Pulse Wriggling To Black von abgemeldet (Falsches Spiel) ================================================================================ Kapitel 9: Zusatzkapitel Aoi ---------------------------- Ein kurzer Blick auf die Uhr, ein Stirnrunzeln und kurz darauf legten sich seine Finger wieder an die Saiten seines geliebten Instruments. Den Dunkelhaarigen Gitarristen störte es nicht wirklich, dass sie wieder bis in die Nacht an den neuen Liedern saßen und sich die Finger wund spielten oder Ruki irgendwann nur noch ein leises krächzen hervorbrachte. Reita hatte sich nach draußen verzogen um eine kurze, deutlich nötige Pause einzulegen. Uruha döste in einer Ecke und Kai studierte die Unterlagen. Wo sich ihr Sänger aufhielt, konnte der Gitarrist nicht mit Gewissheit sagen. Vielleicht war es ihm soweit auch völlig egal. „Willst du nicht auch mal die Gitarre weglegen und etwas ruhen? Das dauert hier sicher noch gute zwei Stunden.“ Kai sah von seinen Blättern auf und richtete das Wort direkt an Aoi, der nur wie ein verschrecktes Kaninchen von seinen Saiten aufsah und nicht sicher war, ob Kai hier gerade einen Scherz machte. „Schon OK Kai…wenn ich jetzt aufhöre, dann kann ich nicht mehr wach bleiben und dann ginge es wohl wie Uruha…“ dabei zeigte er auf den leise vor sich hin schnarchenden Gitarristen in der Ecke. Der Kopf des Honigblonden kippte ruckartig zur Seite und im nächsten Moment war dieser wieder wach, nur um kurz darauf wieder den Kopf zu senken. Sie waren alle müde und ausgelaugt. Noch weitere Nächte dieser Art konnten sie nicht durchstehen. Die anstehenden Termine rückten immer näher und ihnen rannte die Zeit davon. Im selben Moment marschierte Ruki mit einem Kaffeebecher in den Raum und warf sich neben Uruha aufs Sofa, so dass dieser murrend erneut aus dem Halbschlaf schreckte. Kai seufzte leise und strich sich durch die Haare. „Der Song muss heute noch fertig werden.“ Kam es dann von jenem und er sah dabei besonders streng zu dem blonden Sänger, welcher ertappt auf den Boden sah und seinen Kaffee hin und her schwenkte. „Den kriegen wir doch eh nicht fertig. Lass uns für heute Schluss machen.“ „Ruki, du scheinst wieder zu vergessen, wie wichtig das Album ist. Also hör auf die Zicke zu spielen!“ fiel der Leader ihm mehr oder weniger ins Wort. Aoi bekam von alldem nichts mit. Auch nicht, dass ihr Bassist von der Raucherpause wieder in den Raum kam und es sich auf dem Hocker bequem machte. Der Dunkelhaarige blendete alles aus, starrte Gedankenverloren vor sich hin und verhedderte sich schier im wirr-warr seiner eigenen Gefühle und Gedankenwelt. Kai diskutierte noch eine Weile mit Ruki, ehe er aufgab und letzten Endes doch das Ende der Probe aussprach. Ihm wurde das langsam auch zu viel und den Schlaf hatte dieser ebenso nötig. Erst als es im Raum polterte, da Uruha seinen Gitarrenständer umwarf, wurde der andere Gitarrist wieder halbwegs wach. Ruki rauschte so schnell er konnte aus der Tür, fluchend, dass sein Bett doch schon Sehnsüchtig wartete und auch der Honigblonde folgte ihm, wenn auch etwas langsamer. Mit einem leisen seufzen rappelte sich Aoi auf, stellte die Gitarre behutsam zur Seite und streckte sich. Nun machte sich die leichte Verspannung im Genick und Rücken bemerkbar. Das würde irgendwann noch ein böses Nachspiel haben, so viel stand fest. „Schlaf gut Aoi.“ Der Drummer lächelte den Dunkelhaarigen freundlich an, während dieser nur Wortlos die Hand hob, sich die Jacke überwarf und dann aus dem Raum trat. Draußen angekommen, schlug ihm die kalte und zugleich Nasse Nachtluft entgegen. Reita’s Motorrad stand noch immer an der gleichen Stelle, also war dieser noch mit Kai im Proberaum. Aber was kümmerte ihn das schon? Ein erneutes seufzen entfloh seinen Lippen und der müde Gitarrist machte sich schwerfällig auf den Weg nach Hause. So ausgelaugt war er schon lange nicht mehr gewesen. Die eigenen Gedanken, Vorwürfe und die Band nagten schon seit geraumer Zeit an seinem Körper und Seele. Wann hatte das denn angefangen? Wann hatte es angefangen, dass seine Selle umgeben war von einer undurchdringbaren Mauer? Der Rythmusgitarrist konnte es nicht sagen, egal wie oft er sich die Frage selbst stellte. Auf einmal war diese Mauer da und schien ihn vor etwas schlimmen zu beschützen. Aoi nahm es hin, freundete