Frau Tod von Esper (Die Geschichte von Hanni und Mio) ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Nach getaner Arbeit begab ich mich gleich ins erste Haus, das auf meinem Weg lag und betrat es ohne anzuklopfen. Mio dicht hinter mir. Ich war so beglückt, dass ich ihn ganz vergessen hatte und erst wieder bemerkte, als er sich an mein Bein klammerte. „Was ist denn Mio?“, fragte ich ihn. Er streckte seine Arme aus und schaute mich erwartungsvoll an. Ich streckte auch meine Arme aus und nahm in den Arm. Er schien so kalt in meinen Armen, als ob er schon lange tot wäre. Ich war nicht sicher ob seine Kälte an meiner fehlenden Haut oder an seiner Existenz als reine Seele lag. Auf jeden Fall beunruhigte es mich, dass er so kalt war und mir wurde noch schmerzlicher bewusst, was ich Mio angetan hatte. Das Verlangen ihn gleich in die Menschenwelt zurückbringen wuchs durch diese Erkenntnis umso stärker, doch es war mir unmöglich ihn jetzt sofort zurück zu bringen, da mich eine geheimnisvolle Macht in dem kleinen Örtchen festhielt. Ich hatte schon probiert einfach wieder los zu fliegen und Mio auf der Stelle zurück zu bringen, doch es hatte nicht geklappt, ich schaffte es nicht einmal einen Zentimeter vom Erdboden abzuheben. So beschloss ich erstmal meine Aufgabe hier zu erledigen und mich dann um Mio zu kümmern. Ich konnte nur hoffen, dass sie Mios Körper so lange am Leben erhielten, wie ich brauchte um diese Stadt zu leeren. Wir schritten in dem kleinen Haus, das wir betreten hatten langsam voran. Ich hielt Ausschau nach irgendwelchen Schatten an der Wand doch es war keiner zu sehen, bis wir das betraten, dass ehemals wohl die Küche war. Dort befanden sich zwei Schatten, doch beide schwiegen. Sie schwiegen eine geraume Zeit bis einer das Wort ergriff. „Was sollen wir jetzt tun?“ „Wir müssen irgendetwas unternehmen!“ „Aber was?!“ „Wenn wir nichts tun werden alle sterben, auch wir. . .“ „Du hast recht. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät. . .“ „Hoffentlich. . .“ Beide schwiegen wieder. „Lass uns gehen.“ „Ja, lass uns gehen. Vielleicht sind wir ja noch rechtzeitig.“ „Oder auch nicht. . .“ Beide erhoben sich, sahen sich an und verließen den Raum. Ich folgte ihnen mit Mio. Sie gingen Richtung Eingangstür. Sie machten die Türe auf . . .und . . .da war auch schon wieder die Wolke. . .Sie schrien. . .Sie schrien: „Es ist zu spät! Es ist zu spät! Warum hast du das getan?! Tiger! warum?!“ Sie schrien und schrien bis sie schließlich verstummten und in der Wolke verschwanden. Kurze Zeit später tauchten sie wieder im Esszimmer auf und fingen wieder an sich zu unterhalten. Ich verlies das Haus. Tiger also. Das musste derjenige oder diejenige sein, die das Atomkraftwerk in die Luft gejagt hatte und auch irgendetwas mit dem Mord beim Supermarkt zu tun hatte, auch wenn ich mir bei Zweiterem nicht ganz sicher war. Wir entfernten uns von dem Häuschen am Supermarkt und begaben uns in die Richtung des Atomkraftwerks. Ich hoffte dort eine der Seelen zu finden, die ich verschlingen musste. außerdem würde ich dort wohl erfahren, ob die beiden aus dem Häuschen unschuldig waren oder nicht. . . Als wir das Atomkraftwerk, welches inmitten einer blühenden Graslandschaft stand, erreichten sah ich in welchem Zustand es sich befand und mir wurde auch klar warum es so leicht zum explodieren gebracht werden