Fuchsjagd von Hotepneith (Der zwanzigste Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 4: Fuchsdamen --------------------- In seinem Gästezimmer angekommen trat der Hundeprinz an das Fenster, während sich Sakura höflich – und eilig – niederkniete. Warum hatte sie mit zu den Gesprächen mit den Prinzen gesollt? Aber natürlich wäre es in Anbetracht der eisigen Laune Seiner Lordschaft mehr als taktisch unklug ungefragt zu sprechen. Sie musste ihm sowieso zubilligen,dass er sich noch höflich benahm. Nun ja, vermutlich war ihm klar, dass ein Fehlverhalten seinerseits in dieser heiklen diplomatischen Lage mehr als nur einen einzelnen Dämonenkrieg auslösen würde. Dumm war er ja wahrlich nicht. Sesshoumaru hatte inzwischen beschlossen, dass er ihr die Wahrheit sagen musste, da sie sonst wohl nie darauf käme: „Haben Takeru oder Lian gelogen?“ Sie hätte ihn um ein Haar angestarrt. Obwohl er ihr den Rücken zuwandte, spürte er es und fuhr mit ungewohnter Toleranz fort: „Fuchsdämonen sind Meister der Täuschung. Selbst mir ist es unmöglich zu wittern, ob jemand lügt.“ „Ich glaube, dass sie die Wahrheit gesagt haben, Lord Sesshoumaru,“ erwiderte sie eilig, wenn auch verblüfft über die Aufrichtigkeit. Aber es war wohl nötig, dass sie die Augen offenhielt. „Takeru soll heiraten. Wäre er eine Zumutung für seine Braut?“ „Nun, ich kenne zwar den Geschmack von Dämoninnen nicht, aber mir erschien er nett.“ „Gut aussehend?“ Das hatte er sich also gemerkt: „Ja.“ „Und wie gefiel dir Lord Lian?“ „Äh...er sieht fremdartig aus....“ wich sie aus. Fragte er das auch wegen den Fuchsdamen oder wollte er gar selbst.....? In letzterem Fall konnte sie sich schnell Ärger einhandeln. „Ich möchte mit den Fuchsdamen sprechen. Zuerst mit Ayaka, dann Ruri, Kasori und Nori.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sie war bereits unterwegs, um draußen den erstbesten Fuchs um Begleitung zu bitten. Dieses Schloss war in der Tat verwinkelt. So kniete nur kurz darauf Ayaka in Begleitung einer Dienerin vor dem Hundeprinzen nieder, der ihr sogar die Ehre erwies sich umzudrehen. Sakura blieb an der Tür, wie auch die ältere Dämonin. Ayaka und sie trugen das klassische rote Haar der Fuchsdämonen. „Der mächtige Kitsune no Kyuu hat mich beauftragt den Todesfall um Lady Mailin zu klären,“ begann Sesshoumaru sachlich: „Könnt Ihr mir dazu etwas sagen?“ Ayaka zuckte ein wenig die schmalen Schultern: „Nun, wie Euch sicher bekannt ist, edler Lord, waren wir Konkurrentinnen. Und es war schon auffällig, wie oft sich Lord Takeru mit ihr unterhielt.“ Nach Takerus Aussage war sie die unter den Kandidatinnen, die sich am besten mit weiblichen Künsten auskannte. Hm. „Wie lief dieser spezielle Abend ab?“ „Wir wurden alle fünf mit unseren Dienerinnen in den Theatersaal geführt. Als wir saßen ging das Licht aus und die Vorführung begann. Erst nach dem Ende wurde es wieder hell und wir sahen Mailin da liegen. Zuerst glaubte jemand...es war wohl Ruri, sie sei ohnmächtig, entdeckte dann aber das Blut und irgendjemand der Dienerinnen lief um Hilfe zu holen.“ „Wie saßt Ihr?“ „In welcher Reihenfolge? Nun, ich, dann Lady Ruri, Lady Mailin, Kasori und dann Nori. Die jeweilige Dienerin dahinter.“ „Lady Mailin besaß keine.