Opposites attract von -Kuraiko ================================================================================ Kapitel 17: Rabenvater ---------------------- Die Winterferien endeten schneller als mir lieb war. Wie versprochen war ich Samstags noch einmal mit meinen Freunden in der Bar gewesen. Es war eben unsere Art die Ferien mit etwas Alkohol ausklingen zu lassen. Die Laune war gut und die Stimmung stieg mit jedem neuen Glas. Dennoch übertrieb ich es nicht so maßlos wie damals. Als wir die Bar schließlich wieder verlassen hatten, konnte ich noch sehr gut auf eigenen Beinen stehen und fand auch den Weg nachhause ohne Probleme. Nun war es zumindest Montag Morgen. Vermutlich hatte ich nicht als einzige das Gefühl, das es nichts mieseres gibt als nach den Ferien wieder so verdammt früh aufstehen zu müssen. Irgendwie schaffte ich es jedoch mich aus den Federn zu quälen und pünktlich zur ersten Stunde zu erscheinen. Der Schnee taute mittlerweile, was das Vorankommen auf der Straße deshalb aber nicht gerade einfacher machte. Die erste Unterrichtsstunde heute war Englisch. Meiner Meinung nach war das Fach langweilig wie immer. Es ging um Geschäftsbriefe, was mich nicht wirklich interessierte. Da ich gestern noch bis spät in die Nacht telefoniert hatte, war ich dementsprechen müde. So gestattete ich mir also kurzzeitig den Kopf auf die Tischplatte zu legen. Wer schaffte es auch bei diesem Unterricht aufmerksam zuzuhören? Die Stimme von Frau Tachikawa war monoton und wirkte einschläfernd. Außerdem fehlten mir einige Vokabeln, sodass ich den Sinn ihres Geplappers nicht wirklich erfasste. Ganz in Gedanken blickte ich zum Fenster hinaus. Seit langem schien mal wieder die Sonne. Zwar war es nach wie vor kalt draußen, doch das der Schnee endlich taute war ja schon mal ein Anfang. Meine Sitznachbarin stupste mich leicht an, worauf ich allerdings nicht sofort reagierte. Sie piekte mich etwas fester in die Seite. „Meiko...“ Lukas Stimme klang seltsam warnend. Ich verstand nicht ganz was sie wollte und blickte zu ihr rüber. „Mh?“ Im nächsten Moment war ich klüger. Ich hatte nicht gemerkt, das Frau Tachikawa durch den Klassenraum genau auf meinen Tisch zugesteuert war. Die Lehrerin schlug vor mir mit dem Buch auf den Tisch, was mich blinzeln ließ. Okay, jetzt war ich wach. „Schlafen kannst du Zuhause! Bist du heute noch einmal in meinem Unterricht unaufmerksam, ist nachsitzen angesagt!“, keifte die Alte mich an. So setzte ich mich wieder vernünftig hin und grummelte ein :“Ja ja, ist ja schon gut.“ Nach der Schule war ich mit Lily verabredet. Da wollte ich nicht unbedingt zum Nachsitzen verdonnert werden. Als die Lehrerin wieder die Tafel erreicht hatte, warf die Rosahaarige mir einen entschuldigenden Blick zu. „Ich hab versucht dich zu warnen.“ Irgendwie schaffte ich es die restlichen 1 ½ Stunden konzentriert zu bleiben und die Aufgaben wenigstens von dem Englisch-Ass neben mir abzuschreiben. So mogelte ich mich meistens durchs Leben. In der Pause verließen die Schüler fluchtartig den Klassenraum. Vor der Klasse angekommen wartete ich noch auf die anderen. „Das war wieder mal so typisch für dich.“, grinste meine Freundin mich an und umarmte mich. Ich zog sie zu mir und strich ihr über die blonde Mähne. „Ach, ist doch noch mal gutgegangen.