Träume von Nimsaj (Lichter der Nacht) ================================================================================ Kapitel 5: Traum 5: My Ring --------------------------- Anmerkung: Dieses Kapitel lässt sich meinen Albträumen zuordnen, wohl ich selbst ihn nicht als solchen empfand. Dennoch möchte ich hier vor den Horrorelementen im folgenden OS warnen. Altersempfehlung: 16+ Traum 5: My Ring Sein Lachen war laut und unheimlich, und ich mochte es noch nie. Trotzdem hat er nur selten damit aufgehört und meist in den unpassendsten Situationen wieder damit angefangen. Egal wie viele tadelnde Blicke ich ihm dabei zugeworfen habe, oder wie oft ich ihn auch in die Seite zwickte, es half nichts. Immer saß er nur in seinem alten, zerfledderten Sessel neben dem schmutzigen Fenster und starrte mit den roten Augen nach draußen, wenn er schon nicht lachte, nur um dann wieder damit anzufangen und schlussendlich vom Sessel zu fallen. Ich glaube auch, dass es ihn nie interessiert hat, dass ich und mein Adoptivsohn in die verwahrloste Wohnung im oberen Stockwerk, eines schmutzigen kleinen Gebäudes, mitten in der Stadt gezogen waren. Seine Wohnung, um genau zu sein. Es war wohl Zufall, dass er gerade weder gelacht, noch wach gewesen war, als wir eingezogen waren und wir erst später die roten Augen, die unter der verschlissenen, bunten Strickdecke nach einiger Zeit auf uns gerichtet waren, bemerkt hatten. Ich hatte Angst, mein Kleiner nicht. Es schien mir auch so, dass der Junge das Einzige war, was der blasse junge Mann, außer den halb verhungerten Leuten vor dem Fenster, noch wahrnahm. Er hat ihm sogar seinen Namen verraten, aber ich durfte ihn natürlich nicht wissen. Überhaupt redet der seltsame Typ nicht mit mir, sieht mich auch eigentlich nie an und ignoriert mich damit vollkommen. Nur lachen tut er immer wieder einfach so, vollkommen grundlos fängt er immer wieder damit an und ich weiß einfach nicht warum. Das Leben mit ihm ist seltsam, nicht nur wegen seines Lachens. Oft scheint es mir, dass er gar nicht da ist, wenn er nicht lacht, wenn er einfach nur still dasitzt, mit einem ausdruckslosen Gesicht und halb unter seiner Decke verkrochen nach draußen, in diese graue, kalte, sterbende Welt starrt. In diesen Momenten tut er mir immer irgendwie leid und ich gebe ihm dann doch etwas von unserem wenigen Essen ab. Jedes Mal tue ich es, obwohl er weder danke sagt, noch den Teller anschließend wegräumt. Und jedes Mal bereue ich es aufs Neue und schwöre mir ihn das nächste Mal einfach zwischen den schmutzigen Polstern versauern zu lassen. Aber dann, meist nachts oder auch selten am Tag, wenn die Monster aus den Schatten hervor wachsen, gruselige Geschöpfe, erhebt er sich aus seinem Sessel und schleicht hinter den grausamen Wesen her. Und aus irgendeinem Grund, den ich selbst nicht verstehe, flüchtet alles vor ihm, was die Hölle ausspeit. Langsam geht er durch unsere Wohnung, erst den Monstern entgegen und dann ihnen nach, bis sie verschwunden sind. Nicht einmal wenn sie zu kleinen Spinnen oder Ratten werden, lässt er sie in Frieden, sondern scheucht auch diese erst aus der Tür, bevor er dann mit einer Geschwindigkeit, die man ihm gar nicht zugetraut hätte, wieder zurück auf seinen Platz huscht und aus dem Fenster starrt, als hätte er einen wichtigen Teil seines Lieblingsfilms verpasst. Gerade diese Eigenschaft an ihm ist es wohl, die mich seine sonst so unbequeme Anwesenheit ertragen lässt. Denn bis zu diesem einen Tag, an dem er dem einen Monster nicht entgegen treten konnte, hat er mich und meinen Jungen beschützt. Ich weiß nicht woher er das Video hatte, ich zumindest hatte es noch nie zuvor gesehen gehabt. Jedenfalls lief