er Pierre das erste Mal sah, dachte Sakura. Sicherlich, gab sie nie fiel auf die Erscheinung eines Menschen. Sie konnte in jeder erdenklichen Situation täuschen und eine gehbehinderte Großmutter, ebenso ein Monster sein, wie ein muskelbepackter Bodybuilder. Nichtsdestotrotz, dieser Mann, mit seinen femininen Zügen und babyblauen Augen wollte nicht in das entstandene Bildnis passen
„Faszinierend“, musste sie anmerken und las sich sein durch den Facharzt erstelltes Profil durch. „Niemals, dieser Typ von Mensch ist alleine nicht fähig eine solche Bluttat ohne Spuren zu hinterlassen. Er ist der Unterwürfige, er braucht genaue Anordnungen. Das bedeutet allerdings, der Dominante ist weitaus gefährlicher.“
„Da sind wir einer Meinung“, gab ihr Sasuke recht, nahm ihr die Dokumente aus der Hand und schlug sie zu.
„Offiziell hat das FBI keine Auskunft über Pierre Chanal. Ich muss abwarten, bis ich von Amts wegen Zugang zu den Daten bekomme. Und das wird erst der Fall sein, wenn ich ersichtliche Indizien habe.“
„Verständlich, Frankreich gehört zur NATO. Ein unwissentliches Eindringen in ihr Netz wird nicht ohne folgen bleiben. Sasuke bekommt ihr Pierre in die Finger, dann wird er euch zu seinem Partner führen. Das ist sicher.“ Sakura betrachtete die Papiere, welche aus ihrer Reichweite geschmissen wurden und ließ sich letztendlich von ihm auf die Couch ziehen. Eine geräuschlose Botschaft, die ihr einen ärgerlichen Laut entlockte.
„Hör auf mich zu bemuttern.“
„Das tue ich nicht. Ich sehe lediglich die Fakten. Und Fakt ist, du wärst gestern fast krepiert. Also gib für heute Frieden. Ansonsten werde ich dich anketten und glaube mir, dazu bin ich fähig.“
„Das...“
Sasuke unterbrach sie Luft ausstoßend. „Bitte. Für... dich mag es normal sein, immer am Abgrund entlang zu wandern. Für mich ist es das nicht. Es ist befremdlich bei jedem deiner Schritte befürchten zu müssen, du könntest sterben“
Sasuke spürte, wie sie sich in eine bequeme Lage drehte und ihr heißer Atem seinen Hals streifte.
„Es... tut mir Leid“, entschuldigte sie sich, meinte die Sorgen, die er sich machte.
„In manchen Momenten habe ich das Gefühl, du suchst den Tod, Sakura.“
Seine Hand verirrte sich in ihr Haar, als sie stumm blieb. Ihre Schläfe küssend, drückte er sie noch fester an seine Brust. Es gab einen Unterschied, ob man lediglich waghalsig erschien oder dem Sterben nachjagte. Sakura tat Letzteres nach seinem Geschmack zu oft und das machte ihm langsam Angst. Denn irgendwann kam der Augenblick, wo das Glück sie verließ.
Die Türklingel riss Sasuke aus dem eingekehrten Dämmerzustand und während Sakura versuchte sich aufzurichten, hielt er sie reflexartig mit sanfter Gewalt fest.
„Bleib liegen“, murmelte er. Ignorierte den unwillkommen Gast vor der Wohnung und setzte leise hinzu: „Naruto und Hinata arbeiten um die Zeit. Dementsprechend wird es nichts Wichtiges sein.“
„Es könnte brennen“, witzelte Sakura leise.
„Dann liegen wir bequem“, gab er ihren Nacken küssend zurück, nahm wollig die ausgelassene Atmosphäre zischen ihnen wahr. In letzter Zeit kam diese viel zu selten vor. Zu viel gab es, das auf ihre Gemüter drückte und spätestens, wenn Naruto von Sakura Entlassung erfuhr, würde es einen Störfaktor mehr geben.
„Wie geht es dir?“, wollte er wissen, während ihre Lippen seinen Hals hinauf wanderten.
