Prolog
Dunkelheit senkte sich über die Wipfel der Bäume. Weit und Breit war
nicht ein einziges Geräusch zu hören. Ein junges Mädchen stand eng an
einen Baumstamm gelehnt und blickte zum Himmel empor. Ganz langsam
wandte sie sich ein wenig nach links und versuchte um den Baum herum
zu blicken. Jetzt bewegte sich etwas in der Ferne. Blitzschnell zuckte
sie wieder hinter den Baum zurück. Ganz leise konnte sie schon die
Schritte hinter sich hören. Es war jetzt nur noch um die 20 Meter
entfernt. Vorsichtig ließ sie ihre Hand zum Oberschenkel sinken und
tastete nach dem langen Schnitt in ihrem Kleid. Entsetzt zuckte sie
zusammen und das lange, blonde Haar fiel ihr ins Gesicht. Der Schnitt
in ihrem Bein war tief, und jetzt wo der erste Schock langsam nachließ
begann der Schmerz. Mit dieser Wunde konnte sie unmöglich noch einmal davonlaufen. Es war jetzt nur noch zwei, höchstens drei Meter entfernt
und man konnte den rasselnden Atem des Monsters deutlich hören. Heftig
zitternd sank sie auf den Boden. Langsam kam es um den Baum herum. Die zweischneidige Orkaxt schimmerte im Mondlicht, nur durchbrochen durch
die Flecken des Blutes das daran herunter lief. Jetzt drehte er sich zu
ihr um. Er hob die Axt und holte zum Schlag aus. Das Mädchen hob die Arme
über ihren Kopf und schrie aus Leibeskräften. Mit einem dumpfen Knall fiel
der Orkkrieger neben dem Mädchen auf den Boden und blieb regungslos liegen.
„Hey Kleine, ist alles ok?“
Das blonde Mädchen hob langsam den Kopf und starrte mit weit aufgerissenen
Augen auf das Monster. Aus seinem Rücken ragten zwei lange, silberne
Schwerter. „Keine Angst, der steht nicht mehr auf.“ Die Frau lächelte und reichte dem Mädchen die Hand. „J-ja, i-ich, ich… da-nke…“ Sie ergriff die
Hand der Fremden und zog sich mit deren Hilfe auf die Beine. Die Frau
trug einen Dress aus dunkelbraunem Leder mit einem langen roten Schal.
Sie trat an den toten Ork und zog die Schwerter heraus. Das junge Mädchen
kannte die Gilde zu der diese Frau gehörte. Die Assassinengilde der Wüste,
und diese Frau war nicht nur eine einfache Assassin, sie war eine
Assassin Cross.
Wüste
In der kahlen Ebene war kein einziger Grashalm zu sehen. Nur abgestorbene
Zweige und spitze Felsen ragten aus dem gelblich schimmernden Sand. Unter
der sengenden Sonne bewegten sich zwei vermummte Gestalten. Hier und
da hörte man das ferne Jaulen der Wüstenwölfe.
„Es ist mir ja schon bewusst das Wüste heiß und trocken bedeutet, aber das
hier is echt nimma lustig.“ Die eine Gestallt lies sich auf den Rand ihres Karrens fallen den sie hinter sich hergezogen hatte. „Es ist ja nicht mehr so weit. Die Anthell haben wir hinter uns und hinter einer der nächsten Dünen sind sicher schon die Oasen von Morroc.“ Die blonde Novizin deutete in Richtung Westen. „Das hast du vor ner Stunde auch schon gesagt...“ Die Merch begann damit in ihrem Cart herumzustöbern und förderte schließlich einen Apfelsaft zutage. „Ok dann gehen wir halt mal weiter.“ Während die Merch wieder ihren Karren zu ziehen begann, trat die Novi dahinter und begann zu schieben. „Was hast du da eigentlich alles für schweres Zeug drinnen?“ Sie konnte die Waren in dem Cart nicht erkennen weil eine weiße Plane darüber gespannt war, um das Zeug vor dem Sand zu schützen. „Das sind hauptsächlich Assassinen Waffen die ich in Morroc verkaufen möchte.“ Das Mädchen nickte und schüttelte dabei ihre blonden Zöpfe. „Wow das ist ja cool.“ Die junge Novizin war sichtlich begeistert. „Hmmmm ich sag dir was Ruîn. Wenn du die Prüfung der Thiefgilde bestehst, kommst du zu mir und ich schenke dir ein +10ner Stiletto. Als Dank das du mir vorhin mit den Desert Wolf Babys geholfen hast.“ „Was ehrlich?“ „Jo klar.“ Die Merch kicherte „Ich hatte mich aber auch derbst übermobbt mit den Viechern.“ Die beiden erklommen eine leichte felsige Anhöhe und blicken dann hinunter auf eine eindrucksvolle, in der frühen Abendsonne leicht orange schimmernde Stadt. „Wir haben es endlich geschafft…“ Ruîn ließ ihren Blick fasziniert über die große Anlage schweifen.
Von den grünen Oasen im Osten der Stadt, über den riesigen Palast im Zentrum
bis ganz nach Norden wo sich riesige Pyramiden majestätisch über die Türme
von Morroc erhoben. „Ja langsam wurde es ja auch echt mal Zeit. Übernachten
wollte ich nicht in der Wüste. Nächstes Mal nehm ich den Kafra Teleport Service.“
„Glaubst du die Geschichte nach der hier vor langer Zeit ein mächtiger Dämon
unterhalb des Palastes versiegelt wurde?“ Ruîn wandte ihren Blick nicht von der
Stadt ab. „Ich denke mal du liest zu viele Märchenbücher.“ Die Merchant klopfte
der Novi auf den Rücken, schnappte sich die hölzernen Griffe ihres Carts und
hüpfte leichtfüßig die Düne nach unten. „Ey das ist kein Märchen sondern eine
Legende.“ Die junge Novi kicherte und lief der Merch hinterher in Richtung Stadttor.
Das lebhafte Treiben der Bewohner dieser Wüstenoase war ein reger
Unterschied zu dem leise säuselnden heißen Wind und der ansonsten fast lautlosen
Wüste. Überall waren Händler in ihre Geschäfte vertieft und zahlreiche Abenteurer machten sich für die gefährlichen Dungeons, die um die Stadt herum lagen, bereit. In dem regen Gedränge auf den Strassen und den engen Gassen zwischen den zahlreichen Zelten und Sandsteingebäuden musste man sehr auf seine Habseligkeiten achten. Überall sah man Thiefs und Rougen hin und her huschen und es war allseits bekannt, dass diese es mit dem Gesetzt nicht immer so genau nahmen. Die junge Merchant war wohl schon des öfteren in der Stadt gewesen, denn sie kannte den Weg zum Hauptplatz und fand dort auch sofort die Angestellten der Kafra Corp. Während sie sich um ihren Lagerbestand kümmerte, befragte Ruîn einen
der Wächter am Rande des Platzes nach dem Verbleib der Thiefgilde.
Die Spitze der riesigen Pyramide leuchtete in der Abenddämmerung. In den
unheimlichen Tiefen des Bauwerks lauerten gefährliche Kreaturen. Namenlose
Schrecken die ohne Leben umherstreiften auf der Suche nach denen, die sich zu
weit vorwagten um die Ruhe ihres Herrschers zu stören. Flüsternde Gerüchte
über diesen einstigen König machten die Runde in der Wüstenstadt und es gab
nicht gerade wenige die bei dieser Jagt ihr Leben gelassen hatten. Aber soweit
wollte Ruîn sich nicht vorwagen. Die Gilde der Diebe lag tief im Ersten der
zahlreichen Labyrinthe versteckt. Geschützt von einer sehr bissigen Fledermausart wie Ruîn sehr schnell feststellen musste. Es kostete sie einige Mühe bis sie sich endlich zum Eingang der Gilde vorgearbeitet hatte. Nun stand sie da, beobachtet von den belustigten Augen einer großen blonden Frau und einem sehr herablassendem Blick eines jungen Mannes. „Nun wir nehmen hier natürlich
nicht jeden auf, das sollte dir schon klar sein.“ Der Rothaarige lächelte süffisant und spielte mit einem kleinen Messer das er immer wieder in die Holztheke piekte an der er stand. „Dann lasst mich euch beweisen dass ich dazu fähig bin.“ In dem kleinen dunklen Raum war es trotz der Hitze die in der Wüste draußenherrschte erstaunlich kalt. „Hmm, wenn sie meint sie schafft es, dann sollten wir sie zur Prüfung lassen, meinst du nicht auch?“ Die Frau schüttelte ihre lange Mähne und ihre dicken Locken fielen ihr über die Schultern zurück. „Denkst du wirklich du bist der Aufgabe gewachsen?“ Er war zu ihr hingekommen, hob ihren Kopf mit dem Messer an und betrachtete sie zweifelnd. „Ich bin zu allem bereit.“
Laufen, töten, laufen, töten. Hinter beinahe jeder Ecke der riesigen Anlage lauerte ein Monster. Zahlreiche aggressive Fabres hatten es auf Ruîn abgesehen und verfolgten sie über das Feld. Keuchend ging sie hinter einem großen Felsen in Deckung. Sie hatte zwar einige Potions zu dieser Prüfung mitgenommen, aber
mit einem solchen Monsteransturm hatte sie nicht gerechnet. Laut schwirrend
flog ein Chonchon an ihr vorbei und erschreckte sie fürchterlich sodass sie sich
noch näher an das kalte Gestein presste. Eine längst vergangene Szene mit einem
blutrünstigen Orkkrieger flog in Fetzten durch ihren Kopf. Na ja wenigstens
waren diese Fliegen nicht aggressiv. Energisch erhob sie sich und lief an den Rand des Feldes. Dort hatte sie noch ein paar der gesuchten Thief Mushrooms entdeckt.Sie konnte nicht glauben, das ihre Prüfung wirklich darin bestand auf einem großen Feld Pilze zu stehlen.
Die schwere Holztüre zur Thiefgilde schwang mit einem lauten Ruck in den Raum.
Die beiden Thiefs blickten erschrocken in den dunklen Gang hinaus und das gerade
rechzeitig um den großen Leinensack noch zu erkennen, bevor er den rothaarigen
Thief am Kopf treffen konnte. Mit einer geschickten Bewegung fing er ihn aus der
Luft ab und blickte verdutzt hinein. „Aber das sind ja…“ „Thief Mushrooms ja
genau.“ Die Novie lehnte lässig am Türpfosten und betrachtete betont uninteressiert ihre Fingernägel.
„Hahaha das ist gut, ja das ist gut.“ Die blonde Frau lachte schallend und klopfte ihrem Kumpanen heftig auf die Schulter. „Ich habe dir ja gesagt, das du die Kleine nicht unterschätzen sollst.“ Damit kam sie nickend auf Ruîn zu erwischte ihre Hände und zog sie in den Raum. „Ich habe niemanden unterschätzt, ich wollte ihr lediglich klarmachen, dass es nicht so einfach ist zu unserer Gilde zu gehören.“ Er hielt den Sack noch in den Händen und drehte ihn etwas unschlüssig hin und her fast so als wollte er sichergehen, dass die Pilze
wirklich echt waren. „Jajaja ich denke mal das hat sie verstanden… wo ist denn
nun…“ Die Thief war im hinteren Teil des Raumes zwischen einigen Kisten und
Säcken verschwunden und kramte anscheinend in einer davon. Es dauerte einige
Minuten bis sie sich schließlich wieder aus der Kiste erhob und Ruîn einen Stapel mit den offiziellen Thiefgilden Kleidern reichte. „Du bist ein bisschen klein, aber da du ja noch jung bist wird das sicher noch. Wenn was mit den Klamotten nicht stimmt kommste einfach wieder her, ok?“ „Hmmm ja werde ich machen, danke.“ Ruîn nickte und zupfte an den Kleidern herum. Die Tracht der weiblichen Thiefs bestand aus einer ziemlich schicken kurzen Lederjacke und weiten braunen Hosen die knapp unter dem Knie endeten. Am meisten beeindruckt war Ruîn von den Schuhen. Es waren sehr bequeme Schleichschuhe mit einem sehr weichen Federkranz an der Sohle. Einfach nur cool! Ruîn war begeistert.
„Yay wie geil sieht das denn aus!“ Die Merchant kam auf Ruîn zugelaufen und
fiel ihr um den Hals. „Ich wusste du schaffst das, ich hab dein Stiletto auch
schon auf Hochglanz poliert.“ Sie nickte und reichte Ruîn ein längliches Stoffbündel. „Ich danke dir.“ Die beiden wanderten vom Morroc Pub im Norden der Stadt an die obere Kafra. Die junge Merch hatte dort übernachtet und den ganzen
Vormittag schon auf Ruîn gewartet, während diese mit ihrer Prüfung beschäftigt
gewesen war. Trotz der noch gar nicht so späten Stunde war es schon ziemlich
heiß und die kleine Merch fächelte sich mit einem ihrer Handschuhe ein wenig
Luft zu. „Ich denke mal, du wirst dann gleich wieder aufbrechen und trainieren
gehen, oder?“ Sie standen im Schatten von einigen Palmen und beobachteten
eine große Party die neben der Kafra gerade zu potten begonnen hatte. „Ja ich
denke schon. Ich werde wieder nach Prontera gehen und dann weiter zum
Poring Heaven.“ Ruîn war fasziniert von dem Schauspiel das sich da jetzt neben
ihnen bot. Ein Soullinker hatte einer Creator den Alchemisten Skill verpasst und
nun glitzerten tausende, kristallklare und durchsichtige Blätter in der Luft
während die Creator geschickt mit Herbs, Flaschen und Medicine Bowls
hantierte. Auch eine High Priesterin und eine Paladin waren bei der Gruppe
um für Buffs und Gospel zu sorgen. „Spiritual Potion Creation.“ „Hmm?“ „Na
so heißt dieser Skill den sie da beim potten benutzen.“ Die Merch nickte und
deutete auf die Party. „Achso. Möchtest du denn auch mal… so was werden?“
Sie blickte interessiert an der Merchant hinunter. „Hö? Nenene Alchemist ist
nichts für mich, ich werde Waffen schmieden.“ Sie nickte und tätschelte ihr Cart.
„Na dann schon mal viel Glück.“ „Jo danke.“ Die beiden kicherten und wandten
sich dann an die Mitarbeiterinnen der Kafra Corp. Die Merch wollte nochmals
ihre Lagerbestände durchgehen und Ruîn wollte einen Warp nach Prontera.
„Machs gut, Isan. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder!“
Schmerz
Auch wenn Morroc eine sehr belebte Stadt gewesen war,
im Vergleich zu Prontera war es kaum der Rede wert. Obwohl
eigentlich Alberta als Stadt der Merchants bekannt war,
wimmelte die Hauptstadt von Rune Midgard nur so von Händlern,
Alchemisten und Blacksmith das man kaum einen Schritt gehen
konnte, ohne nicht vor einen neuen Shop zu stehen. Der Markt
von Prontera war schon legendär und auch in den Nachbarländern,
der Schwarzwald Republik und Arunafelz sehr bekannt. Es gab
alle nur möglichen Waffen, Cards, Equipmentteile, Taming Items
für Pets und Allerhand andere Items. Kurz gesagt, es gab nichts,
was man hier auf dem Markt nicht kaufen konnte. Ganz im Norden
der Stadt lag das große Prontera Castle von wo aus der große
König Tristan über das ganze Land herrschte. Auch die berühmten
Gilden der Knights, Crusader, Acolyten und Priester befanden sich
in Prontera. Der von der Kafra Corp. festgelegte Erscheinungspunkt
wenn man sich aus einer anderen Stadt nach Prontera warpen ließ,
lag im Süd-Westlichen Stadtteil nahe der beliebten Partyzone. An
diesem Platz trafen sich jeden Tag hunderte Abenteurer um sich
den großen Dungeontrainingspartys anzuschließen, die dann
gemeinsam zu den gefährlichsten Orten zogen und dort wohl um
Ruhm und Ehre kämpften. Ruîn schlängelte sich an vielen Leuten
vorbei und versuchte das südliche Stadttor zu erreichen. An der Kafra
stockte sie nochmals ihren Bestand an Potions und einigen Vorräten
aus ihrem persönlichen Kafrastorage auf, man wusste ja nie wie lange
man unterwegs war, und verlies dann das rege Treiben der Hauptstadt
durch das Südtor. Vor der Stadt waren gewiss auch nicht weniger
Leute unterwegs als auf einem der großen Stadtplätze. Zahlreiche
Abenteurer suchten auch hier nach Sharepartnern oder kamen einfach
so mal zum Plaudern vorbei. Einige mutige Merchants hatten hier
sogar ihre Shops geöffnet, was ein wenig gefährlich war, da bekannt
war das die Leute hier öfters mal mit den Dead Branches herumspielten
und auch sehr böse Monster herbei beschwörten. Ruîn stellte sich
ungefähr in die Mitte der Versammlung und rief dann einfach mal in
die Menge. „Wäre bitte jemand so lieb mir Buffs zu geben?“
Interessiert wandten sich ein paar Priester in ihre Richtung und es
dauerte nicht lange bis sie Agi, Bless und von einer freundlichen High
Priesterin sogar ein Assumptio bekam. Sie bedankte sich artig und
machte sich auf den Weg in Richtung Süden.
Der Poring Heaven lag südlich von Prontera auf halbem Wege zur
Waldstadt Payon. Hier war die Grenze zwischen dem Sandgebiet
der Wüste und den großen Walgebieten um Payon und Alberta.
Getrennt wurden die beiden Sektoren durch einen großen Fluss
der schon bei Izlude, der kleinen Nachbarstadt von Prontera begann.
Hier, recht nahe am Meer, gab es ein kleines Gebiet in dem sich
haufenweise Poringe, Poporinge, Marins, Drops und noch ein paar
andere Monster tummelten. Es war vor allem bei Novizen und First
Job Chars kurz nach deren Jobchange sehr beliebt wenn man keine
Hilfe hatte.
Der Tag verging wie im Flug und bald schon war der Himmel
durchzogen von orangenen Abendwolken. Ruîn saß nahe der
nordöstlichen Insel auf einem Baumstumpf und warf kleine Kieselsteine
ins Meer hinunter. Stundenlang Poringe jagen war halt doch ein
bisschen langweilig. Ein wenig abseits bei einigen Bäumen hörte
sie etwas durch das Gestrüpp laufen und auf sie zukommen. Es war
ein Paladin auf einem gepanzerten Pecopeco. Er ritt in einem kleinen
Bogen an ihr vorbei und verschwand dann wieder in der aufkommenden
Dunkelheit. Auch wenn er schon ein kleines Stück von ihr entfernt
gewesen war, hatte sie gesehen das er bei ihrem Anblick gelächelt
hatte. Sie waren sich heute im Verlauf des Tagen schon einige Male
über den Weg gelaufen und Ruîn vermutete das er auf der Jagt nach
dem seltenen Angeling war, das hier ziemlich regelmäßig erschien und
von dem man ziemlich wertvolle Dinge bekommen konnte. Aber das
war definitiv ein Monster an das sich Ruîn noch lange nicht trauen
konnte. Naja, dann eben weiter trainieren.
Suchen, herantasten, zuschlagen, suchen, herantasten, zuschlagen,
immer und immer wieder, jedes Mal ein wenig besser, jedes Mal
ein wenig schneller. Die Sonne war inzwischen schon längst hinter
dem Horizont verschwunden und Ruîn wanderte gerade an der
Waldseite der Küstenlinie entlang und überlegte ob sie vielleicht
zurück in die Stadt gehen sollte. Sie hatte zwar schon des öfteren
unter freiem Himmel geschlafen, aber so unbedingt bequem war
das nicht. Die Brücke zur kleinen Insel zwischen den Küstenlinien
klapperte ein wenig im Wind als Ruîn sich auf den Pfeiler setzte
und in die Dunkelheit der anderen Seite blickte. Ein knirschendes
Geräusch ließ sie aus ihren Gedanken aufschrecken und sie
bemerkte, das etwas auf der Brücke war und langsam auf sie
zukam. „Auch noch da, hmmm?“ Es war der Paladin, allerdings
ritt er nun nicht mehr auf seinem Pecopeco sondern führte es am
Zügel hinter sich mit. „Hmmm, sieht so aus.“ Sie hielt ihr Stiletto
in der rechten Hand und betastete die Spitze mit der Kuppe ihres
Zeigefingers der linken Hand. „Du bist hier schon den ganzen Tag
unterwegs, noch gar nicht müde?“ Er hatte sich an den anderen
Brückenpfeiler gelehnt und blickte sie ein wenig von unten herauf
an. „Och na ja, so bisschen geht schon noch. Angeling erwischt?“
„Klar, dreimal heute schon, nur lässt dieses Biest seine Flügel
nicht fallen. Aber ich habe ja Zeit.“ Er lächelte leicht und Ruîn
bemerkte das sie irgendwie nervös wurde. Irgendetwas war hier
in der Dunkelheit das nicht stimmte, etwas das ihr unterbewusst
ein schlechtes Gefühl gab. Ganz im Gegenteil zu dem Gespräch
das sie gerade führte. Es war sehr angenehm sich nach den ganzen
Kämpfen mal ganz ruhig zu Unterhalten, auch wenn es nur um
Poringe ging. Außerdem gefiel er ihr nicht mal so schlecht in
seiner massiven Rüstung die von zahllosen Schrammen aus sicher
ebenso zahllosen Kämpfen durchzogen war. Er stand jetzt
direkt neben ihr und sie konnte trotz der Dunkelheit seine klaren,
grünen Augen erkennen.
Mit einem Mal kam das ungute Gefühl wieder. In dem Gestrüpp
hinter ihr raschelte es und bevor sie sich überhaupt rühren konnte
hatte der Paladin sie mit einem kräftigen Ruck auf den Boden
und hinter sich gezogen. Und das keine Sekunde zu spät. Mit
einem wahnsinnig schnellen Satz war ein Develing auf die Beiden
zugesprungen und das Deviruchi, welches ihm folgte, castete auf
sie. Der Paladin hatte sein Schwert gezogen und hielt sein
Schild vor Ruîn die ein wenig erschrocken nach hinten auf die Brücke
ausgewichen war. Drei, vier Grand Cross, ein paar Schwerthiebe
und das dämonische Poringmonster war besiegt. „Jetzt sag nicht
du hattest Angst.“ Er kicherte und reichte Ruîn die Hand. „Ey,
ich bin noch ziemlich unerfahren, der hätte mich töten können.“
Er zog sie langsam von der Brücke bis sie wieder am Pfeiler
stand. „Hmmm, das hätte ich sicher nicht zugelassen.“ Sie standen
sich nun ganz dicht gegenüber und Ruîn musste ihren Kopf
ziemlich hochheben da er ein ziemliches Stück größer war als sie.
„Ich denke mal ich gehe zurück in die Stadt. Es ist spät…“ Sie
zog ihre Hand zurück die immer noch in seiner lag und wandte
sich zur Brücke. „Ach, bleib doch ruhig noch einen Moment…“
Damit zog er sie an sich und küsste sie.
Die nächsten drei, vier Tage war er wieder auf Angeling Jagd
und die Beiden zogen hin und wieder ein Stück gemeinsam
durch den Poring Heaven. Diese Stunden machten immer
besonders viel Spaß. Sie mochte den Paladin und fühlte sich
in seiner Gegenwart ziemlich wohl. Seit er sie vor einigen Tagen
geküsst hatte suchte er auch immer wieder die Nähe zu ihr. Er
berührte ihre Hand, strich ihr durch das lange blonde Haar
und hielt sich immer so nahe bei ihr auf, dass sie sich immer
wieder wie zufällig berührten. Eigentlich war Ruîn inzwischen ja
schon längst soweit das sie sich an etwas stärkere Monster als
Poringe wagen konnte, aber irgendwie wollte sie noch nicht auf
ihren zeitweisen Begleiter verzichten. Sie hatte sich auch einige
nützliche Tipps bezüglich Equipment, Waffen und natürlich über
Kämpfe geben lassen und sich einige Geschichten übers
Monsterjagen und auch über den War of Emperium erzählen
lassen. Letzteres war eine Veranstaltung die regelmäßig in Midgard
stattfand und für die zahlreichen Gilden gedacht waren die es gab.
Auch der Paladin war natürlich Mitglied einer Gilde, und nicht nur
das- er war sogar der Anführer einer recht großen WoE Gilde
deren Namen auch nicht gerade unbekannt war. Auch hatte er
ihr schon einige Male das Angebot gemacht dieser beizutreten,
aber dafür fühlte sie sich noch nicht bereit. Sie wollte zuerst noch
besser im Kampf werden, bevor sie sich mit solchen Dingen
auseinandersetzen konnte. Gegen Abend beschloss Ruîn dann
zurück in die Hauptstadt zu wandern. Es war zwar ziemlich
schön ihre Zeit mit Helios zu verbringen, aber langsam wurde
sie doch müde. Und ihre kleinen Kämpfe mit den hüpfenden
Poringen konnten ihr inzwischen nicht mehr viel abverlangen,
die Rosernen und Orangen schaffte sie sogar schon Onehit
wenn sie gut genug zielte.
„Aaaaalllsoooo, da hätten wir mal nen Immune Manteau, ich
denk mal das ist am Anfang am besten.“ Isan verschwand
wieder in den Untiefen ihres Carts und förderte dann ein
braunes Stück Stoff zutage. „Hmmm und das da ist so teuer?“
Ruîn war sich da etwas unsicher, der Stoff fühlte sich nicht
gerade so an, als ob man sich damit weniger Verletzungen
zuziehen würde. „Joa nicht grade billig, aber glaub mir, das
kann Leben retten. Später kannste dann auch eventuell auf
einen Mocking umsteigen. Vielleicht besser fürn Assassin.“
Damit nickte sie eifrig und stopfte einige Sachen wieder in das
Cart zurück. Es war früher Nachmittag und die beiden saßen im
südwestlichen Pub von Prontera und hatten gerade dort
zusammen zu Mittag gegessen. „Nyo, dann werd ich mich
mal nach Einbroch aufmachen. Wird langsam Zeit.“ Sie
räumte umständlich in ihrer Tasche herum und suchte wohl
nach ihrer Brieftasche. „Ich werd mich dann auch mal
wieder zu meinen Poringen begeben.“ Die beiden verließen
das Pub und wanderten noch gemeinsam zur Südkafra hinüber
wo Isan dann weiter nach Izlude und zum Luftschiff reiste.
Ruîn wollte noch ein wenig über den Markt wandern und in
ein paar Shops der ganzen Merchants, Alchemisten und
Blacksmith reingucken, die sich an der Hauptstrasse wieder
zahlreich versammelt hatten.
Sie wanderte die Hauptstrasse entlang bis in die Stadtmitte
zum großen Springbrunnen, wo die Schmiede lag. Dort hatten
sich besonders viele Händler mit allen Arten von Elunium,
Oridekon, Stahl und anderen Metallen eingefunden für die
jenigen die in der Schmiede ihre Rüstungen und Waffen
reparieren lassen wollten, oder diejenigen die selber Hand
an ihr Equipment anlegen konnten oder gar selbst die
Schmiedekunst beherrschten. Sie schlenderte an der Schmiede
vorbei, blickte hinüber auf den Eingang zum Inn und PvP Haus
und da stand er. Eine kleine Swory auf den Schultern und eine
High Priestress im Arm. Ruîn war mitten im Schritt stehen
geblieben und konnte erst garnicht glauben was sie da sah.
Die High Priestress hatte ihre Arme um den Hals des Paladins
geschlungen und die beiden küssten sich. Dann half sie der
Swordy von seinen Schultern, ließ die Kleine ihm einen
Schmatz auf die Wange geben und wanderte dann mit ihr
in Richtung der Ostkafra. Wenn Ruîn sich bis jetzt der
Situation noch nicht sicher gewesen war, dann gab es in
diesem Moment keinen Zweifel mehr. Die High Priestress
drehte sich noch mal um, hob ihren Rechten Arm und das
roserne Licht des SP Skills breitete sich herzförmig um den
Paladin aus. Der Hochzeitsskill. Mit einem Satz sprang Ruîn
hinter die Wand der Schmiede zurück damit er sie ja nicht
sehen konnte. Er war verheiratet und hatte eine Tochter.
Warum hatte er ihr das nicht erzählt? Er war verheiratet.
Warum hatte er ihr gesagt, er würde sie gern haben?
Verheiratet… Warum hatte er sie geküsst? Verheiratet…
Die Tränen liefen ihr über das Gesicht und sie sank an der
steinernen Wand zusammen.
Die nächsten drei Tage blieb Ruîn in ihrem Zimmer im
Prontera Pub und hatte keine Lust auf Poringe oder das
Kämpfen. Außerdem wollte sie Helios nicht unbedingt über
den Weg laufen. Sie lag ausgestreckt auf dem Bett, starrte
auf die dunklen Holzbalken über ihr und zählte die erkennbaren
Jahresringe. Der Nachmittag ging langsam zur neige und im
Zimmer wurde es dämmrig. Als sie die Maserung des Holzes
nicht mehr erkennen konnte stand Ruîn langsam auf und trat
an das Fenster. Einige Gäste verließen und betraten das Pub
und auf dem Platz draußen trafen sich einige Partys um zur
Drachenjagd im Abysslake aufzubrechen. Ein Paar Hunter und
Sniper, Priester, Lord Knights und Cross Assassinen. Ruîn
blickte zur Seite. Neben dem Fenster auf einer kleinen
Kommode hatte sie ihre Waffen auf einem kleinen Baumwolltuch
abgelegt. Sie glänzten im späten Sonnenlicht und es waren kaum
Kampfspuren an ihnen zu sehen. Mit einem schnellen Griff
ergriff sie die Waffen mitsamt dem Tuch schnappte sich ihren
Immune Manteau und ihr restliches Equipment und stürmte
regelrecht aus der Tür. Nein, wegen diesem verlogenen Kerl
würde sie jetzt sicherlich nicht ihr großes Ziel aus den Augen
verlieren! Sie lief an der Südkafra vorbei durch das Stadttor
und weiter nach Süden in Richtung Poring Heaven. Da sie mit
den kleinen Poringen und Dropsen nicht mehr viel anzufangen
wusste, suchte sie jetzt hauptsächlich nach den blauen Marins
und den grünen Poporingen, den etwas stärkeren Vertretern
der kleinen Schwabbelmonsterfamilie. So an sich lief es
eigentlich ganz gut, wobei sie sich langsam wirklich mal überlegen
konnte zu stärkeren Monstern in die Wälder von Payon zu
wechseln. Oder vielleicht auch nach Lighthalzen, in dessen Nähe
man Metalinge jagen konnte?
Ruîn war so in ihre Gedanken vertieft, das sie gar nicht bemerkte
wie jemand auf sie zukam. Sie hatte gerade ein Marin getötet
und aus dessen Überresten ein Garlet geborgen, als sie sich
umdrehte und beinahe in Helios krachte. „Nanana, Vorsicht
meine Kleine.“ Er lächelte, erwischte sie am Arm und zog sie an
sich um sie zu küssen. Allerdings blickte sie zu Boden und er
erwischte nur ihre Stirn. „Solltest du nicht lieber deine Frau
küssen?“ Sie blickte ihm jetzt direkt ins Gesicht um seine Reaktion
darauf besser abschätzen zu können. Er hatte sicherlich nicht
damit gerechnet, das sie das herausgefunden hatte. Leider tat
er nun etwas womit sie eigentlich gar nicht gerechnet hatte. Er
lachte. „Und das ist so witzig weil?“ „Ach komm Kleine, das
darfst du doch nicht so ernst nehmen.“ Er schüttelte so heftig
seinen Kopf das die Angelwings an seinem Helm einige kleinere
Federn verloren. „Was heißt da bitte ernst nehmen? Du bist
verheiratet und machst dich an andere Frauen ran!“ Sie versuchte
ihren Arm aus seinem Griff zu befreien was leider etwas unmöglich
war, da er um einiges stärker war als die kleine Thief. „Na jetzt
übertreib mal nicht so, ich bin der Leader einer großen Gilde, wie
du weißt, da hat man halt einfach einige Verpflichtungen, ob man
das nun mag oder nicht.“ „Verpflichtungen?“ Sie schüttelte ihren
Kopf, das konnte doch nicht sein Ernst sein? „Es ist nun mal
Praktisch die Eheskills im WoE verwenden zu können, verstehst
du das denn nicht? Das ist doch nur eine Nutzehe.“ „Achja? Und
welchen Nutzen hat dann bitte deine Tochter?“ „Na also, wenn
man schon heiratet, dann sollte das schon jemand sein, mit dem
man auch seinen Spaß haben kann...“ Er hatte endlich ihren Arm
losgelassen, allerdings nur um ihr nun über das Gesicht zu streicheln.
„Wenn du soviel Spaß mit ihr hast, dann steh doch auch zu ihr!“
„Sie interessiert mich nicht, du interessierst mich...“ „Aber du
mich jetzt nicht mehr, also lass mich!“ Sie schlug seine Hand weg,
drehte sich um und wollte weggehen, aber er war schneller. Er
ergriff ihre Hand und zwar diesmal so unsanft das es wehtat. „Jetzt
sei doch nicht gleich so eingeschnappt, ich hab dir doch alles
erklärt!“ „Ist mir doch egal was du treibst!“ Mit einem heftigen
Ruck hatte sie ihren Arm aus seinem Griff befreit und wollte diesmal
an ihm vorbei in Richtung der Brücke.
Helios ergriff sie an der Schulter und drehte sie so heftig herum,
dass sie mit den Beinen umknickte und hart auf dem Boden
aufschlug. „Ich bekomme immer was ich will!“ Für einen kurzen
Augenblick wurde ihr schwarz vor Augen. Sie konnte das kühle,
trockene Grass des Poringheavens in ihrem Gesicht spüren. Als
sie ihre Augen wieder öffnete war er über ihr. Mit einem heftigen
Ruck versuchte sich Ruîn aufzurichten doch er schlug sie zurück
auf den Boden und ein heftiger Schmerz durchfuhr ihren Kopf.
Helios ergriff ihre Handgelenke und zog sie über ihren Kopf
hoch, da er bei weitem größer war als Ruîn benötigte er dazu nur
eine Hand. Die Andere ließ er langsam über ihren Oberkörper
streifen. Sie fühlte ein kräftiges Ziehen und hörte den Stoff ihres
Oberteils reißen. Ruîn wollte laut Losschreien, aber sie bekam
weder den kleinsten Laut heraus noch konnte sie sich bewegen,
sie war starr vor Angst. Die schwere Rüstung des Paladins
verfügte über einige scharfe Kanten und diese fügten ihr immer
wieder einige Schnitte zu. Helios grinste sie an, als ob es für ihn
nichts weiter als ein schlechter Scherz war, was er da gerate tat
und drückte ihre Beine auseinander. Sie lenkte ihren Blick nach
oben zum Himmel, Tränen hatten sich gesammelt und liefen ihr
nun über die Wangen und dann wurde alles Schwarz.
Assassin
„Glaub mir, ich wünschte das hier wäre etwas anders gelaufen...“
Helios lehnte am Pfeiler der großen Brücke die zum Wüstenteil
des Poringheavens hinüber führte und blickte nach unten zum Fluß.
„Ich auch…“ Ruîn lag mit ausgestreckten Armen und Beinen im
hohen Graß und blickte nach oben in den dunklen Himmel. Die
Wolken waren schwer und es würde wohl jeden Moment zu
regnen
beginnen. „Sieh zu das du trocken in die Stadt kommst.“ Damit
löste er den langen blauen Umhang seiner Rüstung, ließ ihn über
Ruîn fallen und ging. Die Wolken zogen über den Himmel und
langsam begann es zu tröpfeln. Erst ganz wenig, dann etwas mehr.
Poringe und Dropse raschelten in den Büschen und sprangen ab
und an eilig vorbei, um dem Regen zu entkommen. Dann wurde
es langsam dunkel und die Nacht brach herein. Ruîn wusste nicht
wie lange sie da schon auf dem Boden lag, nass vom Regen,
betäubt vom Schmerz. Warum hatte er ihr DAS angetan? Wie
hatte er nur behaupten können er würde sie mögen? War DAS
seine Definition von Zuneigung gewesen? Also darauf konnte sie
wirklich verzichten. Mit einem schnellen Satz sprang sie auf die
Beine, raffte die Reste ihrer Kleidung zusammen, warf den Umhang
die Schlucht hinunter und rannte über die Brücke und in Richtung
der Wüste. Sie wusste nicht wo sie hin wollte, sie musste einfach
nur weg von hier. Weit weg von den Poringen und diesem
schrecklichen Ort. Der Sand der Wüste war durch die Nachtluft
abgekühlt und glitzerte im Mondlicht. Unter einigen Palmen hatten
sich ein paar steinerne Golems versammelt doch sie beachteten
Ruîn nicht, als sie durch ihre Gruppe rannte. Warum war sie nur
so schwach? Warum hatte sie sich nicht wehren können? Sie lief
so schnell sie konnte bis sie plötzlich auf eine Unebenheit im Sand
trat und stolperte. Heftig schlug sie mit den bloßen Fäusten auf
den Sand ein, immer und immer wieder, bis sie sich nach hinten
fallen ließ und aus Leibeskräften in den Himmel schrie.
Einige Hämmer, drei Lanzen, zwei Kurzschwerter, vier Stilettos,
zahlreiche Damaskus und verschiedenste Bögen aller Art und
Material lagen schön sortiert in und vor dem Cart einer blonden
Blacksmith auf der Haupteinkaufsstrasse in Prontera. Diese war
gerade dabei einige Cards zu sortieren und blickte zwischendurch
nachdenklich die lange Strasse hinunter. Es war ein relativ schöner,
sonniger Tag und so waren natürlich wieder massenweise Händler
unterwegs um ihre Waren an den Mann zu bringen. Sie bemerkte
gar nicht, das sich ihr ein Swordsman näherte und über ihre Schulter
blickte. „Hallo Isan.“ Vor lauter Schreck ließ die Blacksmith
sämtliche Cards fallen. „Himmel noch mal, schleich dich nicht noch
mal so an mich ran.“ Sie gab ihm einen Klaps auf den Rücken und
begann damit ihre Items wieder aufzusammeln. „Ich wollte dich ja
lediglich fragen, ob du mein Eisdamaskus fertig hast.“ „Jaja, ist im
Cart, warte mal…“ Damit schob sie noch ein paar Cards mit
dem Fuß unter das Cart und fischte dann darin eine Weile herum.
„Da isses.“ Sie reichte ihm ein langes Messer und verschwand
dann wieder unter dem Cart. „Das ist ja eine schöne Waffe, aber
ich wollte eigentlich ein Eisdama und keines mit Feuer…“ „Hö
was?“ Sie schnappte sich das Damaskus und blickte etwas verdutzt
drauf. „Hmm, jo das ist ne Feuerwaffe.“ Sie schüttelte den Kopf
und wühlte dann wieder in ihrem Cart herum bis sie die richtige
Waffe gefunden hatte. „Ich danke dir.“ Der Swordsman bezahlte
und verließ Isan dann in Richtung der Südkafra, während sie ihm
nachdenklich hinterher blickte. Sie machte sich seit geraumer Zeit
ein wenig Sorgen um die Thief Ruîn. Es waren jetzt schon ziemlich
viele Wochen vergangen, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten
und eigentlich sollte diese jetzt auch schon die Assassinen Prüfung
ablegen können. Aber sie hatten sich weder gesehen, noch hatte sie
eine Nachricht von ihr bekommen. Isan hoffte nur, das ihr nichts
Ernstes passiert war.
Der ehrwürdige Vorsitzende der Assassinengilde saß an seinem
Schreibtisch im untersten Stockwerk des Gildengebäudes und war
in einige Dokumente vertieft. Die Assassinengilde lag weit im Herzen
der Wüste des Sograt Desserts. Und es war natürlich nicht jedem
möglich hierhin zu gelangen. Man konnte zwar das Gebäude
erreichen, allerdings waren nur die wahren Anhänger der Gilde fähig
dieses auch zu betreten und in die inneren Bereiche vorzudringen.
Eine kleine Ausnahme allerdings bildeten junge Thiefs die sich nach
intensivem Training ihrer Fähigkeiten bereit fühlten, sich den
Anforderungen der Assassinengilde zu stellen und die Jobchangeprüfung
zu versuchen. Diese bestand aus mehreren Teilen und war nicht
gerade einfach. Auch heute war wieder Jemand gekommen um
sich dieser Herausforderung zu stellen. Der Vorsitzende hatte
gerade die Meldung darüber von der ersten Prüferin erhalten. Es
handelte sich um eine junge Thief, sie hatte alle Fragen mit Bravur
beantworten können und war in den ersten Monsterraum
vorgelassen worden. Die Assassinen der Gilde beobachteten jeden
Anwärter heimlich bei den Aufgaben, denn sie verfügten über
Fähigkeiten die es Jedem unmöglich machte sie zu sehen, wenn sie
nicht entdeckt werden wollten und berichteten die Fortschritte der
Prüfung sofort an den Meister. „Keine Frage war falsch, sie wusste
alles.“ Der Vorsitzende nickte. „Der erste Monsterraum ist geschafft-
in der hälfte der Zeit.“ Nun dann schien sie wohl eine sehr gute
Auffassungs- und Beobachtungsgabe zu haben. „Wir haben sie im
zweiten Monsterraum verloren…“ Er hob den Kopf und blickte
etwas ungläubig über seinen Schreibtisch. „Wie, ihr habt sie
verloren?“ Hinter ihm war eine Frau aus dem Cloak erschienen und
zuckte mit den Schultern. „Naja sie hat den Raum betreten und als
wir nachgesehen haben, war sie nicht mehr da.“ „Nun dann wird
sie wohl doch aufgegeben haben.“ Er deutete der Assassin mit einer
flüchtigen Handbewegung das das Gespräch für ihn zu Ende war
und sie wieder gehen konnte. Die junge Frau nickte und wandte
sich zum gehen, als sie sich doch noch einmal umdrehte. „Aber
eines war seltsam…“ „Hmm was?“ „Die Augen waren irgendwie
seltsam, ich kann aber nicht sagen warum…“ Sie zuckte mit den
Schultern und verschwand so plötzlich wie sie gekommen war. Der
Vorsitzende wandte sich wieder seinen Papieren zu und blätterte
einige Berichte der Dandelion Organisation durch. Er machte sich
keine Gedanken über die Prüflinge, entweder sie schafften es bis
zu ihm durch das Labyrinth, oder sie waren es nicht wert in die
Gilde aufgenommen zu werden. So einfach war das.
Mit einem heftigen Ruck wurde sein Kopf nach hinten gezogen und
ein langes, kaltes Messer fuhr ihm über den Hals bevor er sich
überhaupt bewegen konnte. Und dann sah er sie, die Augen, die
seine Kommilitonin erwähnt hatte. „Hallo.“ Ihre Augen waren
purpurn und ihr Blick war unheimlich kalt. Sie drehte das Messer
leicht in ihrer Hand und ein kleiner Strom Blut kam daraus hervor.
„Du trägst eine Guard Rüstung, nicht wahr? Darum konnten sie
dich plötzlich nicht mehr sehen. Schlau, schlau.“ Er schob das
Messer von sich weg und nickte. „Nun man muß eben alle Mittel
einsetzten die man hat.“ Sie lächelte und setzte sich auf den
Schreibtisch des Guildmasters. „Nun ja, das erwarten wir von
unseren Assassins.“ „Ich nehme also an ich habe bestanden?“ Sie
drehte das Messer mit der linken Hand, wischte mit der anderen
das Blut weg und blicke ihn dabei so eindringlich an, dass er das
Gefühl hatte, sie würde ihm bei einem Nein sofort das Messer ins
Herz rammen. Allerdings würde es dazu sicherlich nicht kommen.
„Natürlich, nur noch eine letzte, kleine Aufgabe…“ Er reichte ihr
ein Necklace of Oblivion und deutete in Richtung der Tür. „Bring
diesen Gegenstand zu meinem Assistenten in die Halle, er wird dich
dann in die Gilde aufnehmen.“ Sie nahm das Item an sich, sprang
vom Tisch und war wieder verschwunden.
„Nicht schlecht, nicht schlecht, ich gratuliere dir.“ Ruîn hatte die
Assassinengilde verlassen und blickte auf den silberhaarigen Assassin
Cross, der den Eingang zum Gildengebäude bewachte. „Danke.“
Sie verbeugte sich tief, drehte sich dann um ihre eigene Achse um
ihr neues Assassinenoutfit zu präsentieren und Beide kicherten,
dann ging er wieder in den Cloak und Ruîn sprang die steinernen
Stufen des riesigen Komplexes hinunter. Die Assaklamotten gefielen
ihr zwar eigentlich recht gut, doch sie vermisste die flauschigen
Thiefschuhe schon ein wenig. Assassinen trugen keine schweren,
gepanzerten Rüstungen, es war ihr Ziel so schnell zu werden, das
man sie kaum mehr treffen konnte. Sie trugen lediglich Bandagen
an den Gelenken und zur Stärkung des Rückens. Es mag manchen
nicht viel an Schutz erscheinen, aber es war durchaus ausreichend.
Ruîn hatte die letzten Paar Monate alleine in der Wüste verbracht
und in der Nähe der Gilde trainiert. Hauptsächlich hatte sie die
Sandman und Frilldoras gejagt, letztere wegen ihrer sehr praktischen
Cards. Zwischendurch hatte sie immer mal wieder einige
Händlerkarawanen getroffen und ab und an die zahlreichen Items
der Monster gegen andere Güter oder Geld ausgetauscht. Immerhin
brauchte sie jetzt ja auch einiges an Zeny für neue Waffen und neues
Equipment. Am Ende der langen Treppe blieb sie stehen und blickte
zurück nach oben an das Gebäude. Sie hatte es geschafft. Sie
hatte es wirklich geschafft. Beim ersten Versuch. Jetzt würde
alles besser werden. Jetzt war sie stark. Jetzt konnte sie sich ihren
Ängsten stellen.
Sie waren groß, sie waren stark und sie waren böse den Menschen
gegenüber. Immer wieder fielen sie über die Dörfer in der Nähe her,
verschleppten das Vieh und zerstörten die Felder. Viele von ihnen
lauerten südlich der Magierstadt Geffen, wo sie einige kleinere
Dörfer aufgebaut hatten und ihre großen Krieger ausbildeten. Die
Orks. Sie waren sehr aggressiv und man musste sehr aufpassen um
nicht ein Opfer ihrer großen Kriegeräxte zu werden. Und doch hatten
sie einige Schwachstellen. Ganz langsam und vorsichtig schlich sich
Ruîn an den großen Highork Krieger, der vor einer Versammlungshütte
Wache stand an. Mit einer schnellen Bewegung kam sie aus dem
Cloak und trieb ihm eine vergiftete Messerspitze in den Rücken.
Der Krieger schrie laut auf, fuhr herum und hieb mit der Axt nach
Ruîn. Sie duckte sich und sprang nach hinten. Er kam auf sie zu
und erhob wieder die Axt. Mit einem schnellen Satz war sie bei
ihm und rammte ihm zwei Damaskus in die Brust. Es waren Eiswaffen.
Sie glitten durch das Fleisch hindurch wie durch Wasser. Blut spitzte
aus den Wunden und aus dem Maul des Kriegers und dann fiel er
langsam nach hinten. Ruîn zog ihre Waffen aus dem Leichnam und
sah sich um. Sie hatte Glück gehabt. Es waren keine weiteren
Krieger angelockt worden. Die Waffen in beiden Händen leicht
von sich gestreckt schlich sie langsam weiter um die
Versammlungshalle herum. Sie befand sich jetzt südlich von
Britoniah, des WoE Gebiets von Geffen. Es war eine schöne
ländliche Küstengegend, mit satten Wiesen und vielen Bäumen
und Hügeln. Und es waren nicht nur Ork Krieger unterwegs.
Viele Knights, Lord Knights, Priester, Wizzards und kleinere
oder größere Partys zogen ihren Runden um sich mit den Heeren
der Orks zu messen. Man begegnete sich immer mal wieder und
tauschte hier und da ein paar Monsterdrops aus.
Ruîn beschloss noch ein oder zweit Tage in der Nähe der
Orkdörfer zu bleiben und danach mal wieder in der Hauptstadt
vorbeizugucken um vielleicht nach Isan zu suchen. Sie hatte sich
schon so lange nicht mehr bei ihr gemeldet, da wurde es echt
langsam mal Zeit. Ein lautes Gegröle in einiger Entfernung ließ Ruîn
aufhorchen. Ein leichter Wind zog auf und überall raschelte es in
den Bäumen. Irgendetwas war geschehen. Mit einem geübten Satz
schwang sie sich auf den nächsten Baum und kletterte bis zur Hälfte
um sich besser umsehen zu können. Leider waren zu viele andere
Bäume in der Nähe, sodass man nicht bis auf die unteren Ebenen
blicken konnte. Das Gebrüll wurde langsam lauter und unter einem
leichten Donner begann die Erde zu erzittern. Sie hatten einen neuen
Heerführer gewählt! Schnell kletterte sie wieder nach unten und lief
an den Rand des Hügels an die Klippe. Das musste sie sehen. Sie
mussten jetzt in der unmittelbaren Nähe sein. Alle paar Tage
bestimmten die Highorks den Stärksten unter ihnen zum neuen
Heerführer. Dieser wurde zum Orkhero ernannt und zog dann mit
einer großen Gruppe durch die Gegend um alles niederzumetzeln
was ihnen in den Weg kam. Nicht das Ruîn sich einbildete sie könnte
auch nur die geringste Chance gegen diese Truppe haben, sie wollte
den Anführer nur einmal sehen. Nur ein kurzer Blick, dann würde
sie so schnell wie möglich den größeren Partys hier in der Nähe
bescheid geben. Diese konnten ihn aufhalten, bevor er mit seinen
Kriegern in ein Menschendorf einfallen würde. Langsam wanderte
sie die Anhöhe herunter und hielt nach den Orks Ausschau. Und
da waren sie. Acht Highorcs marschierten in Reih und Glied vor
einem besonders großen Krieger mit einem wehenden Federhelm
her. Ruîn stand hinter einem Baumstamm in Deckung und
betrachtete das Schauspiel. Auf einmal wandten sich die Krieger
nach rechts um, sie hatten irgendwas entdeckt! Ruin versuchte
gespannt etwas zu erkennen und da sah sie es. Nicht weit von der
Anhöhe auf der sie zuvor gewesen war, saß ein kleines Mädchen,
eine Dancer, im Grass. Sie musste beim Fluchtversuch gestürzt
sein und blickte nun entsetzt auf die nahenden Orks. Mit einem
Satz sprang Ruîn hinter dem Baum hervor und preschte mit weit
geschwungenen Schwertern los. Sie musste die Krieger von der
Kleinen ablenken! Sie schrie nun aus Leibeskräften und warf
einige Giftmesser nach dem Mob. Die ersten Drehten sich zwar
zu ihr um, machten aber noch keine Anstalten von ihrem Kurs
abzuweichen. Zum Glück waren sie bei weitem nicht so schnell
wie Ruîn. Sie jagte an ihnen vorbei, erwischte die junge Dancer
am Arm und zerrte sie mit sich. Sie hatte vor nicht allzu langer
Zeit eine größere Party gesehen die noch in der Nähe sein musste.
Die Beiden erreichten die Anhöhe, Ruîn drückte die kleine Dancer
hinter sich, sie musste sich den Orks stellen. Sie hatten die
Verfolgung nicht aufgegeben. Sie drehte sich zur Kleinen um,
erwischte sie an den Schultern und blickte sie eindringlich an.
„Schrei.“ Damit drehte sie sich um und rannte den Orkkriegern
entgegen und die Kleine schrie. Die ersten beiden Krieger
blieben sofort stehen und Ruîn schaffte es ein Giftfeld zu legen
bevor der Orkhero sich an sie wandte. Der Scream der kleinen
Dancer würde bei dem Hero keinen Effekt haben, das wusste
sie, aber wenn sie Glück hatte würden es wenigstens andere
Leute hören.
Jetzt stand sie ihm gegenüber. Er blickte sie an. Dann hob er
langsam die riesige Streitaxt. Ruîn stemmte sich fest in den Boden
und erhob ihre Messer. Der Axthieb war so stark das es Ruîn
direkt umhaute. Der Ork grinste hämisch unter seinem Helm,
trat auf sie zu und hob erneut zum Hieb an. Ruîn erhob ihr
Damaskus und schloss die Augen, noch so einen Schlag konnte
sie nicht überleben. Ein lautes KLANG ließ Ruîn erschrocken
auffahren. Der Orkhero stand direkt vor ihr und hieb auf die
rosa Safetywall ein. Und dann kam der Storm Gust. „Komm
her!“ Ruîn fuhr herum und blickte auf die Leute hinter sich. Der
High Priester winkte und ein Lord Knight stürzte sich auf den
Ork. Auch die kleine Dancer war wieder auf den Beinen und
versuchte hinter dem Wizzard in Deckung zu gehen. Ruîn lief
durch den zweiten Cast, hinter den Priester wo ein anderer
Assassin stand. Der Kampf war nun recht kurz. Der Lord
Knight hieb im Berserk auf den brüllenden Orkhero ein während
der Wizzard den Mob ausschaltete und auch dem Anführer
kräftigen Schaden zufügte. Der Highpriest hielt die Safetywalls
aufrecht, lexte den Hero zwischendurch und buffte die Gruppe.
Dann war es plötzlich soweit. Der Hero brüllte laut auf, hieb
nochmals auf den Lord Knight ein und fiel dann rückwärts um.
Triumphierend erhob der Knight sein Schwert und der Wizzard
hielt kichernd ein Heroic Emblem in die Luft. „Na, das ging ja.“
Der Priester nickte zufrieden und healte dann noch mal die
ganze Umgebung, während die kleine Dancer Ruîn mit einem
lauten „Daaannnkkeeeee!!“ um den Hals fiel.
