Demyx' Herz von abgemeldet (Xigbar x Demyx) ================================================================================ Kapitel 1: The Heart of a Nobody -------------------------------- „Nummer IX hat versagt." Das war das einzige, was man mir gesagt hatte. Demyx hatte die Aufgabe, Sora zu besiegen, nicht erfüllt und hatte damit mit seinem Leben bezahlt. Und das alles nur, weil der junge Musiker bereits in der Unterwelt seine Missionen nicht ordnungsgemäß erledigt hatte und Xemnas ihn dafür bestrafen wollte. Das hatte er geschafft. Demyx hatte sich wider Willen auf den Weg nach Hollow Bastion gemacht, um sich dort dem Schlüsselschwertträger zu stellen und der Organisation zu beweisen, dass er kein Schwächling war. Meine Hand traf mit solch einer Wucht die Wand vor mir, dass der Putz leicht bröckelte und meine Haut an den Fingerknöcheln aufplatzte. Doch ich spürte den körperlichen Schmerz nicht. Mein seelischer Schmerz übertünchte alles andere. Wieso? Wieso musste Nummer IX sterben? Xemnas hatte doch genau gewusst, dass der Blonde gegen Sora überhaupt keine Chance haben würde. Der kleine Wicht hatte bereits die Hälfte unserer besten und stärksten Mitglieder getötet, wie sollte da Demyx eine Chance haben? Er hatte nie eine gehabt und dennoch hatte unser Anführer ihn in den sicheren Tod geschickt. Daran erkannte man mal wieder, dass unsere Nummer I kein Herz hatte, ebenso wie wir anderen. Kein Niemand besaß ein Herz. Ich selbst hatte mich damit abgefunden, auch wenn ich innerlich dennoch hoffte, dass uns Kingdom Hearts irgendwann erhören und uns Herzen schenken würde. Doch mit jedem Mitglied, dass Sora auslöschte, floss auch meine Hoffnung dahin. Und an dem Tag, als Demyx sich nach Hollow Bastion aufmachte und nicht wieder zurück kam, platzte sie wie eine zerbrechliche Seifenblase. Demyx hatte immer wieder betont, dass auch Niemande ein Herz hatten. Natürlich wusste er in seinem Innersten, dass dies nicht stimmte, doch unser Wassermagier gab trotzdem nicht auf. Niemals. Er hatte immer daran festgehalten, ein Herz zu haben und irgendwie hatte ich eben diese Unerschütterlichkeit sehr an ihm gemocht, auch wenn dieses Gefühl, wie ich wusste, ebenfalls nur ein Trugbild war. Ich kann mich noch sehr gut an diesen schicksalhaften Tag erinnern, als wäre es gestern gewesen. Genau genommen war es auch gestern gewesen. Gestern. Am liebsten würde ich diesen Tag für immer aus meinem Gedächtnis streichen. Doch ich wusste, dass es nicht möglich war. Demyx würde für immer in meinem Gedächtnis bleiben. Bis zu dem Tag, an dem auch ich ausgelöscht werden würde. Immer, wenn ich die Augen schloss, hörte ich Demyx‘ verzweifelte Stimme, sah die falschen Tränen seine Wangen hinab rinnen und wie sie schlussendlich auf dem Boden aufschlugen und verschwanden. Flashback „Bitte, Xigbar! Bitte lass nicht zu, dass ich dort hin muss! Lass nicht zu, dass Xemnas mich wegschickt! Bitte, Xigbar! Hilf mir!