Sealed Souls II von astala7 (Zwischen Paranoia und Frühlingsgefühlen) ================================================================================ Kapitel 1: Zwei Uhr morgens --------------------------- Zwei Uhr. Zwei Uhr morgens. Irgendwie hatte ich ein Déja-vu. Nein, diesmal hatte mich kein Botenfalke aus dem Schlaf geschrien. Es kam auch kein ANBU durch mein Fenster gekrochen, um mich zu evakuieren. Ich konnte einfach nur nicht schlafen. Der Grund dafür war die Hitze. Der Sommer machte mir zu schaffen und die vierzig Grad im Schatten kühlten auch in der Nacht nicht so richtig ab. Außerdem gab es keine Klimaanlage. Manchmal wünschte ich wirklich, ich wäre nach Kiri gegangen. Dort war das Klima um diese Jahreszeit sicher um einiges angenehmer. Stattdessen schienen mich die Uchiha-Brüder irgendwie in ihren Familienfluch mit hinein gezogen zu haben. Es fing damit an, dass Sasuke nicht mehr nach Hause kam. Ja, inzwischen nannte ich das Anwesen tatsächlich mein Zuhause, obwohl ich natürlich nur Gast darin war. Ich kümmerte mich darum, dass Sasuke immer frische Wäsche und ein Essen auf dem Tisch hatte. Ich pflegte den Garten und entstaubte die Wohnung. Ich heuerte sogar ein paar Handwerker an, die die umliegenden Gebäude renovierten, welche jetzt schon seit Jahren leer standen. Ich hätte es mir sparen können. Sasuke war immer öfter zu Missionen gegangen, hatte sich heimlich mit seinem Bruder getroffen und Akatsuki hinterher spioniert. Bis die Organisation zurückgeschlagen hatte. Die meisten Einwohner Konohas konnten vorher evakuiert werden, aber nachdem der Anführer der Verbrecherbande gewütet hatte, stand im Dorf kein Stein mehr auf dem anderen. Vor diesem Anblick der absoluten Zerstörung hätte ich beinahe selbst den Verstand verloren. Es war Sasuke, der mich mit seiner unerschütterlichen Gelassenheit und einer festen Entschlossenheit und Siegesgewissheit wieder auf den Boden zurückholte. Ein paar Worte von ihm (die, wie ich nur einmal anmerken möchte, ziemlich herablassend waren) reichten aus, mich wieder zur Vernunft zu bringen (und beinahe auch, ihm eine zu scheuern, aber das konnte ich im letzten Moment verhindern). Wie der Uchiha vorausgesagt hatte, bekam ich daraufhin eine ganze Menge Kunden. Seltsamerweise schien das Sasuke nicht zu passen. Mir war ja schon früher aufgefallen, dass er ziemlich besitzergreifend sein konnte. Aber da hatte ich geglaubt, das läge daran, dass Itachi mein Patient war. Wie sich herausstellte, mochte er es aber allgemein nicht, wenn ich mir die dunkelsten Geheimnisse, tiefsten Wünsche und hoffnungsvollsten Träume von fremden Leuten anhörte. Nach seinem dritten Wutanfall (was heißt Wutanfall, er massakrierte nur ein paar Bäume in seinem Kunai-Training, aber da er es überhaupt nicht nötig hatte mit einem so simplen Werkzeug wie einem Kunai zu trainieren, sah ich das als Zeichen) konnte ich das Phänomen nicht mehr ignorieren und begann, es zu analysieren. Fest stand, dass Sasuke nie sehr viele Bindungen gehabt hatte, da er sich zwischenmenschliche Beziehungen generell verbot. Das lag nicht nur am Ninja-Codex, sondern vor allem daran, dass eine Bindung nach dem Tod seiner Familie nur noch darin bestehen konnte, eine Freundschaft aufzubauen – und um das Mangekyou Sharingan zu erhalten, musste man seinen besten Freund töten. Also war Sasuke bestrebt gewesen, überhaupt keine Freunde zu haben, um nicht den selben Weg wie seinen Bruder einzuschlagen. Jetzt aber hatte er wieder seine Bindung zu Itachi. Doch der war weit weg und fast genauso unerreichbar wie zuvor. Dennoch hatte Sasuke einen kleinen Einblick darin erhalten, wie es war, geliebt zu werden. Dieses Gefühl wollte er jetzt nicht mehr missen – was er natürlich nie zugeben würde. Ganz langsam hatte er begonnen, andere Bindungen zu knüpfen. Er war öfter mit Naruto zusammen, ab und an auch mit Sakura und anderen Gleichaltrigen. Aber sie wussten nicht Bescheid. Sie würden ihn niemals ganz verstehen können, wenn er ihnen nicht die Wahrheit über sich erzählen durfte. Und selbst dann konnten sie nie mehr sein als Freunde. Was Sasuke aber brauchte, war Familie. Nebst dem unerreichbarem Itachi war ich diejenige, die in seinem Haus wohnte, sich um ihn kümmerte und sorgte, die seine Geschichte und sein Geheimnis