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Rainy Green

Die Geschichte des Cyril Anthony
von

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Unum - Kollision

Grell Sutcliffe war eigentlich die meiste Zeit eine gutgelaunte Person. Er konnte zwar sehr hysterisch werden und sich über Nichtigkeiten aufregen, das war in der Regel so, aber insgesamt betrachtet war er doch fröhlicher als die meisten seiner Artgenossen.
 

Im Moment jedoch verspürte er das starke Bedürfnis mit dem Kopf voran gegen die nächstbeste Wand zu rennen.

Dass er ohnehin bereits Kopfschmerzen hatte, trug nicht unbedingt zu seiner Laune bei.

Erschöpft lehnte er sich gegen die bröckelnde Mauer einer schmalen Gasse. Mitten in London.

Er war seit Tagen auf derselben Mission und noch kein Stück weitergekommen.
 

William hatte ihm offenbar etwas verschwiegen, denn der Todeskandidat Nr. 563 war unauffindbar, obwohl Shinigamis sonst so etwas wie einen eingebauten Sterberadar besaßen, welcher ihnen sofort zeigte wo sich die gesuchte Person aufhielt. Doch diesmal war dieser spezielle 6. Sinn bei Grell entweder kaputt oder William hatte ihn auf den Arm genommen.
 

Da Ersteres Grell nicht besonders gut gefiel und Zweites so gut wie unmöglich war hatte er nun einfach beschlossen sich einen „freien“ Tag zu gönnen um ein wenig nachzudenken und sich einen Plan für das Nr. 563-Dilemma zu überlegen.
 

Und da Grell nun mal der Auffassung war, die eigen Lieblingsbeschäftigung sei immer noch am geeignetesten um nachzudenken und sich vor allem zu entspannen, ließ er fröhlich seine Death Scythe verschwinden und stöckelte aus der Seitengasse um auf eine große Einkaufsstraße zu gelangen. Was gab es denn schöneres als einen Schaufensterbummel?
 

Mit beinahe beängstigender Fröhlichkeit und einem neuen Ziel vor Augen (nämlich einem schicken, roten Abendkleid) inspizierte er die Auslagen des Geschäfts und traf seine Bewertungen. Sein Motto war: Zuerst alles anschauen, dann das hübscheste kaufen-

Bloß keine Spontankäufe!
 

Dumm nur, dass meistens mehr als nur ein Kleidungsstück auf Platz 1 landeten und er sich so erst recht nicht entscheiden konnte.
 

An diesem Tag hatte er dieses Problem jedenfalls nicht, denn nichts sprach ihn wirklich an.

Er hatte die Hoffnung beinahe aufgegeben als er von den anderen Passanten mehr als unfreiwillig in eine Seitenstraße gedrückt wurde, die kaum breiter als ein Türrahmen war.
 

Er wäre eigentlich sofort in die Hauptstraße zurückmarschiert (selbstverständlich wild entschlossen den unverschämten Dränglern seine Meinung zu geigen) als Etwas in seinem Blickwinkel seine Aufmerksamkeit für sich beanspruchte.
 

Ihm fiel erst jetzt auf, dass es auch in dieser Straße- welche wohl eher als Gasse zu bezeichnen war- eine Menge an Läden gab, welche allerdings schon bessere Zeiten gesehen zu haben schienen.
 

Bei einigen waren die Türen mit morschen Holzbrettern vernagelt, andere waren so verstaubt und mit Schmutz und Spinnweben übersäht, dass es ein regelrechtes Kunststück war, durch die verdreckten Glasfenster ins Ladensinnere zu spähen.
 

Gerade als Grell der Entschluss kam, dass sämtliche Läden bereits verlassen waren, stellte er fest, dass er etwas übersehen hatte.
 

Am anderen Ende der Gasse, welche dort bereits in die nächste Hauptstraße, hatte ein kleiner – ziemlich schäbiger – Laden seinen Sitz.
 

Grell trat langsam näher. Die Farbe des Schildes, welches wohl einst blassgrün gestrichen war und den Namen der alten Boutique zeigte, blätterte bereits ab die gläserne Eingangstüre wies einige Sprünge auf.
 

Trotz dieses verfallenen Eindrucks prangte der Name des Ladens unverfälscht, in goldenen Lettern über der Türschwelle. Nuit noire.
 

Grell war nie gut in Fremdsprachen gewesen, der Name interessierte ihn auch gar nicht.
 

Seine Aufmerksamkeit galt vollkommen der Kleiderpuppe, welche hinter dem notdürftig gereinigten Schaufenster stand.
 

Sie war nichts besonderes, dasselbe Modell wie es auch die anderen ehemaligen Laden – Besitzer verwendet hatten. Die Puppe war es auch nicht, die Grell so faszinierte.

Es war das, was sie anhatte.
 

Auf ihrem wohlgeformten Körper prangte ein kaum knielanges, eng anliegendes Nachtgewand aus rotem Satin, das trotz des fehlenden Tageslichts glänzte wie Wasser in der Sonne.

Die Ärmel gingen bis zu den Handknöcheln, verdeckten diese jedoch nicht wie üblich, sondern waren so aufgeschlitzt, dass sie anmutig, beinahe majestätisch, die schmalen Handgelenke umspielten.

Knapp unter der, mit Spitzen geschmückten Brust und um die hüften herum befanden sich Rüschenleisten aus blassrosa Seide, welche das Hemd gleichzeitig taillierten.
 

Es kostete Grell eine übermenschliche Kraftanstrengung – wortwörtlich, denn ein normaler Mensch hätte sie wohl nie aufgebracht – um sich von dem Anblick zu lösen, doch die Vorstellung dieses Kleidungsstück sogar besitzen zu können, befähigte ihn selbst dazu.
 

Doch gerade als er die schmale Eingangstür öffnen wollte fiel ihm ein Zettel auf welcher von innen am Glas angebracht war. Er zeigte die Öffnungszeiten des Geschäfts.
 

Grell erstarrte mitten in der Bewegung. Der Laden hatte heute geschlossen.

Höchstwahrscheinlich hätte der Shinigami jetzt einen wahnsinnigen Wutanfall bekommen – es lag sogar klar auf der Hand – und die Boutique in ihre Einzelteile zerlegt sowie den ganzen Rest der Gasse, wäre er nicht durch ein ohrenbetäubendes Geräusch davon abgelenkt worden.
 

Er wendete sich in Richtung Durchgang zur anderen Hauptstraße.
 

Das Erste, was er sah waren die Pferde und der Schaum, welcher ihnen aus den Mäulern spie.
 

Dann kam die Kutsche.
 

Hätte er nicht unablässig auf das Kleid gestarrt, hätte er die Warnrufe vielleicht gehört.
 

Doch nun ging alles viel zu schnell.
 

Die Kutsche raste in Höchstgeschwindigkeit auf ihn zu. Er hatte aufgrund des Platzmangels keine Möglichkeit seitwärts auszuweichen. Die Idee auf die Dächer zu springen kam er erst gar nicht. Er war einfach erstarrt, aber nicht vor Angst.
 

Er hatte gar keine Angst.
 

Im Gegenteil.
 

Eine seltsame Ruhe erfüllte ihn.
 

Dann kam der Aufprall.
 

Und die Leere…

Duo - Verworrenheit

Sooo, nach einer vielleicht etwas langen Pause gehts weiter (dank einem Gipsfuß hab ich jetz sehr viel Zeit die Kapitel in den Pc zu tippen XD)

Viel Spaß mit dem neuen Kappi~

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Ciel Phantomhive wusste genau warum er nie auf öffentliche Veranstaltungen ging.
 

Mal abgesehen davon, dass es nichts schlimmeres gab, als junge, überpuderte Damen, die offensichtlich nichts besseres zu tun hatten als um jeden heiratsfähigen, halbwegs vermögenden Mann herumzuscharwenzeln und mit den Wimpern zu klimpern, war die Gastgeberin des Abends – eine gewisse Lady Darewood – eine zugegebenermaßen reiche, leider aber auch trinkfreudige Person – zumindest in dieser Hinsicht, dass es auf ihren Festlichkeiten nie an Alkohol mangelte, sie selbst rührte keinen Tropfen an.
 

Folglich waren so ziemlich fast alle Gäste bereits äußerst angesoffen.
 

Wäre es nach Ciel gegangen, so würde er jetzt in seinem eigenen Anwesen dinieren, anschließend sich den Abend mit einem Buch vertreiben und zu einer angemessenen Uhrzeit ins Bett begeben – dafür würde sein Butler zumindest Sorge tragen.
 

Da diese angenehme Vorstellung aber momentan nichts als ein Wunschtraum zu bleiben schien, seufzte er gedehnt.
 

Er nahm sich gerade eines der unzähligen Weingläser und wollte sich von einer Ecke des Saales aus dem ja doch recht erheiternden Anblick einiger völlig betrunkener Lords und Ladys widmen, als er unsanft an den Schultern gepackt und herumgedreht wurde.
 

Sein Weinglas zerschellte am Boden – er hatte es vor Überraschung fallen gelassen – und verteilte seinen Inhalt auf diesem, als auch zum Teil auf der zuvor makellos weißen Tischdecke.

Einen unausgesprochenen Fluch auf den Lippen, wandte er sich der Gastgeberin des Abends zu.

Ihre behandschuhten Finger - welche momentan eher zu Klauen geformt waren - hielten immer noch seine Schultern umklammert, und das war auch gut so, denn sonst hätte er beim Anblick ihres zähnefletschenden Grinsens wohl, ohne einen Gedanken an die Etikette zu verschwenden, Reißaus genommen.
 

Es wurde zwar an sämtlichen Adelstischen gemunkelt und weitererzählt, die junge Gräfin Darewood sei schon ein wenig seltsam und aufdringlich, - auch am Hause Phantomhive waren die Gerüchte nicht vorbeigegangen! – doch das ganze am eigenen Leib zu erfahren, darauf war der Earl beileibe nicht vorbereitet gewesen!

Er hätte schwören können, selbst der Undertaker hätte diesen Gesichtsausdruck nicht besser hinbekommen – es hätte ihn nicht gewundert, wäre ihr der Geifer aus den Mundwinkeln geronnen.
 

Bevor es jedoch soweit kam, hatte sie ihn bereits aus seiner Nische in ein anderes Eck der unübersehbaren Halle geschleift.
 

Oh je, dachte er, mit noch mulmigerem Gefühl als davor.

Jetzt frisst sie mi-…jetzt kommt die Begrüßung. Da hatte er recht.
 

Und da über die, heute maskierte, Lady Darewood bekannt war, dass sie so gut wie jedes Begrüßungsgespräch, indem sie über noch so belanglose Themen redete – wovon das Lästern über die eigenen Bediensteten noch eines der interessantesten war – in ungeahnte Längen ziehen konnte und Ciels Laune ohnehin im Keller war, hätte er am liebsten jegliche Höflichkeit sausen lassen, sich losgerissen und wäre nur zu gern aus der verdammten Villa gestürmt.
 

Doch er wäre nicht der richtige Earl Phantomhive gewesen, hätte er sich solch eine Blöße gegeben. Noch dazu vor dem versammelten Adel halb Englands! Nicht auszudenken welch Schande dies für seine Familie bedeutet hätte.

Außerdem noch sprach eine weitere Sache ganz entschieden gegen solch einen Fauxpas. Die Lady, welche ihn gerade gewaltsam zu einer im Grunde längst überfälligen Begrüßung zwang, hatte seinen Vater gekannt.
 

Somit zwang er sich Ruhe zu bewahren und tat zumindest so, als würde er zuhören, als sie anfing auf ihn einzureden.

„Oh gott, mein lieber Earl! Was haben wir uns lange nicht gesehen und groß seid ihr geworden! Ich erzählte meiner lieben Freundin Violette ja neulich: Ja, dieser junge Mann, dem ist das aristokratische Blut an der Nasenspitze anzusehen, außerdem…“.
 

In Wahrheit musterte er die schmale Nische im Ballsaal, in welcher sie sich befanden.

Gerade als er die kunstvoll geschnitzten Zierleisten an der Tapete bewunderte, bemerkte er, dass der Redefluss Lady Darewoods abrupt geendet hatte.

Fragend hob er den Blick. Unverwandt blickte sie zurück und schien auf etwas zu warten.

Er hatte doch hoffentlich nicht verpasst? Manchmal ging die „So-tun-als-ob-und.höflich-nicken“-Taktik doch in die Hose.

Also blieb Ciel nichts anderes übrig als höflich den Kopf zu neigen und leise „Mylady?“ zu fragen.
 

Die Angesprochene runzelte die Stirn – was man sogar durch die Maske sah.

In diesem Moment wünschte Ciel sich seinen Butler herbei. Der hätte genau gewusst was zu tun gewesen wäre – oder die Situation zumindest mit einem geschickten Kommentar zurechtgebogen.

Auch, wenn der Earl es nicht gerne zugab, er verfluchte sich innerlich dafür, seinen Butler angewiesen zu haben im Anwesen zu bleiben.

Gleich schalt er sich in Gedanken dafür – schließlich war er kein Kleinkind, welches unbedingt seine Mama brauchte.
 

Seine Gastgeberin schien nun vollends die Geduld zu verlieren.

Ihr Mund, welchen man als einziges unter der Maske wirklich erkennen konnte, presste sich zu einem dünnen, missbilligenden Strich zusammen. Die Maske war im Übrigen ein weiterer Grund warum Ciel diese Feier so verabscheute.

