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Yuri

von

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Chapter 1: Alte Vereinbarungen und die Tränen eines Mädchens

Chapter 1: Alte Vereinbarungen und die Tränen eines Mädchens
 

Japan, Heian-Periode (794-1185 n. Chr.).
 

Sie ging gerade frisches Wasser holen, als ihr verehrter Vater auf sie zukam und sie zu sich winkte.

„Chiyoko, meine Tochter, komm sofort ins Haus. Ich muss mit dir sprechen.“

„Jawohl, Otou-sama“, sie verbeugte sich tief, denn ihrem Vater brachte sie großen Respekt entgegen.
 

Sie lebte zusammen mit ihrem Vater, ihrer bildschönen Mutter und ihrer Großmutter sowie ihren beiden älteren Brüdern. Man konnte ihnen sofort ansehen, dass sie keine Familie der höheren Schichten waren.
 

Doch besonders fiel es an Chiyoko, der Jüngsten der Familie, auf. Während die Edeldamen des Dorfes in feinste Seidenkimonos gekleidet waren, mit aufwendigen Verzierungen, trug sie einen einfachen Yukata, der gerade so ihre Knie bedeckte, die von Schmutz und blauen Flecken durch die harte Feldarbeit übersät waren. Ihr Yukata war in beige-orangenen Tönen gehalten, mit einfachen, dunkelgrünen, blumenartigen Verzierungen, die sie selbst darauf stickte. Der kurze, lila Obi war simpel gebunden, sodass man ihn schnell anlegen konnte. Auch ihre Haare versprachen eine niedere Herkunft. Sie gingen ihr bis zu den Schulterblät-tern, vorne ihm Gesicht nur bis zu den Wangenknochen, ein Zopf an ihrer rechten Seite verhinderte, dass ihr Haar bei der Arbeit im Weg war. So war Chiyoko, die jüngste Tochter der Familie Hanamori im Südwesten Japans, ein einfaches, fünfzehnjähriges Mädchen der Unterschicht.
 

So betrat Chiyoko das Anwesen ihrer Familie, betrat den Raum ihres Vaters und setzte sich höflich auf die Knie, direkt vor ihn, den Blick auf den Boden gesenkt.
 

„Tochter, meine geliebte Tochter“, so begann er mit seinem Anliegen, „ Nun bist du schon fünfzehn Jahre alt. Sicher weißt du, was Mädchen in deinem Alter tun sollten.“

„Ja, Otou-sama.“

Was er meinte, wusste sie sofort. Er sprach von einer Heirat. Sicherlich war sie kein Kind eines reichen Hauses, doch sie war sehr hübsch anzusehen, konnte fleißig arbeiten und war wie es sich für eine Frau gehört, zurückhaltend. Auch wenn sie von keinem Politiker oder Händler zur Frau genommen werden würde, ein einfacher Bauer täte dies gewiss.

Ihr Vater fuhr fort.

„Ich bin nicht mehr der Jüngste und deine Brüder haben alle schon Verlobte. Also wollte ich nun dir einen Gatten suchen, doch…“

Sie sah ihren Vater verunsichert an. War sie nicht begehrt? Hatte etwa keiner Interesse an ihr?

„Vor langer Zeit, du warst noch nicht auf der Welt, Chiyoko, da ging es unserer Familie sehr gut. Wir waren reich und angesehen, doch durch einen Angriff des gegnerischen Dorfes verloren wir alles“, erzählte ihr Vater.

„Aber Otou-sama, ich-…!“ Sie zögerte. Es schickte sich einfach nicht für eine Dame, ihrem Vater ins Wort zu fallen und so nahm sie wieder Haltung an und schwieg.

„Du weißt es nicht. Dafür haben wir gesorgt, auch deine Brüder waren erst fünf und drei Jahre alt… Wir waren am Ende und wussten nicht weiter. Ein alter Bekannter meines Vaters hörte von unserem Schicksal und bot mir an dafür zu sorgen, dass wir eine Unterkunft und Nahrung bekommen. Er teilte uns dieses Dorf zu, ließ uns diese Hütte bauen und half uns aus der misslichen Lage. Bedingung dafür war allerdings, dass deine Mutter eine Tochter gebären würde, die später dann als Magd bei diesem Fürsten arbeiten wird. Das ist alles schon 18 Jahre her…“

Chiyoko hörte aufmerksam zu. Sie verstand sofort, was ihr Vater wollte, denn sie war nicht auf den Kopf gefallen.

„Bitte sprecht weiter, Otou-sama“, bat sie ihn.

„Im selben Jahr bekam dieser Fürst eine Tochter. Sie ist nun auch schon 18 Jahre alt. Demnächst wird ein Gesandter zu uns stoßen und dich prüfen, ob du würdig bist.“

„Otou-sama… ich…“

Ihr geliebter Vater kniete sich demütig vor seine Tochter, mit dem Kopf zum Boden gesenkt.

„Ich bitte dich, arbeite die Schulden ab, Chiyoko.“
 

So hatte sie ihn schon lange nicht erlebt. Ihr Vater musste wirklich verzweifelt gewesen sein, wenn er sich zu ihr hinunter beugte. Sie war traurig, vielleicht sogar ein wenig zornig, doch sie zeigte es nicht.

„Ich werde also einfach verkauft? Nur, weil ich ein Mädchen bin, werde ich verkauft?“, sie zitterte bei diesem Gedanken.
 

„Vergib mir, aber tu es für das Wohl unserer Familie.“

„Otou-sama… bitte, steht auf. Es passt nicht zu Euch, wenn Ihr Euch vor mir niederkniet. Ich werde mit dem Gesandten mitgehen, und ich werde dort arbeiten und meine Aufgabe gut und nach bestem Wissen erfüllen, damit ich Euch keine Schande bereiten werde.“ Sie lächelte ihren Vater an.

Er hatte große Augen. Er wusste, seine Tochter war ein gütiger Mensch, doch so gütig? Sie hatte sowieso keine andere Wahl, also nahm sie ihr Schicksal an.

„Ich danke dir.“ Das war die Antwort. „In den nächsten Tagen wird der Gesandte erscheinen und dich der Fürstentochter vorstellen.“
 

Chiyoko verbeugte sich, verließ den Raum und ging nach draußen. War wirklich alles so passiert, wie es gerade geschildert wurde?

„Ich wusste gar nicht, dass wir eine wohlhabende Familie waren…“, dachte sie und schaute dabei in den Himmel. „Wie wohl diese Fürstentochter sein wird?“ Sie seufzte und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, holte Wasser und ging dann zu dem Rübenfeld, welches ihre Familie mit ein paar anderen Dorfleuten betrieb.
 

Auf dem Feld angekommen sah sie gleich ihren ältesten Bruder, Takeo - 23 Jahre jung - zusammen mit seiner Verlobten Shizuka, die fünf Jahre jünger als er war. Beide waren mit der Feldarbeit beschäftigt. Takeo pflügte die Rüben aus dem Felde, gab sie Shizuka, die sie abwischte und in den Korb legte. Man sah, beide waren schon lange auf dem Feld, denn sie hatten nunmehr schon drei große, gefüllte Körbe stehen. Er sah seine kleine Schwester auf ihn zukommen, die gerade mithelfen wollte und sich stillschweigend zu ihnen gesellte.

„Was ist los, Chiyoko-chan?“, fragte ihr großer Bruder sie.

„Aniki…“, Sie schaute ihren großen Bruder an. „Es ist nichts. Alles in Ordnung“, sagte sie mit einem Lächeln.

Takeo ging auf seine kleine Schwester zu. Die beiden hatten ein inniges Verhältnis miteinander. Immer, wenn Chiyoko traurig war, war es Takeo, der sich um sie kümmerte und ihre Tränen trocknen ließ, sie in den Arm nahm und in den Schlaf wog. Deshalb war es auch für Chiyoko unmöglich, ihrem Bruder etwas vormachen zu wollen. Sie kannten sich zu gut.

„Du siehst traurig aus, haben dich etwa wieder die anderen Mädchen geärgert?“

„N-Nein. Das haben sie nicht. Sie sind alle sehr nett zu mir, sie haben mich schon lange nicht mehr geärgert“, sagte sie. Das stimmte so nicht ganz, denn sie wurde häufig von den anderen Töchtern des Dorfes aufgrund ihres Charakters gehänselt, doch Chiyoko hatte sich daran gewöhnt, es störte sie kaum noch.

Takeo fragte sie: „Was bekümmert dich dann? Du siehst so traurig aus. Und hör auf, mich anzulügen, das merke ich sofort, kleine Schwester.“

Er hatte Recht. Sie konnte es nicht verbergen, ob sie wollte oder nicht. Also sprach sie mit ihm: „Otou-sama… Unser verehrter Vater…“, sie fing an zu weinen und hielt sich die Hände vor die Augen, „e-er… hat mich fortgeschickt… damit ich als Magd beim Fürsten arbeite!“

Takeo kniff die Augen zusammen. Er fand es schrecklich, seine Schwester so zu sehen. Doch überraschte es ihn nicht, er wusste von dieser alten Abmachung und antwortete ihr: „Ach, diese Sache…“

Sie schaute ihn mit großen Augen an. Ihr war sofort klar, so wie er diese Worte aussprach, musste er davon wissen.

Sie fragte ihn: „D-Du wusstest davon, Aniki?“

„Ja.“

„Warum hast du mir nie davon erzählt…?“, sie schniefte wieder.

Takeo beugte sich hinunter zu seiner Schwester, die seit ihrem Tränenausbruch auf dem Feldboden saß, wo sich ihr Kimono schon braun verfärbte.

„Damit du dein Lächeln nie verlierst“, sagte er zu ihr, während er über den Kopf seiner kleinen Schwester strich.
 

Shizuka, eine sehr ruhige, etwas unterkühlte Achtzehnjährige, mischte sich nun auch in das Gespräch ihres Verlobten und seiner Schwester ein.

„Du bist traurig, weil du nicht willst, dass man dich von deiner Familie trennt. Gewöhn dich daran, schließlich gibt es keinen Ausweg, Chiyoko.“

Auch wenn Shizukas Worte verletzend waren, so hatte sie Recht. Shizuka hatte fast immer Recht, wenn sie denn einmal ihre Meinung verkündete, was schon an ein Wunder grenzte. Sie war nicht etwa meinungsfrei. Ihre emotionslose Art hatte etwas Besonderes, was Takeo schon immer faszinierte, weswegen er sich auch mit ihr verlobt hatte. Denn auf diese Weise konnte er eine liebliche, gefühlvolle Shizuka kennen lernen. Dieses Mal ging sie jedoch zu weit. Er meckerte sie an:

„Was fällt dir ein, so mit Chiyoko-chan zu reden, Shizuka?!“, entgegnete Takeo gereizt.

„Wieso? Es stimmt doch“, antwortete seine Verlobte ihm.

Sie ging auf Chiyoko zu.

„Lass dich doch darauf ein, vielleicht erwartet dich dort am Fürstenhof die Hölle, doch darauf kommt es nicht an. Wichtig ist, wie du damit umgehst, Chiyoko. Vielleicht erfährst du dort auch etwas sehr Schönes und Unerwartetes“, meinte Shizuka mit einem sanften, lächelnden Gesichtsausdruck, welcher sowohl Chiyoko als auch ihren großen Bruder etwas aus der Fassung brachte, denn so liebevoll und optimistisch hatten beide sie noch nie erlebt.

Chiyoko hatte große Augen, sie war sprachlos über die Reaktion ihrer zukünftigen Schwägerin und ihr wurde klar: Wieder einmal hatte sie Recht.

„I-Ich… danke dir, Shizuka-san“, stotterte Chiyoko leicht, denn sie musste etwas über ihre eigene Naivität schmunzeln, denn sie befürchtete das Schlimmste, wenn sie zum Fürstenhaus gehen würde. Die drei führten ihre Arbeit fort, Takeo und Chiyoko lachten viel, während Shizuka schweigend und ohne jegliche Gefühlsregungen zuhörte.
 

Am Abend gingen sie zurück zum Haus. Takeo ging zu seinem Vater, die Frauen an die Feuerstelle, an der die Mutter schon einen Topf bereit gestellt hatte.

„Guten Abend, Okaa-sama“, begrüßte Chiyoko ihre Mutter Mamiko. Shizuka trat hinein und verbeugte sich nur kurz.

Mamiko lächelte ihre geliebte Tochter an. Sie war eine wunderschöne Frau. Man konnte sie glatt für eine Prinzessin halten, denn nicht nur ihr Körper und ihre Mimik waren reizend, auch ihr Betragen, ihre Klugheit – all das ließ sie zu einer Traumfrau werden, die im Dorf hoch angesehen wurde.

