Die Dame hängt am falschen Strick von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 21. Fall) ================================================================================ Kapitel 3: Solo für drei Damen ------------------------------ Sakura folgte der Prinzessin schweigend die kaum eineinhalb Meter breite Treppe hinunter, bis Tokushima an einem Schlussabsatz eine Tür öffnete und sie sich nun in einer völlig anderen Welt befanden. Waren oben die Privatgemächer der Fürstin geradezu ausgestorben, so herrschte hier die übliche Hektik einer Verwaltungszentrale. Sakura war durchaus schon öfter in den Büros, sei es des Inu no Taishou oder auch anderer Fürsten gewesen, um das Getriebe zu kennen. Die Treppe endete, wie oben an einem Flur, von dessen, so gesehen, linker Seite, wie oben die Zimmer abgingen, während rechts eine glatte Wand verlief. Ohne weiteres ging Tokushima in das vorletzte Zimmer, vom Treppenhaus her gesehen: „Ihr habt gewiss einen Moment Zeit für mich, Kossatu? Befehl der Herrin.“ Der Beamte dort seufzte – zumindest kam das Sakura so vor, aber das tat natürlich kein Dämon. „Selbstverständlich. Ihr seid die Haushofmeisterin. - He, Hajime, ich will nicht gestört werden!“ Das galt seinem Vorzimmer, dem wohl letzten im Gang: „Nun?“ „Kiku ist tot.“ Das nannte man mit der Tür ins Haus platzen, dachte Sakura. Nun ja, das schien unter Hundedämonen üblich zu sein, wenn sie sich da an Seine Lordschaft erinnerte. Der Beamte nickte auch nur: „Die Hofdame? Ich werde sie unverzüglich von der Liste nehmen lassen, gut. Die Nachfolgerin werdet Ihr ja suchen,“ Die Prinzessin war kühl wie ein Wintermorgen: „Sie wurde ermordet. Und ich soll diesen Fall klären. Hat Kiku bei Euch ein Testament hinterlegt?“ „Mord? Oh. Das wird unsere Herrin nicht freuen. - Moment. Ich suche nach einem Testament, aber ich glaube kaum....hm. Kiku.“ Kossatu stand auf: „Entschuldigt mich einen Moment.“ Damit ging er. Von was für einer Liste, fragte sich Sakura, ehe ihr einfiel, dass der oberste Beamte natürlich auch die Bezahlungen vornahm. Das also war seine erste Reaktion. Professionell, dämonisch nüchtern. Nun ja. Nur kurz darauf kehrte Kossatu zurück: „Kein Testament, Prinzessin. Aber mir ist etwas eingefallen, das der Herrin und Euch bei der Suche nach dem Mörder behilflich sein könnte.“ Er ließ sich nieder. „Vor wenigen Tagen erst kam die Hofdame Kiku zu mir und beschwerte sich. Nun, eigentlich erkundigte sie sich, was sie tun könne.“ Tokushima merkte auf: „Und worüber?“ Konnte ihr ein Mann wirklich weiterhelfen? „Sie wollte wissen, was sie tun könne oder solle, wenn ihr jemand lästig falle.“ „Wer?“ War es so einfach einen Mord zu lösen? Nun, dann war Sohn ihrer Herrin wohl nicht so überlegen, wie seine Eltern gern glauben würden.... „Das wollte sie nicht sagen. Ich empfahl ihr allerdings, die Herrin zu informieren, wenn derjenige zu zudringlich werden würde. Das, so sagte Kiku, sei nicht der Fall, aber...“ Der Beamte zuckte die Schultern. Tokushima zog ihren Schluss: „Ein Mann, also.“ „Das sagte sie nicht.“ Wer sonst? Aber das dachte sich die Prinzessin nur. Hm. Weiter in den Ermittlungen, denn die Herrin wäre kaum mit diesen Antworten zufrieden: „Wer erbt denn das Vermögen, wenn kein Testament vorhanden ist? Das wäre ein Mordmotiv.“ Kossatu sah sie an. Irrte sich Sakura oder blitzte in den Augen den Hundedämons der Schalk auf, ehe er sachlich erwiderte: „Dieser Weg könnte Euch in Schwierigkeiten bringen, Prinzessin. So, wie es aussieht, ist Kikus Erbe der Herr aller Hunde.