Er konnte es nicht ausstehen den Leuten, mit denen er sprach, nicht ins Gesicht blicken zu können.

Aus diesem Grund hatte er selbst auch auf eine Maskierung verzichtet.

Es war schon schlimm genug, dass er, da es sich leider um ein Kostümfest handelte und Sebastian es sich nicht hatte nehmen lassen, ihn auch dementsprechend einzukleiden, nun wie der, seines Erachtens nach, allerletzte Vollidiot herumlief.

Nicht nur, dass er trotz seiner Abneigung dagegen verkleidet war, nein, dieser Teufel hatte ihn ausgerechnet in ein von ihm selbstgenähtes Pfauenkostüm gezwungen!
 

Natürlich nicht in solch ein Kostüm, als wäre er das Maskottchen irgendeiner Sportliga – sonst hätte sich Ciel wohl auch schon längst vom nächsten Uhrturm geworfen, oder zumindest Sebastian befohlen, es zu tun -, allerdings hatte er den Teufel nicht davon abbringen können ein königsblaues Jackett über und über mit Pfauenfedern zu behängen. (Als der Butler mit dem passenden Unterrock angerückt war, hatte Ciel gestreikt.)

Dass der Großteil der restlichen Gäste ebenfalls so herumlief war nur ein schwacher Trost für seinen verletzten Stolz – aber zurück zum eigentlichen Geschehen.
 

Lady Darewood, deren Kostüm im Übrigen eine seltsame Mischung aus einer Elster und einem Raben darstellte, hatte sich plötzlich noch mal komplett gewandelt, denn nun erschien ein für die Situation ganz und gar untypisches Lächeln auf ihrem Gesicht.

„Wisst Ihr, mein lieber Earl Phantomhive, ich habe euch aus noch einem anderen Grund eingeladen, als nur um Eurer Gesellschaft willen.“

Ihre Züge nahmen einen nachdenklichen Ausdruck an.

„Wenn ich es mir genau überlege…sogar aus einem besseren!“
 

Ohne eine Antwort abzuwarten – sie hörte sich offensichtlich am liebsten selbst reden – wandte sie sich so schnell zur nördlichen Flügeltür des Saales, dass ihr gewaltiger Federrock sie beinahe umriss.

Die Frau stolperte kurz, fing sich jedoch rasch wieder. Ciel hatte Mühe sich ein Lachen zu verkneifen – immerhin eine erheiternde Sache an diesem Abend!
 

Die Lady drehte den Kopf sofort in seine Richtung und er hätte schwören können in ihren Augen ein mordlustiges Glitzern zu sehen.

Doch ehe er sich dessen versichern konnte, wurde er auch schon mit einem nicht unbedingt freundlichen „Folgt mir bitte!“ mehr oder weniger gezwungen dem, mit Vogelfedern geschmückten Bauschrock zu folgen.
 

Vom Festsaal der Villa führte in jede Himmelsrichtung eine andere Flügeltür weg. Jede dieser Ausgänge zog bei sämtlichen Veranstaltungen innerhalb von Lady Darewoods Anwesen jegliche Blicke auf sich.

Kein Wunder, denn vor allem die Nord- und die Südtür waren über und über mit Goldelementen bedeckt, weshalb aus taktischen Gründen in deren Nähe auch besonders viel Kerzenständer standen, damit der Glanz des Metalls gut zur Geltung kam – die Besitzerin hatte bekanntermaßen ein Faible für Kitsch.
 

Ciel wurde also durch die Nordtür geschleift und eine steile Wendeltreppe hinauf. In diesem Teil des Gebäudes herrschte eine Eiseskälte, sodass er unwillkürlich zu zittern anfing. Vielleicht wäre es schlimmer gewesen, wenn ihm nicht das unfassbare Glück zuteil geworden wäre, dank seinem Butler von oben bis unten mit halbwegs wärmenden Pfauenfedern bedeckt zu sein.
 

Irgendwann (Ciel hatte aufgehört die Stufen zu zählen) hatten sie am oberen Teil der Wendeltreppe eine morsche, ziemlich verstaubte Holztür erreicht. Ungefähr so stellte man sich wohl die Tür zu einem Dachboden vor. Oder die zu einem Mausoleum.

Als die Eigentümerin selbst die Holztür mit einem altmodischen Schlüssel aufschloss und diese dann wie von Zauberhand aufschwang, war Ciel doch etwas erleichtert, dass Ersteres zutraf.
 

Zum Vorschein kam ein ziemlich großer Raum, der jedoch einiges an Platz einbüßte, da er von allen Seiten mit Bücherregalen, Bücherstapeln und teils kaputten, teils bedeckten Schreibtischen voll gestellt war.

Es gab weder Kerzen, noch Öllampen, nur die hohen, halb durch schwarze, stauverkrustete Vorhänge verdeckten Fenster ließen ein kaltes Winterlicht herein.
 

Die Lady bewegte sich zielstrebig und überraschend gewandt über den knarrenden Holzboden durch die Bücherstapel und machte bei einem spinnwebenübersäten Bücherregal halt. Sie schien dort nach etwas zu suchen.
 

Auch wenn Ciel sich langsam fragte weshalb sie ihn denn hierher geführt hatte – der Raum war ihm ja doch etwas suspekt - , gewann die Neugierde die Überhand über die Geduld und er begann sich ein wenig auf eigene Faust umzusehen.

Er entdeckte einige leere, vergoldete Vogelkäfige und sehr antike Notenständer.

Da es sich als eine echte Knochenarbeit erwies sich durch das Gerümpel zu kämpfen begnügte er sich rasch damit die fein gemalten Fresken an der Decke zu begutachten.

Sie stellten auf ziemlich klare Weise einen offensichtlich weiblichen Engel und einen männlichen Teufel dar, die ziemlich verzweifelt versuchten sich an den Händen festzuhalten, während der Engel von Dornen und sein Gegenpart von Ketten in die entgegengesetzte Richtung gezogen wurde.

Ciel schnaubte. Während der Engel mit einem geradezu wunderschönen Gesicht und fliegenden Goldlocken gesegnet war, war die Fratze des Teufels auf groteske Art verzerrt. Das Bild erinnerte Ciel an Sebastian und es kam ihm ein Gedanke.

Sebastian sieht nicht aus wie der Teufel, sondern wie der Engel. Zu ihm würden auch die Dornen besser passen, weil…

Bevor Ciel diesen Gedanken zu Ende führen konnte erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit.
 

Ciel bekam plötzlich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Knapp über den Händen der beiden war eine Silhouette zu erkennen. Zuerst nur ganz leicht, doch desto länger Ciel hinsah, desto besser konnte er den schlanken Körper der Gestalt erkennen.
 

Um ein ausdrucksloses, schmales Gesicht rankten sich vereinzelte Strähnen des farblosen, hüftlangen Haares, der Oberkörper wurde von einem gerüschten Hemd bedeckt, während der Kragen mit einer Schleife versehen war.

Hinter diesem Wesen waren zwei gekreuzte Sensen zu sehen, von deren Schnittpunkt Blut tropfte.

Das ganze Bild war in schwarzweiß und Grautönen gehalten, nur die Augen stachen heraus.

Sie waren mit einem leuchtenden Giftgrün gemalt würden, und hatten eine Iris mehr als ein Mensch, welche die Pupille komplett umschloss und sich von der Farbe her nur geringfügig von der anderen Iris unterschieden.

„Shinigami…“

„Wie meinen?“. Ciel hatte nicht gemerkt, dass er das Wort laut ausgesprochen hatte, bis Lady Darewood, die ganz plötzlich neben ihm stand, ihn darauf hingewiesen hatte.
 

Sie wartete – nach alter Manier – gar keine Antwort ab, sondern hielt ihm ein Buch hin, welches von einem schwarzen Umschlag ohne Aufschrift umschlossen wurde.

Zögerlich nahm Ciel es an – was hatte das nun schon wieder zu bedeuten?!

Es war schwerer als es den Anschein hatte.
 

„Und was ist das nun, wenn ich fragen darf?“, murmelte er leise und strich mit den Fingerspitzen über den Umschlag.

Auf dem Gesicht seines Gegenübers erschien das typische, beunruhigende Lächeln.

„Das, mein lieber Earl, ist ein Buch das euch interessieren dürfte. Es handelt von einem bekannten Eures verehrten Herrn Vaters, also in gewisser Weise ein Tagebuch. Jedoch dürfte es noch sehr viel mehr Geheimnisse preisgeben. Oh nein, es ist ein Geschenk!“

Sie hob abwehrend die Hände, als Ciel es ihr wieder zurückgeben wollte.

„Seht es als ein kleines Präsent einer guten Freundin an.“

Mit einer Handbewegung bedeutete sie ihm, es sich weiter anzusehen.
 

Ciel begnügte sich, nun vollends verwirrt, damit den Gegenstand mit dem Augen zu begutachten.

War es nun ein Tagebuch oder nicht? Vielleicht eine Biografie?

Seltsamerweise traute er sich nicht das Buch aufzuschlagen.

Nicht, wenn jemand zusah.
 

Es war, als würde das Buch nur jedem einzeln sein Geheimnis preisgeben wollen. Das anhaltende, mulmige Gefühl wurde stärker.
 

Warum gab ihm eine verrückte Adlige das Tagebuch von irgendeinem Bekannten seines Vaters und weshalb hatte sie das Bildnis eines Shinigamis auf der Decke?

Am liebsten hätte Ciel ihr diese Fragen sofort gestellt, doch bevor es dazu kam bemerkte er etwas.

Er war allein.

Seine Gastgeberin war verschwunden.

„Was zum…?“

Ein heraneilender Diener erschien plötzlich am oberen Treppenende und klopfte höflich an die geöffnete Tür.

„Mylord? Euer Butler ist hier um euch abzuholen.“

Ciel seufzte resigniert. Dann musste er also bis zur nächsten Einladung hierher warten, um der Lady seine Fragen stellen zu können.

Was für eine Schei-, äh, was für eine Freude.

Um sie selbst einzuladen fehlten ihm definitiv die Nerven um diesem Frauenzimmer länger als ein paar Minuten zuhören zu können – dass er selbst zu Wort kommen würde bezweifelte er ebenfalls.

Also besser nichts riskieren, einfach abwarten.
 

Außerdem hatte er bis dahin offensichtlich genug Leselektüre um sich die Zeit zu vertreiben.
 

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Ich hoffe es hat gefallen ud war nicht ZU verwirrend^^

Bald gehts weiter~

Tres - Demütigung

Diesmal gehts etwas schneller weiter und das Kappi ist meiner Ansicht nach auch etwas länger^^

Es empfiehlt sich SEHR nebenbei "Set Fire to the rain" - Adele zu hören! *.*

Sollte das Lied aus sein bevor man mit lesen fertig ist einfach nochmal von vorn spielen, das macht Stimmung! >.<

Viel Spaß~

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Grell war nackt.

Das hätte er mit verbundenen Augen gemerkt – was im Übrigen auch der Fall war.

Er lag auf einem harten, unbequemen Untergrund und war, wie er entsetzt feststellte, an diesen gefesselt!

Außerdem war ihm verdammt kalt.

Ob nun an der Außentemperatur oder an dem eiskalten Wasser, mit dem er in diesem Moment übergossen wurde, lag hätte er unmöglich sagen können.

Höchstwahrscheinlich ohnehin an beidem.
 

Er tat, was jede anständige Lady in seiner Situation getan hätte. Er schrie aus Leibeskräften um Hilfe.

Leider hielt der Hilferuf nicht lange an, denn ihm wurde schnell eine kalte Hand auf den Mund gepresst, die seinen Schrei im Keim erstickte.

Oh Gott, jetzt kommt er und holt mich! dachte Grell in einem Anflug von Panik und malte sich vor seinem inneren Auge schon die schlimmsten Vergewaltigungsszenen zwischen ihm und seinem Peiniger aus – wieso war er nur noch zu schwach um sich zu befreien!?

So kurz nach seiner Bewusstlosigkeit hatte er kaum Kraft in den Händen - aber er war doch zu schön um zu sterben!
 

Nach solchen Gedanken war er umso überraschter als sich die Hand von seinem Mund wieder entfernte und er ein leises Murmeln vernahm.

„Wie schade, wir waren doch fast fertig mit dem Waschen…“
 

Moment mal, diese Stimme kannte er doch!
 

Da wurde ihm die Augenbinde abgenommen. „Undertaker?!“

Grell hätte kaum überraschter sein können.

Am liebsten hätte er dem Bestatter ins Gesicht geschrien, dass er ihn sofort losmachen und sich jemand anderen für seine kranken Spielchen suchen solle.

Da fiel ihm wieder ein kleines Detail ins Auge.
 

Ach du Schande.

Er war ja nackt!

Vor einem anderen Mann!
 

Grell lief purpurrot an. Was man vielleicht noch als Zornesröte hätte deuten können, wurde dadurch zunichte gemacht, dass der Rothaarige dabei ziemlich pikiert dreinblickte.

Er suchte vergeblich nach einer Möglichkeit seine heikelste Stelle zu überdecken, doch da ihm sprichwörtlich die Hände gebunden waren, fielen seine Optionen entsprechend rar aus.

Er wich absichtlich dem Blich des grauhaarigen Ex-Shinigamis aus und überlegte fieberhaft was er sagen könnte um nicht wie ein kompletter Vollidiot dazustehen oder, noch schlimmer, um nicht wegen dem aufkeimenden Gefühl von Hilflosigkeit auf der Stelle loszuheulen.