Sie grüßte ihre Tochter und ihre zukünftige Schwiegertochter zurück: „Willkommen zurück, ihr beiden. Ihr seid heute aber spät zurück.“

„T-Tut mir leid, Okaa-sama. Es gab einen kleinen Zwischenfall… u-und dann wurde unsere Arbeit etwas aufgehalten…“, erklärte Chiyoko ihrer Mutter etwas unsicher.

Mamiko sah die beiden an und fragte: „Einen Zwischenfall? Hm? Was für einen Zwischenfall?“

Chiyoko wollte es ihr gerade erläutern, nicht ganz die Wahrheit, die Details von ihrem Weinen wollte sie auslassen, doch Shizuka fiel ihr ins Wort:

„Weil Ihre Tochter geheult hat. Und wie. Sie hat die ganze Arbeit aufgehalten.“

„Sh-Shizuka-san! D-Das kannst du doch nicht so s-sagen…!“, Chiyoko errötete fürchterlich, denn es war ihr mehr als peinlich schon wieder geweint zu haben.

Mamiko musste kichern, sie konnte es sich nicht verkneifen.

„Warum hast du geweint, meine geliebte Tochter?“

Chiyokos Blick wurde etwas betrübter. Sie erzählte ihrer Mutter alles, was sie von ihrem Vater zu hören bekommen hatte. Beide Frauen hörten ihr aufmerksam zu und Mamiko redete ihrer Tochter Zuversicht ein, während sie zusammen das Abendessen vorbereiteten.
 

Jener Tochter war die Atmosphäre nun äußerst unangenehm und sie wollte die traurige Stimmung schnell vertreiben und auch die Tatsache, dass sie gerade im Zentrum aller Aufmerksamkeit stand. Sie wechselte schnell das Thema.

„W-Wie geht es Obaa-sama?“, fragte sie hastig.

Mamiko senkte ihren Blick, dann schaute sie hinter sich. In dem etwas dunklem Raum konnte man dennoch erkennen, dass dort eine zugedeckte Person lag, die sich nicht rührte.

„Der Zustand deiner Großmutter wird immer schlimmer, Chiyoko. Sie hat heute nur geschlafen“, führte sie fort.

Es ging Chiyoko bei ihren Tränen nicht nur darum, nicht zu heiraten oder als Magd arbeiten zu müssen. Das Grausamste war die Trennung von ihrer Familie. Sie würde sie wohl kaum oft besuchen dürfen, vielleicht sogar nie mehr wiedersehen. Weder ihre geliebten Brüder Takeo und Naoki, noch ihre geliebte Mutter Mamiko und auch nicht mehr ihren Vater Shiro und ihre Großmutter Kaori.
 

Kaori war gerade das Gesprächsthema. Die schon über 60 Jahre alte Frau war schwerkrank. Sie konnte sich nicht mehr bewegen, war an ihre Schlafstätte gebunden. Vor wenigen Tagen hörte sie sogar auf zu sprechen.

Chiyoko machte sich große Vorwürfe, kaum etwas für ihre Großmutter ausrichten zu können, doch sie ganz zu verlassen schien ihr noch viel schmerzvoller. Dennoch musste sie gehen, egal was kommen mag.

„I-Ich verstehe…“, erwiderte sie nur. Ihre großen, braunen Augen waren von Tränen benetzt. Mit der alten Frau ging es also langsam zu Ende, sie war dem Tode nah.

Shizuka und Mamiko beobachteten Chiyoko, die gerade aufgestanden war und zum Lager ihrer Großmutter schritt. Sie kniete sich neben die alte Frau, nahm ihre Hand und sprach leise und traurig zu ihrer Großmutter: „Obaa-sama… I-Ich will… nicht gehen… ich will euch nicht alle verlassen müssen!“ Sie versuchte, ihr Weinen und Schniefen zu unterdrücken, doch es misslang ihr. Sie schaute ihre Großmutter weiter an. Was sie dann sah, erstaunte sie: Die alte Dame drückte, wenn auch nur ganz leicht, ihre Hand und lächelte.

Sie musste ihre Enkeltochter verstanden haben, sonst hätte sie so etwas nicht gemacht.

Zu schnell jedoch versag das Lächeln und der leichte Druck der Hand.

Chiyoko war aufgewühlt: Traurigkeit, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit. Diese Emotionen hallten in ihr. Sie hatte ein schreckliches Gefühl. Man hörte nur ein kurzes Wimmern ihrerseits, dann sprang die Fünfzehnjährige auf und rannte los. Sie wollte weg.
 

Mamiko und ihre zukünftige Schwiegertochter waren geschockt. Hastig sahen sie nach dem Zustand der Familienältesten.

„Okaa-san! Okaa-san! Was hast du?!“, fragte Mamiko ihre Mutter verzweifelt.

Shizuka überprüfte die Atmung von Kaori. Sie seufzte erleichtert auf.

„Sie lebt.“

Die Anspannung in Mamikos Körper verflog. Sie war glücklich, dass es ihrer verehrten Mutter verhältnismäßig gut zu gehen schien, dennoch machten sie sich Sorgen um Chiyoko, die nun ganz alleine weinend draußen herumrannte.

Im selben Moment betraten Shiro und sein Sohn Takeo den Raum. Sie blickten die Frauen fragend an und Shiro fragte die beiden:

„Was ist los mit euch? Warum seid ihr so aufgewühlt?“

Aufgewühlt konnte man bei Mamiko als passend bezeichnen, doch wie immer saß Shizuka nur mit ausdrucklosem Gesicht da und starrte den Hausherren an.

„Wir dachten, Eure verehrte Frau Mutter wäre von uns gegangen, verehrter Herr“, antwortete Shizuka.

„Was?!“, schrie Shiro auf. Er war sichtlich erschrocken und lief eilig zu seiner Mutter, „Okaa-san?! Alles in Ordnung?!“

Shizuka beruhigte ihn: „Es geht ihr gut. Sie hat nur aufgehört, die Hand Eurer Tochter zu drücken und hat sie nicht mehr angelächelt.“ Es war typisch für Shizuka, solche kleine Details zu bemerken. Ihren Blicken entging nichts.

Alle waren beruhigt, bis auf Shiros Frau. Sie sorgte dafür, dass ihr Gatte sich nun doch nicht mehr beruhigen konnte.

Zweifelnd sahen sich die Männer im Zimmer um.

„Wo ist Chiyoko-chan?“, erkundigte sich Takeo. Normalerweise saßen die drei Frauen dieser Familie bei der Ankunft der Männer alle beisammen und hatten das Essen fertig gekocht.

„Sie dachte, deine Großmutter hätte uns verlassen und ist dann aus dem Haus gerannt, Takeo-san…“, bekam er von seiner Mutter als Antwort.

„Ich gehe sie holen!“

„Du bleibst hier, Sohn.“ Takeo wurde unsanft an der Schulter zurückgehalten. Sein Vater wusste, sie würde nun nicht zurückgehen wollen. Man könnte sie zwingen, doch das würde dem Mädchen nur noch mehr Kummer bereiten.

Die Familie verweilte in dem Raum und sie begannen mit dem Abendessen.

Takeo fragte nun: „Wo bleibt eigentlich Naoki-kun?“
 


 

Ende Chapter 1
 

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Vielen Dank an deinem Interesse, dass du bis hier hin gelesen hast :D
 

Das erste Kapitel ist also abgeschlossen. Es hat mich wirklich viel Mühe gekostet, einen logischen Anfang in die Geschichte zu bringen, da ich keine genaue Struktur für die Handlung geplant hatte, sondern nur "kurz was für den Kunstunterricht" erfinden wollte. Diese Geschichte wird allerdings wohl längere Ausmaße haben und ich muss zugeben, jetzt, wo ich bereits an Kapitel 6 sitze, sind mir Chiyoko und die anderen Personen schon sehr ans Herz gewachsen :D
 

Seid auch im nächsten Kapitel dabei, ab da geht es nämlich erst richtig los ;)

Chapter 2: Hoffnung und Zuversicht - Geschwister helfen sich

Chapter 2: Hoffnung und Zuversicht – Geschwister helfen sich
 

Sie lief weiter, auch wenn es mit ihrem Kimono nicht gerade einfach war, so lief sie weiter und würde auch so schnell nicht mehr anhalten wollen. Sie wollte weg, weg von dem toten Körper ihrer Großmutter, weg in die Dunkelheit, obwohl sie sich davor fürchtete.

Tränen flossen ihre Wangen hinunter. Fortwährend dachte sie nur an ihre Oma, ihren letzten Atemzug, doch auch aus diesen Gedanken wurde sie schnell entrissen, als sie plötzlich mit etwas kollidierte.

Chiyoko fiel zu Boden, was sie mit einem zaghaften „Aua“ kundgab. Gerade wollte sie sich auf ihre Knie setzen, sich tief verbeugen und für ihr unerträgliches Betragen entschuldigen.

„B-bitte verzeihen Sie…!“, schluchzte Chiyoko.

„Sag mal, kannst du nicht aufpassen?!“, beschwerte sich die Chiyoko sehr bekannte Männerstimme, „Weibsbild, beinahe wäre ich auch hinge-!“

Chiyoko sah auf.

„O-o-onii-sama?!“ Sie war verblüfft, ihren zweitältesten Bruder Naoki hier zu sehen. Er hatte schlechte Laune, das spürte sie sofort und sie wusste auch gleich den Grund dafür: Ihre Anwesenheit.
 

Er hasste seine kleine Schwester, seinen großen Bruder und seine ganze Familie. Der Einundzwanzigjährige hasste Takeo, weil dieser der Erbe der Familie war. Er hasste seine kleine Schwester, ein naives Mädchen, das von allen Familienmitgliedern nur bevormundet wurde und seine Familie, die ihm nie besondere Achtung schenkte.
 

„Chiyoko! Was machst du hier um diese Zeit?! Es ist schon dunkel und solltest du nicht das Essen vorbereiten?!“, schrie er wütend.

Sie antwortete ihm nun noch verweinter: „E-Es tut mir leid! A-Aber Obaa-sama…! S-Sie…!“

Naoki packte sie hastig an den Schultern und riss sie nach oben.

„Was ist mit Obaa-san?!“

„S-S-Sie…“, Chiyoko konnte es nicht aussprechen.
 

Obwohl er am liebsten losgerannt wäre, so blieb er bei seiner Schwester. Zu grausam wäre es jetzt, sie hier alleine am Waldesrand zu dieser späten Stunde alleine weinen zu lassen. Außerdem: Was sollte es ihn kümmern, was mit der Alten ist? Er hatte schließlich schon lange nichts mehr mit ihr zu tun und jeder würde einmal sterben. Zumindest dachte auch er, sie wäre nun gestorben, denn Chiyokos Tränen waren einfach zu stark, um nichtig zu sein.
 

Er hob seine Schwester hoch, legte sie in seine Arme und trug sie zu ihrem Lieblingsplatz, an den sie rennen wollte. Es war ein kleiner Bach, etwas im Wald gelegen, wo in dieser Dunkelheit die nur Glühwürmchen tanzten.

Naoki setzte sich zusammen mit seiner kleinen Schwester auf den kleinen Steg, der die beiden Ufer miteinander verband. Alles um sie leuchtete, und nach Minuten des Schweigens seufzte er: „Du bist wirklich nicht einfach zu händeln, rennst da in der Gegend herum und heulst wie ein kleines Gör. Verhalte dich endlich mal erwachsen, sonst will dich am Ende wirklich niemand heiraten.“

Gelangweilt sah er in die Luft, während er diese Worte seiner noch völlig aufgelösten Schwester mitteilte. Sie schaute ihn an.

„A-Aber es ist so traurig…“

Ein erneutes Seufzen. Das schien ihm die passendste Antwort zu sein, um seiner Schwester klarzumachen, dass er nicht gerade freudig gestimmt war.

„Hör mir mal zu. Ich sage das nur einmal. Wenn Menschen sterben, dann werden ihre Seelen zu Glühwürmchen, verstanden? Hier, siehst du?“ Mit dieser Frage zeigte er auf den Insektenschwarm.

Chiyoko richtete ihren Blick nach oben, dort, wo ihr großer Bruder hinzeigte. Sie glaubte jedem seiner Worte.

Beide saßen noch eine ganze Weile so da, schauten sich die Glühwürmchen an und schwiegen.

Selten hatte man Naoki derartig fürsorglich erlebt. Vermutlich tat er das auch nur, damit er endlich seine Ruhe vor ihr haben konnte.

Spät in der Nacht kehrten die beiden in der Hütte zurück. Naoki trug seine kleine Schwester Huckepack, denn sie war schon eingeschlafen.