“ Autsch, machte Sakura unwillkürlich, wenn auch wohlweislich im Stillen. Dieses Gesetz sollte unter Hundedämonen eigentlich bekannt sein. So ein Patzer wäre Seiner Lordschaft sicher nicht passiert. Nun gut, dachte Tokushima. Den konnte und müsste sie wohl ausschließen. Natürlich, warum hatte sie nicht selbst daran gedacht. Gab es keine anderweitigen Erben fiel Grund und Vermögen an den jeweiligen Fürsten, hier also den Inu no Taishou. Bei dem Aufsehen, den es jedes Mal verursachte, wenn er seine Gemahlin besuchte, war es unmöglich, dass er ungesehen herkommen und Kiku ermorden könnte – abgesehen von allen anderen Gründen, die dagegen sprachen. Der Unbekannte, der die Hofdame bedrängt hatte, wäre wohl eine vielversprechendere Spur. Damit konnte sie jedoch auch den Verlobten Kikus ausschließen. Wäre Katsumi seiner Braut zu nahe getreten, hätte eine Erwähnung gegenüber der Fürstin oder auch dem Herrn der Hunde doch genügt, um das zu unterbinden, ja, die Verlobung womöglich aufzulösen. Nur – wer war das dann gewesen? Sie selbst hatte nichts davon mitbekommen, wie peinlich für eine Haushofmeisterin. Wie stand sie denn da? Immerhin beschäftigte die Herrin nur drei Hofdamen und eben sie als Leiterin der Privatdinge. Warum hatte Kiku ihr nichts davon gesagt statt zu Kossatu zu rennen? Sie hätte sie doch beschützen und dem Dämon eine gehörige Lektion erteilen können. Sie müsste einmal die beiden überlebenden Hofdamen befragen, ob sie etwas dazu wussten. Sie wandte sich um, nicht überrascht, dass dieses Menschenmädchen sich bereits erhob. In der Tat, der Sohn des Taishou hatte verstanden seine Diener zu erziehen. Wohl sein einziger Pluspunkt. Sakura dachte auf dem Weg über die schmale Stiege zurück in den Privattrakt der Fürstin nach. Sie war davon ausgegangen, dass der Mörder ein Mann gewesen war – zu voreilig? Es gab auch sehr starke Dämoninnen und auch, wenn sie nicht glaubte, dass die Herrin oder auch Prinzessin Tokushima die Hofdame getötet hatten: wer war da noch? Das sollte sie der Ermittlerin sagen. „Prinzessin, vergebt, wenn ich es wage, Euch anzusprechen...“ Diese blieb auf der Treppe stehen. Ohne sich jedoch umzudrehen, meinte sie: „Was?“ „Ich bin nur ein einfacher Mensch und weiß sehr wenig über Dämonen. Wäre es möglich, dass auch eine Frau das Opfer aufgehängt haben könnte?“ Das war hoffentlich vorsichtig genug formuliert. Bei dem Erbprinzen wäre sie vermutlich bereits die Treppe hinunter geflogen. Tokushima dachte kurz nach. Möglich wäre es, ja. Aber sie würde nur zwei Frauen im Schloss kennen. Sich selbst konnte sie ausschließen und auch die Fürstin. Dieser hätten ganz andere Mittel zur Verfügung gestanden, falls sie Kiku loswerden wollte, angefangen bei Kündigung. Überdies – da war der Hinweis Kossatus, dass sich die Hofdame bedrängt gefühlt hatte. Das konnte sich nur auf einen Mann beziehen. Sie ging weiter, ohne auf den Einwurf zu antworten. Nur kurz darauf stand sie vor den beiden Hundedämoninnen, die die Hofdamen der Fürstin waren. „Rai, Noriko, ihr habt sicher schon von Kikus Tod gehört.“ Gnade ihnen sonst wer, wenn sie das leugnen würden. Immerhin hatte sie es ihnen selbst erzählt. „Ihr erwähntet es,“ erwiderte die Ältere auch: „Mich wundert, dass sie so unschicklich war, sich hier im Schloss zu erhängen.“ „Jemand übernahm das für sie, Noriko,“ erwiderte Tokushima sofort. „Ich erfuhr inzwischen, dass sie sich bedroht fühlte, bedrängt. Wisst ihr etwas davon?“ „Nein, Prinzessin,“ erwiderte Rai: „Und ich kann es mir auch nicht vorstellen. Ich meine, Ihr wisst, wie streng die Herrin Übergriffe unter ihrem Personal handhabt.“ „Kiku war recht zufrieden mit der Heirat. Und Katsumi ist ein Ehrenmann,“ ergänzte Noriko: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er....“ „Jemand anderen hat sie nicht erwähnt?“ fragte die Prinzessin. „Nein. Natürlich hatte es zuvor schon Dämonen gegeben, die sie umwarben, sie war ja eine reiche Erbin, aber keiner würde es doch wagen...