Alte Bekannte
„Wow, das war ja toll! Du hättest da glatt sterben können.“ Der
blonde Assassin hüpfte um Ruîn herum und betrachtete sie dabei
von allen Seiten. „Bin ich aber nicht.“ Sie hatte sich gerade von
der Party verabschiedet und wollte nun eigentlich wieder ein paar
Orks töten. „Jajaja, aber es war trotzdem gefährlich. Was für
Waffen hast du da eigentlich dabei?“ Er war an ihrer rechten
Seite geblieben und versuchte einen Blick auf ihre Damas zu
erhaschen. „Solltest du nicht lieber deiner Party folgen bevor du
sie verlierst?“ Sie war stehen geblieben und deutete nach hinten,
wo in einiger Entfernung noch die Anderen standen. „Hmm? Nö,
das ist nicht meine Party, ich war alleine unterwegs.“ Er begann
wieder damit Ruîn zu umrunden. Na toll. Sie wanderten ein Stück
weiter, eine leichte Anhöhe hinauf, von der aus man schon die
westliche Küste sehen konnte, als in der Ferne zwei, drei
Highorks auftauchten. Da sie jetzt keine Lust hatte, sich leise
im Cloak anzuschleichen preschte sie einfach drauf los, zückte
im lauf ihre zwei Damaskus und ließ ein Giftfeld vor dem ersten
Ork entstehen. Sie rammte ihm beide Damas in die Brust, stieß
den Ork mit dem Fuß zurück um die Messer herauszuziehen
und zog sie dem zweiten Krieger quer über den Hals. Es wäre
ein guter Kampf gewesen, wäre da nicht dieses Klatschen
gewesen das nun hinter ihr erklang. Der Assa saß hinter ihr im
Grass und blickte sie bewundernd an. „Wow, das ist ja so cool
mit zwei Daggern.“ „Ich denke das ist normal für einen Assassin.“
„Nah nicht für alle, ich benutze lieber Katare.“ Er nickte und
zückte seine Waffen. „Ist zwar irgendwie ähnlich wie mit deinen
zwei Waffen aber doch ein wenig anders.“ Er hielt ihr das Katar
vor die Nase damit sie ja alles genau sehen konnte. „Jaja, schön.“
Sie schob die Waffe beiseite und setzte ihren Weg fort. Natürlich
folgte er ihr. „Musst du nicht irgendwohin? Irgendwas töten?“
„Nee, ich denke ich bleibe ein wenig bei dir und schau dir beim
Kämpfen zu.“ Na toll. Er lächelte und sprang fröhlich neben ihr
her. „Mein Name ist übrigens Solar. Und wie heißt du?“ Er
plapperte weiter drauf los und hielt eigentlich nur dann den Mund
wenn sie gegen Orkkrieger kämpften. Es dauerte kaum drei,
vier Stunden und Ruîn kannte seine komplette Lebensgeschichte.
Das er in der Nähe von Lighthalzen aufgewachsen war, eine
kleine Schwester hatte und schon als kleiner Junge so schelmisch
war, das seine Eltern immer schon gesagt hatten er würde mal
Thief werden. Was er dann anscheinend auch getan hatte.
Während dieser ganzen Zeit sagte sie kaum mehr als hin und
wieder ein paar Worte. Sie hatte ja die große Hoffnung, dass er
gehen würde wenn erst die Nacht herein brach. Sie hatte es sich
damals in der Wüste angewöhnt in der Wildnis zu übernachten
und ihr neuer Begleiter wirkte nun gar nicht so, als ob er so was
mitmachen würde. Sie hatte am Nachmittag einen hölzernen
Hochstand auf einer Anhöhe gesehen der sich eigentlich ganz gut
zum Übernachten eignen würde. Nach einigen Minuten des Suchens
hatte sie ihn am Horizont entdeckt und eilte nun schnurstracks
drauf zu. Der Hochsitz stand auf einer relativ ebenen Fläche neben
einem großen Baum was für ein Lagerfeuer ziemlich praktisch war.
„So ich denke mal ich übernachte hier.“ „Hier mitten im Wald?“
Solar blickte sich etwas irritiert um. „Ja das mache ich oft so.“
„Cool das hab ich schon lange nicht mehr gemacht.“ Na toll, nicht
mal jetzt wurde sie ihn los.
Die nächsten paar Wochen wich Solar nicht von ihrer Seite und
Ruîn wusste plötzlich warum sie sich nie ein Pet zulegen würde.
Wobei sie zugeben musste, dass es auch angenehme Seiten hatte
nicht alleine zu sein. Man konnte sich zum Beispiel bei der Nachtwache
abwechseln, das war ziemlich angenehm, weil man dann viel besser
schlafen konnte. Sie waren noch im Gebiet der Highorks unterwegs,
wobei sie sich jetzt aber doch lieber von den Orkheroes fernhielten.
„Hmm sag mal hast du noch Platz um ein bisschen was zu tragen?
Ich hab schon soviel Zeug hier.“ Solar ließ klimpernd einige
Orkvoucher fallen. „Dann solltest du nicht jeden Mist aufheben.“
Ruîn ging ein Stück vor ihm und hielt nach Orks Ausschau. Es war
ein schöner, klarer Tag gewesen und die Sonne begann sich gerade
zu senken. Sie waren an der westlichen Küste und der Ozean
glitzerte im Abendlicht. „Du sag mal, unsere Vorräte gehen auch
langsam zur Neige, vielleicht sollten wir mal in die Stadt?“ Solar
kramte in seinem Rucksack und warf dann eine schon leicht
bräunliche Banane heraus. „Hmmm, ja könnten wir machen.“ Ruîn
war immer noch nicht sehr gesprächig. Wobei sie das ja nicht
wirklich sein musste, da er ja für sie Beide genug redete. „Also wir
sind zwar in der Nähe von Geffen, aber es wäre toll auch mal wieder
über den Markt zu gehen, vielleicht mal nach neuen Waffen suchen,
dann könnten wir vielleicht auch mal woanders hingehen.“ Er nickte
und reichte Ruîn einen Butterflywing. „Ok.“ Vielleicht würde er sich
ja in der Stadt abhängen lassen? Sie zerdrückte den Wing zwischen
ihren Fingern und die Landschaft verschwamm vor ihren Augen und
manifestierte sich schließlich wieder zu Prontera. Eine sehr angenehme
Art zu reisen. Sie waren am viel besuchten Partyspot westlich der
Südkafra und bahnten sich einen Weg zur Hauptrasse. „So ich muss
ein paar Sachen erledigen.“ Damit winkte sie Solar kurz zu und eilte
dann in nördlicher Richtung davon. Als erstes besorgte sie sich ein
Zimmer zum Übernachten im PvP Haus, dann wollte sie gerne Isan
finden, die sicherlich irgendwo mit einem Shop herumsaß. Sie lief ein
wenig in der Stadt herum, verkaufte ihr Loot im Tool Shop und füllte
einige Vorräte in ihrem Kafra Lager auf. Dann verließ sie die Stadt
durch das Südtor, weil sich dort auch immer mal wieder einige Shops
einfanden. Es waren einige Leute vor Prontera und hier und da blitzen
einige Dead Branchs auf die den Besitzer wechselten. Mit diesen
Items zu spielen war ein beliebter Zeitvertreib, vor allem vor der
Stadt. Ruîn beschloss denen etwas aus dem Weg zu gehen, man
wusste ja nie welche Monster sie beschwörten, angeblich waren
schon Leute dabei umgekommen und setzte sich etwas südlich vom
Stadttor ins hohe Grass. Sie beobachtete ein wenig das Treiben vor
der Hauptstadt, das kommen und gehen einiger Leute und Partys und
schlürfte dabei einen Chocolate Drink.
Und dann sah sie Ihn. Er kam gerade aus der Stadt und hielt seine
kleine Tochter am Arm, seine Frau folgte ihnen. Sie sprachen neben
dem Stadttor mit einem Highwizzard. Ruîn stand auf um sich etwas
näher ran zu schleichen. Er hatte sich seit ihrer letzten Begegnung
kaum verändert. Im ersten Moment hatte sie gedacht sie würde sich
vor ihm fürchten, oder wenigstens wütend werden, aber irgendwie…
Sie war jetzt nur noch um die fünf, sechs Meter entfernt, blieb stehen
und blickte ihn eindringlich an. Und dann entdeckte Helios sie. Er
erstarrte mitten im Satz und betrachtete sie, bis ein Priester zwischen
ihnen Beiden hindurchging und sie verschwunden war. „Was ist los?“
Seine Frau zupfe an seinem Ärmel. „Nichts, nichts, ich dachte ich
hätte was gesehen...“ Er schob seine Tochter zu der Highpriest und
wandte sich an das Stadttor. „Ich habe noch was zu tun, bis später.“
Damit ging er. Die Hauptstrasse lag im dunklen Abendlicht und viele
der Merchants hatten ihre Shops schon geschlossen. Helios versuchte
sich nichts anmerken zu lassen, sie war da, das wusste er. „Es ist
Flieder, nicht wahr? Den Duft hast du damals schon benutzt.“ Er war
am Brunnen an der Schmiede angekommen und setzte sich auf eine
der Bänke. „Hmmm, stimmt. Das weißt du noch?“ Sie kam aus dem
Cloaking und stand nun direkt vor ihm. „Wie könnte ich etwas
vergessen, das mit dir zu tun hat?“ Er lächelte leicht, steckte die Hand
nach ihr aus und mit einem wahnsinnig schnellen Satz war sie weg.
Sie stand gute fünf Meter entfernt und schüttelte langsam lächelnd den
Kopf. Dann drehte sie sich um ging ein paar Schritte, zwischen dem
PvP Haus und der Schmiede hindurch und war verschwunden,
wieder im Cloaking. Er wartete einen kurzen Moment, stand dann
auf und folgte ihrem Weg. Irgendwie hatte er so ein unbestimmtes
Gefühl wo er sie finden konnte. Er betrat das PvP Haus, blickte sich
kurz um und wanderte dann über die Treppe nach oben in den ersten
Stock. Die dritte Türe links war einen Spalt breit offen also betrat er
das Zimmer. Es war scheinbar leer und für einen kurzen Augenblick
dachte Helios daran wieder zu gehen, als plötzlich die Tür hinter ihm
ins Schloss fiel.
„Dich hab ich ja lange nicht mehr gesehen, du weißt schon das wir
noch WoE laufen, oder?“ Der Champ tippte schon die ganze Zeit
gegen Solars Schulter, bis es ihn nervte und er ihm auf die Finger
klopfte. „Ja ich war halt fleißig am trainieren, werd ich ja wohl auch
mal machen dürfen, oder?“ Er war in das Haus seiner Gilde im
Norden von Prontera gegangen um dort zu übernachten und zu
sehen ob mit den Leuten alles noch in Ordnung war. „Ich mein ja
nur das wir dich hier auch mal brauchen.“ Sie saßen in dem großen
Allzweckraum des Hauses an einem großen Fenster von dem aus
man das Schloss sehen konnte. Es gab eine Menge Gildenhäuser
in den Städten, diese dienten hauptsächlich dazu das die Gilden-
mitglieder einen Ort für ihre Besprechungen oder einfach nur zum
wohnen hatten. Gilden waren große Gemeinschaften, fast wie
Familien und man lief nicht nur WoE zusammen sondern trainierte
auch miteinander oder jagte die großen Bossmonster, wie den
Orkhero oder ähnliches. „Ich hab halt zur Zeit anderes zu tun, da ist
diese Assa, ich versuch schon so lange sie zu überreden auch in die
Gilde zu kommen und WoE mitzumachen, aber irgendwie mag sie
noch nicht…“ Solar seufzte und ließ seinen Kopf auf die Tischplatte
fallen. „Oha, hab ich richtig gehört? Unser Nesthäkchen ist mit
EINER Assa unterwegs?“ Der Champ grinste und klatschte in die
Hände. „Ja ein Mädchen, stell dir vor.“ Solar schüttelte den Kopf,
stand auf und wanderte ans Fenster. Wo sie sich jetzt wohl
Rumtrieb? Sie würde doch hoffentlich nicht einfach wieder alleine
abreisen? Er musste echt besser aufpassen, dass er sie nicht
nochmals verlor. Einmal hätte sie ihn beinahe schon mal in Geffen
abgehängt „Ich bring sie schon noch dazu, dass sie zu uns in die
Gilde kommt.“ Damit winkte er dem Champ zu und verließ das
Gildenhaus um noch ein wenig in den letzten Shops nach ein paar
Waffen zu stöbern.
Helios stand regungslos mitten im Zimmer, er wusste ganz genau
dass sie da war. Es war nur die Frage was sie wollte. Ob sie ihn
einfach nur mit einem ihrer Messer abschlachten würde? Nun,
dann würde er es eben riskieren. Er zog sein Schwert und legte es
langsam hinter sich auf den Boden. Dann lockerte er langsam den
Schulterteil seiner schweren Rüstung und nahm den mittleren Teil
ab, sodass sein Hals frei lag. „Na los, viel wehrloser als jetzt werd
ich kaum noch mal sein.“ „Nun ich schätze da hast du recht…“
Mit einem heftigen Ruck wurde sein Kopf nach hinten gezogen
und ein langes, dünnes Messer glitt über seine Kehle. Er konnte
ihren Atem in seinem Nacken spüren, als sie langsam um ihn herum
ging und dabei das Messer fest an seinen Hals gedrückt hielt. Sie
blickte ihn an, kein Zweifel seit ihrer letzten Begegnung war sie
um einiges erwachsener geworden und auch ein wenig gewachsen,
aber immer noch ein großes Stück kleiner als er. Trotzdem sah
sie ihn nun von unten herauf an, ohne den Kopf zu heben, was ihr
einerseits einen gefährlichen, aber andererseits auch einen sehr
erotischen Blick verlieh. Ruîn ließ das Messer langsam über den
Brustpanzer nach unten wandern und schnitt damit die beiden
ledernen Riemen durch, die diesen Teil der Rüstung mit dem
Hinteren verbanden. Laut scheppernd fiel der ganze Panzer zu
Boden. Er wagte es seine Arme auszustrecken, packte sie an
der Hüfte und zog sie an sich. Sie sah ihn weiter von unten herauf
an, dieser Blick machte ihn verrückt. Er küsste sie und auch
wenn er wieder das Messer an seiner Kehle spürte, wehrte sie
sich nicht wirklich. Langsam ließ Helios seine Hände über ihren
Rücken gleiten und zupfte ein wenig an ihren Bandagen. Sie löste
sich aus seiner Umarmung indem sie einen Schritt zurücktrat.
Dann schlug sie ihn so heftig mit beiden Handflächen gegen die
Brust das er einen Schritt zurück stolperte und gegen das Bettende
trat. Sie folgte ihm und schlug nochmals zu sodass er nach hinten
ins Bett fiel. Dann löste sie langsam die Bandagen ihrer Rüstung,
wobei sie ihn die ganze Zeit mit ihrem Blick fixierte. Ruîn trat an
das Bett, kniete sich hin und fuhr mit dem Messer langsam Helios
Beinrüstung nach oben. Als sie an dem leichteren Stoff ankam,
konnte er das blanke Metall der Schneide auf seiner Haut fühlen.
Sie zog das Messer weiter nach oben und schlitzte ihm dabei
sämtliche ledernen Teile seiner Rüstung auf. Sie saß jetzt auf ihm,
steckte sich das Messer in ihre Overknees und schnallte sich
ihren Schulterpanzer ab. Er wagte es langsam seine Arme zu
heben und fuhr ihr über den Oberkörper. Der Stoff ihrer
Assassinenkluft war rau und bildete dadurch einen schönen
Gegensatz zu ihrer weichen Haut. Er zog sie zu sich hinunter
und küsste sie. Als er den Schmerz spürte, dachte er zuerst sie
hätte ihm nun doch das Messer in die Schulter gerammt. Allerdings
waren es nur ihre Fingernägel, die sich in seine Schulterblätter
gruben. Ja, sie würde ihre Spuren hinterlassen damit seine Frau
sie sehen konnte. Überall an seinem Körper. Und sie würde so
brutal sein, wie er es gewesen war. Oh ja, sie würde ihm zeigen,
das sie nicht mehr die kleine wehrlose Thief von Damals war!
Ruîn zerrte an seinem Oberteil und zerriss den Stoff mit ihren
bloßen Händen. Helios richtete sich auf und zog sie an sich. Ihre
Bewegungen waren langsam und geschmeidig, als er sie küsste
konnte er wieder das Messer an der Kehle fühlen. Ja sie machte
es ihm wahrlich nicht gerade einfach. Er wusste, das sie dafür
sorgen würde, das er sich seiner Frau in den nächsten paar Tagen
nicht mehr nähern würde.
Training
Es war schon weit nach Mitternacht als Solar sich endlich dazu
entschloss ins Gildenhaus zurückzukehren. Er hatte sich wohl
sämtliche noch offene Shops in Prontera angesehen und langsam
wurde es ziemlich still auf den Strassen. Er wanderte vom
östlichen Gasthaus zum Brunnen nach Norden und war gerade
in der Nähe des PvP Hauses als dessen Tür geöffnet wurde und
Ruîn heraustrat. Es waren einige Leute am Platz versammelt die
noch eine nächtliche Runde im PvP verbringen wollten und Partys
bildeten, so das sie ihn nicht gleich sah. Er wollte ihr schon winken,
als hinter ihr noch jemand aus dem Gebäude kam. Der Paladin
ging zu ihr, erwischte sie an der Hand und zog Ruîn an sich. Diese
riss sich mit einem schnellen Ruck von ihm los und sprang mit
Backslash einige Meter zurück. Sie blickten sich einige Sekunden
lang an dann drehte sie sich um und verschwand im Cloaking. Der
Paladin schaute noch einige Zeit in die Richtung in der sie
verschwunden war und ging dann in Richtung der Ostkafra davon.
Solar hatte diese ganze Szene interessiert beobachtet und war sich
nicht so sicher was er davon halten sollte. Das sie einen Freund
hatte, hatte sie ihm gar nicht erzählt. Und selbst wenn das stimmen
sollte, dann hatte sie sich gerade eben etwas merkwürdig verhalten.
Am besten er fragte Morgen dann einfach mal nach.
„Ich habe eine Affäre mit einem verheirateten Mann...“ Ruîn lag
mit dem Kopf auf der Tischplatte und sah dabei zu wie Isan ihren
Bananensaft austrank. „Naja, dann lass es halt.“ Sie zuckte mit
den Schultern winkte dem Wirt damit er ihr noch etwas zu trinken
brachte. „Das ist nicht so einfach wie du vielleicht glaubst...“
„Liebst du ihn?“ Sie begann damit Ruîn mit dem Finger zu pieksen
und hörte erst auf, als der Wirt ihr einen Grapejuice vor die Nase
stellte. Ruîn zuckte mit den Schultern. „Was weiß ich...“ Isan
seufzte. Die Beiden waren sich vor einigen Stunden auf dem
großen Partyspot förmlich in die Arme gelaufen und beschlossen
dann gemeinsam im nahen Pub Frühstücken zu gehen. Sie hatten
sich zuerst um einige Loot Angelegenheiten gekümmert, Isan
wollte Ruîns Cards verkaufen, und plauderten dann über dies
und das, da sie sich ja schon etwas länger nicht mehr gesehen
hatten. Einige Geschehnisse hatte Ruîn allerdings ausgelassen. Isan
würde sich nur unnötig aufregen und womöglich noch zu Helion
rennen, um ihm einen ihrer großen Schmiedehämmer über den
Kopf zu hauen. Nun das war ja jetzt nicht mehr nötig, sie konnte
nun selber auf sich aufpassen. „Also wenn mein Mann was mit
einer anderen hätte, der soll sich dann nur mal nach Hause trauen-
dem les ich dann wohl ordentlich die Leviten.“ Sie schlug sich mit
der Faust in die Handfläche und Ruîn musste kichern. „Dann sollte
ich mich wohl in Acht nehmen.“ „Jo, also Finger weg von den
Champs, ja?“ Isan kicherte und schüttelte den Kopf. „Hmm, was
hab ich denn noch an Waffen, die du gebrauchen könntest…“
„Also zurzeit klopp ich mich nur mit den Orks.“ Sie gingen dann
noch einige mögliche Trainingsorte durch und Isan machte sich
eine Liste mit Elementarwaffen die sie mal für Ruîn herstellen
könnte.
Solar stand schon seit einiger Zeit an der Südkafra und versuchte
Ruîn in der ständig wachsenden Menge der Leute zu erkennen.
Es gab zwar noch andere Möglichkeiten um zum Dorf der Orcs
zu kommen, aber er konnte ja nicht alles kontrollieren. Endlich
erkannte er eine blonde Assassine in der Ferne und nach wenigen
Minuten war klar, das es sich um die Richtige handelte. Er winkte
ihr zu und ging ihr dann auch ein Stück entgegen. „Hallo!! Da bist
du ja wieder, ich dachte schon ich hätte dich verloren, gehst du
wieder zu den Orcs? Kann ich wieder mitkommen?“ Hier legte
ihm Ruîn die Hand auf den Mund schüttelte den Kopf. „Jaja du
kannst mit, aber psssscht jetzt mal für ne Minute, ja?“ Damit
wandte sie sich an die Kafra um in ihrem Storage zu stöbern, ihre
Vorräte aufzufüllen und noch etwas Loot zu verstauen. Dann ging
es wieder los. Sie ließen sich in die Nähe des Ork Dungeons
warpen und machten sich auf den Weg. Es war ein schöner, klarer
Tag, was es etwas leichter machte die Orkkrieger zu erkennen
bevor sie einen sahen. Solar und Ruîn kamen ganz gut voran, sie
hielten sich von dem neuen Orkhero fern, der wieder in der
Gegend herumstreifte. Wie immer plapperte Solar wie ein
Wasserfall und Ruîn hatte es sich angewöhnt hier und da mal
„Jaja.“ zu sagen oder zu nicken. Sie kamen auch mit dem Training
ganz gut voran und wanderten gelegentlich nach Süden in das
Dorf der Goblins um sich mit deren Leader anzulegen, der bei
weitem nicht so stark war wie sein hiesiger Nachbar. Die Nächte
verbrachten sie meistens auf den, von den Orks und Goblins
errichteten Hochständen, da diese sich schön verteidigen ließen
und man es hören konnte wenn sich jemand am Holz zu schaffen
machte. Sie hatten eine relativ neue Feuerstelle am Fuß eines
Hochstandes entdeckt und konnten dort ein wenig Trockenfleisch
aus Prontera anbraten. Normalerweise machten sie selbst kein
Feuer, weil die Gefahr zu groß war dadurch nahe Orkkrieger
anzulocken. Aber wenn sie eine Stelle fanden die noch leicht
brannte nutzten sie diese auch gleich. „Ich weiß ja, das das Zeug
eigentlich gar nicht so zum braten gedacht ist, aber es schmeckt
so viel besser. Nicht so ledrig.“ Solar nickte und wühlte ein wenig
in seinem Rucksack herum. „Mhm.“ Ruîn war auf den Hochstand
geklettert und behielt die umliegende Gegend im Auge. „Magst
du noch was machen, oder soll ich das Feuer ausmachen?“
„Kannst löschen.“ Er trat einige Male auf die Feuerstelle ein und
schob dann etwas Erde darüber, dann schwang er sich auf die
Leiter und kletterte zu Ruîn hoch. Es war bereits ziemlich dunkel
und man konnte schon die Sterne am Himmel glitzern sehen.
„Sollen wir auch mal woandershin gehen um zu trainieren? Ich hab
gehört das es auf dieser Insel da bei Izlude ganz gut sein soll.“
Solar saß neben der Leiter und betrachtete Ruîn die an der
gegenüberliegenden Seite am Geländer stand und ihm den Rücken
zugewandet hatte. „Hmm können wir schon machen.“ „Du gehst
nicht sehr oft in die Stadt, kann das sein? Gibt es da eigentlich
niemanden der auf dich wartet? So Familie… oder Freund?“
Solar blickte vor sich auf den Boden und kletzelte an einem
getrockneten Blutfleck auf seinem Katar herum. „Nö.“ „Ich hab
dich mit dem Paladin gesehen… vor dem PvP Haus…“ Jetzt
drehte sich Ruîn zu ihm um und betrachtete ihn interessiert.
Worauf wollte er hinaus? „Ist er dein Freund?“ „Nein, der ist
anderwaltig verheiratet.“ Sie drehte sich wieder um und ignorierte
Solar der nun von einem Ohr zum anderen grinste.
In den nächsten paar Monaten reisten Ruîn und Solar ein wenig in
ganz Midgard herum und versuchten sich an einigen anderen
Monstern. Sie legten sich mit den Minorous und Verits in der
Morroc Pyramide nahe der Thiefgilde an, wobei sich das als
etwas schwierig herausstellte, da diese die Angewohnheit hatten,
ihre Angreifer zu stunnen. Isan freute sich, dass sie mal wieder
ein paar Element Waffen herstellen konnte. Ruîn versuchte sich
gelegentlich auch ein paar Mal an den Kataren, allerdings lagen
ihr die Messer mehr, da diese einfacher zu halten waren. Nach
den Minos versuchten sie sich an den Pasanas der Sphinx. Diese
Totenwächter stürzten sich mit Falchions bewaffnet auf ihre
Gegner und waren geübt im Umgang mit dem Feuer. So kam es
auch des Öfteren mal vor das Ruîn sich gefährliche Brandwunden
zuzog, da sie meist vorausstürmte und Solar von den meisten
Monstern nicht mehr viel übrig ließ. In der Sphinx war es sehr
gefährlich, da es eigentlich keinen einzigen Ort gab an dem man
sich vor den Monster in Sicherheit wiegen konnte. Sie musste
ständig auf der Hut sein und nicht aus dem Hinterhalt angegriffen
zu werden. Gelegentlich trafen sie auch auf andere Abenteurer
mit denen sie ab und zu einige Tipps austauschten, aber die meiste
Zeit waren sie zu Zweit unterwegs. Mit der Zeit wurde es auch
leichter, sie trafen die schnellen Monster öfters, und konnten
deren Skills bald so einschätzen das sie selbst nicht mehr so oft
getroffen wurden. Sie hielten sich immer nahe an den Wänden
lauschten vor allem an den dunklen Ecken genau um nicht von
einer kleinen Horde Monstern überrannt zu werden. Manchmal
schlichen sie auch im Cloaking durch die Gänge oder bewarfen
die Pasanas heimlich mit Steinen. Das amüsierte vor allem Solar
der sich über so etwas immer kaputtlachen konnte. Ab und zu
musste sogar Ruîn zugeben, dass es ihr Spaß machte und das
es auch nicht immer schlimm war, wenn man in Gesellschaft reiste.
Nach einer Weile kehrten sie nach Prontera zurück, da Solars
Gilde am War of Emperium teilnahm und auf dessen Hilfe zählte.
Ruîn nutze die Zeit um sich mit Isan zu treffen und einige Loot
Dinge zu klären. Isan war jetzt zwar ein Mitglied der
Blacksmithgilde, aber sie gehörte auch immer noch zu den
Merchants. Das hieß sie konnte in Shops billiger Einkaufen und
auch teurer Verkaufen als die anderen Klassen. Darum hatte sie
auch Ruîn angeboten ihr Loot mit zu verkaufen damit ein wenig
mehr Geld dabei raus sprang. Solar hatte Ruîn zwar noch einige
Male mit WoE Einladungen genervt, aber sie hatte gerade keine
Lust sich mit anderen Leuten gegenseitig abzuschlachten. Sie
guckte sich inzwischen lieber auf dem Markt um und hörte
Gelegentlich den WoE Meldungen zu, die in ganz Midgard
ausgerufen wurden. Sie hatte sich noch nicht wirklich für das
Spektakel um die Castles interessiert, obwohl sie jetzt schon zwei
Gilden- Einladungen hatte. Sie wusste eigentlich nur, dass die
Gilden sich gegenseitig ein paar Stunden um diese Schlösser
kloppten und die Gewinner es dann bis zum nächsten WoE
behalten durften. Normalerweise konnte man mit seinen Skills
keine anderen Menschen berühren oder verletzten, doch durch
eine ganz spezielle Magie, die nur in den Castles oder in den PvP
Gebieten herrschte, wurde es möglich. Natürlich in einem ganz
anderen Maß als bei einem normalen Kampf gegen Monster.
Eigentlich konnte sich im WoE niemand wirklich verletzten. Nur
hier und da gab es halt immer wieder einige Fälle von
gebrochenem Stolz wenn man gegen eine andere Gilde unterlegen
war, aber das war auch schon alles. Ruîn betrachtete die Dächer
der Stadt, die hinter der massiven Mauer in der Abendsonne
glitzerten. Als die Meldungen wieder aufhörten wanderte sie
zurück in die Stadt. Nach den WoEs war immer besonders viel
los. Man räumte Equipment und Waffen wieder ins Kafra Lager
oder tauschte es gegen die Trainingssachen, füllte Pots wieder
auf und was halt noch so alles anfiel. Sie schlängelte sich durch
einige Leute und guckte sich nach bekannten Gesichtern um. Sie
wusste, dass sich Helios Gilde immer bei ihrem Gildenhaus nahe
der Westkafra versammelte und hatte irgendwie Lust sich das
mal anzusehen. Diesmal allerdings nicht im Cloaking. Sie stand
gegenüber dem Haus und lehnte sich gegen einen der Bäume. Sie
wusste aus den Kafradurchsagen, das sich die Gilde ein Castle in
Geffen erkämpft hatte und demnach sollten die Mitglieder wohl
alle recht gut gelaunt sein. Sie beobachtete die Leute die langsam
von der Kafra zum Gildenhaus kamen. Helios war im Gespräch
mit einem Wizzard und einer Knight, seine Frau ging ein Stück
weiter hinter ihm und war mit einer Hunterin in ein Gespräch
vertieft. Helios verabschiedete sich von dem Wizzard und wollte
gerade in das Gildenhaus gehen, als er Ruîn unter dem Baum
entdeckte. Sie hatte ihre Arme verschränkt und blickte ihn mit
gesenktem Kopf an. Er blieb stehen und lächelte, dann schickte
er die Knight vor und kam zu ihr herüber. „Jetzt sag bloß, ich hab
dir gefehlt.“ „Ja das hättest du gerne, was?“ Sie schüttelte den
Kopf, über seine Schulter hinweg konnte sie seine Frau sehen.
Die High Priestress beobachtete sie während die Hunterin auf sie
einredete. Dann öffnete sie ein Warpportal und die Beiden
verschwanden darin. „Wir hatten eine kleine… Meinungs-
verschiedenheit was gewisse Dinge angeht.“ Helios deutete
nach hinten. „Gewisse Dinge, aha.“ Er zog sie an sich und küsste
sie, aber Ruîn entzog sich ihm und wanderte langsam um den
Baum herum. Allzu leicht sollte er es ja nun auch nicht haben.
Die Insel Byalan lag etwas östlich der Satellitenstadt Izlude. Es
war ein kleines bewaldetes Eiland auf dem oberflächlich eigentlich
nichts weiter los war. Allerdings befand sich im Zentrum eine tiefe
Höhle, in der es von Monstern nur so wimmelte. Viele Abenteurer
kamen hier her, um die seltenen und sehr teuren Items zu finden
die es hier gab. Die zahlreichen Monster hier hatten sich an das
Leben im Wasser angepasst und so konnte man ihnen nur mit
Windwaffen das Leben schwer machen. Ruîn hatte von Isan extra
für diese Insel zwei neue Winddamaskus bekommen und auch
Solar hatte sich solche Elementkatare besorgt. Es war nicht leicht
gegen diese neuen Gegner, die sich des öfteren mit sehr starken
Wasserangriffen verteidigten. So waren sie Beide klitschnass, als
sie sich für die Nacht aus den Höhlen zurückzogen um auf der
trockenen Insel zu übernachten. „Also diese Phens sind ja kein
Problem, aber vor den Merman sollten wir uns schon in Acht
nehmen. Je weiter wir gehen, desto mehr werden von denen
kommen.“ Solar schüttete gerade eine ansehnliche menge Wasser
aus seinem Rucksack und versuchte etwas trockenen Proviant zu
finden. „Ach es geht, du musst sie halt schneller töten.“ Ruîn hatte
sich an die Klippen gesetzt und polierte ihre Messer. „Aber einen
schönen Ausblick hat man hier. Man kann sogar bis Izlude sehen
wenn das Wetter klar ist.“ Solar hatte sich neben sie gesetzt,
allerdings blickte er nicht auf das Meer hinaus, sondern auf Ruîn.
„Das kann schon sein.“ Sie blickte ihn nicht an, sondern
konzentrierte sich weiter auf ihre Waffen. Er rückte ein wenig
näher zu ihr und hob den Arm. Ruîn dachte erst er würde ihre
Waffe nehmen wollen und zog diese von ihm weg. Allerdings
berührte er ihre Wange drehte ihren Kopf zu sich und küsste sie.
Das kalte Metall des Messers drückte sich an seine Kehle und
er hob die Arme in die Luft. „Ok, ok ich mach’s nicht noch mal,
aber nimm das da weg.“ Solar drückte die Hand zwischen seinen
Hals und das Messer und schob es langsam von sich fort. „Brav.“
Ruîn fuhr damit fort die Elementwaffe zu polieren als ob nichts
gewesen wäre und ignorierte Solar der sie weiterhin beobachtete.
Die Sonne war schon lange hinter dem Horizont verschwunden,
als sie ihre Waffen langsam wegräumte und sich ins kühle Gras
legte. Am Himmel glitzerten die Sterne und Ruîn suchte ein wenig
nach den Sternbildern die sie kannte. Dann legte sie sich auf die
Seite und blickte Solar an. Er hatte die Augen geschlossen und
schien schon fest zu schlafen. Was hatte er sich dabei gedacht
sie so einfach zu küssen? Sie betrachtete Solar nachdenklich,
dann zückte sie eines ihrer kleineren Giftmesser, die sie
normalerweise verwendete, um sie auf weiter entfernte Monster
zu werfen um diese zu vergiften. Sie führte die Klinge an seinen
Hals. Nur ein ganz kleiner Schnitt und sie wäre ihn für immer los.
Sie würde es einfach auf die Monster der Insel schieben können
ohne das es jemals Irgendwer erfahren würde. Sie seufzte und
steckte das Messer wieder weg. „Ein Wenig magst du mich doch,
stimmt´s?“ „Nein, ich bin nur zu nett.“ Er nickte grinsend und
drehte sich dann auf die andere Seite. Ruîn schüttelte den Kopf
und klopfe ein wenig auf ihrem Rucksack herum damit er ein,
etwas bequemeres, Kissen abgab.
Abschied?
Die nächsten paar Wochen blieben sie auf Byalan, von einigen
WoE Pausen mal abgesehen in denen Ruîn sich langsam ganz
schön langweilte. Vielleicht sollte sie mal eines dieser Spektakel
mitlaufen? Isan könnte ihr die dafür nötigen Waffen besorgen und
Solars Gilde würde sie ohne zu zögern aufnehmen. Andererseits
könnte sie sich in dieser Hinsicht auch an Helios wenden. Aber
zusammen mit dessen Frau in einer Gilde? Sie saß auf einem
Sessel in ihrem Stammzimmer des PvP Hauses und wickele sich
die Bandagen ihrer Armrüstung wieder richtig zu. „Musst du
eigentlich jedes Mal danach sofort wieder gehen?“ Helios lag im
Bett und betrachtete Ruîn. „Wirst du jetzt kitschig oder wie?“ Sie
kicherte und schüttelte den Kopf. Dann stand sie auf und trat ans
Fenster. Draußen war mal wieder eine Menge los. Viele
besuchten nach dem WoE gerne die PvP Arenen um die Kämpfe
noch etwas länger fortzuführen oder einfach nur um sich etwas zu
beweisen also war der Platz vor dem Haus ziemlich bevölkert.
„Was wäre, wenn ich mich scheiden lassen würde?“ Er war
aufgestanden und kam langsam auf sie zu. „Nun ich schätze mal
dann bist du nicht mehr verheiratet.“ Sie wandte ihm den Rücken
zu und blickte wieder aus dem Fenster. „Nun das wäre dann
wohl die erste Konsequenz.“ Er stand dicht hinter ihr und legte
ihr die Hände auf die Hüften. „Und? Gibt es eine Zweite?“ Sie
legte ihren Kopf nach hinten und ließ ihn ihren Hals küssen. „Wie
wäre es, wenn wir dann unsere Beziehung legitim machen würden?“
Seine Hände wanderten gierig über ihren Oberkörper. „Wie
heißt es doch so schön? Wenn ein Mann seine Geliebte heiratet,
wird ein Posten frei.“ „Na du taust mir was zu.“ „Ja ich traue dir
so einiges zu.“ Sie schob seine Hände von sich, schnappte sich
ihre restlichen Sachen und öffnete die Tür. „Byebye.“ Und weg
war sie. Helios seufzte und ließ sich in den Sessel am Fenster
fallen.
Wenn er ernsthaft glaube das Ruîn solch ein Interesse an ihm
hatte, dann war er wirklich sehr schief gewickelt. Sie stapfte über
den Platz in Richtung der Südkafra um sich nach Izlude warpen zu
lassen. Nein, so was kam für sie sicherlich nicht in Frage. Er war
ja nur an ihr interessiert, weil sie die Macht hatte. Sie bestimmte
wann sie sich trafen und wie lange. Wenn sie ihm die Kontrolle
übergeben würde, wäre er doch schneller bei einer Anderen als
sie überhaupt gucken konnte. Wobei sie sich ja sowieso sicher
war, das da noch andere Frauen waren. Sie musste aufhören sich
mit Helios zu treffen. In Izlude angekommen, setzte sie sich auf
eine der grünen Bänke die nahe dem Respawn Punkt standen und
blickte auf das Meer hinaus. War sie in ihn verliebt? Wollte sie
eine ernsthafte Beziehung mit ihm? Sie schüttelte den Kopf. Sie
fühlte sich sehr von dem Paladin angezogen, aber war das Liebe?
Wenn sie wirklich in Helios verliebt war, dann sollte sie ihn
eigentlich vermissen wenn sie sich Tage oder gar Wochenlang
nicht sahen, oder etwa nicht? Wenn sie unterwegs war, dachte
sie im Grunde sehr selten mal an ihn. Sie blickte über den Platz an
die Kafra hinüber wo gerade Solar erschienen war. Eigentlich
wollten sie sich doch erst in ein paar Stunden treffen, um wieder
nach Byalan zu fahren, aber da sie ja jetzt Beide schonmal hier
waren. Sie stand auf und wanderte zu ihm hinüber. „Hey du bist
ja auch schon da, ich muss aber noch kurz zum Tool Shop, neue
Butterfly Wings holen.“ Er deutete nach Norden zu dem Gebäude
in dem sich der Tool Dealer befand. Vermisste sie Helios nicht
weil Solar bei ihr war? „Jaja, mach nur.“ Sie trat langsam an ihn
heran. War sie vielleicht in Solar verliebt? War es das? Konnte
das sein? „Dauert ja auch nicht lange.“ Sie ergriff ihn am Kragen,
zog seinen Kopf näher ran und küsste ihn.
Ruîn löste sich ganz langsam von ihm, legte den Kopf ein wenig
auf die Seite und betrachtete Solar der sie mit großen Augen
anstarrte. „Nein...“ Sie schüttelte den Kopf, drehte sich um und
wandte sich zur Anlegestelle. „Ich warte beim Schiff, beeil dich.“
Solar blickte ihr verdutzt hinterher. Er war sprachlos.
Das dieser Kuss vermutlich ein Fehler gewesen war, bemerkte
Ruîn schneller als es ihr lieb war. Solar war beinahe wie aus-
gewechselt. Er war unkonzentriert und still. Immer wieder musste
sie in seine Kämpfe mit eingreifen und die Monster auf sich ziehen,
weil er sich anstellte wie der schlimmste Anfänger. Es wurde auch
nicht besser als sie ihm drohte die Höhlen sofort zu verlassen,
wenn er sich nicht endlich anfing sich zu konzentrieren. „Du kannst
nicht so was tun und dann von mir erwarten, dass mich das kalt
lässt.“ „Ja das merke ich und ich werde das auch garantiert
niemals wieder machen, willst du denn hier sterben??“ Sie standen
am Eingang zur vierten Höhle, wo sie sonst eigentlich eher selten
Probleme hatten. „Du machst es einem ja auch nicht gerade
einfach, wenn du immer so abweisend bist!“ Er lief nervös vor ihr
hin und her und ruderte umständlich mit den Armen herum als ob
er dadurch die Worte finden würde, die er suchte. „Ja was willst
du denn von mir??“ Langsam hatte Ruîn echt genug, sie wollte
doch lediglich in Ruhe trainieren gehen. „Ja ich will dich…“ „Bitte
was??“ „Dich…“ Sie blickten sich an. Ruîn hob die Hände in die
Luft, sie wollte etwas sagen ließ dann aber die Arme wieder fallen
und schüttelte den Kopf. „Was sagst du denn da…“ Er kam auf
sie zu und blickte ihr direkt in die Augen. „Ich liebe dich und
möchte dich heiraten.“ Sie schauten sich eine lange Weile wortlos
an, in Ruîn Kopf sprangen die Gedanken im Kreis. Er wollte sie
HEIRATEN, ja wusste er eigentlich von was er da gerade sprach?
Er kannte sie doch gar nicht. Sicher fand sie ihn ganz nett und so,
aber heiraten?? So eine Entscheidung sollte nicht nur gut überlegt
werden, es war zudem auch noch sauteuer. Wenn sie sich dann
wieder mit Helios traf war sie ja eine doppelte Ehebrecherin.
Jedenfalls WENN sie sich dann noch mal mit ihm traf. Wenn sie
verheiratet wäre hätte sie ja keinen Grund mehr dazu.
„Würdest du das auch bezahlen?“ Sie hatte die Arme verschränkt
und tippte mit dem Fuß nervös am Boden herum. „Ja das würde
ich, es wird nur etwas dauern bis ich alles habe.“ Er schien sich
seiner Sache wohl sehr sicher zu sein. Ruîn zuckte mit den
Schultern. „Dann tu was du nicht lassen kannst.“ „Und dann
heiraten wir?“ „Ja dann heiraten wir.“ Damit trennten sie sich.
„Bitte WAS hast du gesagt?“ Isan hatte vor lauter schreck ihre
Tasse Herbtea über den Tisch geschüttet und kramte nun nach
einem Lappen. „Ich habe gesagt ich heirate ihn wenn er bezahlt.“
Die beiden waren im Gildenhaus von Isans WoE Gilde und saßen
im Gemeinschaftsraum. Außer ihnen waren lediglich noch eine
Priesterin und eine Dancer in der hinteren Ecke in ein angeregtes
Gespräch vertieft, ansonsten war der große Raum leer. „Du bist
verrückt.“ „Ja ich weiß...“ Ruîn hatte den Kopf auf die Tischplatte
gelegt und betrachtete Isan die nun an der Theke stand und eine
Schale mit Keksen füllte, während sie aus einer anderen großen
Schüssel die daneben stand Bonbons naschte. „Und seitdem
haste ihn nicht mehr gesehen?“ „Nö.“ „Vielleicht hat er ja doch
kalte Füße bekommen?“ „Vielleicht ist er ja auch irgendwo
gestorben. Aua!“ Isan hatte Ruîn einen Klaps auf den Hinterkopf
gegeben und stellte die Kekse zwischen ihnen Beiden auf den
Tisch ab. „Sei doch nicht so kaltherzig.“ „Ich bin doch nicht
kaltherzig.“ Ruîn machte ein beleidigtes Gesicht und betrachtete
Isan dabei wie sie einen Keks nach dem anderen knabberte.
„Im Übrigen solltest du nicht soviel naschen, du bist dicker
geworden.“ „Bitte was bin ich???“ Die Blacksmith starrte Ruîn
fassungslos an. „Du wirst dick wenn du immer soviel nascht.“
„Sag nicht, das man es schon sehen kann, er hat gesagt ich muss
aufhören zu schmieden, wenn man es sehen kann!!“ Isan ruderte
mit den Armen und blickte sich nervös um, allerdings waren die
beiden Anderen immer noch in ihr Gespräch vertieft und
beachteten Ruîn und Isan nicht weiter. „Was bitte meinst du?“
Ruîn schüttelte den Kopf, dabei fiel ihr Blick auf den Tisch, die
Kekse und die Früchte die darauf herumlagen und die Isan schon
die ganze Zeit naschte. „Du bist schwanger.“ Sie blickten sich an
und Isan nickte. „Öhm dann Gratuliere?“ „Jojo, kannst du ruhig,
es stört mich ja nur, das ich bald nicht mehr schmieden darf und
so.“ Sie setzte sich wieder neben Ruîn und die Beiden ließen die
Köpfe auf die Tischplatte fallen. „Wir zwei haben vielleicht
Probleme…“
Die nächsten paar Tage begann Ruîn sich ernsthaft Sorgen um
Solar zu machen. Sie war ein paar Mal bei seiner Gilde gewesen,
aber da war er seit dem Tag in Byalan auch nicht mehr aufgetaucht.
Wo er wohl hingegangen war? Sie verlegte ihr Training an die
Orte wo sie früher immer zusammen gewesen waren, vielleicht
suchte er ja dort nach einer Card. Sie trainierte also wieder ein
wenig in der Pyramide und der Sphinx und guckte auch ab und
zu bei den High Orks vorbei. Nach einigen weiteren Tagen
allerdings beschloss sie allerdings einfach bei den Orks zu bleiben.
Sie konnte nichts weiter tun um ihn zu finden.
Es war ein schöner, sonniger Morgen als Ruîn nach einem, sehr
ausgedehnten, Frühstück bei Isan und deren Mann, vor Prontera
auf einer der grünen Bänke saß und sich überlegte, ob sie sich
nicht doch lieber wieder hinlegen sollte. Sie betrachtete ein wenig
das morgendliche Treiben der ersten Merchants die ihre Shops
vor der Stadt aufstellten als ihr plötzlich Jemand die Augen von
hinten zuhielt. „Na wer bin ich?“ Ruîn kannte das Kichern nur allzu
gut. „Solar.“ Er kam um die Bank herum und setzte sich breit
grinsend zu ihr. „Wie kannst du nur so lange verschwinden, ohne
deiner Gilde bescheid zu sagen?“ Sie gab ihm einen ordentlichen
Klaps auf den Hinterkopf. „Aua, jaja ist ja gut, ich mach das auch
nie wieder.“ Er kramte in seiner Tasche und reichte Ruîn dann eine
kleine, schwarze Schachtel. „Hier, wie versprochen ich hab mich
um alles gekümmert.“ Sie öffnete die kleine Box und betrachtete
den goldenen Diamantring. Damit war es jetzt also offiziell. Sie
würde Solar heiraten und Helios nie wieder treffen.
Die Sonne versank langsam hinter dem Horizont und in Prontera
wurde es dunkel. Solar war von Ruîn in sein Gildenhaus
gescheucht worden und klärte dort nun einige terminliche Dinge
mit der baldigen Hochzeit. Er hatte Ruîn seinem Leader vorgestellt
und sie würde am Tag der Hochzeit seiner Gilde beitreten. Die
Feierlichkeiten sollten gleich am nächsten Sonntag nach dem WoE
stattfinden. Womöglich hatte Solar ja Angst, Ruîn könnte es sich
anders überlegen und abhauen wenn sie noch länger warteten.
Ruîn stand im Westen der Stadt vor dem großen Gildenhaus und
überlegte fieberhaft was jetzt zu tun war. Es waren nur noch ein
Paar Tage, Solar wollte ja noch dieses Wochenende heiraten, und
sie musste es ihm sagen. Sie wollte es ihm sagen. Sie wollte, dass
er es wusste. Ruîn seufzte und betrat das Haus.
Der große Gemeinschaftsraum der Gilde war beinahe leer. Nur
ein paar Leute standen oder saßen vereinzelt herum und
unterhielten sich. Im hinteren Teil des Raums saß Helios auf einem,
ziemlich altertümlich anmutenden, breiten Sessel und war mit dem
Highwizzard, den sie nun schon des öfteren gesehen hatte, in ein
Gespräch vertieft. Ohne auch nur einen Blick nach rechts oder
links zu werfen ging Ruîn direkt auf Helios zu und blickte ihn
eindringlich mit gesenktem Kopf an. Er lächelte als er sie entdeckte
und stoppte den Wizzard mitten im Satz. Sie hatte die Beiden
erreicht, setzte sich auf Helios Schoß und küsste ihn ohne auch nur
ein Wort zu sagen. Sie drückte ihn gegen die Lehne und zerrte
heftig an dem Schulterteil seiner Rüstung. „ALLE RAUS!“ Helios
Stimme hallte durch den Raum und der Wizzard schüttelte genervt
den Kopf. Die anderen Mitglieder der Gilde blickten etwas
überrascht zu ihrem Leader verließen dann aber doch den Saal.
„Hmmm, du bist heute aber sehr… direkt… das gefällt mir…“
Er ließ seine Hände über ihren Oberkörper streifen während sie
sich an seiner Hose zu schaffen machte. Es bereitete ihm immer
eine sehr große Freude die zahlreichen Messer, die sie an sich
versteckt hatte zu suchen. Das war ein ganz besonderer Nerven-
kitzel da er ja nie wissen konnte ob sie nicht doch mal vergiftet
waren.
„Du machst WAS?“ Helios stand mitten in seinem Zimmer und
war gerade dabei gewesen den Umhang an den Schulternteil
seiner Rüstung zu hängen. „Ich werde heiraten.“ Ruîn war am
Fenster und blickte nach unten auf die Menschen die schon zu
dieser frühen Stunde am Westtor der Stadt hin und her eilten.
„Das kannst du nicht machen.“ Helios riss sie herum und blickte
sie eindringlich an. „Das kann ich Sehrwohl!“ Sie schlug seine
Hände von sich und wollte an die Tür aber er ergriff sie erneut.
„Du gehörst mir und sonst NIEMANDEM!“ Nun hatte er den-
selben Ausdruck in den Augen wie schon mal zuvor. Wie damals,
vor noch nicht allzu langer Zeit, im Poring Heaven. In Ruîn stieg
die Angst hoch und sie zuckte zusammen. In diesem Moment
wurde sein Griff ein wenig lockerer und sie sprang zurück. Erst
einen, dann noch einen zweiten Backstab und sie verschwand im
Cloaking. „Verdammt! Das war nicht so gemeint, bleib hier!
Sight!“ Helios stürzte durch die geöffnete Tür und ließ den Skill
durch den Flur streifen. Dann verschwand er die Treppe nach
unten. Ruîn stand lautlos neben der Zimmertür und versuchte diese
innere Panik zu stoppen die von ihr Besitz ergriffen hatte. Als sie
nichts mehr hörte kramte sie leise nach einem Butterfly Wing und
sah zu wie sich der kahle Flur des Gildenhauses in den früh-
morgentlichen Hauptplatz von Izlude verwandelte. Naja gut, was
hatte sie anderes erwartet? Bestimmt nicht, das er sich darüber
freute, aber es bestätigte Ruîn wenigstens in der Richtigkeit ihrer
Entscheidung Solar zu heiraten.
WoE
WoE
Die nächsten paar Tage vergingen dann eigentlich so wie immer.
Ruîn und Solar trainierten wieder gemeinsam in Byalan und als
kleine Vorbereitung erklärte er ihr, wie in der Gilde das WoE vor
sich ging. „Im Prinzip isses ja nur ein Massen-PvP Event. Also
ganz einfach.“ „Ich war aber auch noch nie im PvP.“ Ruîn und er
saßen auf der Insel nahe den Klippen und trockneten ihre Sachen.
Sie musste zugeben, das sie schon irgendwie gespannt war auf
dieses Spektakel, das da zweimal die Woche für alle Gilden
stattfand und mit ganz spezieller Magie funktionierte. Normaler-
weise konnte man ja keine anderen Menschen mit seinen Skills
angreifen, aber während der WoEs gab es ja eigene Regeln. Man
konnte alle Mitspieler, die nicht zur eigenen Gilde, oder der
Allianz, gehörten angreifen und so schwächen, das sie aus den
Castles teleportiert wurden. Naja, bald würde sie ja wissen wie so
was ablief. Sie ließ sich nach hinten ins warme Grass fallen und
beobachtete die Wolken, die am Abendhimmel ihre Bahnen zogen.
Sie war ein wenig müde vom Training und schloss ihre Augen
immer mal wieder für etwas längere Zeit. Plötzlich war etwas
anders. Es war dunkler. Sie öffnete die Augen und Solar war
über ihr. Noch bevor sie etwas sagen konnte küsste er sie. Na
gut, jetzt wo sie ja offiziell verlobt waren, hatte er vermutlich auch
ein wenig das Recht dazu. Sie ließ ihn mal freundlichkeitshalber
gewähren, zumal er gar nicht mal sooooo schlecht küsste. Er
begann damit ein wenig ihren Hals zu küssen fuhr mit seinen
Händen langsam in ihren Haaren herum. Als er allerdings anfing
ihr über die Brust zu streicheln wurde es Ruîn eindeutig zu viel.
Sie versuchte ihn langsam von sich weg zuschieben, allerdings
ließ er sich davon nicht wirklich einschüchtern sondern drückte
Ruîn zurück ins warme Gras. Und auf einmal sah sie Helios, wie
er damals im Poring Heaven über ihr gewesen war und Panik
erfasste sie. „GEH WEG!“ Sie schlug den Assassin so fest sie
konnte von sich und starrte Solar an. „E-Entschuldige bitte...
Das war nicht böse gemeint, ehrlich nicht…“ „Nein, nein, ich
muss mich entschuldigen, ich wollte nicht so fest... ehm… zuhauen,
Sorry.“ Sie ruderte mit den Armen und Solar musste kichern.
„Sag doch gleich, dass du bis nach der Hochzeit warten magst,
das ist doch ok für mich.“ Er zuckte mit den Schultern und
lächelte. „Hö? Eh ja…“ Gut, wenn er das so sah würde sie
sicher nichts dagegen sagen.
Der Sonntag begann leicht regnerisch und Ruîn war irgendwie
viel zu müde zum Aufstehen. Sie hatte bei Isan übernachtet, da
deren Mann an einer mehrtägigen Party teilgenommen hatte und
diese sich nun alleine langweilte. Isan saß am unteren Bettende
und knabberte an einigen Schokoladenkeksen. „Ich beneide dich,
ich mag auch am WoE teilnehmen.“ „Dann lass tauschen, merkt
eh keiner.“ Sie kicherten und Isan schüttelte den Kopf. „Ich hab
im Übrigen zwei schöne Waffen für dich die du benutzen kannst.“
Damit verschwand sie zur Hälfte in einer riesigen Kiste die am
anderen Ende des Zimmers stand. „Ah da sind sie ja…“ Langsam
zog sie zwei Langschwerter hervor und reichte sie Ruîn rüber, die
sich inzwischen aufgesetzt hatte. „Mailbreaker und Swordbreaker,
gibt nix besseres um andere im WoE zu ärgern.“ Sie fuhr
bedächtig mit den Fingerspitzen über die Metallene Klinge.