„Gut.“
„Wir sollten morgen irgendwohin fahren“, meinte er ausatmend und zuckte zusammen, als die Klingel in Dauerbelagerung geriet. Sakura stoppte, verzog wie er das Gesicht und richtete sich auf.
„Ein hartnäckiger Besuch“, kommentierte sie laut, um gegen den Lärm anzukommen.
Sasuke schnaufte. „Wenn er nicht aufhört, ein toter Besuch“
„Vielleicht eine Verehrerin?“, schmunzelte sie, griff zielsicher nach der auf dem Tisch liegenden USP.
„Möglich“, stieg er amüsiert mit ein. Beobachtete unterdrückt lachend Sakura dabei, wie sie ihr Oberteil hinaufzog und stoppte, als ihr bewusst wurde, der Waffengurt fehlte. Sich aufsetzend drapierte er ihre aufstehende Gestalt auf seinem Schoß. Küsste ihren Mund und registrierte erleichtert das Verstummen der Glocke.
„Er liegt auf der Kommode“, informierte Sasuke sie, schob seine Hände unter den Stoff über ihren Rückenansatz hinauf.
Sie biss sacht in seine Unterlippe. „Dort liegt er gut.“
„Hm“, machte er, überbrückte den wenigen Abstand. Es waren nur wenige Augenblicke, bis Sasuke in seiner Handlung, den Verschluss ihres BHs zu öffnen erstarrte. Gleichermaßen ruinierte das einsetzende Telefon und das erneute Läuten die aufgeflammte Stimmung.
„Egal wer es ist, ich bringe ihn um!“, fauchte er, stand mit Sakura auf und schrie: “Ja!“
Der einheitliche Aufruhr verebbte und während die Haustür donnernd an die Mauer krachte. Er dem davor stehenden Mann entgegenblickt, wünschte Sasuke sich seine Glock herbei.
„Du hast geschlafen? Um die Uhrzeit?“, lachte es ihm entgegen. Seine Mundwinkel zuckten unwillkürlich hinauf und, seine Antwort glich dem Knurren eines Wolfs.
„Es gibt Menschen, die haben unregelmäßige Arbeitszeiten, Itachi.“
„Du hast seit vorgestern frei“, merkte sein Gegenüber aufklärend an und blickte neugierig über seine Schulter. Drang das Rauschen des Wasserhahns doch vernehmlich hinaus.
„Was willst du hier?“, murrte Sasuke, verwerte dem Älteren mit dem Zuziehen der Tür die Aussicht. Itachis auftauchen verkündeten Probleme, denen er seit Monaten meisterlich aus dem Weg ging. Sein Bruder wusste von seinem Urlaub, was zwangsläufig bedeutete, sein Vater wusste es auch. Schlecht dachte er dunkel.
„Ist es nicht angenehmer mich hereinzubitten?“
„Nein.“
Itachis Augen blitzten vergnügt. „Komm schon. Ich will die Leichen in deinem Keller sehen.“
„Was willst du?“, wiederholte Sasuke ruhig, ignorierte die Bemerkung.
„Es geht um Vaters Hochzeit, dein damit verbundenes Auftauchen und gewisse andere Dinge die vorher vonstattengehen müssen.“
„Da war was, ja“, presste er über die Lippen. „Kannst du Vater nicht...“
„Nein, er weiß, du bist zu Hause und ich habe nicht noch einmal das Verlangen mich seiner Wut auszusetzen.“ Seine Laune sank ins Bodenlose. Mit einer barschen Geste trat Sasuke auf die Seite, gewährte ihm den Zutritt.
„Keine dummen Kommentare ansonsten fliegst du raus“, zischte er und folgte dem vorangehenden Mann, der schmunzelnd erwiderte: „Du kennst mich doch, kleiner Bruder.“
„Deswegen ja“, äußerte er sich und stellte Sakura mit ihrem Rufnamen vor, als sein Bruder perplex innehielt. Eben diese drehte sich um, wischte ihre nassen Finger trocken und trat zu ihnen.
„Der ausdauernde Fremde“, begrüßte sie ihn. Itachi fing an zu lachen, riss sich aus seiner Starre. Streckte ihr feixend die Hand entgegen.
