Wer hat's geschrieben? von abgemeldet (Das dritte Jubiläum) ================================================================================ Kapitel 7: Von Gemüse und Bionade --------------------------------- Es ist frisch und kühl in der Sonne und ich trage einen meiner Wollmäntel, welchen ich eng um mich geschlungen habe. Dennoch ist heute ein wirklich wunderschöner Herbsttag. Die Blätter haben sich in den letzten Wochen bereits in verschiedenste Braun-, Gelb- und Rottöne verfärbt und sind zu Boden gefallen. Ich mag es, wenn unter jedem meiner Schritte das Laub knirscht und raschelt. Wenn ich heute nicht einen wichtigen Termin hätte, hätte ich mir vielleicht die Zeit genommen, in meinem Garten einen Laubhaufen anzuhäufen, und ihn dann wie ein Kind wieder zu zerlegen - zumindest könnte ich mir gut vorstellen, dass ich es machen würde - ich fragte mich, während ich kurz einen Blick auf meine Handyuhr warf, ob meine Interviewpartnerin den Herbst auch so genoss wie ich. Heute war ich im Auftrag der Schreibzieher unterwegs, um jemanden aus dem Zirkel auszufragen. Ich freute mich sehr darauf, da ich mich bereits im Internet ein wenig über sie schlau gemacht hatte. Selten hatte ich so ein gutes Gefühl bei einer „geschilderten“ Persönlichkeit wie bei dieser. Zumindest hatte sich ihr Steckbrief auf der Seite Animexx gut lesen lassen und deutete auf eine sehr interessante, vielseitige Person hin. Wir wollen uns in einem kleinen Café am Ufer der Weser treffen, welches selbst für einen Touristen wie mich nicht so schwer zu finden ist. Bremen ist wirklich eine schöne Stadt. Ich muss sagen, ich war zwar noch nicht oft hier in der Gegend, aber es war mir bis jetzt jedes Mal ein Vergnügen. Am Café angekommen, checke ich nochmals die Uhrzeit, aber da muss ich mir keine Sorgen machen. Wie immer scheine ich überpünktlich zu sein, also setze ich mich auf einen freien Platz in der Sonne und bestelle mir einen Milchkaffee. Ich gähne müde auf, schließlich ist es doch ein weiter Weg bis hier her gewesen, und stundenlanges Zugfahren rädert einen gerne, wie man weiß. Ich musse nicht lange warten bis die zu Interviewende vor mir sitzt und mich freundlich begrüßt. Sie sieht genauso aus, wie ich sie mir vorgestellt habe. „Schön, dass du dir Zeit nimmst. Es freut mich sehr dich kennen zu lernen! Ich nehme an, unter Zirkelmitgliedern ist man doch per du, oder?“, frage ich mit einem leichten Augenzwinkern. Sie nickt und gibt ebenfalls ihre Freude kund. Nach ein wenig Smalltalk und einem Gespräch über Bremen fangen wir mit dem an, weswegen wir hier waren. „Also schön“, sage ich, als ich aus meiner Handtasche, die sich auf meinem Schoß befindet, ein Diktiergerät heraus ziehe. Ich schalte das Gerät ein, spreche das heutige Datum hinein, den Ort, an dem wir uns befinden und den Namen meines Gegenübers. Dann lege ich es auf den Tisch und fange mit folgenden Worten an: „Meine erste Frage an dich wäre, wie bist du zum schreiben gekommen?“ Sie überlegt kurz. Aber die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. „Am Anfang stand die Fantasie, dann der Wunsch, das irgendwie zu kreieren, beides vermischte sich mit einem Stift, Papier und dem Rest einer Musikstunde, während dem die anderen noch die Klausur schrieben und ich schon fertig war und das war dann die Geburtsstunde meiner ersten Geschichte“, sagte sie mit einem Lächeln im Gesicht. „Während einer Klausur also?“, frage ich nochmals nach, korrigierte dann aber, dass es nicht während der Klausur dazu kam, sondern direkt danach. Ich lache leicht. „Ein außergewöhnlicher Zeitpunkt. Dazu fällt mir eine gute Überschrift ein - Langeweile nach der Prüfung? Hier nicht“, scherze ich, nehme meinen Milchkaffee und lehne mich etwas zurück. „Du kommst mir sehr vielseitig vor. Liege ich da richtig?“ Sie nickt mit einem Grinsen im Gesicht. „Ich würde sagen schon. Ich habe viele verschiedene Interessen. Und bevor die Fragerei nach Hobbys kommt, also schreiben tu ich gern. Weswegen du ja hier bist. Im Zeichnen bin ich gut, musikalisch angehaucht bin ich auch… Ach ja, und ich nähe wahnsinnig gern.“ „So stellt man sich einen Künstler vor“, füge ich mit Überraschung in der Stimme hinzu und nippe am Kaffee. „Das mit den Hobbys wäre dann wohl tatsächlich schon erledigt. Wie sieht es aber mit bestimmten Vorlieben oder Abneigungen aus. Ich habe bereits erfahren, dass du politisch engagiert bist?