konnte. Es hatte nicht einmal einen Sicherheitszaun, geschweige denn eine Kontrolle für Besucher oder Personal. Die Sicherheit des Kraftwerks war so unzureichend, dass ich als Bewohner dieses Örtchens schon längst gegen die Betreiber demonstriert hätte. Die wirklichen Bewohner des Städtchens hatten sich aber anscheinend nicht sehr an dem niedrigen Sicherheitsstandards gestört, sonst hätte man sich sicher um eine bessere Sicherheitsvorkehrung gekümmert. Mit all diesen Gedanken in meinem Kopf betrat ich das Gebäude um nach weiteren Schatten zu suchen und hoffentlich auch Tiger zu finden. Kaum hatte ich das Kraftwerk betreten schlug mir ein unglaublicher Lärm entgegen, jedoch musste ich die Personen von denen dieser Lärm ausging erst einmal suchen, da sie sich weiter oben auf Metallleitern befanden und angestrengt an irgendwelchen Leitungen herum fuhrwerkten und sich irgendetwas zu riefen. Das ganze Gebäude wirkte ziemlich morbide und abgeschlagen. ich wunderte mich sehr, dass so ein Kraftwerk überhaupt noch in Betrieb sein durfte. Einige der Wassertanks waren schon ziemlich verrostet, auch die meisten Stromkabel hatten schon überall Schrammen und an einigen Stellen war auch schon der Kupferdraht zu sehen. Ein wirklich überaus unsicheres Kraftwerk. Ich besann mich, das ich nicht da war um das Kraftwerk zu inspizieren, sondern um heraus zu finden wer oder was Tiger war und ob er oder sie irgendetwas mit der ganzen Mordgeschichte und der Atomkraftwerksexplosion zu tun hatte. Darum machte ich mich daran die eisernen Leitern hochzuklettern und mir mein erstes Opfer aus zu suchen, das ich belauschen würde. Als ich die erste Etage der Metallkonstruktion, die direkt am den Wasserkesseln vorbei führte erklommen hatte, schienen mich alle Schatten anzustarren, als ob sie mich sehen könnten. Ich ging rasch in ihre Richtung und berührte einen der Schatten um heraus zu finden, was genau sich gerade hier abspielte oder besser gesagt abgespielt hatte. Ich spürte wieder den Blitz durch meine Glieder zucken und hörte erst einmal nichts. Die Arbeiter schwiegen. Keiner sprach ein Wort. Alle starrten nur in meine Richtung, also drehte ich mich schließlich um. Mir stockte der Atem. Was ich dort sah hatte ich nicht in meinen kühnsten Albträumen erwartet. Eine relativ kleine Person hatte das Eisengerüst auf der anderen Seite erklommen, an dem jegliche Sicherheitsvorrichtungen, wie das manuelle Einschalten der Notstromaggregate oder der Hebel zum entleeren der Abkühlbecken für die Brennstäbe, befanden. Nun starrte auch ich erschrocken diese Person an. Es war nicht die Tatsache, das diese Person eindeutig nicht zu Team des Atomkraftwerks gehörte, was mich so schockierte. Es war der Gegenstand den sie in ihrer rechten Hand hielt. Anfangs hatte ich nicht ganz erkannt was genau es war, doch die Konturen schienen immer schärfer zu werden. Nun erkannte ich auch, das es eine Frau war die dort stand. Der Lärm im Kraftwerk war vollständig verstummt. Jeder Schatten starrte lediglich in ihre Richtung. Es schien so als seien alle Blicke auf den Gegenstand in ihrer Hand gerichtet. Auf den Kopf den sie an den Haaren fest umklammert hielt und der bei jedem ihrer Atemzüge leicht hin und her schwang. Es war der Kopf einer Frau vermutete ich wegen der langen Haare, doch ich konnte mich auch irren. Jedenfalls war ich so entsetzt von