„Anderes kommt man nicht in den Genuss von Sasukes Gesellschaft. Itachi Uchiha, der große Bruder.“
Die angebotene Geste annehmend sprach sie: „Freut mich.“
„Oh die Freude liegt ganz auf meiner Seite. Du musst wissen, ich bin überrascht. Der Kleine hat seiner Familie noch nie eine seiner Freundinnen vorgestellt. Ich war beinahe so weit zu glauben, er...“
„Noch ein Wort“, knirschte Sasuke.
Auflachend stupste er dem Jüngeren gegen die Stirn und witzelte ins Wohnzimmer gehend: „Ich bin gegen all deine Drohungen immun.“
„Gott muss mich hassen“, murmelte Sasuke, berührte ihre Taille und fügte sie küssend hinzu: „Er wird nicht lange bleiben.“
„Mich stört dein Bruder nicht. Im Gegenteil, ich finde die Situation sogar recht witzig.“
„Denke ich mir. Kann ich dir was anbieten?“, richtete Sasuke sich Kopf hebend an seinen Besuch. Itachi legte lässig seine Arme über die Couch und fragte über die Schulter sehend: „Was hast du da?“
„10 x 21mm Patronen“, schnaufte Sasuke, weil er die Frage im Grunde nur der höflichkeitshalber stellte und Itachi dies auch genau wusste.
Sakura strich ihm schmunzelnd durch die Haare. Erhob ihre Stimme. „Möchtest du einen Kaffee?“
„Das nenne ich ein Angebot, sehr gerne Sakura.“
Genervt stieß Sasuke die Luft aus, löste sich von ihrer sich abwendende Gestalt und fing an die Expressomaschiene in Betrieb zu nehmen.
„Das Letzte, was du tun wirst, ist meinen Bruder zu bedienen. Mach dir deinen Tee fertig und ruh dich aus“, erklärte er seine Handlung. Ihre Lippen streiften seine Wange und mit dem entfernen eben dieser, nahm sie ihre Tasse. Verschwand aus der Küchenzeile und setzte sich lächelnd zu Itachi. Natürlich entging ihr seine Neugierde nicht.
„Darf ich mich erkundigen, wie lange du schon mit meinem kleinen Bruder zusammen bist?“
„Es werden bald neun Monate.“
Itachi schien ehrlich verblüfft. „Wirklich? Das ist eine lange Zeit.“
„Es scheint nur so. Ich bin viel unterwegs und Sasukes Arbeit ist ähnlich zeitaufwendig“, erzählte Sakura.
„Dann bist du also auch beim FBI?“
Sasuke stellte geräuschvoll den Kaffee auf den Tisch. „Das geht dich nichts an, Itachi!“
„Ich möchte nur etwas mehr über deine Lebensgefährtin herausfinden. Neun Monate seid ihr leiert und du hast es nicht geschafft, sie mir vorzustellen.“
„Mit Absicht.“ Er setzte sich zu ihr, deponierte seinen Arm um ihre Hüfte. Es gab viele Gründe, weshalb seine noch verbliebene Familie nichts von Sakura wusste. Zum einen sein Vater und zum anderen legte weder er noch sie selbst großen Wert darauf, diese Art der Zusammengehörigkeit auszuleben.
„Jetzt fang an, was genau willst du hier?“
Sein Bruder stöhnte auf. „Müssen wir sofort auf den Punkt kommen?“
„Itachi...“, knurrte Sasuke mürrisch. „Ich hab heute noch was Besseres zu tun, als mich an deiner störenden Anwesenheit zu erfreuen.“
„Von mir aus. Vater heiratet in einem Monat und du hast es bisher nicht geschafft, seiner Verlobten zu begegnen. Weißt du überhaupt, wie sie heißt?“, begann er widerwillig und sprach monoton wie der Anwalt, der er war.