kannte, der er vertraute und alles erzählen konnte: Ich war für ihn, was einer Familie am nächsten kam. Diese kostbare Bindung wollte er aufrecht erhalten und er glaubte, dass sie durch jeden, der sich einmischte, geschwächt würde. Wenn er von einer Mission zurück kam, fragte er mich in der Regel nicht, was ich in seiner Abwesenheit getan hatte. Aber wehe ich stand nicht in der Tür, um ihn zu begrüßen. Dann wollte er es ganz genau wissen. Sasuke wollte mich mit niemandem teilen, nicht einmal mit anderen Patienten. Das Problem war, dass ich es nie so weit hätte kommen lassen dürfen. Für meinen Job war es natürlich wichtig, eine emotionale Bindung zu meinem Patienten aufzubauen. Aber ich musste sie eher aus der Ferne in die richtige Richtung lenken und ihnen helfen, auf eigenen Beinen zu stehen. Niemals durfte ein Patient derart abhängig von mir werden oder gar umgekehrt. Jetzt würde ich Sasuke nicht als abhängig bezeichnen. Er wusste nur nicht mit seinen Gefühlen umzugehen (und war deswegen oftmals ziemlich grantig zu mir). Wenn ich nach Kiri ziehen würde, käme er hier auch wunderbar ohne mich klar. Das hatte er ja immerhin die letzten neun Jahre über ganz wunderbar geschafft. Es wäre vielleicht sogar besser so, dann konnte er endlich einen wirklichen Neuanfang machen. Aber ich wollte nicht. Da lag der Hase im Pfeffer, ich hatte den Jungen schon viel zu sehr in mein Herz geschlossen. Ich machte mir viel zu viele Sorgen, als das ich ihn hätte allein lassen können. Sorgen um Konoha, versteht sich. Ich hätte wirklich damals die Gelegenheit ergreifen sollen. Aber nein, ich musste ja unbedingt auf sein dummes Angebot eingehen und bei ihm einziehen. Schuld daran trug neben meinem eigenen inkompetenten Gefühlsleben bezüglich Sasuke auch dessen Bruder. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte Kakashi ihn mit einem Katana durchbohrt. Ich kannte natürlich von Sasuke alle Einzelheiten seiner Flucht, aber es war etwas ganz anderes, als ihn wirklich lebendig vor mir zu sehen. Das war es, was ich mir wünschte und weswegen ich in Konoha blieb. Für eine Nicht-Kunoichi war dieses Dorf der einzige Ort, an der es eine leise Chance gab, ihn noch einmal zu treffen und mich davon zu überzeugen, dass es ihm gut ging. Also war es nicht Kiri gewesen. Damit ich auch ja keine Zeit fand, zu viel mit den trauernden Verwandten von Opfern des Angriffs auf Konoha zu sprechen, hatte Sasuke gleich mal eingeleitet, dass das Uchiha-Anwesen wieder aufgebaut wurde und ich musste die Bauarbeiten überwachen. (Als ob ich Ahnung davon hätte!) Es war albern und es war nicht der Sinn der Sache, denn ich wollte den Leuten wirklich helfen – aber gegen diese roten Augen war ich machtlos. Anderthalb Jahre waren vergangen und Konoha sah (dank gewisser Mokuton-Nutzer) schon wieder ganz bewohnbar aus. Das Uchiha-Anwesen war jetzt kleiner und hatte auch nur noch drei Schlafzimmer. Außerdem war es natürlich nur ein Haus, statt ein ganzes Viertel. Aber es war ein Anfang und ich hatte mich bemüht, zumindest den Garten wieder so anzulegen, wie er einst gewesen war. Ich hatte ihn erst vor einer Woche fertiggestellt und war gespannt, was Sasuke davon halten würde. Den hatte ich nämlich schon etwas länger nicht mehr gesehen. Der Kampf gegen irgendeine Zombie-Armee ging in die Endrunde, hatte ich gehört. Hoffentlich passierte meinen beiden Lieblingsninja nichts. Diese Gedanken jedenfalls waren es, die mich zusammen mit 35°C gemeinsam wach hielten. In Ermangelung anderer Ideen stellte ich mich an den Herd und begann zu kochen. Diese Kunst hatte ich notwendigerweise zu meinem Hobby erklärt und so stand ich jetzt hier seit zwei Uhr morgens und bereitete haufenweise Reisbällchen zu. Es gab noch immer eine Menge Obdachlose in Konoha, die sich auf die Schnelle kein neues Haus leisten konnten und im Krankenhaus kamen immer wieder Shinobi von der Front an, deren Verletzungen zu schwerwiegend für ein simples Kriegslazarett waren. Die konnten etwas Verpflegung bestimmt gebrauchen. Und plötzlich klingelte es an der Tür. Ich hielt inne, starrte ungefähr dreißig Sekunden lang in den Topf, als wolle ich Reiskörner zählen, und hob dann langsam den Kopf. Wer. Zum Teufel. Klingelte. Um diese Zeit? Ninja! Unfassbar. Ich hätte nach Kiri gehen