The Last Night von Last_Tear ================================================================================ Kapitel 1: Forever ------------------ Kaoru seufzte, betrachtete den scheinbar schlafenden Körper in seinen Armen besorgt. Er wusste es besser, hatte er den Anderen doch schon so oft schlafen gesehen, biss sich auf die Lippen. Er war bewusstlos, das blonde Haar hing dem Kleineren ins Gesicht, verdeckte seine wunderschönen Augen. Er warf einen Blick auf die Uhr, so lange konnte es doch nicht dauern, bis der Notarzt da war. Denn auch, wenn er die Handgelenke seines Freundes bereits gesäubert und verbunden hatte, er hatte Angst, wahnsinnige Angst diesen zu verlieren. Er war schon immer etwas blasser gewesen, sein Körper etwas schwächer, anfälliger für alles, weshalb er von Anfang an ihn beschützt hatte, egal gegen was. Aber er hatte es nicht geschafft, auch wenn er es gesehen hatte, der Andere hatte sich immer mehr zurück gezogen, sich schlussendlich sogar geweigert mit ihm zu reden. Bis er dann wieder mit Tränen in den Augen bei ihm aufgetaucht war, ihm alles erzählt hatte. Selbst jetzt fühlte er eine grenzenlose Wut in sich aufsteigen, wenn er daran dachte, zog den Kleineren noch etwas enger an sich, fühlte erneut den Puls und war erleichtert als er diesen auf Anhieb fand, schwach zwar, aber regelmäßig. You come to me with scars on your wrist You tell me this will be the last night feeling like this I just came to say goodbye I didn't want you see me cry, I'm fine But I know it's a lie "Bleib bei mir, Kyo.", flüsterte er leise, vergrub das Gesicht in den Haaren des Jüngeren, atmete tief durch. Er hätte es wissen müssen. Wieso hatte er ihn trotz allem allein gelassen? Er wusste es nicht, nur dass die stummen Vorwürfe immer stärker, lauter wurden, drohten ihn zu verschlingen. Kaoru atmete tief durch, schloss für einen Moment die Augen. Es war ein Schock gewesen seinen Freund so zu finden, bewusstlos in der Badewanne, die Rasierklinge noch in der Hand, das Blut langsam am trocknen aber die Schnitte wären zweifelsohne tief genug gewesen um ihn dieses Mal wirklich umzubringen und er erinnerte sich noch sehr gut an das Gefühl, das er bei diesem Anblick gehabt hatte. Als ob sein Herz stehen bleiben würde, bevor es in tausend Teile zerbrach. Er hatte alles versucht, um den Blonden wieder wach zu bekommen, von Anschreien bis zu Flehen über Ohrfeigen, es hatte alles nichts genützt und deswegen saß er jetzt hier, mit dem Kleineren im Arm, stumm am Beten. Er würde es nicht ertragen, ihn zu verlieren und das wusste Kyo auch. Wieso er dann trotzdem erneut versucht hatte, sich umzubringen, konnte er sich nur dadurch erklären, dass die Verzweiflung zu stark gewesen und er nicht da gewesen war, um ihn festzuhalten, aufzufangen, wie er es ihm versprochen hatte. Die Klingel durchschnitt die Stille, die sich um sie gelegt hatte, ließ ihn zusammenzucken und mit dem Kleineren im Arm aufspringen. Nein, er würde ihn nicht los lassen, nie wieder, das hatte er sich geschworen als er ihn gefunden hatte. Der Notarzt hatte ihnen nur einen skeptischen Blick geschenkt, die angelegten Verbände gelobt, bevor er Beide mit ins Krankenhaus genommen hatte, da Kaoru absolut nicht gewillt war, seinen Freund loszulassen, sich regelrecht an diesem festgeklammert hatte. This is the last night you'll spend alone Look me in the eyes so I know you know I'm everywhere you want me to be The last night you'll spend alone I'll wrap you in my arms and I won't let go I'm everything you need me to be Zwei Stunden hatte er damit verbracht, im Krankenhausflur auf und abzulaufen und zu warten. Sie hatten Kyos Eltern benachrichtig, natürlich und da die Ärzte sich weigerten, ihn auf die Intensivstation