“ Da wir nicht wollten, das jemand in der Schule von unserer Beziehung wusste, verweilten wir nicht lange in dieser Pose. Auch Miku und Luka hatten den Klassenraum verlassen. Gerade wollten wir runter zum Schulhof gehen, als die Tür der Nachbarklasse aufging und Kaito und Gakupo sich zu uns gesellten. „Informatik! So langweilig!“, fluchte der Lilahaarige. Kaito nickte zustimmend und zuckte mit den Schultern. Gemeinsam verließen wir das Gebäude. Allerdings heute nur um rüber zur Pausenhalle zu wandern. Alles war nass uns kalt. Bei so einem Wetter wollten wir beim besten Willen nicht draußen bleiben. „Leeeute!“, rief eine Stimme hinter uns. Ich sah mich um und entdeckte Len, Rin und Gumi, welche auf uns zugelaufen kamen. Letzt genannte hatte auch nach uns gerufen. Die Grünhaarige wedelte mit einem Blatt Papier rum. Nachdem wir uns begrüßt hatten erzählte sie strahlend :“Stellt euch vor, ich hab ne 2 in Mathe geschrieben!“ Ungläubig zog ich eine Augenbraue hoch. „Wie hast du das denn geschafft?“ „Etwa den Lehrer bestochen?“, grinste Lily sie frech an. „Pah! Als ob ich sowas nötig hätte!“, rief Gumi gespielt eingeschnappt aus. „Hey! Lass die Finger von ihr!“ Irritiert drehten die Jüngeren und ich uns um, nur um zu sehen wie Miku Gakupo böse anfunkelte und Luka zu sich rüber zog. „Sie sah so erfroren aus.“, versuchte Angesprochener sich rauszureden. Die beiden funkelten sich gereizt an. „Geez Leute, jetzt schlagt euch bitte nicht die Köpfe ein.“, versuchte die Rosahaarige die Situation zu schlichten. Sie hielt die Türkishaarige sicherheitshalber am Arm fest, da diese immer noch grimmig den Lilahaarigen anfunkelte. „Lasst uns doch erstmal in die Cafeteria gehen.“, schlug Kaito vor. „Gute Idee. Vielleicht hört der Zoff dann ja endlich auf.“, murrte Len, welcher sichtlich genervt war. „Wer zuerst da ist!“, rief seine Schwester aus und lief los. Doch niemand wollte so wirklich hinterher rennen. Es war einfach viel zu rutschig. Ein paar Meter weiter merkte die ungestüme Blondine dies auch selbst, da sie der Länge nach im Schneematsch gelandet war. „Alles okay, Nee-chan?“ Ihr Bruder reichte ihr eine Hand. „Hey, grins nicht so blöd!“, beschwerte Rin sich anstelle eines Dankes und verzichtete auf die Hilfe. Wir mussten lachen. Als die Pausenhalle endlich erreicht war, schafften wir es sogar noch einen Platz an der Heizung zu ergattern. Bei dem Wetter ein wahres Wunder. „Na, wie sieht's aus Leute? Fliegen schon die Fetzen oder alles bestens?“, wollte Haku wissen, welche sich gemeinsam mit Neru zu uns gesellte. „Ach, alles bestens.“, versicherte ich grinsend und legte einen Arm um meine Freundin. „Habt ihr denn was anderes erwartet?“, wollte nun Lily wissen und lehnte sich an mich. „Quatsch!“, rief Haku aus. Neru setzte sich etwas abwesend zu uns an den Tisch. Sie war wie immer damit beschäftigt, SMS zu schreiben. Wir quasselten noch eine Weile und frühstückten, bis uns das Klingeln zurück zu den Klassenräumen orderte. Nun, zumindest für die Jüngeren hieß es zurück in die Klassen, für die Älteren war erstmal Sport angesagt. In der Mädchenumkleide angelangt, erwartete mich dann auch schon das nächste Problem. Meine Freundin hatte ganze Arbeit geleistet und meinen Hals und Oberkörper mit unschönen Flecken verziert. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen, das sie selbst nicht besser aussah... Es war untypisch für mich zum Umzieheh im Duschraum zu verschwinden, doch noch viel weniger wollte ich von irgendwelchen Mitschülerinnen auf die Knutschflecke angesprochen werden. „Sollen wir etwas trödeln?