Er betrat die Türschwelle und sah seine Familie, die gerade dabei war, letzte Vorbereitungen für den nächsten Tag zu treffen. Mamiko grüßte ihren Sohn freundlich:

„Willkommen zurück, Naoki-san.“

„Endlich bist du wieder da und sogar Chiyoko hast du mitgebracht! Gut, mein Sohn!“, entgegnete der Vater, der auf seinen Sohn zuging. Lediglich Takeo sah ihn ohne Kommentare oder Begrüßung an.

Naoki war durchaus verwirrt, was natürlich nachvollziehbar ist. Gerade weinte sich seine kleine Schwester bei ihm aus, machte ihm Kummer und erzählte davon, wie die Großmutter gestorben sei und im Haus war nichts dieser Stimmung zu spüren.

„W-Was ist mit Obaa-sama?“, fragte er zögerlich.

Dieses Mal klärte ihn seine Mutter auf und schilderte die Situation. Naoki legte seine Schwester zu ihrer Schlafstätte, er war doch ein wenig genervt, verärgert, erzürnt, aber auch erleichtert. Irgendwie war es ja typisch für Chiyoko.

Er strich ihr über die Wange und die Familie legte sich zu Bett.
 

Zwei Nächte nach diesem Vorfall war fast alles wieder beim Alten: Naoki arbeite am Flussbett, um Fische mit seiner Verlobten Midori zusammen zu fangen. Mamiko wachte an der Seite ihrer Mutter. Der Rest der Familie arbeitete wie üblich auf dem Rübenfeld.

Doch etwas war anders, das wussten alle. Chiyoko schien noch merkwürdiger als sonst. Sie schämte sich für sich selbst. Wie konnte sie nur so dumm sein? Sie hätte nicht weglaufen dürfen, das war ihr bewusst. Alle hielten sie nun für einen Trottel, eine Trantüte, dumm genug, um nicht mitzubekommen, dass ihre eigene Großmutter noch lebt, nachts in den Wald rennt und allen nur Probleme und Kummer bereitet.
 

Chiyoko stand ein ganzes Stück abseits von ihrer Familie, sie wollte sie einfach nicht zu nahe um sich herum haben, denn das wäre noch kränkender. Sie war nicht besonders eitel, doch wahrlich ein wenig Würde besaß sie doch.
 

„Sie ist ziemlich geknickt“, sagte Shizuka. Takeo konnte seiner Verlobten nur zustimmen und nickte.

„Verständlich. Sie muss sich wie eine Idiotin fühlen.“

Er bekam keine Antwort mehr, Shizukas Blick zeigte mehr, als tausend Worte je beschreiben könnten. Beide verstanden sich ohne große Worte.

Shiro sah nur seiner trauernden Tochter nach, die noch immer völlig gedankenversunken ihre Aufgabe erfüllte.
 

„Wieso bin ich so blöd?“, sie seufzte wieder. Solche Fragen stellte sie sich öfter, denn sie wurde häufig als blöd, merkwürdig oder gar unseriös von den anderen Dorfbewohnern benannt. Es schmerzte sie, denn nach jedem Missgeschick schenkte sie den verletzenden Worten ihrer Mitmenschen mehr und mehr Glauben.
 

Für eine kleine Weile schaute sie in den Himmel hinauf, denn sie hatte Lerchen gehört, die nun über ihr flogen.

„Selbst die Vögel scheinen mich zu verspotten…“, sagte sie in einem selbstironischen Ton. Sie senkte nun ihren Kopf, schaute auf die Ackererde.

„Niemand braucht mich. Ich bin ein dummes Mädchen…“, ihre Augen füllten sich mit Tränen, welche gerade ihre Wange hinunterlaufen wollten. Doch das wollte Chiyoko niemandem zeigen. Sie hob ihre Hand hinauf und führte sie in Richtung ihres Gesichtes, um ihre Augen etwas abzutrocknen, also plötzlich eine Hand vor ihr erschien und das gleiche tat.

„Bist du denn wirklich ein dummes Mädchen?“, fragte eine zarte und dennoch so kraftvolle Stimme.

Chiyoko erschrak fürchterlich. Sie blickte mit weit geöffneten Augen nach oben, zu dem Gesicht, zu dem diese Hand, die gerade ihre Tränen wegwischte, gehörte. Sie war so überrascht, sodass sie nur mit geöffnetem Mund die schöne Frau vor sich ansehen konnte.

„Ich habe dich gefragt, ob du wirklich ein dummes Mädchen bist“, wiederholte die Frau mit einem Lächeln.
 

„J-Ja…“, erwiderte Chiyoko und schaute wieder zu Boden. Ihr fiel sofort der edle Kimono der Frau auf, ein Junihitoe von allerhöchster Qualität.

Sofort verneigte sich die Bauerstochter hastig. Beinahe hielt sie ihr Gesicht in die schmutzigen Ackererde.

„H-Herzlich Willkommen, Ojou-sama! B-Bitte vergeben Sie mir meine Dummheit, Sie nicht sofort erkannt zu haben!“, stotterte Chiyoko aufgeregt. Sie wusste nicht, mit wem sie es hier eigentlich zu tun hatte, lediglich konnte man sagen, dass diese Frau wirklich unbeschreiblich schön war. Ihre Tracht waren voller aufwendiger Muster, die oberste Schicht in einem kräftigen Violett, verziert mit goldenen und weißen Blumen und Kranichen. Die weißen Haare reichten fast bis zum Boden, nur Prinzessinnen und Edeldamen trugen sie so. Sie trug detailierten Kopfschmuck mit Perlen und Federn, die mit roten Bändern angeheftet waren.

Solch eine bezaubernde, hochrangige Dame stand nun seelenruhig lächelnd vor einer niederen Bauerstochter im Rübenfeld und fragte jenes Mädchen doch tatsächlich, ob sie wirklich ein dummes Mädchen sei.
 

Chiyoko konnte nicht anders: Sie hatte wieder Tränen in den Augen und nickte.

„Ich mache jedem nur Probleme… Es gibt nichts, das ich gut kann… und ich …“, schluchzte sie.

Die junge Frau beugte sich zu dem weinenden Kind hinunter, ja, gerade hatte Chiyoko nichts von einer Dame, sondern nur etwas von einem Kind. Sie berührte sie zart am Kopf und redete mit beruhigender Stimme:

„Du bist ein liebes Mädchen, ich glaube nicht, dass du jedem Probleme machst.“ Mit diesen Worten spürte Chiyoko eine sanfte und gleichzeitig kraftvolle Umarmung.

Obwohl sich die beiden Frauen völlig fremd waren, schüttete Chiyoko ihr Herz aus und klammerte sich mit ihren verdreckten Arbeiterhänden in das teure Gewand der Dame.
 

Natürlich blieb solch hoher Besuch auf dem Rübenfeld nicht unentdeckt. Takeo bemerkte die Frau sofort und wie alle anderen war er mehr als verwundert.
 

Noch immer hielten sich die Frauen Arm in Arm. Von weiter Ferne konnte Chiyoko jedoch eine Stimme hören, die Stimme eines Mannes. Er kam angerannt und rief:

„Hime-sama! Hime-sama! Ihr könnt doch nicht einfach weglaufen!“
 

Chiyoko erschrak erneut. Nannte er die Frau gerade Hime-sama? Also war sie nicht einfach nur eine wichtige Frau, sie war eine Fürstentochter! Oder gar eine Prinzessin? Doch was hatte eine Prinzessin in einem so verarmten Dorf zu suchen, zumal es in der Nähe keine Schlösser oder große Anwesen gab?
 

Verwirrt blickte Chiyoko den edlen Gast an. Diese hielt weiterhin ihre Arme um sie, woraufhin Chiyoko leicht errötete. Sie hatte Herzklopfen, sogar ziemlich starkes. Schließlich hatte sie eine sehr hohe Persönlichkeit vor sich stehen.

Die Prinzessin sah zu ihrem Diener herüber und kicherte. Er ging vor ihr auf die Knie, schloss die Augen und sagte ehrwürdig:

„Bitte, Hime-sama. Ihr dürft nicht einfach weglaufen. Was wäre, wenn irgendein niederes Dorfgesindel Hand an Euch legen würde? Euer Vater würde mir, Eurem treuen Diener, so etwas niemals mehr verzeihen!“

„Verzeih mir, Tanaka-san. Doch als ich meine Magd sah, musste ich sie sofort sehen, schließlich ist sie ein so niedliches Mädchen.“ Die Prinzessin strahlte ihren Gesandten an.
 

Moment? Hatte Chiyoko richtig gehört? Sagte die Prinzessin meine Magd? Diese Worte brachten sie noch mehr durcheinander.

„I-I-I-Ist das etwa die verehrte Fürstentochter?!“, stotterte sie aufgeregt in ihren Gedanken.
 

Tanaka, ihr Gesandter, konnte seiner Herrin nicht böse sein. Diese wendete ihr Augenmerk nun wieder zu Chiyoko. Sie war entzückt von diesem ihrer Meinung nach, kleinen, schüchternen Mädchen, welches gerade mit weit geöffnetem Mund und großen Augen auf sie schaute.

Wieder musste sie schmunzeln, ging ganz nah an sie heran und fasste ihrer neuen Magd an die Wange.

„So ist es, ich bin nur für dich hergekommen, um dich mit mir zu nehmen, Chiyoko-chan“, flüsterte sie in das Ohr der Fünfzehnjährigen.
 

Chiyokos Gesicht färbte sich noch roter und sie schrie auf:

„E-Eeh?! W-Wie bitte? A-Aber…!“, Chiyokos Augen fingen an, sich zu kreisen. Das war einfach zu viel in den letzten Tagen. Sie schwankte kurz und fiel dann bewusstlos auf die Erde.
 


 

Ende Chapter 2
 

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Soo, nun ist also schon das zweite Kapitel draußen :3

Ich hoffe, es hat euch gefallen :D Ich mag die Stelle wirklich gerne, in der die Fürstentocher zum ersten Mal erscheint und Chiyoko frägt, ob sie tatsächlich ein dummes Mädchen sei :3

Nunja, mehr gibt es jetzt auch nicht mehr zu sagen, freut euch jedenfalls auf das nächste Kapitel, das ich voraussichtlich am 23.03.2012 hochladen werde :D

Chapter 3: Zusammenkunft

Chapter 3: Zusammenkunft
 

Wanke Stimmen hallten in ihrem Kopf, die nach ihrem Namen riefen, doch sie konnte nicht reagieren. Sie spürte, wie sie getragen wurde, mehr wusste sie nicht.
 

Nachdem Takeo seine kleine Schwester in ihr Bett lag, verließ er den Raum wieder und begab sich in den Aufenthaltsraum, in dem seine Eltern zusammen mit der Fürstentochter und ihrem Gesandten saßen. Er verbeugte sich tief und nahm dann ebenfalls schweigend Platz, neben seiner Mutter.
 

Shiro ergriff das Wort:

„Ihr seid also Okabashi Sayuri-sama, werte Frau?“, fragte er.

Die Fürstentochter nickte leicht amüsiert.

„Hime-sama, Ihr seid wirklich früh gekommen. Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Anreise“, sagte Shiro. Selbst ihn als Mann der älteren Generationen ließ ihre Schönheit nicht kalt. Er war nervös, und das obwohl seine geliebte Ehefrau neben ihm saß.

„Meine Anreise war äußerst angenehm, der Tagesritt hat mir viel Freude bereitet, Shiro-san“, wieder nickte sie.

„Dieser Mann hier ist mein Gesandter, Reisebegleiter und treuer Diener Tanaka-san“, erläuterte sie, während sie auf ihren Begleiter zeigte. Er durfte sich nun zu Wort melden.

„Ich bin sehr erfreut. Unsere Hime-sama freut sich schon seit Tagen darauf, Ihre werte Tochter kennen zu lernen, Shiro-san. Deshalb ist es auch mir, ihrem Diener, eine besondere Ehre, die Hime-sama begleiten zu dürfen.“

Shiro war verwundert über diesen höflichen Umgangston, den die beiden seiner Familie gegenüber verwendeten, ließ es sich jedoch nicht anmerken.

„Sagt bitte, Hime-sama“, führte er an, „Wie geht es meinem alten Freund, Eurem werten Herrn Vater?“

„Danke, es geht ihm ausgezeichnet. Er ist auch sehr erpicht darauf, die Tochter seines guten Freundes zu sehen.“

„Das ist gut zu wissen. Ihr seid wahrlich zu einer wunderschönen Frau herangereift, Hime-sama.“ Er war erleichtert, schließlich hatte er 18 Jahre nichts von seinem Freund gehört.