„Dein Damage wird nicht sehr berauschen sein, aber dafür werden
deine Gegner eventuell ihre Rüstungen und Waffen verlieren.“
„Hmm ja das klingt doch mal witzig.“ Ruîn nickte und verstaute
die Schwerter bei ihren anderen Waffen.
Am späten Nachmittag traf sich Ruîn dann mit Solar am
Gildenhaus um sich von ihm den WoE Spot der Gilde zeigen zu
lassen. Sie verließen Prontera durch das westliche Stadttor und
begaben sich zum Eingang der Kanalisation. Dort stand auch
eine Kafra-Angestellte und man konnte sich dort registrieren
und an das Lager. Wenn man dann im WoE umfiel erschien man
hier bei der Kafra. Es waren schon einige Leute auf der Lichtung
versammelt und es herrschte ein ähnlich geschäftliches Treiben
wie auf dem Prontera Markt. Einige Priester liefen durch Warp-
portale oder öffneten einfach welche und andere gingen hindurch,
Knights tauschten Schwerter und Rüstungen hin und her, Hunter
sortierten Pfeile und einige Blue Gemstones rollten am Boden
herum. „Vor dem WoE ist immer soviel los, und immer vergisst
man was.“ Solar kicherte und wandte sich an die Kafra. Ruîn
nutze die Zeit um ihre neuen Schwerter etwas zu polieren und
setzte sich dafür unter einen Baum rechts neben der Kafra,
während Solar sich mit einigen Mitgliedern seiner Gilde unterhielt.
Nach einiger Zeit begann es etwas ruhiger zu werden und die
Leute versammelten sich um einen Champ. Das bedeutete wohl,
dass es jetzt losgehen würde.
Um punkt Achtzehn Uhr midgarscher Zeit begann das Sonntags-
WoE. Die Priester öffneten auf Befehl des Leaders die Warps zu
dem gewünschten Castle.
Die Prontera Castles lagen im Norden der Hauptstadt hinter dem
Königspalast im Valkyrie Realm. Es waren insgesamt fünf
Schlösser, Solar hatte Ruîn zwar alle Namen mehrmals erklärt,
aber sie hatte sich die Bezeichnungen nicht wirklich merken
können. Wobei, sie wusste was Kendul war, als der Leader den
Namen jetzt in die Menge schrie. Die ganze Gilde machte sich also
in das Castle oben rechts auf und sammelte sich kurz vor dem
Eingang. Nach einer kleinen Buffrunde ging es dann auch los. Sie
betraten das Castle und eine eisige Kälte breitete sich um die
Gildenmitglieder aus. Das war das Zeichen dafür, das dieses
Gebiet einer anderen WoE-Gilde gehörte. Der Eingangsbereich
war Leer und unheimlich Still. Die anderen preschten an Ruîn
vorbei und in die dunklen Gänge. Sie kannte den Weg hier
natürlich noch nicht und folgte Solar, so gut sie es in der Masse
eben konnte. Auch die nächsten Räume waren Leer und auch
hinter ihnen kam nichts weiter nach, dann standen sie vor dem
Raum mit dem Emperium. „Ok wir wissen nicht ob hier gedefft
wird, aber lasst einfach mal gucken. Und nicht potten! Habt ihr
verstanden?“ Der Leader stand ganz vorne am Eingang zum
letzten Raum und blickte in die brav nickende Runde. Dann drehte
er sich um und stieß das große hölzerne Tor auf. Die klirrende
Kälte schlug Ruîn förmlich ins Gesicht als sie den Raum betrat.
Ein lautes klirrendes Geräusch folgte und sie konnte sich nicht
mehr bewegen. Dann materialisierte sich der Empraum wieder zu
der kleinen Lichtung an der Kanalisation. „Ahja, das ist also
WoE.“ Sie setzte sich neben die Kafra und sah zu wie nach und
nach auch die anderen Leute der Gilde wieder erschienen. „Es
sind nicht viele im Empraum, das können wir schaffen, den No
Skill haben wir schon umgehauen.“ Der Leader deutete den
Priestern wieder zu warpen und Ruîn folgte mal, obwohl sie nicht
wirklich wusste, was der Champ da gerade gesagt hatte. Die
zweite Runde lief für Ruîn dann schon etwas besser. Sie wartete
am Eingang des Empraumes bis alle durch waren und betrat den
Raum schließlich als letzte. Auch diesmal traf sie der Storm Gust
aber eine Priesterin war hinten geblieben und holte Ruîn aus ihrem
Eisblock. Jetzt konnte sie wenigstens mal den Empraum sehen.
Der steinerne Saal lag zur Hälfte unter Wasser und genau in der
Mitte thronte das goldene Emperium auf einem marmornen
Sockel. Rundherum waren zahlreiche Kämpfe im Gange und
Ruîn stürzte sich also auf den erstbesten Gegner der ihr in den
Weg kam. Es war ein feindlicher Wizzard der ihr natürlich sofort
einen Jupitel Thunder entgegenschleuderte. Irgendwie war es
interessant. Der Skill schmerzte zwar nicht wirklich, aber Ruîn
spürte eine starke Schwäche und das Bewegen wurde zunehmend
schwerer. Zum Glück war die Priesterin noch bei Ruîn und healte
sie wieder hoch bis sie sich wieder normal fühlte. Dann castete sie
ein Lex Divina auf den Wizzard der sich inzwischen einen Lord
Knight zur Unterstützung gerufen hatte. Ruîn ließ den Wizzard
also mal stehen und rammte dem Peco des Knights den Mail-
breaker in den Hals. Das Tier bäumte sich auf und der Knight
stieß Ruîn seinen Speer mit solcher Wucht in die Schulter, das
sie nach hinten fiel und voll in das Wasser klatschte. Sie versuchte
sich wieder aufzurichten und sah das der Lord Knight von seinem
Peco abgestiegen war und auf sie zu kam. Sie riss den Sword-
breaker in die Höhe und wehrte damit einen ziemlich harten
Schlag ihres Angreifers ab. Jetzt standen sie sich wieder
gegenüber. Ruîn wusste, das ihr hier selbst ihre Schnelligkeit
nicht viel helfen würde, denn noch ein richtiger Schlag würde
genügen um sie zu besiegen. Naja gut, würde sie halt wieder an
der Kafra stehen. Sie erhob ihre Schwerter und stürzte sich auf
den Lord Knight. Zwei, drei Hiebe brachte sie sogar durch bevor
er sie traf und damit wieder aus dem Castle transportierte. Ruîn
atmete ein paar mal tief ein und aus und setzte sich dann wieder
an die Kafra. Und das sollte nun noch zwei Stunden so weiter
gehen? Neben ihr erschienen wieder ein paar Leute der Gilde
und mitten unter ihnen auch Solar. „Macht das nicht furchtbar
viel Spaß?“ Er kam auf sie zu, erwischte sie an den Händen und
zog sie auf damit er ihr um den Hals fallen konnte. „Ähm, ja...“
Er ließ sie wieder los und lief zu den anderen hinüber die erneut
auf die Castle Warps warteten. Ruîn seufzte und folgte schließlich.
Eigentlich war es nicht mehr als Reinlaufen, bisschen Kämpfen
und wieder Rausfliegen. Ruîn bemerkte sehr schnell, das ihr
einiges an wichtigem WoE Equipment fehlte, womit sie dann
bessere Überlebenschancen haben sollte. Allerdings hatte sie
nicht wirklich Lust dafür ihr Geld auszugeben, dann lieber für
bessere Waffen zum trainieren. Außerdem verstand sie die
meiste Zeit nicht so wirklich was der Leader da vor sich hin
schrie, was einerseits daran lag das sie absolut keine Ahnung vom
WoE hatte und andererseits, das dieses WoE heute ihr auch nicht
wirklich Lust auf ein weiteres gemacht hatte.
Solar allerdings war natürlich begeistert. Er stand mit einigen
seiner Freunde zusammen und ging wohl jeden einzelnen Kampf
der letzten Stunden nochmals durch. Jetzt bemerkte Ruîn auch,
dass nicht nur eine Gilde gekämpft hatte, sondern das auch eine
Allianz dabei gewesen war. Die Leader standen ein wenig Abseits
der anderen Mitglieder und besprachen sich nun eifrig miteinander.
Ruîn hatte schon währen dem WoE bemerkt das die Befehle
nicht immer nur von dem Champion gekommen waren, sondern
auch ab und zu von anderen Leuten. Sie war so in ihre Gedanken
vertieft, dass sie gar nicht bemerkte wie Solar neben ihr
aufgetaucht war und sie nun nachdenklich betrachtete. „Hat es
dir nicht gefallen? Du wirkst so lustlos?“ „Hmm? Öhm, ich habe
keine Ahnung vom WoE.“ „Ach das wird schon noch.“ Er nickte
und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter, dann wandte er sich
wieder an ein paar Leute seiner Gilde. Ruîn wanderte an die Kafra
hinüber um ihre Waffen im Lager zu verstauen und einige andere
Dinge zu holen, die sich dann gleich brauchen würde. Während
sie den blütenweißen Stoff des langen Kleides zwischen ihren
Fingern durchgleiten ließ, stand plötzlich Isan neben ihr. „Himmel,
erschreck mich nicht so!“ Isan kicherte und erwischte Ruîn am
Arm, um sie mit sich mit zu ziehen. „Na, kanns losgehen?“
„Nein…“ Sie blickte auf ihre Beine, die sich irgendwie gerade
nicht bewegen wollten. „Nervös?“ Ruîn nickte nur, sie wusste
nicht ob sie wirklich nervös war, oder einfach nur nicht wollte.
Dabei hatte sie sich das doch alles so gut überlegt. Nein, es war
alles in Ordnung, sie machte das schon alles richtig. Sie atmete
ein paar Mal tief durch und folgte Isan dann in die Stadt.
Hochzeit
Hochzeit
Eigentlich ging es ziemlich schnell. Isan und Ruîn gingen gemeinsam
zur Kirche die sich im Norden Pronteras befand und auch die
Priester und Acolytengilde beinhaltete. Eine ältere Nonne führte
die beiden in das rechte Zimmer in dem sonst eigentlich die
Acolytenprüfungen stattfanden. Dort konnte sie sich für die
Zeremonie umziehen. Die ganze Zeit lang sprachen die Beiden
kaum ein Wort miteinander. Ruîn war nervös und ihr war furchtbar
schlecht, sie wollte das ganze nur noch so schnell wie möglich hinter
sich bringen. Schließlich klopfte es und eine Priesterin betrat den
Raum. „Wenn ihr fertig seid, kann es losgehen.“ Ruîn nickte, raffte
ihr langes, vielschichtiges Kleid zusammen und trat nach draußen
in die Vorhalle der Kirche. Isan folgte ihr. Sie reichte Ruîn den
Blumenstrauß. „Wenn du dir nicht sicher bist, solltest du es lieber
lassen.“ Sie blickte Ruîn eindringlich an. „Nein es ist schon ok.
Es ist richtig so.“ Ruîn nickte und die beiden umarmten sich. „Gut
dann, gogo, alle warten auf dich.“ Sie lächelte und schubste Ruîn
den Kirchengang entlang. Sie betrat das Hauptschiff der großen,
gotisch anmutenden Kathedrale. Links neben dem Eingang stand
eine junge Frau mit einer Art Notizblock. Hier musste Ruîn ihren
Namen zur Bestätigung der Hochzeit angeben. Dann schritt sie
den langen Hauptgang der Kirche zum Altar entlang. Zahlreiche
Menschen saßen in den Bänken, hauptsächlich waren es Solars
Gildenmitglieder und Freunde. Links bemerkte sie auch Isan, die
sich zu ihrem Mann in eine der letzten Bänke gesetzt hatte und ihr
aufmunternd zunickte. Dann ging alles ziemlich schnell. Sie stellte
sich zu Solar an den Altar und der Hohepriester sprach einige
Worte die Ruîn nicht hörte. Dann war es auch schon vorbei. Solar
küsste sie und Konfetti regnete von der Decke während die
Menschen alle laut klatschten und ihre Glückwünsche in die hohen
Decken der Kathedrale riefen. Ruîn bemühte sich sehr zu lächeln
obwohl ihr eigentlich gar nicht danach zumute war. Sie mochte
solch einen großen Trubel nicht und jetzt drängelten sich alle Leute
um sie und versuchten sie zu umarmen und ihre Hand zu schütteln.
Sie war froh als dieser Ansturm endlich aufhörte und sie wieder
Luft zum Atmen bekam. Dann begann die Feier. Solar hatte sich
darum gekümmert, dass einige Priester sich den richtigen Warp
geholt hatten und nach ein paar Minuten fanden sich alle auf einem
abgelegenen Feld nördlich der Hauptstadt zur DB Party wieder.
Zuerst musste sich Ruîn zwischen den ganzen unverheirateten
Frauen der Gilde aufstellen und ihren Blumenstrauß in die Menge
werfen. Es gab ein ziemlich lautes Gekreische und viel Gekicher
und schließlich tauchte eine Dancer triumphierend mit dem Strauß
aus der Menge auf. Damit begann nun offiziell die DB Feier.
Dieses Spektakel war schon eher nach Ruins Geschmack und
machte sogar richtig Spaß. Die stärksten Mitglieder der Gilde
zündeten die Branches und beschwörten zahlreiche Monster die
sich auf die Gilde stürzten und von allen gemeinsam bekämpft
wurden. Es war ein sehr witziger Zeitvertreib und Ruîn musste
sich ständig mit Isan gegenseitig daran erinnern das sie sich von
den gefährlichen Monstern fernzuhalten hatten. Alles in allem hatten
sie aber recht leicht schaffbare Monster, das ärgste war noch der
Miniboss des Abyslakes mit seinem Drachenmob. Doch da der
Leader von Solars Gilde über Asura verfügte wurde Ruîn gleich
darauf einer der drei Köpfe des Monsters präsentiert.
Es war erst kurz nach Mitternacht als sich die Party dann langsam
aufmachte in das Gildenhaus zurückzukehren und Ruîn sich von
Isan verabschiedete. Sie würde ab den heutigen Tag auch zu
Solars Gilde gehören und somit auch das große Fachwerkhaus im
Norden von Prontera bewohnen. Naja, so ersparte sie sich
wenigstens die Zeny die sie sonst immer für ihre Übernachtungen
im Inn oder im Pub ausgegeben hatte. Sie betrat mit Solar ihr
neues Zimmer und hatte irgendwie keine Lust sich darin umzusehen.
Stattdessen ging sie einfach schnurstracks auf das Bett zu, wobei
sie sich unterwegs ihrer, leicht von der DB-Party zerfledderten,
Klamotten entledigte, legte sich hin und versuchte sofort
einzuschlafen. Bedauerlicherweise waren das wohl nicht Solars
Pläne für den Abschluss eines gelungenen Hochzeitstages
gewesen. Er drehte Ruîn zu sich und begann sie zu küssen. Mist.
Ruîn hatte ja gehofft, dass er nach dem ganzen WoE und dem DB
Specktakel zu müde für so was sei und sie einfach schlafen lassen
würde. Sie hatte sich doch auch so bemüht, ihn während der Feier
recht viel hin und her zu scheuchen, damit er schneller müde wurde.
Sie konnte seine Hände überall auf ihrem Körper fühlen und
versuchte die unterschwellige Übelkeit zu ignorieren, die sich
langsam in ihr ausbreitete. Sie schob es einfach mal auf die Tatsache,
das bisher nur Helios sie auf diese Weise berührt hatte und
versuchte einfach ruhig zu bleiben. Es gab keinen Grund zur
Panik. Es war alles in Ordnung.
Die Flure des großen Gildenhauses waren menschenleer und beinahe
Stockdunkel. Ruîn schlich sich im blassen Mondlicht bis in den
Gemeinschaftsraum und wagte sich erst dort wieder aus dem
Cloaking. „Hallo, kannste nicht schlafen?“ Sie fuhr herum und blickte
einen Hunter an. Den hatte sie ja gar nicht gesehen als sie den
Raum betrat. „Hmm nicht so wirklich.“ Sie trat zu ihm an den
Tisch und betrachtete die kleine Auswahl an Pfeilen und Quivern
die er wohl gerade sortierte. „Ich auch nicht, beziehungsweise,
ich gehe fast jede Nacht ein wenig trainieren, dann ist es immer
sehr ruhig.“ Er drehte einen der Pfeile zwischen den Fingern, nickte
dann und raffte einige der Quiver zusammen. „Möchtest du
vielleicht mitkommen?“ Der Hunter blickte sie freundlich an und
deutete mit dem Kopf zur Tür hin. „Öhm ja wieso nicht, wohin
gehst du?“ „Payon Dungeon, Sohees jagen. Sind Wassermonster,
brauchste ne Windwaffe.“ „Ok, muss ich schnell holen.“ Sie nickte
und wollte sich gerade umdrehen, als er ihr die Hand reichte. „Duir,
und du bist…?“ „Ruîn.“ Sie schüttelten sich die Hände, dann machte
sie sich auf, schnell ihre Waffe zu holen.
Der Payon Dungeon befand sich in einer riesigen Höhle im Norden
der Waldstadt. Zahlreiche Legenden rankten sich um die Geister
die dort ihr Unwesen trieben. Über ein längst vergangenes
Königreich und eine traurige Liebesgeschichte die mit dem Tod
endete. Auf dem etwas langen Weg nach unten erzählte Duir ihr
einige davon. Die Kämpfe mit den Sohees waren eher einfach, es
waren keine besonders schweren Monster und durch den Vorteil
ihrer Elementarwaffe waren die Kämpfe relativ kurz. Allerdings
ging es ja auch eigentlich nicht um die Erfahrung durch die Kämpfe
sondern um die slotted Muffler die man von den Sohees mit einigem
Glück bekommen konnte. Diese waren bei jungen Abenteurern
recht beliebt und ließen sich demnach ganz gut verkaufen. Sie
waren bestimmt um die 2-3 Stunden im Dungeon als sie sich
entschlossen doch langsam mal ins Gildenhaus zurück zu kehren,
um noch ein wenig Schlaf abzubekommen, auch wenn Ruîn nicht
so wirklich begeistert davon war.
Als Solar in den großen Gemeinschaftsraum der Gilde kam um
nach Ruîn zu suchen war diese bereits wieder hellwach, obwohl
sie keine 4 Stunden geschlafen hatte. Das Kämpfen in der Nacht
hatte ihr ziemlich gut gefallen und so war sie ziemlich gut gelaunt.
Sie ließ sich sogar freiwillig küssen und umarmen. Als heutiges
Trainingsziel hatten sie sich den Magma Dungeon nahe der
fliegenden Stadt Juno ausgesucht. Das bedeutete Eiswaffen
und jede Menge Potions, da die Monster dort doch ein wenig
stärker waren. Sie hatten sich Gildenintern auch Feuerrüstungen
ausgeliehen, die besonders vor den gefährlichen Flammenattacken
der Monster dort schützten. Die kleineren Monster wie die
Kahos, Explositions und Blazzer waren eigentlich kein Problem,
da sie die schnellen Assassinen nur selten wirklich mit voller
Wucht trafen. Etwas schwerer waren da schon die großen Magma
Golems an denen man ohne Ice Pick schon eine Weile herum
hauen konnte. Allerdings gehörte die Pick zu den teuersten
Waffen und war zurzeit einfach unerschwinglich für Ruîn. Es war
eine nette Abwechslung mal nicht durchnässt zu sein, allerdings
wurde die Hitze in der Nogg Road mit jeder Stunde unerträglicher
und das Kämpfen zog sich langsam wirklich in die Länge.
Die Beiden beschlossen im Gildenhaus zu übernachten um die
Kosten eines Hotels in Juno zu sparen, auch wollte Ruîn diese
Nacht wieder mit Duir in die Payonhöhlen gehen. Zu ihrem
Glück neigte Solar zu einem sehr tiefen Schlaf, vor allem wenn
sie ihn den ganzen Tag fleißig im Dungeon hin und hergescheucht
hatte. So merkte er wenigstens erstmals nichts von ihren
nächtlichen Ausflügen.
Leise schlich sie sich die langen Flure und Treppen des Hauses
entlang und betrat den Gemeinschaftsraum. Es war ziemlich
dunkel aber nach einiger Zeit konnte sie alles recht gut sehen.
Sie hörte ein Kichern aus einer der hinteren Ecken des Raumes
und hielt inne. Irgendjemand war wohl noch hier. Sie drehte
sich langsam um und erkannte auch sofort die Quelle des
Geräuschs. Auf einem Polstersessel im hinteren Teil saß ein
Barde, der eine High Priesterin auf dem Schoß sitzen hatte.
Während die Priesterin mit dem Rücken zu ihr saß und sie
dadurch nicht gesehen hatte, blickte der Barde Ruîn direkt an.
Allerdings sagte er kein Wort und ließ sich nicht im Geringsten
stören, er blickte sie einfach nur sehr eindringlich an, und sie
konnte sein breites Grinsen erkennen.
„Um Himmels Willen, Jeran! Hast du denn kein Zimmer?“ Die
Priesterin und auch Ruîn fuhren herum und entdeckten Duir,
der gerade die Treppen heruntergekommen war und jetzt zu
Ruîn herüber kam. „Ach, jetzt sei doch kein Spielverderber.“
Der Barde kicherte, stand auf und wanderte langsam zu den
Beiden. Er hatte den Kopf leicht auf die Seite geneigt und hielt
seinen Blick fest auf Ruîn fixiert. Ruîn hatte zwar den Ausdruck
„Jemanden mit den Augen ausziehen“ schon des Öfteren mal
vernommen, aber jetzt wusste sie wirklich, wie sich das auch
anfühlte. „Wo haste das den aufgetrieben?“ „Das ist Solars Frau,
was du wüsstest, wenn du auf der Hochzeit gewesen wärst, statt
dich wer weiß wo Rumzutreiben.“ Duir hatte sich vor Ruîn gestellt.
„Ah ja, die Braut also…“ Er lächelte und wandte sich dann zur
Treppe um und verschwant in der Dunkelheit, die High Priestress
folgte ihm, mit leicht rotem Gesicht. „Oh Man, der Kerl treibt
mich noch in den Wahnsinn.“ Duir schüttelte den Kopf und Ruîn
schnaubte verächtlich. „Versteh mich nicht falsch, das ist einer
meiner besten Freunde, aber ich bin mit einigen seiner… na ja,
sagen wir mal, Freizeitgestaltungen nicht so einverstanden.“ Er
schnalle sich seinen Bogen auf den Rücken und deutete zur Tür.
Ruîn nickte und folgte ihm.
Sie trainierten wieder bei den Sohees im Payon Dungeon, wobei
sie diese Nacht sogar mal einen der gesuchten Muffler fanden.
Ruîn bewunderte die Fähigkeiten der Hunterklasse, die dazu
ausgebildet waren, allerhand Fallen zu legen um die Monster darin
festzuhalten. So konnte sie diese immer auf Distanz halten und
wurden nicht verletzt. Duir erklärte ihr die einzelnen Fallen und
zeigte wie man diese am besten einsetzten konnte. Es war sehr
interessant.
Am nächsten Morgen verschlief sie dann doch tatsächlich. Es war
zwar auch nicht sehr viel später geworden als schon letztes Mal,
aber irgendwie war es schon ziemlich hell als Ruîn die Augen
aufschlug und in Solars lächelndes Gesicht blickte. „Ich hab
verschlafen!“ „Ist doch egal…“ Er wollte sie gerade küssen als
Ruîn hochschnellte und förmlich aus dem Bett flog. „Das ist doch
jetzt echt nicht schlimm, du musst nicht immer um punkt 8 Uhr
aufspringen.“ Er lag auf dem Bauch, hatte den Kopf mit beiden
Händen aufgestützt und beobachtete sie dabei, wie sie in Windeseile
überall im Zimmer verstreute Kleidungsstücke einsammelte und
irgendwas wegen Juno und Magma Dungeon vor sich hin flüsterte.
So wie es aussah würde sie wohl nicht so schnell wieder ins Bett
zurückkommen. Solar seufzte und stand ebenfalls auf.
Nächtliches Training
Nächtliches Training
Das Gildenhaus war eigentlich ziemlich riesig wie Ruîn nun so
langsam herausfand. Na gut, es war ja auch so konzipiert das
um die 50 Leute darin leben konnten, eine große WoE-Gilde
halt, auch wenn ihre jetzt noch nicht ganz so groß war. Das
Fachwerkhaus im Norden der Hauptstadt verfügte über fünf
Stockwerke, wobei die Leute in den oberen drei ihre Zimmer
hatten und in den anderen Beiden befanden sich alle möglichen
Gemeinschaftsräume, einschließlich einer riesigen Bibliothek
und einem sehr hübschen Gemeinschaftsbad, das Ruîn schon
ausgiebigst bewundert hatte. Im Erdgeschoß befand sich auch
eine ziemlich große Küche, in die Ruîn jetzt, ein wenig zu schnell
vielleicht, hineinplatzte und zu ihrem Schrank hetzte. Es war ja
auch zu ärgerlich das sie verschlafen hatte! Sie winkte einer
Priesterin zu die sie vom sehen her kannte und reichte Solar
einige Sachen aus dem Schrank, dann setzten sie sich an einen
der zahlreichen Tische im vorderen Teil des Raumes. Außer
der Priesterin, die mit einer Lord Knight am Tisch saß waren nur
noch ein paar andere Leute in der Küche. Die meisten davon
kannte zwar Solar aber für Ruîn waren es Fremde. Bis auf den
hintersten der Tische. Von dort winkten ihr gerade Duir und
Jeran zu. Wobei es auf den zweiten Blick eher so aussah, als
würde nur Duir ernsthaft winken und Jeran imitierte ihn nur ziemlich
übertrieben. Ruîn hob grüßend die Hand und musste kichern als
Duir Jeran einen Klaps auf den Hinterkopf gab.
„Halt dich von dem Barden dahinten fern. Der ist nicht wirklich ein
guter Umgang für dich.“ Solar stellte Ruîn eine Kaffeetasse vor die
Nase und deutete leicht nach hinten zu den Beiden. „Wieso
fernhalten? Den kenn ich ja nicht mal. Was sollte ich da schon mit
dem reden?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich meine ja nur.“
Nach dem Frühstück machten sie sich dann wieder nach Juno
zum Magma Dungeon auf. Wenn man sich mal an die Hitze
gewöhnt hatte, ging es eigentlich ganz gut. Hin und wieder
begegneten sie Partys die mit Wizzards unterwegs waren und
konnten sich dort dann gelegentlich mal unter einen kühlenden
Storm Gust stellen. Auch das Loot der Monster war nicht zu
verachten. Elunium und rough Elunium waren sehr selten und Isan
hatte ihnen viel Geld dafür versprochen, da sie immer wieder
viele Metalle zum Schmieden brauchte.
Wie schon am Tag zuvor bestand Ruîn wieder darauf, dass sie
am Abend wieder nach Prontera zurückkehrten. Solar hätte sich
zwar gerne auch mal die Hotels in Juno angesehen, aber
wahrscheinlich wollte sich seine Frau erstmal richtig im Gildenhaus
einleben, also stimmte er zu.
Es war schon weit nach Mitternacht als Ruîn sich endlich durch
die dunklen Flure des Gildenhauses schlich und beinahe die
Treppe verfehlte, da sie sich noch nicht so wirklich gut auskannte.
Im Gemeinschaftsraum warteten Duir und Jeran. „Da is die Braut
ja endlich.“ Der Barde wirkte nicht gerade begeistert und Ruîn
beschloss ihn einfach zu ignorieren. „Na dann lasst mal gehen.“
Duir lächelte, öffnete die Tür und winkte beide hinaus. „Ich denke
du bist frisch verheiratet? Garnichts besseres zu tun, als jede Nacht
Trainieren zu gehen?“ Der Barde zwinkerte ihr schelmisch im
vorbeigehen zu. „Das geht dich nichts an.“
Ruîn musste zugeben, dass es zu Dritt sogar noch witziger war,
sich mit den Sohees anzulegen. Sie verstand zwar die meiste Zeit
nicht so wirklich, wovon Duir und Jeran sprachen, anscheinend
ging es auch sehr viel um das WoE und um die Leute aus der
Gilde, aber davon wusste Ruîn ja noch nicht wirklich viel was.
„Also den Leader kennste ja, unser Champ, der will zwar das
wir den UC bekommen, ist aber zu faul dafür auch was zu tun.“
Duir nickte und warf einen Quiver zu Jeran, der mit einer kleinen
Laute ein Lied angestimmt hatte das die Sohees in seiner Nähe
gar nicht so toll fanden. „Das zieht ihnen ihre Kraft ab, das mögen
sie garnicht.“ Er kicherte während zwei der Geister auf ihn
einschlugen. „Auch wenn der mal UC bekommt, denkste der setzt
das auch so ein, das es überhaupt nen Sinn hat?“ Es wechselte auf
seinen Bogen und die Sohees waren Geschichte. „Das bezweifle
ich doch stark. Er hört ja auch nicht mal auf mich.“ Duir legte
einige Fallen um sich herum, um die Monster auf Distanz zu halten.
Ruîn hatte sich ein wenig abseits hingesetzt, um sich ein wenig
auszuruhen und sich die Ruinen des zerfallenen Dorfes anzusehen.
In der Legende hieß es ja, dass hier mal ein großes und mächtiges
Königreich seinen Sitz gehabt hatte. Weiter unten in den Höhlen
gab es noch weitere Gebäude und einen großen Schrein in dem
regelmäßig ein gefährliches Bossmonster erschien. Sie musste
zugeben, dass sie schon neugierig auf das Monster war, aber sie
wusste, dass sie eine Begegnung wohl nicht überleben würde. Mit
einem Mal sauste ein Pfeil nur knapp an ihrem Gesicht vorbei und
Jeran stand neben ihr. „Hey, Braut! Pass auf!“ Sie fuhr herum und
das Ninetail sprang ihr direkt in die Arme. Das Monster hatte die
Zähne gefletscht und knurrte Furcht erregend. Ruîn stieß ihm ihr
Damaskus in den Hals und die Pfeile taten den Rest. „Was macht
ihr denn? Das ist nur ein Ninetail.“ Duir schüttelte den Kopf und
kicherte. „Naja man weiß ja nie. Frauen und Waffen und so.“
Jeran zuckte mit den Schultern. „Ich kann schon ganz gut auf mich
selbst aufpassen.“ „Ach ja, kannste das?“ Er stand dicht vor ihr
und ließ die Spitze eines Pfeils über ihren Hals fahren. „Streitet
euch später, wir sind zum Trainieren hier.“ Duir hatte seine Hand
zwischen die Beiden geschoben und schob Jeran nach hinten. „Ja,
Meister.“ Er zwinkerte Ruîn zu und wandte sich dann kichernd
und kopfschüttelnd wieder den Sohees zu.
Solange sie jetzt nicht direkt mit Jeran zu tun hatte, war eigentlich
alles in Ordnung. Sie mischte sich nicht in die Gespräche der
Beiden ein, da sie zum WoE eh nicht viel zu sagen hatte und
beschränkte sich aufs zuhören. Er sagte auch so nichts weiter zu
ihr, allerdings sah sie an seinen Blicken, das er wohl nicht viel was
von ihr hielt. Naja gut, es war ihr egal.
Am nächsten Tag ließen Solar und Ruin das Training im Magma
Dungen ausfallen. Es war wieder WoE und Ruîn traf sich davor
mal wieder mit Isan wegen dem Lootverkauf und solcher Sachen.
Dann ging das Sterbespektakel wieder von neuem los. Die Gilde
traf sich wieder an der Kafra am Eingang der Kanalisation und
startete von dort ihre Angriffe. Wie schon beim letzten Mal wurden
Warps zu den Castles geöffnet und die Leute stürmten in die
Burgen. Diesmal versuchte Ruîn ein wenig mehr auf das zu achten,
was die Leader in die Menge schrieen. In der Allianz hatte
anscheinend ein Assassine Cross das sagen, während auf Ruins
Seite der Champ und Duir die Befehle gaben. Allerdings bemerkte
sie immer wieder, dass vor allem Duir oft Jerans Blick nach einer
Entscheidung suchte. Quasi wie zur Bestätigung. Nun ja, sie hatte
ja in der letzten Nacht mitbekommen, dass die Beiden wohl sehr
viel Ahnung vom WoE hatten. Jedenfalls halt mehr als sie. Ruîn
hatte es sich angewöhnt immer als eine der Letzten den nächsten
Raum zu betreten, was ihre Überlebenschancen immens gesteigert
hatte. Das schien auch der Plan der Priesterin vom letzten Mal zu
sein, denn die Beiden standen irgendwie immer als Letzte da. So
hatte Ruîn wenigstens den Vorteil, dass sie sich bedenkenlos in
alle möglichen Kämpfe stürzen konnte, da die Priesterin sie dann
immer fleißig healte. Sie schaffte es diesmal sogar einen anderen
Assassin und einen Wizzard zur Strecke zu bringen. Wenn sie es
geschafft hatten ein Castle zu übernehmen, war es Ruins Aufgabe
dafür zu sorgen das kein Gegner den Empraum unvergiftet betrat.
Alles in Allem fühlte sie sich dieses Mal also nicht ganz so fehl am
Platz. Leider gab es nach dem WoE für die Leader so einiges zu
besprechen, so das Duir ihre nächtliche Lvl-Session absagte, was
für Ruîn bedeutete, das sie wohl mal länger schlafen musste.
Am nächsten Tag ging das Leben dann wieder wie gewohnt weiter.
Zuerst jagte Ruîn mit Solar Kahos und Grizzlis durch den Magma
Dungeon und dann mit Duir und Jeran Sohees durch die Höhlen
von Payon. Sie gewöhnte sich auch langsam an die abfällige Art
mit der Jeran sie immer behandelte. Beziehungsweise sie versuchte
ihn zu ignorieren, was leider nicht immer so gut klappte. Immer
wieder stand er plötzlich neben oder hinter ihr und beobachtete
sie aufs genaueste. Das machte Ruîn so nervös, dass ihr schließlich
mitten im Kampf die Waffe aus der Hand fiel und bei Jeran einen
kleinen Lachkrampf auslöste. „Was macht ihr denn bitte jetzt
schon wieder?“ Duir stand mit verschränkten Armen vor ihnen
und schüttelte den Kopf. „Och nichts, die Braut bestätigt mir nur
wieder meine Meinung.“ Jeran kämpfte noch leicht mit dem
Lachen. „Ach ja, und die wäre?“ „Frauen sollten sich mit Waffen
nicht abgeben, wenn sie nicht damit umgehen können.“ „Ich kann
sehrwohl mit meinen Daggern umgehen!“ Sie war auf ihn
zugekommen und hielt ihm die Klinge vor die Nase. „Da habe
ich aber gerade was anderes gesehen.“ „Was erwartest du denn
wenn du mich immer so dämlich anstarrst?“ Die Beiden standen
jetzt so dicht beieinander, dass sich ihre Köpfe beinahe berührten.
Duir seufzte genervt und setzte sich in einigem Abstand auf die
Überreste einer alten Veranda. „Sagt bescheid wenn ihr fertig
seit...“
Im Großen und Ganzen war es also ein ganz normaler Tag
gewesen und Ruîn bemühte sich sehr leise in ihr Zimmer zurück
zu schleichen. Sie war sauer auf diesen eingebildeten Kerl.
„Wie kannst du eigentlich so lange aufbleiben und dann am
Morgen gleich so fit sein?“ Ruîn hatte die Küche betreten und
setzte sich zu Duir an den Tisch. „Keine Ahnung, irgendwie hab
ich noch nie soviel schlaf gebraucht.“ Sie nahm einen großen
Schluck Herbtea und bemühte sich nicht zu kichern, als der Hunter
laut gähnen musste und dann den Kopf auf den Tisch legte. „Ich
glaube ich gehe gleich wieder schlafen…“ „Ach jetzt übertreib
mal nicht, guck mal was für schönes Wetter wir haben.“ Sie stupste
ihn eine wenig an der Schulter. „Guten Moooorgeeen!“ Hinter
ihnen hatte Jeran den Raum betreten und blickte in die Runde.
„Jetzt sag bloß nicht die Braut nervt mich nun auch morgens
schon.“ „Keine Sorge ich werde deinem Seelenfrieden nicht zur
Last fallen.“ Ruîn schüttelte genervt den Kopf und klopfte Duir
zum Abschied aufmunternd auf die Schulter, dann verließ sie den
Tisch. Auch Solar war inzwischen in der Küche eingetroffen und
blickte Ruine ein wenig fragend an, als sie auf ihn zukam. „Was
ist?“ Sie setzten sich an einen der Tische und Ruîn fischte sich einen
Apfel aus der Obstschale die darauf stand. „Du solltest ihm
wirklich aus dem Weg gehen, das meine ich ernst.“ Solar deutete
nach hinten zu Jeran und Duir. „Er ist dafür bekannt, dass er gerne
mit Frauen spielt und ich habe letztens beim WoE sehrwohl
gesehen wie er dich angeguckt hat.“ „Glaub mir, da irrste dich
gewaltig.“ Sie schnappte sich noch eine Birne, stand auf und
machte sich ans gehen „Ich warte oben, muss noch meine Waffen
ein bisschen herrichten.“
PVP
PvP
Das Training im Magma Dungeon zeigte langsam eine sehr
angenehme Wirkung, als Ruîn mal wieder das ganze Loot
sortierte. Auch wenn sie immer noch keine Card gefunden
hatten, so waren doch einige wertvolle Metalle dabei gewesen.
„Wie viel ich davon wohl noch für ne Ice Pick sammeln muss?“
„Och nur so paar hunderttausende mehr.“ Solar kicherte und
verstaute einige seiner Sachen im Lager. Sie waren an der
Nordkafra und stöberten dann noch ein wenig in einigen
Merchantläden bevor sie zum Gildenhaus zurückkehrten. „So
ne eigene Ifrit Rüstung hätte auch mal was.“ „Sind aber ziemlich
teuer geworden.“ „Vielleicht doch mal ne Aquarüssi, die bringt
dir was im WoE und man kann damit in den Ice Cave.“ Solar
betrachtete eine Swordfishcard. „Wobei ich dort dann natürlich
ne Ice Pick bräuchte.“ Ruîn seufzte. Auch Isan hatte ihr schon so
einiges von dieser Waffe vorgeschwärmt, die leider weit über 50
Millionen Zeny kostete. Naja würde sie eben sparen.
Die Muffler Suche bei den Sohees wurde langsam auch ziemlich
langweilig und so besprachen sie diesmal, wo man als Alternative
noch hingehen konnte. Jeran stand auf dem Dach eines der alten
Häuser im Dungeon und ärgerte einige Sohees damit, dass sie
zwar im Wirkungsbereich seines Liedes standen, aber nicht zu
ihm auf das Dach gelangen konnten. „Byalan würde auch noch
gehen, da sind die Cards wenigstens was wert.“ Ruîn befand
sich gerade in einem regen Handgemenge mit einem Bogun, diese
aggressiven Geister droppten manchmal ziemlich niedliche Hüte
und sie wollte einen davon. „Da unten ist es noch langweiliger als
hier. Da brauchen wir gar nicht erst hin zu gehen.“ Das Monster
hatte sie mit einem ziemlich harten Bash getroffen und einige
Meter zurückgeworfen. Sie war in wenigen Sekunden wieder auf
den Beinen und rammte ihm eines der Messer in den Hals.
Seufzend betrachtete sie den in sich zerfallenden Hut. „Ich fürchte
fast, da hat die Braut sogar Recht.“ Jeran war vom Dach
gesprungen und ließ den Assassin Cross at Sunset Song neben
ihr erklingen. „Ohne Priester sind wir halt doch ein wenig
eingeschränkt.“ Duir durchstöberte gerade das heutige Loot nach
den Sachen aus denen er brauchbare Pfeile herstellen konnte.
„Als ob eine Priesterin jetzt so ein Problem wäre. Soll ich nen
Paar besorgen?“ Jeran grinste und Duir schüttelte den Kopf.
„Nee komm, verschon mich mit deinen Weibergeschichten.“
„Nen Paar? Reicht dir eine denn nicht?“ Ruîn blickte ihn forschend
an. „Je mehr, desto besser sag ich immer.“ Er kicherte und Ruîn
schüttelte den Kopf. Sie beschlossen also erstmal bei den Sohees
zu bleiben bis ihnen eine passende Alternative einfiel.
Das nächste WoE fand wieder an einem Sonntag statt und Ruîn
verspürte beim ersten Eintreten schon fast so etwas wie Routine.
Manchmal blieb sie hinter ihren Leuten zurück und versteckte
sich im Cloaking in den Gängen des Castles, um zu sehen was
nach ihnen noch so alles nachkam. So konnte sie ihre Leute vor
den anderen Gilden warnen oder mit den Angreifern ein Stück
herumlaufen. Es war kaum zu glauben, wie wenige Priester mit
Ruwah arbeiteten.
Sie hatten sich nach einigem hin und her mit einer Gegnergilde
Kriemhild erkämpft und nahmen im Empraum ihre Aufstellung
ein. Duir hatte Ruîn nach vorne in den No-Skill geschickt. Das
war ein Tanz, den nur ein Barde und eine Dancer zusammen
spielen konnten, und der dann ein Feld erzeugte, auf dem keine
magischen oder anderen Fähigkeiten eingesetzt werden konnten.
Das war ziemlich Praktisch, da alle Gegner die den Empraum
betraten also erstmal wehrlos waren. Ruîn musste also immer in
den Pausen des Tanzes ein Giftfeld an den Eingang legen, das
die Gegner dann zusätzlich schwächte. Natürlich war Jeran der
Barde. Und natürlich gerieten sie wieder aneinander. „Sag mal
wie legst du denn das Gift aus? Das gehört ganz an den Eingang!“
„Die Leute die reinkommen bleiben ja nicht stehen, die rennen da
sowieso durch.“ Sie hatte die Arme verschränkt und blickte ihn
böse an. „Im Übrigen musst du auch nicht so nahe hier rum stehen.
Kannst du nicht nach hinten gehen?“ „Wo soll ich denn hin? Soll
ich in die Fallen rein laufen, die die Hunter da hinten gelegt haben?“
„Wenn du mich dann hier nicht mehr nervst, ja!“ „Ach ich nerve
dich hier also?“ Sie standen sich inzwischen dicht gegenüber
und die Dancer blickte leicht hilfesuchend nach hinten zu dem
Leader. Da sie allerdings die meiste Zeit durch den Storm Gust,
der hinter ihnen tobte, verdeckt waren, konnte man kaum
etwas von den anderen Leuten erkennen. „Du fällst doch
sowieso sofort um, wenn etwas reinkommt, also geh nach
hinten!“ „Ich soll aber hier stehen! Und das werde ich auch!“
Die Dancer wurde langsam nervös weil der Song schon längst
zu ende war und sie Jeran auf seiner Position brauchte um einen
neuen Anlauf zu starten. Allerdings bemerkten die Beiden das
gerade nicht. Auch nicht das ein Lord Knight durch das Tor trat.
Es erwischte Ruîn also mitten im Satz und sie fand sich auf der
kleinen Lichtung nahe der Hauptstadt wieder. Kaum eine Sekunde
später war auch Jeran da. „Na toll. Ein Lord Knight im Berserk.
Und wir hatten keinen No-Skill weil du mich abgelenkt hast!“
„Ach jetzt bin ich daran schuld, wenn du deine Aufgabe nicht
schaffst?“ Ruîn war stinksauer. „JA KEIN WUNDER, WENN
DU NICHT EINMAL AUF MICH HÖRST!“ „UND WIESO
SOLLTE ICH DAS BITTE MACHEN, HÄ?“ Sie waren so
nahe aufeinander zugekommen das sich ihre Köpfe nun beinahe
schon berührten. Da der Empraum von einer feindlichen Gilde
überrannt worden war, tauchten nun auch die anderen Gilden-
mitglieder um sie herum auf und es gab einige recht überraschte
Blicke auf die beiden Streithähne. „WEIL ICH EINE AHNUNG
DAVON HABE UND DU NICHT!“ „ACH, JA?? DAS SAH
ABER GERADE NICHT DANACH AUS!!“ Ruîn hatte ihre
beiden Schwerter gezückt und sah langsam richtig gefährlich aus.
Solar stand ein paar Meter entfernt und wusste nicht ob er sich
trauen sollte dazwischen zu gehen. Bevor er allerdings reagieren
konnte, war Duir bei den Beiden. „JETZT IST ABER MAL
RUHE! Klärt das gefälligst unter euch und nicht während dem
WoE.“ Ruîn erhob beide Arme und drehte sich um. „Mir ist das
sowieso zu blöd.“ Jeran hatte sich ebenfalls umgedreht und wollte
eigentlich schon in die andere Richtung weggehen als er wieder
innehielt. Duir hatte sich von den Beiden abgewandt und war zur
Kafra gegangen. Hauptsache es herrschte endlich wieder Ruhe.
Ruîn stapfte sauer an Solar vorbei und warf ein paar rote
Gemstones vor sich ins Gras bevor sie selbst hinsetzte. Sie
brauchte die Dinger für ihre Giftfelder, nur leider waren sie recht
unhandlich und ihre Hand schmerzte ein wenig vom Tragen.
Nachdem sie sich ein wenig ausgeruht hatte und die typische
Geschäftlichkeit vor dem öffnen der Warps um sie herum losging,
stand sie wieder auf und Jeran war neben ihr. „Du und ich, heute
Nacht, PvP.“ „Ich werde da sein.“
Der Rest des WoEs verging recht friedlich. Zumindest was Ruîn
und Jeran anging. Die Gilde hatte leider nicht mehr das Glück ein
Castle so lange zu halten das sich eine Aufstellung im Empraum
gelohnt hätte. Also konnten die Beiden sich voneinander fernhalten.
„Sag mal, was war da vorhin denn mit euch los?“ Solar saß auf
dem Bett und beobachtete Ruîn dabei, wie sie wütend im Zimmer
hin und her trampelte. „Nichts! Der nervt mich!“ „Ich habe dir ja
gesagt, halt dich von ihm fern.“ „Wie soll ich das denn im WoE
anstellen?“ Sie hatte damit begonnen sich förmlich die Kleider vom
Leib zu reißen und Solar musste zugeben das das schon fast etwas
Erotisches hatte. Schließlich ließ sie sich ins Bett fallen und zog sich
die Decke über den Kopf. „Jetzt ärger dich doch nicht wegen
dem.“ Er versuchte unter der Decke an sie heranzukommen,
allerdings rückte sie dann nur weiter weg. Wahrlich, er hatte sich
nicht gerade eine einfache Frau ausgesucht.
Es musste wohl so um die zwei Uhr Nachts gewesen sein, als
Jeran und Ruîn sich vor dem PvP Haus im Osten von Prontera
gegenüberstanden. „Dachte schon du kommst gar nicht mehr.“
„Warum sollte ich mir das entgehen lassen?“ Ruîn trat durch die
Tür und schlängelte sich durch einige andere PvP Besucher
hindurch bis zum Ende des Hoteltresens. Sie hatte ja schon einige
Male hier in dem Haus übernachtet, aber den Eingang zum PvP
Bereich hatte sie eigentlich noch nie so direkt wahrgenommen.
„Weil du Angst vor mir hast?“ Jeran lächelte überheblich. „Ja
genau.“ Die Beiden meldeten sich bei dem Gate Keeper an und
betraten den Warteraum. Der riesige Kellerraum glich beinahe
einem alten, steinernen Gefängnis und Ruîn fröstelte es direkt
davor. Hier wurde wieder eine ähnliche Magie angewandt wie
während dem WoE. Man konnte also gefahrlos gegeneinander
Kämpfen.
„Lass Payon gehen, da sind grad keine Leute.“ Jeran sprach mit
dem Gatekeeper, der die Besucher in die künstlichen Nach-
bildungen der Hauptstädte warpte und Ruîn nickte.
Es war beinahe unheimlich wie echt alles wirkte. Ruîn stand
inmitten der Waldstadt in vollem Tageslicht obwohl es eigentlich
mitten in der Nacht war. Weit und breit war keine Menschenseele
zu sehen und auch die Eingänge zu den Gebäuden waren zu. Es
war eine fast perfekte Illusion der Stadt. „So, möchtest du
irgendwelche bestimmten Regeln?“ Jeran kam auf sie zu und
zückte seinen Bogen, während Ruîn nur ihren Kopf schüttelte.
„OK, dann sagen wir, es ist alles erlaubt, außer Potions und
anderes Lebensverlängerndes Zeugs jeglicher Art.“ Er spannte
den Bogen und Ruîn verschwand im Cloak sodass der Pfeil ins
Leere traf. Langsam näherte sich Jeran der Stelle an der Ruîn
gestanden hatte und hielt nun zwei Pfeile zugleich gespannt. Sie
kam rechts neben ihm aus dem Cloaking und rammte ihm ein
Giftmesser in die Seite. Der erste Pfeil traf Ruîn in die Schulter
dem Zweiten konnte sie ausweichen. Es war genau wie im WoE,
man verspürte eigentlich keinen Schmerz. Es war nur wieder eine
leichte Art der Schwäche, die mit jedem Treffer schwerer wurde,
bis man nicht mehr in der Lage war sich zu bewegen. Jeran war
schnell, er schoss einen regelrechten Pfeilhagel auf Ruîn ab und
hielt sie somit auf Distanz. Allerdings war sie schnell, kaum ein
Pfeil traf wirklich sein Ziel. Sie beobachtete jede seiner
Bewegungen. Was bezweckte er eigentlich hiermit? Machte es
ihm Spaß sie so zu jagen? „Jetzt greif doch schon an, oder traust
du dich nicht?“ Er wechselte ziemlich geschickt vom Bogen zu
einer kleinen Laute und ließ ein Bragi erklingen. Das war ein
Song der es den Leuten erlaubte ihre Fähigkeiten ohne Pause
immer wieder hintereinander einzusetzen, was zwar bei einem
Priester oder Wizzard eine ziemliche Wirkung hatte, einer
Assassine wie Ruîn allerdings schon mal gar nicht weiterhalf.
Sie preschte nach vorne und kreuzte ihre Klingen mit Jerans
Laute. Er war ziemlich geschickt darin ihre Angriffe abzuwehren,
allerdings traf sie ihn doch einige Male. Dann ließ er das
Instrument fallen und zog den Bogen so schnell das die beiden
Pfeile Ruîn diesmal voll trafen. Sie sprang ein wenig zurück und
die beiden umkreisten sich gegenseitig. Ruîn merkte wie sich die
Schwäche ausbreitete. Vielleicht noch 2-3 Treffer dann hatte er
sie besiegt. Die Pfeile schlugen mit großer Wucht in das Gras vor
ihren Füßen ein und sie wagte einen letzten Angriff. Sie sprang
auf ihn zu, legte ein Giftfeld unter ihm und hieb mit den Messern
auf den hölzernen Bogen ein. Als er Zurückschoss sprang sie nach
hinten und die Pfeile trafen voll. Das war es gewesen. Sie spürte
wie die Schwäche sie niederriss und sank in das Gras.
„Verdammt noch mal, WAS MACHST DU DENN??“ Er kam
auf sie zu und schien ziemlich wütend. „Ich dachte das wolltest
du...“ „ACH VERDAMMT!“ Er stapfe mit dem Fuß auf, zückte
einen Butterflywing und war weg. Ruîn blieb einfach im Gras
liegen und betrachtete den künstlichen blauen Himmel. Wenn man
länger als 3 Minuten besiegt herumlag wurde man automatisch
wieder in das PvP Haus zurückgewarpt. Sie hatte absichtlich
verloren. Und sie hatte so verloren, dass er es auch wusste.
Als sich Ruîn vor einigen Stunden aus ihrem Zimmer geschlichen
hatte, war sie eigentlich ziemlich sauer gewesen. Jetzt beim
zurückkommen hatte sich das Gefühl komplett aufgelöst. Sie
setzte sich leise auf die breite Fensterbank und blickte hinaus in
die nächtliche Stadt. Ob Jeran jetzt wohl noch unausstehlicher
sein würde? Sie wusste nicht, wie sie auf die Idee gekommen war
ihn gewinnen zu lassen. Eigentlich hatten sie ja beide so ziemlich
die gleiche Chance auf den Sieg gehabt. Sie wischte sich mit der
Hand über die Augen. Langsam wurde sie wirklich müde, also
beschloss sie mal lieber ins Bett zu gehen.
Spaß
Spaß
Solar gewöhnte sich so langsam daran, dass seine Frau sich wohl
nicht allzu gerne im Bett aufhielt. Kaum das sie wach war, sprang
sie förmlich ohne die geringste Müdigkeit auf und auch am Abend
war es ähnlich. Er machte also gar nicht mehr den Versuch sie
dabei aufhalten zu wollen. Auch an diesem Morgen war sie wieder
vor ihm wach geworden und das Erste was er von ihr zu Gesicht
bekommen hatte, war ihre Silhouette die gerade durch die Tür
verschwand.
Ruîn hatte eigentlich vorgehabt auf Solar zu warten, allerdings war
sie ziemlich früh wach geworden und hatte keine Lust mehr gehabt
im Zimmer herumzusitzen. Sie wanderte den langen Gang zur
Treppe entlang und diese dann hinunter bis ins Erdgeschoß. Dann
betrat sie die Gildenküche. Da es noch ziemlich früh am Morgen
war, waren lediglich Zwei weitere Leute anwesend. Ruîn hielt an
der Tür inne und blickte zu Duir und Jeran hinüber, die ungefähr
in der Mitte des Raumes an einem Tisch saßen und irgendeinen
großen Zettel studierten. Duir entdeckte sie als Erster. „Ah, da bist
du ja auch schon! Guten Morgen.“ Sie lächelte und dann blickten
sie und Jeran sich an. „Hey Ruîn, das musst du dir ansehen,
komm her.“ Er winkte und tippte mit der anderen Hand auf den
Zettel. „Mhm, und was habt ihr da?“ Sie setzte sich an den freien
Sessel, der den beiden gegenüber stand. „Das hier…“ Jeran
schob das Blatt über den Tisch und rückte mit dem Stuhl nach,
sodass er neben ihr saß. „..ist Einbroch.“ Ruîn überflog den
Stadtplan und nickte. „Im Osten der Stadt ist ein großes
Mienengebiet, da wurden früher alle möglichen Metalle und so
abgebaut.“ „Und ihr wollt nun dort hin gehen? Anstatt der
Sohees?“ „Genau.“ Jeran und Duir lächelten. „Öhm, Okay.“ „Na
dann.“ Jeran rollte den Plan zusammen und drückte ihn Duir in
die Hand. „Wir sehen uns heute Abend, dann klären wir, was für
Waffen wir brauchen und so weiter. Jetzt muss ich los, hab ne
Verabredung, bis dann.“ Er winkte und verließ den Raum.