“, flüsterte Lily mir zu und warf mir einen leicht unsicheren Blick zu. Sie wollte sich genau so wenig vor den anderen umziehen wie ich. „Ist wohl besser.“ So quatschten wir einfach noch ein wenig, bis einige Klassenkameradinnen die Umkleide verließen und schlüpften dann selbst in unser Sportzeug. Auch die Doppelstunde Sport ging schnell vorbei. Zur Abwechslung hatte der Lehrer die Schüler mal in gleichstarke Gruppen eingeteilt, sodass der Unterricht viel mehr Spaß machte. Anschließend folgten noch Politik und Geschichte, dann war der Schultag überstanden. Da ich heute mit zu meiner Freundin ging, verabschiedeten wir uns am Schultor von unseren Freunden. Diese mussten nämlich genau in die entgegengesetzte Richtung. Einzigst Neru und Haku begleiteten uns noch ein Stück weit, da sie im gleichen Viertel wie Lily wohnten. „Ich will Samstag noch mal einen kleinen Karaoke-Abend veranstalten. Diesmal aber im etwas kleineren Kreis.“, erzählte die Silberhaarige uns. „Das Haus war letztes Mal in so einem chaotischen Zustand, das ihre Eltern sie fast gekillt hätten.“, lachte Neru. „Hey, das ist nicht lustig“, beschwerte Haku sich. Auch Lily und ich mussten lachen. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie das Haus gegen Ende der Feier wohl ausgesehen haben musste. Wie gut, das die Gäste nicht beim Aufräumen hatten helfen müssen. „Ich nehme mal an wir sind eingeladen?“, hakte Lily forsch nach. Haku tat so als würde sie ernsthaft überlegen bevor sie antwortete. „Ihr könnt gern vorbeikommen. Aber wehe ihr flutet mein Zimmer noch mal.“, warnte sie. „Was war das eigentlich? Wasser oder ursprünglich Schnee?“, wollte Neru wissen. Ich kratzte mich verlegen am Kopf. „Schneematsch fürchte ich. Wir waren auf dem Balkon und sind von ner Schneelavine vom Dach erwischt worden.“ Die Silberhaarige holte aus und verpasste mir und der Blonden zum Dank eine Kopfnuss. Wir fluchten und rieben uns die Köpfe. „Nur ne kleine Rache für die Putzaktion.“ Schließlich kamen wir an einer Weggablung an, wo sich unsere Wege trennten. Wir verabschieden uns von unseren beiden Klassenkameradinnen und setzten den Weg fort. „Sind deine Eltern eigentlich da?“, wollte ich wissen. Lily schüttelte den Kopf. „Ne, die sind noch arbeiten.“ Und nicht nur ich war froh darüber. Diese kalte und spießige Art war einfach furchtbar. „Ich bin mal auf Samstagabend gespannt.“, streute ich ein. „Diesmal sind zwar nicht so viele Leute da, aber es wird bestimmt lustig.“, stimmte meine blonde Freundin mir zu. Vor dem Anwesen blieben wir stehen und Lily kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel um das Tor vor dem Haus zu öffnen. Ein Unterfangen, welches sich mit dicken Winterhandschuhen als gar nicht mals so leicht entpuppte. Schließlich hatte sie den passenden Schlüssel gefunden und wir betraten das Grundstück. Noch schnell die Haustür aufgeschlossen, dann waren wir der Kälte auch schon entkommen. Der alberne Malteser kam uns freudig kläffend entgegen gelaufen. „Hildegard!“, rief ich aus und bückte mich. Das plüschige Tier sprang mir auf den Arm. Von der anfänglichen Feindseligkeit mir gegenüber war nicht mehr all zu viel vorhanden. „Du bist der Kleinen ja mittlerweile richtig ans Herz gewachsen.“, grinste die Blondine mich an. „Ach, wer kann meinem Charme auf Dauer schon wiederstehen?