Verlegen schaute sie zu Boden und bedankte sich. Sie redeten noch eine Weile über Belangloses weiter.
 

Im Nebenzimmer lag Chiyoko weiterhin auf ihrem Futon, doch mittlerweile hatte sie ihr Bewusstsein wiedererlangt. Aufgrund ihres Schwindels konnte sie jedoch noch nicht aufstehen. Sie hörte die Stimmen im Nebenzimmer.

„Das ist die Fürstentochter…? Es ist so peinlich… Wie konnte ich mich nur derart verhalten?!“, sie legte ihre Hände vor ihre Augen als sie diese Gedanken hatte. „Jetzt hält sie mich für komisch. Außerdem… Warum ist sie schon hier? Ich dachte, ich könnte wenigstens noch etwas Zeit mit meiner Familie verbringen…“

Sie war wieder den Tränen nahe, doch wurde sie unterbrochen, als ihr sonst so missgelaunter Bruder Naoki hereinkam und sich zu ihr setzte. Er fragte sie: „Du bist wieder wach? Wie geht es dir?“

War er etwa besorgt? Die letzten Tage hatte er ungewöhnlich viel mit seiner verhassten Schwester gesprochen und auch jetzt hörte man an seiner Stimme, dass er wirklich an ihrem Befinden interessiert war.

„Mir geht es schon wieder gut, Onii-san, danke.“, entgegnete sie ihm. Sie hatte wohl etwas Fieber und ihr war noch leicht schwindelig, aber das musste Naoki nicht wissen.

Er strich ihr über die Stirn. Natürlich bemerkte er sofort ihre erhöhte Temperatur, doch er wusste, sie wollte es vor ihm geheim halten, deswegen ging er nicht näher darauf ein.

„Wenn es dir besser geht, dann solltest du unsere Gäste willkommen heißen“, entgegnete er ihr sachte.

„Ja, das werde ich.“

Es war ihr nicht ganz geheuer, warum er nicht bei den anderen saß, doch konnte sie ihn nicht mehr fragen, da er schon längst aus dem Raum getreten war, um seiner Verlobten Midori wieder beim Fischfang helfen zu können.

Sie ging auf die Schiebetür zu, setzte sich auf die Reißstrohmatten, um dann die Tür zu öffnen, als sie wohl ausversehen begann, das Gespräch der Personen im Aufenthaltsraum zu belauschen.
 

„Eure Tochter, Shiro-san, ist auch ein bezauberndes, junges Mädchen. So voller Gefühl“, hörte Chiyoko die Fürstentochter sagen. Wieder wurde sie etwas rot.

Takeo antwortete: „Wollt Ihr sie wirklich bei Euch aufnehmen, Hime-sama? Sie ist ein Taugenichts, lässt sich leicht beeinflussen und manchmal ist sie wirklich merkwürdig, außerdem weint sie ständig und tut bei aller Liebe kein gut Werk.“ Er schaute etwas grimmig und hatte die Arme verschränkt.

Chiyoko öffnete die Tür einen Spalt, sehr langsam, man konnte das Geräusch kaum vernehmen.

„Ja, das möchte ich in der Tat“, sprach die Fürstentochter, „Ich bin mir sicher, dass man aus diesem Mädchen sehr viel herausholen kann. Sie hat sehr viel Potenzial.“ Als sie diese Worte sprach, sah sie genau in den Türspalt hinein und lächelte wissend.

„H-Hat sie mich etwa bemerkt? U-Und welches Potenzial meint sie?“, fragte sich Chiyoko innerlich. Nun war sie noch nervöser, denn ihre neue Herrin hatte sie nicht nur beim Lauschen erwischt, sondern hatte sie sich auch noch ausgerechnet bei ihr ausgeweint. Und dennoch wurde sie von ihr gelobt.

Die Schiebetür öffnete sich. Chiyoko verneigte sich tief.

„Entschuldigt bitte die Störung, doch ich wollte mich für mein Betragen entschuldigen, Hime-sama.“

Sayuri entgegnete wieder lächelnd: „Schön, dass du zurück bist, Chiyoko-chan. Geht es dir besser? Ich machte mir große Sorgen um dein Wohlergehen als du einfach zusammengebrochen warst.“

Chiyoko nickte nur leicht errötet. Ihr war diese Situation unangenehm. Allerdings musste sie zugeben, dass sie sich ungemein über das Lob der Prinzessin freute. Sie nannte sie in ihren Gedanken weiterhin Prinzessin, denn für sie war sie eine.

Mamiko flüsterte ihrem jüngsten Kind, es müsse sich noch vorstellen, alles andere wäre äußerst unhöflich, nachdem sie schon einfach in den Raum gegangen war. Die anderen bemerkten den kurzen Tratsch der Frauen selbstverständlich sofort.

„Mein Name ist Chiyoko! Ich bin fünfzehn Jahre alt und wohne in diesem Dorf, seit ich denken kann“, bekundete sie der Fürstentochter, die sie immer noch anlächelte.

„Ich bin wirklich erfreut, Chiyoko-chan. Ein sehr hübscher Name. Ich bin Okabashi Sayuri, die Tochter von Okabashi Kakeru, dem Fürsten dieser Provinz und ich hoffe sehr, dass wir gut auskommen werden.“
 

Es war entschieden: Chiyoko konnte gar nicht anders, als mit Sayuri und Tanaka mitzugehen. Nachdem es noch Weiteres zu besprechen gab, verabschiedete sich Chiyoko von ihrer geliebten Familie. Ihre Augen blieben nicht trocken, doch sie ließ ein richtiges Weinen nicht zu. Sie musste jetzt stark sein.
 


 

Ende Chapter 3
 

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Ui, ein ganz kurzes, knappes Kapitel, dass mir neben Kapitel 5 doch sehr gut gefällt, auch wenn nicht wirklich was Tragisches passiert :D

Das nächste Kapitel wird jedoch wieder etwas länger und das darauffolgende richtig lang, freut euch darauf, denn jetzt beginnt für Chiyoko erst so richtig der Ernst des Lebens ;)
 

Kapitel 4 erscheint vorläufig am 15. April.

Chapter 4: Reise

Chapter 4: Reise
 

Nach dem Abschied von ihrer Familie war Chiyoko mehr als traurig. Tanaka, der Gesandte der Fürstentochter, Sayuri selbst und Chiyoko gingen nun zum Dorfesrand, um dann ein Stück in den Wald zu gehen, über eine Brücke und dann zu einem Hügel. Dort sollten sie von der Eskorte abgeholt werden. Chiyoko lief währendessen die ganze Zeit hinter der Fürstentochter mit gesenktem Blick und schwieg. Sie dachte an den Abschied, daran, dass sie nun einen gut eintätigen Marsch vor sich haben würden und an ihre Großmutter, die sie vielleicht nie wieder sehen konnte.

Leise seufzte sie auf, was ihrer neuen Herrin auch nicht entging. Sie schien alle Regungen von Chiyoko sofort zu erfassen. Leise drehte sie sich um und fragte ihre Magd:

„Was ist los? Bereitet dir etwas Kummer, Chiyoko-chan?“ Wieder dieses Lächeln, gegen das kaum jemand etwas einwenden konnte.

„E-Es ist nichts, Hime-sama. Verzeiht. Ich dachte nur gerade an meine Familie“, war Chiyokos zögerliche Antwort.

„So? Das muss sehr schwer für dich sein, von allen Menschen, die dir etwas bedeuten getrennt zu werden. Doch sorge dich nicht, ich bin mir sicher, auch wir beide werden uns gut verstehen.“

„Selbstverständlich, Hime-sama“, sie verbeugte sich kurz vor der Fürstentochter, die vor ihr lief.

„Du brauchst mich nicht Hime-sama zu nennen, ich bin schließlich keine Prinzessin.“

„E-eh? A-Aber Hime-sama, jeder nennt Euch doch so.“

„Das ist nur ein Gefälligkeitsname, ich bin in der näheren Umgebung die einzige Frau mit etwas mehr Macht. Deswegen nennt man mich Prinzessin. Es reicht völlig, wenn du mich Sayuri nennst.“
 

Das konnte doch nicht ihr Ernst sein? Wurde Chiyoko gerade geprüft inwiefern sie als Bauerstochter einer Fürstentochter Respekt entgegenbrachte? So klang es jedenfalls für Chiyoko. Dachte die Prinzessin wirklich, sie würde sofort das Suffix weglassen, um als naive, nichterzogene Göre dazustehen? Es schien eine schiere Unverschämtheit gegenüber einer so hochrangigen Dame, wenn man sie einfach nur beim Vornamen anspräche.

„H-Hime-sama, ich verstehe nicht ganz…“, murmelte Chiyoko.
 

„Du darfst mich Sayuri nennen, sagte ich. Ich möchte nicht von dir als Prinzessin bezeichnet werden.“

„A-Aber Ojou-sama! D-Das geht doch nicht…“, allmählich verzweifelte Chiyoko. Warum war diese Prinzessin nur so starrsinnig. Wie sollte sie sie denn sonst ansprechen?

Die Fürstentochter fing an zu kichern. Sie drehte sich zu ihrer neuen Dienerin herum und grinste sie an.

„Also gut. Dann gestatte ich nur dir, mich Sayuri zu nennen, sobald unsere Bindung stark genug ist, Chi-yo-ko-chan“, flüsterte sie ihr langsam ins Ohr.
 

Chiyoko hatte plötzlich starkes Herzklopfen. Sie konnte sich nicht erklären, warum. Aber das schien auch unwichtig zu sein. Sayuri hatte ihr gerade ein Privileg erteilt, das nur den engsten Vertrauten, nein, eigentlich niemandem gestattet war.

„O-Ojou-sama…“, stotterte Chiyoko aufgeregt. Sie schaute ihrer „Prinzessin“ in die Augen und errötete, als sie ihr strahlend schönes Gesicht erblickte, welches sie immer noch anlächelte. Ihre Gesichtszüge waren so sanft, beinahe wie das einer Puppe. Die Fürstentochter nahm plötzlich Chiyokos Hand ganz sachte und drückte sie an ihr Herz.

„Ja, was ist denn, Chiyoko-chan?“, fragte sie die Magd leise hauchend.

„E-E-Eure H-Hand, O-Ojou-sama… D-Das geht doch nicht, ich kann… nicht…“, ihr Blickfeld schränkte sich ein, als ihre Prinzessin einen weiteren Schritt auf sie zuging. Sie tat nichts Böses, sie stand einfach nur so vor ihr und schon diese kleine Geste genügte, um Chiyoko noch weiter erröten zu lassen. Nach kurzer Zeit hielt Chiyoko inne, als Tanaka, der Gesandte der Fürstentochter, zu beiden sprach.
 

„Wir müssen weiter, Hime-sama. Wenn wir uns nicht beeilen, so wird es dunkel werden und wir würden Eure Eskorte nicht erreichen. Es ist gefährlich, bei einer solchen Finsternis wie sie in diesem Wald anzutreffen ist, umherzuirren. Ich habe gehört, in diesen Wäldern gäbe es auch Banditen“, sagte Tanaka, um Sayuri wieder auf den Boden der Tatsachen zu führen. Er hatte Recht. Würde die Reisegruppe noch länger herumtrödeln, so könnten sie eine leichte Beute für Räuber und andere Gestalten sein und das sollte doch vermieden werden.

Sayuri ließ Chiyokos Hand los. Sie wendete sich etwas kühl blickend von ihr ab und schaute ihren Begleiter mit einem aufgesetzten Lächeln an.

„Ja, dann sollten wir uns wirklich beeilen, Tanaka-san.“
 

Sie zogen weiter und gegen Abend erreichten sie die Brücke, die zu dem Hügel führen sollte. Mit Erschrecken mussten sie jedoch feststellen, dass ihre Reise nun nicht mehr weitergehen konnte.

Tanaka blickte geschockt auf die Brücke, deren Seile durchgetrennt waren.

Chiyoko tat es ihm gleich. Sie fragte sehr besorgt:

„Oh nein…! W-Was ist hier passiert?! D-Die Brücke ist… kaputt…! W-Was sollen wir nun machen?“

Sayuri war die Einzige von dem Trio, die gelassen blieb.

„Wir müssen ruhig bleiben. Auch wenn der Sonnenaufgang nicht auf sich warten lässt, so sollten wir uns bemühen, einen kühlen Kopf zu bewahren“, sagte Tanaka nun, der sich wieder einigermaßen gefangen hatte, „Gibt es einen anderen Weg, um zu dem Hügel zu gelangen?“ Er sprach zu Chiyoko, die in diesen Gebieten aufwuchs; sie musste sich einfach auskennen.