diesem Anblick, dass ich die Kontrolle über mich verlor und von dem Eisengerüst auf dem ich mich befand auf das andere gegenüberliegende sprang, auf dem sich die Frau befand. Mio entglitt mir dabei fast, weil ich ganz vergessen hatte, dass er sich an mein Bein geklammert hatte. Im letzten Moment schaffte ich es noch ihn in meine Arme zu ziehen und somit vom sicheren Absturz zu bewahren. Allerdings war ich mir nicht sicher ob Seelen überhaupt noch von einem Sturz sterben konnten, doch ich wollte kein Risiko eingehen und lies es nicht darauf ankommen. Als Mio und ich das andere Eisengerüst erreicht hatten erhob die Frau ihre Stimme. Ich wollte sie gleich fressen, doch Mio packte mich ganz fest, als ob er mir zu verstehen geben wollte, das ich warten solle. „Ihr wisst warum ich hier bin!“ Ertönte die Stimme der Frau. Alles um sie herum war still. Nur ab und zu pfiff noch ein undichter Wasserkessel. „Ihr wisst warum ich das hier jetzt tun werde! Ihr wisst das ihr an allem Schuld seid! Ihr wisst ihr seid der Ursprung allen Bösen in Little Sun!“ So hieß der Ort also, „Little Sun“, welch ein eigenartiger Name. . . „Wenn ihr nie hier her gekommen wäret, dann hätten wir nie all diese Schrecken erleben müssen! warum konntet ihr nicht einfach verschwinden, nachdem wir euch eindringlich darum gebeten hatten! Warum! Warum! Warum. . .“ Sie stockte und hielt einen Moment inne. „Warum musste meine Tochter sterben!!!“ Mit diesen Worten hielt sie den Kopf in ihrer rechten Hand in die Höhe und schwere Tränen liefen ihr Gesicht herunter. Plötzlich verblasste meine Wut und ich empfand Mitleid, tiefes Mitleid. Sie war mir ähnlich. Eine Mutter, die ihr Kind über alles geliebt hatte und nun ihren Schatz verloren hatte. Uns unterschied nur, dass ich noch im Begriff war meinen Schatz zu verlieren. Allerdings verstand ich nicht warum sie die Atomkraftwerksangestellten beschuldigte am Tod ihrer Tochter Schuld zu sein. es erschloss sich mir nicht, bis sie ihre nächsten und letzten Sätze sprach. . . „Gab es nicht eine andere Möglichkeit die Gegner eures Vorhabens zu beseitigen als sie umzubringen?! Ich weiß alles! Mein Mann hat mir alles gestanden! Ihr habt ihn gezwungen seine eigene Tochter zu töten! Ihr habt ihn zu einem Mörder gemacht, wie so viel Andere! Ist Geld wirklich alles, was für euch einen Wert hat?!“ Als ihr letzter Satz in dem Stillen Kraftwerk verklang war ein dumpfer Schlag zu vernehmen gefolgt von einer ohrenbetäubenden Explosion. Für einen Moment kehrte Totenstille ein, doch nach kurzer Zeit begann das hektische Treiben wieder von Vorne. Nun war ich mir sicher. Hinter der Mordserie steckte weit mehr als irgendein Psychopath der sein Unwesen getrieben hatte. Es gab jemanden der alle Strippen in der Hand gehalten hatte und sich nicht selbst die Hände schmutzig gemacht hatte. Es war eine große Sache am laufen für die sogar Väter ihre eigenen Töchter ermordeten. Um dieser Sache näher auf den Grund zu gehen nahm ich mir vor das Kraftwerk genauer zu untersuchen. Ich fragte mich immer noch wer Tiger war. War es diese Frau, oder jemand Anderes? Die Person, die die Explosion ausgelöst hatte? Oder vielleicht doch jemand ganz anderes? Durch den Vortrag der Frau bekam ich keine Antworten, sondern nur neue Fragen, die es galt so schnell wie möglich zu beantworten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)