“, antwortete ich mit einem fetten Grinsen und zwinkerte ihr zu. „Du bist unmöglich, weißt du das?“ „Ja ja, ist mir nichts Neues.“ Sie machte zwei Schritte auf mich zu und drückte mir einen Kuss auf. Ich konnte sie gerade nicht zu mir rüber ziehen, da ich den Hund noch auf dem Arm hielt. Kaum hatte ich Hildegard wieder auf den Boden gesetzt, da machte sich mein Magen mit einem Knurren bemerkbar. „Hunger?“, stichelte meine Freundin. Ich kratzte mich leicht verlegen am Kopf. „Sieht wohl so aus.“ Dann wurde mein Blick etwas bettelnder. „Machst du uns was Zuessen, Schatz?“ Angesprochene nickte und kicherte leise. „Oh Meiko, was machst du nur, wenn du mal ne Woche auf dich allein gestellt bist?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Pizzataxi? Brot? Instant-Ramen?“ „So gesund!“, amüsierte Lily sich. Trotzdem ging sie rüber zur Küche. „Aber tu mir nen Gefallen und geh mal kurz mit Hildegard zur Straße, die muss bestimmt mal raus.“ Ich hatte nichts dagegen einzuwenden, pflückte das quietschpinke Halsband und die farblich passende Leine vom Dielenschränkchen und krallte mir den Hund. Auch den Schlüsselbund steckte ich vorsichtshalber ein, um mich bei dem riesen Anwesen nicht am Ende noch auszusperren. Den Malteser dazu zu bewegen vernünftig an der Leine zu gehen, vor allem in die Richtung in die ich wollte, war gar nicht so leicht. Das Viech hatte einfach keine Erziehung und war nach wenigen Schritten zu faul zum Laufen. Irgendwie schafften wir es aber doch noch zur Straße, wo sich auch eine kleine Grünfläche befand. Da es ziemlich kalt war, beeilte ich mich so schnell zurück ins Haus zu gelangen, wie es möglich war. Zur Abwechslung hatte der unerzogene Hund mal nichts dagegen einzuwenden und lief mir, wie ein Plüschball auf vier Beinen, nach. Drinnen angekommen befreite ich Hildegard von der Leine und legte den Schlüsselbund zurück. Als ich zurück in die Küche kam, war Lily schon fleißig damit beschäftigt das Mittagessen vorzubereiten. „Du kannst schon mal Teller und so rausstellen.“, forderte sie mich auf. Ich verdrehte die Augen. „Sklaventreiberin.“ Die Blonde drehte sich um und warf mich mit einem Küchenhandtuch ab. „Faulpelz.“, grinste sie mich frech an. Ich pflückte mir das Handtuch vom Kopf und legte es zurück auf die Küchenzeile. „Ein ganz schön großes Mundwerk.“, ging ich auf die Sticheleien ein. Ich durchquerte die Küche, stellte mich hinter meine Freundin und schlag die Arme um sie. Die Kleinere hörte für einen Moment auf das Gemüse klein zu schneiden und schmiegte sich an mich. Ich spielte mit einer der blonden Haarsträhnen, welche mich nach wie vor faszinierten. Wie schaffte sie es nur, das ihr Haar diesen goldenen Glanz hatte? „Nicht das ich die Situation nicht genießen würde, aber ich fürchte so wird das Essen nie fertig. Na komm, hol schon mal das Geschirr aus den Schränken.“, forderte sie mich erneut auf. „Mh, na meinetwegen.“ Mit einem Schmunzeln drückte ich ihr noch einen Kuss auf und begann dann damit die Teller aus einem der Küchenschränke zu suchen. Nachdem wir gegessen, abgewaschen und die Küche wieder aufgeräumt hatten, gingen wir hoch in ihr Zimmer. Wir hatten leider noch einige Hausaufgaben, die erledigt werden wollten. Zwar war die Politiklehrerin noch gnädig mit uns gewesen, die Englischlehrerin und der Geschichtslehrer dafür umso gemeiner. „Wie wäre es damit? Jeder macht erstmal ein Fach und dann tauschen wir die Hefte?