“ „Nein, ich denke nicht. Aber sie war ja auch aus dem Ausland.“ Die junge Füchsin betrachtete zwar höflich nur den Brustpanzer des vor ihr Stehenden, aber ihr war klar, dass das ebenfalls ein Dämonenprinz war, mächtig – auch, oder eher weil sie keinerlei Energie von ihm spüren konnte. Wenn sie bei Takeru nicht zum Zuge kam – wie wäre es mit ihm? So lächelte sie: „Kann ich Euch weiterhelfen? Fragt nur. Der Kitsune no Kyuu scheint Euch sehr wertzuschätzen....“ Ach du liebe Zeit, dachte Sakura. Sie konnte zwar das Gesicht der jungen Dame nicht sehen, aber sie wusste genug von Frauen, seien sie auch Dämoninnen, um zu wissen, dass diese gerade in Seiner Lordschaft ein Sahnetörtchen entdeckt hatte. Der bemerkte nichts: „Einstweilen war das alles. Falls ich noch Fragen habe, werde ich die Heilerin zu Euch senden.“ Unwillkürlich warf Ayaka einen Blick zurück: „Ganz wie Ihr wünscht,“ flötete sie jedoch gesittet und verneigte sich noch einmal. Kurz darauf kam Lady Ruri. Wie schon Takeru erwähnt hatte, hatte sie eine dicke Fellboa um sich geschlungen – weniger als Statussymbol, denn als Kälteschutz. Ihre Dienerin ließ sich hinter ihr nieder. Seine Eisigkeit stellte ihr die gleiche Frage wie Ayaka und Sakura hatte fast das Gefühl als ob er sie irgendwo ablese – aber er merkte sich das wohl einfach nur zu gut. Lady Ruri zuckte ein wenig die Schultern: „Wie Euer Lordschaft sicher bekannt ist, stamme ich aus einer alten Kriegerfamilie der Füchse aus Ryuuku. Vermutlich darum lud mich der mächtige Kitsune no Kyuu ein. Mein Vater ist überzeugt, dass diese Verbindung zustande kommt. Schon aus diesem Grund störte Mailin ihn sehr.“ „Euch weniger.“ „Ich könnte mir angenehmere Aufenthaltsorte vorstellen als dieses eisige Schloss. Aber selbstverständlich füge ich mich den Wünschen meines Vaters.“ „Wie war die Anordnung bei dem Theaterstück?“ „Ayaka setzte sich natürlich zuerst, danach ich, dann Mailin, Kasori und Nori. Nori ist so ein Schäfchen – aber Kasori kann auch sehr nachdrücklich sein.“ „Was meint Ihr damit, Lady Ruri?“ „Kasori entstammt einer sehr einfachen Familie und ich weiß nicht, warum sie überhaupt hier ist. Ihr Benehmen lässt des Öfteren zu wünschen übrig. - Nori ist einfach zu nett zu ihr. Sie meidet überhaupt jeden Streit, also, Nori.“ „Und hinter jeder der Damen saß eine Dienerin.“ „Nein, Mailin besaß ja keine. Ich weiß nicht, ob das in ihrer Heimat so Sitte ist, aber wenn, dann begleitete sie immer ihr Bruder. An dem Theaterabend kam sie allein.“ „Und Euch fiel auch niemand auf, der sich hinter sie setzte oder über sie beugte.“ „Nein, Lord Sesshoumaru. Das Theater war wirklich amüsant und anregend, so dass es keinen Grund gab, irgendwohin zu sehen.“ Lady Ruri legte ihre Hände in den Schoss, blickte aber auf: „Mir fiel erst auf, dass sie nicht saß sondern vornübergebeugt fast lag, als das Licht anging und schickte hier, Moriko, nach dem Heiler, während ich sie aufzog. Ich nahm an, ihr sei übel geworden, oder sie gar bewusstlos. Dann erst erkannte ich das Blut.“ „Sie blutete?“ „Ja, wenn auch nur wenig. Aber da sie die Haare auch hinten sehr straff nach oben gebunden trug, floss es wohl aus der Wunde am Hals entlang. So gelangte es auch auf meinen Kimono – und an meine Finger.