„Endlich Frieden?“ Duir blickte Ruîn leicht überrascht an. „Ja
scheint fast so…“ Ruîn blickte immer noch zur Tür, durch die
Jeran verschwunden war.
Während ihres Trainings im Magma Dungeon dachte Ruîn ein
wenig über die Ereignisse der letzten Nacht nach. Jeran war
eigentlich ziemlich wütend gewesen, als er sie da im PvP Raum
zurückgelassen hatte. Das er nicht einmal ein Wort darüber
gesagt hatte, wunderte sie jetzt schon ein wenig. Er hatte sogar
ihren Namen benutzt und nicht wie sonst immer nur Braut zu ihr
gesagt. „Pass auf, hinter dir!“ Solar stürzte an ihr vorbei und der
Grizzly verfehlte Ruîn nur knapp. Sie riss ihre Dagger herum und
sie töteten das große Freuermonster „Alles in Ordnung? Du
wirkst heute irgendwie so beunruhigt?“ Er blickte sie besorgt an.
„Nein, es ist nichts, ich war nur gerade in Gedanken.“ Sie lächelte
ihm aufmunternd zu und kümmerte sich dann um das Loot des
Grizzlys. Sie musste sich zusammenreisen. In einem Kampf so
nachlässig zu sein, dass kam ja mal gar nicht in Frage. Auch
Solar machte sich nun einige Gedanken um sie, es kam ja nicht
gerade häufig vor das sich Ruîn so unkonzentriert anstellte. Sie
verließen den Dungeon und machten eine kleine Pause am
Eingang zu der Höhle.
„Heute ist wohl nicht so mein Tag zum Trainieren.“ „Soll auch
mal vorkommen.“ Solar kicherte und setzte sich in das kühle
Gras. Er blickte hinüber zur Stadt. „Magst du für heute lieber
aufhören? Wir könnten nach Juno gehen und mal die Stadt
angucken?“ Ruîn zuckte nur mit den Schultern, ihr war es egal.
Also wanderten sie in die Hauptstadt der Schwarzwald Republik
und guckten sich diese mal genauer an. Ruîn musste zugeben,
dass diese schwebende Stadt sehr beeindruckend war. Die
steinernen Gebäude, die Bibliotheken und Monumente zeugten
von dem großen Wissen das hier in der Stadt regierte. Die
Gilde der Sages hatte hier ihren Sitz und viele Wissenschaftler
und Studenten kamen in Scharen hierher um zu forschen.
Als Ruîn sich langsam in den Gemeinschaftsraum schlich, hörte
sie schon am Anfang des langen Flures ein klirrendes Lachen.
Sie betrat den Raum und blickte in die Runde. Neben Duir und
Jeran war noch eine High Priest anwesend, die sie noch nie
gesehen hatte. Sie war also nicht aus der Gilde. „Ah, da ist sie
ja. Jetzt sind wir komplett.“ Jeran kam auf sie zu, erwischte sie
an der Hand und zog sie förmlich zu den anderen hin. Die
Priesterin nickte und öffnete ein Warpportal. „Danke dir, Kleine.“
Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und sie winkte, während er
Ruîn schon in den Warp schob. Der Gemeinschaftsraum der
Gilde verschwamm in einem dunklen, dichten Nebel und ein
beißender Geruch breitete sich aus. „Willkommen in Einbroch.“
Duir hatte sich Binoculars aufgesetzt und sah sich um. „Elende
Industriestadt…“ Jeran deutete in eine Richtung und sie folgten
ihm zum Bahnhof. Von hier pendelten Züge zwischen der Stadt
und dem Mienendorf Einbech hin und her. Sie betraten einen
der Züge und waren froh wieder richtige Luft zu haben. „Was
bitte machen die in dieser Stadt?“ Ruîn hatte das Gefühl, das sie
sich ihre Lunge herausgehustet hatte. „Maschinen, glaube ich
zumindest.“ Duir nickte. „Wennde mich fragst machen die nur
Dreck.“ Jeran zückte seinen Bogen und wischte eine ansehnliche
Menge Staub davon, wahrend Duir nun nach irgendwas kramte.
„Fast vergessen, das wirst du brauchen.“ Damit reichte der
Hunter Ruîn eine rötlich schimmernde Waffe. „Die Monster in
den Mienen haben leider nicht alle dasselbe Element, aber
damit solltest du am besten dran sein.“ Der Zug wurde langsamer
und sie hatte das Mienendorf erreicht.
Es war ziemlich dunkel und man musste höllisch aufpassen, um
nicht über die alten Schienen zu stolpern, die sich durch die langen
Stollen schlängelten. Grüne und roserne Giftwolken zogen ihre
Runden und versuchten die Drei zu vergiften und ihnen die Luft
abzuschnüren. Es war ein anstrengendes Trainingsgebiet, das
musste Ruîn zugeben, allerdings machte es auch unheimlich viel
Spaß. Jeran liebte es die Monster zu ärgern, indem er sich hinter
Kurven versteckte und auf sie schoss, ohne das sie sahen, oder
er lockte sie in die Fallen der Pitman. Das waren Mienengeister,
die in vielen kleinen Wägelchen durch die Stollen fuhren und
mit ihren Spitzhacken auf das Gestein einschlugen. Vom Loot
her lohnte es sich allemal, sie fanden zahlreiche Metalle und
auch die kaputten Spitzhacken konnte man gut verkaufen.
Sie blieben die nächsten paar Nächte in der Miene und ärgerten
die Monster da ein wenig. Dann brachte Duir einige DBs mit
und sie beschlossen diese im PvP Gebiet Payon zu zünden. Dort
gefährdeten sie keine anderen Leute, da ja die Kaframagie am
Werk war.
Es war wohl das witzigste was Ruîn bisher in ihrem Leben
gemacht hatte. Sie hatten fast nur ungefährlich Monster, kleine
aggressive Poringe und Pickies und eine White Plant. Die aus
DBs kommenden Monster waren alle aggressiv und auch die
Plants begannen einen zu verfolgen. Ruîn hatte ihren Spaß mit
der Plant, die sie fast eine halbe Stunde lang hinter sich herzog
und die sie mit einer irren Geschwindigkeit zu schlagen versuchte,
wann immer sie Ruîn zu Nahe kam. Allerdings war es mehr ein
ziemliches kitzeln als schlagen und als Duir das bemerkte, hielten
er und Jeran Ruîn fest, bis diese sich vor lauter Lachen nicht mehr
auf den Beinen halten konnte. „IHR SEIT JA SO GEMEIN!“
Jeran kicherte. „Ja das ist die Rache dafür, das du mir vorhin die
Giant Spider angehängt hast!“ „Vorsicht ich zünde noch ein paar.“
Duir lief ein paar Schritte weiter nach links und zerbrach die
kleinen Äste. Hinter ihm erschienen ein Skelworker, ein Marin,
ein Smokie und ein Pitman. „Ja toll, als ob wir von denen nicht
schon genug gesehen hätten.“ Jeran kicherte und ärgerte die
Monster mit dem Dissonance Song während Duir mit dem Bogen
auf den Skelworker einschlug. „Na los, gib mir ne Card!“ Ruîn
kicherte und ließ sich von dem Marin verfolgen. „Einen hab ich
noch, Achtung!“ Der Ast zerbrach und ein großes Monster mit
einem noch größeren Messer stürzte sich auf die drei. „Oha ein
Bloody Murderer, passt auf!“ Duir legte geschickt einige Fallen
zwischen das Monster und sich und die drei liefen ein Stück weg.
„Ok, ich lege hier noch ein paar Fallen, Ruîn du schleichst dich
im Cloaking zu ihm hin und lockst ihn hier her, verstanden?“ Sie
nickte und wandte sich wieder in Richtung des Monsters. Sie
näherte sich dem Messerschwingenden Ungetüm auf ein paar
Meter und kam dann aus dem Cloaking. Sofort brüllte es auf
und rannte auf sie zu. So schnell Ruîn konnte machte sie kehrt
und lief nach hinten und um die Ecke, das Monster folgte. Es trat
genau in die vorbereiteten Fallen und die beiden Anderen ließen
einen regelrechten Pfeilhagel auf das Monster los. „Ja wir sind
eben gut.“ Jeran nickte und die anderen zwei kicherten. „Ach den
hätten wa stehen lassen sollen, für die nächsten die hier rein
kommen.“ „Ja die hätten sich gefreut.“ Jeran und Ruîn kicherten
und Duir schüttelte leicht verständnislos den Kopf.
Das nächste WoE folgte wieder an einem Sonntag und Duir hatte
zwecks Leader und WoE Besprechung das nächtliche Training
ausfallen lassen. Ruîn stand an der Kafra und stöberte ein wenig
in ihrem, immer voller werdenden Lager, während Solar sich
mit zwei Freunden amüsierte. Sie mobbten die Poringe und Thief
Bugs der Umgebung zusammen und ließen die Käfer dann durch
die kreischenden Priesterinnen der Gilde huschen. „Ich verstehs
nicht, ich verstehs echt nicht.“ Kopfschüttelnd war Jeran neben
ihr aufgetaucht und sie schreckte aus ihren Items hoch. „Hmm,
wie, was?“ „Wieso hast du den da geheiratet?“ „Wie meinste
das?“ Sie blickte ihn fragend an. „Ich habe nicht den Eindruck,
dass er so wirklich zu dir passt.“ Jeran zuckte mit den Schultern
und sie beobachteten Solar dabei, wie er mit einem Thiefbug auf
dem Arm einer Knight hinterherlief. „Naja egal, hier nimm das,
die brauchste.“ Er drückte ihr einige gläserne Fläschchen in die
Hand die mit einer klaren, blauen Flüssigkeit gefüllt waren.
„Coldproofs. Nimmste bevor du in einen Storm Gust rennst.“
Er nickte und wandte sich dann wieder der Leadergruppe zu
die etwas abseits der Anderen standen. Und dann ging es auch
schon los. Wie immer betrat sie die Räume als eine der letzten
und wie immer war auch die Priesterin, deren Namen Ruîn
immer noch nicht kannte, auch bei ihr. Jeran hatte Recht gehabt,
durch die Potions bekam sie viel weniger Schaden, was ein
sehr großer Vorteil war. Sie kämpfte ein wenig mit einem
Hunter, einer Wizzard, einem High Priester und einigen anderen
Leuten, während sie zwischendurch immer mal wieder
hinausteleportiert wurde und dann wieder neu durch die Gänge
der Castles laufen musste. Langsam begann sie sich sogar einige
der Wege zu merken. Schließlich hatten sie es geschafft und
Hong-Roo erobert. Der Empraum des Castles war ziemlich
riesig und die Gänge waren kreisförmig aufgeteilt. Sie nahmen
im mittleren Ring ihre Aufstellung neben dem Emperium ein. Da
es gerade kein Incomming von einer Feindlichen Gilde gab,
und man den Eingang zum Raum aus der Entfernung ziemlich
gut sehen konnte waren die Leute relativ entspannt. Jeran und
die Dancer aus der Allianz hatten angefangen einige Combos
durchzuspielen und Ruîn war echt begeistert von den Songs.
Und sie bemerkte auch, dass Jeran wohl ein Auge auf die Dancer
geworfen hatte. Immer wieder strich er ihr mit der Hand leicht
über ihren Rücken, flüsterte ihr irgendwelche Sachen zu, lächelte
und kicherte mit ihr. Als er zu Ruîn herüberblickte musste sie
lächeln und nickte ihm wissend zu. Er nickte ebenfalls und machte
dann eine recht deutliche Geste hinter dem Rücken der Dancer,
so das Ruîn kichernd den Kopf schütteln musste. Sie drehte sich
um und ließ Jeran mal mit seiner Eroberung in Ruhe, als ihr
Blick auf Solar fiel, der neben dem Emperium stand und ihr
nun einen sehr fragenden Blick zuwarf. „INCOMING!“ Der
Leader deutete zum Eingang des Raumes und alle Anderen fuhren
herum. Jetzt musste es schnell gehen. Die Wizzards casteten ihre
großen Flächenskills und einige der Angreifer waren damit außer
Gefecht gesetzt. Die gegnerischen Tanks allerdings hatten den
inneren Ring erreicht, liefen Ruîn genau in ihr Giftfeld und sie
stürzte sich gleich mal auf den ersten Knight um ihm die Rüstung
zu zerstören. Sie traf ihn drei, vier mal und merkte langsam das
der Schaden den er ihr zufügte, bei weitem höher war als erwartet.
Vielleicht noch ein Schlag dann hatte er sie besiegt. Der Knight
erhob sein Schwert und Ruîn zuckte zusammen, gleich würde sie
wieder auf der Waldlichtung stehen. Die Pfeile schossen nur
haarscharf an Ruîn vorbei und trafen mit voller Wucht auf das
Peco, sodass der Knight einige Meter nach hinten geschleudert
wurde. Dann spürte sie einen kräftigen Ruck der sie nach
hinten zog. „Vorsicht!“ Jeran stürzte an ihr vorbei und Duir
folgte ihm. Sie schafften es den Knight und zwei folgenden
Tanks in Duirs Fallen zu locken und solange festzuhalten bis
Jeran mit der Dancer wieder das Noskill- Lied bei ihnen spielen
konnte. Die Wizzards casteten hinter ihnen und der erste Knight
war sofort eingefroren. Ruîn hatte ihm also die Unfrozen Rüstung
geschrottet. Leider verstand sie immer noch nicht ganz, was da
jetzt im Empraum vor sich ging. Sie hörte zwar einige Befehle
von den verschiedenen Leadern, allerdings konnte sie noch nicht
wirklich abschätzen, welche davon jetzt Sinn hatten und welche
sie nicht befolgen musste. Sie stürzte sich also wieder auf die
Gegner, legte hier und da einige Giftfelder und warf zusätzlich
noch Giftmesser durch die Gegend. Auf einmal, mitten in der
Bewegung verschwamm der Empraum und sie fand sich auf der
Lichtung wieder. Mit allen anderen aus ihrer Gilde.
„Verdammt, die haben getaket.“ Der Leader von Ruins Gilde
schüttelte den Kopf. „Was erwartet ihr denn bitte, wenn ihr
das Emp alleine stehen lässt?“ Jeran war sauer, er stritt sich
noch ein wenig mit dem Leader bis auch Duir und der WoE
Leader der Allianz dazukamen und die Beiden trennten. Ruîn
wandte sich an die Kafra. Es war schon ziemlich spät, das WoE
würde in den nächsten Minuten enden und so wie es aussah, gab
es keine Rewarps mehr zum Castle. Also gab sie ihre WoE
Waffen und die restlichen Coldproofpotions in ihr Lager für das
nächste Mal. Sie blickte sich um, Duir und die Leader waren in
eine hitzige Diskussion vertieft und Jeran war jetzt mit der Dancer
ein wenig abseits der Anderen. „Und wie hats dir gefallen?“ Sie
drehte sich um und Solar stand hinter ihr. „Ach war schon ok.“
„Ein paar Leute aus der Gilde wollen jetzt noch ein wenig ins PvP
gehen, kommst du mit?“ Er deutete hinter sich auf die Beiden, mit
denen er schon vorhin vor dem WoE seinen Spaß gehabt hatte.
Ruîn schüttelte den Kopf. „Nein, das ist nichts für mich, ich werde
zuhause warten, ok?“ Er nickte, irgendwas lag in seinem Blick,
das Ruîn nicht deuten konnte. Er zog sie an sich, umarmte sie und
gab ihr einen Kuss. „Ich liebe dich...“ Damit drehte er sich um
und ging zu seinen Freunden.
Amatsu
Amatsu
Die Bibliothek des Gildenhauses war wirklich nicht zu verachten.
Ruîn wanderte durch die zahlreichen Regale voller altertümlich
aussehender Bücher und studierte einige der Titel. Es gab Bücher
zu den Legenden von Payon, der untergegangenen Stadt Geffenia,
die einmal dort war wo das heutige Geffen lag, die Geschichte
der Zwerge die die vier gottgleichen Items herstellten, die Legende
des großen Satans Morroc, der von dem dunklen Ritter Thanatos
besiegt und eingesperrt wurde. Mit einem großen Stapel Bücher
wanderte Ruîn also zwischen den Regalen hin und her und suchte
sich einen Sitzplatz. Im hinteren Teil der Bibliothek standen drei
große, sehr rustikal aussehende, Polstersessel kreisförmig um eine
Säule. Sie setzte sich in einen von ihnen und begann ein wenig zu
lesen.
Die Sonne versank langsam hinter den großen Stadtmauern von
Prontera und in der Bibliothek wurde es zusehends dunkler. Als
Ruîn trotz einiger Kerzen nichts mehr erkennen konnte, beschloss
sie doch lieber auf ihr Zimmer zu gehen. Die Flure waren beinahe
schon stockdunkel, doch auf dem Balkon im vierten Stock schien
das Mondlich ziemlich hell und man konnte so ziemlich alles
erkennen. Ruîn schlich sich im Cloaking durch den Gang und
hielt inne, als plötzlich eine der Türen weiter vorne im Gang
geöffnet wurde. Es war Jeran. Ruîn drückte sich an die Wand
und hielt den Atem an, damit er sie ja nicht bemerkte. Er war an
die steinerne Brüstung des Balkons getreten und blickte nach
unten auf die Stadt. Außerdem trug er nichts weiter als ein
Handtuch, das er um die Hüften gewickelt hatte. Ja, Ruîn konnte
sich sehr gut vorstellen, warum er bei den Frauen so gut ankam.
Sein feuerrotes Haar hatte Ruîn ja immer schon gefallen, aber
der Rest von ihm war auch nicht gerade zu verachten. Er hatte
breite Schultern, was unter seinen Bardenklamotten ja nicht so
unbedingt auffiel und ziemlich schmale Hüften. Er war beinahe
schon zu dünn, aber eben nur beinahe. Ein leichter Wind zog über
den Balkon und Ruîn fröstelte es leicht. Jeran drehte sich um,
stützte sich mit den Ellenbogen auf die Balustrade und legte den
Kopf in den Nacken. Ruîn bemerkte wie sie direkt Herzklopfen
bekam und drehte sich um. Das konnte doch nun wirklich nicht
wahr sein, das sie hier stand und ausgerechnet Jeran
anschmachtete! Sie warf einen Blick über die Schulter. Er sah
so wahnsinnig erotisch aus, wie er da so mit geschlossenen Augen
stand und Ruîn bemerkte wie ihr Blick langsam nach unten zu
seinem Bauchnabel wanderte. „Was stehst du denn hier so alleine
rum?“ Die Dancer aus der Ally war aus dem Zimmer gekommen
und erwischte Jeran am Arm. „Die Luft hier draußen ist immer
so schön kalt.“ Er lächelte und zupfte ein wenig an der Decke in
die sie gewickelt war, sodass sie spielerisch anfing zu kreischen
und zurück ins Zimmer hüpfte. Als sie die Tür geschlossen hatten,
huschte Ruîn schnell vorbei und lief zur Treppe um in ihr eigenes
Zimmer zu gelangen.
Sie öffnete langsam die Tür uns lauschte, dann trat sie hinein. Es
war leer, Solar war also noch nicht zurück. Ruîn legte sich auf
das Bett und versuchte zu schlafen.
Die nächsten Wochen vergingen wie gewohnt, was für Ruîn hieß,
das sie Tagsüber mit Solar Monster jagte und fleißig trainierte
und in den meisten Nächten mit Duir und Jeran herumstreifte.
Meist fielen ihre nächtlichen Ausflüge an den WoE Tagen aus,
sodas Ruîn dann doch einige Male mit Solar und seinen Freunden
ins PvP ging. Allerdings beteiligte sie sich nicht an den Kämpfen,
sondern spionierte meist nur die Gegner im Cloaking aus. Es
war ja auch sehr überraschend wie wenige Leute die Skills
Sight oder Ruwach einsetzten, mit denen man versteckte
Assass aufdecken konnte. Ab und an traf sich sie mit Isan um
ihr vom Training zu erzählen oder sie zu trösten weil sie ja wegen
dem Baby immer noch nicht schmieden durfte. Ansonsten
verbrachte sie nun gelegentlich einige Zeit in der Bibliothek
und las die Sagen über die großen Dungeons und Städte
Midgards und der Schwarzwald Republik. Sie hatte gerade
die Legende über den Knight Thanatos zu Ende gelesen, als
die letzte Kerze auf dem kleinen Tisch neben ihr langsam zu
flackern anfing. Damit war es wohl an der Zeit in ihr Zimmer
zurückzukehren. Sie packte die Bücher zusammen, die sie rund
um den großen, roten Polstersessel verteilt hatte und verließ die
Bibliothek. Sie wanderte den Steinernen Gang zu ihrem Zimmer
entlang und achtete nicht weiter auf den Weg als sie am Ende
des Ganges plötzlich auf ein Hindernis stieß. „Aua.“ Mit einem
dumpfen Aufprall landete sie unsanft auf ihrem Hintern und
blickte auf die Priesterin die vor ihr saß und ebenso überrascht
dreinblickte. Plötzlich begannen beide zu kichern und die
Priesterin schüttelte den Kopf während sie aufstand. „Tut mir
leid, ich war ganz in Gedanken und habe dich nicht gesehen.“
Sie reichte Ruîn ihre Hand und zog sie wieder auf die Beine.
„Ich doch genauso.“ Sie kicherten wieder Beide und da erkannte
Ruîn sie. Es war die Priesterin mit der sie schon so oft im WoE
zusammen gekämpft hatte. „Ich bin Danu, sehr erfreut.“ „Ja,
Ruîn, auch erfreut.“ Nun wusste sie ja endlich auch mal den
Namen ihrer fleißigen WoE Helferin. „Wir müssen mal zusammen
trainieren gehen.“ Die Priesterin nickte. „Ja, bald mal. Nicht
immer nur im WoE kämpfen.“ Sie kicherten wieder, dann
verabschiedeten sie sich. Ruîn kehrte in ihr Zimmer zurück und
war auch bald eingeschlafen.
Weil es im PvP mal wieder etwas später geworden war, saßen
Solar und Ruîn noch ziemlich spät beim Frühstück. Einige Leute
waren sogar schon dran das Mittagessen zu kochen, was die
beiden aber nicht störte. Solar war dabei ihr zu erzählen wie
sie in der Nacht einen Lord Knight und sogar ein High Wizzard
gelegt hatten und Ruîn nickte ab und zu während sie an einem
Apfel knabberte. Dann betrat Jeran den Raum. Bei ihm war die
High Priesterin, die sie damals nach Einbroch gewarpt hatte. Die
Beiden setzten sich an einen der hinteren Tische und Jeran
zwinkerte Ruîn zu als er sie entdeckt hatte. Sie lächelte und
winkte zurück, dann fiel ihr Blick wieder auf Solar der sie jetzt
irgendwie komisch ansah. „Warum hörst du nicht darauf, wenn
ich dir etwas sage?“ „Hmm, wieso?“ „Ich habe dir jetzt schon
mehrmals gesagt, dass du dich von dem Barden fernhalten sollst.“
Er deutete nach hinten auf Jeran, der gerade damit beschäftigt
war die High Priesterin mit der Schlagsahne seines Kaffees zu
ärgern. „Er und Ich sind Freunde. Was denkst du denn, das er
mit mir anstellen würde?“ Ruîn lehnte sich in ihrem Sessel zurück
und blickte ihn schief an. „Er hat es auch auf verheiratete Frauen
abgesehen- das ist kein Geheimnis.“ Solar stand auf und
erwischte Ruîn am Arm. „Er hat es aber nicht auf mich abgesehen.“
Sie machte keine Anstalten sich zu erheben. „Das sieht aber
irgendwie schon danach aus, wenn du mich fragst!“ Er war
wohl etwas wütend und zog so heftig an Ruins Arm das er sie
glatt aus dem Sessel und beinahe noch auf den Tisch zog. „Das
tut weh!“ Ruîn zog ihren Arm weg und hörte hinten etwas laut
scheppern. Jeran war aufgesprungen und blickte Solar direkt
an. „Entschuldige bitte, das wollte ich nicht.“ Solar hatte beide
Arme erhoben und Ruîn schüttelte den Kopf und schritt an ihm
vorbei zur Tür.
Er folgte ihr und hatte sie im langen steinernen Flur eingeholt.
„Es wäre nicht das erste Mal das er so etwas tut.“ Ruîn drehte
sich zu Solar um und seufzte. „Bei wem hat er es denn gemacht?“
„Bei Raido unserem Leader. Und die Priesterin, die da grade
bei ihm ist, sie hat auch einen Mann. Ich habe sie schon gesehen.“
Ruîn sagte nichts darauf, sie blickte ihn nachdenklich an. Ob er
sich wirklich Sorgen um sie machte? „Er ist bei sehr vielen für
seine Frauengeschichten bekannt und ich sehe ja, dass er mit
dir redet. Ich möchte nicht das du darauf reinfällst.“ Sie schüttelte
den Kopf. „Mach dir keine Sorgen, auf so was falle ich nicht
rein.“ Nicht noch einmal jedenfalls, fügte sie im Gedanken noch
hinzu.
Während des nächsten WoEs beobachtete Ruîn aufmerksam
Jeran und den Leader der Gilde. Gut, sie schienen sich die
gesamte Zeit darüber zu streiten, welches wohl die beste Strategie
einer guten Def im Empraum wäre, aber sonst fiel ihr eigentlich
nichts Bestimmtes auf. Ob das mit der Frau stimmte? Sie blickte
nach hinten zu Solar der wieder am Emperium stand, bereit es
jederzeit zu breaken wenn das Incomming zu groß wurde. Er
hatte eigentlich keinen Grund sie anzulügen. Sie huschte neben
der Dancerin an den Eingang des Raumes um ein Giftfeld zu
legen. Die Zeitspanne zwischen den No-Skill Combos war nicht
recht lang darum musste sie sich beeilen. Sie zerbrach den
Gemstone und das Feld breitete sich kreuzförmig neben dem
Eingang aus. „Nächstes Mal bitte noch ein wenig weiter vorne,
dann erwischt es jeden gleich und man kann nicht schnell nach
hinten ausweichen.“ Jeran zwinkerte ihr zu und Ruîn nickte. „Ok
mach ich.“ Sie schlängelte sich zwischen den Beiden durch und
stellte sich wieder hinter dem Song auf ihre Position. Dieses Mal
schien ihn die Dancer nicht mehr so wirklich zu interessieren. Sie
versuchte zwar immer wieder mit ihm zu reden, aber er nickte nur
hin und wieder und schrie meist mit den WoE Leadern irgendwelche
Anweisungen hin und her.
Ruîn atmete befreit auf. Mal wieder ein WoE überstanden. Sie
wandte sich an die Kafra um ihr Equip bis zum nächsten Mal im
Lager zu verstauen. Solar und seine Freunde standen ein wenig
abseits und waren in ein angeregtes Gespräch vertieft. Gleich
würden sie sicher wieder ins PvP gehen wollen. Sie seufzte. In
dem Moment als Solar sich zu ihr umdrehte erwischte sie etwas
an der Hand und zog sie mit sich. „Waa…!“ „Pssst, komm mit,
schneller!“ Jeran drängelte sich mit ihr durch einige Leute der Ally
und sie liefen einem Knight und seinem Peco hinterher bis nach
Prontera. An der Westkafra angekommen blieb Jeran so abrupt
stehen, das Ruîn beinahe in ihn reinknallte. „Vorsicht.“ Er kicherte
und blickte sich eingehendst auf dem Platz um. „Da drüben- ein
Warpportal!“ Er zog Ruin weiter mit sich und die Stadt verlief vor
ihren Augen zu einem rosa Schleier.
„Oh Amatus, wie cool.“ Jeran winkte der Acolytin, die den Warp
in Prontera geöffnet hatte, und nun etwas verwirrt auf ihre beiden
Mitreisenden blickte, fröhlich zu und zog Ruîn dann munter weiter.
„Hmm, bitte wo sind wir?“ Die Assassine blickte sich neugierig
um, sie befanden sich anscheinend an einer Küste denn man hörte
in der nähe Wasser rauschen und die Luft war mit Salz erfüllt. Die
Gebäude um sie herum waren aus hellem Holz mit blauen
Verziehrungen. Jeran überlegte kurz dann deutete er nach rechts.
„Hier kann man aber ziemlich gut Essen. Möchtest du?“ Sie nickte
und ließ sich von ihm zu einem, mit Strohballen gedecktem
Holzhaus führen.
„Das muss man mal gekostet haben, is doch lecker oder?“ Die
Beiden saßen an einem niedrigen Lacktisch mit goldenen
Verziehrungen und hatten eine Sushiplatte vor sich. „Ungewöhnlich,
aber gut.“ Ruîn hatte so ihre Schwierigkeiten mit den Essstäbchen.
Sie unterhielten sich über alle möglichen Dinge und Ruîn war
erstaunt darüber, wie einfach es eigentlich war sich mit Jeran zu
unterhalten. Er kannte wahnsinnig viele WoE Anekdoten und
spannende Partygeschichten. Sie ließen sich die kleinen
Reiskuchen, die sie zum Nachtisch bestellt hatten in einem
seidenartigen, weißem Papier einpacken und verließen das Lokal.
Die ersten Sterne schimmerten schon am wolkenlosen Himmel
und sie wanderten ein wenig durch die Stadt, während Jeran ihr
von dem großen Schlachtfeld hinter dem Schloss erzählte, bis sie
an einen Park mit zahlreichen Kirschbäumen gelangten. Ein
besonders großer Baum überragte die anderen auf einem kleinen
Hügel, zu diesem wanderten sie nun langsam hin. Ruîn betrachtete
das Meer, das man im Süden erkennen konnte, und indem sich
nun den letzten Sonnenstrahlen spiegelten. „Sag mal, stimmt es
eigentlich, dass du unserem Leader die Frau ausgespannt hast?“
„Hmm, erzählt man sich das so?“ Jeran seufzte. Die Beiden
setzten sich unter den großen Baum in das saftige weiche Grass
und einige der Blüten wehten an ihnen vorüber. „Zu so etwas
gehören immer Zwei, vergiss das nicht.“ Ruîn nickte. Sie wusste
nur zu gut was er damit meinte.
„Wieso bist du verheiratet?“ Jeran schüttelte leicht den Kopf
und beugte sich zu ihr herüber. Noch bevor Ruîn reagieren
konnte, ließ er seine Hand über ihre Wange gleiten und zog sie
zu sich. Seine Lippen waren angenehm weich und so sanft das
Ruin gedankenlos ihren Mund öffnete und ihn mit ihrer Zunge
spielen ließ. Erst als sie seine Hand auf ihrem Rücken fühlte wurde
ihr bewusst, was sie da eigentlich gerade tat. „Nein!“ Mit einem
Satz sprang sie auf ihre Beine und eine Paar Schritte den Hügel
hinunter. „Es tut mir Leid, ehrlich!“ Jeran war ebenfalls
aufgesprungen und wollte zu ihr herunter kommen. Sie schüttelte
den Kopf. „Nie wieder!“ Er nickte. „Versprochen, ich mach das
nie wieder, bitte glaub mir.“ Er war stehen geblieben und blickte
sie an. Ruîn hatte beide Arme erhoben um ihm zu deuten, dass
er da bleiben sollte, wo er jetzt war und machte einige Schritte
nach hinten. Dann drehte sie sich um und rannte in Richtung Küste
davon.
Happy Birthday
Happy Birthday
Da die Kafras in Amatsu keine Warps zum Festland anboten
und sie in ihrem Lager keine Butterflywings mehr hatte, blieb
Ruîn nichts anderes übrig als mit dem Boot nach Alberta
überzusetzen. Jeran betrat das Deck einige Minuten nach ihr und
stellte sich neben sie. Die Beiden sprachen die gesamte Fahrt über
kein Wort miteinander. Auch in Alberta an der Kafra und in
Prontera auf dem Weg zum Gildenhaus schwieg Ruîn. Sie musste
ihre Gedanken sammeln. Was da in Amatsu geschehen war, war
so ziemlich das Letzte gewesen, mit dem sie gerechnet hatte. Hatte
Solar Recht gehabt und Jeran wollte sie doch nur verführen?
Konnte sie sich den so in ihm geirrt haben? Oder war es nur die
ganze romantische Atmosphäre in Amatsu gewesen? Immerhin
waren sie doch Freunde. Oder? Sie war ein paar Schritte hinter
Jeran zurückgeblieben und betrachtete ihn nachdenklich. Was
wenn sie nicht verheiratet wäre? Was wenn er und sie… „Ich
entschuldige mich noch mal, ich wollte dich wirklich nicht
erschrecken und so.“ Er hielt ihr die massive Holztüre des
Gildenhauses auf und nickte leicht. „Vergessen wir´s einfach.“
Sie ging an ihm vorbei und versuchte ihn nicht anzublicken, aber
sie konnte hören was er noch sagte, bevor die Tür hinter ihm ins
Schloss fiel. „Es war ernst gemeint…“
Als Ruin die Tür zu ihrem Zimmer öffnete war es drinnen dunkel.
Solar war also noch mit seinen Freunden im PvP. Sie wollte
gerade das Licht neben dem Bett entzünden, als sich am Fenster
etwas bewegte. Reflexartig griff Ruin nach einem der Giftmesser,
die sie unter ihrem Kissen für solche Fälle deponiert hatte. „Auch
mal wieder da, hmm?“ Es war Solar. Sie ließ das Messer sinken
und schüttelte den Kopf. „Erschreck mich doch nicht so.“ Sie
schloss kurz die Augen, als sie der erste Lichtstrahl der Lampe
traf. „Was sollte das heute?“ Solar hatte die Arme verschränkt
und lehnte am Fenstersims. „Haust einfach ohne ein Wort ab und
treibst dich mit diesem Ehebrecher wer weiß wo herum!“ Ruîn
nickte leicht und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Ich will
nicht, dass du dich mit dem jemals wieder triffst!“ Mit einer
schnellen Bewegung hatte sie die Lampe wieder gelöscht und
trat auf Solar zu. Noch bevor er wieder etwas sagen konnte,
packte Ruîn ihn am Kragen und küsste ihn. Sogar im Dunkeln
konnte sie sein verdutztes Gesicht erkennen, aber sie würde sich
jetzt sicherlich keine Vorwürfe mehr von ihm anhören. Mit einem
kräftigen Ruck drehte sie ihn herum und stieß ihn gegen das Bett.
Sie drückte ihn nach unten und setzte sich auf Solars Schoß.
„Ich…“ Mit einer geschickten Handbewegung hatte sie seinen
Schulterschutz geöffnet. „habe…“ Langsam wickelte sie ihre
Armbandagen auf. „Nichts…“ Mit einer fließenden Bewegung
hatte sie sich ihres Oberteils entledigt und führte Solars Hände
über ihren Oberkörper. „mit Jeran…“ Sie zog ihn zu sich hoch
und küsste ihn. „Gar nichts.“ Solar ließ sich nach hinten fallen. Es
war das erste Mal, dass Ruîn sich ihm von sich aus genähert hatte.
Er konnte ihre Umrisse im Dunkeln gut erkennen und beobachtete
sie genau dabei, wie sie nun ihre und seine Kleider auf dem
Boden verteilte. Gut, er würde das Thema Jeran für heute Nacht
mal ausnahmsweise vergessen.
Ruîn hatte ein wenig Angst, sich am nächsten Morgen im
Gemeinschaftsraum blicken zu lassen. Irgendwie hatte sie keine
Ahnung, wie sie sich Jeran gegenüber verhalten sollte. Zum
Glück war wenigstens Solar nicht dabei. Sie hatte zwar versucht
ihn zu wecken, aber da er nur unter der Decke hervorgeknurrt
hatte, war sie halt ohne ihn gegangen. Zu ihrem Glück war der
Raum weitgehendst Leer. Im hinteren Teil unterhielt sich der
Gildenleader mit einem Fremden Lord Knight und in der Mitte
tratschten zwei Wizzards lautstark miteinander. „Oh, hallo. Guten
Morgen.“ Neben der Tür saß Duir und blätterte in einem großen
alten Buch. Sie winkte leicht, setzte sich zu ihm und versuchte
einen Blick auf den Buchtitel zu werfen. „Ein Buch über die
Legende von Thanatos.“ „Hmm, ahja…“ Er hatte ihr den dicken
Wälzer über den kleinen Tisch geschoben damit sie ihn sich
ansehen konnte. „Ich glaub, das hab ich schon einmal gesehen…“
Ruîn versuchte sich an all die Bücher zu erinnern, die sie in der
Gildenbibliothek schon mal in der Hand gehabt hatte. „Das kann
ich dir nicht sagen. Auch einen Herbtea?“ Duir war aufgestanden
und wandte sich nach einem Nicken von Ruîn dem hinteren Teil
des Raumes zu. Während er dort mit Tassen schepperte, blätterte
Ruîn ein wenig in der Legende herum, bis sie sich sicher war das
Buch schon mal gelesen zu haben. Der Hunter kam langsam
wieder zurück und blieb kurz vor ihrem Tisch stehen. „Na wen
haben wir denn da.“ Ruin folgte seinem Blick nach Draußen in
die Eingangshalle des Hauses, wo gerade Jeran erschienen war.
Er hatte eine in, wie Ruin fand, quitsch-rosa gekleidete,
blauhaarige Acolytin bei sich, die er nun umarmte und küsste.
Dann flüsterte er ihr etwas ins Ohr, was sie zu einem hellen
Kichern verleitete während sie einen Warp öffnete und darin
verschwand.
„Hey Leute!“ Er winkte ihnen zu, setzte sich zwischen die Beiden
und wandte sich an Duir. „Du, sofort Eispfeile einpacken, ich hab
ne Thors Party organisiert.“ Dann drehte er sich zu Ruin. „Du,
das WoE in 2 Wochen abwarten, ich hab ne richtige PvP Waffe
für dich.“ Er lehnte sich zurück, erhob die Arme über den Kopf
und streckte sich genüsslich. „Na los, los, ihr dürft mir schon
sagen das ich gut bin.“ „Ja, Meister.“ Duir musste kichern und
gab ihm einen Klaps auf die Schulter. „Bin gleich fertig.“ Er
wandte sich an Tür und verließ den Raum. „Aber Ifrit nicht
vergessen!“ Rief Jeran noch hinterher dann wandte er sich an
Ruin. „Ist aber leider nur leihweise für ein WoE, aber da können
wir dann sehen, ob es dir was bringt. Mit nen paar Hydra Cards.
Und ich will dich nie wieder ohne Unfrozen Rüstung sehen, ist
das klar?“ Er kicherte und Ruîn nickte. „Waaaasss für ne
grauenhafte Nacht…“ Er ließ den Kopf auf die Tischplatte fallen
und Ruîn zog schnell ihre Teetasse außer Reichweite. „Ich glaube
ich habe bis 5 Uhr früh in Comodo getanzt, und dann weckt die
mich auch noch so früh, weil sie unbedingt zu einer Lvl Party
muss…“ „Ahja.“ Er blickte sie von unten herauf an und grinste
süffisant. „Na solange du mich nicht willst, muss ich mich ja
irgendwie ablenken.“ Ruîn schüttelte den Kopf, konnte sich aber
ein Kichern nicht verkneifen. „Solange sagst du. Ahhhja.“ „Ja
genau.“ Er streckte ihr die Zunge heraus, stand dann auf und
winkte. „Und Unfrozen besorgen, bis später.“ Ruîn seufzte. Die
Erinnerung an Amatsu war noch so klar und deutlich, das sie
beinahe noch Jerans Lippen auf den ihren fühlen konnte. Sie trank
schnell den Tee aus und wollte wieder nach oben in ihr Zimmer
gehen, als Raido neben ihr stand. „Hallo, sag mal ist für heute was
geplant worden?“ „Hmmm? Geplant?“ Ruîn sah ihren Gildenleader
verdutzt an. „Na wegen dem Geburtstag, sollen wir uns alle
einfach hier nen bisschen versammeln oder feiert ihr alleine?“
Langsam dämmerte ihr was er meinte. „Ähm, ich weiß von nichts
das musst du Solar fragen.“ Sie stand auf winkte und verließ
fluchtartig das Gildenhaus. Sie musste schnell zu Isan.
„Und du hast das wirklich nicht gewusst?“ Isan schüttelte den
Kopf und rührte andächtig in einer Schüssel. „Ich mein, er ist
immerhin dein Ehemann.“ „Ich hab keine Ahnung, das hat er mir
sicher schon mal erzählt, aber alles kann ich mir auch nicht
merken.“ Ruîn war dabei Äpfel zu schälen und in kleine Stückchen
zu hacken. Sie waren dabei schnell einen Apfelkuchen für Solar
zu zaubern, vielleicht konnte Ruîn so ja kaschieren das sie keine
Ahnung von seinem Geburtstag gehabt hatte.
„Nee, machs noch mal.“ Ruîn schüttelte den Kopf und Isan
seufzte. „… 16, 17, 18, Neeeuuunnzzzeeehhhhn. Glaub mir
es wird nicht mehr, auch wenn ich noch sooft zähle.“ Sie kicherte
und schob Ruîn ein Stück Kuchen vor die Nase. „Ist dir klar,
dass ich geschlagene VIER Jahre älter bin als mein Mann?“ Sie
hatte zwar schon geahnt, dass er ein wenig Jünger war, aber das
es gleich Vier ganze Jahre waren, hatte sie nicht gewusst. Sie
ärgerte sich das sie ihm nicht besser zugehört hatte bei seinen
Erzählungen. „Ach das ist doch nicht schlimm, guck mich an, ich
bin Neun Jahre Jünger als der Kerl da.“ Isan deutete nach hinten
in den großen Saal, wo sich ihr Ehemann Thuris gerade mit Jeran
und Duir unterhielt. Sie waren im Gemeinschaftsraum der Gilde
um hier Solars Geburtstag ein wenig bei Torte und Kuchen zu
feiern. Dieser stand gerade ein wenig abseits und unterhielt sich
lautstark mit seinen PvP Freunden. Er hatte sich sehr über Ruîns
Apfelkuchen gefreut und so war sie noch mal recht glimpflich
davongekommen, allerdings hatte sie sich das Datum nun endlich
mal notiert.
Langsam wanderte Ruîn den langen Säulengang entlang, der den
Gemeinschaftsraum mit einigen anderen Räumen, unter anderem
der Bibliothek, verband. Es war schon recht spät und seit Isan
mit ihrem Mann die Party verlassen hatte, langweilte sie sich ein
wenig. Solar und seine Freunde waren immer noch in ihre PvP
Geschichten vertieft und da hatte Ruîn ja nicht wirklich was
beizutragen. Sie lehnte sich an das steinerne Geländer und blickte
nach oben zum Himmel. Über den Dächern der umliegenden
Gebäude konnte man sogar die Sterne ganz gut sehen. „So im
Mondlicht siehst du sogar noch schöner aus als sonst...“ Leicht
erschrocken fuhr Ruîn herum und blickte Jeran an. „Ist das deine
romantische Ader die da spricht?“ Er grinste. „Nah, das würd ich
jetzt nicht unbedingt sagen.“ Er war neben sie getreten und stützte
sich mit beiden Armen auf der Brüstung ab. Sie beobachteten ein
wenig den nächtlichen Himmel und genossen den kühlen Wind
der hin und wieder zwischen den Säulen wehte. Dann bemerkte
Ruîn das Jeran nicht mehr die Sterne, sondern sie betrachtete. Als
er es merkte huschte ein lächeln über seine Lippen. „Keine
Angst…“ Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „… ich
halte mein Versprechen.“ Sie nickte langsam und drehte sich ein
wenig von ihm weg. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und
schloss die Augen. Ein leichter Wind durchstreifte den langen
Gang und ließ eine leichte Gänsehaut auf ihren Armen zurück.
Dann stand Jeran hinter ihr. Seine Hände fuhren über ihre Hüften
und er zog sie an sich. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und
ließ sich ein wenig im Arm halten. Es war eine sehr angenehme
Wärme die sie nun durchströmte, während sie seinem ruhigen
Atem lauschte.
Helios
Helios
Die nächsten paar Tage ließ Duir zugunsten einiger Gildenlvlevents
das nächtliche Training ausfallen, sodass Ruîn sich ein wenig mehr
als sonst mit Solar beschäftigte. Dieser schien, den Göttern sei
Dank, das Thema Jeran erstmal auf Eis gelegt zu haben, da er
Ruîn gegenüber nichts mehr davon erwähnte. Na gut, da sie sich
auch nicht mit ihm traf, hatte er ja auch keinen Grund dazu. Sie
trainierten nun in der untersten Höhle des Payon Dungeons. Die
Monster dort waren nicht wirklich eine Herausforderung, aber
sie hatten es ja auch in erster Linie auf die Items abgesehen. Von
einigen der Monster konnte man sogar kleine Goldbarren
bekommen, die sie dann immer von Isan verkaufen ließen.
Zahlreiche Ninetails huschten zwischen den Ruinen eines alten
Schreins umher und immer wieder sah man in der Dunkelheit
die blauen Lichter der Horongs aufblitzen. Sie mussten sich nur
vor der flinken Moonlight Flower in Acht nehmen. Sie war die
Wächterin des alten Heiligtums und kündigte sich immer mit ihrer
großen goldenen Glocke lautstark an wenn sie in der Nähe war.
So konnte man praktischerweise einen schönen großen Bogen
um sie laufen.
Pünktlich zum angekündigten WoE bekam Ruîn dann auch die
versprochene Waffe von Jeran. Sie bezweifelte zwar, dass sie
überhaupt einen Unterschied bemerken würde, aber versuchen
konnte man es ja mal. „Ist halt leider nur für dieses eine Mal.“
Sie betrachtete die glänzende Klinge des Kurzschwertes und
überlegte sich, welches ihrer Eigenen sie noch mitnehmen sollte.
„Und? Wo treibt sich dein Mann herum?“ Jeran blickte sie ein
wenig von oben herab an. „Hmmm…“ Ruîn deutete nur leicht mit
dem Kopf nach hinten in Richtung Prontera Culberts und fuhr
damit fort ihre Waffen gegeneinander abzuwägen. Am Eingang
des Dungeons waren einige Gildenmitglieder dabei Thief Bugs hin
und her zu jagen. Solar war auch dabei. „Schon mal vom Teufel
in Niffelheim gehört?“ „Hmmm? Wer trainiert in Niffl?“ Ruîn blickte
von ihren Waffen auf und Jeran seufzte. „Ach nicht so wichtig,
komm mit es geht los.“ Er deutete zu den Leadern die ein wenig
Abseits gerade den Befehl für die Warps gaben. Wie üblich waren
sie wieder im Gebiet der Prontera Castles unterwegs, die Ruin
inzwischen schon ganz gut kannte. Die Leaderin der Allianz hatte
sich für dieses Mal Kriemhild ausgesucht. Sie stürmten einige Male
in das Castle und kloppten sich mit einigen Gilden ihre Größe.
Kämpfe unter gleich starken Gilden waren immer die interessantesten,
weil es da vor allem auf das Können der einzelnen Mitglieder
ankam. Meist übernahm in so einem Fall Duir die Führung und
schickte seine Leute gekonnt in die einzelnen Kämpfe. Waren
die Gegner allerdings zu Zahlreich oder von ihrem Können her
zu Überlegen brach er die Kämpfe ab. Man musste ja nicht
sinnlos Potions und Items verschwenden. Heute allerdings lief
es ganz gut. Sie wechselten sich im Castlebesitz mit einer anderen,
ähnlich organisierten Gilde ab und übten sich so ganz gut am
Empraum deffen. Ruîn stand die meiste Zeit mit Solar in der
Mitte des Saales am Emperium um es im Notfall noch zerstören
zu können. Dadurch wurden sämtliche Gegner aus dem Schloß
gewarpt und man hatte ein wenig Zeit gerettet. Diesmal hatten
sie es allerdings ohne das breaken geschafft, die meisten ihrer
Gegner aus dem Empraum zu werfen und so tobten nur noch
einige vereinzelte Kämpfe, als plötzliche ein Highwizzard im
Eingang erschien den Ruîn irgendwoher kannte. Sein Storm
Gust fegte sofort einige Mitglieder der Allianz aus dem Castle
bevor Jeran ihn mit einigen schnellen Pfeilen am weiteren casten
hindern konnte. Als die Priesterin den Raum betrat wusste Ruîn
wessen Gilde sie nun gegenüber standen. Als er zusammen mit
drei weitern Peco Reitern in den Empraum kam preschte Ruîn
nach vorne. Duir und Jeran hatten den Highwizzard gelegt und
sie hörte Raido einige Befehle schreien, als sicher noch um die 20
weitere feindliche Gildenmitglieder den Empraum stürmten. Aber
das war ihr nun ziemlich egal. Als er sie entdeckte huschte ein
überraschter Ausdruck über sein Gesicht dann grinste er. Auch
Ruîn konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie über das
Geländer sprang und direkt vor seinem Peco zum stehen kam.
Mit einem schnellen Satz rammte sie dem Reittier die erste Waffe
tief in die Seite, zog sich daran hoch und stieß ihre Zweite direkt
in Helios Hals. Sie wusste zwar, das sie viel zu schwach war, um
gegen ihn eine Chance zu haben, aber sie schaffte es trotzdem ihn
durch ihren Schwung von dem Peco zu werfen. Seine Frau war
gleich neben ihnen und belegte Ruin mit dem Mute Fluch. So
konnte sie keine ihrer Spezialfähigkeiten einsetzen. Helios ergriff
sie und warf Ruîn zu Boden. Sie spürte wie der erneute Storm
Gust ihr beinahe die letzten Kräfte raubte. Nun zog Helios langsam
sein Schwert und kam durch die wirbelnden Schneeflocken auf sie
zu. Er grinste immer noch als er sich über sie beugte und sie am
Hals packte. „Na so einfach ist das nicht, meine Süße.“ Dann
stieß er ihr das Schwert zwischen die Rippen und der Empraum
verschwamm zur bekannten Waldlichtung bei den Culberts.
Neben Ruîn tauchten nun immer mehr Member ihrer Allianz hier
auf. Helios Gilde hatten sie förmlich überrannt. „VERDAMMT!
Was machen die hier in Prontera? Die haben doch ein Geffen
Invest.“ Duir und Raido scheuchten die anderen Mitglieder
zusammen. „Wenn es nur ein Späher Trupp ist können wir sie
vielleicht besiegen. Los alle wieder rein!“ Jeran deutete den
Priestern die Warps wieder zu öffnen und als Raido nickte, lief
Ruîn als eine der Ersten wieder los. Der Eingangsbereich des
Castles war fast völlig leer. Sie kamen beinahe bis vor den
Emperiumraum bevor sie auf die ersten Feinde trafen. Zwei
Highwizzards casteten hinter einem Scolar nach vorne, der unter
ihnen einen Land Protector gelegt hatte, um sie vor feindlichen
Zaubern zu schützen. Vier Peco Reiter hatten hinter ihnen gewartet
und kamen nun nach vorne um anzugreifen. Helios war einer von
ihnen. Raido deutete seinen Reitern nach vorne zu preschen und
die anderen liefen nach links und rechts, um sie von den Seiten her
anzugreifen. Ruîn folgte den Pecos, obwohl sie genau wusste, dass
sie das nicht durfte. „RUÎN, sofort nach rechts!“ Raido deutete
zu den anderen hinüber. „NEIN!“ Als Helios sie sah stoppte er
und sprang von seinem Reittier. Der Lord Knight neben ihr lenkte
zu Ruîn hin um Helios angreifen zu können doch sie stieß sich
gegen sein Reitier. „Was machst du da?!“ „DER GEHÖRT MIR!“
Auf ihrer linken Seite prallten die Reiter nun zusammen und der
Kampf begann. Helios nickte amüsiert und winkte sie zu sich.
„Zeig mir was du kannst!“ „Keine Skills!“ Ruîn zückte ihre Waffen
und Helios erhob sein Schwert. Er war stark, sie konnte seine
Schläge kaum blocken, aber dafür sie war schnell. Immer wieder
gingen seine Hiebe ins Leere. Als sie der Meteorstorm des
Highwizzards traf, war sie für einen Moment abgelenkt und Helios
packte sie am Arm und zog sie an sich. Sie stand mit dem Rücken
zu ihm und konnte sehen wie er sein Schwert an ihren Hals hob.
Mit letzter Kraft trat sie ihm heftig gegen das Schienbein und er
lockerte seinen Griff. Sie fuhr herum und stieß ihm ihre Dolche
gegen die Seite. Sie wusste, dass seine Rüstung dort etwas
schwächer war, aber sie hatte nicht genug Kraft um sie zu zerstören.
Aber wenigstens wollte sie ihn aus dem Gleichgewicht bringen,
wenn er stürzte hatte sie vielleicht eine Chance. Sie hieb mehrmals
kräftig auf ihn ein, aber er blockte sie geschickt ab. Dann trafen
die Pfeile. Helios wurde ein Stück nach hinten geschleudert und
Ruîn fuhr herum. „Geh zurück!“ Jeran kam auf sie zu und schoss
einen Pfeil nach dem anderen auf den Paladin ab. „Nein!“ Sie
wollte ihn am weiterschiessen hindern, doch der gegnerische
Scolar war schneller. Der Fireball traf Ruîn, ohne das sie ihn
überhaupt gesehen hatte und schon stand sie wieder auf der
Waldlichtung. „VERDAMMT!“ Sie warf ihre beiden Waffen vor
sich auf den Boden und stampfte sauer hin und her bis die anderen
Gildenmitglieder erschienen.