Nein, diese Blöße würde er sich nicht geben!

Eine reichte vollkommen aus.
 

~*~
 

Der Undertaker stand stumm daneben.

Er war viel zu beschäftigt damit das Wechselspiel der Empfindungen auf Grells Gesicht zu beobachten, um selbst das Wort zu ergreifen.

Von ihm aus hätte der Rothaarige ewig so weitermachen können – er selbst würde dessen nie müde werden.

Weder dem Blick in sein Gesicht noch – bei dem Gedanken wanderten seine Augen den wohlgeformten Körper des Anderen hinab – die Sicht in tiefere Regionen.
 

Ein anderes Grinsen fing an sein Gesicht zu zieren.

Welch wunderbare Idee es gewesen war, den Shinigami nicht so wie die richtigen Toten auf irgendeinen Tisch zu legen, sie gründlich zu reinigen und anschließend zu verschönern – mal abgesehen davon, dass das bei seinem „Opfer“ ohnehin nicht nötig gewesen wäre.
 

Nein, für den ach so toten Rotschopf hatte er sich etwas ganz Besonderes ausgedacht – wohl nur um sich zu amüsieren?
 

Wie verschwenderisch wäre es gewesen einen solchen Körper auf einen hässlichen, alten Tisch zu legen.

Nein, ein solch begehrenswertes Exemplar hatte es verdient auf einem makellosen, blutroten Seidentuch zu liegen, welches zuvor auf einem seiner schönsten Särge platziert worden war.

Anschließend fest gekettet (man wollte doch nicht, dass es weglief!) wurde sein Opfer, pardon, sein Objekt langsam entkleidet und anschließend gewaschen – wobei man eigentlich sagen müsste, er war dabei gewesen es zu waschen.

Dann war es aufgewacht.
 

~*~
 

Nun ließ er mit seinem üblichen Grinsen die metallenen Hand- und Fußfesseln aufschnappen.

Grell – dessen Gesichtsfarbe immer noch einer ausgereiften Tomate glich – wickelte sich sofort in das Seidentuch ein und sprang auf.

Jetzt gewann die Wut die Oberhand zurück.

Mit hoch erhobenem Haupt schritt er auf den – immer noch grinsenden – Undertaker zu und tippte ihm mit einem Finger fest und entschlossen an die Brust.

„Wehe, du machst so was noch mal! Sonst setzt es was!“

Na gut, das klang sogar in seinen Ohren echt lahm, aber was sollte er machen?

Er fühlte sich immer noch total schwach.

Außerdem betonte er das „einmal“ dabei absichtlich, wie es seiner Meinung nach drohend genug klang und fing an nach seiner Kleidung zu suchen.

Um dabei von seinem immer noch präsenten Schamgefühl abzulenken begann er, wie beiläufig, Fragen zu stellen.

Ihm darauf zu antworten war ja wohl das mindeste, was der Undertaker tun konnte, um das alles wieder gut zu machen!

Unterdessen hatte er Hemd und Hose achtlos neben den Sarg geworfen, vorgefunden.
 

„Sag mal, wie komme ich überhaupt hier her?“

Obwohl er absichtlich so sprach, als kümmerte ihn die Antwort kaum, interessierte sie ihn doch brennend.
 

Umso mehr regte es ihn auf, als der Bestatter sich nur seelenruhig auf einen nahen Sarg niederließ und sich ordentlich Zeit mit der Antwort ließ.

„Wie du hierher gekommen bist, Sutcliffe? Wie es dir vielleicht schon aufgefallen sein dürfte leite ich ein Bestattungsunternehmen und…“
 

„Ja ja, das Kleingedruckte kenn ich schon! Ich will jetzt wissen warum ich hier bin, komm zum Punkt!“

Grell hatte dem Undertaker harsch die Hand auf den Mund gedrückt um ihn am Weitersprechen zu hindern.

Dieser grinste darunter weiter und schob die Hand (für Grell) überraschend sanft zur Seite.

„Tja, wenn du das ohnehin weißt, solltest dir auch die Antwort auf deine Frage klar sein.“
 

Grell fühlte sich erneut von einer Kutsche überfahren.

Er verstand überhaupt ni-…Moment, da war doch wirklich etwas mit einer Kutsche gewesen?

Da war eine Kutsche und…

Schwärze.

Die Erinnerungen kehrten allesamt auf einmal wieder zurück.
 

Sein vernarbtes Gegenüber, welcher in der Zwischenzeit mit einer von Grells Haarsträhnen gespielt und dabei dem halb angezogenen Shinigami wieder bei seinen Gedankengängen beobachtet hatte, erriet diese sofort.
 

„Nun, es ist etwas ganz Normales, dass Tote zum Leichenbestatter ihres Vertrauens gebracht werden. Auch Leute, die für tot gehalten werden, weil sie problemlos das Atmen einstellen können. Du hättest wahrscheinlich einen Schlag gekriegt, hättest du bei deiner Ankunft hier in den Spiegel gesehen. Es benötigte wirklich all mein Können um dich wieder halbwegs ansehnlich zu gestalten.

Unschöne Sache, von einer Kutsche überrollt zu werden…“
 

Eigentlich hatte Grell dem Undertaker gar nicht richtig zugehört – er war zu beschäftigt gewesen die Geschehnisse in seinem Kopf zu rekonstruieren -, doch der letzte Satz von diesem ließ ihn aufhorchen.

Panik ergriff ihn.
 

„Was hast du da gesagt?!“

„Hm? Oh nichts, nur, dass der Kutscher wohl auch was abgekrie-“

„Nicht das, du Trottel! Das über mein Aussehen!“
 

Der Grauhaarige blickte verständnislos. Dann verstand er.
 

„Oh, das! Na ja, es werden wohl keine Narben bleiben, denke ich ma-„ Weiter kam er nicht, denn Grell war auf ihn zugestürmt und hatte ihn am Kragen gepackt.

„WAS ZUR HÖLLE MEINST DU DAMIT!?“
 

Zu gern hätte er den Bestatter nur wild hin- und hergeschüttelt, doch dann hätte er wohl nur länger auf seine Antwort warten müssen.
 

Er machte sich keine Sorgen darum dem Anderen die Luft abzuschnüren, denn – wie bereits bekannt – konnten Shinigamis über einen schier unendlichen Zeitraum hin auch ohne Luft auskommen.

Allerdings hatte er weniger mit dem Kommenden gerechnet.
 

Entsprechend unvorbereitet war er, als der Undertaker Grells Hand von seinem Mantelkragen riss, sich blitzschnell erhob und Grell mit für das menschliche Auge unsichtbarer Geschwindigkeit gegen die Wand drückte, seine Hände jeweils an einer Seite dessen Kopfes, an der Wand abgestützt.
 

Das Grinsen war verschwunden.

Ebenso wie die Stirnfransen in der oberen Gesichtshälfte.

Grell hatte das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren.
 

Ein glitzerndes Giftgrün drohte ihn zu verschlingen, vertrieb alle restlichen Gedanken aus seinem Kopf.

Zu gern wäre er ewig so in der Luft gehangen, umhüllt von dieser funkelnden Iris.
 

Doch dieses Glück blieb ihm auf schmerzliche Art verwehrt als sich die silbrig leuchtenden Strähnen schnell wieder über das glänzend grüne Meer legten und die die Wärme die es in ihm ausgelöst hatte und durch die kalte Steinmauer in seinem Rücken vertrieben wurde.
 

Und von dieser spürte er reichlich, denn zum Anziehen war er auch noch nicht richtig gekommen – der ganze Augenblick hatte nur einen Wimpernschlag gedauert.
 

Sein Kopf war wie leergefegt, seine Gedanken noch immer wie ausgelöscht und als er nun in das Gesicht seines Gegenübers blickte fand er nur das altbekannte Grinsen vor.

Er hatte kein Gefühl mehr im Körper, als hätte er versucht davonzufliegen und war ohne Geist wieder herunter gezogen worden.
 

Somit ließ er sich wortlos wie eine Puppe vom Bestatter mitziehen, in einen Hinterraum des Bestattungsunternehmens.

Sein tauber, halb nackter Körper wurde auf eine Sitzfläche gedrückt und…nichts.
 

Der Undertaker schien auf eine Reaktion von Grell zu warten. Dieser verstand nicht.

Er wusste nicht was der Bestatter von ihm wollte und blickte ihn stumm mit einem fragenden Blick an.

Dieser seufzte leise und legte eine Hand unter Grells Kinn um es mit einem Ruck dem Spiegel, vor welchem dieser saß, zuzuwenden.
 

~*~
 

Der Undertaker hatte einen Schrei erwartet.

Vielleicht auch einen Schlag ins Gesicht – gern hätte er das dafür in Kauf genommen.

Aber ganz bestimmt nicht das Bild, welches sich ihm bot.
 

~*~
 

Weiterhin stumm betrachtete Grell sein zerschundenes Gesicht.

Vielleicht hätte er sich aufregen sollen, vielleicht hätte er vor Wut und Trauer toben müssen, wie der Wirbelwind, als welcher er bekannt war.
 

Doch während er mit den Augen seine blauen Flecken und aufgerissenen Lippen nachfuhr, akzeptierte er – so verrückt es auch klang – für sich selbst eine Wahrheit.

Man konnte die Zeit nicht zurückdrehen.
 

Der Undertaker hinderte ihn nicht daran als er sich still erhob, den Raum verließ und seine restlichen Kleidungsstücke zusammensuchte um sich in voller Montur in Richtung Einganstür zu bewegen.
 

Eine Hand an der Türklinke hielt er inne.

Er wusste genau, dass der Bestatter ihn immer noch beobachtet.

Er spürte das Glühen der grünen Augen in seinem Hinterkopf, sowie die Hitze die ihm dabei in die Wangen stieg.

Wahrscheinlich hätte er sich umdrehen und irgendetwas sagen sollen.

Doch selbst wenn er sich dafür entschieden hätte, es würden nur zwei Optionen existieren:

Ein Wort des Dankes oder ein Wort der Verachtung.
 

Er wollte beides.

Er wollte alles hinausschreien!

Und jeden Spiegel auf dieser Welt zertrümmern!
 

Sein Gesicht, seine Schönheit, war für ihn alles gewesen!

Eine der wenigen Dinge derer er sich immer sicher sein konnte. Shinigamis waren alterslos, zeitlos.

Und so hatte Grell sich immer gefühlt.

Zeitlos.
 

Ohne ein Wort riss er die Tür auf und floh in die Dunkelheit hinein.

Nur weg von dem Ort dieser Beschämung.
 

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Wann das nächste Kappi kommt weiß ich noch nicht, is aber schon in den Pc getippt also schätze ich irgendwann nächste Woche^^

Auf bald~

Quattuor (historia I) - Early Green

Sooo, wie versprochen is heute das neue Kappi da (hab mal wieder richtig Schreiblaune XD)

Viel Spaß~

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Cyril erinnerte sich später nicht daran wie sein Leben begann.

Er wusste dann nur, dass er wohl eine Mutter und einen Vater gehabt haben musste, denn sonst würde er nicht existieren.
 

Vielleicht hätte er sie gerne kennen gelernt, vielleicht auch nicht - es hatte ihn nie besonders gestört, es nicht zu tun.
 

Er verbrachte seine Kindheit in einem speziellen Weisenhaus, das von zwei hochgewachsenen, äußerst strengen Damen geführt wurde, die sich nicht scheuten ihre Zöglinge auch mit Schlägen zu erziehen.

An deren Namen als auch an ihr Aussehen konnte sich Cyril später nicht mehr erinnern, er wollte es auch gar nicht.

Die Erinnerung an die Schläge war ihm genug.
 

Wann immer die Situation es ihm erlaubte und er das Gefühl hatte jeden Moment einen Nervenzusammenbruch zu erleiden rannte er einfach davon, meistens zu Orten, die ihn in ewige Finsternis hüllten – zumindest bis er gefunden und unsanft zurückgeholt wurde.
 

Er hatte sich, anders als der Großteil der anderen Kinder, in der Dunkelheit wohl gefühlt – auf eine ganz spezielle Art.

Behütet und umsorgt. Gebraucht und geliebt.
 

Es war ihm immer wichtig gewesen sich geliebt zu fühlen, da ihm diese Behandlung aber nicht oft zuteil wurde, war er wohl kaum als glücklich oder fröhlich zu bezeichnen – schon gar nicht als aufgeweckt.

Die meiste Zeit hielt sich Cyril von dem Rest der Kinder fern, was im Grunde auch nicht sonderlich schwierig war, da diese ihn ebenfalls mieden. Er war einfach ein Einzelgänger und würde auch immer einer bleiben.

Zu dieser Zeit konnte er auch nur erahnen was das Leben für ihn bereithielt.
 

~*~
 

Mit einem dumpfen Klong fiel Ciel das Buch aus der Hand.

Er rieb sich mit den vor Müdigkeit schwach gewordenen Händen die Augen und rückte die Kissen des Sofas auf dem er lag, etwas bequemer.
 

Nach dem abendlichen Dinner hatte er sich in die Bibliothek zurückgezogen um das unfreiwillige Geschenk, welches er bei seinem letzten Ballabend in die Hand gedrückt bekommen hatte, ein wenig genauer zu studieren.