„J-Ja, Tanaka-sama“, entgegnete sie ihm in einer tiefen Verbeugung.

„Chiyoko-chan, dann führe uns doch bitte. Es ist wichtig, dass wir zur Eskorte kommen“, wurde sie von Sayuri gebeten. Doch Tanaka zweifelte:

„Ist es ein Umweg? Wie lange wird es dauern, bis wir den Hügel erreicht haben?“

Chiyoko wusste es nicht genau.

„I-Ich schätze, einen halben Tagesmarsch, d-dann sind wir an der Stelle, wo die Eskorte wartet“, erklärte Chiyoko unsicher.

„Einen halben Tagesmarsch? Dann ist es mitten in der Nacht, wenn wir ankommen“, Tanaka sprach mehr zu sich selbst als zu seiner Herrin und dem Dienstmädchen.
 

„Dann sollten wir uns beeilen“, erwiderte die Fürstentochter nun und riss mit ihrem Lächeln Tanaka aus seinen Gedanken, „Wenn wir uns nicht beeilen, so geht die Eskorte doch ohne uns, nicht wahr, Tanaka-san?“
 

Chiyoko war verwirrt. Wieder zeigte ihre Prinzessin dieses aufgesetzte, unterkühlte Lächeln, mit dem sie jeden um den Finger wickeln konnte. Auch wenn sie sie nicht gut einschätzen konnte, so war ihr schon seit ihrer ersten Begegnung auf dem Rübenfeld bewusst, dass diese Frau durch ihre Art alles und jeden um den Verstand bringen konnte.
 

„Ihr habt Recht, Hime-sama“, stimmte Tanaka zu, „Ich kenne diesen Weg nicht, Chiyoko-san, bitte führe die Hime-sama und mich, ihren unwürdigen Diener.“
 

„E-Eeeh?“, Chiyoko konnte nicht anders reagieren. Nun sollte sie eine solch wichtige Aufgabe übernehmen? Sie kannte den Weg doch auch nicht gut, schließlich war sie ihn erst zweimal in ihrem jungen Leben gegangen und das letzte Mal war schon ein knappes Jahr her. Sie konnte sich kaum noch an ihn erinnern.

„A-Aber…“, wollte sie gerade widersprechen, doch dann spürte sie zwei Hände an ihren Schultern. Sie lagen sanft, aber dennoch kräftig auf ihr. Sie gehörten der wunderschönen Prinzessin, die sie wieder anlächelte.

„Ojou-sama?“, sie sah ihre Herrin an. Wieder wurde sie rot und wusste nicht, was der Grund dafür sein konnte.

„Liebe kleine Chiyoko-chan. Ich bin mir sicher, du schaffst es. Du bist doch hier aufgewachsen, nicht? Bitte führe uns.“
 

Chiyoko spürte unglaubliche Zuversicht in den Worten der Fürstentochter. Ihre Aussage erlaubte keine Widersprache, sie musste sie nun führen, ob sie wollte oder nicht.
 

„Ich gebe mein Bestes!“, antwortete sie voller Tatendrang.

„Das will ich auch hoffen, Chiyoko-chan“, erwiderte Sayuri.

So machten sie sich wieder auf den Weg, dieses Mal lief Chiyoko an erster Stelle, gefolgt von der Hime-sama, an deren Seite Tanaka ging. Sie schwiegen, da Chiyoko sich voll und ganz auf die Umgebung konzentrieren musste, denn nach einer Stunde Marsch war es bereits dunkel geworden und so war es für sie noch umständlicher, sich zurechtzufinden.
 

Sayuri schien den Spaziergang regelrecht zu genießen, sie hatte schon die ganze Zeit ein kaum bemerkbares Schmunzeln im Gesicht, was keinem auffiel, denn auch Tanaka war damit beschäftigt, sich sein Umfeld genauer zu betrachten. Es wäre nicht ungefährlich, würden nun Banditen aufkreuzen und die drei angreifen. Sie hätten wohl kaum eine Chance und Tanaka wäre unfähig, seine Hime-sama vor den Unwürdigen zu beschützen. Er fragte sich sowieso schon die ganze Zeit, warum seine Herrin nur ihn als Reisegefährten dabei haben wollte. Es war schlicht und ergreifend dumm von ihr, sie alle so in Gefahr zu bringen.
 

Sie gingen weiter und weiter, immer weiter flussaufwärts, denn dort war noch eine Brücke, über die sie steigen konnten, um endlich an dem Hügel ankommen zu können.
 

Das Rauschen des Wassers wirkte auf Chiyoko äußerst beruhigend. Sie mochte das Plätschern und den Geruch. Sie sah immer wieder kurz in den Fluss, in dem das Mondlicht reflektierte und das Wasser in allen Regenbogenfarben erstrahlen ließ.

Dies blieb auch Sayuri nicht unverborgen.

„Magst du das Wasser, Chiyoko-chan?“, fragte sie ruhig.

„J-Ja, Ojou-sama. Das Wasser mag ich sehr gerne“, antwortete sie. Sie hatte ein kleines Strahlen im Gesicht, doch das blieb ihren Begleitern verborgen, denn sie ging noch immer voraus.

Sie bekam keine Antwort mehr. Stille. Schweigen. Nach weiteren drei Stunden zügigem Gehen waren die beiden Frauen sehr erschöpft, sie waren derart lange Märsche nicht gewohnt. Selbst Tanaka, der durchaus sportlich und ausdauernd war, hatte Schwierigkeiten mit der weiten Reise, die er heute schon zurückgelegt hatte. Hinzu kam der erschwerliche Weg. Es war nicht einfach nur ein Pfad, dem sie folgen konnten, der Pfad war lange zu Ende. Sie liefen nun auf Felsen und mussten schon über die ein oder andere Spalte klettern.

Sie zogen noch weiter am Fluss entlang, eine weitere Stunde verging und der Mond stand in seinem höchsten Zenit.

Chapter 4: Rast und das Rauschen des Flusses

Chapter 4: Rast und das Rauschen des Flusses
 

Die drei Reisenden gingen viel langsamer seit ihrem Aufbruch. Auch der noch holprigere Weg bereitete ihnen keine Freude.

Chiyokos Beine wurden immer schwerer, doch sie wollte keine Pause einlegen. Das heißt, sie durfte keine Pause einlegen. Es war nun sozusagen ihr erster Tag im Dienste der Fürstenfamilie, sie konnte doch jetzt noch keine Schwäche zeigen, zumal sie dies schon beim Kennenlernen ihrer Herrin tat und sie ihr nun trotzdem die Führung dieses Marsches überlassen hatte.
 

Sie atmete schneller. Nach ein paar weiteren Schritten blieb Sayuri stehen. Sie hielt ihre rechte Hand an ihre Brust und seufzte, während sie zu Boden sank. Sie sprach lächelnd und ermüdet:

„Es tut mir leid. Ich bin sehr erschöpft und würde gerne eine Rast einlegen.“

Tanaka nickte. „Wie Ihr wünschte, Hime-sama“, sagte er ehrwürdig zu ihr. Er lief auf seine Herrin zu, hob sie vom Boden auf und trug sie zu einem Platz, an dem sie sich ausruhen konnte. Schweigend ging Chiyoko den beiden in den Wald hinterher und sammelte zugleich ein paar Stöcke und Äste, die man für ein Lagerfeuer hätte verwenden können.
 

Tanaka setzte seine geliebte Herrin ab.

„Hime-sama, ich, Euer treuer Begleiter werde immer an Eurer Seite sein, Euch beschützen und niemals verletzen“, versprach er ihr auf Knien mit einem Handkuss.

„Ich danke dir, Tanaka-san“, erwiderte sie ruhig.
 

Chiyoko sah den beiden etwas abgelegen sitzend zu. Sie musterte Sayuri und war wieder hin und weg von deren unglaublichen Schönheit. So jemanden hatte sie noch nie gesehen und bei aller Liebe, ihre Mutter war schon sehr hübsch, doch mit Sayuri konnte sie noch lange nicht mithalten.

Sie freute sich ein wenig, dass sie nun eine Pause machten, denn ihre Müdigkeit war fast schon unerträglich. Im Weitergehen wäre sie wohl bald umgekippt und eingeschlafen, auch wenn es sich vor ihrer Herrin nicht ziemte.
 

Das Feuer knisterte und Chiyoko erkannte, dass kein Holz mehr vorrätig war. Sie wollte gerade aufstehen, um neues zu sammeln – da vernahm sie die Stimme ihrer Herrin, die zu Tanaka sprach:

„Das Feuer ist dabei bald zu erlöschen, Tanaka-san. Kannst du bitte neues Holz sammeln?“, fragte sie freundlich.

„Jawohl, meine Hime-sama“, sagte er und ging los.
 

Wusste die sogenannte Prinzessin etwa, was Chiyoko dachte? Oder war das nur ein Zufall? Beides erschien ihr etwas unheimlich und sie konnte es sich nicht erklären, warum Sayuri ausgerechnet jetzt den gleichen Gedanken wie sie selbst hatte. Aber sie interpretierte wohl zu viel in diese kleine Nichtigkeit hinein.

Sayuri brach das Schweigen.

„Warum magst du das Wasser so sehr, Chiyoko-chan?“, fragte sie mit einer fordernden Handgeste, die Chiyoko zu verstehen gab, dass sie sich nun zu ihr setzen möge, was sie auch tat.

„Ä-ähm…“, stotterte sie etwas aufgeregt, „Ich mag es, weil es mir nicht wehtut. Es spendet mir Ruhe und hält mich am Leben. Außerdem sieht es bildschön aus.“ Sie blickte nun sanft schmunzelnd ins Feuer. Sie mochte das Wasser wirklich sehr gerne, es war rein. Sie dachte, es wäre viel reiner als sie es je sein könnte. Sie wollte so sein, wie das Wasser.

„So? Deine Ansichten sind wirklich faszinierend. Andere hätten Angst, wenn sie so nahe an einem reißenden Fluss entlanglaufen müssten.“

„J-Ja…“, stimmte Chiyoko der Fürstentochter zu. So sanft, wie die Herrin diese Worte aussprach, klangen sie wie ein aufrichtiges, vollkommen klares Lob. Die Dienerin freute sich ungemein. Sie hatte ein kleines, verlegenes Strahlen im Gesicht, als sie zum Boden blickte.
 

„A-Also Ojou-sama…!“, fordernd sah sie ihre Herrin an.

„Ja, was ist denn?“

„Ihr hättet auch mich zum Feuerholzsammeln schicken können… Dann.. dann hätte Tanaka-sama auf Euch aufpassen können…“, ihre Stimme wurde immer kleinlauter.

„Nun…“, Sayuri lächelte wieder, „ich wollte ein wenig mit dir alleine sein. Du bist ein sehr interessantes Mädchen. Ich möchte mehr über dich und deine Sichtweise erfahren.“
 

Nach diesen Sätzen errötete Chiyoko fürchterlich. Sie fasste sich an ihre Wangen und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.

„A-Aber Ojou-sama…“, sie wollte ihr widersprechen, doch es fiel ihr kein Grund ein. Warum sollte sie ihr eigentlich widersprechen? Ihre Herrin, die Frau, an deren Seite sie nun für eine sehr lange Zeit bleiben wird, schien wahrhaftig Interesse an ihren Meinungen und ihrem Wohlergehen zu haben. Sie hätte sich freuen können, doch war sie es gewohnt, dass die Leute es häufig nicht gut mit ihr meinten und so stellte Chiyoko die Aussage Sayuris in Frage.
 

Sayuri dagegen schien wirklich amüsiert zu sein. Sie rückte ein Stück näher an Chiyoko heran und legte ihren Zeigefinger auf deren Lippen, sodass sie keine Widerrede geben konnte.

„Pst. Ich möchte nicht hören, dass du dich gegen deine Ojou-sama auflehnst, kleine Chiyoko-chan“, kicherte sie sanft lächelnd.
 

Chiyoko behielt Ruhe. Sie schaute ihrer Herrin direkt in die Augen. Solche Augen hatte sie noch nie gesehen: Sie waren nicht braun, wie bei all den anderen gewöhnlichen Mädchen, nein, ihre Augenfarbe war ein dunkler Rotton. Sie wirkten wie die gesamte Erscheinung von Sayuri auf Chiyoko sehr mysteriös. Unglaublich geheimnisumwoben. Welche Faszination ging von dieser hochrangigen Frau aus?
 

Sayuri nahm ihre Finger nun wieder zu sich. Sie schaute ins Feuer.

„Ich mag das Wasser nicht…“, sprach sie ernst, mehr zu sich als zu Chiyoko.
 