“ Demyx kniete vor mir auf dem kalten Boden meines Zimmers und hatte seine zitternden Hände in meine Kutte vergraben. Über seine Wangen perlten riesige Krokodilstränen, doch ich wusste, dass sie nicht echt waren. Wie auch? Wir Niemande besaßen kein Herz. Also konnten wir auch keine echten Gefühle zeigen. Dass hier war alles nur Show. Das wusste ich ganz genau. Doch ich wusste auch, dass Demyx wirklich Angst verspürte. Jedenfalls so etwas Ähnliches. Ich wusste nicht genau, was es war. Trotzdem verspürte ich in mir das dringende Bedürfnis, den kleinen Blonden hochzuziehen und in meine Arme zu nehmen, um ihn zu beruhigen. Ich konnte einfach nicht mit ansehen, wie er weinte und um Gnade bettelte. Ich wollte ihn beschützen, doch ich wusste auch, dass ich das nicht konnte. Demyx würde nach Hollow Bastion gehen müssen, um sich dort Sora zu stellen. Daran gab es keinen Weg vorbei. Niemals. Xemnas würde Demyx auch mit roher Gewalt dazu zwingen. Der Kleinere hatte keine andere Wahl, als sich dem Willen unserer Nummer I zu beugen. Entweder, er würde sich Sora stellen oder Xemnas würde ihn ohne zu zögern löschen. Es gab keinen Ausweg. Egal, wie ich es auch drehte und wendete. Demyx würde sterben. „Steh auf, Nummer IX.“, meine Stimme hatte etwas Kaltes an sich und ich sah, wie der blonde Niemand vor mir zusammenzuckte und sich dann ganz langsam erhob. Seinen Kopf hielt er gesenkt und sein Pony fiel ihm über die Augen. Doch ich konnte an seinem zitternden Körper genau sehen, dass er immer noch weinte. „Lass das Schmierentheater, Demyx. Du weißt genau, dass ich dir nicht helfen kann. Wenn Xemnas sagt, dass du nach Hollow Bastion gehen musst, dann musst du. Ich kann daran rein gar nichts ändern. Und außerdem bist du selbst schuld an deiner Lage. Hättest du nicht so jämmerlich in der Unterwelt versagt und wärst wie ein Hund angekrochen gekommen, würdest du vielleicht weiterleben können. Es ist deine eigene Verschuldung.“ Wieso genau ich so gemein zu ihm war, konnte ich mir selbst nicht erklären. Aber was sollte ich auch sonst tun? Ich konnte nichts an seinem Schicksal ändern, egal, wie sehr ich es auch wollte. Das hatte sich Demyx selbst eingebrockt und er würde es auch selbst wieder geradebiegen müssen. Da konnte ihm niemand helfen. Im wahrsten Sinne des Wortes. „Ich weiß…“, hauchte mein Gegenüber leise und fuhr sich mit der Handinnenfläche grob über die verquollenen Augen. Wenn er es doch selbst wusste, wieso kam er dann zu mir und bettelte um Hilfe? Typisch Demyx. An Logik mangelte es ihm anscheinend ebenso wie an Selbstvertrauen und Mut. Ich seufzte leise. „Wieso bist du dann hier, Nummer IX? Wieso bist du hier und versuchst, mich dazu zu bringen, ein gutes Wort bei Xemnas für dich einzulegen? Wenn du doch weißt, dass es keinen Sinn hat, wieso gibst du dann nicht einfach auf und fügst dich deinem Schicksal?“ Zu meiner Überraschung legte sich ein kleines Lächeln auf die Lippen des Niemands vor mir. „Weil ich noch Hoffnungen habe, Xigbar. Ich weiß, dass in jedem Lebewesen auf dieser Welt ein Herz steckt. Auch in uns Niemanden. Deswegen gebe ich nicht auf und bin bei dir. Bitte, Xigbar. Hilf mir. Hilf mir, Xemnas davon zu überzeugen, dass ich noch eine Chance verdient habe. Ich bitte dich nur um diese eine Sache, Xigbar. Wir sind doch so etwas wie Freunde, nicht wahr? Bitte.