Obwohl jener Abend bereits einige Tage zurücklag hatte er sich erst heute dazu durchringen können das Buch aufzuschlagen, denn es schien ihn zwar magisch anzuziehen, jedoch auch auf eine gewisse Weise abzustoßen.

Es schien ein dunkles Geheimnis zu bergen, welches gleichzeitig gelesen werden wollte, als auch drohte jeden, der wagte es zu lüften, unvermeidlich in seine eigenen, dunklen Untiefen zu ziehen und nie wieder ans Licht zu lassen.
 

Der Earl wusste nicht so recht was er davon halten sollte.

Das Buch war auf den zweiten Blick sehr einfach gestaltet, auch wenn es bemerkenswert war, dass es ganz offensichtlich so etwas wie eine Spezialanfertigung zu sein schien.

Allein die Prägungen im Einband sprachen dafür.
 

Unvermittelt betrat Sebastian den Raum und verbeugte sich galant.

„Junger Herr, es ist nun Zeit zu Bett zu gehen.“
 

Ciel war tatsächlich so vertieft in das Buch gewesen, dass er darüber komplett die Zeit vergessen hatte.

Mit enttäuscht säuerlicher Miene – er hätte gerne noch weiter gelesen – trank er den Rest seines inzwischen kalt gewordenen Tees, nickte und legte das Buch auf einen kleinen Beistelltisch neben seiner Bank.
 

Hätte er in diesem Moment zu seinem Butler geschaut, wäre ihm der misstrauische Blick, der dessen Gesicht beim Anblick des Buches zierte wohl aufgefallen.

Doch sobald Sebastian zurück in das Sichtfeld seines Herrn kam war dieser wieder ganz der perfekte Butler.
 

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Und weil das Kappi auch so kurz war kommt das nächste schon dieses Wochenende :D (und das ist dafür das bisher längste der ganzen FF! o.o)

Was es wohl mit Sebastians Reaktion und dem Buch und dem ganzen Rest auf sich hat???

Wir werden (vielleicht) sehen XD

Auf bald~

Quinque - Überraschung

Sooo, wie versprochen kommt heute auch schon das neue Kappi, diesmal wieder aus Grells Sichtweise^^

(es ist für meine Verhältnisse wirklich seehr lang geworden o.o)

Jetzt gibt es sozusagen die ersten Shonen-ai szenen^^

Viel Spaß~

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Grell war nun wieder beim Ultimatum der Niedergeschlagenheit angelangt.

Na ja, was für eine Stimmung wäre denn angebrachter, nach einem Kutschunfall, danach einem Blick in den Spiegel und schließlich mit der Gewissheit in der Mission noch kein Stück weiter gekommen zu sein.

Alles in allem war der Tag mehr oder weniger ein einziger Reinfall gewesen.
 

Es blieben nur wenige Optionen.

Die sinnvollste davon wäre, zu William zurückzukehren und ihm Bericht zu erstatten – wobei Grell diese auch am meisten verabscheute.

Wie konnte er William denn so unter die Augen treten?!

Lieber wartete er noch ein wenig bis zumindest die schlimmsten blauen Flecken und Schnittwunden verschwunden waren – bis dahin konnte er doch getrost durch die Shinigami-Hauptzentrale streifen.

Um die Uhrzeit war doch sowieso niemand mehr.
 

~*~
 

Innerhalb weniger Sekunden – Shinigami brauchten nur einen wahrlich kurzen Moment um dorthin zu gelangen – tauschte Grell seine Londoner Umgebung mit dem perlmuttfarbenem Marmorgebäude der Zentrale.

Was die wenigsten der Außenstehenden wussten war, dass sich über der Erde nur teils unwichtige Büros und Abstellräume befanden.

Das eigentliche Gemäuer begann im unterirdischen Bereich.
 

Mit raschen Schritte bewegte sich Grell auf die überragende Eingangstür zu.

Sie öffnete sich noch bevor er sie berührte – was ihm selbstverständlich keineswegs fremd war.

Mit nur wenig gemäßigterem Tempo durchquerte er die schneeweiß geflieste Vorhalle, deren Boden so blitz-blank poliert war, dass man sich ohne weiteres darin spiegeln konnte.

Hätte Grell nicht, nachdem er probeweise kurz nach unten gelinst hatte, stur geradeaus geblickt, wäre er womöglich heulend auf dem glänzenden Boden zusammengebrochen und hätte schluchzend sein bedauernswertes Spiegelbild beklagt.
 

Aber er befahl sich sofort, sich zusammenzunehmen.

Schon schlimm genug, dass er in dieser labilen Verfassung heute noch William gegenüber treten musste!

Besser er brachte es doch gleich hinter sich.

Bei Shinigamis heilten zwar sämtliche Wunden schneller, als bei Menschen – zumindest solange diese nicht durch eine Death Scythe entstanden waren -, doch wiederum auch nicht schnell genug, als dass Grell William mit einem vollkommen wieder hergestellten Äußerem hätte gegenüber treten können.
 

Es war frustrierend.

Warum musste aber auch immer ALLES schief gehen?

Warum konnte nicht einfach mal alles schön sein?

Grell hatte das Gefühl als hasste ihn einfach die ganze Welt. Das war nun vielleicht ein wenig melodramatisch, doch es stimmte. Er fühlte sich ungeliebt und missachtet.
 

In seinen Träumen würde sein absoluter Traummann (vorzugsweise Sebastian oder William) vor ihm auf die Knie gehen und ihm die ewige Liebe schwören, dabei vielleicht noch alle seine Vorzüge (also Grells) aufzählen und ihn anschließend in Richtung Traualtar tragen – alternativ auch in ein romantisches Schlafzimmer.
 

Doch das passierte eben nur in Träumen – leider.
 

Vielleicht hätte es ihm ja auch gereicht einfach einen ganz normalen Freund zu haben, mit dem er reden konnte, eben eine ganz alltägliche Freundschaft.

Doch nicht mal das hatte er (die Kollegen galten da für ihn nicht).

Er hatte sich ja auch nie die Mühe gemacht so jemanden zu finden, geschweige denn zu suchen.

Er hatte ja auch nie das Bedürfnis danach besessen. Noch nie zuvor.

Jetzt im Moment konnte er sich nichts Schöneres vorstellen als sich bei jemandem auszuheulen, der ihm tröstende Worte zuflüsterte und ihn so zärtlich in den Arm nahm, wie es nur ein Freund zu tun vermochte.
 

Mit solch melancholischen Gedanken durchschritt er die letzten Meter der Halle und passierte an deren Ende die kleine Absperrung, an welcher sich ein Tresen mit einer gelangweilt wirkenden Shinigami dahinter, befand.

Diese hatte eigentlich vorgehabt emotionslos ihre, vor sich liegende Zeitschrift weiter zu lesen und ihn ohne aufzublicken – also wie gewohnt – durchzuwinken, doch als sie aus ihrem Blickwinkel dieses Übermaß an Rot näherkommen saß, hob sie widerwillig den Kopf.
 

Eine Geste die sie wohl besser unterlassen hätte.

Ihr gefühlloser Gesichtsausdruck wich blankem Entsetzen und die zweifarbigen Augen weiteten sich geschockt, als sie sein zerschrammtes Gesicht erblickte.

Dieses verwandelte sich in eine verbitterte Grimasse, doch sonst passierte nichts.

Kein Ausrasten, keine Tränen, keine Worte.

Er rauschte einfach an ihr vorbei, sogar ohne sie noch eines Blickes zu würdigen. Er hätte ohnehin nichts zu sagen gewusst.
 

~*~
 

Unglücklicherweise lag Williams Büro im hintersten Eck dieses gottverdammten Gemäuers, also wortwörtlich am Arsch der Welt.

Er musste praktisch einmal quer durch den Gebäudekomplex, aber zufälligerweise ließ sich dies ganz einfach und ohne (für uns) spannende Odyssee, gestalten.
 

Grell hatte nämlich vor Jahren einmal die Arbeit geschwänzt – kein großer Unterschied zu heute übrigens – und war vor einem (man glaubt es kaum) fuchsteufelswilden William geflüchtet, welcher den rothaarigen Shinigami damals wohl gerne eigenhändig unter die Erde gebracht (was ja im Grunde immer noch der Fall ist.)

Um Will zusätzlich zu provozieren hatte Grell das ganze wie ein kleines Versteckspiel gestaltet und im Grunde nur darauf gewartet das Gesicht des anderen zu sehen, wenn dieser das herausfand.

Voller Erwartung hatte er sich ein halbwegs annehmbares Versteck gesucht – und war prompt auf einen kleinen Abstellraum gestoßen, welcher sämtliche dieser Kriterien erfüllte.
 

Damals wie heute war Grell wohl der einzige, der diesen Raum zur Kenntnis nahm.

Und dieser hatte bis heute einen ganz bestimmten Grund für seine regelmäßigen Besuche dort: sie sparten eine ganze Menge an Fußmarsch.

So war nämlich die Shinigami-Zentrale ziemlich unüberschaubar – für Neulinge das reinste Labyrinth – und es konnte schon einige Zeit in Anspruch nehmen um von Punkt A nach Punkt B zu gelangen.
 

Dieses Problem hatte sich für Grell allerdings mit der Kammer restlos gelöst – vor allem, da dieser nicht unbedingt für seinen guten Orientierungssinn bekannt war.
 

„Schuld“ daran waren der reine Zufall und das verjährte Versteckspiel.

William war nämlich unangenehm früh auf Grells Plan gekommen und ahnte bereits feuerspeiend, dass sich der andere Shinigami an solch einem unscheinbaren Ort verstecken könnte.

Hätte Grell damals nicht hochkonzentriert von innen an der Tür gelauscht, hätte er wohl auch nicht die sich rasch nähernden Schritte gehört und wäre nicht erschrocken nach hinten und durch den unbemerkt gebliebenen, mannshohen Spiegel gestolpert.
 

Somit sah William, als er nach minutenlangem Suchen die Kammer betrat, nichts Ungewöhnlicheres als einen leicht verstaubten Spiegel und einige alte, gestapelte Schreibtische, dachte sich logischerweise nichts dabei und verließ den Gang wieder um woanders nach dem unverschämten Schwänzer zu suchen.
 

~*~
 

Dieser war unterdessen um drei Stockwerke in die Tiefe gestürzt und nach dem Aufprall ernstlich besorgt, ob denn noch alle Knochen heil waren, denn er war nicht gerade sanft auf einem alten, verstaubten Steinfußboden aufgekommen.
 

Sich die dadurch schmerzende Beule am Kopf reibend hatte er zunächst hatte er zunächst blind in der Dunkelheit umhergetastet, bis er auf eine Wand und einen nahen Türknauf gestoßen war.

Dieser war mit einer entsprechenden Tür verbunden und als Grell, ohne groß nachzudenken, sein Handgelenk um 90 Grad gedreht hatte, staunte er nicht schlecht als er sich urplötzlich mitten in Williams Büro befand.
 

Dieser Durchgang entpuppte sich von außen als unscheinbarer Bücherschrank, der sich sofort schloss, nachdem Grell hindurchgetreten war.
 

Vielleicht lag es daran, dass er schon immer bis zu einem bestimmten Grad offen für Obskuritäten aller Art war, vielleicht auch an der Beule an seinem Hinterkopf – jedenfalls fragte sich der Rotschopf zu dieser Zeit noch nicht einmal, was zur Hölle eigentlich eben passiert war.
 

Das änderte sich mit der Zeit jedoch schnell, denn schon wenige Tage später stattete er der unscheinbaren Besenkammer erneut einen Besuch ab, diesmal mit einem Kerzenständer und der festen Absicht, herauszufinden wie diese „Abkürzung“ denn genau funktionierte, bewaffnet.
 

Der Wandspiegel ließ sich nach kurzem Untersuchen ganz leicht aufdrücken und nachdem Grell diesmal den metertiefen Schacht hinuntergesprungen und nicht –gefallen war, stellte er fest, dass der Boden dort bei gutem Licht betrachtet dem glänzend weißen in der Vorhalle der Zentrale glich, nur viel dreckiger.
 

Die Geheimtür zu Williams Büro war die einzige Möglichkeit um dort wieder herauszukommen – glücklicherweise hatte er sich für seine Erkundungstour einen Moment ausgesucht, in welchem der Eigentümer gerade außerhalb zu tun hatte, sodass Grell ungesehen wieder verschwinden konnte.
 

Diese Abkürzung benutzte er bis heute – und es war ein Wunder, dass William auch bis heute nicht darauf gekommen war.

Dafür hatte Grell schon gesorgt.
 

Um (endlich) zum Schluss dieser Erzählung zu kommen:

Das ganze hatte damit geendet, dass William, hochentzürnt über die ergebnislose Suche und mit der festen Absicht Grell bei den Oberbeamten anzuschwärzen, in sein Büro zurückgekehrt war und seinen Augen kaum trauen konnte, als er den gesuchten Shinigami genau dort fand.
 

Grell, immer noch leicht verwirrt, hatte – selbst ziemlich überrascht – versucht, nach alter Manier lasziv zu lächeln und dafür prompt eine Kopfnuss und einen Rauswurf geerntet.

Arbeiten musste er dann eben doch – aber das ganze hatte sich doch gelohnt!
 

~*~
 

Routiniert durchquerte Gell die leeren Gänge (die Abstellkammer befand sich im oberen Teil des Gebäudes).