Ihre Magd war verwundert. Sie blickte sie dementsprechend an.

„Chiyoko-chan? Tun dir deine Füße auch so sehr weh wie meine es tun?“, fragte sie plötzlich. Diese Frage verwirrte Chiyoko noch mehr. Was sollte dieser abrupte Themenwechsel?
 

„J-Ja, Ojou-sama. Meine Füße schmerzen wirklich sehr“, antworte sie.

Dies war nicht weiter überraschend, schließlich trug Chiyoko keine Geta, die typisch-japanischen Sandalen. Ihre Familie war zu arm, als das sie sich welche hätte kaufen können. Den ganzen Weg beschritt sie barfuß.

Sayuri schaute sich die Füße ihrer Magd genauer an. Das war damals typisch für Kinder, die verkauft oder geopfert wurden. So konnte man erkennen, um es würdige Kinder waren. Genau dies tat Sayuri scheinbar.
 

Besorgt nahm sie Chiyokos rechten Fuß in ihre Hände.

„Blasenübersäht…“, seufzte sie, „… du Arme, ohne passendes Schuhwerk umherzuwandern muss sehr schmerzhaft sein, deine zarten Füße bluten schon.“
 

Chiyoko riss ihre Augen auf, als wäre sie dem Tod persönlich begegnet. Nicht wegen der edlen Worte, die Sayuri sprach. Vielmehr ihre Geste war zu überraschend: Sayuri küsste tatsächlich die blutigen Füße ihrer unwürdigen Dienerin. Diese konnte ihr Bein jedoch nicht wegziehen, sonst hätte sie ihre Herrin vielleicht verletzt, was sie nicht verantworten wollte.

„A-A-Aber Ojou-sama! Ich bitte Euch! Hört auf damit!”, schrie sie auf. Es war einfach zu viel Wertschätzung, oder gar Hohn?
 

Sayuri ließ den Fuß los. Sie merkte, dass sie zu weit gegangen war. Doch entschuldigen wollte sie sich für ihr fürsorgliches Verhalten nicht. Sie lächelte wieder nur.

„In Ordnung.“
 

Es war nicht in Ordnung, zumindest nicht für Chiyoko. Doch ihre Herrin überraschte sie erneut, als sie einfach ihren Kimono auseinanderschob, um an ihre Füße zu greifen. Sie zog ihre Geta aus, dann die Tabi und wurde dabei von Chiyoko aufmerksam beobachtet. Diese stellte fest, dass auch die Füße von Sayuri gerötet waren. Nicht wund, aber doch gerötet. Zum Glück machten sie eine Pause; bis zum Ende der Nacht wären alle Makel dieser zarten Füße verschwunden.

Sayuri atmete erleichtert auf: „Endlich bin ich sie los. Diese Geta sind zum Wandern äußerst unbequem, obwohl ich die Tabi noch darunter trage.“

„Hm? Sind Eure Schuhe wirklich derart unvorteilhaft?“, fragte Chiyoko neugierig.

„Kennst du das Gefühl etwa nicht, Getas zu tragen?“

„N-Nein, man hat mir nie welche gegeben. Wir waren bislang immer zu arm, sodass ich keine bekam“, Chiyoko sah verlegen auf den Boden. Doch Sayuri reagierte nicht mit Gelächter oder Kritik, nein, sie war fröhlich gestimmt und zeigte dies auch ihrer Gesprächspartnerin.

„So ist das also. Dann werde ich dir wohl einiges beibringen müssen. Fangen wir doch gleich an. Hier!“, ermutigte sie Chiyoko.

„E-Eh?! Aber Ojou-sama! Dürft ihr das denn? Diese edlen Schuhe…“, kommentierte Chiyoko das Handeln ihrer gnädigen Frau. Berechtigt, denn diese hielt ihre fein verzierten, wahrscheinlich auch kostspieligen Geta gerade ihrer Gefährtin hin, die sie nun anprobieren sollte.

„Na los, zieh sie an, Chiyoko-chan. Nur nicht so schüchtern.“

„Das kann ich nicht. Es sind Eure Schuhe…“, sie wollte sich widersetzen.
 

Da schaute Sayuri nun doch etwas erbost. Sie wusste, sie war mächtig und sie wusste auch, ihre Macht geschickt einzusetzen, um ihren Willen zu bekommen.

„Dann eben so: Chiyoko, ich befehle dir, diese Tabi und die Schuhe anzuziehen.“
 

Chiyoko nickte beschämt, sie durfte keinen Ungehorsam leisten.

„Wie Ihr wünscht, Ojou-sama…“ Sie zog die Socken und Schuhe an, die ihr perfekt passten.

„Darf ich mich nun wieder ihrer entledi… O-Ojou-sama?! Was habt Ihr vor?!“, fragte sie plötzlich erschrocken.
 

Sayuri war gerade dabei, ihr auch die teuren Seidenkimonos, ihren Junihitoe, über die Schultern zu legen. Das war nun wirklich nicht die Etikette. Ein einfaches Gör wie Chiyoko wäre niemals im Stande gewesen, ein solch edles Gewand auch nur berühren zu dürfen und nun hatte ihre Prinzessin es ihr angelegt.
 

„Er steht dir“, kicherte Sayuri belustigt. „Du wärst eine gute Prinzessin, Chiyoko-chan, zumindest aber eine gute Hofdame. Zieh ihn einmal richtig an.“

„N-Nein… Ich kann nicht… Euer edles Gewand… Das darf eine einfache Dienerin nicht…“, versuchte Chiyoko ihrer Herrin zögerlich zu erklären.

„Ich möchte dich so gerne darin sehen. Bitte.“
 

Chiyoko gehorchte nun. Sie konnte sich diesem Blick der Fürstentochter nicht entziehen. Eine solche Person kannte sie nicht. Sayuri lächelte sie sanft an, doch in ihrem zarten Blick war mehr als nur pure Liebenswürdigkeit. Sie konnte die Forderung sehen, diese Macht. Chiyoko spürte sofort, dass sie keine Chance gegen diese Person hat. Dabei spielte es keine Rolle, ob Sayuri nun eine Prinzessin, Fürstentochter oder ein einfaches Mädchen war. Von ihrem Charakter, ihrem Charisma und vor allem ihrer unglaublichen Ausstrahlung war sie Chiyoko weit überlegen.
 

Sie zog den Junihitoe an. Er stand ihr wirklich mehr als ausgezeichnet, wie Sayuri es vorhersagte. Gerne hätte sie sich in einem Spiegel gesehen, doch das war unmöglich, schließlich waren sie in einem Wald.

Sie blickte Sayuri an. Diese strahlte.

„Er steht dir fantastisch, Chiyoko-chan. Du siehst wie eine Prinzessin aus. … Oh, Verzeihung. Ich meinte natürlich: Der Junihitoe lässt Euch wundervoll erstrahlen, Hime-sama…“, sagte Sayuri und verneigte sich.

„O-Ojou-sama! Bitte, hört doch auf damit! Ich … bin nur eine Dienerin… Lasst diese Spielchen…“

„Hihi, aber so siehst du doch aus, Chiyoko-chan“, antwortete Sayuri, „…na gut, ich höre auf damit, aber sag, möchtest du dich nicht sehen? Wann bekommt man schon die Gelegenheit, ein Gewand zu tragen?“

„I-Ich würde mich schon gerne sehen… Aber… Hier sind keine Spiegel… Außerdem passt solche Kleidung nicht zum niederen Volk, zu dem ich gehöre…“

Sayuri griff nach Chiyokos Arm. Sie wollte sie zum Aufstehen bewegen.

„Komm mit, ich zeige dich dir!“, forderte sie ihre Dienerin auf. Sie klang sehr vergnügt. Solch ein Rollentausch schien Sayuri offensichtlich gut zu gefallen, das merkte man unweigerlich.

Das junge Dorfmädchen wollte sich gerade erheben, doch sackte sie plötzlich wieder auf den Baumstamm, auf dem sie vorher saß.

„E-Eh… So schwer…?!“, musste sie mit Schrecken feststellen. Chiyoko konnte kaum glauben, dass der Junihitoe wirklich derart schwer war. Er hatte mindestens 15 Kilogramm, wenn nicht sogar noch mehr. Viel zu viel, sie konnte ihn vor Erschöpfung kaum tragen. Das musste ihre Herrin tagtäglich mit sich herumtragen? Dieses Gewicht? Schon den ganzen Fußmarsch, über die Felsen, all den Weg…? Das konnte kaum wahr sein. Chiyokos Bewunderung hatte kaum eine Grenze. Sie fing an, laut zu denken:

„W-Was für eine wundervolle, starke Person…“ Sofort fasste sie sich auf ihre Lippen. Sie hatte das tatsächlich laut ausgesprochen.

„Oh nein! Wie peinlich!“, dachte sie nur.
 

„Es freut mich, deine Bewunderung zu hören, Chiyoko-chan“, kicherte Sayuri.

„D-Der Kimono… Er ist wirklich unglaublich schwer. Wie habt Ihr das geschafft, Ojou-sama?! Das ist doch viel zu viel für ein Mädchen…“

„Ich bin es eben gewöhnt. Ich trage solche Kleidung seit ich ein kleines Kind bin.“

„Verstehe, das leuchtet natürlich ein.“

„Außerdem wirktest du auf mich, als würdest du frieren. Ich muss doch dafür sorgen, dass es meiner neuen Magd gut geht.“

„Hm? Eeh?! Deswegen…?!“

Sayuri nickte. Sie hatte sofort bemerkt, dass Chiyoko fror und ihr deshalb ihr Gewand umgebunden.

„Ojou-sama, wenn ich Euer Gewand trage, dann ist Euch doch kalt!“, entgegnete sie ihr.

„Nicht doch, so schnell friere ich nicht…“, Sayuri schüttelte mit dem Kopf, „…und wenn doch, dann machen wir es eben so.“ In diesem Moment lehnte sie sich ganz nah an Chiyoko, hob die Kimonoschichten hoch und verbarg sich unter ihnen. Ihren Kopf legte sie dabei auf Chiyokos Brust. Sie fing an zu grinsen, als sie Chiyokos schnellen Herzschlag bemerkte.

„Es rast ja…“, flüsterte sie.

Die fürchterlich errötete Chiyoko hatte dem nichts entgegenzubringen, sie konnte es nicht leugnen… Sie war nervös, hatte vielleicht Angst, doch es war ihr auch nicht unangenehm, wenn auch befremdlich.

„Ist dir nun warm genug?“, fragte Sayuri und Chiyoko nickte.

„Gut, dann komm jetzt mit“, forderte sie ihre Dienerin erneut auf.

„A-Aber wohin denn, Ojou-sama? Wartet bitte!“, erwiderte diese, nachdem ihre Herrin schon aufgestanden war und bereits losging.

„Du wolltest dich doch in dem Junihitoe sehen.“
 

Die beiden Frauen gingen in die Richtung des Flusses. Chiyoko konnte sein Rauschen schon hören, doch wusste sie nicht, was sie dort wollten.

Sie musste ziemlich schwer tragen, der Kimono war wirklich äußert schwer. Sayuri verringerte ihr Tempo, damit Chiyoko schnell genug hinterherkam.

Am Fluss angekommen schaute Chiyoko in das Wasser. Sie konnte ihr Spiegelbild klar erkennen, ein traumhafter Anblick. Sie hatte sich noch nie so gesehen und war sprachlos.
 

„Gefällt es dir? Du siehst wunderschön aus.“ Chiyoko drehte sich zu ihrer Herrin um, die ihr ein solch schönes Geschenk bereitete. Sie strahlte sie wie die aufgehende Sonne an.

„Ich danke Ihnen, Ojou-sama! Vielen herzlichen Dank!“

„Für diesen Anblick bedankst du dich?“, fragte sie amüsiert, „Du bist wirklich lustig, Chiyoko-chan.“

„Ich habe mich noch nie in solch einem aufwendigen Kimono gesehen…“ Chiyoko lächelte weiterhin in ihr Spiegelbild. Sie schaute sich nicht an, sie schaute verlegen durch das Wasser hindruch. Sayuri bemerkte ihre sanften Züge, sie war erstaunt darüber, dass sich ein Mädchen so sehr darüber erfreuen könnte.
 

„Hime-sama! Ich habe Euch schon überall gesucht!“, rief Tanaka sichtlich erleichtert und dennoch in voller Sorge aus dem Gebüsch heraus. Er musste seine Herrin finden, die sich einfach so zusammen mit ihrer Magd aus dem Staub machte, aber glücklicherweise fand er sie schnell am Flussufer.

Er war verwundert über den Anblick. Wo hatte sie ihre Robe gelassen? Noch empörter reagierte er auf die Tatsache, dass Chiyoko sie trug.