“ „Blut scheint Euch nicht zu erschüttern, Lady Ruri.“ „Ich stamme aus einer kriegerischen Familie, Lord Sesshoumaru. Auch Mädchen wird gewisse Selbstverteidigung mit Dolchen gewährt.“ „Ich verstehe. Nun, im Augenblick habe ich keine weiteren Fragen, Lady Ruri. - Sakura, Kasori.“ Allein gelassen für einen Moment dachte er nach. Hatte die Reihenfolge der Damen bei dieser unglücklichen Theatervorstellung etwas zu besagen? War Mailin ein zufälliges Opfer, da sie eben keine Dienerin bei sich gehabt hatte? Hatten die anderen Damen da nachgeholfen, wohl aus Eifersucht? Sie schienen untereinander latent feindselig zu sein. Nun, Eifersucht war ein Motiv, das hatte er inzwischen gelernt – aber alle gegen alle, nur um Takeru heiraten zu können? Zumindest Ruri schien darüber nicht ganz so beglückt. Nein. Er musste noch mit den anderen beiden Damen reden – und dann mit Sakura. Hier im Fuchsschloss schien es vor Tatverdächtigen und Motiven zu wimmeln – und er konnte keine Lüge wittern. Wie überaus verdrießlich das war. Aber Sakura war ja auch ein weibliches Wesen, sie mochte da hilfreich sein können. Kurz darauf brachte Sakura Kasori und ihre Dienerin. Auch diese junge Dame besaß lange, rote Haare. Ihre Kleidung war deutlich einfacher als die der bisherigen Kandidatinnen. Sie kniete nieder, blickte aber zu dem vor ihr Stehenden auf: „Ihr ermittelt also in Mailins Tod.“ Sesshoumaru behielt seine Miene bei, aber ihm war nun klar, was Takeru und auch Ruri damit gemeint hatten, sie besäße kein höfisches Benehmen. Er hob etwas die Hand: „Zu Eurer Information: wäret Ihr eine Hundedämonin, hättet Ihr soeben meine Klaue zu spüren bekommen.“ Oh, wie überaus freundlich, dachte Sakura prompt: ob das wirklich der richtige Weg war, Informationen zu bekommen? Kasori sah seufzend zu Boden: „Besser?“ „Ich bin nicht Euer Lehrer. - Was könnt Ihr mir zu Lady Mailin sagen?“ „Sie war recht..eigen...noch eigener als die anderen. Sie ...ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Manchmal kam sie mir sehr fremd vor, geschminkt...Aber Lord Takeru redete oft mit ihr.“ In Anbetracht der Tatsache, dass auch die japanischen Fuchsdamen geschminkt waren, fand Sesshoumaru diese Äußerung sehr eigenartig. „Was Euch eifersüchtig machte.“ „Nein, eher weniger. Ich meine, das hier Herumlungern,...ich meine, das Leben in einem Schloss ist nicht gerade mein Traum. Ich stamme aus einer Fuchsfamilie, die in einem Wald lebt. Ich bin es gewohnt durch die Gegend zu streifen, zu jagen....“ Ihre Handbewegung zum Gürtel ließ Seine Lordschaft prompt fragen: „So könnt Ihr mit einem Dolch umgehen?“ „Ja.“ Sie blickte wieder unerlaubt zu ihm auf und lächelte: „Gefällt Euch das? Ihr scheint sowieso ein recht netter Prinz zu sein.“ Sesshoumaru, dem so etwas Zeit seines Lebens noch nicht gesagt worden war, unterdrückte seine nächste Bewegung. Sie zu bestrafen würde nichts bringen. Sie wusste ja nicht einmal, was sie da alles falsch machte. Und sie ging ihn nichts an. Aber so war es kein Wunder, dass die anderen sie für verbauert hielten – und nicht für voll nahmen, auch nicht als Konkurrenz. „Wie lief der Abend ab, an dem Lady Mailin starb?