An seinem Ziel angekommen ging er noch einmal ganz sicher, dass ihm wirklich niemand zusah. – er hatte ganz bestimmt keine Lust die Abkürzung zu teilen – und als er sich dessen versichert hatte huschte er blitzschnell hinein.

Die Kammer hatte sich über die Jahre kein Stück verändert, der Spiegel war unberührt geblieben.
 

Vorsichtig drückte Grell auf die spiegelnde Fläche, bis das gewohnte „Klick“ ertönte und sie sich von selbst aus dem Rahmen löste und aufschwang.

Natürlich hatte er sich bereits des Öfteren gefragt, was sich die Erbauer der Zentrale gedacht hatten, als sie diesen Geheimgang erschufen (er war sich inzwischen ziemlich sicher, dass es deren Werk war) – es war jedoch immer bei Spekulationen geblieben.
 

Sanft und leise wie eine Katze landete er auf dem Steinboden des kleinen Raumes.

Problemlos fand er den Türknauf wieder – Licht brauchte er schon lange nicht mehr, um sich hier zurecht zu finden.

Mit einem letzten Blick nach oben überzeugte er sich davon, die Spiegeltür sich wieder geschlossen hatte, dann drehte er den Türknauf.
 

Er hatte keine Angst davor, dass Will ihn vielleicht dabei sehen könnte, wie er sein Büro durch ein Bücherregal betrat – das war schon oft passiert.

Aber auch, wenn der andere Shinigami Grell noch so oft dabei beobachtet hatte, wie er sein Büro durch einen Bücherschrank betrat, wie zur Hölle er das anstellte und was der Trick dahinter war, darauf war er bis heute nicht gekommen – er wurde dadurch nur jedes mal aufs neue zur Weißglut getrieben.

Dass der Trick in der unscheinbaren Kammer lag, die er vor Jahren ein einziges mal betreten hatte, auf diese simple Lösung kam er nicht.
 

Mit der Vorfreude seinem Vorgesetzten einen weiteren Schreck einjagen zu können drückte Grell, vorsichtig darauf bedacht kein Geräusch zu machen, die Rückseite des Bücherregals zur Seite – und erlitt dabei einen halben Herzinfarkt.
 

William hatte sich schwer atmend und mit geröteten Wangen mit den Händen auf seinem Schreibtisch abgestützt.

Er schien Grell, der ihn von der Seite sah nicht zu bemerken – denn etwas anderes hielt seine Aufmerksamkeit gefesselt.
 

Er war nicht allein im Büro.

Unter ihm und in ähnlicher körperlicher Verfassung lag Ronald Knox.
 

Die Lippen leicht und das Hemd komplett geöffnet, hatte er die eine Hand um Williams Krawatte geschlungen um ihn zu sich hinunter zu ziehen und die andere in dem rabenschwarzen Haar zu vergraben, während er ihn hemmungslos küsste.

Der andere ließ sich das gerne gefallen und ging darauf ein.
 

Das reichte Grell sich immerhin wieder bewegen zu können – er schlug das Bücherregal hinter sich mit solcher Wucht zu, dass der Großteil an Lesestoff von dort heraus fiel und sich auf dem Boden verteilte.
 

Dieses Geräusch reichte um dem unsteten Tun der beiden ein Ende zu bereiten.

Wie von der Tarantel gestochen machte William einen Satz rückwärts, während Ronald wortwörtlich in der Bewegung gefror.

Als sie den Rotschopf erblickten erbleichten sie zuerst, jedoch wechselte ihre Gesichtsfarbe in wenigen Sekunden von kreideweiß zu einem kräftigen Rot, dem Beweis wie beschämt die darüber waren erwischt worden zu sein.
 

Grell wusste zunächst nicht wie er reagieren sollte – was musste heute denn noch alles kommen?!

Ein Kutschunfall, ein komplett zerschundenes Gesicht und jetzt das?!

Das war selbst für ihn zu viel – mit einem wütenden Aufschrei packte er das nächste Möbelstück (einen Stuhl) und warf es mit aller Kraft nach William – sollte der doch für all das Unglück büßen!
 

„Sutcliffe, was-“

Der Shinigami wich gerade noch rechtzeitig aus, sodass der Stuhl gegen eine der Wände flog und in einzelne Holzspäne zerbarst.
 

Unbefriedigt, da er sein Ziel verfehlt hatte, raste Grell auf William zu und packte ihn am Kragen, rammte ihn gegen die Wand, an welcher eben der Stuhl zerschellt war, um mit hysterischer Stimme zu rufen:

Schön, dass du dich amüsierst, ich bin noch kein Stück weitergekommen, bei diesem bescheuerten Auftrag! Hast du mein Gesicht gesehen, hast du das gesehen?! Nach mir fragt natürlich keiner und- , ach egal, ihr könnt mich alle mal!“
 

Ohne Umschweife ließ er Will los, warf Ronald – der ziemlich verschreckt immer noch halb auf dem Schreibtisch lag, halb daran lehnte – einen giftigen Blick zu und rauschte ohne ein weiters Wort aus dem Büro, wie es einer Lady würdig war.
 

Wenn er austickte, dann richtig.
 

~*~
 

Im Nachhinein, wo er die ganze Sache noch einmal durchdachte, war ihm mehr als klar, warum gerade diese Entdeckung das Fass zum Überlaufen gebracht hatte.

Wie konnte William, sein William, es wagen vor seinen Augen mit einem anderen Mann rumzumachen?!
 

Grell hatte für den Shinigami so geschwärmt, gerade weil er so unnahbar, so kalt erschien.

Als er Ronald geküsst hatte war nichts davon mehr spürbar gewesen, sämtliche Unantastbarkeit schien wie weggeblasen.
 

Und genau davon war der Rotschopf so angewidert gewesen.

Wenn William sich so verhielt hatte er für ihn nichts Anziehendes mehr an sich – im Gegenteil, er war geradezu abstoßend!
 

Es tat zwar weh, doch Grell war sich sicher – so einen Mann brauchte er nicht!

Ohne einen Plan, was er nun tun sollt steuerte er den Weg zurück nach oben an – ihm erschien das ganze Gebäude plötzlich viel zu eng, die Angst darin eingeschlossen zu werden machte sich in ihm breit.

Wenn das so weiterging drehte er wohl noch durch – er wollte hier nur noch heraus!
 

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Tja, und so tickt Grell mal so richtig aus^^ Das musste einfach sein~

Aber wie wird es nun wohl weitergehen?

Tja, so viele Möglichkeiten gibts ja nicht ;)

Wann das nächste Kappi kommt kann ich moment leider noch nicht sagen, aber ich werde mich auf jeden Fall beeilen!

Auf bald~

Sex (historia II) - Lovely Green

Zu allererst: es tut mir unfassbar leid, dass ich seit Ende des Schuljahres nix mehr hochgeladen hab U___U wirklich, ich schäme mich o3o Hatte übern Sommer wohl sowas wie n Kreatief, was das Schreiben anging X`D

Allerdings kann ich nun dafür mit umso größerer Freude sagen, dass sich das künftig bessern wir denn:
 

- ich werde mit Leib und Seele versuchen künftige JEDE Woche n neues Kappi hochzuladen (wenn ichs nicht schaffe dürft ihr davon ausgehen, dass mir was Unvorhergesehenes wie ne Verletzung - die zieh ich magisch an - oder plötzlich eingetretener Tod dazwischen gekommen sind^^`` is natürlich nur Spaß...)
 

- zweitens werden die Kappis in Zukunft auch länger! (das liegt daran, dass ich ne neue Schreibmethode hab, nix mehr mit Vorschreiben im Notitzblock sondern sofort am Pc! >.<)

Im kommenden Kappi geht mit der Geschichte um Cyril n bisl weiter und unserem lieben Earl werden wieder mal neue Rätsel aufegegben~(und achtet nicht auf den Titel, ich kann auch nichts dafür, dass sechs "sex" auf latein heißt XD)

Viel Spaß (hoff ich!) und auf bald~ (und noch ne ganz liebe Widmung an Saburina13 <3(ich weiß dass du das liest, jetz schuldest du mir schon 3 Kommentare XD))

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Die Zeit im Weisenhaus endete für Cyril aprupt und unvorhersehbar.

Es geschah nachts.
 

Als er etwa kurz nach Mitternacht merkte, dass er nicht schlafen konnte, schlich er sich kurzerhand aus dem Zimmer, das er sich mit einem Dutzend weiterer Kinder teilte und begann im dunklen Haus umher zu wandern. Genauso wie schon seit Jahren.

Aus vollen Zügen genoss er die Stille und schwor sich insgeheim später einmal genau solch ein Haus zu besitzen um dort so oft nächtliche Streifzüge durch das Gemäuer machen zu können, wie er wollte – selbstverständlich war dieser Wunsch schon im Vornhinein dazu verdammt immer der bloße Traum eines Kindes zu bleiben.
 

Vollkommen versunken in seine Gedanken und mit den Fingerspitzen vorsichtig die bröckelnden, vom sanften Mondlicht gestreiften Wände entlang fahrend merkte er nicht wie hinter ihm langsam eine Tür auf glitt und eine im Schatten verborgene Gestalt durch den Spalt lugte.

Still beobachtete sie Cyril, wie er träumerisch über den Wandputz strich und dabei langsam den Kopf hin und her wiegte.

Dabei wurde er vom Mondlicht, welches durch die hohen, teils scheibenlosen und arg lädierten Fenster schien, von einem sanften, weißen Mondlicht eingehüllt, was ihm etwas Geisterhaftes verlieh.

Er war jedoch mit den Gedanken zu sehr in einer anderen Welt gefangen, um den nächtlichen Besucher zu bemerken.
 

Sein heimlicher Beobachter ließ diesen Anblick, vollkommen gefangen davon und mit einem inneren Erzittern auf sich wirken.

Immer noch in der Annahme allein zu sein begann Cyril leise zu flüstern. Nach wenigen Sekunden wurde eine Melodie erkennbar.

„Eines Nachts im Regen lief ich schnell davon,

du gabst mir deinen Segen, doch-“

Weiter kam er mit diesem Lied, von dem er längst vergessen hatte woher er es kannte, nicht, denn ein lautes Geräusch riss ihn aus seiner Versunkenheit. Unverzüglich fuhr er herum und zuckte zusammen als er eine Person im Türrahmen stehen sah.

Diese schien sich weder ertappt noch auf eine andere Art schlecht zu fühlen, denn ein unscheinbar wohlwollendes Lächeln zierte ihr Gesicht als sie anfing sich langsam aber bestimmt auf ihn zu zu bewegen.

Selbst in dem nur von blassem Mondlicht erhellten Raum erkannte Cyril die Gestalt sofort – Aileen, die jüngere der beiden Erzieherinnen.
 

Sie war bekanntermaßen auch die nettere der beiden, beliebter bei den Kindern und nicht ganz so hart was Bestrafungen anging. Wovon am meisten geschwärmt wurde, vor allem bei den Mädchen, war ihr freundliches Lächeln – oder wie sie es lieber nannten, engelsgleich. Trotzdem hatte Cyril immer etwas Gefährliches von ihr ausgehen gespürt, vor allem ihm gegenüber.

Auch jetzt war dieses Etwas da, hinter der lächelnden Fassade verbarg sich etwas Dunkles.

Cyril wusste nicht, was sie von ihm wollte, jetzt, um zwei Uhr in der Früh. Aber, dass es nichts Gutes war, war wohl im Vornherein klar.

Seine Vermutung wurde durch den einladenden Hüftschwung, den die junge Frau plötzlich auf ihrem Weg zu ihm vollführte, noch verstärkt. Sie blieb aprupt stehen.

Nur noch eine Armlänge trennte sie voneinander und ein unkontrollierbares Zittern durchlief ihren Körper. Doch genauso schnell wie es gekommen war, verschwand es auch wieder und in diesem Moment zerbrach ihre Maske.

Ihr Lächeln hatte jegliche Gutmütigkeit verloren, stattdessen war da etwas Anderes…Koketterie.

„Cyril…“ Ihr Ton war sanft und gleichzeitig tief, sie trat näher. „So lange habe ich hierauf gewartet…jetzt bist du endlich alt genug…“ Ihr Gesichtsausdruck wurde sehnsüchtig, ihre Stimme überschlug sich fast. Cyril wich unwillkürlich einen Schritt weiter zurück. „Küss mich endlich!

Ohne Vorwarnung stürzte sie auf ihn zu, doch er war schneller und doch wieder nicht schnell genug. Seinen Körper bekam sie nicht zu fassen, dafür aber einige Haarsträhnen. Sie zog ihn grob daran zurück, sodass ihm vor Schmerz Tränen in die Augen traten.

„Was hast du denn?“, sprach sie mit ihrer verstellten Kleinmädchenstimme, mit der sie normalerweise die Kleinsten aus der Krabbelstube tröstete, wenn sie weinten. Es waren sogar die gleichen Worte.

„Gefalle ich dir so nicht? Warte…“

Mit der freien Hand, die andere immer noch schmerzhaft fest in Cyrils Haar vergraben, öffnete sie Knopf für Knopf das Mieder um ihre Taille und zog es sich schließlich samt Rock ganz hinunter.

Darunter zum Vorschein kam ein halbdurchsichtiges Nachthemd aus fliederfarbener Seide. Es war das einzige Kleidungsstück, dass sie noch am Körper trug.