„Niederes Bauernkind! Was fällt dir ein, das Gewand der Hime-sama zu beschmutzen?!“, machte er ihr zum Vorwurf.
 

Chiyoko zuckte zusammen.

„E-E-Es tut mir leid!“, wimmerte sie kläglich. Sie hatte fürchterliche Angst vor dem auf sie gerade zukommenden Gesandten. Sie hielt sich ihre Hände vor das Gesicht, so konnte man wenigstens ihre mit Tränen überlaufenden Augen nicht sehen. Sie wusste: Er würde sie gleich schlagen, vielleicht sogar mit dem Schwert spalten.
 

„Tanaka-san, beruhige dich. Sie hat nichts Falsches getan“, sprach Sayuri. Ihre Stimme klang nicht gehetzt oder besorgt oder dergleichen. Sie war streng und dennoch voller Ruhe.

„Aber Hime-sama! Sie hat sich erdreistet, Eure Gewänder zu tragen! Euer Statussymbol! Das ist unverzeihlich!“

„Meine Wenigkeit, lieber Tanaka-san, hat es ihr befohlen. Ich habe sie sogar dazu gezwungen, sie anzuziehen, da ich sie einmal in edler Kleidung begutachten wollte. Nun willst du sie für ein Unrecht bestrafen, das sie nicht getan hat? Das gestatte ich nicht.“
 

Chiyoko riss die Augen auf. Was sprach die Prinzessin da gerade? Das konnte nicht stimmen, sie musste sich verhört haben.

Tanaka blieb stehen, schob sein Katana in die Scheide zurück und ging vor Chiyoko auf die Knie.

„Verzeih mir, Chiyoko-san. Ich hätte beinahe vorschnell gehandelt“, sagte er in einem ruhigen Ton, wie er schon immer zu sprechen pflegte.

Das verschüchterte Mädchen nickte.

„I-Ist schon gut…Ä-ähm, bitte v-verzeihen Sie mir, Tanaka-san!“, entschuldigte sie sich hastig verbeugend, „Ich wollte mich bestimmt nicht erdreisten und Euer Missfallen ernten!“

Tanaka blickte sie nur an. Er fragte sich, warum dieses Geschöpf nun bei ihm um Verzeihung bat, wo sie doch gar nichts anstellte. Jedenfalls schien sie nicht ganz normal zu sein, das merkte er jetzt.

„Lasst uns zurück zum Lagerfeuer gehen, Hime-sama. Die Dunkelheit scheint noch lange nicht vorübergehen zu wollen.

„Ja, da hast du Recht, Tanaka-san“, antwortete Sayuri lächelnd.

„Komm mit Chiyoko“, forderte sie ihre Magd auf, während sie ihr die schweren Kimonos abnahm und sie sich selbst wieder anlegte.

„J-Jawohl…“, bekam sie als Antwort. So gingen die drei zurück.

Ruhig schlafen konnte in dieser Nacht nur Sayuri, die unter dem Schutze ihres Dieners stand, während Chiyoko fast die ganze Nacht wach lag und ließ die Geschehnisse dieses Tages Revue passieren, während die eisige Kälte in ihre Haut stach.
 


 

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Hoppla, es tut mir so schrecklich leid, dass ihr so lange gewartet habt! Verzeiht mir! Dabei hatte ich die Kapitel bis April eigentlich schon bis 8 fertig O_O Ich habe es einfach vergessen!

Die Schreibfehler von Kapitel 4 habe ich jetzt auch verbessert, krass, wie beim Hochladen einfach so n paar Buchstaben verschwanden xD
 

Dieses Kapitel ist im Vergleich zu den anderen etwas länger, es lag mir auch sehr am Herzen, es so ausführlich zu gestalten, da ich, schlichtweg, eine Vorliebe für solche Rollentausche habe.
 

Tanaka-san reagiert ziemlich über, was? Haha, er ist schon ein eigenartiger Kauz, so fürsorglich, aber ich muss zugeben, dass ich ihn sehr gerne mag.

Und auch Sayuri wird zudringlicher als vorher. Ich bin gespannt, wie sie sich weiterentwickelt, aber noch mehr bei Chiyoko. Sie tut mir ja schon leid, mit so einer Herrin gestraft zu sein, die ihr derart den Kopf verdreht. Alles die Pheromone, die Pheromone xD
 

Das nächste Kapitel wird vor Weihnachten erscheinen, als Dankeschön für meine treuen Lesen und als Entschuldigung für die Warterei.

Chapter 6: Rote Lippen, kristallklarer See

Chapter 6: Rote Lippen, kristallklarer See
 

Der nächste Morgen kam zügig, die Sonne war bereits dabei, den Horizont zu verlassen, als Chiyoko, die noch dösend auf dem Boden lag, plötzlich ein ungewohntes, und dennoch sehr angenehmes Gefühl auf ihrer Wange spürte. Sie säuselte im Schlaf und mehr wie ein „Mmh…“ hörte man nicht, auch wenn sie bereits dabei war, aufzuwachen.

Es war ein warmes Gefühl, das sie zu streicheln schien. Genau deshalb wollte sie nicht aufstehen. Sie kannte es, damals, als sie noch klein war, tat es ihr großer Bruder Takeo genauso, wenn sie traurig oder ermüdet war.

„Takeo?“, murmelte sie fragend, als sie langsam die Augen öffnete.

„Hihi, ich bin nicht dein Bruder, Chiyoko-chan“, erklang eine Stimme, die sich so rein gar nicht nach Takeo anhörte, sondern vielmehr nach einer Frau, „Du musst langsam aufstehen, es ist schon morgen und die Sonne geht auf.“

Chiyoko schreckte auf, mit großen Augen blickte sie in das Gesicht, welches sie mit zwei großen, roten Augen ansah.

„O-O-Ojou-sama…!“, schrie sie auf.

„Guten Morgen, Chiyoko-chan.“

„Guten Morgen!“, wieder verbeugte sie sich hastig.

Es war ihr mehr als peinlich. Was dachte ihre Herrin denn nun von ihr, wenn sie ihm Halbschlaf den Namen ihres Bruders säuselte, während sie von ihrer Herrin sanft berührt wurde.

Genau, wieso berührte sie sie? Sie wusste zwar, dass sie selbst nicht gerade eine schnelle Aufwacherin war, aber wenn man ihren Namen nannte, wurde sie doch immer davon geweckt. Aber dieses Mal nicht.
 

„Hime-sama, ich habe alles vorbereitet, die Eskorte ist jeden Augenblick da“, sagte Tanaka, der gerade aus einem Gebüsch am Wegesrand heraustrat.

„Vielen Dank, Tanaka-san. Das ist sehr nett von dir“, dankte Sayuri ihm.

„Ähm…?“, versuchte Chiyoko kundzugeben, denn sie verstand die Situation nicht

Tanaka beendete ihre Unwissenheit: „Ich war gerade bei der Eskorte, sie kommt gleich. Nachdem du so lange geschlafen hast, hast du das wohl auch nicht mitbekommen. Als Dienerin des ehrenwerten Hauses Okabashi solltest gerade du niedere Magd als Erste aufstehen und…“, wollte er fortführen, doch Sayuri unterbrach ihn.

„Du sahst so erschöpft aus und da schickte ich Tanaka-san los, damit du dich noch etwas ausruhen konntest“, strahlte Sayuri sie an.
 

Chiyoko wurde rot.

„Achso … V-Vielen Dank, Ojou-sama…“, murmelte sie leise auf den Boden schauend.

„Du brauchst dich gar nicht so geschmeichelt fühlen“, meckerte Tanaka sie an, „Schließlich können wir von Glück sprechen, dass keine Banditen gekommen sind. Alles wegen dieser Trödelei…“. Er seufzte schwer.

Für Chiyoko klang es gerade so, als sei sie daran schuld. Sicherlich hatte er Recht, schließlich war sie immer an allem Elend schuld. Doch diese spitzen Bemerkungen trafen sie besonders schwer. Sie biss sich auf die Unterlippe, da hörte sie schon ein Geräusch, dem sie nachblickte.

Die Eskorte war nun da. Es konnte also nicht mehr allzu lange dauern, bis sie dort ankamen, wo Chiyoko ab sofort leben musste.
 

Anmutig stieg Sayuri in die Sänfte, die von acht Leuten getragen wurde. Jene Sänfte war wunderschön verziert, in einem strahlendem Rot und einem goldenen Kranichmuster.

„Welch schöne Sänfte…“, dachte Chiyoko bewundert. Alles an Sayuri war zauberhaft. Nie hätte sich das junge Mädchen vorstellen können, dass solch wundersame Menschen, solch eine Eleganz wirklich existiert.

Nachdem die Fürstentochter eingestiegen war, schob sie den roten Vorhang leicht zur Seite und blickte lächelnd zu ihrer Magd.

„Worauf wartest du, Chiyoko-chan?“, fragte sie sanftmütig. Die Gefragte verstand selbstverständlich nicht, worauf ihre Herrin hinauswollte und blickte diese nur verwirrt an.

„Du bist doch müde und deine Füße sind doch so schlimm verletzt. Steig ein, die Sänfte ist groß genug für uns beide“, forderte sie auf.

Tatsächlich war es kein Transportmittel für nur eine Person, darin hätten sicherlich noch zwei weitere Mitinsassen Platz gefunden. Chiyoko jedoch konnte nur kundgeben, sie wisse nicht, was ihre Herrin von ihr erwartete, bis Tanaka ihr einen kleinen Klapps am Hinterkopf verpasste, der sie darauf hinweisen sollte, nun in die noch geöffnete Sänfte einzusteigen.

Nach einigen Sekunden des Zögerns nahm sie Platz gegenüber ihrer Herrin, deren langer Kimono fast den ganzen Boden bedeckte und Chiyoko große Mühe bereitete, mit ihren schmutzigen Füßen nicht darauf zu treten.

„Ojou-sama, w-warum sollte ich denn hier bei Euch Platz nehmen? … I-Ich meine, ich hätte doch auch laufen können?“, wollte sie wissen, als die Eskorte nun begann, loszuziehen.

„Nun, das sagte ich bereits. Deine Füße sind ganz wund und müssen sich erholen.“

Chiyoko seufzte und hielt ihren Kopf gesenkt. Eine eindeutige Erklärung bekam sie wohl nicht von ihr. Aber warum eigentlich eine eindeutige Erklärung? War es nicht so, dass Sayuri schon genug erläuterte gab? Überhaupt war die großartige Tochter des Hauses Okabashi ihr keinerlei Nettigkeit schuldig und dennoch behandelte sie Chiyoko ganz wie eine Freundin, nicht wie eine Dienerin. Sie schien eine wirklich sehr nette Herrin zu sein, wenn sie ihre Dienerin nur wegen verletzten Füßen bei sich in der Sänfte mitfahren ließ.

„Was erwarte ich denn für eine Antwort? Sie ist doch … meine Herrin… und ich muss sie unterstützen und ihre Entscheidungen nicht einfach anzweifeln. Aber wegen meinen Füßen? Nur weil ich verletzt bin… Deswegen alleine darf ich hier sein? …“, und noch vieles mehr waren Gedanken, die sie gerade beschäftigten, als sie kurz einen Blick nach oben erhaschte und ihre Augen sich weit öffneten.

„H-Herrin?“, fragte sie unsicher, doch auf eine Antwort wartete sie vergeblich.

So konnte sie Sayuri, die derart anmutig und wunderschön mit geschlossenen Augen vor ihr saß, nur ansehen. Sie war wohl nach dem anstrengenden Marsch gestern noch immer müde, obwohl sie letzte Nacht sehr friedlich zu schlafen schien, zumindest dachte das Chiyoko.

Sie lächelte ihre Herrin an, deren Körper nun langsam zur Seite wankte und sich gegen die Wände der Sänfte stützte, ihren Kopf ebenfalls dort anlehnend.

Das junge Mädchen hatte keine andere Wahl, als nur zu ihr zu sehen, so gebannt war sie von der Schönheit Sayuris. Sie konnte sich nicht erklären, woher diese Faszination hertrat.