„Ruîn, was bitte sollte das?“ Raido kam zu ihr aber sie stieß den
Champ zur Seite und ging direkt auf Jeran zu. „Wieso hast du das
gemacht?“ Sie war wütend. „Weil du keine Chance gegen einen
Paladin hast, auch wenn er sich nicht selbst heilt!“ Jeran war ein
wenig verwirrt. Was zur Hölle hatte sie sich bei diesem Kampf nur
gedacht? „Das ist meine Sache, da hast du dich nicht einzumischen!“
Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn und wischte einige Haare
aus ihrem Blickfeld, sie musste sich beruhigen. „Und was hast du
davon wenn du sinnlos stirbst?“ „RUHE DAHINTEN!“ Duir kam
auf die Beiden zu. „Wir gehen da sowieso nicht mehr rein, also ist
es egal!“ „Wieso nicht?“ Ruîn schüttelte den Kopf. „Weil es die
ganze Gilde und nicht nur ein Späh Trupp ist. Die sind eine
Nummer zu groß für uns.“ Raido winkte die anderen Member
zu sich. Sie suchten sich nun ein neues Schloss aus und schickten
ihre Kundschafter los. Ruîn ließ sich ins kühle Graß fallen und
überlegte. „Was war das eben da drinnen?“ Solar stand neben ihr.
„Ein Kampf! Das nennt man PvP!“ Sie stand auf und erwischte
ihre Waffen. Die ersten Späher waren zurück und es ging weiter.
Das restliche WoE verging etwas ruhiger. Sie kämpften sich durch
Skogul und hielten das Castle sogar für eine ganze Weile, bevor sie
kurz vor dem Ende von einer größeren Allianz überrannt wurden.
Ruîn hielt sich während dem Deffen von Jeran fern, aber sie
merkte, dass er sie beobachtete. Natürlich war ihr klar, dass sie
gegen einen Kämpfer wie Helios nicht gewinnen konnte, aber sie
hätte sich sicherlich noch eine Weile gegen ihn zur Wehr setzen
können, wenn er nicht eingegriffen hätte.
Als das WoE zu Ende war, drückte sie alle ihre Waffen Duir in
die Hand und verließ den Gildeplatz ohne ein Wort in Richtung
des Westtors von Prontera. An der Kafra war, wie immer nach
einem WoE, sehr viel los und Ruîn musste sich durch eine Menge
Leute und Händlershops drängeln. Sie bemerkte nicht mal, dass
ihr jemand folgte. An dem Gildengebäude hatte sich in der ganzen
Zeit, in der sie nicht mehr hier gewesen war, nichts verändert,
auch der große Baum stand noch an Ort und Stelle. An den
knorrigen Stamm gelehnt beobachtete sie das Treiben rund um
den Platz vor dem Haus. Die meisten Gildenmitglieder kamen
wohl gerade von der Kafra und einige Partys wurden besprochen.
Dann sah sie Helios. Er sprach mit einer Sniper, seine Frau war
nicht zu sehen. Das Mädchen kicherte als sie vor dem Haus
stehen blieben und zog ihn zu sich herunter, damit sie ihm was
ins Ohr flüstern konnte. Ruîn musste sich sehr bemühen um ein
Lachen zu unterdrücken. Als sie ihn im WoE wieder gesehen
hatte, waren einige ihrer alten Gefühle wieder hochgekommen,
aber wenn sie ihn nun so mit der Sniper beobachtete… Sie liebte
ihn nicht. Als er sie entdeckte ließ er seine Begleiterin mitten im
Satz stehen und kam zu Ruîn herüber. „Wie lange ist das her, dass
du zu mir gekommen bist?“ Er ergriff sie am Arm und wollte sie
umarmen aber Ruîn drückte ihn weg und schüttelte den Kopf.
„Nanana, das kannst du deiner kleinen Freundin da doch nicht
antun.“ Sie lächelte und wanderte ein Stück um den Baum herum.
„Ach das lass mal schön meine Sorge sein…“ Er hatte den Baum
auf der anderen Seite umrundet und sie standen sich nun gegenüber.
„Ist schon bald ein ganzes Jahr her.“ Ruîn versuchte ihn daran zu
hindern sie zu umarmen was zur Folge hatte das er nun ihre beiden
Hände hielt. „Das ist viel zu lange…“ Er zog sie an sich aber sie
senkte den Kopf sodass er sie nicht küssen konnte. Es war wirklich
sehr lange her das sie ihm so nahe gewesen war und sie musste
zugeben, dass sie sehr wohl ein wenig Lust hatte ihn zu küssen.
Aber sie hatte sich geschworen Solar nicht mit Helios zu betrügen.
Langsam zog sie ihre Hände zurück. „Lass die Kleine nicht
warten.“ Sie winkte ihm zu und wandte sich ab. „Jetzt warte
doch mal.“ Helios wollte sie zurückhalten, aber sie war schon
zwischen den Menschen auf der Hauptstrasse verschwunden.
Er seufzte und wandet sich dem Gildenhaus zu, wo die Sniper
mit sehr interessiertem Blick auf ihn wartete.
„Kein PvP Heute?“ Ruîn hatte ihr Zimmer betreten und blickte
auf Solar, der auf dem Bett saß und wohl auf sie gewartet hatte.
„Was war das heute im WoE und jetzt?“ Ruîn schüttelte den Kopf.
Warum musste Solar auch immer so neugierig sein? Sie setzte
sich auf den Fenstersims und blickte nach unten über die Stadt-
mauer. „Ich kannte den Paladin, das war alles.“ „Du kennst ihn?“
Solar war aufgestanden und wanderte langsam zu ihr herüber. „Ja,
und bevor du wieder damit anfängst- ich habe auch nichts mit
ihm.“ Er kniete sich vor Ruîn hin. „Das habe ich nicht gemeint.
Ich habe mir nur Sorgen gemacht, du warst ja wie ausgewechselt.“
Er fuhr mit seinen Händen über ihre Oberschenkel, aber seinem
Blick nach zu Urteilen machte er sich wirklich nur Sorgen. Ruîn
seufzte. „Und nur deswegen sitzt du hier rum, anstatt mit deinen
Freunden im PvP deinen Spaß zu haben?“ Er zuckte mit den
Schultern und sie schüttelte den Kopf. „Ach hau schon ab, killt
ein paar feindliche Gildenmember und mach dir keine Gedanken
mehr.“ Sie scheuchte ihn trotz einiger Gegenwehr zur Tür. „Jaja,
ist ja schon gut, ich gehe, aber willst du nicht mitkommen?“ „Nein,
ich gehe lieber in die Bibliothek und lese noch etwas.“ Sie gab ihm
einen Kuss und schob Solar zur Tür hinaus. Sie schüttelte den
Kopf. Ruîn mochte Solar, sie hatte ihn sogar ziemlich gerne, aber
irgendwie wurde sie dieses Gefühl nicht los. Das Gefühl, ihn als
eine Art kleinen Bruder zu betrachten. Sie wickelte ihre Arm-
schoner auf und ließ auch ihre Schulterrüstung im Zimmer zurück
als sie sich in die Gildenbibliothek aufmachte.
Über die Stadt Geffen waren zahlreiche Legenden im Umlauf.
Die bekannteste befasste sich mit einem großen Krieg, in dem
die Stadt Geffenia quasi über Nacht vom Erdboden verschwand.
Tief unter den Katakomben der Magiergilde im heutigen Geffen
konnte man immer noch die alten Ruinen der Stadt finden. Aber
die Monster, die nun dort hausten, waren sehr Gefährlich und
nicht viele Abenteurer die dorthin aufgebrochen waren, kamen
auch wieder zurück. Ruîn klappte das riesige, alte Buch zu und
betrachtete den Stapel der noch vor ihr auf dem Tisch stand. Sie
ergriff die ersten drei Bücher und machte sich daran sie zurück-
zubringen. Sie wanderte zwischen den Regalen hin und her und sah
sich hin und wieder einige der Einbände näher an. Es war schon
ziemlich Dunkel, aber noch reichte das Kerzenlicht zum lesen. Vor
einiger Zeit war noch ein Sage im vorderen Teil der Bibliothek
gewesen, doch nun sah es so aus als ob Ruîn alleine war. Sie stellte
gerade das letzte Buch ins Regal als sie die Tür hörte. Ein wenig
neugierig blickte sie um die Ecke.
Es war Jeran. Trotz des schummrigen Lichtes hatte sie ihn sofort
erkannt. Als er sie sah schloss er die Türe und kam auf sie zu.
Aber es war nicht so wie sonst. Da war etwas in seinem Blick
das Ruîn einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Er
streifte im Vorbeigehen mit der rechten Hand über einen der Tische
und warf alle Bücher und eine der Kerzen hinunter. Sein Blick war
ganz auf Ruîn fixiert und unbewusst trat sie einen Schritt nach
hinten. Dann war er bei ihr. Sie trat noch einen Schritt zurück
und spürte die Wand hinter sich. Ruîn hob die Hand aber er war
schneller. Er erwischte sie am Handgelenk und drückte sie gegen
die kalte, steinerne Mauer. Er packte auch ihre andere Hand und
führte sie nach oben. Mit ihren Fingern konnte sie die Fugen
zwischen den Mauersteinen fühlen. Sie sahen sich an. Seine
Stirn berührte die ihre und sie konnte sehen, dass seine Lippen
zitterten. „Deinen Ehemann akzeptiere ich. Das muss ich ja wohl…“
Sie hatte das Gefühl das ihr das Herz bis zum Hals schlug. Sein
Griff um ihre rechte Hand lockerte sich, dann ließ er sie los.
„Aber diesen Paladin da, das akzeptiere ich nicht!“ Er streifte ihr
langsam über die Wange, dann erwischte er sie am Kinn, zog ihren
Kopf hoch und küsste sie. Es war ein wilder und harter Kuss und
Ruîn krallte sich an seiner Schulter fest. Jeran ließ auch ihre
andere Hand los als er sie erneut küsste. Diesmal aber viel sanfter
und weicher, beinahe wie damals in Amatsu. Seine Hände
streiften ihren Oberkörper entlang nach unten, er umarmte sie
und zog sie an sich. „Das mit dem Paladin ist schon lange vorbei...“
Er sah sie an und Ruîn schüttelte langsam den Kopf. Als er sie
erneut küsste schloss sie die Augen und umarmte ihn ebenfalls.
Sie ließ ihren Kopf nach hinten fallen und Jeran küsste sie am
Hals. „Damals kannten wir uns noch nicht...“ Seine weichen
Lippen und sein heißer Atem an ihrer Haut ließen eine Gänsehaut
an ihrem ganzen Körper entstehen. Wie war es nur möglich, dass
nur ein paar Küsse von Jeran so etwas bei ihr auslösen konnten?
Gemächlich glitten seine Finger nach unten und sie konnte seine
Fingernägel an ihren Oberschenkeln spüren. Dann packte er sie
und hob Ruîn hoch. Sie schlang ihre Beine um seine Hüften und
er wanderte mit ihr zu dem Tisch wo er sie langsam wieder
absetzte. Er streifte ihr die Träger ihres Oberteils von den
Schultern und liebkoste sie dabei am Hals. Ruîn ließ sich nach
hinten fallen und seine Hände streiften über ihren Oberkörper.
Geschickt löste er die Bandagen ihres Oberteils und zog den
Stoff auseinander. Sie schloss die Augen und genoss seine
Berührungen in vollen Zügen. Jeran beugte sich über sie und
streifte mit den Fingern sanft über ihren Hals und über ihr Gesicht.
Langsam hob Ruîn ihre Hand und legte sie um seinen Hals. Er sah
sie an. Plötzlich huschte ein leicht entsetzter Ausdruck über sein
Gesicht. Er zog seine Hand zurück und wandte sich von ihr ab.
„Verdammt…“ Hastig fuhr er sich mehrmals durch die Haare
und wanderte dabei hin und her. „Es tut mir leid, ich habe mein
Versprechen gebrochen…“ „Nein, nein, das muss es nicht.“
Ruîn war ein wenig verwirrt, schnell sammelte sie die Bandagen
ihrer Kleidung zusammen. Jeran sah sie an und schüttelte den
Kopf. „Tut mir wirklich Leid…“ Damit drehte er sich um und
verließ die Bibliothek.
Zurück in ihrem Zimmer setzte sich Ruîn auf den hinteren
Fenstersims und blickte nach draußen in die Dunkelheit. Das
Glas war angenehm kalt und sie hoffte es würde ihre innere
Hitze ein wenig dämpfen. Sie seufzte, das war wirklich knapp
gewesen. Beinahe hätte sie ihren Ehemann betrogen. Sie wollte
ihm das wirklich nicht antun. Immerhin hatte sie ihn ja wirklich
sehr gerne.
Als Solar von seinem PvP Ausflug zurückkam, saß sie immer
noch am Fenster. „Hallo! Also heute hast du echt was verpasst,
da war ne große Party mit sicherlich 6-7 Leuten…“ Er wandere
aufgedreht im Zimmer hin und her und verteilte dabei seine Waffen
und einige Teile seiner Rüstung. „Wir haben zwar gedacht davon
schaffen wir eh keinen, weil halt viele Rebis und so…“ Er war vor
ihr stehen geblieben und fuchtelte nun ein wenig umständlich mit
seinen Armen vor ihr herum. „Mhm, ja, und wie gings weiter?“
Ruîn nickte hin und wieder während sie Solars lautstarken
Erzählungen lauschte und ihm dabei zusah, wie er ihr alles mit
Händen und Füßen zeigte, aber dabei irgendwie überhaupt nichts
richtig mitbekam. Nach einiger Zeit hörte er damit auf imaginäre
Kämpfe nachzustellen und kam zu ihr. Er erwischte ihre Hände,
zog sie auf die Beine und wanderte mit ihr hinüber zum Bett. Ruîn
wusste was er von ihr wollte und es wäre sicherlich unfair gewesen,
sich nach alledem was vorhin gewesen war, dagegen zu sträuben.
Jeran
Jeran
Die nächsten paar Tage bekam Ruîn Jeran überhaupt nicht mehr
zu Gesicht. Sie hörte nur von Duir das er eine längerfristige
Trainingsparty angenommen hatte. Naja, so konnte sie ihre Zeit
wenigstens dadurch nutzen, sich auf ihr eigenes Training zu
konzentrieren. Nach einiger Zeit des Itemsammelns in den
düsteren Höhlen von Payon brauchte Ruîn mal wieder etwas
Licht. Nach einigem rätseln wo man sowohl ein wenig Geld
machen, als auch etwas trainieren konnte, landeten sie auf einem
sonnigen Hochtal nahe der Stadt Rachel wo sie die Vogel-
ähnlichen Hill Winds jagten.
„Irgendwie bist du in der letzten Zeit viel besser geworden.“ Sie
saßen unter einem Baum, nahe einer Hügelklippe und verstauten
gerade ein paar Items. „Keine Ahnung.“ Ruîn zuckte mit den
Schultern und betrachtete eine der Hill Wind Federn die in
mehreren Farben schimmerten. „Doch, ich find schon, du wirst
sicher vor mir zum Rebirth dürfen. Das wird vielleicht süß, wenn
du dann eine High Thief bist.“ Solar grinste und Ruîn schüttelte
den Kopf, musste dann aber doch lächeln. Teilweise hatte er
sogar Recht. Sie war wirklich besser geworden. Das lag
vermutlich an dem ganzen zusätzlichen Training mit Jeran und
Duir. „Wir werden ja sehen.“ Damit erhob sie sich und zückte
ihre Waffen. Sie wollte mit dem Training fortfahren. Sie
kämpften sich Richtung Osten bis zum Grenzposten von
Arunafeltz durch, das dort an die Schwarzwaldrepublik grenzte.
Von dort war es nicht mehr weit bis zur Stadt Lighthalzen.
Aber sie beschlossen trotzdem für die Nächte lieber zurück
nach Prontera zu reisen. Die Monster in der Gegend waren zu
gefährlich, als das man dort im freien Übernachten konnte, und
in einem Hotel der nahen Städte würden sie nur unnötig Geld
ausgeben.
Langsam wurde es hell in ihrem Zimmer und Ruîn guckte
unmotiviert unter ihrer Decke hervor. Die letzten Tage hatte
sie sich morgens immer ein wenig matt gefühlt. Sie musste sich
endlich mal angewöhnen früher einzuschlafen. Sie drehte sich
um und blickte in Solars grinsendes Gesicht. „Guuuuuten
Moooorgen!“ „Bäh.“ Sie zog sich die Decke wieder über den
Kopf und drehte sich weg. „Ach komm, is nen schöner Tag,
die Sonne scheint…“ „Und die Vögel zwitschern, jaja, mir egal.“
Sonst war sie es eigentlich immer gewesen die in aller herrgotts-
frühe als erste aufgesprungen war, aber heute hatte sie dazu echt
keine Lust. Solar zerrte noch ein wenig an ihr herum bis er
schließlich aufgab und das Zimmer verließ. Ruîn betrachtete die
hellen Reflexionen des Fensters, die langsam über den steinernen
Boden in Richtung des Bettes wanderten und beschloss
aufzustehen wenn sie eben jenes erreichten.
Den ganzen Tag über fühlte sie sich kraftlos und schlecht
und das Training war in diesem Zustand wirklich sehr
anstrengend gewesen. Erst zum Abendessen ging es ihr dann
wieder einigermaßen gut. Während Ruîn etwas lustlos an einem
Apfel knabberte nahm sie sich vor ein paar Tage lang ihr
nächtliches Zusatztraining etwas zu kürzen. Immerhin konnte
das ja so nicht weitergehen. Bei ihnen am Tisch saßen noch
ein paar von Solars Pvp Freunden die in eifrige Erzählungen
vertieft waren. Als sie gerade fertig war hörte sie jemanden
von draußen ihren Namen rufen. Auch Solar hatte das bemerkte
und sie guckten beide zum großen Tor das in die Vorhalle führte.
Mit einem kräftigen Ruck flog die große hölzerne Türe auf und
Jeran stürzte förmlich herein. „RUIN!! Es ist soweit!“ Er kam
an ihren Tisch, ergriff Ruîns Hände und zog sie auf die Beine
ehe diese auch nur einmal blinzeln konnte. „Isan bekommt ihr
Kind! Ich war mit Thuris in einer Trainingsparty, er ist schon
bei ihr, komm beeil dich!“ „Waaass echt? Wurd ja auch Zeit!“
Ruîn kicherte und stürmte mit Jeran zur Tür. „Wartet nicht auf
mich!“ Damit winkte sie Solar und den anderen an dem Tisch
zum Abschied nochmals zu.
Es dauerte bis in die frühen Morgenstunden. Jeran und Ruîn
saßen im Flur des Gildenhauses und beobachteten das hin und
her Eilen der verschiedensten Leute. Aus Juno war ein sehr
bekannter Professor gerufen worden und dieser hatte auch gleich
zwei Hebammen mitgebracht. Je länger sie warteten desto
nervöser wurde Ruîn. Als sie endlich die ersten krähenden
Schreie hörten, kam eine der Frauen aus dem Zimmer und
winkte ihnen zu. „Es ist ein gesunder Junge, sie können jetzt
rein!“ So schnell sie konnte stürzte Ruîn ins Zimmer und warf
dabei beinahe die Hebamme um. Sie setzte sich zu Isan ans
Kopfende und umarmte ihre Freundin. „Jetzt sag bloß nicht das
ihr da draußen die ganze Zeit meinem höllischen Geschrei
zugehört habt.“ Isan hatte noch immer ein mit tränen überströmtes
Gesicht und Ruîn fuhr ihr mit einem kalten Tuch über die Stirn.
„Ach so schlimm wars nicht, und jetzt hast du ja endlich alles
überstanden.“ „Nyo ich würd halt nur gern auch mal mein Kind
sehen.“ Sie deutete nach hinten wo ihr Ehemann mit ihrem
neuen Sohn hin und her wanderte und nun mit Jeran zusammen
Grimassen schnitt. „Nyaaa, Männer halt…“ Die beiden Frauen
schüttelten ihre Köpfe.
Ruîn blieb die nächsten paar Tage bei Isan um ihr ein wenig zu
helfen. Solar war zwar ein wenig enttäuscht, das sie nicht
wenigstens zuhause schlafen wollte, aber die Aussicht auf ein
paar durchgemachte PvP Nächte mit seinen Freunden war
dann durchaus auch verlockend. Während sich ihr Mann um
das Kind kümmerte, hatte die Assassine alle Mühe damit die
Blacksmith von ihren Schmiedeutensilien fernzuhalten. Der
Arzt hatte nämlich darauf bestanden das sich Isan noch einen
Monat zu schonen hatte. Zum nächsten Woe wollte Ruîn dann
wieder zu ihrer Gilde zurückkehren. Sie und Isan schliefen bis
der Kleine nach einem langen Spaziergang endlich sein
Mittagessen haben wollte. „Ich sags dir, das wird ein Merchant,
das kann ich fühlen.“ Isan hatte ihren Sohn an der Brust und
nickte selbstgerecht während Ruîn Thuris ignorierte, der hinter
ihnen heftig den Kopf schüttelte und dann an sich auf und ab
zeigte, um ihr zu deutet das sein Sohn sicherlich mal in seine
Fußstapfen treten würde. Dann begannen sie langsam damit ein,
schon etwas spätes Mittagessen zu kochen. Während Ruîn
und Isan einige Früchte als Nachtisch zusammen schnibbelten
kam Jeran um sie abzuholen. Er war auch in den letzten Tagen
immer wieder vorbeigekommen und hatte sich dann
hauptsächlich mit Isans Ehemann um eine zukünftige
Trainingspartyplanung gekümmert. So setzten sie sich auch
jetzt gleich wieder zusammen und gingen einige Möglichkeiten
durch. „Sind sie nicht süß die zwei?“ Isan kicherte und naschte
an einer Grape. „Mhmm.“ Ruîn war sich da nicht so sicher. Die
Blacksmith beugte sich zu ihr und fuhr in leiserem Ton fort.
„Weißt du, die Entscheidungen die wir mit dem Kopf treffen
sind nicht immer die Richtigen.“ Ruîn hielt inne und blickte sie
fragend an. Was meinte sie denn damit? „Man muss auch mal
auf sein Herz hören.“ Mit einer schnellen Bewegung fegte Isan
einige Reste zur Seite und schnappte sich das Tablett mit den
Früchten. Vorsichtig balancierte sie ihr Werk an den Tisch und
winkte dann Ruîn ihr endlich zu folgen.
Es wurde dann doch ein wenig später als geplant als Jeran und
Ruîn schließlich zu ihrem Gildenhaus aufbrachen. Isans Worte
hängten ihr noch nach, da sie sich nicht vorstellen konnte was
diese damit gemeint hatte. Sie betrachtete Jeran der lächelnd
neben ihr in der beginnenden Dämmerung herspazierte. Sie hatte
Gefühle für ihn das konnte sie nicht leugnen. Aber was das für
welche waren, das wusste sie nicht. Als sie das große Haus
erreichten war es verdächtig still. In der Eingangshalle und dem
Gemeinschaftsraum war kein Mensch zu sehen. „Oha, sind wohl
schon alle am WoE Treffpunkt. Wir sind zu spät.“ Jeran zuckte
mit den Schultern und wandte sich an die Treppe. „Nur noch
kurz was holen und umziehen.“ Ruîn nickte während er die
Treppen nach oben sprang. Sie wanderte eine Runde durch den
Raum und als sie wieder an die Treppe kam, wurde ihr klar das
sie Jerans Zimmer noch nie gesehen hatte. Na gut, als sie
langsam die Stufen nach oben wanderte, musste sie sich
eingestehen das sie außer ihrem eigenen Raum eigentlich gar
keinen der anderen kannte. Gemächlich lief sie den langen
Säulengang entlang und blieb einen Augenblick vor der
geöffneten Tür stehen bevor sie hinein blickte. Der Barde war
nirgends zu sehen. Vermutlich war er im Bad. Der Raum so an
sich sah fast genauso aus wie Ruîns. Etwas kleiner vielleicht und
mit etwas anderen Möbeln. Allerdings war das Bett ein wenig
größer und hatte vier große Pfosten an den Ecken. Diese zogen
Ruîns Aufmerksamkeit sofort auf sich. Sie reichten beinahe bis
an die Decke und waren über und über mit tiefen Einschnitten
versehen. Alles mehr oder weniger gerade Linien die anscheinend
von oben nach unten eingeritzt worden waren. Es mussten wohl
über hundert davon sein. Sie fuhr langsam mit den Fingern
darüber, einige sahen irgendwie älter aus als andere. Plötzlich
hörte sie die Bodendielen im Flur knarren und fuhr herum. Jeran
stand in der Tür.
Gefühle
Gefühle
„Na ist dir unten langweilig geworden?“ Er grinste und warf einige
seiner Klamotten auf das Bett. Wie sie es sich schon gedacht hatte,
war er im großen Bad am Ende des Ganges gewesen. Anscheinend
hatte er seinen Kopf unter Wasser gehalten, denn sein Haar war
komplett nass. Zu allem Überfluss war er auch noch oben herum nackt
und Ruîn konnte förmlich spüren wie ihr Gesicht rot anlief. Er stand
nun dicht vor ihr und betrachtete sie eingehend. Ruîn wollte ihren Blick
senken aber er hielt sie gefangen. Das rote Haar funkelte im Licht der
untergehen Sonne und seine eisblauen Augen hielten sie förmlich fest.
Sie fühlte die kalten Wassertropfen auf ihren Wangen als er sie langsam
an sich zog. „Wir müssen nicht unbedingt zum WoE…“ Er schüttelte
gemächlich den Kopf und Ruîn schloss die Augen. Seine Lippen waren
so unglaublich weich und seine Hände verursachten eine rege Gänsehaut
auf ihrem ganzen Rücken. Drei, Vier Küsse lang versuchte sie sich ein
wenig von ihm abzuwenden, doch dann erwischte Jeran ihre rechte
Hand und zog sie nach oben. Er küsste ihre Finger, die Handfläche,
das Handgelenk und dann wieder ihre Lippen. Ihre Hand hielt er
solange an seiner Schulter bis er sich sicher war, das sie sie auch
dort lassen würde. Er musste lächeln, es war gar nicht so einfach sie
dazu zu bringen ihn zu umarmen. Da Ruîn nicht trainieren gewesen war,
trug sie noch keine Rüstungsteile und keine Bandagen, lediglich ihren
leichten lilafarbenen Body und die Assassinen Strümpfe. So war es ein
leichtes für Jeran an ihre nackte Haut zu gelangen. Er küsste ihren Hals
und streifte ihr das Oberteil von den Schultern. Ruîn ließ ihre Hände
über seinen Nacken streifen, seine Haut war heiß, genauso wie seine
Küsse. Langsam drängte er sie ein wenig nach hinten. Erst ein Schritt,
dann ein weiterer, bis sie plötzlich an etwas anstieß. Etwas erschrocken
ließ sie sich nach hinten fallen und fand sich auf dem Bett wieder. Jeran
lächelte leicht, ergriff mit einer Hand eine der Bettstangen nahe der
Decke und blickte sie an. Ruîn konnte ihren Herzschlag beinahe
schon hören, so nervös war sie unter seinem durchdringenden Blick.
Auch sie betrachtete ihn nun eingehend, seine breiten Schultern,
sein durchtrainierter, schlanker Oberkörper und seine schmalen
Hüften, und obwohl sie ihn schon einmal so gesehen hatte, war es
nun etwas vollkommen anderes. Er ließ die Stange los und kniete
sich auf das Bett. Einen leisen Fluchtgedanken wegschiebend ließ
sich Ruîn nach hinten fallen und schloss die Augen. Seine Hände
wanderten über ihre Beine nach oben zu ihren Knien, wo es ein wenig
kitzelte, und dann weiter über ihre Oberschenkel bis zu ihren Hüften.
Dann spürte sie seine Lippen an ihrem Bauchnabel. Sanft glitten seine
Fingerspitzen über ihren nackten Oberkörper während er sich immer
weiter nach oben tastete. Dann lag er auf ihr. Sie schlang ihre Arme
um seinen Hals und sie küssten sich. Erst ganz langsam und sanft,
dann immer wilder und fordernder. Ruîn krallte sich an seiner
Schulter fest und warf den Kopf nach hinten. Sie hatte das Gefühl
das ihr schier die Luft weg blieb. Wie machte er das nur? Warum
hatte sie so etwas nicht schon vorher gefühlt? Bei Helios oder bei
Solar? Was war hier nur so anders? Jeran küsste sie am Hals und
seine Hand glitt langsam an ihr nach unten. Er wusste genau was
er da tat. Er wusste ganz genau wie er sie verführen konnte. Und
mit einem Mal wurde Ruîn klar, was diese ganzen Einkerbungen
an den Pfosten bedeuteten. Entsetzt schob sie Jeran von sich weg
und starrte auf die ganzen Einschnitte. „Was…?“ Er folgte ihrem
Blick und an seinen Augen konnte sie genau erkennen, dass sie
Recht hatte. Er schüttelte heftig den Kopf während Ruîn aufsprang
und ihr Oberteil wieder anzog. „Nein!“ Sie stürzte an die Tür und
kämpfte mit den Tränen. „Ich werde sicherlich nicht zu einer Markierung
an deinem Bett werden!“ „Nein so ist das nicht!“ Doch sie schüttelte
nur den Kopf und verschwand im Flur. So schnell sie konnte lief sie
aus dem Gildenhaus und hinüber zum WoE Treffpunkt. Was zum
Teufel hatte sie sich bloß wieder dabei gedacht? Sie wusste doch
ganz genau das Jeran mit allen Frauen spielte. Nur weil sie zusammen
in der Gilde waren und gemeinsam trainierten machte sie das noch
lange nicht zu einer Ausnahme. Sie musste sich abreagieren.
Sie musste irgendwen töten.
Die nächsten paar Tage hielt sich Ruîn so weit es ging von Jeran fern.
Tagsüber war das kein Problem da sie ja sowieso mit Solar in der
Gegend um Lighthalzen unterwegs war, aber beim nächtlichen
Training war es leider unmöglich. Da sie nicht darauf verzichten
wollte schleppte sie schließlich Danu als neutrale Bufferzone mit.
Die junge Priesterin war sehr erfreut das sie mitgehen konnte und
schien sich zudem noch blendend mit Duir zu verstehen. Von Jeran
hielt sie sich ein wenig entfernt. Sie waren an der Küste nahe Alberta
unterwegs wo sie Nine Tails und Dragonflys jagten. Mit der
Unterstützung einer tatkräftigen Priesterin war das natürlich eine leichte
Übung. Gegen drei Uhr morgens entfachten sie ein kleines Feuer an
den Klippen. Duir und Jeran durchsuchten das Loot um einige neue
Pfeile herstellen zu können und Danu setzte sich neben Ruîn auf die
andere Seite des Feuers. Der Rauch hatte eine sehr abschreckende
Wirkung auf die Dragonflys, so dass sie sich ein wenig entspannen
konnten. Während sie die beiden Männer dabei beobachteten wie
sie ihre Pfeile bastelten beugte sich Danu zu Ruîn und deutete auf
Jeran. „Das weiß aus der Gilde sonst keiner, aber er ist der Grund
dafür gewesen das ich damals beigetreten bin…“ „Hmm?“ Ruîn
war überrascht. „Ich habe ihn in Comodo auf einem Fest kennen
gelernt, wir haben getanzt…“ Ein leichter Wind wehte vom Meer
herüber und ließ einige Funken in der Dunkelheit umherfliegen.
„Er hat mich verführt. Und ich bin ihm in die Gilde gefolgt.
Aber als er mich dann wieder gesehen hat…“ Danu schüttelte
den Kopf und lächelte. „Er hat nichts gesagt, ich glaube er
konnte sich gar nicht mehr an mich erinnern.“ Die Priesterin
seufzte und Ruîn nickte. „Das kann ich mir gut vorstellen. Diese
Männer, alles Schweine.“ Beide kicherten, doch dann schüttelte
Danu ihren braunen Lockenkopf. „Nein, nicht alle…“ Sie blickte
durch das Feuer und Ruîn bemerkte das es nicht Jeran war,
den sie ansah. In der Nähe bellte ein Ninetail und so erhoben
sie sich um es in der Dunkelheit zu suchen, nicht das es sie
plötzlich aus dem Hinterhalt angriff. Einzelne dieser kleinen
Monster waren zwar kein Problem aber bei größeren Mobs
mussten sie ein wenig Acht geben das es sich nicht um den
großen Boss des Waldes, Eddga, handelte. Dieser Bär war
immer mit einigen Ninetails in diesem Gebiet unterwegs und
etwas gefährlich. Sie kämpften sich langsam in Richtung Osten
vor und Ruîn merkte das Jeran immer in ihrer Nähe war. Er passte
auf wenn sie Kämpfte, er hielt ihr die größeren Mobs vom Hals
und fing sie auf als sie, peinlicherweise, in der Dunkelheit über einen
Baumstumpf stolperte. „Vorsicht…“ „Mist! Ja ich hab das nicht
gesehen.“ Er sah sie nicht an, aber er behielt ihre Hand in seiner.
Die Gruppe erreichte eine kleine steinerne Hausruine auf einer
Anhöhe. In einiger Entfernung den Hügel hinunter, konnte man
die Lichter der Handelstadt erkennen. „Pause, ich mag nicht
mehr!“ Duir gähnte und ließ sich auf einen großen Felsen fallen.
Danu nickte, ließ sich neben ihm auf dem Boden nieder und
kontrollierte ihren Gemstones Vorrat. Ruîn zog ihre Hand
aus Jerans und wanderte nach vorne an die steinernen
Überreste eines Fensters. Sie blickte nach unten in die
Dunkelheit des Waldes und die Lichter der Stadt die durch
diese hindurch schimmerten. „Damit du eines weißt, ich
hatte niemals vor dich an dem Pfosten zu verewigen. Das
ist vorbei.“ Jeran war neben ihr und folgte ihrem Blick zu
den Lichtern. Sie sagte nichts und senkte den Kopf auf ihre
Arme, die sie an den Steinresten abgestützt hatte. Er tat es ihr
gleich und sie blickten sich an. „Sieht dir gar nicht ähnlich,
Leute wegen ihrer Vergangenheit zu verurteilen.“ „Vergangenheit,
hmmm?“ Sie stand auf und schüttelte den Kopf. „Ja vielleicht
tue ich das…“ Langsam ließ sie sich auf dem steinernen Boden
der alten Hausruine nieder und blickte nach oben zu den
Sternen. In der ferne hörte sie Danu kichern die sich wohl
mit Duir unterhielt. Dann war Jeran wieder neben ihr. Er
deutete nach oben. „Siehst du die Sterne dort? Wenn du
genau hinsiehst sehen die aus wie ein Aco.“ „Meinst du?“
Die Assassine kniff die Augen zusammen. „Ja und da drüben,
siehst du, das ist ein Poring.“ „Hmmm ja, mit viel Fantasie.“
Sie kicherte und schüttelte den Kopf.
Sie waren weit länger als geplant unterwegs gewesen und der
neue Tag war schon längst hereingebrochen als sich die vier
Kämpfer endlich wieder in Prontera einfanden. „Voll
Schlimm, gleich beginnt ja schon unsere Thors Party.“
Jeran hängte sich an Duirs Hals. „Als ob das deine erste
durchgemachte Nacht wäre.“ Der Hunter schüttelte den
Kopf und die Mädels kicherten. Während Jeran und Duir
sich gleich zum Partytreffpunkt aufmachten betraten Danu
und Ruîn das Gildengebäude. Sie wollten sich noch ein
wenig hinlegen. Als Ruîn ihr Zimmer betrat war Solar natürlich
schon längst wach. Es saß am Fenster und war sichtlich sauer.
„Warum bist du mitten in der Nacht abgehauen?“ Ruîn
seufzte. „Ich konnte eben nicht schlafen.“ „Du hättest mich
doch auch wecken können!“ Sie mochte es gar nicht
wenn er so laut wurde. „Es reicht doch wenn ich nicht
schlafen kann.“ Sie regte sich ja auch nicht auf wenn
er lange im PvP unterwegs war. „Außerdem weißt du
ganz genau was ich von dem Barden halte!“ Er war
aufgestanden und deutete aus dem Fenster. Er hatte
sie also gesehen. „Wir waren ja nicht alleine unterwegs!“
Langsam bekam sie Kopfschmerzen. „Oder hast du nun
auch noch was gegen Duir?“ Sie blickte ihn streng von
oben herab an, was nicht sonderlich schwer war, da sie
auch ohne ihre hohen Schuhe ein paar Zentimeter größer
war als Solar. „Nein gegen ihn habe ich nichts.“ Er schüttelte
den Kopf. „Aber…“ „Habe ich jemals irgendetwas gegen
einen deiner Freunde gesagt?“ Nun war sie wirklich wütend.
„Gibt es irgendetwas das ich dir verbiete?“ Jetzt trat er einen
Schritt zurück. Das sie sich so lautstark verteidigte war neu.
Sie schloss die Augen, etwas stimmte nicht. Sie atmete ein
paar Mal tief durch aber es half nicht. „Ich sage ja auch nicht
das ich dir etwas verbieten will oder so.“ Nun klang Solar
ein wenig kleinlaut. „Aber ich kenne diesen Kerl halt schon
länger als du.“ „Wir sind aber nur Freunde uns sonst gar
nichts!“ Schrie Ruîn nun viel lauter als eigentlich beabsichtigt.
Und plötzlich krampfe sich alles in ihr zusammen und sie
sank auf die Knie. Solar war entsetzt und sprang auf sie zu.
„Lass mich!“ Sie hieb mit der Faust auf den Boden, die
Schmerzen waren höllisch. „Nein, du musst aufstehen,
komm mit.“ Mit Solars Hilfe schaffe sie es auf die Beine
zu kommen und er führte sie ans Bett. „Leg dich hin, ich
hole Hilfe!“ Damit rannte er auch schon los. Ruîn schloss
erneut die Augen und versuchte nochmals tief durchzuatmen.
Ganz langsam ließ der Schmerz nach. Was war das bloß
gewesen? Konnte man durch Wut solche Schmerzen
bekommen? Als Solar mit einem fremden Scolar und
einer Alchemistin aus der Gilde wieder zurückkam, saß
sie schon wieder auf dem Rand des Bettes. Sie bestand
zwar darauf, das es ihr wieder gut ginge, bekam aber
trotzdem von der Alche einen sehr widerlich schmeckenden
Kräutertrunk für den Magen verabreicht. Naja wenigstens
hatte sich der Streit mit Solar erledigt.
Als sie sich am folgenden Morgen immer noch irgendwie
schlecht fühlte, beschloss Ruîn am nächsten Tag die Ärzte
in Juno aufzusuchen. Vielleicht hatte sie sich irgendeine Grippe
eingefangen. Sie wollte nur nicht das heutige Gildenevent
verpassen. Duir hatte es geplant um die Gildenkasse mal
wieder etwas aufzustocken. Beinahe die komplette Gilde
versammelte sich also gegen Mittag in der großen Eingangshalle
und wartete auf die Warps. Irgendwie fand es Ruîn passend,
dass es in die Nähe von Juno ging. Duir wollte dort unterhalb
des El Mes Plateaus die Goats wegen ihrer Herbs jagen.
Es machte allen eine Menge Spaß die einzelnen Monster
umherzujagen, kleinere Gruppen in den Storm Gust der
Wizzards zu mobben und gelegentlich beim Anblick einer
der seltenen Harpyen mit gespieltem Entsetzen herumzuschreien.
Duir stand am oberen Ende des Hügels und schickte gekonnt
einige Leute hin und her, während Jeran zwischen den einzelnen
Wizzards und Priestern hin und her wanderte und mal hier,
mal da ein Bragi erklingen ließ. Wenn er an Ruîn vorbei kam,
versorgte er sie immer mit den neuesten Informationen über
die verschiedensten Gildenmitgliedern die er gerade sehen
konnte. „Die da hinten haben schon fast 100 blue Herbs,
das wird ein nettes WoE geben.“ „Unsere Dancer da oben
kann einfach nicht den Takt halten, wie soll ich da ne Combo
mit ihr spielen?“ „Duir sind die Fallen ausgegangen, warte,
ich muss ihn mal kurz auslachen gehen.“ Ruîn hatte wirklich
ihren Spaß. Die Kämpfe mit den Goats waren zwar etwas
anstrengend aber durchaus schaffbar. Sie musste nur aufpassen,
dass sie sie mit ihren harten Hörnern nicht stunnten. So was
konnte böse enden.
Sie jagten die Goats bis in die frühen Abendstunden und
machten gelegentlich ein paar Pausen während ein oder
zwei Gildenmitglieder das bereits gesammelte Loot nach
Juno, und damit an das nächste Kafralager schafften. Bei
manchen Leuten war schon etwas Langeweile sichtbar. So
auch bei Solar und einigen seiner Freunden. Sie hatten sich
ein wenig abseits hingesetzt und besprachen wohl ihren
nächsten PvP Ausflug. Ruîn kämpfte gerade mit zwei Goats
und Jeran spielte neben ihr den Assassin Song of Sunset
welcher eine sehr antreibende Wirkung hatte. Als die
Monster besiegt waren wandte sich Jeran mit einem Bragi
an einige andere Leute der Gilde die gerade in der nähe
aufgetaucht waren. Ruîn sammelte ein paar Herbs auf
wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Irgendwie
war es gerade sehr anstrengend gewesen und sie hatte
den ganzen Tag über immer mal wieder einen stechenden
Schmerz in der Magengegend verspürt. Auch jetzt hatte
es plötzlich wieder angefangen. Sie fühlte sich auf einmal
sehr benebelt und stützte die Hände auf den Oberschenkeln ab.
Und dann sah sie es. Auf ihren Schuhen waren Blutflecken.
Sie bemerkte wie sie Herzklopfen bekam. Auch ihre
Bandagen an den Unterschenkeln waren Blutgetränkt.
Sie hob die Hände und betrachtete die nassen, roten
Handflächen. „Jeran…“ Sie konnte den Rücken des Barden
einige Meter vor sich sehen. Ruîn schloss die Augen.
„Jeran!“ Er hatte sich gerade mit einem Goat angelegt
und wollte nun nach dem Loot sehen als er sie hörte.
„Hmmm?“ Er drehte sich zu der Assassine um und sah
gerade noch wie sie auf die Knie fiel, die Blutüberströmten
Hände vor dem Gesicht. Mit einem Satz war er bei ihr und
verhinderte das sie nach hinten umkippte. „DUIR!!
SCHAFFT MIR EINEN PRIESTER HER!!“ Er hob
sie hoch und sah sich um. Ein Paar der Gildenmitglieder
waren in Kämpfe verwickelt, einige blickten erschrocken
zu ihm und von oben kam Duir heran gelaufen. Ihm folgte
Danu. „Mach einen Warp, irgendeine Stadt schnell!“
Danu nickte erschrocken und zückte einen Gemstone.
„Das ist Prontera, unser Gildenhaus.“ Sagte sie noch
schnell bevor Jeran mit Ruîn in dem Warp verschwand.
„Was ist denn los?“ Solar war neben ihnen aufgetaucht.
„Ruîn ist zusammengebrochen, wir brauchen einen Arzt,
ich hole jemanden.“ Damit schob Duir Solar in den Warp.
Auch Danu folgte ihm.
Jeran lief durch die Eingangshalle zu den Treppen. „Mein
Zimmer ist gleich oben das erste!“ Danu eilte an ihm vorbei
nach oben. Sie erreichten das Zimmer der Priesterin und
Jeran legte Ruîn auf das Bett. Sie war noch nicht bei
Bewusstsein. „Sie ist verdammt heiß, sie hat hohes Fieber.“
Jeran hatte sich neben das Bett gekniet und fuhr ihr langsam
über die Stirn. Danu nickte. „Ich hole was.“ Damit
verschwand sie aus dem Zimmer. „Sie hat sich schon
länger krank gefühlt, ich hab sie zum Arzt geschickt
aber sie wollte nicht hören.“ Solar stand an der Tür
und wusste irgendwie nicht was er machen sollte. „Hier
nehmt das, ich gehe nach unten und sehe nach den anderen.“
Damit schneite Danu wieder herein und drückte Jeran
eine Schüssel mit kaltem Wasser und einem Tuch in die
Hand. Er nickte und legte Ruîn den Stoff auf den Kopf.
Nach einigen Minuten hörten sie draußen im Gang eifrige
Stimmen und Schritte. Es war Duir mit einem Arzt aus
Juno und einer High Priesterin. Der Arzt kam gleich an
das Bett und befühlte Ruîns Stirn und Handgelenke
während die High Priesterin auf die Tür deutete.
„Würden sie bitte den Raum verlassen?“ Duir nickte
und deutete Solar ihm zu folgen, auch Danu wandte
sich an die Tür. „Sie auch bitte.“ Solar blickte zu
Jeran ans Bett. „Garantiert nicht!“ Der Barde rührte
sich keinen Zentimeter. „Nagut, ok.“ Die High Priesterin
wandte sich an die Tür bevor Solar den Raum wieder
betreten konnte und schloss diese. „Hey!“ Solar wollte
gerade an der Tür rütteln als Danu ihn herumzog. „Hol
ihre Freundin, hol diese Blacksmith. Hier können wir
sonst nichts tun.“ „Aber dann gehe ich da wieder rein!“
Danu nickte und schob ihn von der Tür weg bis er
sich umdrehte und zur Treppe lief. „Das war knapp.“
Duir seufzte. „Das letzte was wir jetzt brauchen ist
ein Streit da drinnen.“
Die Nacht war schon weit fortgeschritten, als die
High Priesterin nach draußen kam und in die Runde
blickte. Jeran, der sich nun doch auch draußen
eingefunden hatte, saß mit Isan auf einer hölzernen
Bank in der Mitte des Flurs und hatte den Arm um
die Blacksmith gelegt, damit sie an seiner Schulter
vielleicht ein wenig Schlaf fand. Auch Duir saß neben
ihnen. Vor einiger Zeit hatte er Danu nach oben in
sein Zimmer geschickt damit sie etwas schlafen konnte,
während sie hier ja ihr Schlafzimmer belagerten. Solar
wanderte den Gang nervös auf und ab. „Sie können
nun wieder reinkommen, ihre Freundin hat es geschafft,
sie ist über den Berg.“ Sie musste kichern als sich alle
gleichzeitig durch die Türe zu quetschen versuchten.
Der Arzt wischte sich gerade mit einem Tuch über die
Hände und im Raum roch es stark nach
Desinfektionsmitteln. Danu würde ihr Zimmer wohl sehr
ordentlich lüften müssen. Jeran trat an die linke Seite
des Bettes und ergriff Ruîns Hände. Als sie es bemerkte
öffnete sie die Augen und lächelte. Sie wirkte sehr
erschöpft und sprach ziemlich leise. „Danke, das du
mir geholfen hast…“ „Pssst, ist schon gut, mach die
Augen wieder zu und schlaf.“ Er legte ihr zwei Finger
auf die Lippen und blickte dann hoch zu Solar der auf
der anderen Seite des Bettes stand, mit dem Fuß auf
dem Boden trommelte und ihn sauer ansah. „Was war
los?“ Isan hatte sich an den Arzt gewandet. „Nun ich
weiß nicht ob das schon bekannt war, aber die junge
Dame hier hatte eine Fehlgeburt.“ „Sie war schwanger?“
Isan blickte hinüber zum Bett wo Solar mit den
Schultern zuckte. „Noch nicht sehr lange, vielleicht
einen Monat oder zwei, es kann gut sein das sie es
selber noch nicht gewusst hat.“ Er legte das Tuch
zusammen und sammelte dann ein paar seiner
Instrumente ein, die auf dem Tisch an der hinteren
Wand lagen. „So etwas kann gerade in der ersten
Zeit einer Schwangerschaft leider recht häufig
vorkommen, aber jetzt sollte alles wieder ok sein.“
Er verstaute die letzten seiner Werkzeuge und Isan
nickte während Solar Jeran zwielichtig beäugte. Als
dieser es merkte stand er auf und trat auf den
Assassinen zu. „Glaub jetzt ja nicht, dass ich daran
schuld war, so nahe war ich ihr nie!“ Damit verließ
er den Raum bevor Solar antworten konnte.
Liebst du mich?
Liebst du mich?
Da Ruîn nun eine Woche unter Hausarrest stand
und ihr Bett wennmöglich nicht verlassen sollte,
vertrieb sie sich die Zeit mit lesen. Sie fühlte sich
inzwischen wieder ganz gut, die morgendliche
Mattigkeit und das schlechte Gefühl im Magen
waren ja nun weg. Am dritten Tag konnte Solar
sie allerdings nicht mehr im Bett halten und gab
sich schließlich geschlagen als sie ihm versprach,
sich nur ganz ruhig in die Bibliothek zu setzten. Sie
mochte die altertümlichen, steinernen Mauern und
den Geruch nach altem Papier und Leder. Am Abend
leisteten ihr Duir und Jeran dann immer ein wenig
Gesellschaft bevor sie zum nächtlichen Training
aufbrachen.
„Sag mal bilde ich mir das ein, oder stimmt etwas
mit dir nicht?“ Duir und Jeran hatten gerade die
Bibliothek verlassen und sortierten nun im
Gemeinschaftsraum ein paar Quiver mit Pfeilen.
„Ich weiß nicht was du meinst.“ Der Barde drehte
einen Eispfeil zwischen den Fingern hin und her.
„Genau das, so wortkarg wie in den letzten paar
Tagen bist du doch sonst nicht.“ Duir schulterte
seinen Bogen und nahm ihm den Pfeil aus den Händen
um ihn in einen der Quiver zurückzulegen. Jeran zuckte
kurz mit den Schultern und wandte sich an den
Ausgang. „Ach verdammt, nun sag schon.“ „Sie
schläft mit ihm!“ Mit einem kräftigen Ruck hieb er
die große Eingangstüre des Gildenhauses auf. „Bitte
was?“ Schnell huschte der Hunter durch das Tor.
„Ruîn, mit Solar.“ Mit einem ebenso kräftigen Knall
fiel die Tür hinter ihnen wieder ins Schloss. Duir
schüttelte den Kopf. „Er ist ihr Ehemann.“ „Seit
wann spielt das eine Rolle?“ Sie wanderten in
Richtung Süden, weil sich dort immer die meisten
Händler versammelten. „Sie gehört eben nicht
unbedingt zu der Art von Frauen die du sonst so
anschleppst.“ „Das weiß ich selbst.“ Jeran
schnaubte und blieb stehen. „Wow, das ist das
erste Mal das ich dich wirklich eifersüchtig erlebe.“
„Das ist doch Blödsinn, ich kann das halt nur nicht
verstehen, was sie ausgerechnet an dem findet.“
Duir grinste. „Warum erzähl ich dir das eigentlich?“
„Keine Ahnung, mein Lieber, aber ich denke wir
gehen heute mal ausnahmsweise ins PvP und du
kannst alles töten was dir in den Weg kommt.“ Duir
deutete nach Osten in Richtung PvP Haus. „Das
klingt schon besser. Ich fange mit dir an!“ Damit
erwischte Jeran ihn am Kragen und zog ihn mit sich.
Da in den PvP Arenen allerdings sehr viel los war,
beschlossen sie doch lieber zusammen zu arbeiten
und legten sich mit einigen kleineren Partys an. Sie
verbrachten die ganze Nacht in der Izlude Arena
und waren erst nach Sonnenaufgang wieder in der
Hauptstadt. Zahlreiche Händler hatten sich schon
wieder angesammelt und so sahen sie sich auf dem
Heimweg noch einige Equipteile und Waffen an.
Als sich Duir gerade einen Burning Bow genauer
ansah, entdeckte Jeran einen Paladin in der Menge
der ihm verdächtig bekannt vorkam. Allerdings
wurde er sehr schnell von der High Priesterin
abgelenkt die ihm folgte.
Eigentlich fühlte sich Ruîn schon längst wieder
komplett gesund, doch da sie absolut keinen
Bock auf das WoE hatte blieb sie noch ein paar
Tage länger auf Schonkurs. Je öfter sie das
sinnlose Gekloppe versäumte umso besser. Da
Jeran seit ein paar Tagen nicht mehr aufgetaucht
war leisteten ihr nun Duir und Danu allabendliche
Gesellschaft in der Bibliothek. Ruîn hatte gewusst,
das sich die beiden gut verstehen würden und hatte
sie zusammen zum Training geschickt. Als ziemlich
trainingsfaul hatte sich dagegen Solar erwiesen,
seit sie krank geworden war lungerte er nur noch
im PvP oder im Gildenhaus herum. „Also auf die
Art wirst du nicht besser werden.“ Die Assassine
schüttelte den Kopf und beobachtete Solar dabei
wie er unter dem Bett herumkroch, da er wohl eine
seiner Waffen verlegt hatte. „Ach das Katar is
schon hier irgendwo. Bis morgen hab ich das schon
gefunden.“ „Mhm.“ Ruîn war sich da ja nicht so
sicher. Sie würde morgen auf jeden Fall wieder
trainieren gehen, mit ihm, oder wenn er seine Waffen
nicht zusammenhalten konnte, eben ohne. Sie
verließ das Zimmer um endlich zum Frühstück zu
kommen, als sie an der Treppe ankam hatte Solar
sie eingeholt. „Vielleicht hab ich die auch verliehen?“
„An wen den, du kennst doch keine anderen Assas.“
Sie betraten den großen Gemeinschaftsraum und
Ruîn holte sich ein paar Früchte. „Auch wieder
wahr.“ Sie setzten sich an einen der Tische am
Eingang und Ruîn winkte nach hinten wo sie Danu
entdeckt hatte. Anscheinend hatten sie wohl die
Hauptfrühstückszeit erwischt, denn es waren
ziemlich viele Leute im Raum. Während Solar
über vier Tische hinweg PvP Geschichten besprach,
beschloss Ruîn später noch bei Isan vorbeizuschauen
und diese etwas über das WoE hinwegzutrösten, da
sie auch noch nicht wieder teilnehmen durfte. Die
Blacksmith hatte ja im Gegensatz zu ihr Spaß am
WoE. Als sie gerade an ihrem Herbtea nippen wollte
wurde die Eingangstür aufgestoßen und Jeran stürzte
herein. Er kam direkt auf Ruîn zu, ignorierte Solars
finsteren Blick und nahm ihr die Tasse ab damit er
ihre Hände halten konnte. „Ich hab nicht viel Zeit aber…“
„Was soll das!?“ Jeran blickte zu Solar über den Tisch.
„Kannst du mal kurz still sein wenn die Erwachsenen
reden?“ Der Assassine wollte gerade antworten als
sein Blick auf Ruîn fiel, die ihn mit erhobener Augenbraue
ansah. Sie wollte hören was Jeran ihr zu sagen hatte.