es plötzlich, als ich gerade halb verrottete Kartoffeln schälte. Ein hohes Kreischen vielleicht oder ein Wimmern, vielleicht auch ein Weinen oder aber Lachen, ich kann gar nicht sagen, was für ein Geräusch es war, dass mich plötzlich aufhorchen hat lassen. Es war nur so grauenhaft, dass ich die Kartoffel zwar beiseite legte, das Messer aber in der Hand behielt, als ich ins Wohnzimmer lief um zu sehen, was passiert war. Der Fernseher, von dem ich bis zu diesem Zeitpunkt geglaubt hatte, dass er nicht funktionstüchtig war, lief und zeigte verstörende Bilder und Kurzsequenzen. Schattenhafte Gestalten mit weißen Augen in dunklen Gängen, kleine Mädchen, die sich die Fingernägel heraus rissen und auffraßen, alte Damen, denen plötzlich schwarzes Blut aus den Augen zu fließen begann, als sie nett lächelnd in einer umgedrehten Landschaft saßen, bis ihre Augen heraus fielen und schwarze Löcher zurückließen, die sich unaufhaltsam durch das plötzlich zu einer grauenvollen Fratze verzogene Gesicht fraßen. Vögel, die sich selbst die Flügel heraus rissen und unaufhaltsam stumm schrien, während Maden aus ihrem Fleisch emporwuchsen und dann wieder diese Mädchen mit den Knopfaugen. Sie saß zwischen erhängten Puppen, riss einer weiteren die Haare aus, die Hände ab und bohrte Nägel in ihre Augen. Sekunden später flimmerte das Bild einer skalierten Frau, ohne Hände, erhängt und mit rostigen Nägeln in den Augenhöhlen über das Bild. Puppen, die aus uralten Schränken gekrochen kamen, sich bewegten wie halb tote Menschen, schiefe Grabsteine, aufgebrochene Türen, sperrangelweit offen, dahinter nichts als Schwärze. Ich kann gar nicht sagen, was ich alles in diesen wenigen Sekunden gesehen habe, die ich nur auf die zuckende und flimmernde Scheibe ohne Farbe starrte, ehe ich zu dem Gerät eilte und es ausstellte. Für einen Moment erlosch das Bild und ich sah nur mich selbst in dem matten Glas, mein vor Grauen blasses Gesicht groß vor mir, ehe das Gerät von selbst wieder an ging und mir ein halb verwestes Mädchen mit blutunterlaufenen Augen entgegenblickte und aus dem Fernseher Blut zu Boden tropfte. Das junge Ding begann zu grinsen, entblößte rostige Nägel, die in ihrem zerfetzten Zahnfleisch steckten und lachte gurgelnd. Ihr Blick war auf mich gerichtet und folgte mir. Ich wich zu Tode erschrocken zurück. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich unser Mitbewohner halb aus seinem Sessel erhob, den Blick starr auf das Fernsehgerät geheftet, eine ausdruckslose Miene aufgesetzt. Schon als ich glaubte, dass er den Spuk beenden würde, sank er wieder zurück und blickte mit weit aufgerissenen Augen auf den Teufel hinter Glas, an den er nicht herankam. Mein Sohn starrte ebenfalls auf das Mädchen, fast schon interessiert und gespannt, seine dunkle Haut vielleicht etwas blasser als sonst. Ich erhob mich und wischte mir den Staub von den Händen, das Messer hatte ich fallen gelassen. Ihr Gesicht war so furchtbar verzerrt, doch nach dem ersten Schock fühlte ich keine Angst. Erst als ich mich meinem Sohn zuwandte und auf seinem Gesicht den gleichen Ausdruck vorfand, in der Hand das Messer und den Körper zerfressen von pechschwarzen Schatten, bekam ich Angst. Er begann zu lachen, als mein Sohn das erste Mal mit dem Messer zustach. Immer und immer wieder rammte er das Messer in mein Fleisch, doch ich spürte keinerlei Scherz. Ich lag nur einfach da und lauschte auf das grausame Lachen. Und in diesem Moment wurde mir klar, worüber er schon die ganze Zeit gelacht hatte und ich bekam mehr Angst vor ihm als vor dem Mädchen im Fernseher und mehr Mitleid mit ihm, als vor meinem besessenen Sohn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)