„Muss ich das wissen?“
„Sie heißt Akira Nikawa“, informierte Itachi ihn trocken. „Du kannst deine Arbeit nicht immer vorschieben, kleiner Bruder. Vater ist wütend auf dich. Sein kleines Frauchen hat wohl erkannt, du hast nicht das geringst Interesse sie kennenzulernen.“
„Ach ehrlich?“, spottete Sasuke, drückte Sakuras Gestalt ein Stück näher. Kein Interesse erschien ihm Untertrieben. Er wollte diese Frau weder sehen, noch sich mit ihr unterhalten. Jeder Kontakt mit ihr war ihm zuwider. Akira Nikawa, für ihn nichts weiter, als eine nebensächliche Erscheinung, die es sich an dem Arm seines Vaters bequem machte.
Itachi seufzte. „Weißt du, warum ich hier bin?“, wollte er wissen und redete weiter. „Ich habe deine Tür belagert, weil ich dir eine Einladung von Vater ausrichten soll. Heute Abend findet ein Essen statt und er will dich dabei haben.“
„Natürlich“, höhnte Sasuke. „In meinem Urlaub werde ich mich mit Vater und seinem Anhang abgeben. Darüber hinaus ist Sakura heute früh aus dem Krankenhaus entlassen worden. Ich werde sie weder alleine in meiner Wohnung lassen noch ihr die Stimmung unseres alten Herren antun.“
Itachi blinzelte, richtete sich beunruhigt an Sakura. „Das war mir nicht bewusst, geht es dir gut?“
Sie nickte. „Eine Magenverstimmung, nichts Ernstes.“
„Da bin ich erleichtert. Denn Sasuke...“ Sein Interesse schweifte zurück zu ihm. „Dir bleibt nichts anderes übrig. Vater erwähnte explizit, er verkaufe Mutters Geige bei dem nächstbesten Händler, solltest du fernbleiben.“
Sakura spürte seine verkrampfende Gestalt, die Finger, die sich schmerzend in ihr Fleisch bohrten. Es überraschte sie daher nicht, als seine grollende Stimme eine Nuance annahm, die sogar für seine Verhältnisse selten war.
„Das wagt er nicht.“
„Ich denke schon. Du kennst ihn, er macht keine leeren Drohungen“, erwiderte Itachi unbeeindruckt. Die kurze Regung des Respekts in seinem Gesicht, Sakura sah sie dennoch.
„Wann?“
„Du bist selbst dafür verantwortlich, Sasuke, ich...“ Donnernd unterbrach der Genannte ihn. „Rede, wann?!“
„18 Uhr.“
„Sag dem Bastard ich komme“, fuhr er seinen Bruder an, stand abrupt auf. „War das alles? Dann verschwinde!“
„Nicht alles aber das Wichtigste. Sakura es hat mich gefreut“, verabschiedete er sich, kam der harschen Aufforderung nach. Sie nickte ihm zu, lehnte sich Augen schließend nach hinten. Die jetzige Atmosphäre glich einem nahenden Hurrikan und mit dem Schließen der Haustür, zuckte sie unbewusst zusammen. Sasukes Faust rammte krachend das Holz.
„Er besitzt tatsächlich die Frechheit mir mit dem einzig Wichtigen in diesem verfluchten Anwesen zu drohen“, zischte er, während er in den Raum kam.
„Elender Dreckskerl.“
Sakura sah auf, beobachtete seine angespannten Bewegungen und hörte stumm seinem Zorn zu. Er schrie nicht, kein einziges Mal mehr. Streifte wie ein jagender Wolf durch das Zimmer und instinktiv, wartete Sakura darauf, er würde abermals gegen irgendetwas schlagen. Doch nichts dergleichen geschah und als er irgendwann auf sie zukam, ihre Gestalt möglichst sanft auf die Beine zog. Da ahnte sie, seine Reaktion würde eine andere sein, wenn sie nicht anwesend wäre.
„Er weiß genau, ich würde darauf reagieren. Dinge, die ihm nicht passen, werden mit Gewalt passend gemacht“, knurrte er, legte seine Stirn in ihre Halsbeuge und spürte, wie sie seine Faust nahm, zärtlich die schmerzenden Knöchel küsste.
„Aber damit ist er zu weit gegangen“, fügte er kalt bei. Sakura sagte nichts dazu, nahm seine wahrscheinlich mittlerweile schmerzende Umarmung einfach hin und flüsterte: „Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten. Mahatma Gandhi.“