“, schlug ich vor. Lily zog zweifelnd eine Augenbraue hoch. „So lernen wir aber nicht wirklich was.“, gab sie zu bedenken. „Und so sitzen wir da stundenlang dran.“, konterte ich. „Dann mach ich aber Englisch. Ich fürchte in diesem Fach deine Hausaufgaben abzuschreiben wäre eine dumme Idee.“, entschied sie dann. Genau die Antwort auf die ich gehofft hatte. Ich wollte mich irgendwie vor meinem Hassfach drücken. „Hey, was soll das denn jetzt heißen?!“, beschwerte ich mich dennoch gespielt beleidigt. „Na komm, das die Sprache nicht gerade zu deinen Stärken zählt ist kein Geheimnis Meiko.“ Lily verdrehte leicht die Augen. „Dann übernehm ich Geschichte. Und keine Angst, in dem Fach fabriziere ich schon keinen Mist.“ „Och komm, jetzt schmoll nicht!“, schmunzelte meine Freundin, rückte zu mir rüber und gab mir einen Kuss, welchen ich nur zu gern erwiderte. Dann rissen wir uns allerdings am Riemen und begannen mit den Hausaufgaben. Für Geschichte musste ich einige Daten aus dem Buch suchen und einen Text schreiben. Eine zeitraubende Aufgabe, die aber gut zu lösen war. Etwa zeitgleich beendeten wir unsere Aufgaben, tauschten die Hefte aus und begannen damit das jeweils andere Fach abzuschreiben. Das Abschreiben dauerte nicht gerade lange und so schafften wir es unsere Hausaufgaben relativ schnell für beendet zu erklären. „Das wäre geschafft!“, freute ich mich. „Kannst du laut sagen!“, pflichtete Lily mir bei. Die Blonde stand auf und schaltete das Radio an. Auch ich erhob mich vom Boden, auf dem wir zum Hausaufgaben machen gesessen hatten. „Ich schalt mal deinen Computer an. Habe gestern ne echt geniale Seite gefunden, die ich dir zeigen wollte.“, meinte ich dann. Kaito hatte mir die Seite per Mail geschickt und ich fand sie einfach zum totlachen. Während ich also darauf wartete, das der PC hochfuhr, drehte ich mich mit dem Bürostuhl in Richtung des restlichen Zimmers. „Wie gemein, klaut mir den einzigsten Sitzplatz im Zimmer.“, beschwerte meine Freundin sich gespielt beleidigt. Ich warf ihr ein Grinsen zu und klopfte leicht auf meine Oberschenkel. „Dann setz dich doch einfach zu mir.“ Angesprochene zog kurzzeitig eine Augenbraue hoch, grinste dann jedoch auch und setzte sich. Allerdings so, das sie mich ansehen konnte. Auf einem Bürostuhl ein recht wagemutiges Unterfangen. Um zu verhindern das sie gleich auf dem Boden lag, schlag ich schon ganz automatisch die Arme um sie und zog sie näher zu mir. „Fall mir nur nicht.“, gab ich zu bedenken. „Ganz überbesorgt, wie süß.“, lächelte meine Freundin mich an. „Na sei doch froh.“, ging ich auf das kleine Spielchen ein. Ich überwand die letzte Distanz zwischen uns und küsste sie. Die Blonde ging direkt darauf ein. Für einen Moment war der Computer im Hintergrund ganz vergessen. Sie leckte leicht über meine Unterlippe, bat um Einlass. Der Kuss wurde intensiver. Ich fuhr ihr mit einer Hand unters Shirt und entlockte ihr ein wohliges Seufzen. Wir hatten die Umgebung ganz ausgeblendet. Ein schwerer Fehler, wie sich im nächsten Moment herausstellen sollte. Ohne es auch nur zu ahnen, waren wir von einer Sekunde auf die andere schon beim nächsten Wendepunkt unseres Lebens angelangt. Da wir beschäftigt waren und die Musik zudem auch noch laut lief, hatten wir die Schritte auf der Treppe nicht gehört. Auch hatten wir nicht gemerkt wie die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet wurde. „Was zur Hölle?!