zu lassen, blieb Kaoru nur, auf diese zu warten, zu hoffen, dass sie es verstehen würden. Er musste den Anderen sehen, mit ihm reden, auch wenn er bis jetzt nicht aufgewacht war, bzw. scheinbar schlief. Zumindest hatte er das mitbekommen, als sich zwei Ärzte in seiner Nähe unterhalten hatten. Als die Tür aufging und Kyos Eltern eintraten, zuckte er regelrecht zusammen, atmete tief durch. Er wurde keines einzigen Blickes gewürdigt, während ein Arzt auf das Ehepaar Nishimura zuging, diesen genau erklärte, was vorgefallen war, während Kaoru sich auf die Lippen biss, leise knurrte. Dieser verdammte Arzt kannte seinen Freund doch gar nicht, wusste nicht, wieso er wirklich versuchte hatte, sich umzubringen. Probleme in der Schule? Nein, nicht wirklich. Probleme mit seiner Freundin? Bei dem Satz hätte Kaoru am liebsten laut gelacht, biss sich auf die Lippen, um es zu unterdrücken. Nach wie vor waren sie im Krankenhaus und er wollte es nicht riskieren, rausgeworfen zu werden, nur weil er sich nicht beherrschen konnte. Tatsache war allerdings, dass er mit Kyo zusammen war und falls es irgendwelche Gründe in ihrer Beziehung gegeben hätte, die dazu geführt hätten, dass sein Freund jetzt hier lag, nun, dann hätte er sie so schnell wie möglich beseitigt. Nein, er wusste wieso der Andere nicht aufhören konnte, sich selbst zu verletzen, den Schmerz regelrecht brauchte. Your parents say everything is your fault But they don't know you like I know you They don't know you at all I'm so sick of when they say It's just a phase, you'll be okay, you're fine But I know it's a lie Aber er schwieg, ihm hätte eh niemand zugehört, geschweige denn, dass ihn jemand verstanden hätte. Selbsthass. Hass auf die Menschen um sich herum, seine Eltern. Unverständnis. Und Angst. Angst so zu enden wie diese zwei Personen die vorgaben, seine Eltern zu sein. Kyo hatte es ihm erzählt, hatte ihm alles erzählt, nach ihrer ersten Nacht zusammen, hatte sich regelrecht an seiner Brust ausgeweint und er hatte ihm zugehört, ihm beruhigend über den Rücken gestrichen und getröstet. Es überraschte den Älteren nicht, dass dessen Eltern ihren Sohn nicht mal sehen wollten, nur irgendwas von selbst Schuld murmelten. Der Arzt starrte ihnen perplex nach, bevor er sich schlussendlich wieder an Kaoru wandte, diesmal mit einem Lächeln auf den Lippen. "Nun, ich denke er würde sich trotz allem über Besuch freuen, also wenn Sie zu ihm wollen?" Der Lilahaarige nickte schnell, musste schlucken. Natürlich wollte er seinen Freund sehen, folgte dem Arzt zu dessen Zimmer und bedankte sich, als dieser ihn allein ließ und die Tür hinter sich schloss. This is the last night you'll spend alone 
Look me in the eyes so I know you know 
I'm everywhere you want me to be 
The last night you'll spend alone 
I'll wrap you in my arms and I won't let go 
I'm everything you need me to be So verdammt blass hatte er Kyo schon lange nicht mehr gesehen, musste schlucken und näherte sich dem Bett regelrecht vorsichtig. Er war an einen Tropf angeschlossen, zahlreiche andere Geräte kontrollierten Herzschlag, Puls und Atmung. Von der Blutinfusion mal ganz abgesehen. Er wirkte so verdammt schwach und zerbrechlich, dass es Kaoru die Tränen in die Augen trieb, während er sich langsam, vorsichtig auf die Bettkante setzte, über den weißen, fast schon leuchtenden Verband des Anderen strich. "Es tut mir leid.", flüsterte der Ältere leise, biss sich auf die Lippen. Was würde er tun, wenn sein Freund sich entschloss, aufzugeben? Dass er keine Lust mehr hatte auf dieses Leben, sich einredete, dass auch er ihn endgültig verraten hatte? Nein, das durfte nicht sein, konnte nicht sein. Er atmete tief durch, strich dem Anderen liebevoll eine Haarsträhne