sich mit der Mauer an und entwickelte mittlerweile sogar eine gewisse Zuneigung zu jener. Für wenige Augenblicke stand er noch im Regen, ein leichtes, gar verbittertes lächeln schlich sich auf seine Lippen, ehe es wieder verschwand und der Gitarrist sich in Bewegung setzte. Eine Erkältung wegen dem anhaltenden Regen wollte er sicherlich nicht bekommen. Zuhause angekommen schälte sich Aoi aus den feuchten Klamotten und warf sie in die Nächstbeste Ecke. Den Kopf in den Nacken gelegt stand er nun unzählige Minuten einfach nur da und verlor sich im Laufe der Zeit. Schwerfällig kippte der Kopf wieder in die Gerade, der Gitarrist setzte sich in Bewegung um den schlaffen Körper unter die Dusche zu zwingen. Duschen…danach ins Bett? Alles schien still zu sein, bis ihn ein leises, kaum hörbares Geräusch vor seiner Türe aufhorchen ließ. Angestrengt lauschte Aoi in die Dunkelheit, gepaart von erneuter Stille. Hatte er sich das Geräusch nur eingebildet? Wahrscheinlich…die Müdigkeit forderte ihren Tribut. Um diese Uhrzeit konnte noch niemand hier im Haus wach sein. Im Endeffekt war es dann nur die Olle Nachbarskatze. Sich durch die Haare streichend wankte Aoi nun zuerst ins Bett, lies die Dusche fürs erste bleiben und fiel erschöpft in die weichen Kissen. Sofort umhüllte ihn eine angenehme Schwere, beinahe als würde er beginnen sanft zu schweben aber der Körper wehrte sich noch dagegen. Aoi schaffte es nur sich aus der Hose zu schälen, denn unmittelbar danach fiel dieser in einen zunächst Traumlosen schlaf. Du bist eine Schande für die Familie! Denkst nur an dein eigenes Wohl. Aber was ist mit uns?? Ist es das alles Wert? Willst du die Familie noch weiter in den Schmutz ziehen? Schämen…ja schämen solltest du dich! der Gitarrist wandte den Kopf zur Seite um die Stimme zu verscheuchen, wollte das alles nicht hören. Wie verirrte Geister nisteten sich diese Stimmen in seinem Kopf ein und ließen ihn nicht mehr klar denken. Aoi hatte seine Familie verraten…und für was? Für einen dummen Traum, dem Traum frei zu sein und machen zu können, was man wollte. Dem Traum, die Band bis an die Spitze zu führen. Ein Teil von ihr zu sein. Aoi war schon immer ein Mensch, der es hasste, gefangen zu sein im Käfig der Gesellschaft und dem, was man ihm vorschrieb. Und nun war er es selbst, welcher sich in einen Käfig sperrte, errichtet von ihm selbst. Was er letzten Endes damit bezweckte, konnte sich der Gitarrist auch nicht erklären. Völlig schweiß gebadet wachte Aoi auf und bemerkte, dass er nicht länger als 2 Stunden geschlafen hatte. Schwer atmend richtete er sich auf, schlug die Decke zur Seite, stand auf und schlich aus dem Schlafzimmer. Es war totenstill als habe jemand persönlich dafür gesorgt, dass kein Ton dieser Welt noch Zugang zu seinen Ohren hatte. Als müsste er sich erst eine Erlaubnis holen. Auf dem Küchentisch lag aufgefaltet ein Brief seiner Alten. Vielmehr der Brief von deren Anwalt. Enterbt hatten sie ihn. Aoi fühlte in diesem Moment gar nichts. Die Mauer um ihn herum beschützte ihn und drängte das Gefühl des Schmerzes beiseite. Wen hatte er denn noch? Jemanden, auf den er sich verlassen konnte? Eine Familie war dazu da, dass man zusammenhielt und nicht irgendwann ganz auseinander ging. Wütend auf sich selbst zerriss der Dunkelhaarige das Stück Papier und warf die Fetzen auf den Boden, als seien nur sie allein schuld an diesem Desaster. War es so schlimm, die eigenen Träume leben zu wollen? Hatte Aoi das Prinzip der Gesellschaft einfach nicht verstanden? In solchen Momenten wusste der Gitarrist nicht, was richtig und was falsch war. Wem konnte er vertrauen oder verbarg sich das vertrauen nur ganz allein in seinem Inneren? Hinter der Mauer… Nur dort fühlte er sich sicher, konnte sich fallen lassen ohne Angst zu haben, verletzt zu werden. Aoi schnappte sich die Zigarettenschachtel auf dem Tisch und wollte soeben die kleine Wohnung verlassen um zu dem kleinen Raucherbalkon zu gelangen. Was er vor seiner Türe fand, verschlug ihm beinahe gänzlich den Atem. Vorsichtig und ohne ein Geräusch zu verursachen schloss der Gitarrist die Türe wieder. „Wieso tust du das…?“ fragte er in die Stille hinein, wohl wissend, dass er keine Antwort von dem schlafenden Bassisten bekommen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)