“ „Das würde ich nicht so ausdrücken. Ja, ich habe meine Meinung, und ich setzte mich auch für diese ein. Ich möchte das andere endlich ihre Augen öffnen und nicht immer nur weg sehen.“ Interessiert blicke ich auf. „Nicht immer nur weg sehen? Im Bezug auf?“ Frage ich mit hast. „Im Bezug auf viele Themen, wie zum Beispiel Atomkraft oder G8. Ich finde es nicht okay dass die Menschen alles immer nur abtun oder über Dinge jammern, selbst aber nichts in die Hand nehmen. Mir tut es um die verschwendete Energie leid, die verpufft wird, so bald solche Leute den Mund auf tun.“ Beide fangen wir an zu lachen. Ja, das verstehe ich! Ich kenne eine Menge solcher Energiesauger, die nur reden, von Umweltschutz und Nächstenliebe, aber noch nie einen Bioladen von innen gesehen haben. „Wahre Worte, leider sieht man viel zu oft einfach weg. Besonders, wenn man nicht selbst von einem Problem betroffen ist. Mein Nachbar ist für Atomkraft, aber neben seinem Haus will er keine Anlage stehen haben. Und da ist er nicht allein“, sage ich seufzend. „Und, bist du auch ein Redenschwinger oder tust du auch etwas?“, frage ich, werde aber nur empört angesehen. „Redenschwinger? Nein. Ich lebe sehr bewusst. Mir ist meine Umwelt sehr wohl wichtig, und ich möchte auch wirklich etwas tun“, bekomme ich als Antwort. „Das ist sehr schön. Bewusster Umgang mit seiner Umwelt ist etwas, was nur wenige Menschen in ihrem Leben umsetzten können, denke ich mal.“ Ich luge kurz zu einem Spickzettel während die Bedienung ein frisches Glas Bionade auf den Tisch stellt. „Bei Abneigungen waren wir vorhin.“ Fange ich an, aber wie aus dem Ofen geschossen kommt schon eine Antwort von ihr: „Rechtsextreme. Sie sind einfach nur zum Lachen, besser gesagt zum heulen. Beschweren sich über Linksterrorismus und ignorieren einfach die Fakten, dass seit der Wiedervereinigung 1989 keiner mehr durch einen Linken sterben musste, aber durch Rechtextreme mehr als ca. 130 Menschen ihr Leben ließen. Wenn es im Geheimen nicht noch viel mehr sind.“ Dann hüstelt sie etwas und widmet sich ihrer Bionade. Lächelnd nehme ich noch einen Schluck des leckeren Kaffees. Das Interview ist in meinen Augen bis jetzt ein Erfolg. „Weitere Abneigungen?“, frage ich kurz und bündig. „Oh ja. Da währen zum einen Mädchen aus der Massenproduktion, also dummgehaltene Blondchen. Und vieles mehr. Aber ich denke mal nicht dass es noch einer Rede wert wäre.“ „Gut, gibt es eine bestimmte Richtung an Geschichten, in die du dich verguckt hast?“ „Hmmm… Die wahre Liebe habe ich noch nicht gefunden, aber ich will mich auch nicht fest fahren. Ich schreibe Horror, Fantasy, Abenteuer, und alles was das Herz begehrt. Nur auf Liebesgeschichten bin ich noch nicht gekommen. So Zeug wie Yaoi“, meint sie mit einem kurzen Grinsen. „Ah, verstehe. Dann kann man also eher etwas Spannendes und Unromantisches erwarten.“ „Unromantisch hört sich etwas zu krass an. Aber spannend ist passend“, bessert sie aus. Ich nicke leicht und rücke das Diktiergerät etwas zurecht. Dann zücke ich nebenbei die Speisekarte und fange an, zu lesen, was es alles Gutes gibt. „Gangs oder Jugendkriminalität stand irgendwo als Anreiz, was man dir wichteln könnte. Schreibst du so was auch selbst?“, murmele ich. „Ich lese es gerne, aber selbst geschrieben habe ich so etwas momentan nicht.“ Der Kellner, der anscheinend bemerkt hatte, dass ich in der Karte geschmökert hatte, gesellt sich so eben an unseren Tisch und wir bestellen etwas zu Essen. „Noch kurz eine Frage, dann mache ich das Gerät hier aus. könnten wir nachher am Flussufer ein Foto von dir machen? Das würde ich vielleicht für den Artikel gebrauchen können“, frage ich, nachdem der Kellner, der zwischenzeitlich von dannen gezogen ist, mir und ihr eine Gemüseplatte bringt. Wir reden noch lange und essen gemütlich im Sonnenschein. Die weiteren Gespräche nehme ich natürlich nicht weiter auf, aber ich merke mir jedes einzelne Wort. Ich bin mir sicher, dass es bestimmt ein ganz tolles Interview wird - wenn auch nicht unbedingt ein Typisches - aber mal ehrlich, wer liest heutzutage noch etwas Typisches? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)