Mit der gleichen Hand lockerte sie auch ihren sonst so strengen Haarknoten, sodass ihr die haselnussbraunen Strähnen sanft auf die schmalen, alabasterfarbenen Schultern fielen. „Und wie sieht es jetzt aus?“, fragte sie unschuldig. Passend dazu schenkte sie Cyril ein Lächeln, welches einen Kaiser hätte in die Knie zwingen können.

Doch Cyril rührte es nicht – im Gegenteil, er hatte noch nie etwas als so widerwärtig empfunden. Trotzdem lächelte er zurück.

Aileens Gesicht leuchtete im Mondlicht auf und ein siegessicherer Ausdruck trat auf ihr Gesicht. Langsam, so wie bei einem schreckhaften Tier, das man nicht verjagen wollte, näherte sie ihre rosigen Lippen seinem Mund, hielt dabei seinen Kopf in Position, den Atem ungewöhnlich beschleunigt – und keuchte überrascht auf.

Er hatte ihr Handgelenk gepackt, welches zu den Finger gehörte, die immer noch unsanft in seinen Haaren vergraben waren und drückte so fest zu, dass sie vor Schmerz aufschrie, losließ und in die Knie ging. Für die nun am Boden kauernde Gestalt hatte er nicht mehr als einen mitleidlosen Blick übrig und wollte sich schon an ihr vorbeidrängen, doch da stieß sie einen gellenden Schrei aus, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Er fuhr herum und scheuerte ihr Eine, sodass dieses grauenhafte Geräusch verstummte. Doch es war bereits zu spät.

Im ganzen Haus war augenblicklich aufgeregtes Fußgetrappel zu hören. Cyril schluckte und starrte Aileen an. Sie warf ihm einen letzten gehässigen Blick zu, formte dabei mit den Lippen die Worte „Selbst schuld“ und warf sich dann sofort schluchzend auf den Boden.
 

Nur Sekunden später erhellte sich der Raum durch Kerzenschein und das Flackern schlechter Öllampen.

Im Türrahmen erschienen mehrere Dutzend kleiner Leute in Nachthemden, die sich teils schaulustig, teils verschlafen vordrängelten und aus dem Weg schubsten – jeder wollte sehen, woher der Schrei gekommen war und keiner wollte etwas verpassen.

Cyril rutschte bei diesem Anblick das Herz in die Hose. Er war nun, neben Aileen, der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Schließlich ertönte ein angestrengtes Schnaufen aus den hinteren Reihen und es bildete sich eine schmale Schneise in der Kinderschar. Helena, die andere Erzieherin, bahnte sich einen Weg durch die Menge, was angesichts ihres Körperumfangs kein Leichtes war.

„Was, in Gottes Namen, geht hier vor sich?!“

Augenblicklich war es still, jegliches Gemurmel war verstummt. Die Augenbrauen skeptisch zusammengezogen ließ die kugelrunde Frau ihren Blick über die Szenerie vor sich gleiten, welche dabei von der Gaslampe in ihrer Hand gut beleuchtet wurde.

Bei dem Anblick, der sich ihr bot, wandelte sich ihr Gesichtsausdruck blitzschnell in Überraschung um. Dabei wanderten ihre Augenbrauen beinahe unter den Rand ihres Nachthäubchens.

„Darf ich fragen, was Sie da mitten in der Nacht und in diesem Aufzug tun, werte Kollegin?“

Die frage war komplett an das Frack am Boden gerichtet, Cyril schien sie noch nicht einmal bemerkt zu haben. Die jüngere Erzieherin, welche immer noch in wortwörtlich fadenscheinigen Dessous vor ihr aller Füßen kniete, witterte ihre Chance den Spieß umzudrehen. In Oscar reifer Darbietung erhob sie sich halb, nur um sich Helena sofort wieder zu Füßen zu werfen und schluchzte hemmungs- und haltlos drauf los.

„Oh, es war so schrecklich…!“, rief sie in unendlicher Dramatik aus und schlug die Hände vors Gesicht, während sie heftig von einem Heulkrampf geschüttelt wurde. Helena hatte sich sofort schwerfällig neben sie gekniet und strich ihr nun beruhigend über den Rücken. „Na na, jetzt beruhigen Sie sich doch wieder und erzählen, was vorgefallen ist. War etwa ein Einbrecher da und…-“

Sie bekam heftiges Kopfschütteln. „Aber…was war es denn dann? Haben Sie sich verletzt?“ Ihr Ton war gestresst.

Als Antwort erhielt sie einen eindeutigen Fingerzeig.

„Der da!“, kreischte Aileen und deutete anklagend auf Cyril. Dabei warf sie diesem einen vor Gift nur so sprühenden Blick zu. „Er…er hat versucht…“

Statt weiterzusprechen brach sie in erneutes Wehklagen aus , zog die von Cyrils Schlag blutige Lippe wie zur Bekräftigung zu einem Schmollmund und warf sich regelrecht in Helenas Arme, wo sie weiterhin von Schluchzern geschüttelt wurde.

Helena schien unterdessen erst jetzt zu bemerken, dass Cyril überhaupt anwesend war. Dafür war er nun umso mehr Objekt ihrer Aufmerksamkeit. Ihm schwante bereits Böses.

Helena hatte ihn noch nie gemocht - und auch keinen Hehl daraus gemacht. Und jetzt hatte sich, in Anbetracht der Situation, ihr Bild von ihm bestimmt nicht gebessert.

„Du…“ Ihr Ton war sanft und schmeichelnd. Und brandgefährlich.

„Du, mein Lieber, warst mir schon immer ein Dorn im Auge…was habe ich gesagt, als du zu uns kamst? – Dieses Kind ist jetzt schon verdorben. Und heute hast du bewiesen, dass ich schon damals recht hatte.“

Schützend legte sie Aileen einen wabbeligen Arm um die Schulter, ignorierte den emotionslos bleibenden Cyril und wandte sich der Kinderschar im Türrahmen zu, welche das Geschehen neugierig und mit Augen groß wie Handteller verfolgte.

„Seht ihn euch gut an, Kinder. Denn heute war es das letzte Mal, dass ihr ihn zu Gesicht bekommen habt.“

Cyril schloss die Augen. Natürlich, sie würden ihn raus werfen. Nicht, dass er nicht schon lange mit so etwas gerechnet hatte, aber es jetzt zu hören war doch etwas Anderes. Obwohl er nicht unbedingt an diesem Ort hier hing, die nächtlichen Spaziergänge würden ihm sehr fehlen, also startete er einen letzten, kläglichen Versuch, der schon im Vornhinein dazu verurteilt war schief zu gehen, sie umzustimmen.

„Aber sie hat doch…“

Wie vorhergesehen schürte sein Verteidigungsversuch Helenas Wut über ihn nur noch mehr an.

„Und nun wagst du es auch noch dein Wort gegen diese arme, wehrlose Frau zu erheben? Du solltest dich was schämen! Die Entscheidung dich des Hauses zu verweisen war offensichtlich goldrichtig! Morgen früh bist du verschwunden.“

Damit war für sie offensichtlich alles gesagt und sie begann damit Aileen sanft wie ein Engel zu bemuttern, während diese immer noch herzzerreißend schluchzte und zwischen dem Luftholen Worte des Dankes hervorstieß.

Bildete sich Cyril das nur ein oder konnte er tatsächlich ein schadenfrohes Grinsen unter all den falschen Tränen ausmachen?

Helena, vollkommen überzeugt von diesem Theater, half ihr auf. „Kommen Sie, Sie erkälten sich sonst noch, Mädchen…“ Dann blaffte sie die Menge an, die die Szene immer noch mit gespannter Miene verfolgte.

„Und ihr geht alle zurück in eure Schlafräume!“

Damit zerstreute sich die Schar und es wurde nach einigen Minuten wieder still und finster im Raum. Selbst der Mond war hinter einigen Wolken verschwunden.
 

In Cyrils Kopf arbeitete es unterdessen heftig.

Wo sollte er jetzt hin? Eine Möglichkeit gab es schon, aber er wollte sie nur ungern nutzen. Er würde sich die kommenden Stunden etwas einfallen lassen müssen, bis dahin wollte er sich von diesem Gemäuer verabschieden. Er hatte sich hier doch geborgener gefühlt, als er sich hatte eingestehen wollen – auch, wenn das wohl kaum an den Leuten, die hier lebten, hatte liegen können.

Als er kurz vor Sonnenuntergang mit seinem wenigen Hab und Gut dabei war das Haus das letzte Mal zu verlassen, warteten die beiden Erzieherinnen am Eingang.

Von Helena bekam er nicht mehr als ein eisiges „Leb wohl“ zu hören, was aber im Grunde schon mehr war, als er erwartet hatte. Und Aileen – sie ließ sich doch tatsächlich dazu herab ihm die Hand zu geben und ihm dann noch zu raten in naher Zukunft seine „schändlichen Laster“ abzulegen und ein anständigeres Leben zu führen.

Dann kehrte er dem Haus endgültig den Rücken, wohl wissend, dass er es niemals wiedersehen würde. Er hatte in der wenigen Zeit, die ihm bis zur jetzigen Stunde noch geblieben war, einen Entschluss gefasst – so zuwider es ihm auch war, ihm war klar, dass es das einzig richtige war.

Er würde zu seiner Mutter zurückkehren.
 

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Geehrter Earl Phantomhive,
 

leider bin ich gezwungen Ihnen mitzuteilen, dass meine geschätzte Gattin und ich wegen eines schweren Krankheitsfalls innerhalb der Familie leider verhindert sind und es uns somit unmöglich ist, zu den von ihnen ausgerichteten Festlichkeiten in den kommenden Tagen zu erscheinen.

Wir werden selbstverständlich, sobald die momentane Situation es uns erlaubt, noch einmal persönlich bei Euch vorstellig und uns angemessen entschuldigen.
 

Hochachtungsvoll, Earl F.C. Wellington
 

Nach kurzem Überfliegen warf Ciel die Absage zum eigens für solche Schreiben vorbereiteten Stapel. Er war bereits größer als der, der die Zusagen enthielt.

War er etwa so unbeliebt, oder gab es solch negative Gerüchte um ihn, dass sich inzwischen jeder zweite Gast aufgrund von angeblichen Problemen in der Familie oder Krankheit entschuldigen musste?

Genervt seufzte er. Da wollte er einmal selbst einen Ball geben und dann das! Wenn es so weiter ging konnte er ihn doch gleich wieder absagen. Außerdem war er sich bei der ganzen Sache ohnehin nicht mehr sicher. Er hatte noch nie so ein großes Fest gegeben und war sich nicht sicher, wie er agieren sollte. Aber es wurde nun einmal erwartet, dass er, als angesehener Earl und obendrein Wachhund der Königin, zumindest einmal einen Ball ausrichtete, jetzt, wo er erwachsen war.

An der Tür klopfte es.

„Herein“, murmelte er lustlos in ihre Richtung.

„Junger Herr? Ist euch nicht wohl?“ Natürlich war es Sebastian, er war der Einzige, der es wagte Ciel zu stören, wenn dieser schlechte Laune hatte.

„Wie kommst du darauf? Mir geht es blendend! Siehst du etwa nicht wie ich strahle?“ Ciel zog eine Grimasse. Der Butler hatte sich über die letzten fünf Jahre kein Stück verändert. Weder von der Äußerlichkeit her, noch was seine Persönlichkeit anging. Sofort fiel sein Blick auf die drei Papierstapel vor Ciel auf dem Schreibtisch. „Lasst mich raten – ihr habt schon wieder lauter Absagen? Ich habe doch gerade erst die letzte Ladung eingeheizt!“ Sein Ton war ein wenig vorwurfsvoll aber er wusste genau wie viel er sich bei Ciel herausnehmen durfte.

„Klappe! Warum bist du hier? Doch nicht nur um dich über den Feuerholzersatz zu freuen, oder?“

„Nicht direkt. Ihr habt Besuch.“ Himmel, wer besuchte ihn denn um bitte an so einem Tag? Elizabeth war erst vor kurzem da gewesen, sie konnte es also nicht sein. Mit Lau hatte er im Moment auch nichts zu schaffen und wer Anderes kam ihm nicht in den Sinn.

„Wer ist es?“

„Eine gewisse Gräfin Darewood.“ Der Butler lächelte sein ganz eigenes Perfekter-Butler-Lächeln und machte Platz im Türrahmen, in der Erwartung der Earl wolle seinen Besuch empfangen.

Doch dieser dachte gar nicht erst daran. „Was macht die denn hier?!“ Ihm war der Festabend auf ihrem Anwesen noch lebhaft in Erinnerung. Genauso wie ihre ganz eigene, spezielle Art.

„Nun, sie sagte etwas von einem Geschenk nach dem sie sich erkundigen wolle. Wenn sie Euch etwas geschenkt hat wäre es aber sehr unhöflich sie warten zu lassen, junger Herr!“ Obwohl Ciel mittlerweile achtzehn war hatte sich Sebastian das „Junger Herr“ nicht abgewöhnt – genauso wenig wie den erzieherischen Tonfall.

„Als ob ich das nicht selbst wüsste! Los, geh, führe sie in den Salon und serviere Tee. Ich komme gleich.“ Sebastian verabschiedete sich mit einer Verbeugung und schloss die Tür hinter sich. Ciel dachte unterdessen fieberhaft darüber nach, was die Gräfin denn von ihm wollen könnte. Sie hatte also gesagt sie wolle sich nach ihrem Geschenk erkundigen? Was gab es da zu erkundigen, es war doch bloß ein Buch mit einer vergleichsweise öden Lebensgeschichte.