“ Nun, das konnte sich Sakura vorstellen. Weder die Hundefürstin noch Prinzessin Tokushima würden es dulden, wäre ein Mann zu nachdrücklich in seiner Werbung. Vermutlich war das einzige männliche Wesen, vor dem die beiden Respekt hatten, der Inu no Taishou. Und in ihr kam unwillkürlich die Frage auf, wie es dieser wohl geschafft hatte seine Gemahlin für sich zu gewinnen. Immerhin war der Gedanke an eine Scheidung trotz des Getrenntlebens anscheinend noch nicht aufgetaucht. „Wer umwarb sie denn?“ fragte die Prinzessin unterdessen. „Keine Ahnung,“ gestand Rai, während Noriko meinte: „Einige. Darunter auch der Anführer der Krieger, also, Katsumi, ihr Verlobter.“ Peinlich, dass sie das nicht mitbekommen hatte, was würde die Herrin von ihren Fähigkeiten denken? „Weiter.“ „Äh, ja, da waren noch der Leiter der Kasse, Nobu, und Takai, der Schlossverwalter. Auch noch andere, aber das weiß ich nicht genau.“ „Gut. - Ich werde eine dritte Hofdame bald bestimmen, sobald ich den Tod aufgeklärt habe. Bis dahin übernehmt ihr beide alle Dienste.“ Die Hundedämoninnen verneigten sich: „Ja, Prinzessin.“ Als Tokushima und die Heilerschülerin das Zimmer verließen, sah die Erstere auf, da sie die Energie erkannte. Tatsächlich stand die Fürstin im Gang und ging in ihr Privatgemach, nicht, ohne ihr zu winken. So verneigte sich die Prinzessin Sekunden später vor ihrer Herrin, während Sakura höflich neben der Tür niederkniete. Die Hundefürstin war so charmant wie Stahl unter Mondlicht: „Bericht.“ „Kiku hat kein Testament hinterlassen, so dass ihr Vermögen als Mordgrund auszuschließen ist. Allerdings erwähnte Kossatu, dass sie sich an ihn gewandt hat, da ihr ein Mann lästig fiel. Katsumi dürfte das nicht gewesen sein. Der Anführer Eurer Krieger wüsste, was ihm das einbringt – überdies wäre es unsinnig gewesen. Er würde Kiku ja heiraten. Ich habe Eure Hofdamen befragt, sie meinten, Takai und Nobu hätten sie auch umworben. Ich möchte daher diese noch befragen.“ Mögen – nun ja. Aber das klang vor der Herrin besser als müssen. Der Blick der Fürstin glitt zu dem Menschenmädchen. Dieses sah nicht auf, bewahrte Selbstdisziplin und absolute Höflichkeit – interessant. Nun, es hatte ja schon Ermittlungserfahrungen sammeln können. Und ihr Einziger duldete keine Missgriffe der Dienstboten, das wusste sie. „Wie geschah der Mord, Sakura?“ Diese war fast erschreckt so direkt angesprochen zu werden, noch dazu mit Namen, sah jedoch nicht auf, nur zu erfahren mit den Wünschen der Hunde-Herrschaft. Daher verneigte sie sich nur höflich und blieb sachlich: „Der Mörder dürfte Eure Hofdame von hinten angegriffen haben, ihr eine Schnur, vermutlich aus Seide, um den Hals geschlungen und sie so gedrosselt haben. Als sie bewusstlos oder auch tot war, zerrte er sie in ihr Zimmer und hängte sie dort auf, um es nach Selbstmord aussehen zu lassen.“ „Er?“ „Ich kenne mich bei Dämonen nicht sehr gut aus, meine Herrin, vergebt. Aber es müsste eine sehr starke Frau gewesen sein, oder ein durchaus nicht untrainierter Mann. Das Gewicht eines bewusstlosen oder toten Körpers ist recht beachtlich.“ „Tokushima, rede mit den beiden. Ich werde meinen Sohn herbefehlen.“ Die Prinzessin schluckte: „Herrin, ich werde den Mörder finden.....“ „Natürlich. Fragt sich nur wann. - Geh.“ Es war peinlich, aber sie hoffte, dass der Inu no Taishou nicht nachfragen würde, warum sie ihren Sprössling sehen wollte. Es war bereits ein Tag seit Kikus Tod vergangen und sie wollte diese Leiche endlich aus ihrem Schloss verschwinden lassen. Überdies wäre das eine gute Gelegenheit, Sesshoumaru und Tokushima einander näher zu bringen. Sakura hätte fast zu laut aufgeatmet. Allerdings bedeutete das Eintreffen Seiner Lordschaft auch, dass er Berichte von ihr wollte, möglichst wörtlich. Leider würde es kaum Gelegenheit für sie geben, etwas niederzuschreiben. Das konnte hart werden. ** Nicht nur für Sakura. Oder anders herum: für wen nicht? 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