„Meinetwegen.“ Er hob die Arme und lehnte sich zurück.
„Ich hab wohl nen ziemlichen Blödsinn angestellt, aber
eines sollst du wissen…“ Der Barde grinste fieß und
blickte schnell zu dem Assassin hinüber. „Jetzt sind wir
quitt.“ „Hmmm?“ Ruîn wusste nicht was Jeran meinte.
Mit einem Mal flog das Gildentor auf. „WO IST ER?“
Irgendwie kam Ruîn die Stimme sehr bekannt vor.
„WO IST DER KERL DER MIT MEINER FRAU
GESCHLAFEN HAT??!!“ Während Helios in den
Gemeinschaftsraum stürzte blickten die meisten von
Ruîns Gildenmitgliedern nun zu ihnen herüber,
beziehungsweise sie sahen zu Jeran. „Toller
Gildenzusammenhalt hier, echt ey.“ Jeran schmunzelte
während Ruîn aufstand und sich vor Helios stellte.
„Hallo.“ Der Paladin blickte zuerst die Assassin und
dann den Barden an. „Jetzt sag mir bitte nicht das er
dein Ehemann ist.“ „So wie ich das sehe, hast du
nicht unbedingt das Recht dazu hier den Eifersüchtigen
zu spielen.“ Ein lächeln umzuckte seine Mundwinkel.
„Das hat nichts mit dir und mir zu tun.“ Er wollte sie
zur Seite schieben aber die Assassin rührte sich keinen
Zentimeter. „Das sehe ich anders, das kannst du
meinetwegen im WoE klären, aber nicht hier.“ Er
wollte an ihr vorbeigehen aber sie drückte ihm die
Hand auf den Brustpanzer. „Ansonsten werde ich
ein langes Gespräch mit deiner Frau führen.“ An
ihrem Blick konnte er sehen das sie damit nicht nur
ihre kleine Affäre meinte. „Nagut, aber nur dieses
eine Mal. Nur für dich!“ Er blickte noch ein letztes
Mal drohend zu Jeran hinüber, der nun recht gelassen
wirkte und frech zurück grinste, dann verließ er das
Gildenhaus. Als sich Ruîn wieder zu den anderen im
Saal umdrehte bemerkte sie wie die anderen
Gildenmitglieder sich wieder alle umdrehten und
heftig miteinander flüsterten. Sie schüttelte den Kopf
und setze sich wieder hin. „Du hast wirklich… mit der
High Priesterin?“ Jeran grinste, dann ließ er den Kopf
nachdenklich von einer zur anderen Seite wandern.
„Und mit der Sniper, das hat mich nen klein wenig
entschädigt.“ „So? Wofür?“ Er stand auf, beugte
sich zur ihr hinunter und fuhr im Flüsterton fort.
„Das er dich haben durfte und ich nicht...“ Dann
küsste er sie auf die Wange. „Danke, dass du ihn
weggeschickt hast, ich glaube der hätte mich erwürgt.“
Er kicherte und verließ winkend den Raum.
„Du hast nicht nein gesagt.“ „Hmmm?“ Ruîn drehte
sich zu Solar um. Den hatte sie beinahe vergessen.
„Er hat dich doch gefragt ob Jeran dein Mann ist und
du hast nicht nein gesagt.“ Sie bemerkte wie wieder
einige Leute der Gilde verstohlen zu ihnen herüberblickten.
„Nicht hier.“ Sie schüttelte den Kopf und stand auf.
Solar folgte ihr hinaus. „Ich wollte dass er wieder geht,
ich hatte nicht vor ihm meine Lebensgeschichte zu
erzählen. Außerdem hat er gar nicht gefragt.“ „Trotzdem.“
Solar hatte die Arme verschränkt und lehnte an der
Außenmauer des Gebäudes. „Und warum hast du
mir verschwiegen das du was mit dem hattest?“
„Du hast mich nicht gefragt!“ Musste das nun
wieder in einen Beziehungsstreit ausarten? Ruîn war
genervt. „Hab ich schon, ich hatte dich gefragt ob er
dein Freund war und du hast nein gesagt!“ Sie blickten
auf eine Alche die vor ihnen stehen geblieben war
und sie nun anguckte. „Das war auch die Wahrheit,
er war niemals mein Freund.“ Ruîn sprach nun leiser
und die Alchemistin zog ihrer Wege. „Aber du hast
mit ihm geschlafen!“ „Dazu musste er ja noch lange
nicht mein Freund sein.“ Langsam dämmerte es Ruîn
worum es Solar bei diesem Streit eigentlich ging.
Damals als sie sich verlobt hatten, hatte sie ihn auf
Byalan abgewiesen. Sie lehnte sich an die Mauer und
blickte ihn von unten herauf an. „Wenn ich dir gesagt
hätte, dass ich mit ihm schlafe, hättest du mich dann
gefragt ob ich dich heirate?“ Er zuckte mit den
Schultern. „Weiß nicht…“ „Ich habe in meiner
Vergangenheit viel Dummes angestellt, das weiß
ich selbst. Wenn ich könnte würde ich da so einiges
Rückgängig machen, aber das geht leider nicht.“
Solar seufzte. Ruîn wusste das er die Geschichte
sicherlich gerne hören würde, aber ob er sie auch
verstehen könnte? Das bezweifelte sie. „Lass rüber
zu Isan gehen, ich hab versprochen sie über das
WoE zu tröste.“ „Hmm, eigentlich wollte ich noch
ins PvP und so.“ Er trat unschlüssig von einem Fuß
auf den anderen. „Na dann viel Spaß.“ Ruîn gab
ihm einen Kuss und schob ihn zurück zum Tor. Sie
war froh das sich der Streit damit erstmal erledigt hatte.
In den nächsten Tagen konnten sie dann endlich das
tägliche Training wieder aufnehmen. Es hatte Ruîn
richtig gefehlt auf den weiten Ebenen der Hill Winds
herumzulaufen und den schönen kühlen Wind auf der
Haut zu spüren. Solar hatte seine Waffen auch wieder
gefunden und konnte mit ihr trainieren. Sie hatten schon
eine beträchtliche Menge an Federn erbeutet und
Ruîn ließ diese immer mal wieder von Isan verkaufen.
Ganz langsam kam sie ihrer Wunschwaffe,
der horrendsteuren Ice Pick näher.
Nach dem kleinen Treffen im Gildenhaus war
Jeran wieder verschwunden. Auch Duir sah sie
kaum noch da dieser ihre nächtlichen Trainingseinheiten
zugunsten von längeren Tagespartys abgesagt hatte.
Ruîn war zwar traurig darüber konnte ihn aber auch
verstehen. Sowohl er als auch Jeran waren mit ihrem
Training schon soweit fortgeschritten das sie sich
langsam ihrem Rebirth näherten. Diese Ehre wurde
allen zuteil, die die besonderen Fähigkeiten ihrer
Klasse schon meisterlich beherrschten und dadurch
die Aufmerksamkeit der heiligen Valkyrie erregten.
Nun bei Ruîn würde das noch ein wenig dauern.
Da Solar sich im PvP herumtrieb und Ruîn keine
Lust darauf hatte, langweilte sie sich abends nun
oft alleine im Gildenhaus. Ein paar Mal war sie
zusammen mit Danu losgezogen, aber die Priesterin
hatte leider nicht jeden Abend soviel Zeit. Also wieder
lesen. Sie saß in der Bibliothek des Gildenhauses in
ihrem angestammten, roten Polstersessel. Langsam
hatte sie alle Bücher mit den Legenden rund um Midgard
durchgearbeitet und fand in einem Buch eine Notiz
über die Bibliotheken in Juno. Nun das war doch
eine recht nett klingende Alternative. Sie beschloss
bei Gelegenheit mal dort vorbeizuschauen. Sie las
gerade einen Abschnitt über einen mysteriösen Turm,
der in der Nähe von Alberta in einem immerwährenden
Nebel verborgen war als die Tür geöffnet wurde und
Jeran hereinblickte. „Oh, hier bist du ja.“ „Auch mal
wieder zuhause?“ Sie lächelte und er kam zu ihr
herüber. „Naja nicht lange fürchte ich.“ Er kniete
sich vor sie und lehnte sich über die Lehne des
Sessels. „Ich werde die Gilde verlassen…“ „Aber du…“
Erlegte ihr einen Finger auf den Mund. „Das WoE hier
ist nicht das was ich will, hier komme ich nicht weiter.
Ich möchte lernen, verstehst du das?“ Ruîn nickte.
„Darum werde ich jetzt und nach meinem Rebirth
ein paar andere, größere WoE Gilden testen.“
Er nahm ihr das Buch aus der Hand und legte es zur
Seite. „Und wenn ich dann eine passende Gilde
gefunden habe…“ Langsam glitten seine Finger über
die ihren und er nahm ihre Hand. „Ich möchte, dass
du dann mitkommst.“ Ruîn merkte förmlich wie sie
rot anlief. „Ich kann doch nicht… einfach so…“ Sie
konnte doch nicht einfach ihre Gilde und ihren
Ehemann verlassen? „Liebst du ihn denn sosehr,
das du ihn auf keinen Fall alleine lassen kannst?“
Ruîn schüttelte den Kopf. Was sollte sie darauf
denn schon antworten? Sie blickte hinüber zu dem
großen Bücherregal. „Das… das kann ich so nicht
sagen…ich…“ Natürlich mochte sie Solar sehr gerne.
„Liebst du mich?“ Er drehte ihren Kopf wieder zurück
und blickte sie an. „…Ich…“ Sie konnte ihm nicht ins
Gesicht sehen und drehte den Kopf wieder weg. „
Ob du mich liebst?“ Jeran ergriff sie am Kinn und hielt
sie fest damit sie nicht wieder wegblicken konnte.
„Schon gut.“ Damit stand er auf, wandte sich zur Tür
und ließ Ruîn alleine in der Bibliothek zurück. Der
Barde trat auf den steinernen Gang hinaus und seufzte.
„Wenigstens hat sie nicht Nein gesagt.“
Rebirth
Rebirth
Nach dem Abend in der Bibliothek sah Ruîn den Barden
Jeran nicht mehr wieder. Von Duir hörte sie, das er seine
Sachen gepackt und das Haus verlassen hatte. Von Isan
hörte sie, das er in der Trainingsparty ihres Mannes in
den Lighthalzen Laboratorien mit dabei war. Von Solar
hörte sie erfreutes Pfeifen. Er war ein lästiges Übel losgeworden.
Ruîn allerdings fragte sich ob das so richtig war. Was empfand
sie für Solar? Was für Jeran? Sie seufzte. Im Prinzip spielte
das keine Rolle. Er war nicht mehr da. Ihr Leben ging
weiter. Sie konnte nicht an die Orte an denen diese großen
Trainingspartys stattfanden. Da sie ein schlechtes Gewissen
wegen all ihrer Ausrutscher hatte, bemühte sie sich nun
wenigstens eine halbwegs gute Ehefrau zu sein. Sie trainierte
fleißig mit Solar, begleitete ihn und seine Freunde ins PvP
und nahm auch an deren Lvlpartys teil. Wobei das eher
zum Spaß als zum wirklichen trainieren war. Die WoEs
verliefen auch wie gewohnt, Ruîn versuchte sich immer
genau umzusehen ob sie nicht vielleicht Jeran irgendwo
sehen konnte, allerdings war der wohl eher in Gilden die
sich nicht um die unwichtigen Schlösser kümmerten in
denen sie immer unterwegs waren. Ab und zu ließ sie auch
des eine oder andere WoE ausfallen, um bei Isan Babyzusitten
damit diese mitlaufen konnte. Tagsüber hatte sie keine
Probleme nur Nachts wurde es immer schwerer. Jede
Nacht saß sie an ihrem Fenster und blickte hinunter auf die
dunklen Straßen der Stadt und fragte sich ob er wohl auch
ab und zu an sie dachte. Sie musste schleunigst stärker
werden um zum Rebirth zu gelangen.
Der Erste in ihrer Runde war Duir. Ruîn, Danu und Isan
begleiteten ihn nach Juno. In der Stadt des Wissens, tief in
der Gilde der Sages wurde ein besonderes, altes Buch
aufbewahrt. In diesem Stand der Weg beschrieben den
man einschlagen musste um an den heiligen Ort der Valkyrie
zu gelangen. Nur Duir war es gestattet darin zu lesen. Die
anderen machten sich auf den Weg in die Stadt der Archer,
nach Payon, wo die Valkyrie jeden Hunter nach dem
Rebirth hinteleportierte.
„Das ist echt komisch, sag ich euch.“ Duir war gerade
aufgetaucht und betrachtete seine neuen Novizen Klamotten.
„Das ist als ob du alles alle deine speziellen Fähigkeiten
niemals gelernt hättest, echt schräg.“ Sie trainierten mit ihm
bei den Sporen und Poporingen nahe der Stadt, bis er sich
endlich wieder in der Archergilde melden durfte und erneut
aufgenommen wurde. Dann schleppte Danu ihn nach
Einbroch zu den Geographer Feldern. Isans kleiner Sohn
Faihu, der langsam zu krabbeln anfing, war ganz begeistert
von den Metalingen, einer Poring Art die nur hier in der
Schwarzwaldrepublik und einigen Teilen von Arunafelz
vorkamen. Die Blacksmith und Ruîn hatten viel damit zu
tun ihn von den gefährlichen Geos fernzuhalten wenn er
versuchte ein Metaling zu verfolgen. „Hey guck´ mal, ist
das nicht süß? Ich wette da läuft was.“ Isan deutete hinüber
zu Danu und Duir. Eine Geo hatte die Priesterin gebissen
bevor Duir sie töten konnte und sie war gestürzt. Er half ihr
zurück auf die Beine, wobei sie sich dann in einer halben
Umarmung etwas zu lange anblickten. Ruîn konnte sehen
das die Priesterin rot wurde. „Ja das wette ich auch.“ Sie
kicherten. Mit Danus Hilfe dauerte es nicht lange und Duir
war Sniper.
Die nächste war Isan. Nachdem sie nun wieder trainieren
durfte und Ruîn öfters mal den Kleinen hütete, war es bei ihr
auch sehr schnell gegangen. Es weckte viele schöne Erinnerungen
sie wieder in den offiziellen Kleidern der Merchantgilde zu
sehen. Leider konnte sie bei Isans neuem Training nicht sehr
viel helfen. Das überließ sie lieber deren Mann während sie
auf das Kind aufpasste. Der Champ kam ja regelmäßig von
seinen Trainingspartys nach Hause, um bei seiner Familie sein
zu können. Für Ruîn waren das dann immer sehr spannende
Besuche da sie ihn ja über Jerans Fortschritte ausfragen konnte.
Sie erfuhr, dass er kurz nach Isan bei der Valkyrie gewesen
war und nun kurz vor dem Jobchange zum Clown stand.
Dann war es auch bei Ruîn endlich soweit. Sie hatte sich schon
sehr gespannt gefragt wie das wohl sein würde wenn die Valkyrie
sie endlich zu sich rief. Die anderen hatten das zwar immer mal
wieder versucht zu beschreiben, aber irgendwie konnte man
sich das bei Erzählungen nicht so wirklich vorstellen. Es geschah
an einem schönen, klaren Abend auf dem El Mes Plateau wo
sie mit Solar Goats jagte. Sie hatte gerade eines dieser wolligen
Monster erlegt als sie plötzlich diese Stimme hörte. Sie sagte
ihren Namen und sonst nichts, aber Ruîn wusste ganz genau
was es zu bedeuten hatte. Solar war ganz begeistert davon und
Ruîn verkniff sich einen Kommentar zu seiner Faulheit. Er hätte
es genauso schnell erreichen können wie sie. Gleich am
nächsten Morgen machten sie sich auf den Weg nach Juno.
Isan, die nun schon Whitesmith war begleitete sie. Solar
wartete in Morroc nahe der Thiefgilde und hatte Isans Sohn
Faihu bei sich. Der Saal der Sagegilde war kreisrund und
voll gestopft mit zahllosen, alten Büchern in einem runden
Regal das der Wand folgte. Eine Brücke führte in die Mitte
des Saales und in luftiger Höhe von mehreren Metern stand
das heilige Buch. Ruîn las die Legende der Valkyrie und der
ruhmreichen Helden und Kämpfer bis sie wieder die Stimme
in ihrem Kopf hörte. Sie sollte in den Keller gehen. Zwar
wunderte sich die Assassine etwas über diese Eingebung
aber sie folgte. Über zahlreiche Treppen und dunkle, steinerne
Flure erreichte sie schließlich einen geheimnisvollen
Kellerraum, tief in dem schwebenden Felsmassiv der Stadt,
indem eine riesige Maschine vor sich hinpochte. Und
irgendetwas war da drin. Ruîn konnte es genau fühlen. Sie
trat an das große metallene Ding und streckte die Hand aus.
Sie konnte es rufen hören. Ymir. Und mit einem Mal
erstrahlte ein helles Licht. Es war so intensiv das sie die
Augen schließen musste und die Hände davor hielt. Dann
spürte sie Wind in ihren Haaren. Langsam öffnete sie ihre
Augen wieder und erschrak. Sie stand auf einem marmornen
Weg inmitten von Himmel und Wolken. Jemand winkte ihr
aus der Ferne zu. Die Frau kam näher und Ruîn erkannte
Isan. „Nett hier was?“ Die Whitesmith grinste und Ruîn
nickte nur stumm. Ihr fehlten die Worte. Langsam
wanderten sie den steinernen Pfad entlang, vorbei an hohen
ehrwürdigen Säulen und kamen an einen großen Platz, auf
dem ihnen die verschiedenen Ausbilder der Rebirthberufe
zunickten. Auch eine Assassine Cross war unter ihnen. Zu
ihr würde Ruîn später gehen müssen, wenn sie ihre Zeit als
high Thief hinter sich gebracht hatte. Dann sah sie die Valkyrie.
Die blonde Frau mit den Schwingen eines Engels schwebte
am Ende des Platzes und blickte auf sie herunter. „Sei mir
willkommen, ehrwürdige Kriegerin Ruîn.“ Dann ging alles
ganz schnell. Sie wechselte ein paar Worte mit der Valkyrie
und musste ihr versprechen auf ihre Fähigkeiten zu verzichten
um nochmals beginnen zu können. Dann schickte sie Ruîn
nach Morroc. Als high Novice tauchte sie dort vor Solar auf.
„Waaaa wie süüüß!“ Er flog ihr um den Hals und Isan musste
kichern. Wie schon damals bei Duirs Rebirth gingen sie nach
Payon zu den Sporen. Diese kleinen Pilzmonster waren gut
geeignet für den Anfang. Und wie eine Anfängerin fühlte sie
sich ja nun wirklich. Es war echt unglaublich, sie hatte alle
ihre Assassinen Fähigkeiten vergessen, ja sie konnte nun nicht
mal mehr die zwei Dolche zusammen benutzen. Allerdings
lernte sie diesmal wesentlich schneller. Sie verbrachte ein
paar Tage bei den Sporen und konnte sich dann wieder in
der Thiefgilde melden. Die blonde Frau, die sie schon vor
ein paar Jahren zum Thief erklärt hatte, war sichtlich stolz
und strahlte übers ganze Gesicht als sie Ruîn die rosernen
high Thief Klamotten übergab. Auch der rothaarige Thief
nickte anerkennend.
Als sie an diesem Abend vom Training zurück ins Gildenhaus
kam wartete Isans Mann Thuris dort auf sie. „Oh, schon high
Thief, Gratuliere! Dann bin ich ja glatt zu spät.“ Er grinste.
„Danke, war ja dank deiner Frau auch nicht schwer.“ Er
nickte lächelnd und reichte ihr eine flache, tellergroße
Schachtel. „Sollte eigentlich ein Geschenk zum Rebirth
sein, aber da ich wohl zu spät bin, halt zur High Thief.
Er meint, du würdest schon wissen von wem.“ Damit
zwinkerte er ihr zu und übergab ihr die Schachtel.
„Danke…“ „Na dann man sieht sich, und immer schön
fleißig!“ Er winkte ihr zum Abschied fröhlich zu und verließ
das Gebäude, während Ruîn so schnell sie konnte nach
oben in ihr Zimmer rannte. Mit zitternden Fingern riss
sie das Papier mitsamt dem Deckel von der Schachtel
und blickte hinein. „Oha…“ Vorsichtig berührte sie die
kleinen weißen Federn und den feinen seidenen Stoff.
Es waren Angel Ears und ein Kafra Band. Zwei sehr
teure und sehr beliebte Headgears bei Frauen.
Und Ja, sie wusste genau von wem sie waren.
Die nächsten Monate als High Thief waren sehr anstrengend.
Ruîn trainierte an den verschiedensten Orten, bei den
verschiedensten Monstern. Oftmals war sie alleine unterwegs
aber meistens waren dann doch Isan oder Solar bei ihr. Gerade
letzterer hatte seine wahre Freude an ihrem neuen rosa Outfit.
Sie durfte es nicht mal im Bett ausziehen. Naja, etwas Gutes
hatte die Sache, sie musste eine WoE Pause einlegen, da sie
als Thief mal absolut gar nichts ausrichten konnte.
Kurz nach ihrem zweiten Hochzeitstag war es dann endlich
soweit. Ruîn trat erneut an das heilige Buch und in den himmlischen
Saal der Valkyrie. Diesmal sprach sie allerdings mit der Assassine
Cross und nicht mit der Valkyrie, um erneut in die Assassinen Gilde
aufgenommen zu werden. Endlich hatte sie es geschafft. Nach fünf
Jahren hartem Training hatte sie ihren Kindheitstraum verwirklicht.
Sie war nun eine Assassine Cross.
Konkurrenz
Konkurrenz
Solar war ein wenig enttäuscht darüber, das Ruîn es bereits
zur Cross geschafft hatte und er noch nicht. Nun konnten
sie nicht mehr zusammen trainieren. Die Monster die Solar
jagte waren noch zu schwer für sie, da sie mit dem Rebirth
ja ihre alte Kraft aufgegeben hatte. Es würde noch einige
Zeit dauern bis sie wieder so weit war. Und dann würde
vermutlich er zum Rebirth gehen. Ruîn interessierte das
allerdings nicht wirklich, da es ja seine eigene Schuld war.
Auch jetzt wo er so einiges Aufholen könnte, war er lieber
mit seinen Freunden unterwegs anstatt wirklich zu trainieren,
sodass sie sich meist nur noch am späten Abend oder am
Morgen sehen konnten. Ruîn hatte nämlich drauf bestanden
das er lieber trainieren sollte anstatt sinnlos bei ihr
herumzuhängen. Um ihn ein wenig über die getrennte
Zeit hinweg zu trösten verbrachte sie öfters mal das
Wochenende mit ihm ohne Training. Dann sammelten
sie oft Stems, die die Alchemisten immer brauchten
und reichlich Geld dafür zahlten, oder sie besuchten
die Sehenswürdigkeiten der verschiedensten Städte
rund um Midgard, wie das Monsterrennen in Hugel,
oder das Monstermuseum in Juno.
Auch am heutigen Tag wollten sie mal wieder einen
Ausflug in die Schwarzwaldrepublik machen um am
Rennen oder beim Bingo teilzunehmen. Als die beiden
gerade vom Frühstück in die Eingangshalle kamen
sahen sie dort ihren Leader mit einer Priest sprechen.
Sobald Raido sie entdeckte winkte er und das Mädchen
drehte sich zu ihnen um. Solar blieb mitten im Schritt
stehen und die Priest sprang sofort auf ihn zu und fiel
ihm um den Hals. „HAAIIIIIII, ich hab gewusst das
du da bist!“ „Waaaa, wie lange ist das denn her? Du
bist ja schon Priest!“ Solar und die kleine hielten sich
an den Händen und sprangen beide fröhlich auf und ab.
Dann blickte der Assa hinüber zu Ruîn. „Hey guck´
mal, wer da ist!“ Er schob die Priesterin zu ihr. „Das
ist Deedee, meine kleine Schwester!“ „Waaaasss?
Stimmt ja gar nicht!“ Sie gab ihm einen Klaps auf die
Schulter und schüttelte ihre langen, blauen Haare.
„Egal, sei´ artig und sag hallo.“ „Ja ja, schongut.“
Damit reichte sie Ruîn die Hand. „Ich bin nicht seine
Schwester, aber wir kennen uns schon seit ich ganz
klein war.“ „Ja ich musste immer auf dich aufpassen
damit du keinen Ärger machst.“ Solar kicherte. „Is ja
gar nicht wahr!“ Die Priesterin hängte sich an seinen
Arm. „Mein Name ist übrigens Ruîn.“ „Ich bin Deeira,
aber der da sagt immer nur Deedee.“ Sie hatte sich
förmlich um Solars Arm gewickelt und grinste nun zu
ihm hoch. Ihm war das wohl etwas unangenehm, denn
er versuchte sie weg zu schieben. Ruîn musste sich ein
Kichern verkneifen, sie fand das irgendwie süß.
„Deeira gehört nun auch zur Gilde, sie kann eines der
freien Zimmer im vierten Stock haben.“ Raido nickte
und deutete zur Treppe. „Da ihr euch eh schon kennt,
kannst du ihr ja gleich helfen.“ „Ja super! Komm!“
Deedee zerrte Solar mit sich und sprang fröhlich die
Stufen nach oben. Ruîn folgte ihnen schmunzelnd. Die
kleine Priesterin zog Solar durch drei oder vier identische
Zimmer bis sie schließlich mit den Schultern zuckte.
„Ach ich nehm´ das, sind eh alle gleich, wo wohnst du?“
Sie warf ihren Rucksack über das Bett. „Wir haben ein
Zimmer im fünften Stock oben.“ „Ach…“ Sie drehte
sich zu Solar um der im Türrahmen stand und an Ruîns
Schulter gelehnt war. Für einen kurzen Augenblick
huschte in Ausdruck über ihr Gesicht den Ruîn nicht zu
deuten wusste. Dann lächelte sie wieder. „Waaas und
mich hast du nicht eingeladen?“ Sie boxte ihm leicht
gegen die Seite. „Ich hatte ja netmal eine Ahnung wo
du warst.“ „Ach is auch egal.“ Sie drängelte sich an
den Beiden vorbei in den Flur. „Und was machen wir
nun?“ „Hmmm, also eigentlich waren wir grade auf
dem Weg nach Hugel…“ „Oh cool, da war ich ja
noch nie.“ Sie hängte sich wieder an Solars Arm und
zerrte ihn zur Treppe. „Komm schon, ich hab dir ja
soviel zu erzählen! Also weißt du meine Mutter hatte ja…“
Ruîn musste kichern.
„Und du bist gar nicht eifersüchtig?“ Isan brachte eine
Teetasse vor ihrem Sohn in Sicherheit indem sie diese
aus seiner Reichweite schob. „Nö, das ist mir egal.“
Ruîn stand an Isans Herd und rührte in einer Schüssel
während die Whitesmith am Tisch saß. „Also eine junge
Frau macht sich an deinen Mann ran und dir ist das ganz
egal?“ Sie ließ Faihu nach unten auf den Boden damit
er zu seinem Spielzeug krabbeln konnte. „Ich finde die
beiden würden gut zusammen passen.“ Ruîn zuckte mit
den Schultern. Sie hatte heute Morgen keine Lust gehabt
etwas mit Solar zu unternehmen und hatte ihn deshalb
mit Deedee zum trainieren geschickt. Sie als Priestern
war der perfekte Partner für Solar. „Hmmm, du würdest
eh auch besser zu jemand anderes passen.“ „Zu wem
denn? Ist ja keiner da.“ Ruîn kam zu Isan an den Tisch
und sie verteilten die Creme aus der Schüssel in kleine
Förmchen zum backen. Isan seufzte.
Am Abend saß Ruîn mal wieder am Fenster ihres Zimmers
und blickte nach unten auf die Strassen von Prontera. Sie
hatte keine Ahnung zu wem sie passte. Klar, sie hatte
Solar geheiratet, aber reichte das auch? Es war ja nicht so,
dass sie ihn nicht mochte. Allerdings fehlten ihr wohl die
entscheidenden Gefühle. Es war doch nicht normal das sie
ihren Mann einfach mit einer anderen zusammen sehen
wollte? Sie betrachtete ihre Spiegelung im Fenster und
ließ ihren Blick über das Kafraband wandern das sie trug.
Die nächsten paar Wochen war Deedee immer mit dabei
wenn sie mal was zusammen mit Solar machen wollte.
Und auch wenn dieser es immer leugnete sah man genau,
dass sie mehr als schwesterliches Interesse für den
Assassinen hegte. Ständig hängte sie an seinem Arm
und schwänzelte um ihn herum, war immer seiner Meinung
und stellte sich quer wenn Ruîn mal etwas vorschlug. Dieser
war das allerdings ziemlich egal, sollte sie doch, sie war
nicht auf die kleine Priesterin angewiesen, denn inzwischen
hatte Danu ihr Rebirth hinter sich gebracht und mit Duirs
Hilfe zu ihnen aufgeholt. Die drei konnten nun gemeinsam
trainieren. Und das machte Ruîn mehr Spaß als ihre Freizeit
mit Deedee zu verbringen. Sie waren zu dritt bei den Hill
Winds unterwegs. Diese sehr aggressiven Monster waren
sehr gut zu mobben und man kam ganz gut mit dem Training
voran. Nachdem sie am Abend wieder ins Gildenhaus
zurückgekehrt waren, nahm Duir sie an die Seite. „Hey,
wie siehts so mit deinen WoE Plänen aus?“ „Ähmmmm…“
Ruîn hatte sie schon lange davor gedrückt und eigentlich gar
keine Lust dazu. „Überleg´ dir das gut, am Sonntag haben
wir einen Gastspieler.“ Duir zwinkerte ihr zu und wandte sich
dann zu Danu um die an der Treppe wartete. Gastspieler?
Was interessierte das Ruîn? Sie wanderte nach hinten zu
dem Gemeinschaftsräumen um sich was essbares zu suchen.
Als sie einen Apfel betrachtete musste sie an Jeran denken.
Konnte Duir vielleicht ihn gemeint haben? Wie konnte das
eigentlich immer sein das alle Informationen über ihn hatten
und sie nicht? Langsam machte sie das wirklich sauer.
Sie lief nach oben in ihr Zimmer und suchte ihre WoE
Waffe zusammen. Wie konnte er einfach so abhauen und
ihr dann nie wieder auch nur eine Nachricht schicken? Wo
sie doch angeblich Freunde gewesen waren? Mit einem
heftigen Ruck warf sie die große Holztruhe in der ihre
Waffen lagerten um und verteilte den Inhalt über den ganzen
Boden. Tränen rannten ihr über das ganze Gesicht. Schnell
suchte sie nach einem Tuch um diese zu trocknen und
sammelte dann schnell alle Waffen wieder zusammen
bevor Solar noch auftauchte und sie so sah.
Es war am Samstagabend, Ruîn wollte sich gerade
auf den Weg zu Isan machen, als ihr schon im Flur
mehrere Gildenmitglieder begegneten die ganz schnell
auf dem Weg nach unten in die Eingangshalle waren.
Ruîn hörte nur ein paar Gesprächsfetzen. „…wieder
da…“ „…echt eine Frau mitgebracht…“ „…fürs Woe
sagen die…“ „…kann doch nicht sein…“ Neugierig
sprang sie die Treppe hinunter. Solch ein Gildenauflauf
war selten. Als sich gerade auf dem letzten Treppenabsatz
eine Hunter an ihr vorbeidrängelte, blickte Ruîn in die
Eingangshalle und erstarrte mitten im Schritt. Da stand
er. Inmitten einer Traube aus Gildenmitgliedern und
hatte den Arm um eine junge Assassine gelegt die ihre
rechte Hand herumzeigte. Sogar aus der weiten Entfernung
konnte Ruîn den Ring an ihrem Finger glitzern sehen.
„Also Jeran, das du dich mal verlobst!“ „Ja das hätten
wir nicht gedacht.“ „Zeig noch mal den Ring her!“
„Wann ist es denn soweit?“ Die Worte wurden immer
leiser und sie konnte förmlich spüren wie ihr Herz immer
lauter schlug. Dann trafen sich ihre Blicke. Nur für den
Bruchteil einer Sekunde. Dann war sie im Cloaking. So
schnell sie konnte drehte sie sich um und rannte die Treppe
wieder nach oben und in ihr Zimmer. Erst als die Tür hinter
ihr ins Schloss fiel wurde sie wieder sichtbar. Das konnte
doch nicht gerade eben wirklich passiert sein? Langsam
wanderte sie ans Bett und setzte sich hin. Das konnte doch
nicht wahr sein. Allmählich wurde es düster im Zimmer. Als
Solar hereinstürmte war es bereits stockdunkel. „Hey,
wasn Auflauf da unten. Hmmm was sitzt du hier im Finstern?“
Er entzündete die Lampe neben dem Bett. „Hmm?“ Ruîn
hatte keine Ahnung wie lange sie schon hier war. „Jetzt
sag nicht du hast hier schon geschlafen? Unten feiern sie
ne Party, lass hingehen, Deedee wartet auch schon.“
Ruîn schüttelte den Kopf. „Ich habe Isan gesagt ich schaue
bei ihr vorbei.“ „Ja aber dein Clown ist unten und feiert seine
Verlobung, willste da garnicht gratulieren?“ „Hab ich schon
vorhin als sie hier angekommen sind.“ Stimmte zwar nicht
aber egal, sie bemühte sich Solar anzulächeln. „Und ich hab
ja immer gedacht er steht auf dich.“ Solar zuckte mit den
Schultern und verstaute seine Waffen und ein Paar
Rüstungsteile hinten im Schrank. „Ich habe dir ja gesagt
wir sind nur Freunde.“ Nur Freunde, vermutlich nicht
mal das. „Hmmm aber irgendwie muss ich schon sagen…“
Solar hatte sich vor Ruîn gestellt und blickte sie schief an.
„Man kann nicht leugnen, dass sie dir sehr ähnlich sieht.
Sie ist auch ne blonde Assa und hat genau deine Frisur.
Auf das scheint er wohl zu stehen.“ Er zuckte mit den
Schultern. „Also kommst du nicht mit?“ Sie schüttelte den
Kopf. „Nein ich hab keine Zeit, aber ich wünsche euch
viel Spaß.“ „Na gut, bis dann.“ Damit verließ Solar das
Zimmer. Steht auf blonde Assas? Ruîn stand auf und
blickte in den Spiegel. Sieht ihr sehr ähnlich? Na das
könnte ihm ja so passen. Sie ergriff ihren langen Zopf
und zog ihr Messer. Die scharfe Schneide glitt durch
das Haar wie durch Butter. Nachdenklich starrte Ruîn
auf den Zopf der zu ihren Füßen lag.
„Was hast du denn gemacht?“ Isan hatte die Tür geöffnet
und blickte Ruîn ungläubig an. „Ich habe keine Lust mehr
eine blonde Assassine zu sein. Hast du vielleicht einen
Dyestuff?“ „Nya mal sehen…“ Sie zog Ruîn in die
Wohnung und winkte Thuris aus dem Raum. „Najo
die Auswahl is halt bescheiden, Rot oder Grün?“
„Mir egal.“ Ruîn saß an Isans Spiegelkomode und
beobachtete die Whitesmith dabei wie sie den roten
Dyestuff über ihrem Haar verteilte. „Ich habs auch
schon gehört. Erst konnt ichs gar nicht glauben…“
„Irgendwie weiß jeder immer Bescheid nur ich nicht...“
Ruîn kniff die Augen zu als könnte sie dadurch die
Tränen stoppen. Langsam zog Isan sie nach hinten
und legte die Arme um ihre Freundin. „Ich fürchte
ich muss mit der Schere ran, das ist ja ganz schief
hier hinten.“ „Ach was, das wird ein neuer Trend.“
Ruîn schüttelte den Kopf, musste dann aber doch kichern.
Im Gildenhaus war es stockdunkel und komplett still.
Langsam schlich sich Ruîn durch die Eingangshalle. Sie
hatte keine Ahnung wie spät es war, doch es musste
weit nach Mitternacht sein, denn auch die Verlobungsparty
war anscheinend schon zu ende. Sie beschloss noch
mal ganz kurz in der Bibliothek vorbeizuschauen um
das Buch das sie gerade las mit ins Zimmer zu nehmen.
Das würde sie ein wenig Ablenken. Im langen
Säulengang der zur Bibliothek führte kam ihr Jemand
entgegen. Sie konnte in der Dunkelheit nicht sehen wer
aus der Gilde es war, aber sie kannte die Art und Weise
wie sich die Person bewegte. Mit einem Mal bekam sie
heftiges Herzklopfen und sie hatte das Gefühl der Boden
wurde unter ihren Füßen fortgerissen.
Es war Jeran. Panik erfasste sie. Es war zu spät um einfach
in den Cloaking zu gehen und abzuhauen. Durch die
Dunkelheit konnte sie zwar seinen Gesichtsausdruck nicht
erkennen, aber das er sie ansah merkte sie auch so. Sollte
sie stehen bleiben? Sollte sie etwas sagen? Ihm vielleicht
Gratulieren? Er war direkt vor ihr. In dem letzten Jahr hatte
er sich kaum verändert. Lediglich seine Haare waren nun
länger. Für einen Moment dachte sie, er würde ohne eine
Reaktion einfach an ihr vorbeigehen. Als sie auf gleicher
Höhe waren, erhob er plötzlich die Arme und drängte sie
zur Seite und an die Wand des Ganges. Sie küssten sich.
Wild und heftig. Seine Hände glitten nach unten und er
packte sie an den Hüften und hob sie hoch, sodass sie
auf der steinernen Brüstung des Säulenganges saß. Ruîn
schlang ihre Beine um ihn während seine Finger über ihre
Oberschenkel streiften. „Nette Frisur hast du da…
Verdammt hab ich dich vermisst…“ Der Clown küsste
sie am Hals und wanderte mit den Händen über ihre
Brust. „Das bezweifle ich doch stark.“ Sie sahen sich
an und Jeran lächelte nickend. „Ach wegen ihr, keine
Sorge ich ziehe nur mit dir gleich…“ Er drückte sie leicht
nach hinten an das kalte Glas des Fensters und streifte ihr
die Träger von den Schultern. „Weil ich verheirate bin
musst du mir das nun nachmachen?“ Sie schloss die
Augen und ließ seine Hände über ihren Oberkörper
wandern. „Klar…“ Jeran strich mit der Zunge über ihre
Brüste und ihre Nippel und Ruîn fühlte eine Gänsehaut
die sicher nicht vom kalten Glasfenster herrührte. „Damit
machst du euch beide unglücklich.“ Sie krallte sich an
seiner Schulter fest und strich ihm durch die Haare.
„Halt mich davon ab…“ Er sah sie an und grinste, dann
zog er sie zu sich und küsste sie am Hals, und zwar so
fest das sie seine Zähne fühlen konnte. „Ich bin wohl der
letzte Mensch auf dieser Welt der dazu das Recht hätte…“
Jeran sah sie an, ihre Hände fuhren über seinen Hals und
sie zog ihn an sich dann küsste Ruîn ihn. „Nein, du bist
der einzige…“ Am Ende des Flures knarrte eine Tür und
Stimmen erklangen. Ruîn fuhr herum, Jeran wollte sie
festhalten doch sie war schneller. Sie sprang von der
Brüstung und verschwand im Cloaking während eine
Hunter und ein Priester auf sie zukamen. Sie kehrten
wohl gerade von einer späten Trainingsparty zurück und
nickten Jeran im Vorbeigehen grüßend zu. Er seufzte.
Als Assassine Cross war sie ja noch schwerer zu
erwischen als vorher.
Jerans Hochzeit
Jerans Hochzeit
Als Ruîn am nächsten Morgen erwachte starrte Solar
sie ungläubig an.
„Was ist?“ Sie richtete sich auf und
bemerkte das sie ihre Assassinen Klamotten noch
anhatte.
„Naja deine Haare…“ „Ach ja, das war gestern…
bei Isan…“
Sie setzte sich hin und fuhr sich mit den Händen
durch die nun kurze Frisur.
„Ich will ja auch gar nicht sagen das es nicht schön
ist… nur irgendwie ganz ungewohnt.“
Solar lächelte, dann beugte er sich zu ihr herüber und
küsste sie. „Ach mir gefällt es.“ Sie lächelte und stand
auf bevor er sie zurück halten konnte. Schnell zog sie
den roten Assassinen Schal fester um ihren Hals. Jeran
hatte ihr doch glatt einen Knutschfleck verpasst. Das
musste Solar nicht unbedingt sehen.
Sie trainierte ein wenig mit Danu bei den Hill Winds und
schaute dann auf einen kurzen Besuch bei Isan vorbei
um sich ein paar Rüstungstipps geben zu lassen. Dann
begann das WoE. Zum ersten Mal seit ihrem Rebirth
war Ruîn nun wieder dabei.
Sie hatte das aufgeregte hin und her Gewusel am WoE
Treffpunkt schon fast vergessen und beobachtete Solar
dabei wie er die laut kreischende Deedee mit einem
Thiefbug quer über die Waldlichtung jagte.
„Wenn wir jetzt nach Niffl gehen sind wir wieder
da bevor das WoE auch nur zur hälfte vorbei ist.“
Hinter ihr war Jeran erschienen und legte den Kopf auf ihre
Schulter.
„Weißt du wie teuer das wäre?“ Ruîn kicherte
und betrachtete die Waffe die Jeran ihr nun vor die Nase
hielt. „Für deinen Soul Destroyer. Konzentrier dich einfach
immer nur auf den Gegner den ich dir sage, egal was sonst
so los ist.“
Duir winkte ihnen zu. „Ok, heute haben wir die
Kontrolle, welches Castle zuerst?“ Ruîn blieb etwas abseits
stehen während die Beiden zu den Leadern hinüber wanderten.
Sie war froh das Jeran seine Verlobte nicht
mitgebracht hatte, denn so wie es aussah gehörte sie zu
einer anderen Gilde und lief dort das WoE mit.
Dann ging es los. Zuerst nahmen sie sich die Castles in
Greenwood Lake nahe Payon vor. Vor den einzelnen
Schlössern hatten sich schon mehrere andere Gilden
versammelt und alle stürzten mit Beginn des WoE gemeinsam
hinein. Es war wirklich ein planloses Durcheinander und Ruîn
wurde mehr durch die Gänge geschoben, als das sie selbst lief.
Beim Emperium war es dann am schlimmsten, überall
drängelten sich die Leute zusammen und man kam fast
gar nicht an das goldene Gestein heran. Plötzlich verschwand
der Raum und wurde zur Waldlichtung.
„Ich hab euch gesagt das hat bei Hong Roo keinen Sinn!“
Jeran war sauer. „Versuchen kann man es ja mal.“
Raido winkte den Priestern, damit diese wieder ihre
Warpportale öffneten. Ruîn war das alles sowieso ziemlich egal.
Sie lief einfach mit und beobachtete was passierte.
Nach einigen kleineren Kämpfen hatten sie sich
mit zwei weiteren Gilden das Castle Chun Dan erkämpft bei
dessen Besitz sie sich irgendwie immer abwechselten. Dann
übernahm Duir das Kommando. Geschickt stellte er die
Leute hinter den Holzzäunen im Empraum zusammen und
ließ die Fallen etwas weiter hinten legen so das die
Pecoreiter zwischen ihnen und der Tür waren. Hinter der
ersten Barrikade ging er mit Jeran in Stellung. Ein
Highwizzard der Allianz war auch bei ihnen und auf ihr
winken lief Ruîn auch nach vorne. Als die erste feindliche
Gilde hereinstürmte hörte sie nur noch auf den Clown.
Er wusste gegen welche Gegner sie eine Chance hatte.
Sie schafften es ganz gut die erste Welle abzuwehren.
Zwar verloren sie ein paar Tanks aber sie hielten stand.
Und mit einem Mal traf der feindliche Storm Gust nicht
mehr. Das Woe war vorbei. Viele der Feinde ließen ihre
Waffen sinken, einige schüttelten die Köpfe und ein Paar
verschwanden sofort aus dem Raum. Sie hatten es tatsächlich
geschafft! Sie hatten das Castle!
„WAAAHAHAH!!“ Mit einem lauten Geschrei umarmten sich
mehrere Gildenmitglieder und ihr Leader klatschte in
die Hände. Kreischend fiel Danu Ruîn um den Hals und
warf sie damit beinahe um.
Lachend schloss sich dann auch Duir an und die drei
sprangen aufgeregt auf und ab. Dann löste sich Ruîn von
den beiden und fiel Jeran um den Hals. „Siehst du!! Ich
habs ja immer gesagt, hört auf mich.“ Er grinste bevor
Duir ihn in die Seite boxte. „Angeber.“
Ruîn kicherte, dann entdeckte sie Solar etwas weiter
hinten. Er winkte ihr und versuchte sich vergeblich
aus Deedees Klammergriff zu befreien.
Die Siegesfeier im Gildenhaus war dann relativ kurz,
da die meisten nicht mit einem solchen Erfolg gerechnet
hatten und darum schon vor dem WoE für den weiteren
Abend Trainingspartys angenommen hatten. Der Rest
machte sich dann mit Einbruch der Dunkelheit auf den
Weg nach Comodo wo es ein großes Fest mit mitternächtlichem
Feuerwerk geben sollte.
Ruîn fühlte sich dort ein wenig Fehl am Platz.
Zuerst hatte sie sich mit Danu und Duir unterhalten doch
die waren inzwischen auf einem der hölzernen Tanzpodeste
verschwunden. Solar hatte zwar auch mal versucht sie
zum tanzen zu überreden, doch dann, weil sie überhaupt
nicht wollte, Deedee nachgegeben die ihn schließlich wegzerrte.
Nach einiger Zeit stand sie von dem großen Tisch, an dem
noch ein paar weitere Gilden und Allianzmitglieder herumsaßen,
auf und wanderte ein wenig in der Stadt herum.
Es war wirklich sehr schön in Comodo. Die ganze Stadt
war auf einem sehr feinen, leicht violett glitzernden
Sandstrand aufgebaut worden. Zahlreiche Palmen wuchsen
hier und hölzerne Brücken und Stege verbanden den Strand
mit einigen Häusern die auf Pfählen oder kleineren
Inseln auf dem Meer standen.
Hunderte von Laternen erleuchteten diese Wasserwege
und überall standen Leute herum die sich unterhielten
oder tanzen und feierten. Als sie etwas abseits am
Strand entlang spazierte sah sie plötzlich Jeran weiter
vorne im Sand sitzen. Dieser war nach dem WoE gleich
verschwunden um sich mit seiner Freundin zu treffen.
Ruîn hatte keine Ahnung warum er nun alleine hier
herumsaß. Als er sie entdeckte lächelte er und winkte
sie zu sich.
„Hallo, was machst du denn hier?“ Sie setzte sich zu
ihm in den warmen Sand. „Hab vorhin bei eurer Freier
vorbei gesehen.“ Er deutete nach hinten wo sie hinter
einigen Palmen die hölzerne Plattform erkennen konnte,
wo sich noch ein Paar Leute aus ihrer Gilde versammelt
hatten. „Und, wo ist… sie…?“
Die Assassine legte den Kopf auf ihre angewinkelten Knie
und blickte zu dem Clown.
„In Prontera, in ihrem Gildenhaus, vielleicht noch was
für die Hochzeit morgen vorbereiten oder so,
keine Ahnung.“ Er zuckte mit den Schultern.
„Hmmm wegen Morgen, wenn es da noch etwas gibt…“
„Nein, nicht jetzt.“ Ruîn schüttelte den Kopf.
„Ich will jetzt nichts davon
hören, gar nichts.“
Sie sahen sich an und Jeran nickte.
Dann drückte er sie leicht nach hinten in den Sand
und deutete nach oben. Das Meer warf zahlreiche,
leicht lila glitzernde Reflexionen an die schwarzen
steinernen Felswände die die Stadt umschlossen.
Jeran legte sich neben Ruîn und sie betrachteten das
schöne Farbenspiel.
Dann hörten sie durch die laute Musik hindurch eine
klirrende Glocke und Jeran sprang auf. „Komm, jetzt
geht’s los.“ Er erwischte sie am Arm und half ihr auf die
Beine. Er zog sich die Schuhe aus und streife seine
Hose etwas oben und deutete Ruîn es ihm gleich zu
tun. Dann nahm er ihre Hand und zog sie mit sich ins
Meer. Kicherns bespritzen sie sich ein wenig mit dem
kühlen Wasser. Dann begann das Feuerwerk.
Zahlreiche Lichtkugeln strebten gleichzeitig zum
Himmel. Es war ziemlich Laut, so laut das es sogar
die Musik übertönte. Dann regneten abertausende
von Lichtfunken in allen Farben über die Stadt.
Viele der feiernden Leute hatten sich nun auch
am Strand versammelt um das Feuerwerk besser
sehen zu können und es herrschte eine schöne
ausgelassene Stimmung. Jeran erwischte sie an
den Händen und sie drehten sich lachend im Kreis.
Ruîn spürte wie ihr Herz ihr bis zum Hals schlug
als sie Jeran durch die zahlreichen tanzenden
Lichter hindurch ansah. Sie wünschte sich das
dieser Moment niemals endete.
Die Gäste hatten sich in der großen Kathedrale
von Prontera eingefunden und Duir blickte
neugierig durch den Saal.
„Viel weniger Frauen hier als ich angenommen
hätte.“ Er kicherte während Jeran den Kopf
schüttelte.
„Denkst du ich lade alle meine Affären ein?“
„Dazu wäre hier sowieso zuwenig Platz.“
Geschickt wich der Sniper einer von Jeran geworfenen
Vase aus. „Es geht dann gleich los, sobald du
fertig bist, also Beeilung.“ Damit winkte er dem
Clown zu und schloss die Tür hinter sich. Jeran
seufzte und betrachtete den schwarzen Anzug
der vor ihm auf einem Sessel lag.
„Na dann…“
Er verstreute die Clownklamotten rings um den
Stuhl und schlüpfte in die samtene Anzughose.
Als er sich gerade das Hemd zuknöpfe wurde
die Tür geöffnet. Er drehte sich um und konnte
hinaus auf den Gang sehen der zum Altarraum
führte. Es war niemand zu sehen also schloss er die
Tür langsam wieder.
„Muss ich den Improve Skill anwenden oder zeigst
du dich so?“ Hinter ihm bewegte sich etwas.
Ruîn stand am Fenster und blickte hinaus auf den
Hof hinter der Kirche.
„Hast du mir etwas zu sagen?“ Langsam ging er zu ihr
hinüber. Die Assassine schüttelte den Kopf. „Als ob
ich das Recht dazu hätte…“ Sie wich vor ihm zurück
aber er ließ nicht locker. Ruîn trat an die Wand und
senkte ihren Blick damit er sie nicht ansehen konnte.
„… Sag es…“ Sein Atem an ihrem Ohr ließ eine
Gänsehaut über ihren Rücken wandern. Die Assassine
schüttelte den Kopf. Jeran packte sie an den Schultern
und zog sie an sich. Er küsste sie und drückte sie gegen
die Mauer. Sie sollte nicht schon wieder abhauen.
„Sag es…“ „Warum machst du das?“ Sie fuhr ihm mit
den Händen durch die Haare während er ihren Hals
küsste. „Das ist das falsche…“ Ruîn seufzte und sie
blickten sich an.
Mit einem lauten Ruck und Duirs Ausruf „Ey, wo
bleibst du?“ wurde die Tür aufgestoßen und der
Sniper blickte in den Raum. Erschrocken fuhr Jeran
herum während Ruîn im Cloaking verschwand. Duir
seufzte.
„Fängste schon vor der Hochzeit damit an?“
Jeran schüttelte den Kopf während er sein Hemd wieder
in Ordnung brachte und das Sakko anzog. Er verließ
den Raum während Duir in der Tür stehen blieb und
darauf wartete das Ruîn ihm folgte. Er hatte sie sehr wohl
gesehen. In der großen Halle der Kathedrale herrschte ein
aufgeregtes Raunen und vom Altar hörte man ein rhythmisches
Klappern. Die Assassine stampfte unruhig mit ihrem Schuh
auf dem Marmorboden herum.
Langsam wanderte Jeran den Mittelgang entlang und
blickte durch die Runde. Es war ein schräges Gefühl von
all den Leuten angestarrt zu werden, wovon er die meisten
ja auch gar nicht kannte.
Dann blickte er nach vorne auf seine Braut. Allerdings sah
sie ihn nicht an sondern blickte direkt an ihm vorbei in den
langen Gang der zum Ausgang der Kirche führte. Langsam
drehte er sich um und mit ihm die meisten Gäste. Mitten im
Gang, einige Meter von der letzten Sitzreihe entfernt, stand
Ruîn und blickte zu ihm herüber. Er drehte sich wieder nach
vorne wo die kleine langsam ihren blonden Kopf schüttelte
und den Blumenstrauß langsam nach unten fallen ließ.
Jeran zuckte mit den Schultern dann grinste er und wandte
sich um. Mit schnellen Schritten rannte er durch den breiten
Gang zwischen den Sitzreihen, erwischte Ruîn an der Hand
und zog sie mit sich zum Ausgang.
Sie stürzten nach draußen und die gepflasterte Hauptsrasse
der Hauptstadt entlang. „Hey was machst du denn??“
„Ich hab keine Ahnung!“ Jeran lachte lauthals, während er sie
immer weiter zog, an der Stadtmauer entlang, durch zahlreiche
Händler und Abenteurer hindurch bis sie den Eingang von
Prontera erreicht hatten. Jeran warf einen Blick über die
Schulter um zu sehen ob ihnen jemand den ganzen weiten
Weg nach unten gefolgt war, konnte allerdings niemanden
entdecken. Sie schlängelten sich durch die ganzen Leute
die sich vor der Stadt versammelt hatten und liefen dann
weiter nach Süden bis nach Izlude. Keuchend und nach
Atem ringend klammerte sich Ruîn an einen Fahnenmast,
welche zahlreich am Hauptplatz herumstanden.
„Du hast aber auch keine Kondition.“ Jeran kicherte während
die Assassine ihn böse von unten herauf anfunkelte.
„Was machst du nur für Sachen?“ Sie wischte sich den
Schweiß von der Stirn. „Ach, du kennst mich doch.“
Mit einer schnellen Bewegung umfasste er sie an den
Hüften und hob sie hoch. „WAAAAASSS??“
Er lief mit ihr nach hinten an die Klippen nahe dem
Bootssteg und ignorierte gekonnt ihre Befreiungsversuche.