“, riss uns eine polternde, fassungslose Stimme aus unserer eigenen kleinen Welt. Wir fuhren zusammen und blickten sofort zur Tür. Der Schock stand uns ins Gesicht geschrieben. Lilys Vater war heute scheinbar früher von der Arbeit zurückgekommen. Zumindest stand er jetzt im Raum und starrte uns fassungslos an. Die Blonde stand schnell auf. Ich tat es ihr gleich. „Dad...!“, stammelte sie überrumpelt. „Erklär mir das!“, forderte ihr Vater sie im eisigen Tonfall auf. Langsam schien er sich vom ersten Schockmoment erholt zu haben. „Nun ja, ich fürchte da gibt es nicht viel zu erklären. Wir haben uns ineinander verliebt. Wir sind zusammen.“ Man sah der zierlichen Blonden an, das sie sich gerade sichtlich unwohl fühlte. Kein Wunder, bei dem Blick ihres Vaters. „Seit wann geht das schon?“, wollte er dann wissen. „Seit etwa zweieinhalb Monaten.“, ergriff nun ich das Wort. Die Art und Weise wie Lilys Vater mit seiner Tochter redete ließ mich schon wieder köcheln, doch ich versuchte mein Temperament so gut es ging unter Kontrolle zu halten und mir nichts anmerken zu lassen. „Damit ist jetzt Schluss! Es hat ja schon gereicht das du uns damals diesen kriminellen Tsuyoshi ins Haus geschleppt hast, aber jetzt auch noch eine Frau?! Das geht zu weit. Das ist einfach nur widerlich!“, wetterte er los. Die Blonde wurde blass, während meine Wut eher noch wuchs. Dennoch war sie es, die das Wort ergriff. Mit erstaunlich festem Blick schüttelte sie den Kopf und sah ihren Vater geradewegs an. „Niemals. Ich lasse mir von dir doch nicht vorschreiben mich von der Person zu trennen, die ich über alles liebe!“ „Doch, das wirst du Fräulein.“ Seine Stimme war eiskalt, sein Blick schien uns beide zu erdolchen. „Wie können Sie nur?!“, rief ich fassungslos aus. „Vergiss es Dad! Das werde ich sicher nicht tun!“, schrie Lily ihn an. Ihr Vater schritt durch den Raum und hielt kurz vor uns an. Für meinen Geschmack ein wenig zu nah. Ich war alarmiert, bereit im Bruchteil einer Sekunde zu reagieren. Ich konnte ihn absolut nicht einschätzen. „Oh doch, das wirst du. Widersprich mir nicht.“, er baute sich drohend vor ihr auf. Für mich wurde es immer schwerer diesem Typen nicht direkt an die Kehle zu gehen. „Das ist meine Sache, also misch dich nicht ein.“, verlangte Lily, der man ansah, das ihr die Situation langsam unheimlich wurde. „Dir werde ich die Flausen austreiben!“ Ihr Vater schäumte vor Wut und hob die Hand. In dem Moment war es mit meiner Beherrschung vorbei. Da ich genau neben meiner Freundin stand, schubste ich sie zur Seite, packte dieses Ekel von Vater am Kragen und riss ihn zu mir rüber. Ich schäumte vor Wut. „Krümmen Sie ihr auch nur ein Haar und Sie können im nächsten Krankenhaus einchecken!“, knurrte ich ihn an. Mein Blick sprühte förmlich Zornesfunken. „MEIKO! Hör sofort auf!“, schrie Lily entsetzt auf. „Lass ihn los!“ Ich funkelte den Mann noch einmal böse an und ließ seinen Hemdkragen dann wieder los. Erschrocken taumelte er einen Schritt zurück. Vielleicht war ihr Vater ein Stück größer als ich, doch war der Bürokrat sicherlich nicht halb so kampferfahren und wendig wie ich. „Du bist ja total übergeschnappt!“, rief er aus. Ich schüttelte nur leicht den Kopf, ging rüber zu meiner Freundin und legte demonstrativ einen Arm um sie. „Ich beschütze sie nur, so wie es sich gehört.“, stellte ich kühl fest. „Eigentlich sollte Ihnen als Vater auch etwas mehr am Wohl ihrer Tochter gelegen sein.