Ich sage wann und du sagst wo.. von Arisa-Yuu (ein Nasenband für Zwei) ================================================================================ Prolog: Nachricht an Reita -------------------------- „Du darfst die Kühe nicht am Schwanz ziehen..“ Verschwommene Worte drangen an mein Ohr. So leise, das ich glaubte sie mir lediglich eingebildet zu haben. Aber dennoch so deutlich, als würde sich eine Person direkt neben mir befinden. Was eigentlich nicht möglich war, denn ich lag normalerweise immer allein in meinem Bett... Schlaftrunken öffnete ich meine Augen. Ich musste einige Male blinzeln, bis meine Sicht richtig deutlich wurde und ich meine Umgebung erkennen konnte. Ziemlich schnell wurde mir klar, dass ich weder in meinem Bett lag, noch mich überhaupt in meiner Wohnung befand. Dennoch kam mir die Umgebung seltsam bekannt vor. Ich ließ meinen Blick schweifen. Nur langsam, denn in meinem Kopf hämmerte es ununterbrochen. Ein stechender Schmerz, der durch Bewegung nur noch verschlimmert wurde und sich zusammen mit einem Schwindelgefühl gegen mich verschwor. Kurz gesagt, ich hatte einen Kater. Keinen von der plüschigen Sorte, sondern einen grausamen und vor allem quälenden Kater, der mit seinen imaginären Krallen mein Gehirn zerkratzte und nicht aufhörte Klagelaute von sich zu geben. Ich brauchte dringend ein Aspirin oder besser gleich eine ganze Handvoll. Dazu musste ich zunächst einmal aufstehen. Mit diesem Ziel vor Augen, versuchte ich mich aus meiner jetzigen Position zu befreien. Allerdings war das nicht so einfach, wie ich dachte. Etwas Schweres lehnte gegen meine linke Schulter und drückte mich mit seinem Gewicht gegen die Lehne einer Couch auf der ich, wie ich mittlerweile festgestellt hatte, saß oder viel mehr in einer unbequemen Position eingequetscht war. Aus meinen Armen war sämtliche Blutzufuhr gewichen. Ein Grund mehr mich aus dieser Lage zu befreien. Erst recht als etwas nasses, warmes auf meinen Hals tropfte. Ich erschauerte vor Ekel und war mit einem Schlag so wach, wie es mein Zustand zuließ. Mein Blick wanderte nach links. Ich befürchtete schon einen sabbernden Bernhardiner vorzufinden, der mir mein Hemd volltropfte. Stattdessen sah ich in Manabus schlafendes Gesicht. Jedenfalls so weit es mir möglich war. Sein Kopf ruhte schräg auf meiner Schulter und er sabberte.. „Sei lieb zu den Kühen..“ brabbelte er im Schlaf vor sich hin, gefolgt von einem Schmatzen. Wenn ich ihn betrachtete, erinnerte er mich eher an ein kleines Kind, als an einen erwachsenen Mann. Und mit so jemanden wollte ich ausgehen oder ihn zumindest flachlegen. Das sollte ich mir besser überlegen. Denn wenn er beim Sex genauso ein verpeiltes Gesicht zog, war das ziemlich abturnend. Davon abgesehen, dass er von Kühen träumte.. Alles andere als sanft schob ich ihn von mir und stand dann mehr schwankend, als alles andere auf. Kurz drehte sich der Raum vor meinen Augen. Meinen Magen schien das noch mehr zu stören als mich, denn er zog sich so fest zusammen, dass sich sein Inhalt einen Weg nach oben suchen wollte. Nur mit Glück schaffte ich es nicht vor meine Füße zu kotzen. Ich hatte dadurch sicher den Boden weggeätzt. Nachdem ich meinem Körper wieder im Griff hatte, sah ich mich ein weiteres Mal um. Ich befand mich ganz offensichtlich in einem Wohnzimmer, oder viel mehr, dass was davon noch übrig war. Auf sämtlichen Tischen im Zimmer standen Flaschen herum. Einige lagen sogar auf den Boden und die dunklen Flecke auf dem Teppich waren sicher durch verschütteten Alkohol entstanden. Das hoffte ich zumindest. An einer Wand klebten Pizzastücken und ein wenig, was nach Ketchup und Käse aussah. Gleich neben der Wand lag eine Person auf den Boden, mit einem Stück Pizza auf der Wange. Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu und erkannte schnell, dass es sich um Rui handelte. Anders als sein Bandkollege, sprach er nicht im Schlaf. Dafür schnarchte er lautstark. Am liebsten hätte ich ihm das Pizzastück vor den Mund geschoben, aber das hätte sicher nicht viel gebracht, außer das er es im Schlaf verspeist hätte. Langsam kämpfte ich mich ein paar Schritte weiter durch den Raum, umrundete einen umgeworfenen Sessel und hatte beinahe eine Tür erreicht, da stolperte ich und geriet ins Straucheln. Nur mein verbliebener Gleichgewichtssinn rettete mich vor einem Sturz auf den versifften Teppich und eine Wand, die ich als erstes mit meinem Kopf erreichte. Dröhnend breitete sich der Schmerz, von meiner Stirn, über meinen gesamten Körper aus. Meine Knie wurden weich und das Gefühl der Übelkeit versuchte mich erneut zu übermannen. Doch ich bezwang es erneut und ließ stattdessen nur ein tiefes Brummen über meine Lippen gleiten. Ich atmete tief durch, ehe ich mich von der Wand abstieß und einen Blick über die Schulter warf. Der Grund meiner unfreiwilligen Bekanntschaft mit der Wand war schnell gefunden. Ein Bein. Zu dem der Körper des Alice Nine Drummers gehörte. Er und Hiroto lagen dicht zusammen gekuschelt neben der Heizung und schliefen wohl ebenso ihren Rausch aus. Zumindest tat das der kleine Blondschopf. Das Gesicht von Nao konnte ich nicht erkennen, weil es in der Halsbeuge seines Bandkollegen vergraben war. Ich bin mich nicht ganz sicher, ob es am langsamen Erwachen meines Gehirns oder an den Zusammenstoß mit der Wand lag, aber plötzlich fiel mir wieder ein, wo ich war und vor allem warum. Gestern Abend hatte es ein großes Konzert im Budokan gegeben, an dem unter anderem Screw, Alice Nine und Gazette teilgenommen hatten. Es war ein riesen Erfolg gewesen. Ein neuer Höhepunkt in unser aller Karriere. Den wir anschließend sofort feiern wollten. Also waren wir in Shous Wohnung gefahren, weil wir in einem Club unweigerlich erkannt worden wären und wir lieber unter uns sein wollten, ohne am nächsten Tag ein Bild in der Zeitung sehen zu müssen, welches uns total betrunken zeigt. Was in Anbetracht des Wohnzimmers, eine sehr gute Entscheidung gewesen war. Jedoch wollte ich nicht wissen, was Shou davon hielt. Wo war der überhaupt? Und wo waren die anderen? Vor allem von meiner Band war niemand zu sehen. Hatte die sich ohne mich aus dem Staub gemacht? Nur weil ich betrunken war? Es wäre nicht das erste Mal.. Leider konnte ich mich an die Party an sich gar nicht mehr erinnern. Aber da ich weder nackt noch neben einer nackten Person aufgewacht war, konnte nicht Schlimmes passiert sein. Erleichtert darüber setzte ich meinen Weg fort. Am schnellsten kam ich zum Badezimmer, wenn ich durch die Küche lief, die am Wohnzimmer angrenzte. Immer noch nicht richtig sicher auf den Beinen, trat ich in den gefliesten Raum. Er schien nicht so verwüstet, wie das Wohnzimmer. Der Kühlschrank war geschlossen. Der Herd war aus. Das Geschirr befand sich in den Schränken und ein halb nackter Saga lag auf dem Esstisch. Moment. Ich hatte den Fehler im Bild gefunden. Irgendwie verwunderte es mich nicht, dass der Alice Nine Bassist nichts außer seine Shorts trug. Warum er ausgerechnet auf dem Tisch lag, war mir jedoch schleierhaft. Nur langsam näherte ich mich ihm und konnte nicht anders als verwundert die Augenbrauen zu heben. Jemand hatte ihm mit Sprühsahne einen Schnurrbart gemalt, der mittlerweile über seine Wange davon floss. Die gleiche Verzierung hatten seine Brustwarzen und sein Bauchnabel. Doch das wirklich Seltsame war, die Gurke und die zwei Radieschen, die auf seinem Schritt platziert waren. Ich war anscheinend nicht der Einzige, der einen über den Durst getrunken hatte. Leider neigte Saga dann immer dazu sich unbedingt ausziehen zu wollen, ehe er einfach einschlief. Wenigstens blieb er noch weiterhin die Nummer eins, wenn es um die peinlichsten Augenblicke auf Partys ging, da konnte ihn nicht einmal ich den Rang ablaufen. Lässig zuckte ich mit den Schultern. Er würde allein aufwachen und hatte sogar gleich etwas zum Frühstück. Ich wendete mich wieder von ihm ab und wollte weiter laufen, da öffnete sich die Tür zur Speisekammer und Kazuki erschien in meinem Blickfeld. Nackt. „Frag nicht..