War es ihr exotisches Aussehen? Ihre zarten Augenlider? Die feinen, langen Haare? Oder die so sanft wirkenden rot bemalten Lippen, die den leicht geöffneten Mund zierten? Sicherlich gehörte Sayuri zu den schönsten Frauen des Landes, das zweifelte Chiyoko nicht mehr an. So viel schöner als die ganzen Edeldamen ihres Heimatdorfes, so viel schöner als ihre elegante Mutter, niemand, den sie je zu Gesicht bekam, hätte mit ihr mithalten können. Vertieft sah sie sie nun schon viele Minuten an, bald eine Stunde, als sie sich nach vorne beugte, getrieben von leichter Neugierde, wie sich diese Lippen wohl anfühlten. Warum sie das tat, konnte niemand sagen. Sie streckte ihre Hand zögerlich aus, ihren Zeigefinger leicht gekrümmt zu dem Mund ihrer Herrin streckend, ihrer Herrin immer näher kommend, bis sie kurz zusammenzuckte, wieder auf Abstand ging und schnell zu atmen begann.
 

„W-Was ist nur los mit mir? W-Was habe ich da gerade getan? I-Ich hätte mich b-beinahe erdreistet, d-die Lippen m-meiner Herrin zu berühren…“, dachte sie aufgeregt, während die ihre eine Hand die andere umfasste.

„Schläft die edle Hime-sama?“, fragte Tanaka plötzlich. Er erschrak das aufgewühlte Mädchen damit so sehr, dass sie wieder zusammenzuckte.

„W-Wie bitte?“

„Ich fragte, ob die junge Hime-sama gerade schläft, da ihr euch nicht unterhaltet und ihr so still in der Sänfte seid, seit einer Weile schon“, erklärte Tanaka kurz, während er draußen neben der Sänfte herlief.

„J-Ja, d-die verehrte Ojou-sama ist schon vor einiger Zeit e-eingeschlafen“, entgegnete sie dem Diener mit zittriger Stimme.

Der Moment passte zu perfekt, als das er sie bei ihrem Vorhaben nicht hätte erwischen können. Sie dachte schon daran, was sie alles für Strafen erwarten würden, doch zu ihrer Überraschung kamen keine Drohungen oder dergleichen, sondern nur ein ruhiges „Verstehe, wir machen bald eine Pause, die Männer sind ohnehin erschöpft“, seinerseits.
 

„I-Ist gut, i-ich habe verstanden, Tanaka-san“, antwortete sie ihm schüchtern.

„Zum Glück scheint er nichts bemerkt zu haben…“, seufzte sie innerlich auf. Einen gewissen Sicherheitsabstand zu ihrer schlafenden Herrin behielt sie nun bei, bis nach einer weiteren Stunde die Pause begonnen wurde und nun auch Sayuri wieder unter den Lebenden weilte. Nachdem die beiden Frauen aus der Sänfte ausgestiegen waren, überhallte sie ein Anblick, der besonders Chiyoko überraschte. Ein angenehmer Wind wehte, strich ihr durch ihr Haar und ließ sie etwas abkühlen. Der kristallklare See vor ihren Augen, die fliegenden Spatzen und Schmetterlinge. Es war ein traumhafter Anblick. Chiyoko gab ihrer kindischen Ader etwas nach, sie musste auf den kleinen Hügel etwas abseits des Weges rennen, um diese Aussicht mit einem Strahlen empfangen zu können.

„Gefällt es dir hier?“, fragte ihre Herrin sie, während sie nun auch durch das grüne, saftige Gras schritt, jedoch nicht so weit nach vorne, wie es Chiyoko tat.

„Ja!“, antworte Chiyoko ihrer Ojou-sama fröhlich, „Es ist so schön hier! Ich danke Euch! Nie habe ich so eine schöne Landschaft gesehen!“ Sie wand sich ihrer Herrin zu, dann tanzte sie am Wegesrand ausgewogen, hinunter, über die Wiese zu dem See. Sie streckte ihre Arme aus und blickte in den Himmel, dann auf das klare, frische Wasser. Ihr genussvolles, aufrichtiges Lachen ließ Sayuri schmunzeln.
 

„Hime-sama, wir machen keine lange Rast, bitte verzeiht, aber wir haben schon genügend Zeit am gestrigen Tage verschwendet“, riss Tanaka Sayuri aus ihren Gedanken.

„Ja, ich habe verstanden. Wir bleiben nicht lange, nur noch ein klein wenig bitte…“, lächelte sie ihn an. Die schöne Frau setzte sich ins Gras und beobachtete ihre Magd noch die restliche Zeit, bis diese zu ihr hinaufschnellte.

„Ojou-sama!“, sie ergriff die Hand ihrer Herrin und zerrte leicht an ihr, „Bitte, Ihr müsst mit nach unten kommen, das Wasser, der See, es ist so herrlich!“

Sayuri lächelte, während ein kurzer Blick zu Tanaka wanderte, der die Frauen skeptisch ansah.

„Wahrscheinlich denkt er gerade etwas wie: „Bleib bloß weg von meiner Hime-sama!“ oder dergleichen“, kicherte sie in ihren Gedanken vor sich hin. Sie erhob sich, mitsamt ihrem schweren Gewand.

Sie wurde weiter ans Ufer geführt, dann kicherte sie.

„Chiyoko-chan, nicht so stürmisch! Ich komme ja gar nicht richtig hinterher!“, lachte sie. Es war auch so. Mit dem Junihitoe fiel es ihr wahrlich schwer, mit dem jungen Mädchen mithalten zu können.

„Aber Ojou-sama! Hier ist es noch schöner, seht nur, kleine Kaulquappen!“, wies das Fräulein sie hin, als sie in die Hocke ging und in das niedrige Wasser am Seeufer zeigte.

„Sie sind sicher alle Geschwister, die immer zusammenbleiben…“, murmelte sie gedankenversunken vor sich hin.

Sayuri verstand nun. Ihre Magd hatte Heimweh, obwohl sie erst einen Tag von Zuhause getrennt war.

„Ich bin mir sicher, du siehst deine Familie bald wieder, Chiyoko-chan“, redete sie behutsam auf die Traurige ein, „Sag, kannst du lesen und schreiben?“ Die Befragte schüttelte den Kopf. „Dann bringe ich es dir im Schloss bei. Es ist nicht ganz einfach, aber du bist so schlau, ich bin sicher, du lernst es sehr schnell.“

Chiyoko sah ihre Herrin leicht verwundert an. Sie vermag es wirklich, ihr ganz leicht Mut zusprechen zu können. Sie lachte, stand auf und band ihren ohnehin nur knielangen Kimono etwas nach oben. Danach rannte sie freudig ins Wasser.

„Es ist schön frisch! Ganz kühl! Ojou-sama, kommt doch auch herein!“, forderte sie ihre Herrin auf. Diese winkte dankend ab. Sie wollte zwar sehr gerne ins kühle Nass, aber das gehörte sich nicht. Zum Gespött der ganzen Dienerschaft würde sie sich machen, wenn sie da jetzt nachgeben würde. Dann wurde sie von ihrer quirligen Magd nassgespritzt.

„Dann eben so!“, strahlte Chiyoko. Ihre Herrin genoss diese kleine Zweisamkeit sehr, doch musste sie sich vor den Wassertropfen schützen, denn sie hätten ihr perfekt geschminktes Gesicht von dem Rouge befreit.

„Ch-Chiyoko-chan, es reicht langsam…“, lachte sie.

Tanaka trat neben seine Herrin. Er beäugte das im Wasser planschende Frauenzimmer äußerst argwöhnisch, beinahe schon etwas düster. „Wie die mit meiner Hime-sama umspringt…“, dachte er schnippisch, doch im gleichen Moment wurde er von einer etwas größeren Ladung Wasser erfasst, die Chiyoko versehentlich direkt in sein Gesicht beförderte.

„A-Ah, das tut mir leid! Bitte verzeihen Sie mir, Tanaka-san!“, entschuldigte sich das nun leicht nervös gewordene Mädchen.

„Komm sofort heraus, Weib!“, entgegnete er äußerst wütend, während er sich das Wasser aus dem Gesicht rieb, „Wir reisen weiter! Die Rast ist vorbei!“

„J-Jawohl!“, stotterte Chiyoko. Nun hatte sie erneut einen Fehler gemacht. Sie war wirklich traurig und tat dann sofort, wie ihr befohlen.

„Aber, aber, Tanaka-san. Es war ja nur ein Spiel, nur ein Spiel und nichts weiter“, tröstete die Fürstentochter ihren Begleiter. Sie beruhigte ihn recht schnell mit der Aussage, es sei ja nur Wasser gewesen.

„Ein solches Verhalten ziemt sich nicht, schon gar nicht für so eine niedere Magd wie sie es ist und das wisst Ihr auch, Hime-sama“, belehrte Tanaka seiner Herrin leicht flüsternd, als Chiyoko, die weiterhin ihren Kimono zurechtrückte und ihre Beine abtrocknete, außer Hörweite war. Natürlich wusste das Sayuri längst, doch ihre erfrischende Art belustigte sie und es machte ihr wirklich eine Freude, dem jungen Mädchen zuzuschauen. Sie reagierte nicht weiter auf seine Aussage, sondern rief ihre Magd zu sich. Die beiden betraten daraufhin die wieder die Sänfte und die Reise, die in wenigen Stunden enden wird, würde nun fortgesetzt werden können und das ohne jegliche Zwischenfälle.



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  dragon493
2013-01-22T18:02:22+00:00 22.01.2013 19:02
tolles Kapitel
die beiden sind echt süß
freu mich aufs nächste Kapitel
lg dragon493
Von:  Renaki
2013-01-22T14:31:21+00:00 22.01.2013 15:31
Das Kapitel ist wirklich schön geworden^^
Bin gespannt wann und ob Chiyoko mal richtigen Ärger bekommt, wird ja im Moment immer von Sayuri beschützt, wenn sie einen Fehler macht. Tanaka würde sicher sofort auf sie losgehen, wenn er mit ihr alleine wäre.

LG Renaki^^
Von:  Renaki
2012-12-13T20:21:04+00:00 13.12.2012 21:21
Juhu!!
Ich finde deine Geschichte unheimlich gut und freue mich total das es endlich weiter geht.
Du schaffst es wirklich inhaltlich alles zusammen zufassen, sowie vom Sorymäßigen als auch das Historische.
Die Pause war für mich schon etwas lang, musste noch mal alles durchlesen und hab mich dann etwas über mein letztes Komentar gewundert, warum ich geschrieben habe, dass Sayuri etwas kaltherzig wäre. Sie scheint bereits jetzt schon sehr an Chiyoko zuhängen. Nur zu Anderen ist sie ein bisschen strenger.

Auf jedem Fall warte ich schon sehsüchtig auf das nächte Kapitel.^^
LG Renaki

Von:  dragon493
2012-12-13T20:06:48+00:00 13.12.2012 21:06
Super Kapitel
sehr amüsant wie sayuri chiyoko dazu bringt die Kleidung zu tragen
sayuri amüsiert sich ja prächtig und setzt ihren Willen durch
freu mich aufs nächste Kapitel
Lg dragon493
Von:  Renaki
2012-06-22T08:51:15+00:00 22.06.2012 10:51
ich mag deine geschichte, besonders den Charakter von Sayuri, weil sie, wie es bereits dragon493 geschrieben hat, eine interessante Wirkung auf die Menschen hat, da sie jeden Menschen damit zu beeinflussen scheint, was auch Chioko nicht verborgen bleibt. Bin mal gespannt wie sie im späteren Verlauf der Geschichte damit umgehen kann. Auch passt ihr etwas kaltherzige Verhalten gut in die Rolle einer Prinzessin.
Deine Schreibweise find ich auch sehr gut, mir sind nur einige kleinere Fehler beim lesen aufgefallen, wie zum Beispiel direkt am anfang des 3. Kapitels.
Ich bin mal gespannt wie's weiter geht
Lg Renaki

Von:  dragon493
2012-04-16T15:01:57+00:00 16.04.2012 17:01
tolles Kapitel
Sayuri hat eine ganz interessante Wirkung auf die Menschen und es ist auch amüsante was sie so alles mit ihnen anstellt
Aber sie ist anscheinen auch recht clever
bin mal gespannt ob die reise ohne weitere Probleme verlaufen wird
Frei mich aufs nächste Kapitel
Lg dragon493
Von:  dragon493
2012-03-26T10:31:59+00:00 26.03.2012 12:31
Tolles Kapitel
das die "Prinzessin" sie lobt find ich gut
auch bin ich sehr gespannt wie die reise wird
Lg dragon493
Von:  dragon493
2012-03-08T16:24:46+00:00 08.03.2012 17:24
tolles Kapitel
Die arme tut mir echt leid und dann noch so eine Überraschung
bin gespannt wie es weiter geht
lg dragon493
Von:  dragon493
2012-02-22T17:49:00+00:00 22.02.2012 18:49
ein sehr interessanter anfang
chiyoko tut mir schon leid mit 15 die eigenen familie zu verlassen und auch wissen das die oma stirbt
bin sehr gespannt wie es weiter geht
lg dragon493


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