aus der Stirn. "Ich liebe dich, hörst du? Also bleib gefälligst bei mir!" Wenigstens ein gutes hatte die Sache gebracht - sie hatte ihm endgültig gezeigt, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, den Anderen von zuhause wegzuholen, ihn bei sich aufzunehmen, sich um ihn zu kümmern. Wenn er zuhause gewesen wäre, während er sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte, hätte sich seine Mutter vermutlich nur darüber beschwert, dass er den wertvollen Badezimmerteppich mit seinem Blut versaut hätte, während sein Vater den Bewusstlosen vermutlich nur angeschrien und schlussendlich in sein Zimmer getreten hätte. Nein, es war besser so, dass er jetzt bei ihm lebte. Viel besser. Vorsichtig nahm er Kyos Hand in seine, streichelte ihm mit den Fingerspitzen über den Handrücken. Eigentlich hatte er es ihm erst übermorgen geben wollen, an ihrem Jahrestag, aber wenn es half, seinen Freund in dieser Welt zu halten, war ihm das auch egal. Vorsichtig schob er ihm den Ring auf den Finger, zuckte etwas zusammen, als er bemerkte, dass Ring und Haut fast die gleiche Temperatur hatten, biss sich auf die Lippen, bevor er ihm einen sanften Kuss auf den Handrücken gab. Und im nächsten Moment regelrecht erstarrte, fasziniert Kyos Hand ansah. Diese hatte sich gerade bewegt, war bei der sanften Berührung zusammengezuckt, und ein sanftes Lächeln legte sich auf Kaorus Lippen, während er die Hand seines Freundes in seine eigene nahm, vorsichtig drückte. Ein Zeichen, das mehr sagte als tausend Worte. Ich bin hier. Für immer. Der Druck wurde erwidert, schwach zwar, aber es war eine Reaktion und er musste sich doch beherrschen, dem Anderen nicht sofort um den Hals zu fallen. "Kyo.", flüsterte er leise, strich dem Kleineren vorsichtig über die Wange. "Ich bin hier." The night is so long When everything's wrong If you give me your hand I will help you, hold on Tonight Tonight Die Zeit war schneller vergangen, als gedacht, auch wenn er nicht hätte sagen können, wie lange er am Bett seines Freundes gesessen war, bevor eine Schwester des Zimmer betrat. Mittlerweile war Kyo wach und sie hatten sich die letzte Stunde im Flüsterton unterhalten, immer darauf bedacht, dass Kaoru vielleicht vergessen würde, wenn sie nur leise genug waren, aber scheinbar hatten sie sich in dem Punkt getäuscht. Die junge Frau schenkte ihnen ein Lächeln, wartete geduldig, bis die beiden Männer sich voneinander gelöst hatten, zog allerdings eine Augenbraue hoch, bei dem schon fast sehnsüchtigen Abschiedskuss. "Sie können ihn doch morgen schon wieder mitnehmen.", stellte sie mit einem Schmunzeln fest, während sie den Älteren langsam aber sicher Richtung Tür schob. "Solang er sich heute nacht gut erholt, versteht sich." Dieser nickte hastig, schenkte seinem Freund noch ein Lächeln, bevor er sich zum Gehen wandte, leise vor sich hin summte. Morgen würde ihr neues Leben anfangen, das hatte er Kyo versprochen, sie würden hier wegziehen, weit weg, dass er seine Eltern nie wieder sehen musste, irgendwohin, wo es nur sie beide gab und niemanden, der sich zwischen sie stellen konnte, wie seine Eltern, die ihn rausgeworfen hatten, nachdem sie erfahren hatten, dass er mit einem Jungen zusammen war. Als sein Blick auf den Ring an seiner Hand fiel, schloss Kaoru für einen Moment die Augen, atmete tief durch, bevor er den Kopf in den Nacken legte und in den Himmel sah. Morgen. Ein Versprechen, das er halten würde. Morgen, für Immer. This is the last night you'll spend alone Look me in the eyes so I know you know I'm everywhere you want me to be The last night you'll spend alone I'll wrap you in my arms and I won't let go I'm everything you need me to be Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)