“ Er ging noch einen Schritt zurück um außerhalb meiner Reichweite zu sein. Nun wandte er sich wieder an die Blonde. „Du setzt den guten Ruf unserer Familie aufs Spiel. So etwas dulde ich in meinem Haus nicht.“ Angesprochene rückte noch etwas näher an mich heran, um ihren Standpunkt klar zu stellen. „Als ob mich das jucken würde.“, zischte sie. Mit eisiger Mimik zeigte ihr Vater zur Tür. „Dann pack deine Sachen und geh.“ Uns entgleisten die Gesichtszüge. „Das kannst du nicht machen!“, rief die Blondine entsetzt. „Oh doch, kann ich. In einer halben Stunde bist du verschwunden.“, stellte er fest. „Du kannst nicht einfach deine eigene Tochter vor die Tür setzen!“ „Was sind Sie nur für ein Mensch?!“, entrüstete ich mich. „Wenn du sie so liebst wie du sagst, dann wird sie sicher einen Platz für dich haben. Und ich bin jetzt schon gespannt, wann du mit deinen Koffern im Schlepptau wieder zurückgekrochen kommst, weil du endlich einen Geistesblitz hattest.“ Lily starrte ihn nur fassungslos an. Diese Ansage hatte ihr die Sprache verschlagen. Sie zitterte. Es brauchte einen Moment bis ich die Sprache wieder gefunden hatte. Ich knuffte sie leicht, um sie zurück in die Realität zu holen. „Meine Mutter wird schon nichts dagegen haben. Dieses Ekel da musst du dir nun wirklich nicht antun.“ Immer noch geschockt nickte sie leicht und ging auf ihren Kleiderschrank zu. „Du bist für mich gestorben Dad.“, murrte sie ihrem Vater nur entgegen, welcher gerade dabei war das Zimmer zu verlassen. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, da bröckelte ihre Fassade auch schon. Tränen bahnten sich einen Weg über ihre Wangen. Ich konnte sie nur zu gut verstehen. Dieses Haus entsetzte mich von Tag zu Tag mehr. Wie konnte man zu einem Familienmitglied nur so kalt sein? Es ging mir nicht in den Kopf. Ich zog sie zu mir, umarmte sie und streichelte ihr tröstend über den Rücken. „Sssssh“ Die zierliche Blondine vergrub das Gesicht in meinem Pulli und drückte sich eng an mich. „Ich versteh das nicht.“, schluchzte sie. „Womit hab ich nur so gestörte Eltern verdient?“ Mir tat meine Freundin einfach nur leid. Da meine Mutter ganz anders war, konnte ich nur versuchen mir vorzustellen, wie schlimm eine solch eisige Familie wohl sein musste. Eine grauenvolle Vorstellung. „Hey, das wird schon wieder.“, versuchte ich sie zu trösten. „Du kannst erstmal bei uns wohnen. Das renkt sich schon alles wieder ein.“ Zwar hatten meine Mutter und ich nur eine sehr kleine Wohnung, doch es würde schon irgendwie reichen. Auch wenn wir uns mein Zimmer teilen mussten, würden wir das sicher gut verkraften. Das Lilys Mutter dem Vater der Blonden noch mal ordentlich den Kopf wusch, daran glaubte ich nicht wirklich. Die war doch selbst nicht besser und würde ihrem Mann sicher nicht widersprechen. Als meine Freundin sich wieder halbwegs beruhigt hatte, packte sie die wichtigsten Sachen in Koffer und Taschen. Ich half ihr beim Tragen und so verließen wir kurze Zeit später das Haus. Ein mehr als merkwürdiges Gefühl. Wie musste das wohl erst für Lily sein? „Was meinst du was deine Mutter dazu sagen wird Meiko?“, wollte sie wissen. Ich zuckte nur mit den Schultern. „Sie wird nichts dagegen haben. Sie mag dich.“ Doch obwohl wir jetzt noch nicht damit rechneten, ein kleines Wunder sollte doch noch geschehen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)