Mit einem lauten Schrei stürzte er sich mit ihr in die Fluten.
„IIIIIISSSTTT DAS KALT!“ Brustend war Ruîn neben
Jeran aus dem Wasser aufgetaucht und stürzte sich auf
den Clown. Sie tauchte ihn mehrmals unter bis er um
Gnade rief. Das tat er allerdings mehr wegen einem
Lachanfall als wegen dem Tauchen. Das Meerwasser
war wirklich angenehm kühl an diesem heißen Sommertag
und sie schwammen ein wenig um die Insel herum bis sie
Duir entdeckten der am Steg stand.
„Hast du nicht was vergessen? Heiraten zum Beispiel?“
„Ach vielleicht nen ander Mal.“ Jeran griff nach oben
um sich an den Planken hochzuziehen überlegte es sich
allerdings anders und schnappte sich Duirs Arm.
In einem Hohen Bogen flog der Sniper zu ihnen ins Wasser.
„Ihr seit echt verrückt, wisst ihr das?“ Duir kicherte und
goss eine beträchtliche Menge Wasser aus seinem Köcher.
„Ach bei dem Wetter schadets ja nicht.“ Ruîn reichte ihm ein
paar Pfeile die sie aus dem Wasser gefischt hatte. Die Drei
saßen auf der Klippe neben der großen Arena und
trockneten ihre Sachen.
„Ach ja…“ Der Sniper kramte kurz in einer seiner Taschen
und drückte Jeran dann etwas in die Hand. „Hmmm…“ Langsam
drehte der Clown einen goldenen Ring zwischen den Fingern hin
und her. „Naja er hat ihr ja eh nicht gepasst.“ Er erwischte
Ruîn and er Hand und schon ihr den Ring über den Finger.
Er passte perfekt.
„Siehste? Solltest dich mal mit deinem Schicksal anfreunden.“
Jeran grinste und Ruîn schüttelte kichernd den Kopf.
„Na gut, ich muss dann wohl noch ein paar Dinge erledigen.“
Jeran stand auf und wollte gerade in Richtung Izlude Hauptplatz
aufbrechen als er sich noch mal zu den beiden umdrehte.
„Nächstes WoE ist es soweit.“
Damit ging er.
„Was?“ Ruîn sah das Duir lächelte.
Ice
Ice
Das sich die geplatzte Hochzeit recht schnell herumgesprochen
hatte, wunderte Ruîn eigentlich nicht wirklich, da sich ja auch
ein paar ihrer Gildenmitglieder in der Kirche befunden hatten,
das man sie allerdings als den Grund dafür ansah war ihr neu.
Sobald sie den Gemeinschaftsraum betrat verstummten alle
Gespräche und alle Anwesenden starrten sie für ein paar
Sekunden an.
Dann drehten sich die ersten wieder um und ein paar flüsternde
Gespräche begannen. Hier und da wurde auf sie gezeigt. So schnell
sie konnte durchquerte sie den Saal und rannte die Treppe nach oben.
Toll, das letzte was sie gebrauchen konnte waren falsche Gerüchte.
Was hatte sich Jeran da bloß wieder gedacht?
Als sie ihre Tür erreichte hielt sie kurz inne und atmete durch.
Sie betrat das Zimmer und wollte sich eigentlich nur noch schnell
der nassen Kleider entledigen als sie Solar und Deedee anblickte
die nebeneinander auf dem Bett saßen.
Überrascht blieb Ruîn mitten in der Bewegung stehen. Eigentlich
hatte sie angenommen das ihr Zimmer leer sein würde.
„Oh hallo.“
Deedee stand auf. Irgendwie wirkte sie ein wenig geknickt.
„Wie war die Hochzeit? Du warst doch dort?“ Solar sprach zwar mit
ihr, blickte aber an ihr vorbei.
Ruîn seufzte. Die Gerüchte hatten sich also schon bis zu ihnen
durchgesprochen. Langsam trat die Assassine ins Zimmer wobei
sie ihre Hände hinter dem Rücken hielt und sich den Ring vom Finger
abzog.
„Ich geh dann mal. Wir sehen uns.“ Die Priesterin schob sich an
ihr vorbei und durch die Tür.
Ruîn betrachtete Solar. „Was auch immer du gehört hast, es ist
übertrieben.“
„Hmmm? Was war…?“ Nun sah er sie an.
Sein Gesicht war rot und er wirkte ein wenig neben sich.
Was immer mit ihm los war, es lag wohl doch nicht an der
geplatzten Hochzeit. „Jeran hat es sich anders überlegt und
seine Braut am Altar stehen lassen.“ Sie ging langsam an ihm
vorbei und betrachtet den Assassinen nachdenklich.
„Sie hat mich geküsst…“ Er blickte hinüber zur geschlossenen Tür.
„Es war aber keine Absicht von mir und…“
Nun verstand sie. Es ging um Deedee.
„Möchtest du sie denn küssen?“
„Wie?“ Solar blickte Ruîn verdutzt an und sie zuckte mit
den Schultern.
„Na ob du es willst?“
„Eh, nein, ich… eigentlich nicht.“
„Hast du ihr das auch gesagt?“
Sie hatte den großen Massivholzschrank geöffnet in dem ihre
Klamotten lagen und zog einige davon heraus. „Ja natürlich
hab ich das, aber…“
„Und wo genau ist nun dein Problem?“ Kritisch betrachtet sie
ein Loch in einem ihrer ledernen Strümpfe.
„Du bist nicht böse auf mich?“ Solar war aufgestanden und kam
langsam zu ihr herüber.
„Sollte ich?“ Ruîn blickte ihn stirnrunzelnd an. Sie fand
sowieso das er besser zu Deedee gepasst hätte als zu ihr.
„Ich weiß nicht…“
Sein Gesichtsausdruck war irgendwie so verwirrt das Ruîn
kichern musste.
„Himmel, vergiss das doch einfach. Das musst du mit ihr
klären nicht mit mir.“ Sie zog sich um und trocknete schnell
ihre Haare. Sie wollte noch ein wenig über den Markt schauen,
vielleicht auch nach Isan suchen und sich sicherlich nicht
mit Deedee auseinandersetzten.
Die Nachmittagssonne begann langsam hinter den Dächern
von Prontera zu verschwinden während Ruîn mit Isan über
den Markt spazierte.
„Öhm, bist du gar nicht eifersüchtig?“ Die Whitesmith
blickte von einem Stapel Monstercards hoch während Ruîn sie
mit hochgezogenen Augenbrauchen betrachtete.
„Mhm, weil ich ja selber so treu bin.“ „Hast du denn… mit
Jeran… nein?“ Isan seufzte während die Assassine den Kopf
schüttelte.
„Entscheid dich doch mal.“ Sie schob Ruîn an den nächsten Stand
wo gerade ein Alchemist WoE taugliche Waffen stapelte.
„Das sagst du so leicht.“
Unter dem Cart blickte ein Homunculus der Vanilmirth art hervor
und mit einem leichten Quitschen begann Ruîn damit es ein wenig
zu stupsen. Sie mochte diese kleinen Monster die ein wenig aussahen
wie ein Schokoladenpudding mit leckerem Gelee Drumherum.
Sie wusste das Isan Recht hatte. Sie konnte nicht ewig so weiter
machen. Seit über zwei Jahren war sie nun mit Solar verheiratet,
und so an sich lief es ja auch ganz gut. Und auf ihren Mann
konnte sie sich wenigstens verlassen. Er haute nicht ständig
ab und ignorierte sie monatelang. Ob das wohl ihre Schuld
war? Sie stand wieder auf und sah sich ein wenig bei den anderen
Merchants um. Allerdings konnte sie sich nicht so wirklich auf
die angebotenen Waren konzentrieren.
Während des nächsten WoEs kamen dann die ersten Gerüchte
auf. Gerede über eine neue, und anscheinend sehr starke, Gilde.
Das war an sich ja nichts neues- beinahe jedes Mal gab es
mehrere neue, oder umstrukturierte Gilden und Allianzen,
allerdings war es diesmal etwas anders.
Ruîn bekam davon nicht wirklich etwas mit. In den Schlössern in
denen sie kämpften passierte nichts wirklich Ungewöhnliches. Wie
immer stritten sie sich mit mehreren ähnlich organisierten Gilden
um das Emperium. Abwechselnd in einem Castle in Prontera und in
einem in Payon. Leider hatten sie das, beim letzten Mal, eroberte
Schloss nicht halten können, da sich die Leader nicht auf eine
geeignete Strategie hatten einigen können. Alles in Allem war es
also ein ganz gewöhnliches WoE gewesen.
Als sie sich dann mit ein paar von Solars Freunden zum Prontera
Pub aufmachten, um dort zu Abend zu essen kamen sie beim großen
Brunnen am Hauptplatz an eine etwas größere Versammlung.
Natürlich war es nicht unüblich, dass sich nach dem WoE überall
Leute zusammen fanden um lautstark über die Ereignisse zu
diskutieren, oder zu streiten, aber diesmal fehlten eben diese.
Die meisten Leute, an denen sie sich vorbeidrängelten, waren
eher still.
Viele betrachteten die Liste der Schlösser, andere zuckten mit den
Schultern hier und da hörte man erstaunte Gesprächsfetzen. Neugierig
schob sich Ruîn zwischen einem Priest und einer Sniper hindurch um
selbst einen Blick auf die Liste zu werfen.
Da sie sich nicht so wirklich für das WoE interessierte bemerkte
sie zuerst nichts ungewöhnliches, dann aber guckte ihr Solar über
die Schulter.
„Magic fehlt.“
„Ja, das ist das erste Mal seit fast einem halben Jahr.“
Stimmte ihm der Priester rechts neben Ruîn zu.
„Eine neue Gilde hat sie raus gehauen. Sie nennen sich Ice.
Hier in Leprion.“ Meldete sich ein Lord Knight von weiter
hinten und deutete auf die Liste von Britonniah.
Ruîn betrachtete kurz das Gildenlogo, einen blauen Pfeil auf
schwarzem Grund, und drängelte sich dann wieder von der
Informationstafel weg. Nachdem sich auch die anderen wieder
bei ihr eingefunden hatten setzten sie ihren Weg zum Pub fort.
„Wow, glaubt ihr das es wirklich nur eine Gilde war oder eine
große Alli?“ Solar blickte durch die Runde. Ruîn zuckte mit
den Schultern. Ihr war das egal. „Die Allianz von Magic besteht
aus über 70 Leuten soweit man das weiß, natürlich waren
nicht alle in dem Castle, aber für eine einzige Gilde wäre das
doch echt unmöglich denen das wegzunehmen.“ Einer von
Solars Freunden gestikulierte wild mit seinen Händen während
er sprach.
„Aber von einem WoE zum nächsten kann sich nicht einfach so eine
große Allianz gebildet haben die es dann einfach so mal mit Magic
aufnimmt ohne das man das sofort weiß. Dazu sind ja viele gute
Leute nötig, das würde sofort auffallen.“
Ein Rouge nickte. „Trotzdem schafft das eine einzelne Gilde nicht.“
Solar schüttelte den Kopf.
„Also mir ist das zu hoch, da blicke ich nicht durch.“ Neben Ruîn
war Deedee aufgetaucht und hängte sich bei ihr ein.
„Männer und ihre Streitereien.“ Sie kicherte während Ruîn nur
mit den Schultern zuckte. Sie verstand zwar auch nicht gerade
viel von allen Ereignissen des WoEs, aber sie wusste wohl das
Magic eine der größten und stärksten Gilden war die es überhaupt
gab. Wenn es also eine einzelne Gilde geschafft hatte ihnen das
Castle abzuknöpfen war das schon eine beachtliche Leistung. So
Ähnlich dachten auch viele Andere und man wartete gespannt auf
das nächste WoE in ein paar Tagen. Es würde zeigen ob es sich
lediglich um einen dummen Zufall gehandelt hatte.
Am nächsten Sonntag hatten sich verdächtig viele Gilden vor
Leprion eingefunden. Auch die Leader von Ruîns Allianz
waren neugierig und ließen das WoE hier starten, obwohl
sie sonst eigentlich nicht in Britonniah unterwegs waren.
Die Enttäuschung war dementsprechend groß als man die
Burg stürmte und sich dort kein einziger Mensch aufhielt.
Es dauerte dann auch nicht lange und die Allianz der Magic
Gilde hatte sich ihr Territorium zurückgeholt. Plötzlich ging
ein Raunen durch die Gilden. Ice hatten ein Schloss in Lunia,
dem WoE Gebiet nahe der Stadt Aldebaran erobert. Kurz
darauf waren sie in Valkyre Ream unterwegs und dann
wieder in Britonniah bei Geffen. Sie waren also nicht auf
ein bestimmtes Castle aus.
Ruins Gilde beschloss also das WoE wie gewohnt zu machen und
sich nicht um Ice zu kümmern. So wie diese Gilde unterwegs war,
würden sie sie früher oder später sicherlich aus Zufall irgendwo
antreffen.
Sie kämpften sich also durch ein paar ihrer angestammten
Castles gegen ihre üblichen Gegner.
Und dann war es plötzlich soweit. Aus der Vorhalle des
Empraumes in Kendul kamen die ersten Meldungen.
„Sie kommen!“
„Ice kommt!“
Es waren Boten einer feindlichen Allianz die als Erstes in
den Raum stürmten, gefolgt von zwei Tanks und einem Storm Gust
der gleich mal die Hälfte der Feinde am Eingang wegfegte. Der
Empraum von Kendul war halb geflutet und man musste aufpassen
um nicht ins Wasser zu fallen.
Als nächstes schossen Pfeile durch die Schneeflocken hindurch
und ein großes Vanilmirth stürzte sich auf einen Lord Knight.
Ruîn hatte ein wenig abseits des Eingangs gestanden und
drängte sich nun zwischen kämpfenden Gildenmitgliedern
und feindlichen Mitstreitern in Richtung Eingang.
Und dann, zwischen einigen anderen Ice Mitgliedern sah sie
plötzlich einen Clown der beinahe Jeran sein konnte. Bis auf die
dunkelblauen Haare die unter dem Featherberet hervorstanden.
Als der Clown geradewegs an ihr vorbei rannte grinste er
und sie erkannte ihn.
Es war wirklich Jeran!
Ruîn blieb fast der Mund offen stehen als sie ein High Wizzard
anrempelte und daran erinnerte das sie immer noch im WoE kämpfte.
Die ersten Member von Ice hatten inzwischen schon das
Emperium erreicht und Ruîn sah schon fast keine eigenen
Gildenmitglieder mehr. Eigentlich konnte sie nur noch
abwarten wer nun als erstes das Emp zerstören würde.
Eine Hand wurde ihr auf die Schulter gelegt und sie
blickte in Isans Gesicht.
Die Whitesmith zwinkerte ihr im vorbeilaufen zu. Das konnte doch
nun wirklich nicht wahr sein. Erst Jeran und dann auch noch Isan!
Nach einem kurzen Umsehen konnte sie auch noch Thuris in der
kämpfenden Menge entdecken bevor sich der Empraum in die Waldlichtung
bei den Culberts verwandelte.
Ice hatten Kendul erobert.
Entscheidung
Entscheidung
„Ich fass´ das nicht, wie habt ihr das angestellt?“
„Süße, es geht um Können, nicht nur um Masse.“
Isan nickte und stellte eine Schale mit Keksen auf den Tisch.
„Das WoE hat sich in den letzten Jahren leider nur zum
Schlechteren verändert, es wurde Zeit das sich mal was tut.“
Ein High Priester den Ruîn nicht kannte war auch anwesend.
Sie war nach dem Abendessen mit Duir zu Isan gekommen
um sie ein wenig auszufragen. Zuvor hatte sie noch Solar mit
Deedee ins PvP oder sonst wohin geschickt, damit sie auch
beschäftigt waren. Inzwischen hatten sie sich nämlich auch
wieder vertragen.
„Aber es war schon überraschend, nicht wahr?“ Jeran grinste
und strich sich die blauen Haare aus dem Gesicht.
„Würdest du bitte dieser Person nochmals sagen, dass ich nicht
mehr mit ihm spreche.“ Ruîn drehte sich zu Isan die seufzte und
mit der Hand vor Jeran herumfuchtelte.
„Du hast schon gehört.“
„Sag mir doch wenigstens warum?“ Er war aufgestanden und
schob sich zwischen Duir und Ruîn nachdem diese sich ja gleich
weit von ihm weggesetzt hatte. Allerdings bekam er nichts aus
der Assassine heraus, sie ignorierte ihn den ganzen Abend lang.
Sie sprachen noch eine Weile über das WoE und die neue Gilde
bis sich schließlich der High Priest zuerst zurückzog. Nachdem
Ruîn nicht mit ihm sprach ging auch Jeran und zerrte Duir mit sich.
Ruîn blieb noch etwas um Isan beim Aufräumen zu helfen, nachdem
ihr kleiner Sohn sich lauthals aus dem Schlaf gemeldet hatte und
nun Thuris beschäftigte.
Es war knapp nach Mitternacht als sich die Assassine langsam
auf den Heimweg machte. Hoch über den Dächern der Stadt
leuchtete der Mond und eine kühle Brise fegte zwischen einigen
Bäumen hindurch. Es war eine sehr schöne Nacht.
Ruîn seufzte als sie Jeran an der Hausecke stehen sah.
„Ich spreche doch nicht mit dir...“
„Dann sag mir doch wenigstens weshalb. Ist es wegen der Haare?“
Er war neben ihr hergegangen und obwohl sie es gar nicht wollte
wurde sie doch langsamer.
„Also wenns deshalb ist, das lässt sich wieder ändern, und… Was?“
Sie blickte den Clown mit erhobener Augenbraue an. Das konnte
doch nicht sein Ernst sein, dass er absolut nicht wusste was sie störte.
„Ach komm schon, was hab ich angestellt? Sag schon, sag schon.“
Obwohl sie ja schon recht schnell ging schaffte er es trotzdem um
sie herum zu laufen.
„Angestellt? Gar nichts, mach doch einfach weiter wie bisher.“
Jetzt war sie wirklich sauer.
„Hau doch einfach wieder ab ohne ein Wort! Melde dich nicht mehr
bei mir nur bei allen anderen! Und mach weiter mit allen deinen
Frauengeschichten!“
Sie war stehen geblieben und sie standen sich nun gegenüber und
Ruîn musste sich wirklich anstrengen die Tränen zurückzuhalten.
„Ahja.“ Er hatte die Hände gegen die Hüften gestemmt und nickte
grinsend „Und du hast das alles auch schon mal aus meiner
Perspektive betrachtet?“
Langsam ging er auf die Assassine zu und betrachtete sie von oben
herab. „Wer von uns beiden ziert sich denn die ganze Zeit?“
Ruîn war ein paar Schritte nach hinten gegangen und stieß gegen
einen Baumstamm.
„Es ist halt nicht einfach wenn man ständig etwas vor der Nase hat,
das man ja doch nicht haben kann!“ Jeran sah ihr fest in die Augen.
„Ach ist es das, was du von mir willst? Einen One Night Stand!?“
Ruîn schnaubte verächtlich.
„Das wäre dann ja immerhin schon mal ein Anfang!“
Sie blickten sich richtig wütend in die Augen und in Ruîns Kopf
flammten plötzlich Bilder eines längst vergangenen PvP Kampfes
auf. Sie senkte den Blick und Jeran zuckte mit den Schultern.
„Was willst du denn das ich tue?“
„Garnichts…“
Sie blickte nach rechts hinüber wo in einiger Entfernung eine kleine
Trainingsparty laut lärmend aus einem Warp aufgetaucht war.
„Guck nicht immer weg.“
Er erwischte sie am Kinn und zog ihren Kopf hoch.
„Wenn ich nicht mehr abhaue, wechselst du dann zu uns?“
„Wie meinst du das?“ Ruîn hob die rechte Hand um die seine von
ihrem Kinn weg zuschieben.
„Das was ich mal zu dir in der Bibliothek gesagt habe. Erinnerst
du dich?“
Sie blickte ihn überrascht an. Wollte er wirklich das sie zu Ice kam?
„Wir haben für dich noch einen Platz freigehalten. Isan und Thuris
sind auch dafür. Du könntest eine Menge lernen.“ Fügte er noch
hinzu als sie ihn doch recht ungläubig anblickte.
„Ich kann doch nicht einfach so… einfach so meine Gilde verlassen…“
Ruîn zuckte mit den Schultern.
„Was hält dich dort?“ Jeran schüttelte langsam den Kopf.
„Sag mir nicht, dass du dort bleiben willst weil du ihn so sehr liebst.“
Ruîn seufzte. So Unrecht hatte er ja nicht mal. Im Prinzip war Solar
ja der einzige Grund warum sie immer noch dort war. Mit Danu und
Duir traf sie sich sowieso, das hing nicht mit der Gilde zusammen.
„Ich hab einfach nen schlechtes Gewissen wenn ich so einfach abhaue.“
„Wären so 2-3 Probe WoEs denn mal drinnen? Wenn du dich dann
besser fühlst? Oder hat er dir das auch verboten?“
Jeran grinste. Er musste sie ein wenig ärgern, sonst wurde das ja nie
was. Und er hatte Erfolg.
„Mir verbietet keiner was, also gut ich komme zu euch für eine
Probezeit.“ Ruîn nickte und verschränkte die Arme abweisend
vor sich. „Gut, gut dann treffen wir uns morgen Mittag am Brunnen
und ich zeig dir das Gildenhaus.“
Jeran zwinkerte ihr lächelnd zu während Ruîn nur kritisch eine
Augenbraue hob.
„Ok.“
Damit ging sie.
Solar war noch nicht von seinem Ausflug zurück als Ruîn das Zimmer
betrat. Gut so. Jetzt konnte sie wenigsten in Ruhe etwas nachdenken.
Sie verstreute ihre Sachen im ganzen Zimmer während sie sich umzog
und aufs Bett warf, hatte aber keine Lust alles wieder einzusammeln.
Naja das konnte sie ja auch morgen früh erledigen. Hinter den dünnen
Vorhängen konnte man den Mond über den Dächern der Stadt
scheinen sehen. Ruîn seufzte. Wie konnte sie nur Solar erzählen
das sie die Gilde verlassen würde? Auch wenn es nur mal kurz für ein
paar WoEs war? Irgendwie hatte sie ein schlechtes Gewissen, obwohl
sie eigentlich nicht wusste warum. Sie war ja nur Solar zuliebe in die
Gilde eingetreten, ihretwegen hätte das nicht sein müssen. Außerdem
gab es viele Paare die in verschiedenen Gilden WoE machten. Isan und
Thuris zum Beispiel. Vor Ice waren sie ja nicht mal in derselben Allianz
gewesen.
Irgendwo zwischen all den Gedanken hörte sie wie die Tür geöffnet
wurde. Sie hörte Deedee im Flur unterdrückt kichern und irgendetwas
sagen, dann herrschte wieder Stille. Sie hatte keine Lust sich nun mit
Solar zu unterhalten also stellte sie sich schlafend, morgen früh war
dafür noch Zeit genug.
Ein leichter Südwind wehte durch die Strassen der Hauptstadt und
jagte einige Blätter vor sich her. Der kleine Homunculus eines
Creators versuchte eines davon zu fangen und Ruîn musste lächeln
als dieser es trotz großer Anstrengung nicht erwischen konnte. Sie
schlängelte sich durch die zahlreichen Händlershops und blickte
zwischendurch auf um vielleicht Isan irgendwo zu sehen. Die
Whitesmith hatte ja auch öfters mal einen Shop offen. Als sie an
den Brunnen in der Stadtmitte kam sah sie Jeran schon von weitem.
Er hatte die Arme an die Hüften gestemmt und grinste sie mit schiefem
Kopf belustigt an. Seufzend musste Ruîn zugeben, dass ihm die langen,
blauen Haare verdammt gut standen.
„Gut hier bin ich nun also. Bereit um zu lernen.“
Sie nickte und Jeran ergriff ihre Hand.
„Fein, dann merk dir schon mal den Weg.“
Er zog sie mit sich in Richtung Westen, vorbei an vielen Alchemisten
und drängelnden Kaufwilligen. Während sie sich so von ihm durch die
Gegend zerren ließ dachte sie an die letzten paar Stunden. Ihr Gespräch
mit Solar war nicht gerade sehr angenehm gewesen. Natürlich hatte
er sie nicht verstanden, aber sie hatte auch nichts anderes erwartet.
Dabei war es am Anfang noch recht gut gelaufen. Er hatte zwar
verstanden, dass sie lernen wollte, aber als sie ihm sagte sie würde zu
Ice ziehen, wurde es ihm zuviel. Solar hatte ihr vorgeworfen sie würde
seine Freunde nicht mögen (als ob sie jemals viel mit denen zutun
gehabt hätte), als Ehepaar hätten sie gefälligst zusammen zu wohnen
(ihr Argument mit Isan und Thuris zog leider nicht da Solar Isan nicht
leiden konnte), und schlussendlich warf er ihr vor sie würde ihre Ehe
nicht ernst nehmen und sowieso nur zu Jeran wollen. Darauf hatte
sie dann nur noch den Kopf geschüttelt und war gegangen.
Sie erreichten das Gildenhaus in der Nähe des Prontera Frisörsalons
und betraten die Eingangshalle. Es waren einige Leute da, unter
anderem Isan, Thuris und der High Priest den Ruîn am Vorabend
schon kennen gelernt hatte. Hier übernahm nun Isan die Führung
und schob Ruîn von einem zum anderen bis sie am Ende vor einem
blonden Clown stehen blieb. Sein Name war Sowel und er war der
Leader von Ice.
„Was willst du?“
„Richtiges WoE lernen.“
Er hob eine Augenbraue und grinste. „Klingt schon mal gut.“
Sowel nickte und gab Isan ein Zeichen. Die ergriff Ruins Arm und
zog sie weiter nach hinten zu der großen Treppe.
„Na dann, mal sehen wo wir dich unterbringen, die Zimmer…
Nein das kannst du gleich mal vergessen.“
Sie hatte den Finger erhoben und hielt ihn Jeran vor die Nase der
gerade den Mund geöffnet hatte.
„Sie bekommt ihr eigenes Zimmer.“ Damit öffnete die Whitesmith
eine der Türen im Gang.
„Du weißt ja gar nicht was ich sagen wollte.“ Jeran folgte den Beiden
in den Raum. Ruîn sah sich kurz um und nickte. Das Zimmer sah
dem im anderen Gildenhaus ziemlich ähnlich, nur das es etwas
kleiner war. Es verfügte über ein Einzelbett links neben der Tür,
einen großen, massiven Schrank gegenüber, einen großen Tisch
mit mehreren Sitzmöglichkeiten und mehrere Holztruhen unter den
beiden Fenstern und an der Wand. Für ihre Sachen hatte sie also
mehr als genug Platz. Während sich Isan und Jeran noch ein wenig
in der Tür zankten warf sie ihre Sachen gleich in die nächste Truhe
und legte ihre Waffen darauf.
„So, bin eingezogen, was nun?“
„Hmmm, ich hab Kinderdienst weil Thuris dann auf ne Trainingsparty
geht. Also müsst ihr euch alleine beschäftigen.“ Isan winkte und
verabschiedete sich.
„Trainingsparty klingt ja schon mal nicht so schlecht.“
Jeran warf einen Blick auf Ruîns Waffen, hielt eine davon hoch, legte
sie wieder hin und besah eine andere.
„Für ein böses Monstergemetzel bin ich immer zu haben.“
Sie kicherte und schüttelte den Kopf. Dann stand Jeran plötzlich
neben ihr.
„Hmmm?“
„Ich…“
Er wirkte ein wenig unschlüssig.
„Was ist?“
Wollte er ihr sagen das er schon anderwaltige Trainingspläne hatte?
„Kannst du vielleicht…“
Ruîn zuckte mit den Schultern während Jeran sich umdrehte und
mit der Hand durch die Haare fuhr.
„Ach verdammt ist das schwer.“
Damit drehte er sich wieder um und drückte ihr eine kleine, samtige
Box in die Hand.
„Ich will jetzt keine Antwort haben, ich möchte nur das du darüber
nachdenkst, ne Woche, nen Monat, meinetwegen auch ein Jahr, aber
sag nicht gleich Nein.“
Sie öffnete den Deckel der Box und blickte auf einen goldenen
Ring mit einem herzförmigen Edelstein der die Farbe ihrer Augen
hatte. Es dauerte einen Augenblick bis Ruîn die Bedeutung des
Ringes erkannte und ihre Sprache wieder fand.
„So Kitschig kenn ich dich gar nicht…“
„Ja, ich weiß, schlimm nicht wahr.“
Damit wandte er sich wieder ihren Messern und Schwertern zu.
„Ich hab da was in Planung, Abysslake. Nur ne andere Waffe
brauchst du noch.“
Er reichte ihr eine von ihrem Stapel und sie verließen den Raum.
„Und du willst mich ernsthaft in den Abysslake mitnehmen?“
Ruîn war nicht ganz so wohl bei dem Gedanken an ein Zusammentreffen
mit den Drachen.
„Oh doch, Kleines. Das wird dir gefallen.“
Er grinste. Und er behielt Recht.
Der Abysslake lag westlich der kleinen Bergstadt Hugel und in
seiner Mitte, auf einer kleinen Insel, befand sich eine tiefe Höhle
in dessen Zentrum ein uralter roter Drache einen Schatz bewachte.
Detardeurus wurde er genannt.
Es gab viele die nach unten gingen um ihn herauszufordern, aber
den wenigsten gelang es den Drachen soweit zu bekämpfen, dass
er sich wenigstens für einige Zeit zurückzog. Ruîn und ihre kleine
Party machten allerdings einen sehr großen Bogen um ihn.
Sie waren recht untypisch nur in einer kleinen Gruppe unterwegs.
Jeran war der Partyleader und spielte das Bragi, Duir und Ruîn
waren für das töten der Drachen zuständig und Danu hielt sie am
Leben. Es war sehr anstrengend und mehr als einmal entkamen sie
nur knapp einem der großen, dreiköpfigen Hydrolancer die immer
in der Nähe des großen Detardeurus herumstreiften.
Aber es macht auch sehr viel Spaß, vor allem wenn sie nur einen
oder zwei kleine Drachen als Gegner hatten. Duir konnte sie mit
seinen Fallen sehr gut auf Abstand halten und dank dem Bragi
brauchte Ruîn gar keine Pausen zwischen ihren Skills. Ein Soul
Destroyer jagte den nächsten und Danu hatte ihre Mühe damit die
Drachen mit ihrem Lex Aetherna zu erwischen. Alles in Allem
machte es also wirklich einen Heidenspaß.
Leben
Leben
In den nächsten Tagen hatte Ruîn das Gefühl sie hätte bereits
mehr über das WoE gelernt als in den letzten 2 Jahren. Bei Ice
war es natürlich viel anstrengender und Sowel war sehr streng.
Während dem WoE gab es für ihn nur eines, und das war absoluter
Gehorsam. Er und seine Leute wussten ganz genau, was wann
zutun war.
Mit der Zeit erfuhr Ruîn auch das Sowel und einige andere
Mitglieder vorher in ein paar der Top Gilden verstreut gewesen
waren. Vor einigen Jahren, als Ruîn noch absolut gar nichts vom
WoE gewusst hatte, hatte es eine sehr starke Gilde gegeben in der
schon einige ihrer jetzigen Kollegen, unter anderem auch Thuris,
zusammen gewesen waren, allerdings hatte sich diese wegen einem
Streit der Leader damals aufgelöst.
Und jetzt hatten sich die meisten der Ehemaligen wieder zusammen-
geschlossen. Die Zeit war Reif für eine Veränderung gewesen.
Mit der Zeit lernte Ruîn auch was sie zutun hatte. Sie gehörte zu den
Leuten deren Aufgabe es war die gegnerischen Schlüsselcharaktere,
wie Sowel sie nannte, auszuschalten und alle anderen erstmal zu
ignorieren. Das waren in erster Linie die Leader der feindlichen
Gilde oder deren Wizzards. Im Prinzip bestand der Erfolg von Ice in
genau dieser Strategie.
Es mussten nur die richtigen Gegner ausgeschaltet werden, dann waren
auch Gilden von der drei- bis vierfachen Größe kein Problem.
An den Abenden nach den WoEs saßen sie dann entweder bei Isan
Zuhause oder im Gildenhaus entweder in kleiner oder großer Runde
zusammen und besprachen die verschiedensten Strategien untereinander,
jene die geklappt hatten und jene die nicht funktionierten, aus welchen
Gründen auch immer.
Ihre Tage verbrachte Ruîn nun meistens in ihrer Abysslake Party, ab
und zu versuchten sie sich auch mal an einem anderen Trainingsort
oder suchten ein wenig nach einem bestimmten Item oder einer Card.
Wobei sie da eher weniger Glück hatten. Sie fanden ein Paar Equipment
Teile im Abysslake die sie von Isan verkaufen ließen, aber das geschah
zu selten als das es sich ausgezahlt hätte.
Hin und wieder kamen auch andere Leute mit hinunter zu den Drachen,
meist ein weiterer Priester und jemand der töten konnte.
An Solar dachte Ruîn während dieser Zeit herzlich wenig und hatte
auch keine Lust ihn zu besuchen um über ihren Streit zu sprechen.
Und da er ja auch nicht zu ihr kam nahm sie an das er wohl dasselbe
dachte.
Nach ihrem Drachen- Training gingen sie meist noch zu Viert etwas
Essen, es gab ein wirklich gutes Restaurant in Louyang wie sie
herausfanden, oder Jeran nahm sie irgendwo hin mit. Oft traf sie
sich auch mit Isan, entweder um etwas zu tratschen oder, wie
heute, um Faihu zu sitten damit die Whitesmith auch mal was mit
ihrem Mann alleine machen konnte. Wobei es langsam wirklich
schwer wurde, da der Kleine angefangen hatte ziemlich flott
umherzulaufen, um dann mit großer Freude alle Schranktüren
und Laden zu öffnen um den Inhalt überall zu verteilen und dabei
Geschichten zu erzählen, bei denen man langsam auch die
Wörter verstehen konnte. Und ans schlafen war da schon mal
gar nicht zu denken. Isan musste grinsen als sie mal wieder
zurückkamen und der Kleine in seinem Gitterbett stand und mit
den Stofftieren spielte, während Ruîn auf einem Sessel daneben
eingeschlafen war.
„Du kannst auch gerne die Nacht hier schlafen wenn du möchtest.“
Thuris hatte Ruîn geweckt während Isan ihren Sohn aus dem
Bett nahm und ein wenig im Zimmer herumtrug.
„Ach das ist nicht nötig, beim Heimweg wach ich dann ja wenigstens
wieder auf.“
Die Assassine streckte sich und gab dem Kleinen zum Abschied
einen Kuss auf die Stirn. Auf ihrem kurzen Weg ins Gildenhaus
wurde sie dann tatsächlich wieder hellwach.
So wach das sie dann gar nicht mehr einschlafen konnte.
Nachdem sie sich etwa eine Stunde hin und her gewälzt hatte,
stand sie wieder auf, zog sich das nötigste an und verließ ihr
Zimmer. Vielleicht war ja auch Jeran noch wach, beziehungsweise
sie würde ihn wecken. Sie schlich sich im Cloaking die Treppe
nach oben und durch den langen steinernen Flur bis zu seinem Zimmer.
Sie klopfte.
Erst leise und dann etwas lauter.
Im Zimmer blieb alles still. Sie lauschte kurz an der Tür und drückte
dann vorsichtig an der Türklinke.
Es war abgeschlossen. Er war nicht da.
Sie seufzte und wandte sich zum gehen hielt aber nach dem ersten
Schritt inne und drehte sich wieder um. Sie überlegte kurz und setzte
sich schließlich auf die Fensterbank gegenüber der Tür. Vielleicht
kam er ja auch bald zurück. Einige Zeit lang beobachtete Ruîn die
dunkle Straße vor dem Gildenhaus.
Sie hatte keine Ahnung wie lange sie schon dort gesessen hatte
und zwischendurch war sie sicher auch ein wenig eingenickt, denn
das nächste was Ruîn wahrnahm war ein dumpfes Poltern im
unteren Stockwerk und dann näher kommende Schritte auf der
Treppe. Vor lauter schreck ging sie sofort in den Cloaking und
zog die Beine hoch auf den Sims des Fensters. Die Schritte wurden
lauter und dann hörte sie Gekicher. Langsam kam Jeran die Treppe
nach oben mit einer Gypsy an der Hand. Am Anfang des Ganges
küssten sich die beiden und die Gypsy schwenkte eine halbvolle
Flasche deren Inhalt sehr streng nach Alkohol roch. Dann flüsterte
sie Jeran etwas ins Ohr und Beide kicherten. Sie hatten die Tür
erreicht und während Jeran aufschloss fiel ihm die blonde Frau
um den Hals und sie verschwanden eng umschlungen im Zimmer.
Langsam ließ Ruîn die Beine vom Fenstersims sinken und glitt auf
den Boden. Für einen kurzen Moment starrte sie noch auf die
Zimmertür dann schlich sie sich langsam in ihr Stockwerk zurück.
Sie schlief in dieser Nacht gar nicht.
„Himmel, wie siehst du denn heute aus? Du wirst doch nicht etwa
krank werden?“ Jeran hatte den Gemeinschaftsraum der Gilde
betreten und war zu Ruîn an den Tisch gekommen wo diese
gerade versuchte wenigsten einen Apfel runter zu kriegen.
Sie hatte knallrote, blutunterlaufene Augen.
„Ich konnte nicht schlafen, das ist alles.“ Sie sah ihn nicht an.
„Und wie hast du geschlafen?“
„Sehr gut, nur zuwenig. Ich war gestern Abend noch etwas mit
Duir in Comodo unterwegs, is spät geworden.“
Er streckte die Arme über den Kopf und gähnte.
„Aha.“ Mit Duir unterwegs also.
Sie schnippte die Hälfte ihres Apfels zurück auf den Teller, vielleicht
ein wenig heftiger als sie gewollt hatte. „Hmmm, bist du sicher das
es dir gut geht?“
Er rückte mit dem Sessel näher an sie heran und strich ihr einige
Haare aus dem Gesicht.
„Ich kann das Training auch absagen oder verschieben. Das ist
kein Problem.“
Mit seiner Hand fuhr er ihr sanft über die Wange und drehte ihr
Gesicht zu sich um ihre geröteten Augen zu betrachten. Sie sah
ihn an, ihr Blick streifte seine Lippen und sie sah die Gypsy vor
sich wie sie ihm um den Hals fiel und ihn küsste.
„Das ist nicht nötig, es geht mir gut.“
Damit erhob sie sich und verließ den Raum so schnell sie konnte
ohne zu rennen. Jeran blickte ihr etwas verdutzt hinterher.
Während der Trainingsparty versuchte sie sich nichts anmerken zu
lassen. Es gelang ihr auch einigermaßen, sie war ja lediglich sehr müde.
Auch Jeran benahm sich eigentlich wie sonst immer. Langsam
schluckte dann auch Ruîn ihren Ärger hinunter.
Ring hin oder her. Solange sie verheiratet war, hatte sie kein Recht
auf Jerans Frauengeschichten sauer zu sein. Es war schon schlimm
genug das sie überhaupt Eifersüchtig war.
Die nächsten paar Tage und Wochen begann sich Ruîn mit zwei
unliebsamen Tatsachen zu beschäftigen.
Erstens: sie wusste das ihre Ehe mit Solar zu Ende war. Selbst wenn
sie sich wieder mit ihm aussöhnen würde, sie konnte nicht mehr zu
ihm zurück, egal wie sehr sie sich das auch einreden wollte. Sie hatte
ihn aus den falschen Gründen geheiratet, das wusste sie und es tat
ihr wirklich Leid. Leider war eine Scheidung nicht gerade billig und
ihre Ausgaben für Waffen und Potions konnte sie ja auch nur grade
mal so mit Hilfe von Isan und deren Beziehungen zur Merchantgilde
lösen. Da sie kein Glück mit wertvollen Items hatte, begann sie nun
wieder damit jeden Abend ein oder zwei Stunden lang in der Nähe
von Payon die Poison Sporen zu jagen. Diese giftigen Monster,
die ein wenig wie große blaue Pilze aussahen, verfügten über giftige
Sporen die man ganz gut an Alchemisten verkaufen konnte. Das
war zwar nicht viel, rechnete sich aber auf Dauer. So würde sie
ihre Scheidung in den nächsten Monaten bezahlen können.
Die zweite Sache war ein Fenster im Gemeinschaftsraum des ersten
Stocks. Vom Sims aus konnte man genau die Eingangstüre des
Gildenhauses sehen. Auch wenn sie sich bald wie ein Stalker
vorkam saß sie nun fast jeden Abend dort und beobachtete die
Tür. Sie fand heraus das Jeran durchschnittlich 2-3 Mal in der
Woche irgendwelche Frauen mitbrachte. Ein paar Mal blieb er
auch ganz weg. Tagsüber ließ er sich allerdings nie etwas anmerken.
Langsam wurde Ruîn wirklich neugierig auf die Partys in Comodo.
Waren dort wirklich immer so viele Leute?
War das wirklich so lustig?
Konnte man dort echt so viele Frauen kennen lernen?
Sie war zwar schon das ein oder andere Mal dort gewesen,
allerdings hatte sie nie so auf die anderen Leute dort geachtet.
Nun, Comodo war eine freie Stadt und es stand Jedem zu
dorthin zu reisen wann immer man wollte.
Sie wartet ein paar Tage ab bis Jeran und Duir wieder mal nach
dem Wochenendstraining Partypläne schmiedeten und klopfe
sicherheitshalber auch ein paar Mal an seine Tür um sicher zu sein,
das er auch wirklich nicht da war. Dann nahm sie den Kafra-
Teleportservice zuerst nach Morroc und weiter nach Comodo.
Die Stadt der Feste war nachts von unzählbaren Lichtspielen und
Feuerwerken erhellt und zahlreiche Menschen liefen überall umher.
Man konnte sich die, in ganz Midgard berühmten, Tanzvorführungen
der Gypsys und Dancer der Comodo Tanzschule auf mehreren
Freiluftbühnen, oder der großen Tanzhalle ansehen, oder den
Barden und Clowns bei ihren Musikspielen lauschen. Überall
konnte man Süßigkeiten und kleine Naschereien von Händlern
und Ständen erwerben und zu trinken gab es auch genug. Obwohl
Ruîn schon einige Male in Comodo gewesen war, machte sie immer
noch große Augen im Angesicht des fröhlichen Treibens das
anscheinend in der ganzen Stadt stattfand. Sie drängelte sich durch
mehrere Bars, wobei sie ein oder zwei sehr exotisch aussehende
Getränke unbedingt versuchen musste, und hörte gerüchteweise
von einem großen Fest das gerade in der großen Tanzhalle stattfand.
Als sie an der Halle ankam, standen dort wirklich viel mehr
Leute herum als anderswo und man konnte die Musik bis
weit an den Strand hinunter hören. Der große Saal war beinahe
ganz dunkel, überall blinkten Lichter im Takt der Musik und
wohin man auch blickte tanzte die Menge. Oben auf einer
der Zuschauerplattformen saß auch Jeran in einer Gruppe
von ungefähr sieben, acht Leuten die miteinander tanzten,
lachten oder auf den Stühlen herum saßen und sich immer
mal wieder, wegen der Musik laut brüllend, unterhielten.
In der Gruppe war eine grünhaarige Scolar, der er es wohl
angetan hatte, denn sie hatte einen Arm um seinen Hals gelegt
und flüsterte ihm ständig irgendwas ins Ohr. Die Hälfte
verstand er zwar wegen der herrschenden Lautstärke sowieso
nicht, allerdings kitzelte es ganz angenehm. Er nahm einen
Schluck aus einer grauen Flasche während seine Bewunderin
laut kicherte und damit begann ihn am Hals zu kitzeln.
Langsam ließ er den Kopf in den Nacken sinken und vernahm
das sie wieder irgendetwas flüsterte, aber er hörte nicht hin.
Als er wieder aufblickte sah er Ruîn am Ende der Plattform
am Aufgang stehen.
Durch das helle Licht hinter ihr konnte Jeran zuerst nur ihre
Silhouette erkennen, aber sie war es unverkennbar. Mit einer
fließenden Armbewegung stand er auf und schob die Scolar
von sich weg. Ruîn sah ihn mit erhobenem Kopf an und lächelte
wissend. Langsam kam er auf sie zu. Sie trug die Boyscap die
er ihr mal geschenkt hatte und ihren Assassine Cross Body.
Die Rüstungsteile und den roten Schal hatte sie komplett
weggelassen, trug nur die Handschuhe und die Overknees.
Und sie hatte den Ring an einer goldenen Kette um den Hals.
Noch nie hatte er eine Frau so sexy gefunden wie Ruîn in
diesem Moment. Sie legte ihm die Arme um die Schultern, er
umfasste sie an den Hüften und sie tanzten.
Er fragte sie nicht warum sie hier war, sie fragte ihn nicht nach
der Scolar, sie tanzten nur, Stunde um Stunde verging, die
Musik wechselte von langsam zu schnell und wieder zurück,
die Lichter blinkten im Takt. Seine Hände wanderten über
ihren Rücken, fuhren durch ihre Haare, zogen sie an ihn.
Schweißperlen glitzerten im Schein der zahlreichen Lichter
auf ihrer Haut. Sie sah ihn von unten herauf an, sie lächelte.
Als seine Stirn die ihre berührte schloss sie die Augen. Der
Rhythmus der Musik wurde schneller. Die Assassine ließ erst
den Kopf und dann den ganzen Oberkörper nach hinten fallen
und Jeran hielt sie an den Hüften fest. Mit einem Ruck zog er
ihren rechten Oberschenkel nach oben und richtete sie wieder
auf. Er küsste sie. Heftig, wild, tief. Sie konnte seine Fingernägel
an ihrem Bein spüren. Langsam löste sie sich von ihm und drehte
ihm den Rücken zu. Ruîn hob die Arme über den Kopf und
schwang sie im Takt mit der Musik. Jeran hatte die Arme um
sie gelegt. Sie bewegten sich langsam, fließend ganz mit der
Musik. Ruîn hatte den Kopf nach hinten in den Nacken gelegt
und der Clown ließ seine Lippen langsam über ihre Haut streifen.
In dem Moment sah er ihn. Unten am Eingang mit einem Knight
und einem Hunter. Solar. Die Drei standen ein wenig herum und
sahen sich auf der unteren Ebene um, dann blickte der Assassine
nach oben. Ein oder Zweimal streifte er Jeran mit seinem Blick
schien ihn aber nicht zu erkennen. Dann allerdings blickte er ihn
direkt an. Er hatte ihn ohne Zweifel gesehen. Und mit ihm natürlich
auch Ruîn. Er starrte ihn ein paar Sekunden lang an, Wut erfüllte
seinen Blick. Dann fuhr er herum und verließ das Fest. Beinahe
konnte man die Tür unter der Musik zuknallen hören. Jeran
schloss die Augen und grinste.
Was für eine Genugtuung!
Er hatte gewonnen!
Sie war bei ihm.
Nifflheim
Nifflheim
Als die Assassine erwachte wusste sie zuerst gar nicht wo sie war.
Dann bemerkte sie den Arm der sich um ihre Hüfte gelegt hatte.
Erschrocken fuhr Ruîn herum und blickte auf Jeran der neben ihr schlief.
Ach ja.
Langsam ließ sie sich wieder auf das Kissen zurück sinken und schloß
die Augen. Es war schon ziemlich hell draußen, vermutlich sogar schon
nach Mittag.
Das sie recht lange in Comodo getanzt hatten, daran konnte sie sich
noch erinnern, aber was war dann gewesen? Sie blinzelte.
Sie hatte ihre Klamotten, bis auf die Handschuhe, noch an. Ein Seitenblick
verriet ihr das auch Jeran fast vollständig bekleidet war. Es war also
nichts weiter geschehen. Vorsichtig schob sie seinen Arm von sich und
stand auf. Auf dem Boden lagen ihre und Jerans Schuhe, seine Jacke
und ihre Handschuhe schön verteilt um das ganze Bett herum. Auf der
Bettkante sitzend schlüpfte sie in ihre Assassinenstiefel und angelte
nach einem der Handschuhe der unter dem Bett hervorragte.
„Jetzt sag nicht du versuchst schon vor dem Frühstück zu flüchten?“
Sie fuhr herum. Jeran hatte die Augen geöffnet und beobachtete sie
mit hinter dem Kopf verschränkten Armen. „Ach, zum Frühstück
sehen wir uns ja unten.“
„Das war nicht ganz das, an das ich gedacht hatte…“ Er beugte sich
zu ihr und legte ihr den Arm um den Hals. „Machen wir doch da
weiter wo wir gestern aufgehört haben…“ Während er sie küsste s
prangen Ruins Gedanken im Kreis. Jeran war viel direkter als sonst,
irgendetwas musste gestern Nacht wohl doch noch passiert sein.
Allerdings konnte sie sich an nichts weiter als an die Party erinnern
und an einige, sehr bunte und süße Getränke durch die sie sich
gekostet hatte.
Verdammt.
Nein sie konnte das nicht. Sie war immer noch verheiratet. Sie konnte
sich jetzt nicht einfach so doch noch in eine Affäre stürzen. Langsam
schob sie Jeran von sich weg und stand auf.
„Ich hab was zu erledigen.“
„Jetzt?“
„Ja, ich muss mich mit Solar treffen. Das Training lasse ich heute ausfallen.“
Damit stand sie auf und verließ das Zimmer. Jeran seufzte. Weg war sie.
Wie immer. Egal was er tat. Und dann wollte sie sich auch noch
ausgerechnet mit diesem Assassinen treffen! Mit einer schnellen
Bewegung fegte er alles das auf dem Nachttisch herumlag zu Boden.
Ruîn schlich sich weitestgehend im Cloaking an ihr altes Gildenhaus
und wartete vor dem Eingang darauf das Jemand herauskam, um
auch ungesehen hineinschlüpfen zu können. Sie wollte nicht unbedingt
mehr Aufmerksamkeit erregen als nötig. Da es schon Mittag war
schienen die meisten Leute entweder im Gemeinschaftsraum oder
beim Training zu sein, denn sie begegnete niemandem. An ihrer alten
Zimmertür angekommen überlegte sie kurz ob sie anklopfen oder
einfach reingehen sollte.
Ruîn seufzte.
Es war nicht mehr ihr Zimmer. Langsam klopfte sie dreimal und
öffnete dann die Tür. Ruîn erstarrte inmitten der Bewegung und blickte
auf Deedee, die in ihrem Bett lag und dann auf Solar der auf einem
Sessel gegenüber saß.
Die nun folgende Stille war beinahe Unerträglich. Die Drei blickten
sich an. Schließlich seufzte Solar und Ruîn fand ihre Stimme wieder.
„Raus.“
Sie blickte auf die Priesterin.
„Aber…“ Deedee zog die Decke an sich und machte keine Anstalten
sich zu erheben.
„Raus!“
Mit einer schnellen Bewegung schleuderte die Assassine einen ihrer
Giftpfeile auf die Priesterin. Dieser krachte nur ein paar Zentimeter
neben ihrem Kopf in das hölzerne Bettende. Mit einem lauten
Kreischen sprang Deedee aus dem Bett und an die Tür. Sofort schob
Ruîn sie auf den Flur hinaus und knallte ihr diese vor der Nase zu.
„Hey! Du kannst nicht…!“ Solar war aufgestanden und wollte an
die Tür aber Ruîn war schneller. Sie schob sich dazwischen und
drängte ihn in an den Sessel zurück.
„Sie wird das schon 2 Minuten lang überstehen. Dann bin ich wieder
weg.“ „Was willst du?“ Solar setzte sich wieder und hatte die Arme
verschränkt.
„Es beenden. Aber wie ich sehe ist das ja wohl nicht mehr nötig.“
Sie trat an den Schrank und nahm noch ein paar ihrer Waffen heraus.
Sie hatte bei ihrem Umzug noch nicht alles mitgenommen. Schnell
hatte sie ihre restlichen Klamotten zusammengerafft.
„Du hast doch damit angefangen.“
„So? Was habe ich denn getan?“
Nachdenklich betrachtete sie ein Katana von dem sie nicht mehr
wusste wem es gehörte.
„Na was wohl, mit diesem Clown geschlafen!“
„Nein hab ich nicht.“ Sie schüttelte den Kopf und reichte ihm das
lange Schwert. „Vielleicht hätte ich es sollen, keine Ahnung,
aber ich habe es nicht. Ist das deines?“ Er blickte flüchtig auf die
Waffe und zuckte mit den Schultern.
„Aber ich habe euch gestern gesehen. Ihr wart da in Comodo und ihr
lebt ja schließlich nun auch zusammen.“
„Halt mich ruhig für Blöd, aber das ich mit dir verheiratet bin, hat mir
wohl doch mehr bedeutet als eine Affäre.“
„Soll das nun alles meine Schuld sein?“ Er wanderte hinter ihr im
Zimmer auf und ab und Ruîn konnte ein Zittern in seiner Stimme
erkennen das ihr gar nicht gefiel. Sie legte das Schwert zurück,
sie brauchte es nicht.
„Nein, nein das ist es nicht.“ Mit zwei schnellen Schritten war sie bei
ihm und zog ihn an sich. „Es ist meine Schuld gewesen. Von Anfang
an habe ich falsch gehandelt.“ Solars Schultern zitterten heftig und
er klammerte sich fest an sie. Ruîn blickte nach oben an die Decke
damit sie nicht auch noch losheulen musste. Der Assassine sagte
irgendwas aber sie konnte nicht alles verstehen. Er hätte sie wohl
niemals in seine Gilde holen sollen dann wäre alles anders verlaufen.
Ruîn nickte zwar, während er sich das wohl mehr selbst, als ihr
erzählte, aber sie wusste doch das auch das nichts gebracht hätte.
Von Anfang an war er immer ihr kleiner Bruder gewesen, anstatt
der Mann an ihrer Seite.
Langsam löste sie ihre Arme von Solar und schob ihn eine
Armeslänge von sich weg. Mit einem leichten Kopfnicken
deutete sie in Richtung der Tür.