Auch wenn der Earl nicht unbedingt darauf scharf war sich diesem Wesen wieder gegenüber zu stellen, er kam wohl nicht drum herum ohne seinen guten Ruf aus Spiel hätte setzen zu müssen. Also fügte er sich und machte sich selbst auf den Weg in den Empfangsraum.
 

Die Gräfin erwartete ihn, diesmal ohne Maskierung. Von dem Butler hingegen fehlte jegliche Spur, nur der Tee auf dem Tisch zeugte von einer gewissen Art von Präsens.

„Earl Phantomhive! Welche Freude euer wunderhübsches Gesicht wieder zu sehen!“ Wenn Ciel dieses Kompliment doch nur hätte zurückgeben geben können…aber er wollte doch höflich sein. So schüttelte er die zierliche Hand und ließ sich dann seinem Gast gegenüber auf einen der samtbezogenen Sessel sinken.

„Was verschafft mir die Ehre eures Besuchs, Mylady?“, fragte er mit gezwungenem Lächeln. „Ich hörte ihr wolltet euch nach dem Buch erkundigen?“

„Oh ja, habt ihr bereits damit angefangen? Ist es nicht fantastisch?“ Ciel verstand die Begeisterung der Gräfin nicht ganz, aber Bücher waren ja Geschmackssache. „Wenn ich ehrlich bin, ich verstehe es nicht ganz. Wovon handelt es?“ Er hatte bereits damit angefangen, doch wurde es von Seite zu Seite verwirrender. Ein wirkliches Urteil hatte er sich darüber noch nicht gebildet.

Die Gräfin lächelte honigsüß. „Es handelt von einem guten Freund von mir. Cyril Anthony.“ Anthony? Diesen Namen hatte er noch nie vorher gehört. „Wer ist das? Jemand aus Adelskreisen?“ Auch wenn er sich das beim bereits Gelesenen beim besten Willen nicht vorstellen konnte. „So ähnlich, ja…“

Also doch? Ciel verstand die Welt nicht mehr.

„Warum habt Ihr es mir gegeben?“

„Weil ich wollte, dass Ihr seine Geschichte kennt.“

„Weshalb?“

„Weil es für Euch nützlich sein könnte, mein lieber Earl…“ Sie legte, immer noch lächelnd, den Kopf schief und ihre Augen blitzten. „Es bringt viel den Namen des Feindes zu kennen.“

„Er ist mein Feind?“

„In gewisser Weise, ja. Meiner auf jeden Fall.“

„Ich dachte er sei euer Freund?“

„Er ist beides.“

„Wie hat er eure Missgunst auf sich gezogen?“

„Er hat mich sehr verletzt.“

Langsam gab das Gespräch Ciel zu denken. Wovon sprachen sie eigentlich? Von einem Mann, den er in seinem ganzen Leben noch nie getroffen hatte und wahrscheinlich auch nie treffen würde. Außer…

„Kenne ich ihn?“

„Vielleicht.“

„Was heißt das?“

„Bin ich mit jedem Eurer Bekannten vertraut?“

Ihr Ton war sanft, ein klein wenig sogar spöttisch. Oder war es bloße, schalkhafte Freundlichkeit? Ciel konnte diese Person, die ihm gegenüber saß, einfach nirgends einordnen. Sie war und blieb ein Rätsel.

„Und was ratet Ihr mir zu tun?“

„Ich? Ich rate Euch gar nichts. Lebt Euer Leben, wie es euch gefällt - lang genug ist es ja noch - und vergesst nicht das Buch zu lesen! Ach, und…“ Sie erhob sich ohne ihren Tee auch nur angerührt zu haben und steuerte auf die Türe zu. Dort angekommen drehte sie sich noch einmal zu ihm um. „…ich werde sehr gerne auf eurem Fest kommende Woche erscheinen! Natürlich nur, wenn es keine Umstände macht!“ Der Earl schüttelte perplex den Kopf und erhob sich um seinen Gast zum Ausgang zu geleiten. Sebastian, der eigentlich dafür zuständig gewesen wäre, hatte sich ja irgendwie in Luft aufgelöst.

„Oh nein, bitte, bleibt doch sitzen! Den Ausgang finde ich allein, ich danke für die Gastfreundschaft.“ Mit einem angedeuteten Knicks hatte sie, entgegen Ciels Protest, gerade die Türe hinter sich geschlossen als dem Earl noch ein letztes Detail ins Auge fiel.

Sofort hatte er die Tür wieder aufgerissen. „Wartet!“

Die Gräfin war erst wenige Meter weit gekommen und drehte sich nicht im mindesten überrascht zu ihm um. „Ja?“
 

„Die Deckenmalerei in Eurer Dachkammer…“ Warum war Ciel diese Frage nicht schon früher in den Sinn gekommen? Es hatte ihn von Anfang an interessiert, wer es gewesen sein konnte, der es geschafft hatte Teufel, Engel und Shinigami in einem Bild naturgetreu zu vereinen.

„Was ist damit?“

„Wer ist der Maler?“

Kurz glitt so etwas wie Überraschung über die Züge der Gräfin bevor sich das Lächeln noch vertiefte – sie war heute ganz anders, als bei dem Fest vor wenigen Tagen. Immer noch seltsam, aber…ruhiger.

„Ich habe es selbst gemalt.“

Sie verschwand ohne ein weiteres Wort am Ende des Ganges.

Septem - Promise

So, auch hier geht weiter, diemal wieder beim werten Grell~

Kommentware wären lieb, meine letzten liegen ja schon n "bisschen" zurück^^`

Viel Spaß und auf bald~

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„Nun, wie es scheint kannst du einfach nicht mehr ohne mich leben. Oder wie kann es sonst sein, dass du immer wieder auf [style type="italic"]diese[/style] Weise zu mir zurückkommst, hm~?“

Gedämpft drang die leicht krächzende Stimme an Grells Ohr, doch er hatte sie sofort problemlos erkannt.

Spätestens als er bei dem Versuch sich aufzusetzen mit dem vom Unfall immer noch lädierten Kopf gegen einen harten Widerstand knallte, war er sich in seiner Vermutung sicher.
 

Er war im Bestatterunternehmen – schon wieder!
 

Als hätte der Besitzer des Etablissements seine Gedanken gehört, wurde in diesem Augenblick der Sargdeckel beiseite geschoben und schwacher Kerzenschein leuchte seinen Innenraum aus.

„Na, wen haben wir denn da Hübsches?“

Das Antworten, sowie das Aufsetzen sparte er sich ganz – wozu sollte das denn gut sein? Hatte doch ohnehin keinen Sinn. Sein Wutanfall, seine Explosion, in Williams Büro hatte ihm jeglichen Wind aus den Segeln genommen. Er erinnerte sich nur noch schemenhaft daran, wie er immer noch kochend vor Wut in die Menschenwelt zurückgekehrt war – danach setzte sein Gedächtnis aus.

Also wie zur Hölle war er schon wieder hier gelandet?

Und vor allem und noch viel wichtiger – was sollte er jetzt tun?
 

Nach seinem Auftritt konnte er sich für lange Zeit nicht mehr bei William blicken lassen, soviel war schon mal sicher.

Aber was dann?

Aus dem Weg gehen konnte man sich schlecht, wenn man in der gleichen Abteilung arbeitete – außerdem war es für eine Vielzahl an Aufträgen unerlässlich miteinander zu agieren, somit lag diese Idee schon mal flach.

Grell seufzte mental – es blieb ihm wohl nichts anderes übrig als sich wohl oder übel für ein paar Tage auf eigene Faust freizunehmen. Genau, und in der Zwischenzeit konnte er sich doch auf die Suche nach diesem einen Todeskandidaten machen…Nr. 630, oder so…
 

Aber ganz bestimmt nicht sofort, denn er hatte im Moment absolut gar keinen Funken Energie mehr im Körper. Am liebsten hätte er sich jetzt zusammengerollt und wäre auf der Stelle eingeschlafen, doch da piekste ihn etwas in die Wange und holte ihn in die Realität zurück.

„Mach so weiter und ich begrabe dich heute wirklich noch.“
 

Müde öffnete er die Augen und wunderte sich sofort über seine verschwommene Sicht.

Nanu, was war denn jetzt los?

War seine Brille beschlagen?

Sofort hellwach saß er kerzengerade im Sarg, den überraschten Ausdruck auf dem Gesicht des Undertakers ignorierend. Er blinzelte kurz und spürte etwas Feuchtes seine Wange hinunter rinnen.

Das war doch jetzt nicht wahr, oder? Er weinte?!

Wieso das denn? Konnte der Tag eigentlich noch besser werden?

Blitzschnell wischte er sich aus einem Reflex mit den behandschuhten Knöcheln über die Augen und hoffte dabei inständig, dass seine Tränen unbemerkt geblieben waren.

Doch nicht einmal das sei ihm gegönnt – als er wieder aufsah wurde ihm ein fein säuberlich gefaltetes, silbern glänzendes Taschentuch entgegen gehalten.

„Na na, das ist doch wirklich kein Grund zu weinen….“, kicherte sein Besitzer, was Grell augenblicklich wieder sauer werden ließ.

Was bildete der sich eigentlich ein? Wütend schlug er ihm das Taschentuch aus der Hand.„Was weißt du denn schon davon, alter Mann!?“, brauste er auf.

„Vielleicht mehr als du denkst…“, kam die ungewöhnlich ernste Antwort, die selbst Grell kurz aus dem Konzept brachte. Für wenige Augenblicke herrschte Stille im Bestatterunternehmen.
 

Doch die ungewöhnlich ausdruckslose Mimik wich schnell wieder dem altbekannten Grinsen.

„Und wie war das, “Alter Mann?“ “ Seine Stimme triefte regelrecht vor Belustigung. „Sehe ich etwa wirklich schon so alt aus?“

Trotz dem spöttischen Unterton schien er ehrlich interessiert an der Antwort.

Aber Grell dachte gar nicht daran diese offensichtliche Neugier zu befriedigen. Er war gerade viel zu beschäftigt damit, nachdem sein Ärmel ein wenig hochgerutscht war, überrascht festzustellen, dass die Kratzer, die seit dem Unfall seine Handgelenke bedeckt hatten, allesamt verheilt und verschwunden waren. Das führte ihn wieder zu einer anderen Ungereimtheit.
 

„Wie lang bin ich schon wieder hier?“

Mit ausdrucksloser Miene wandte er sich wieder an den Bestatter, der sich immer noch über Grells Bezeichnung für ihn amüsierte.

„Hihi…oh? Wie lang, fragst du? Ich glaube mich fern daran zu erinnern dich in den letzten Tagen irgendwo bewusstlos aufgegabelt zu haben…“

Wie bitte, bewusstlos? Und was sollte das heißen, in den letzten Tagen?

„…wenn du mich fragst solltest du dringend etwas für deinen Kreislauf tun. So kreidebleich, das kann nicht gesund sein~.“, stichelte der Grauhaarige und erntete dafür einen Blick, der, sofern er denn ein Sterblicher gewesen wäre, hätte töten können.
 

„Meine Güte, schau selbst mal in den Spiegel!“, giftete der Shinigami im Dienst zurück und erhob sich nun endlich aus dem Sarg, der im Übrigen erstaunlich bequem war – nicht, dass er das je freiwillig zugeben würde – und fühlte sich plötzlich überraschend ausgeruht.
 

„Das dürfte übrigens auch deine andere Frage beantworten.“, fügte er noch mit einem bösartigen Grinsen hinzu. Ihm fiel auf, dass tatsächlich nirgendwo ein Spiegel hing oder stand – unnützer Krempel zu Hauf, ja, aber kein Spiegel.

Als hätte der Undertaker seine Gedanken erraten ertönte wieder ein leises Kichern von ihm. „Ich schaue aber nicht gerne in Spiegel…der, vor den ich dich das letzte mal geführt habe ist der einzige in meinem Geschäft.“
 

Das war ein Umstand, der Grell, der sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit in seinem doch recht ansehnlichen Spiegelbild suhlte, ziemlich suspekt vorkam.

Ein Leben ohne Spiegel – für ihn einfach undenkbar! Wobei er dem Grauhaarigen gern glaubte, dass der nicht allzu oft sein Aussehen überprüfte…

Aber das war ja nicht sein Problem und er hatte wenig Lust das Thema zu vertiefen. Somit wandte er sich mit einer eindeutigen Geste zur Tür – er hatte zwar keine Ahnung, wo er jetzt hin sollte aber alles war besser als hier weiter seine Zeit zu vergeuden.

Allerdings schien der Undertaker da anderer Meinung zu sein.
 

„Was denn, du willst schon gehen? Wie schade, es ist so unterhaltsam mit dir zu reden…“

In der Stimme schwang neben dem unermüdlichen Grinsen etwas mit, das man mit etwas gutem Willen als ehrliche Enttäuschung definieren könnte – nicht, dass das etwas an Grells Entschluss ändern konnte.

„Tja, was soll ich sagen? Besorg dir `ne Beschäftigung.
 

Mit dieser genervten Aussage machte er sich dran das Unternehmen nun endgültig zu verlassen. Doch wie schon bei seinem letzten Besuch wurde er, kaum lag seine Hand auf der Klinke, die so kalt war, dass er es sogar durch den Handschuh spürte, unschlüssig.