“ Ein dunkler Schatten legte sich über mein Gesicht. Freunde? Pah, dass ich nicht lache. Ich hatte keine Freunde und würde auch niemals welche haben. Wie denn auch, so ganz ohne Herz? Dennoch kribbelte etwas in meinem Inneren bei Demyx Worten. Irgendwie war es ja doch ganz… nett von ihm, so etwas zu sagen. Ich schüttelte den Kopf. Nein. Ich konnte keine Schwäche zeigen. Demyx musste zusehen, wie er zurechtkam. Alleine. Ohne meine Hilfe. Ich konnte nicht meine eigene Löschung riskieren, nur weil ich mich um Demyx‘ Willen dem Anführer entgegengestellt hatte. „Nein.“ Ich konnte sehen, wie etwas in Demyx‘ Innerem zerbröckelte. Nur was? Wieso sah der junge Niemand plötzlich so furchtbar verletzt aus? Wieso wirkte er auf einmal noch blasser als ohnehin schon? Wieso senkte er den Blick und lächelte dennoch dabei sein falsches Lächeln? Ich konnte nichts tun. „Oh… Trotzdem danke, Xigbar.“, wie bitte? Wofür bedankte er sich? „Danke, dass du immer bei mir gewesen bist. Das weiß ich sehr zu schätzen. Und ich weiß auch, dass du mir auch jetzt helfen würdest, wenn du könntest. Das weiß ich alles. Ich danke dir von ganzem Herzen, dass du bis zum Schluss bei mir gewesen bist.“ Und damit verschwand er für immer und ließ mich ganz alleine zurück. Er dankte mir von ganzem Herzen? Oh, Demyx. Du bist zu naiv. Du hältst bis zum Schluss daran fest, ein Herz zu haben. So naiv. Ich schüttelte leicht den Kopf. Wieso machte ich mir darüber Gedanken? Demyx hatte selbst schuld an seiner Lage. Flashback Ende Und jetzt saß ich hier ganz alleine in meinem Zimmer und ließ niemanden an mich heran. Demyx war tot und würde niemals zurückkehren. Niemals. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es meine Schuld war. Vielleicht hätte ich doch zu Xemnas gehen und für Demyx ein gutes Wort einlegen sollen. Vielleicht wäre er dann noch am Leben. Nein. Nein, wäre er nicht. Xemnas hätte nie Gnade gezeigt und wenn ich mich ihm widersetzt hätte, wäre ich jetzt genauso Geschichte wie Demyx. Doch so hatte ich noch eine Chance. Noch konnte ich mich selbst Sora in den Weg stellen und Demyx‘ Tod rächen. Der blonde Niemand hatte dem Schlüsseljungen niemals etwas getan, hatte sich ihm nur in den Weg gestellt, weil er keine andere Wahl gehabt hatte. Und Sora hatte ihn einfach eiskalt umgebracht. Hatte ihn vorher sogar noch seiner letzten Hoffnung beraubt, indem er ihm erneut mitteilte, dass Niemande keine Herzen besaßen. Das hatte mir Saix erzählt, der Demyx nach Hollow Bastion gefolgt war, um sicherzustellen, dass der Musiker keinen Rückzieher und sich aus dem Staub machte. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Eines war mir in den letzten Stunden eindeutig klar geworden. Demyx hatte ein Herz gehabt. Mehr Herz, als ich mir selbst jemals zu träumen wagen würde. Demyx war einfach ein ganz normaler Junge gewesen, der einen Traum gehabt hatte. Er hatte ihnen allen beweisen wollen, dass sie keine herzlosen Hüllen waren, sondern eigenständige Wesen mit echten Gefühlen. Und Sora hatte ihn dennoch umgebracht. Ohne nachzudenken und ihm vor seinem Tod noch ein Messer in sein schlagendes Herz gerammt, von dem Sora niemals geahnt hätte, dass es überhaupt existierte. Doch Demyx hatte mir ein für allemal klar gemacht, dass wir alle ein Herz hatten und dass meines vor Schmerz schrie. Ich würde mich an Sora für all das rächen, was er Demyx angetan hatte. Meinem einzigen, richtigen Freund. Eine Woche später starb Xigbar durch Soras Hand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)