„Da draußen steht die Frau die besser zu dir passt als ich. Das weiß
ich seit dem ersten Moment als ich sie gesehen habe.“
Solar seufzte aber sie konnte sehen wie er versuchte sich ein Lächeln
zu verkneifen. „Wieso sagen das bloß immer alle?“
Sie lächelte als sie seine Hand nahm und ihm etwas hineinlegte.
„Dann weißt du ja was du zu tun hast.“ Ruîn trat an die Tür und
öffnete sie während er die Hand aufschlug und den goldenen
Diamantring betrachtete.
„Tu ihm weh und ich komme wieder, verlass dich drauf.“ Zischte sie
der Priesterin ins Ohr und wandte sich an die Treppe, während Deedee
mehr fragend als erschrocken zu Solar ins Zimmer blickte.
Als sie ins Freie hinaustrat musste sie erstmal richtig durchatmen.
Sie fühlte sich gleichzeitig wahnsinnig erleichtert und unheimlich
traurig, und sie hatte das Gefühl sie würde jeden Moment in
Ohnmacht fallen. Langsam machte sie ein Paar Schritte, dann
schwang sie sich den Beutel mit ihren Sachen über die Schulter
und drehte sich um. Ruîn sah nach oben an ihr ehemaliges Fenster.
Es war Deedee die ihr entgegenblickte. Als sich die Assassine
wieder ihrem Weg zuwandte sah sie wie die Priesterin ihr langsam
zum Abschied winkte.
„Das hier, das auch, oh ja das, das brauch ich eh nie…“ Mit den
Fingern schnippend förderte Ruîn ein Item nach dem anderen aus
ihrem Kafralager und übergab es an Isan die hinter ihr stand und
über ihre Schulter spähte.
„Und du bist dir sicher das du das willst?“
„Ja ich möchte mich so schnell wie möglich scheiden lassen.“
Sie standen an der Kafrastation von Payon weil Isan dort seit dem
frühen Morgen mit einem Verkaufsstand voller Bögen
herumgesessen hatte. Sie wollte sich gerade mit Thuris in dem
kleinen Restaurant treffen als Ruîn bei ihr aufgetaucht war, und
sie gebeten hatte einige Items zu verkaufen. Nun sahen sie gemeinsam
alles durch.
„Nah ich weiß, ich mein ja nur, kann das nicht noch warten, du kannst
ja noch etwas sparen. Oder lass dir einfach die Hälfte von Solar
geben.“ „Nein ich will das jetzt erledigen, außerdem hat er damals
die Hochzeit bezahlt.“
Sie seufzte als sie der Whitesmith mehrere Headgears überreichte.
„Scheiden lassen ist aber viel teurer…“ Murmelte Isan während sie
das Geld zückte. „So, den Rest leih´ ich dir bis ich alles verkauft habe.“
„Danke.“ Mit einem breiten Lächeln fiel Ruîn ihr um den Hals.
„Und wehe dir wenn du noch mal so einen Blödsinn machst.“
Die Whitesmith erhob drohend den Finger.
„Ich werde mich hüten.“
Nifflheim, die Stadt der Toten, in welcher auch der Scheidungsteufel
hauste, war nur äußerst schwierig zu erreichen. Entweder man kämpfte
sich durch die endlosen Wurzeln des heiligen Yggdrasilbaumes um
den herum die Waldstadt Umballa errichtet worden war, oder man
stürzte sich an seiner Wasserstelle quasi in den Tod. Ruîn wählte
den Sprung.
Die Stadt war dunkel und düster, die Gebäude aus rohem Stein
und alles was dort wuchs war blattlos und verdorren, aber hatte
trotzdem etwas unheimlich schönes an sich. Überall huschten weiße
Gestalten über die Strassen und die Ketten der größeren Monster
rasselten überall in den kleinen, verwinkelten Gassen. Man musste
sehr gut aufpassen, hier konnte man überall angegriffen werden und
nicht wenige hatten bereits ihre Seelen hier zurückgelassen. Langsam
überquerte die Assassine den Hauptplatz der Stadt, vorbei an einer
längst verstorbenen Kafraangestellten die ihr mit leeren, weißen
Augen zunickte. „Wiir siinnd auch immm Tode füür euch daaa…“
Es dauerte nicht lange bis sie das Haus des Teufels gefunden hatte,
es lag gleich links neben dem großen Platz und dann stand sie ihm
auch schon gegenüber. Es war ein schelmisch kicherndes Deviruchi,
oder was Ruîn eher vermutete, der Geist eines solchen.
Ähnlich wie schon bei ihrer Hochzeit ging es ganz schnell. Sie erklärte
warum sie hier war und das Monster kappte die magischen Bande
der Hochzeitszeremonie, mit denen sie und Solar verbunden waren
und alles wurde schwarz.
Als Ruîn erwachte war sie alleine. Das Deviruchi war nicht zu sehen.
Langsam versuchte sie aufzustehen, gab den Versuch allerdings
gleich wieder auf, als schwarze Punkte vor ihren Augen erschienen.
Sie atmete einige Male tief durch und kramte dann am Boden liegend
einen Butterflywing aus ihrer Tasche. Als ihren zur Zeit festgelegten
Kafrateleportpunkt hatte sie Lighthalzen gewählt, da dort das Ice
WoE startete und sie war froh nicht am Partysammelpunkt von
Prontera zu erscheinen, da sie immer noch nicht auf ihren Füßen
stehen konnte. Aber hier im Norden von Lighthalzen waren kaum
Menschen unterwegs. Hier trafen sich alle im Süden am Platz vor
dem großen Hotel. Sie konnte hier also in Ruhe auf einer der Bänke
an der Stadtmauer sitzen und wieder zu Kräften kommen.
Es war bereits später Abend als Jeran von der Abysslake Party
ins Gildenhaus zurückkehrte. Er war beunruhigt. Seit sie ihn
Gestern verlassen hatte, war Ruîn noch nicht wieder aufgetaucht.
Sie würde doch wohl nicht immer noch bei Solar sein? Er schloss
die Tür mit einem kräftigen Ruck und warf seine Waffen von sich.
Er konnte doch nicht einfach in sein ehemaliges Gildenhaus stürmen
und die Herausgabe einer verheirateten Frau fordern.
Leider.
Langsam ließ er sich auf das Bett fallen und starrte an die
Decke. Ein Schatten vom Fenster wanderte an ihm vorüber
und er hatte keine Ahnung wie lange er schon dalag als es
plötzlich an der Tür klopfte.
„Ich habe das WoE gestern verpasst, es tut mir leid.“ Es war Ruîn.
Sie sah ihn nicht an.
„Ist doch egal. Komm rein.“ Sie nickte während sie an ihm vorbei
ins Zimmer trat und ans Fenster wanderte.
Sie trug die Kette mit dem Ring nicht mehr.
Faihu kicherte als Isan ihm die Bunnyears aufsetzte und sich
selbst ein Piratenbandana samt Augenklappe.
„Hat das auch irgendeinen Grund das wir hier so…
so rum sitzen?“ Hinter ihnen am Tisch saß Thuris und lugte
skeptisch unter einem rosa Ayamhut hervor. „Ja, meinem
kleinen Schatz hier gefällt das nämlich.“ Sie nickte, hob ihren
Sohn hoch und drehte sich mit ihm schnell im Kreis bis Beide
laut lachten. „Und wo hast du das alles her?“ „Ich soll das für
Ruîn verkaufen. Sie brauchte das für ihre Scheidung.“ Isan ließ
Faihu auf den Boden zurück und der Junge rannte zu seinem
Vater um an dem langen Stoffband des Hutes zu ziehen.
„Hmmm, also hat sie sich wohl entschieden?“ „Vielleicht.“
Isan zuckte mit den Schultern. Sie hoffte das ihre Freundin
diesmal die richtige Entscheidung treffen würde.
Von dem Platz vor dem Gildenhaus drangen die üblichen,
spätabendlichen Geräusche nach Oben. Die Nähe zum
Hauptpartyplatz war auch deutlich zu hören. Ruîn blickte durch
ein paar Bäume hindurch nach Unten. Jeran saß hinter ihr auf
dem Bett und überlegte was sie ihm wohl zu sagen hatte.
„Solar und ich haben uns nicht wirklich lange unterhalten.“
Sie seufzte während er schwieg.
„Ich habe schon so viele Fehler gemacht…“
Sie atmete tief ein während sie sich langsam ihre langen Handschuhe
auszog und sie auf den Boden fallen ließ.
„Ich habe keine Ahnung ob das hier auch einer ist, aber…“
Als sie ihren roten Schal ebenfalls abnahm konnte Jeran ihre
Hände sehen.
„… aber ich möchte ihn machen.“
Sie trug den Ring.
Jeran stand auf während sie sich zu ihm umdrehte.
Sie trug seinen Ring!
Er zog sie an sich und küsste sie. „Ich war in Niffl…“
Er nickte während er ihr mit der Hand sanft über das
Gesicht strich. „Der Teufel hat… ich habe…“ Seine Stirn
berührte die ihre und Ruîn sah ihm an das er wusste was
sie meinte.
Das sie nun geschieden war.
Das sie jetzt bereit war, es mit ihm zu versuchen.
Prontera
Prontera
Sie heirateten gleich am nächsten Morgen. Es waren nur Isan
und Duir anwesend, die einzigen Beiden die um diese frühe
Uhrzeit schon aufzufinden gewesen waren. Ruîn musste beinahe
kichern als ihr Blick während der Zeremonie auf ihre Freundin
fiel und sie die Worte „Na Endlich!“ schon fast hören konnte.
Nach der Trauung bestand Jeran darauf, dass sie jetzt sofort
nach Jawaii zu fahren hatten. Diese kleine Insel war das
Hauptanlaufsziel frisch verheirateter Paare und Ruîn konnte sich
ein Grinsen nicht verkneifen. Dafür das Jeran all die Jahre, die sie
sich nun schon kannten, nichts von Hochzeit, Treue und Monogamie
zu halten schien, entpuppte er sich nun doch als sehr traditionell.
Sie verbrachten zwei schöne Wochen auf der tropischen Insel
bevor sie sich dann wieder ihrer Trainingsparty und der
WoE Gilde widmeten.
Bis auf die Zeit damals vor einigen Jahren, als ihre nächtlichen
Ausflüge mit Duir und Jeran noch geheim gewesen waren, hatte
Ruîn das Gefühl nun wirklich ihre glücklichste Zeit zu erleben.
Bald schon nach der Hochzeit wollte Jeran nicht mehr im Gildenhaus
leben und sie zogen in eine kleine Dachgeschoßwohnung im
Südwesten von Prontera. Dort konnten sie nun auch endlich selber
mal Besuch empfangen und mussten sich nicht immer alle bei Isan
und Thuris treffen.
Kurz nach dem Umzug beschlossen auch Duir und Danu das es
vielleicht an der Zeit wäre sich ein Zimmer zu teilen, während Ruîn
und Isan gespannt darauf warteten ob sich nicht auch ein Ring zeigen
würde. Und kurz nach Faihus drittem Geburtstag war es dann
schließlich auch soweit! Duir und Danu heirateten in der Kirche
ihrer Heimatstadt Hugel.
Auch hörte Ruîn von einer weiteren Heirat. Etwa ein halbes Jahr
nach der Scheidung hatte Solar Deedee geheiratet. Sie freute sich
sehr für die beiden und hoffte das Solar nun auch mit der richtigen
Frau glücklich war.
Ein kleines Trübnis war schließlich Sowels Entschluss die Gilde
Ice zu schließen. Er wurde auch langsam älter und wollte sich
endlich mehr um seine Familie kümmern. Das letzte WoE wurde
angesichts der versammelten Massen von Kämpfern wohl von
sämtlichen Gilden mitverfolgt und noch viele Jahre später hörte
man ehemalige Gildenleader davon schwärmen. Ice wurde wahrlich
zu einer WoE- Legende.
Jeran sah sich danach eine Zeit lang die verschiedensten WoE Gilden
an und folgte schließlich Thuris in eine seiner ehemaligen Gilden.
Ruîn die das WoE außerhalb von Ice nicht wirklich hatte leiden
können, beschloss eine kleine Pause einzulegen bis sich Jeran sicher
war auch bei dieser Gilde zu bleiben. Auch Isan musste pausieren,
wenn auch nicht ganz so freiwillig wie Ruîn. Sie und Thuris würden
bald ein zweites Kind bekommen. Thuris war die Freude darüber
auch anzusehen und Ruîn kam nicht umhin auch bei Jeran einen
ganz gewissen Blick zu bemerken wann immer er Isan sah.
Eigentlich hatte sie bisher noch nie so wirklich über Kinder
nachgedacht. Die schief gegangene Schwangerschaft vor knapp
3 Jahren hatte ihr schon ein wenig Angst eingejagt. Allerdings hatte
ihr der Arzt damals auch versichert das sie zweifellos immer noch
ein Kind bekommen konnte. Wenn sie es halt wollte.
Nur in ihrer Ehe mit Solar hatte sie eben nicht gewollt. Sie wusste,
wenn sie mit ihm ein Kind gehabt hätte, hätte sie sich nicht von ihm
trennen können.
Schließlich beschloss Ruîn für sich selbst, das sie schon gerne mal
ein Kind haben wollte, allerdings noch nicht sofort. Sie würde noch
ein, oder zwei Jahre warten. So würde sie Gelegenheit haben mit
Isans Baby üben zu können und sie würde dann wohl auch wissen
ob ihre Ehe mit Jeran auch wirklich eine längere Zeit überdauern konnte.
Und alles schien wirklich gut zu laufen. Jeran blieb bei Thuris in
der Gilde. Ab und zu, so alle zwei Wochen ließ sich auch Ruîn
zu dem einen oder anderen WoE überreden, obwohl es ohne
Ice wirklich nicht mehr dasselbe war. Unter der Woche hatten
sie ein paar Trainingspartys am laufen, meistens mit Danu und
Duir zusammen, wenn Thuris die Männer nicht zu einer seiner,
wie Danu immer zu sagen pflegte, bösen Partys einteilte. Diese
fanden dann meist an Orten statt die Ruîn und Danu nicht wirklich
mochten, beispielsweise in der Rachel Sanctuary, einer
verwunschenen Tempelanlage im Norden der eigentlich sehr
schönen Stadt Rachel, oder in den Laboren der Rekenber Anlage
von Lighthalzen. Meist zogen die beiden Frauen dann zu Zweit los
oder hingen mit Isan am Markt herum. Hier entdeckte Ruîn auch
das schöne Hobby des Headgearmixens für sich. Es gab einige
Händler in Midgard die sich auf die Herstellung der verschiedensten
Headgears verstanden, wenn man ihnen nur die richtigen Items dazu
brachte.
Es war sehr zeitraubend, und Jeran schüttelte immer verständnislos
den Kopf wenn Ruîn ihm ihre neuesten Hüte zeigte, aber es machte
ihr auch großen Spaß. Und das war ja schließlich das Wichtigste.
Tage, Wochen, Monate vergingen, Duir und Danu zogen in ein
kleines Häuschen in Hugel, Isan und Thuris bekamen eine
bildhübsche Tochter mit denselben goldblonden Haaren ihrer
Mutter und Ruîn beschloss das es nun auch für sie Zeit wurde.
Sie waren glücklich. Es war die schönste Zeit ihres Lebens.
Alles war perfekt.
Zu perfekt.
Es begann in der dunkelsten Stunde der Nacht. Kaum eine
Menschenseele war noch unterwegs. Das leichte Zittern des
Wüstenbodens blieb außerhalb der Stadt unbemerkt. Bis der
markerschütternde Schrei der Kafraangestellten die ersten
Bewohner aus dem Schlaf riss. Das nun folgende Beben zerstörte
Alles. Die meisten Bewohner Midgards bemerkten nichts.
Die meisten schliefen tief und fest.
Dann startete der erste Überfall.
„PAYON WIRD ÜBERRANNT!“
Erschrocken fuhr Ruîn aus dem Schlaf hoch. Von draußen
hörte man zahlreiche Stimmen und Schreie.
„Was zum…, was ist da los?“
Jeran war bereits aufgestanden und am Fenster.
„Keine Ahnung, aber da draußen ist die Hölle los.“
Schnell zogen sie sich ihre Klamotten und Rüstungen an und
suchten ein Paar Waffen zusammen. Sie verließen das Haus
und folgten dem Strom der Menschen in Richtung Stadtmitte.
Von überall hörte man aufgeregte Gesprächsfetzen.
„…Payon angegriffen…“ „… keine Nachrichten mehr aus
Morroc…“ „… tausende Monster überall…“ „… alles
zerstört…“ „…alle Tot…“
Sie erreichten den großen Platz vor dem Schloss. Zahlreiche
Soldaten waren am Tor damit beschäftigt die ankommenden
Menschenmassen daran zu hindern in das Gebäude zu stürmen.
Dann trat plötzlich Stille ein als ein älterer Mann in einem
Fenster im ersten Stock erschien. Ruîn erkannte sein Gesicht
von zahlreichen Bildern die schon in vielen Städten gesehen
hatte. E
s war Tristan der 3. der König von Midgard.
„Mein Volk, meine Mitbürger! Das Schlimmste ist geschehen!
Wir werden angegriffen…“
Mit einem Mal ging ein lautes Raunen durch die Menge und
die Menschen drängten sich wieder gegen die Soldaten.
„RUHE! Bewahrt Ruhe!“
Ein etwas älterer High Wizzard war neben dem König ans Fenster
getreten und hatte die Arme erhoben. Ruîn erkannte in ihm den
Leader der derzeit größten WoE Allianz. Während er von einem
Monsterangriff auf Payon berichtete erkannte Ruîn noch einige
andere Gildenleader hinter ihm und an den weiteren Fenstern
des Schlosses. Nachdem er seinen Bericht beendet hatte und
der König nochmals zur Ruhe aufgerufen hatte, verließen die
Leader das Gebäude und drängten sich zwischen die Wartenden.
Schnell trennte sich die Menge und die einzelnen Gilden fanden
zueinander.
Obwohl sich Ice eigentlich aufgelöst hatte, waren sie nun fast
alle um ihren ehemaligen Leader versammelt.
„Die Lage ist sehr ernst.“ Begann Sowel während sie sich alle
enger um ihn zusammendrängten.
„Aus Morroc kommt nichts, die Stadt ist aufgegeben, auch
für Payon werden wir nicht kämpfen, Nein!“
Er hob die Hand um jeglichen Einwand Einhalt zu gebieten.
„Zahlreiche Gegner sind auf dem Weg hierher, wir müssen
Prontera verteidigen, die meisten Menschen und alle Flüchtenden
aus Payon sind hier. Und wir haben ein weiteres Problem.“
Während er sprach hatte sich Ruîn ein wenig umgesehen.
Und es waren nicht die drohenden Monstermassen die sie
ängstigten, vielmehr war es die Panik in den Gesichtern und
Stimmen der Leader.
„Eine große Horde ist auf dem Weg nach Juno, sie werden
die Stadt noch vor Prontera erreichen, vermutlich haben sie
es auf Ymir abgesehen, den Weg zur Valkyre…“
Das Entsetzen in den Augen der zahlreichen Kämpfer war
beinahe greifbar.
„Sollten sie das schaffen…“
Hörte Ruîn einen High Priester hinter sich sagen.
„… dann ist alles aus…“
Das Nicken von Sowel sagte mehr als es jedes unnötige Wort.
Hinter ihnen strebten die Mitglieder der Magic Allianz
auseinander. „Ihr, ihr zwei, Du und ihr alle da hinten…“
Sowel zeigte auf einige ehemaligen Ice Mitglieder. „Ihr bleibt
hier, euch brauchen sie vorne an den Stadtmauern, der Rest
von euch holt alle Waffen, Potions, was ihr tragen könnt, es
geht nach Juno. So schnell wie nur möglich.“
Ein schnelles Nicken ging durch die Runde und alle machten
sich auf den Weg.
Ruîn rannte auf Isan zu. Die Whitesmith ergriff ihre Hände.
„Wir schaffen das, wir schaffen das!“ Ruîn konnte nur Nicken
während sie zusah wie Thuris seine Frau mit sich zog und Jeran
sie selber an der Hand ergriff.
Sie stürmten in ihre Wohnung und Ruîn wollte gerade ihre
Waffenkiste öffnen als Jeran sie ergriff und umarmte.
„Ich will das du nach Lighthalzen gehst. Jetzt sofort.“
Er hielt sie so fest an sich gedrückt das sie kaum noch Luft
bekam. „Nein… du weißt ich kann das nicht.“
Jeran seufzte. Langsam ließ er sie los und strich ihr mit der
Hand über den Bauch. „Ich will nicht das dir… das euch
etwas passiert…“
„Ich weiß…“ Sie konnte die Tränen kaum noch zurückhalten
und schüttelte den Kopf.
„Ich sehe aber nicht dabei zu wie ihr euch alle in Gefahr begebt.“
Damit küsste sie ihn. So schnell sie konnten rafften sie ihre
brauchbarsten Waffen zusammen und machten sich wieder
auf den Weg vor das Schloss. Von überallher stürmten die
Leute hier zusammen, Soldaten der Palastwache errichteten
Barrikaden an der Mauer und viele First Jobs oder gerade
frisch vom Rebirth Kommende führten Ältere oder Kinder in die
noch sicheren Gebäude innerhalb des Schlosses.
„Wo sind die Warps nach Juno?“ Mehrere Kämpfer standen
etwas unschlüssig vor den Toren.
„Wir müssen noch warten bis Alle hier versammelt sind, einzeln
nach Juno zu stürmen bringt nichts.“
„Sollen wir jetzt hier rum stehen und nichts tun?“
Ein Raunen ging durch die Gruppe. „Ja, genau das.“
Der Leader der Magic Allianz drängte sich mit einigen Anderen
in die Mitte. „Egal was an den Stadtmauern geschieht ihr bleibt
hier! Wir brauchen noch mehr Leute.“
Also warteten sie.
Für Ruîn war das fast noch schlimmer als das Kämpfen selbst.
Immer mehr flüchteten hinter ihnen in das Schloss während sie
auf die restlichen Kämpfer warteten und nicht Wenige die hier
bleiben würden, marschierten nach unten an die Stadtmauern.
Flüchtig erkannte Ruîn Solar in der Menge. Er war bereits Assassin
Cross, aber noch nicht lange genug um nach Juno mitgenommen zu
werden. Mit seiner jungen Frau Deeira an der Seite liefen sie,
einigen Mitgliedern aus ihrer Gilde folgend nach Süden an die
Stadtmauern. Zahlreiche Hunter und Sniper, aber auch ein Paar
Wizards und Sages hatten die steinernen Mauern erklommen,
während sich dicht unter ihnen Priester, Monks und Acolyten
aneinander reihten.
Sie würden eine Basilika, eine letzte Festung, gegen die Monster
bilden.
Das leise Zittern des Bodens war nun deutlich spürbar, als unter
den lauten Rufen schon die ersten Pfeile über die Mauern zischten.
„SIE KOMMEN!“
Binnen einer Sekunde erschienen hunderte Safetywalls innerhalb
eines goldenen Schleiers der sich vom Boden bis weit in den
Himmel erstreckte während eine riesige Kraft die Stadttore
zerbersten ließ. Viele der Priester die direkt davor gestanden
hatten, wurden nach hinten geschleudert und zahlreiche Monster
stürmten hindurch.
„HALTET DIE BASILIKA!“
Knights und Paladine stürzten sich auf die Angreifer während
schnell mehrere Priester in die Lücken am Tor liefen und die
goldene Wand schlossen. Mehrere Storm Gusts und Meteor
Storms fegten über die Stadtmauer gegen die Angreifer und
eine Safetywall nach der anderen versuchte die Priester gegen
den Pfeilhagel der Aufmarschierten Orc Archer und Archer
Raydrics zu schützen.
Aber die Basilika hielt.
Kein Monster konnte mehr durch das Stadttor. An ein Aufatmen
war allerdings nicht zu denken. Viele der Pfeile trafen, immer wieder
fielen die Priester und Monks und die Scolare taten ihr bestes um
sie mit Soul Change zu unterstützen. Hinter ihnen arbeiteten viele
Alchemisten an Potions und wieder andere schafften Herbs,
Gemstones und Medicine Bowl herbei. Aber eines wurde
schnell klar. Sie konnten zwar die Monster vor der Stadt halten,
aber um sie zu besiegen, bevor die wichtigen Items zu Ende gingen,
mussten sie nach draußen. Hinter den Priestern sammelten sich
Paladine und Lord Knights, sie würden durch das Tor stürmen und
wenn möglich ein wenig Platz für die Wizzards schaffen, damit diese
die Möglichkeit hatten einige der Monster zu töten. Nach wenigen
Minuten ging es los. Die Reiter stürmten durch die Tore, dicht
gefolgt von ihren castenden Mitstreitern. Von den Kämpfen am
Tor bekamen Ruîn und die meisten ihrer ehemaligen Gildenmitglieder
nichts mit. Sie warteten noch vor dem Schloss bis Sowel schließlich
den Befehl gab die Warps zu öffnen.
Ein letztes Mal zog Jeran seine Frau an sich und küsste sie.
Dann betraten sie gemeinsam den Warp nach Juno.
Juno
Juno
Die Verwüstung war enorm. Da es noch kaum Tag gewesen war,
hatten die Monster fast keine Gegenwehr erfahren als sie in die
Stadt gestürmt waren. Sogar als die Sages und Scolars die steinernen
Brücken, welche die einzelnen Teile der schwebenden Stadt
verbanden, zerstörten, hatte es nicht aufgehört. Wie aus dem
Nichts waren immer mehr Gegner erschienen und den meisten
Menschen war nur die Flucht geblieben.
Ruîn und ihre Gilde erschienen nahe des großen Hauptplatzes der
größten Insel und waren sofort mitten im Gefecht. Es waren nicht
hunderte, nein, es schien ihnen als wären hier tausende Monster
unterwegs. Fast alle Gebäude und Denkmäler hier waren bereits
zerstört, und man musste sehr gut aufpassen nicht auch noch über
die Trümmer zu stolpern. Sie hielten sich dicht zusammen am Fuße
einer umgestürzten Statue um erstmals die Lage zu überschauen.
Zahlreiche Kämpfe waren um sie herum schon im Gange, und so
strebten sie auseinander um sich den anderen Gruppen anzuschließen.
Südlich des Platzes an dem noch vor einigen Stunden eine
Kafra ihren Dienst getan hatte, waren die meisten Kämpfer
versammelt, eine zweite Front hatte sich im Norden nahe des
Sage Castles verschanzt um den Zugang zur Valkyre zu schützen.
Es hatte nicht lange gedauert bis man bemerkt hatte, das dieser
Übergang das Ziel des Angriffs war.
Überall erschienen Monster aus dem Nichts, und es waren
beinahe nur die Stärksten die umherzogen.
Das erste was Ruîn zu Gesicht bekam waren eine Mistress
of Shelter, ein Thanatos Odium und ein Skeggiold. Sie hatte
zwar schon bei vielen WoEs und Trainingspartys mitgemacht,
doch hier war nun alles anders. Von überallher hörte man
Befehle und Warnungen, überall gingen Kämpfer zu Boden,
schrieen Verwundete und kreischten Monster.
Sie kämpften, Stunde um Stunde, doch der Monsterstrom
hörte nicht auf. Kaum einer wagte daran zu denken was sich
wohl zeitgleich in Prontera abspielte.
Über der Stadt zogen sich die Wolken zusammen, hunderte
Storm Gusts tobten über die fliegenden Inseln. Ruîn hielt
sich in der Nähe ihrer Freunde als plötzlich neben ihnen
ein riesiges Monster, überseht mit zahlreichen Augen und
schwarzen Schwingen durch eines der Gebäude stürmte.
„Das ist Satan Morroc!“
Isan riss Ruîn zurück und einige Peco Reiter preschten nach
vorne. Sie sah Thuris einem Scolar ein Zeichen geben und
dann kam sofort ein Asura. Jeran ließ ein Bragi hinter ihnen
erklingen während Duir geschickt ein Paar Fallen für den
Mob des großen Monsters ausgelegt hatte.
Dann zitterte die Erde.
Heftig wurden beinahe alle auf den Boden geschleudert.
Satan Morrocs Erathquake Attacke.
Ein paar High Priester versuchten mit Sanctaury den
Verwundeten zu helfen während das Monster zu einem
Area Stun ausholte.
„Verdammt noch mal! Der sollte weit unter Morroc
versiegelt sein!“
Ein High Wizzard ging zwischen ihnen in Deckung bevor
er wieder einen Storm Gust über den Mob zog.
„Wie die Stadt jetzt aussieht will ich gar nicht wissen.“
„Ihr wisst schon das der Letzte der Satan Morroc besiegt hat,
jetzt als wahnsinniger Geist Menschen in einem Turm tötet?“
Isan schaufelte allerhand Trümmer und Gestein in ihr Cart,
um ihren Cart Revolution Angriff zu verstärken.
„Wir sind aber nicht alleine.“
Neben ihr sprang Thuris nach vorne für ein neues Asura
während der Satan wieder seine beiden riesigen Armen
auf den Boden niederschlug und das Beben wieder die Hälfte
aller Kämpfer niederriss. Schnell sprang Ruîn wieder zurück
auf die Beine, allerdings wurde es nicht besser. Irgendwas zog
an ihrer Kraft, sie konnte es fühlen. Ein Blick zu Isan zeigte ihr
das ihre Freundin es auch bemerkt hatte.
Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht.
„Es sind die Knochen!“
Isan und Ruîn fuhren herum. Ein High Priester deutete auf den
Platz hinter ihnen.
Überall ragten kleine weiße Knochen aus dem Boden.
Während sie die anderen weiterhin um den Satan und seinen
Mob kümmerten erklomm Ruîn mit dem High Priester die
umgestürzte Ruine eines Gebäudes und dann sahen sie es.
Ganz im Norden des ehemaligen Hauptplatzes stand es,
inmitten eines Kreises aus kryptischen Schriftzeichen.
„Komm zurück, sofort!“
Der Priester ergriff sie am Arm und sie liefen zurück zu den
anderen. Mehrere Lord Knights beschäftigten gerade den
Satan Morroc während sich ein paar weitere Kämpfer mit
den Monstern aus dem Mob beschäftigten.
„Dort hinten ist ein Entweihen! Er castet irgendwas.“
„Verdammt!“
Einige der Kämpfer riskierten einen kurzen Blick.
„Wir können hier nicht weg!“
Mit nur einem Schlag bebte wieder die Erde. Satan Morroc
und sein Gefolge gehörten zu den Stärksten Monstern die ihnen
je untergekommen waren. Und mit einem Mal zitterte die
gesamte Insel und der Boden unter ihnen hob sich.
Schnell sprang Ruîn auf die Reste des Gebäudes. Ein tiefer
Riss zog sich über den Platz, nicht mehr lange und die Insel
würde auseinander brechen und der Entweihen wäre außerhalb
ihrer Reichweite. Sie blickte hinüber zu ihren Freunden die
noch immer den Satan Morroc in Schach hielten und ihr Blick
traf Jerans.
Als er den Ausdruck in ihrem Gesicht sah schüttelte er den
Kopf doch es war zu spät.
Mit einem schnellen Satz sprang sie hinunter über den immer
breiter werdenden Spalt als sich plötzlich die Insel in zwei
Teile trennte. Aus der Ferne hörte sie Jeran schreien und als
sie aufblickte konnte sie das Monster direkt vor sich sehen,
keine 15 Meter weit entfernt.
Ein Entweihen Crothen.
Es sah aus wie ein Skelett das durch zahlreiche pulsierende
Ranken an einen hölzernen Pfahl gehalten wurde. Und der
Priester hatte Recht gehabt. Es castete irgendwas. Etwas
weiter im Westen hatte sich ein Kreis gebildet und ein schwarzes
Licht strömte daraus hervor. Der Blick des Monsters war
ganz auf diesen Kreis fixiert, was vermutlich der einzige Grund
war warum Ruîn jetzt noch am Leben war.
Schnell stand sie auf und rannte nach links, weg vom Entweihen
weiter zu dem schwarzen Kreis.
Als sie eine ihrer Giftflaschen zückte gab der felsige Untergrund
nach und der Boden wurde ihr beinahe unter den Füßen weggerissen.
Sie sprang nach vorne während hinter ihr zahlreiche Felsen
von der Insel abbrachen und nach unten fielen. Ruîn atmete
tief durch. Beinahe hatte sie vergessen das Juno meilenweit
über der Erde schwebte.
Einige dumpfe Geräusche erklangen hinter ihr und dann preschten
mehrere Peco Reiter auf das Entweihen zu. Erneut sprang sie auf
die Beine und suchte nach ihrer Giftflasche die ihr beim Sprung
aus der Hand gefallen war. Nur wenige Meter vor dem nun
fertigen Kreis lag sie am Boden.
Als sie den ersten Schritt nach vorne wagte sah sie den Kopf.
Langsam stieg er aus dem Portal nach oben.
Ein weißer Schädel gekrönt von einer toten Ranke, blaue und
rote Flammen unter sich herziehend. Mit ein paar schnellen
Schritten rannte sie auf das Monster zu und ergriff mitten im
Schritt die Flasche mit dem Assassinen Gift. Sie zog den
Korken heraus und schüttelte alles noch während des Laufens
über ihre Schwerter. Sie erhob ihre Waffen in demselben
Moment in dem auch der Naght Sieger seine beiden Schwerter
auf sie niederhieb.
Die Wucht schlug Ruîn mehrere Meter zurück. Sofort folgte
ihr das Monster. Sie schwang sich zurück auf die Beine und
griff ihn mit seitlichen Hieben an. Er durfte sie nicht noch einmal
so direkt treffen. Sie konnte hinter sich die Schreie ihrer
Mitkämpfer beim Entweihen hören, Hilfe konnte sie also nicht
erwarten. Mehrmals trafen ihre Schwerter aufeinander.
Ruîn wusste sie würde nicht lange standhalten können.
Weiter oben auf der Klippe der abgebrochenen Insel liefen
Jeran und Isan nach Osten um eine Passage auf den anderen
Teil der Insel zu suchen während Duir schnell neue Pfeile
zusammensuchte. Die anderen hatten es zwar geschafft Satan
Morroc zu schwächen, doch dieser war nun noch stärker
und wilder als vorher. Ohne Unterlass castete er seinen Area
Stun und den Eartquake. Im Todeskampf riss er die ganze
Reihe der Gebäude auf dem Hauptplatz bis hin zu den alten
Buchläden mit in seinen Tod.
Und dann hörte Duir einen Schrei der ihm das Entsetzen ins
Gesicht trieb. Danu.
Mehrere Überlebende standen zwischen den Trümmern und
halfen anderen sich zu befreien während vom Osten her schon
wieder mehrere Monster auf sie zukamen. Nur weil der
Satan Morroc besiegt war, hieß es nicht das sie aufatmen
konnten.
Während sich Thuris mit dem Scolar hinter ein Paar Lord
Knights zurückzog lief Duir an der langen Klippe entlang
aber er konnte Danu nicht finden.
Immer und immer wieder hieb der Naght Sieger auf Ruîn ein.
Sie hatte keine Ahnung wie lange sie noch durchhalten konnte,
hoffentlich hatten die anderen wenigstens den Satan Morroc
besiegt! Erschöpft fiel sie auf die Knie während das Monster
zum nächsten Schlag ausholte.
Doch als die Schwerter auf sie prallten blieb der Schmerz weg.
Stattdessen hörte sie Jemanden hinter sich. Sie warf einen
schnellen Blick über die Schulter während sie ihre Waffen gegen
den Naght Sieger erhob und erkannte einen High Priester und
einen Paladin.
„Pass auf!!“
Hinter ihr stand Helios und hielt sie im Sacrifice. Eine starke
Fähigkeit der Paladine die den Schmerz eines anderen auf sie
selber übertrug. Mehrere Kämpfer aus Helios Gilde waren
auf dem Weg zum Entweihen, sie mussten verhindern das es nicht
noch mehr solche Monster herbeirief.
So schnell sie konnte stieß sie mit ihren Schwertern zu aber der
Naght Sieger war stärker.
Immer wieder blockte er sie ab und traf sie. Doch solange sie
keinen Schmerz fühlte hatte sie die Oberhand. Sie musste ihn
verletzen, töten, irgendwas, solange Helios noch durchhielt.
Langsam wurde das Monster wütend, es sprang zurück und
begann zu casten.
Meteor Storm, Storm Gust, Stun Attack und Soul Destroyer,
ein Skill jagte den nächsten, bis Ruîn sich nicht mehr auf den
Beinen halten konnte und ein paar Meter nach hinten geschleudert
wurde. Ihre Verbindung zu Helios brach ab und neben ihr stürzten
mehrere Gebäude ein. Schnell schob sie einige Mauerreste von
sich. Sie war unverletzt. Allerdings konnte sie das Monster nicht
mehr sehen. Er musste hinter dem ganzen Geröll sein. Sie erklomm
die Gebäudereste und hörte irgendwo in der ferne Isan schreien.
Und dann hörte sie die Kinder.
In einem der Gebäude waren noch Kinder versteckt gewesen!
Vor ihr fegte der Naght Sieger einen Geröllhaufen zur Seite und
erhob seine Schwerter gegen drei kleine Mädchen. Ruîn schleuderte
eines ihrer Messer gegen den Kopf des Monsters während sie
zwischen die Kleinen und seine Schwerter sprang. Sie stieß die
Kleinen nach hinten „Lauft! Lauft!!“
Der Schmerz war unbeschreiblich. Das rote Schwert, das aus ihrer
Brust ragte war kalt wie Eis. Sie fühlte wie ihr der Boden unter den
Füßen entglitt, während der Naght Sieger sein Schwert in die Luft
hob und siegessicher brüllte. Ruîn sah den dunklen Himmel über
sich während ihre Hände die Kraft verließen und sie das rot
glühende Schwert losließ und dann war da nichts mehr.
„NEEIINN! NEIN, NEIN!!“
Heftig zog Isan an Jerans Arm um ihn zurückzuhalten. Es war vorbei,
sie konnten nichts mehr tun! Sie standen an der oberen Klippe und
sahen dabei zu wie das große Monster sein Schwert mit dem
durchbohrten Körper ihrer Freundin durch die Luft schwang und
Ruîn über den Abgrund in die Tiefe schleuderte, während hinter
ihm die Sonne am Horizont versank und die Welt ins Dunkel tauchte.
Langsam schob Danu einige Mauersteine von sich. Sie hatte
keine Ahnung wie lange sie Ohnmächtig hier gelegen hatte.
Um sie herum war es dunkel und still, lediglich der Wind pfiff
zwischen den Ruinen hindurch. Sie blickte sich um.
Überall lagen Menschen am Boden, teils verschüttet, teils sah
man nur Kleidungsfetzen unter Steinen herausragen. Tränen
schossen ihr in die Augen, dann sah sie die Monster.
Keine 20 Meter von ihr entfernt blickten sie die durchdringenden
Augen einer Horde Thanatos Begleiter an. Zitternd stand sie
auf und strich sich ihre rosa Priesterrobe glatt.
„Kommt nur her…“
Mit schnellen Schritten strömten die Monster auf sie zu.
Ein Griff in ihre Tasche zeigte ihr das sie noch genug Gemstones
hatte. Sie dachte an die vielen toten Menschen um sie herum,
sie dachte an ihre Familie, die glücklicherweise in Hugel noch
in Sicherheit war, sie dachte an ihren Mann Duir den sie vorhin
noch gesehen hatte und nun nicht wusste ob er überhaupt noch
am Leben war, und sie dachte an die Kinder, die vielen Kinder
die heute ihre Eltern verloren hatten.
Danu wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Für all diese
Kinder würde sie nun alles geben!
Für Isans Sohn Faihu, seine kleine Schwester Runa, und für
Ruîns Ungeborenes.
Als das erste Monster sie beinahe erreicht hatte riss sie die
Arme nach oben.
„REDEMPTIO!!“
Und mit einem Mal fuhr ein Blitz nach unten, durch sie hindurch.
Durch die Wucht wurde das Monster nach hinten geschleudert
während um sie herum alle gefallenen Kämpfer in die Luft gehoben
wurden.
Danu lächelte während sie zu Boden fiel.
Sie hatte es geschafft.
Durch ihren Tod würden einige der anderen Kämpfer wieder
Auferstehen! Es war das größte Opfer, das eine High Priesterin
zu geben in der Lage war.
Guilotine Cross
Guilotine Cross
„SO KOMMT DER MIR NICHT DAVON! SO NICHT!!!“
Jeran, Duir und Isan hatten endlich eine Stelle gefunden an der
die beiden Inseln noch nicht zu weit auseinander waren und
sprangen über den Abgrund.
Hier waren schon mehrere andere Kämpfer versammelt die
sich gegen die Knochen zur Wehr setzten.
„Er ist auf dem Weg zur Bibliothek, aber solange der Entweihen
hier noch lebt können wir nicht viel machen.“ Jeran nickte.
„Wir holen uns dieses Ungeheuer!“
Stille.
„Hörst du mich?“
Licht.
„Öffne deine Augen.“
Das Licht wurde heller und eine angenehme Wärme breitete
sich in Ruîns Körper aus, während sie langsam ihre Augen
aufschlug und die Valkyrie anblickte.
„Ich bin so froh das mich endlich jemand gehört hat…“
Sie lächelte.
„Wo bin ich?“ Die Assassine setzte sich auf. Sie war auf einer
steinernen Plattform umgeben von Wolken, ähnlich dem Ort
der Rebirthzeremonie.
„Du bist bei mir.“
„Was ist geschehen, wo sind die anderen, wo ist…“ Sie blickte
an sich hinunter, die Wunde des Naght Siegers war weg.
Die Valkyrie nickte. „Ich habe dich zu mir geholt damit du
mir hilfst. Die Zeit wird knapp.“
Ruîn nickte.
„Du musst zurückkehren und den Naght Sieger aufhalten.“
Sie legte Ruîn eine Hand auf die Brust und sie fühlte eine
starke Kraft.
„Das ist mein Geschenk an Euch.“
„Werde ich dann… weiterleben?“
Die Valkyrie sagte nichts, doch Ruîn wusste die Antwort
auch so. Langsam begann der Raum um sie herum zu
verschwimmen. Das letzte was sie hörte war die Stimme
der Valkyrie aus der Ferne.
„Schlagt ihm den Kopf ab.“
Die große Bibliothek im Sagecastle war der einzig bekannte
Zugang zur Valkyrie. Nur wer das heilige Buch las konnte
den Weg zum Himmel erkennen. Sollte der Naght Sieger es
zerstören, würde niemals wieder ein Krieger seinen Weg zum
Rebirth beschreiten können.
Viele Sages und Scolare hatten zwar den Eingang verbarrikadiert,
aber gegen den Nagt Sieger kamen sie nicht an. Mit Leichtigkeit
fegte er alles beiseite und riss die komplette Mauer der
Eingangshalle ein. Obwohl schon zahlreiche Pfeile aus seinem
Rücken ragten zeigte er nicht das geringste Anzeichen von
Schwäche. Mehrere Peco Reiter, ein High Wizzard und ein
Priester begleiteten Isan, Jeran und Duir in das Gebäude.
Viele Verletzte und Tote säumten ihren Weg durch die zerstörten
Hallen. So gut es ging versuchte der High Priest wenigstens
einigen zu helfen.
Dann betraten sie die Bibliothek.
Der Raum war Kreisrund und sicherlich 20, 30 Meter hoch
und ging ebenso weit in die Tiefe, die Wände waren voller
riesiger Regale, über und über mit Büchern und Schriftrollen
beladen. Das Buch der Valkyrie thronte auf einem Sockel
genau in der Mitte. Nur eine schmale Brücke führte von der
Halle zu dem steinernen Monument.
Duir, Jeran und Isan hatte ihre Liebe Mühe damit ihm zu
folgen, denn wann immer sie ihm zu Nahe kamen rief er einen
Dark Illusion herbei der die Drei angriff.
Sie betraten den hohen Saal als der Naght Sieger schon die
Hälfte der Brücke hinter sich hatte.
Während sich Isan auf den Illusion stürzte und ihn mit einem
gezielten Schlag durch ihr Cart von der Brücke schleuderte
drehte sich der Naght Sieger zu ihnen um. Hinter ihnen kamen
die Peco Reiter auf die Bibliothek zugestürmt.
Mit einem dumpfen Knall schloss sich die große Flügeltür
und die Drei waren mit dem Monster alleine.
Gleich vier Dark Illusions erschienen vor ihnen und drängten
sie nach hinten. Sie mussten aufpassen das der Meteor Storm
sie nicht von der Brücke riss. Jeran und Duir schossen so
viele Pfeile über die Illusions hinweg wie es nur ging während
Isan sich den Monstern in den Weg stellte. Zwar schwebten
die Illusions über dem Boden, aber wenn man sie über den
Abgrund brachte fielen sie trotzdem nach unten.
Meter um Meter kämpften sie sich durch die Monster nach
vorne bis es dem Naght Sieger wohl zu lästig wurde.
Er drehte sich um und erhob sie Schwerter, sofort stürmte
ein Storm Gust auf die Drei zu.
Schnell gingen sie hinter Isans Cart in Deckung.
„Verdammt!“
„Auf die Art geht mal gar nichts!“
Duir schoss ein paar Pfeile in die Richtung des Monsters, was
diesen zwar ärgerte aber nicht aufhalten konnte.
Was konnten sie nur tun?
Ein Zittern ging durch die gesamte Stadt und ein heller
Lichtblitz erhellte den Himmel. Mit einem Mal wurde die
große Tür aufgestoßen und ein langes Messer zischte durch
die Luft.
Es traf den Naght Sieger in die Schulter.
Die Drei fuhren herum und blickten auf die Gestalt in der Tür.
„RUÎN!“
Sie war es! Sie hatte zwar nicht mehr die Gewänder der
Assassinen Cross Gilde an, doch sie war es unverkennbar!
Isan fiel auf die Knie. Langsam schritt Ruîn an ihr vorbei, ihre
Hände berührten sich und sie lächelte.
Sie blickte Jeran an, nur eine Sekunde, dann fiel sie in seine Arme.
Der Naght Sieger brüllte und ein Meteor Storm ließ den Raum
erbeben. Doch das interessierte die Kämpfer nun herzlich wenig.
Sie spürten es nicht.
Ein heller Lichtschein durchdrang die gesamte Bibliothek
und das Monster wurde einige Meter zurückgeworfen.
„Dann wollen wir mal sehen wer nun sterben wird!“
Ruîn preschte nach vorne, wobei sie ein kleines Giftmesser
nach dem anderen nach dem Naght Sieger schleuderte. Hinter
ihr erhob Isan einen großen Hammer, und schleuderte diesen
in hohem Bogen über sie hinweg. Die Messer und Pfeile trafen
das Monster zuerst, dann schlug der Hammer hinter ihm ein.
Nur wenige Zentimeter vor der Säule mit dem Buch.
Die Halle bebte und die steinerne Brücke zersplitterte und
fiel in den tiefen Abgrund.
Das Buch war in Sicherheit.
Jeran ließ den Bogen fallen, zückte eine Art Gitarre und schlug
die Saiten durch. Das Geräusch ging durch Mark und Bein, in
dem Moment sprang Ruîn und erhob das große Schwert während
der Naght Sieger schreiend auf die Knie fiel. Duirs Pfeile
schleuderten seinen Kopf nach hinten und Ruîn zog ihm die
Klinge quer über den Hals.
Die Krieger die gegen den Entweihen kämpften waren
beinahe am Ende. Die vielen kleinen Knochen die überall
aus dem Boden ragten, sogen so stark an ihren Kräften das
nicht mal die High Priester was dagegen tun konnten.
Plötzlich kreischte das Monster laut auf, der Schrei ließ
beinahe alle Krieger auf die Knie sinken und sich die Ohren
zuhalten.
Dann war es plötzlich still.
Das Entweihen starrte nach Westen.
Vorsichtig wagten nun auch einige Kämpfer einen Blick.
Vor den Resten des Sagecastles standen vier Gestalten.
Die Mittlere, die ein wenig wie eine Assassine Cross aussah
hielt etwas großes, rundes in die Luft.
Es war der Kopf des Naght Siegers!
Ein lautes Raunen ging durch die Linien der Verteidiger.
Der Naght Sieger war besiegt!
Ruîn schleuderte den Kopf des Monsters dem Entweihen
entgegen welches sofort einen Meteor Storm castete.
„Schnell!“
Ruîn fasste ihre Freunde bei den Armen, sie schlossen die
Augen, sie mussten der Valkyrie vertrauen.
Genau über ihnen öffneten sich die Wolken und trotz der
dunklen Nacht drang ein Licht zu ihnen herunter das die
gesamte Stadt aufleuchten ließ. Später erfuhren sie das man
es sogar in Prontera gesehen hatte.
Jeran, Duir, Isan und zahlreiche der anderen Kämpfer wurden
in die Luft gehoben und konnten die Stimme der Valkyrie
deutlich hören.
„Mechanic.“ Sagte sie zu Isan.
„Ranger.“ Hörte Duir.
„Minestrel.“ Sagte sie zu Jeran.
Als sie wieder zurück am Boden waren und das göttliche Licht
erloschen war, hatten sich all ihre Gildengewänder verändert.
Sie waren zu einer höheren Jobklasse aufgestiegen!
Sofort wandten sich alle wieder dem Entweihen zu.
Nun hatten sie sehr Wohl eine Chance gegen dieses Monster!
Mehrere ehemalige Paladine, nun Royal Guards, stellten sich
den Knochen gegenüber während ein paar Rune Knights das
Entweihen umkreisten.
Duir und Isan knöpften sich die beiden Frus vor, die gerade
erschienen waren um das Entweihen zu verteidigen und hinter
ihnen schlossen sich mehrere Warlocks zusammen. Der ganze
Rest der ehemaligen Hauptinsel vom Juno erzitterte unter den
neuen Zaubersprüchen und sowohl die Frus als auch das
Entweihen waren Geschichte.
Und als sich der Wind langsam legte, blieben lediglich ein paar,
nun ungefährliche, Knochen zurück.
„Haben wir es geschafft?“
„Ist es tot?“
Einige ungläubige und misstrauische Blicke wurden ausgetauscht
und dann begann das Beben.
Mit einem Mal senkte sie die gesamte Ostseite der Insel und
ein Schrei ging durch die Menge.
„Die ganze Stadt bricht auseinander!“
Hunderte Trümmer rutschten über die Reste des Platzes und
fielen in die Tiefe.
Viele der Kämpfer zückten Butterflywings und einige der Priester
öffneten Warpportale. Sie konnten hier in der Stadt nichts mehr
ausrichten, es war zu Ende. So schnell sie konnten befreiten
sie Tote und Verletzte von den Bruchstücken der Stadtmauern
um sie wegzubringen während hinter ihnen eine der kleineren
Stadtinseln bereits in der Tiefe verschwand. Aber wenn es nur
diese eine Stadt war, wenn Prontera standgehalten hatte, dann
war das Opfer tragbar.
Epilog
Epilog
„Mein Volk! Meine Mitbürger! Heute haben wir gesiegt!“
Die Menge vor dem Prontera Castle klatschte lauten Beifall,
ein paar zustimmende Pfiffe waren zu hören und viele Leute
jubelten dem König, der aus einem der großen Fenster zu ihnen
sprach, fröhlich zu.
Isan drehte sich um, sie konnte nicht fröhlich diesen Sieg feiern.
Ja, sie hatten alle Monster besiegt, die Valkyrie gerettet, ganz
neue Fähigkeiten gelernt und Prontera gehalten, aber sie hatten
auch soviel verloren!
Klar, Payon war zwar verwüstet, aber die Stadt würde wieder
aufgebaut werden, aber Juno?
Die gesamte Stadt war in den Abgrund gestürzt.
Und dann Morroc!
Als sich der Satan Morroc erhoben hatte, wurde auch dort alles
zerstört.
Und was war erst mit all den Menschen!
Sie konnte es sehen.
So viele Gesichter fehlten in der Menge.
So viele Leute trauerten.
So viele von ihnen waren gestorben.
Es würde Jahre dauern bis das Leben wieder so halbwegs normal
laufen würde. Bis alle Verluste verkraftet wären. Doch im Moment…
Soviel Hoffnungslosigkeit umgab sie.
Und doch…
Sie sah sich um und sah ihn.
Thuris.
Durch den Verband um seinen linken Arm konnte er nur ihre
Tochter Runa tragen, ihr Sohn Faihu lief neben ihnen her.
Die Tränen schossen ihr in die Augen als sie ihre Familie umarmte.
Sie hatten überlebt.
…
„Tja, das waren schon sehr schwerwiegende Ereignisse damals.“
Die alte Frau in dem Lehnstuhl blickte in die Runde. Ihre beiden
Enkel und einige von deren Freunden saßen bei ihr im Wohnzimmer
und blickten sie interessiert an.
„Also stammt das große Steindenkmal in Neujuno wirklich von
diesem großen Kampf?“
Sie mochten die aufregenden Geschichten der alten Frau.
„Natürlich.“
Sie nickte während die jungen Leute langsam alle aufstanden.
„Danke Oma, das du uns die Geschichte erzählt hast.“
Eine Archerin umarmte die grauhaarige Frau und dann verließen sie
das Haus.
Die Frau stand langsam auf und wanderte an das andere Ende des
Zimmers wo eine große Holztruhe unter dem Fenster stand.
Langsam öffnete sie das alte Schloss und holte ein längliches
Bündel hervor. Es war eine Axt, ihre alte Lieblingswaffe. Vor
vielen, vielen Jahren hatte sie damit in der großen Schlacht um
Juno gekämpft. Mit dabei war ein, inzwischen schon etwas
vergilbtes, altes Foto.
Die Frau seufzte.
Alle waren sie auf dem Bild zu sehen.
Alle Mitglieder der legendären Gilde Ice rund um ihren Anführer Sowel.
Da war die Assassine Ruîn, ihr Ehemann Jeran hielt sie an der Hand,
neben ihnen die Highpriest Danu und der Sniper Duir und hinter ihnen
der Champ Thuris. Ihr Ehemann.
Vorsichtig wischte sie eine Träne von dem Foto. Sie war die letzte
der Gruppe die noch am Leben war.
Sie blickte aus dem Fenster wo über den Wipfeln der Bäume schon
die ersten Sterne zu sehen waren.
„Nicht mehr lange, meine Freunde, und wir werden wieder alle
zusammen sein.“