“ „Da Vater und die anderen Füchse, ich meine, auch der mächtige Kitsune no Kyuu, zusammensaßen, wurde für uns ein Theaterstück arrangiert.“ „Die Damen saßen in der ersten Reihe, die Dienerinnen dahinter.“ „Ja. Zunächst an der Tür Ayaka, klar, wie immer die Erste, dann Ruri, Mailin, ich und dann Nori.“ „War das eine übliche Reihenfolge oder setzte sich jede, wie sie wollte?“ „Jede, wie sie wollte.“ „Und die Dienerinnen dahinter. Lady Mailin besaß keine.“ „Nein. Ich sagte ja schon, sie war...komisch.“ „Ihr könnt gehen,“ beschloss Seine genervte Lordschaft. Wieso nur hatte sie herkommen dürfen? Während Sakura Kasori wegbrachte und Nori holte, sank die Laune Seiner Eisigkeit in ungeahnte Tiefen. Der Kitsune no Kyuu kam unangemeldet zu ihm, seine neun Schwänze nun deutlich hinter sich in elegantem Bogen zeigend – und damit seine Macht. Sesshoumaru verneigte sich daher höflich und unterdrückte ebenso die Frage, was der denn schon wieder bei ihm wolle. In dieser Laune eines so mächtigen Dämonenfürsten könnte das die letzte Frage gewesen sein. Das hier war nicht Vater. Wenn er selbst einst auf dieses Level kommen würde.... Der Herr der Füchse rieb sich die Hände: „Nun, habt Ihr schon die Lösung?“ Wie schnell sollte das denn bitte gehen? Aber er sollte schleunigst klarmachen, dass er nicht nur herumgesessen hatte: „Ich bin noch dabei alle Damen zu befragen, zwei fehlen noch. Mit Eurem Sohn und Lord Lian habe ich bereits gesprochen.“ „Allzulange solltet Ihr nicht mehr brauchen. Lian wird ungeduldig und möchte bald seinen Vater von dem ...dem Tod seiner Schwester in Kenntnis setzen. Noch kann ich es ihm ausreden. Er scheint sein volles Vertrauen in Euch zu setzen, denn er versprach mir, dass er gern wieder mit Euch reden wolle. Und er hält Euch anscheinend für sehr intelligent.“ Oh nein, das musste nicht auch noch sein. Dieser Kerl kam ihm eigenartig vor. Aber der Hundeprinz erwiderte nur gesittet: „Ich werde mein Bestes tun, um Euch nicht zu enttäuschen, Herr aller Füchse.“ „Natürlich, natürlich. Ich hoffe nur, Ihr erledigt das schnell.“ Wolfsfürst Kazuya hatte gesagt, der Erbprinz des Westens sei sehr intelligent und überaus höflich, das schien zu stimmen. Und so begeistert, wie Lord Lian von ihm gesprochen hatte, schien er auch gegenüber Ausländern die Diplomatie mehr als eingehalten zu haben. Doch, es war eine gute Idee gewesen, ihn herzuholen. So meinte der Kitsune no Kyuu nur noch: „Ich habe alle im Schloss angewiesen Euch zu Diensten zu sein. Kosame, mein Haushofmeister, wird bis auf Weiteres stets vor Eurer Tür sitzen.“ „Das ist...hilfreich,“ war alles, was dem unwilligen Ermittler dazu einfiel. Der Herr der Füchse ging und überließ es Sesshoumaru zähneknirschend daran zu denken, dass er bei einem Versagen nicht nur sich und seinen Vater bis auf die Knochen blamieren würde, sondern auch noch Schuld an einem umfassenden Krieg war. Das hatte er nun davon, dass er bislang alle Fälle aufklären konnte. Jetzt hielten sie ihn für jemanden, der den Mond auf dem Silbertablett bringen konnte. Nun gut, jetzt noch Nori und dann sollte Sakura....ja, was...? ** Das nächste Kapitel bringt Annäherungen: Sakura arbeitet und Seine Lordschaft..äh..auch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)