“ richtete er sichtlich schlecht gelaunt an mich, während er durch die Küche stapfte und sich im vorbei gehen eine Pfanne von dem Herd nahm, um damit sein bestes Stück zu bedecken. Da konnte selbst Saga mit seiner Gurke nicht mithalten. Blinzelnd sah ich dem Brünetten nach und blieb unweigerlich an dessen Hintern hängen. „Du hast Ketchup am Arsch..“, rief ich ihm grinsend nach, woraufhin Kazuki stehen blieb. Mit einem Schulterblick sah auf seine Kehrseite, bevor er mich wieder mit seinem Blick fixierte. „Danke, aber das ist Marmelade..“, erklärte er kurz angebunden und verschwand dann aus der Küche. Wieder zuckte ich mit den Schultern. Mir war egal was der Gitarrist am Hintern kleben hatte, solange ich es nicht ablecken musste. Ich lief weiter und hatte endlich das Badezimmer erreicht, ohne das mir weitere, mehr oder weniger bekleidete, Musiker begegneten. Doch zu früh gefreut. Wer denkt, schlimmer könnte es nicht mehr werden, hat noch nie Tora gesehen, wie er, mit dem Kopf auf der Klobrille, da liegt und schläft. Seine Brille hatte den Weg in die Kloschüssel gefunden und konnte die tiefen Ringe unter seinen Augen somit nicht verdecken. Außerdem war sein Hemd nass, als hätte er versucht in der Toilette zu tauchen. Mit einem großen Schritt stieg ich über ihn hinweg, um endlich an das Waschbecken zu gelangen und die Folgen der Party auch in meinem Gesicht begutachten zu können. Ich sah nicht besser aus, als die Übrigen, was mich nicht sonderlich überraschte. Ich nahm mir allerdings nicht die Zeit, um mein fahles Gesicht näher zu begutachten. Denn es hatte tatsächlich jemand gewagt, mein heiliges Nasenband zu verunstalten. Empört blies ich die Wangen auf. Kopfschmerzen und Übelkeit waren vergessen. Wenn ich raus bekam, wer das gewesen war, würde er leiden. Sehr leiden. Erst nachdem ich meinem Nasenband Rache geschworen hatte, nahm ich mir die Zeit und versuchte die Kritzeleien, welche mein Lieblingsaccessoire zierten, zu entziffern. 'Ich sage wann und du sagst wo' Was sollte das bedeuten? Ich hatte mit Schimpfwörtern oder Ähnlichen gerechnet, die einem der Anwesenden im Suff eingefallen waren. Ein vollständiger, wenn auch sinnfreier Satz, passte nicht zu meinen kindlichen Kollegen. Es musste also mehr dahinter stecken, als das bloße zerstören eines Wahrzeichens. Nur wer war der Verfasser dieser Botschaft? Die Worte waren so undeutlich und schief geschrieben, dass ich sie niemanden zuordnen konnte. Überlegend kratzte ich mich am Hinterkopf, da fiel mir noch etwas ins Auge. Ein mehrere Zentimeter großer Knutschfleck, der an meinem Hals leuchtete. Gestern war der noch nicht da gewesen und ich konnte mich auch nicht erinnern mit jemanden auf Tuchfühlung gegangen zu sein. Zumindest nicht im nüchternen Zustand. Leider gab es ein großes Zeitfenster, an das ich sämtliche Erinnerungen verloren hatte und in dem allen Anschein nach mein Nasenband und mein Hals gleichermaßen vergewaltigt worden waren. Ich war mir relativ sicher, dass beides von derselben Person stammte. Es gab nur ein Problem. Außer mir waren noch vierzehn andere auf der Party gewesen, von denen es jeder sein konnte. Ich musste dringend mit jemanden sprechen, der sich an die Vorfälle der Nacht erinnern konnte. Am besten ich fing mit meiner eigenen Band an. Jedoch erst morgen. Heute wollte ich nur noch nach Hause, duschen und meinen Rausch ausschlafen. Morgen waren wieder Proben und dann würde ich bestimmt erfahren, wem ich den Knutschfleck zu verdanken hatte und was dieser seltsame Satz auf meinem Nasenband zu bedeuten hatte. Plötzlich rührte sich etwas hinter mir und durch den Spiegel erkannte ich, dass Tora erwacht war, und versuchte eigenständig zu sitzen. „Hast du meine Brille gesehen..?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)