Einerseits wollte er nur noch weg von hier – was zugegebenermaßen mehr am Eigentümer des Geschäfts lag, als am Etablissement selbst. Mit seiner inzwischen mehr als angeschlagenen Psyche war er mit den Launen des Undertakers momentan einfach überfordert. Er konnte sich noch ganz genau daran erinnern wie der Bestatter ihn ohne ersichtlichen Grund gegen die Wand gedrückt hatte. Auch den Blick hatte er nicht vergessen, diese Augen, die alles andere um ihn herum unwichtig machten und dabei noch jeden anderen Gedanken auslöschte.
 

Er wusste nicht was er in solch einer Situation machen hatte sollen.

Schreien? Lachen? Heulen? Anspucken?

Oder einfach warten was passierte?

Diese Entscheidung war ihm einfach viel zu unangenehm und deshalb hatte er Angst noch mal in die gleiche Lage zu kommen – auch, wenn er nicht erwartete, dass es allzu bald soweit sein würde.

Wäre ja noch schöner!
 

Jedenfalls hatte er jetzt keine Ahnung ob er dem vorbeugend lieber gleich die Biege machen oder, um der ungesprochenen Bitte des Undertakers nachzukommen, hierbleiben sollte. Er hatte ja andererseits auch nicht wirklich was Besseres zu tun.

Und auf was musste er denn so schon groß verzichten?

Außer vielleicht ein paar wertvolle Stunden seiner freien Zeit, die aber ohne weiteres ersetzt werden konnten – der Vorteil eines unendlichen Lebens.

Und wer wusste schon ob es sich vielleicht nicht doch rentieren würde? Außerdem hatte ihn der Undertaker schon schlafend, zeternd, weinend und auch vollkommen missgestaltet erlebt, also hatte Grell ihm seine Würde praktisch in allen möglichen Situationen vor die Füße geworfen – bei diesem Gedanken knirschte er kurz mit den scharfen Zähnen. Was hatte er noch zu verlieren?
 

Kurz entschlossen drehte er sich mit einem trügerisch friedfertigen Lächeln wieder um und sagte mit honigsüßer Stimme „Nun, wie es scheint bin ich in der Lage durchaus einige Stunden für dich zu erübrigen – aber ich warne dich, wenn du auch nur versuchst mich in irgendeinen Sarg oder dergleichen zu verfrachten, dann schwör ich dir….“

Das waren natürlich nur leere Worte, denn ihm war bewusst, dass ihm dieser unscheinbare Bestatter im Ernstfall haushoch überlegen war. Sein Gegenüber schien von dieser Drohung entsprechend unbeeindruckt und grinste munter weiter. „Erstaunlich wie schnell du einlenkst. Das war so einfach, dass es mir fast schon keinen Spaß mehr macht…“

Bitte, was? Es gab etwas, was diesem Irren keinen Spaß machte?

„Ja ja, jetzt sei einfach zufrieden und mach Tee oder so…“

Es war Grell eigentlich reichlich egal – allerdings war ihm gerade eine Vorstellung in den Sinn gekommen, die sich schnell zu einer fixen Idee entwickelte.

Der Undertaker lächelte dabei still und verzog sich dabei in die Küche um dem „Wunsch“ Grells nachzukommen
 

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Dort angekommen ließ er sich reichlich Zeit mit der Zubereitung des Earl Grey´s, denn er wollte unter gar keinen Umständen, dass der Shinigami, der ihm praktisch freiwillig in die Arme gelaufen war, seinen Gesichtsausdruck bemerkte.

An diesem war zwar für das unwissende Auge nichts anderes als die übliche Portion übertriebene Geistesgestörtheit gepaart mit häufig nur gespielter Belustigung zu sehen. Doch Grell, den er über die Jahre nun des Öfteren zu Gesicht bekommen hatte, könnte wohl schnell etwas Neues erkennen – ein Lächeln das regelrecht schrie Ich lass dich hier nicht mehr raus! Dieses kleine Rotkehlchen in seinem Empfangsraum würde schon noch lernen, was es hieß von ihm begehrt zu werden. Aber dennoch galt es nichts zu überstürzen – er wollte Grell ja so lang wie möglich hierbehalten.

Mit einer fast schon perversen Note in seinem Gesichtsausdruck zauberte er ein kleines Fläschchen aus einem der Küchenschränke. Das sollte die ganze Sache erheblich vereinfachen!
 

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„Ich zieh bei dir ein!“

Mit Genugtuung sah Grell wie dem Undertaker bei seiner Eröffnung fast das Tablett mit den beiden Messbechern aus den Händen fiel. Natürlich hätte er damit warten können, bis er es abgestellt hätte aber das wäre bei weitem nicht so erheiternd gewesen.

„Aha…wieso, wenn ich fragen darf?“, bekam er prompt vom Bestatter zu hören, der es mit offensichtlich neutraler Miene hinnahm. „Nicht, dass es mich nicht freuen würde…“ Er stellte das Teegeschirr mit einem lauten Klirren auf die Theke und wandte sich an den anderen Shinigami.

Grell verdrehte die Augen. „Hast du das jetzt wirklich geglaubt?“ Er würde lieber den Hungertot sterben, als mit diesem Irren auch noch zusammenziehen zu wollen! Nein, seine eigentliche Idee hatte eigentlich darin bestanden, dass er seinen Status als halbwegs verlässlichen, nicht labilen Shinigami im Dienst vielleicht wiederherstellen konnte, indem er sich um diesen Auftrag mit dem einen Typen kümmern könnte. Eigentlich hatte er vorgehabt ihn wem anderen zuzuschieben, aber im Anbetracht der Situation…auch, wenn es immer noch ein äußerst unpraktischer Umstand war, dass er diese Person immer noch nicht von alleine aufspüren konnte.

Aber hatte er da nicht eine der größten Shinigami-Legenden überhaupt vor sich sitzen? Das konnte sich doch prima ausnutzen lassen…
 

„Sag mal, könntest du vielleicht…mein Gott, jetzt schau nicht so!“ Tatsächlich saß ihm jene Legende im Moment gegenüber und zog dabei eine ziemlich beleidigte Schnute. Was irgendwie ganz süß aussah aber…Moment mal, falscher Gedanke! Grell räusperte sich. „Hast du mir echt geglaubt?“ Irgendwie klang es abwegig aber irgendwie auch nicht, schließlich war der Bestatter wirklich die ganze zeit scharf auf seine Anwesenheit gewesen – was im Übrigen auch der Grund war, warum er sich diesen kleinen, doch recht harmlosen Scherz erlaubt hatte. Schließlich hatte er sich wohl auch schon die ganzen letzten Tage vor allen möglichen zum Deppen gemacht! Also durfte jetzt ruhig mal jemand Anderes dumm dastehen. Aber, dass der Undertaker gleich so eingeschnappt war…

Irgendwie war es Grell unangenehm.

„Ist ja gut…ich kann ja öfter mal vorbeischauen!“, bot er an und hoffte inständig, dass sein Gegenüber ablehnen würde. Er war für seinen Geschmack ohnehin schon viel zu oft hier.

Allerdings hatte er mit seinem unbedachten Angebot sofort ins Schwarze getroffen und der Undertaker dachte gar nicht daran abzulehnen. „Minimal jeden zweiten Tag und mindestens eine halbe Stunde!“ Grell dachte er hatte wohl nicht richtig gehört – jeden zweiten Tag?! „Jeden dritten!“ Er versuchte zu retten, was noch zu retten war. „Na gut…“ Man sah dem Bestatter an, dass er nur ungern nachgab. „Dafür aber mindestens eine ganze Stunde!“ „Wenn`s sein muss!“ Das war jetzt nicht mehr ganz so schlimm aber immer noch hätte er sich für seine unbedachten Worte ohrfeigen können. So nahm er jedoch nur noch gnädig die „Teetasse“ entgegen die ihm zufrieden grinsend gereicht wurde und schnell waren seine Gedanken bei dem Thema, dass er vorhin schon hatte anschneiden wollen, angelangt.

„Sag mal, würdest du mir bei einer Mission helfen?“ Er bemerkte wie der Ex-Shinigami hellhörig wurde.

„Kommt ganz drauf an.“

„Worauf?“

„Was ich dafür bekomme.“

Bitte?!“ Ernsthaft, der Typ wollte was von ihm, bloß dafür, dass er ihm half irgend so ein Bürschchen aufzuspüren?! Hätte er doch besser mal die Kollegen gefragt! Aber jetzt war es dafür jetzt zu spät…

„Was, ähm…willst du denn dafür haben?“ Bitte nicht das! Nicht das, was Grell im Sinn hatte. Alles, nur nicht…

„Nun, lass mich überlegen…“ Mistkerl! Ließ ihn hier einfach so zappeln! Oh bitte, alles, jedes, wirklich alles nur nicht…

„Einen Kuss.“

„Was?“ Einen Kuss? Na, das ging doch noch. Grell hatte sich etwas viel Schlimmeres vorgestellt aber er würde sich hüten das laut auszusprechen. Womöglich änderte der Undertaker sonst noch seine Meinung. Dieser sah ihn mit undefinierbarem Blick an – mal wieder. „Ist das zu viel?“ Grell wusste nicht, was der Andere gesagt hätte, wenn er diese Frage bejaht hätte aber er schüttelte den Kopf. Wenn es ein bloßer Kuss war, den er opfern musste um vielleicht eine Information zu erhalten, die ihm helfen konnte seine Achtung bei William und seinen halbwegs unbefleckten Ruf wiederzubekommen – was war schon dabei? Auch wenn er die Vorstellung den Bestatter da vor ihm zu küssen nicht sonderlich anregend fand. Außer vielleicht…

„Machst du dabei die Haare von deinen Augen weg?“ Wenn schon, denn schon!

„Nein.“ Wie jetzt?

„Warum?!“ Er wollte zumindest den einzigen sexy Körperteil von dem Typen da sehen, wenn er schon seine Lippen auf dessen pressen musste. „Ich möchte nicht.“ Na ganz toll. Dem Grinsen da vor ihm nach zu urteilen wusste dieser ganz genau wie toll seine Augen aussahen – aber das hätte Grell seinerseits natürlich niemals laut zugegeben!

„Du nervst, weißt du das?“ Grell seufzte und stand auf. Er wollte das ganze nur noch so schnell wie irgend möglich hinter sich bringen. Der Bestatter blieb sitzen, aber das störte Grell nicht wirklich. Ohne zu zögern legte er die Hände auf die in dunklen Stoff gehüllten Schultern und beugte sich langsam hinab.

Nach außen hin blieb er vollkommen ruhig aber in seinem Inneren schrie einfach alles: Ich tu`s für meinen Job, ich tu`s für meinen Job, ich tu`s nur für meinen Job!

Unwillkürlich war Grell froh, dass der Undertaker seinen Vorschlag die Augen zu zeigen, abgelehnt hatte. Der Anblick hätte ihn wahrscheinlich komplett verunsichert, aber jetzt, wo der Mund das einzig Sichtbare in dem vernarbten Gesicht war, konnte er sich ganz allein darauf konzentrieren.

Nur noch wenige Millimeter, dann…

Plötzlich ging alles ganz schnell und er fühlte sich stark an eine Situation, die er erst vor ein paar Tagen erlebt hatte, erinnert.

Seine Hände wurden von fremden umschlossen, wie in Zeitlupe flog ihm das Gesicht entgegen, während er selbst weggedrückt wurde, giftgrüne, von silbernen Wimpern umkränzte Iriden bohrten sich in seine. Plötzlich setzte seine Atmung aus, die, ob notwenig oder nicht, ein Gefühl von Vakuum in seinem Kopf erzeugte. Als wären er selbst und alles um ihn herum schwerelos schlossen sich seine Augen ganz von alleine. Immer noch wurden seine Hände in der Luft umklammert und dann, ganz kurz, fühlte er fremde, kühle Lippen auf seinen. Obwohl es nur ein Moment war, es reichte um ihm Schauer für Schauer über den Körper rinnen zu lassen. Er lehnte sich gegen in diese Berührung, die viel zu kurz war und fühlte gleichzeitig wie ihm das Bewusstsein schwand. Nicht schon wieder…

Das letzte was er mitbekam, war, wie sich diese wunderbare Berührung an seinen Lippen in Luft auflöste und ihn stattdessen etwas Weiches umschlang und ihn vor dem Fallen bewahrte.
 

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„Ups? Die Dosis war wohl etwas zu hoch…“

Der Undertaker blickte unschlüssig auf den bewusstlosen Shinigami in seinen Armen hinab. „Aber wer hätte denn auch ahnen können, dass du plötzlich so kooperativ sein könntest…“ Er kicherte. „Jetzt hast du doch gar nicht deine Belohnung bekommen! Aber ich lass mir da schon etwas einfallen. Ach, und…“

Sein Grinsen machte dem der Dämonen Konkurrenz.

„Dass du ja nicht dein Versprechen vergisst, hörst du?“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Juju108
2012-04-28T18:54:33+00:00 28.04.2012 20:54
schön geschrieben! Jetzt bin ich doch mal gespannt, was in dem Buch steht. Eine Frage: Du hast das Bild so genau beschrieben (mit dem Engel und dem Teufel). Hattest du dafür eine Vorlage vor Augen? Schreib auf jeden Fall schnell weiter :)
LG
Von: abgemeldet
2012-04-11T19:02:35+00:00 11.04.2012 21:02
Hey,
echt cooler anfang ;)
es wäre schon wenn du weiterschreibst

lg
Lillyth


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