sollen. Rasch nahm ich den Topf vom Herd und schaltete ihn aus. Ich säuberte mir schnell die Hände mit einem Geschirrtuch und pfefferte es schwungvoll in Richtung Mülleimer, bevor ich die Küche verließ. Wer immer da vor der Tür stand, er konnte was erleben! Ich würde jetzt gerne sagen, dass ich die Haustür schwungvoll aufriss und einen Schwall an Beschimpfungen auf den nächtlichen Besucher niederregnen ließ. Oder dass ich vorher durch den Spion guckte und mir wenigstens ein wenig Fassung bewahrte. Ich hätte auch in den ersten Stock eilen und einen Eimer kalten Wasser aus dem Fenster kippen können. Aber das tat ich nicht. Denn da draußen stand Itachi. „Hallo.“ Ich starrte ihn wortlos an. „Darf ich reinkommen?“ Es dauerte eine ganze Weile, bis die Worte mein schlafumnebeltes Gehirn erreichten. Itachi war wieder da. Er besuchte mich – oder Sasuke, das war nicht ganz klar. Er stand draußen in der Nacht und wollte rein. Und ich stand in der Tür und starrte ihn an. „Alles in Ordnung?“ Fragt mich nicht, wie ich eine Antwort zustande brachte. Ich weiß es selber nicht. „D-Das ist Ihr Haus, natürlich dürfen sie reinkommen, Uchiha-san...“ Er sah gut aus. Besser als früher, meine ich. An seinen Kleidern klebte endlich mal kein Blut. Verbände waren auch keine zu sehen. Bildete ich es mir ein, oder war er sogar ein kleines Stück gewachsen? Sein Haar war auf jeden Fall länger. Und schwarze Augen. Nicht rot, nicht weiß. Nur schwarz. Trotz meiner Aufforderung brauchte ich noch eine Weile, bis ich meine Beine soweit unter Kontrolle hatte, dass ich den Weg freigeben konnte. Als Itachi an mir vorbei ging, wehte sein Duft zu mir herüber. Der typische Geruch nach Ninja. Wind und Bäume, Waffenfett und Kräuter, aber nirgendwo der strenge Blutgeruch der Shinobi, die frisch aus einem Kampf kamen. Das beruhigte mich ein wenig. „Ich dachte, das 'san' hätten wir hinter uns gelassen“, sagte Itachi beiläufig. Er sah sich im Flur um, öffnete ungefragt die Türen und spähte in die dahinter liegenden Räume. „Äh, ja...“, machte ich nicht sonderlich intelligent. „Alte Angewohnheit.“ Itachi legte die Hand auf die Klinke der Tür, die zu meinem Schlafzimmer führte. Kurz drehte er sich noch einmal zu mir um. „Darf ich?“ Ich fühlte mich ziemlich vor den Kopf gestoßen und ganz automatisch nickte ich. Im selben Moment hätte ich mich ohrfeigen können. Itachi hatte ja wohl nichts in meinen Räumen zu suchen! Überhaupt, warum wusste er, dass es mein Zimmer war? Bei den anderen Türen hatte er nicht gefragt. Verdammt. Ich hatte gar nicht aufgeräumt. Aber zu hören, wie ein Uchiha um Erlaubnis fragte, war es wert, fand ich. Das Zimmer war ohnehin nicht besonders interessant. Bett, Schreibtisch, Kommode, Kleiderschrank. Zu mehr war ich noch nicht gekommen. Da hingen ein paar Zeichnungen an den Wänden. Die meisten hatte Sai mir geschenkt, dem ich irgendwie ständig über den Weg zu laufen schien, wenn er nicht gerade im Krieg war. Ich hatte allerdings nur die aufgehoben, die keine Bestien zeigten. Trotzdem schien mir Itachi alles ungewöhnlich lange zu betrachten, bevor er weiterging – ohne einen einzigen Blick in Sasukes Zimmer zu werfen. Der erste Schock über die unverhoffte Begegnung war nun verflogen und langsam nahmen meine Nerven ihre Tätigkeiten wieder auf. „Ich bin froh, dass es dir... gut zu gehen scheint“, sagte ich vorsichtig. „Versteh das jetzt bitte nicht falsch – ich hatte nur Sasukes Wort darauf und seine Menschenkenntnis ist etwas... Aber du wirkst recht ausgeglichen. Und du bist unverletzt. Auf jeden Fall eine Verbesserung... und so... Aber ich frage mich doch, warum zum Teufel du um zwei Uhr morgens hier bei mir auftauchst?!“ Er sah mich überrascht an. „Hätte ich später kommen sollen?“ „Nein, sondern früher!“, entgegnete ich ihm. Er sah mich mit einem ziemlich seltsamen Blick an und ich wandte eilig die Augen ab. „Ich meine – Es ist natürlich furchtbar riskant von dir, hierher zu kommen, weil dich ja immer noch alle suchen, aber das weißt du ja wohl selbst am besten. Du kommst auch nicht her, um Sasuke zu treffen, du weißt vermutlich besser als ich, wo er sich gerade befindet. Also wenn du schon alle Gefahren beiseite schiebst und zu mir kommst – wogegen ich ja an sich überhaupt nichts habe – dann-“ „Dann hätte ich mitten am Tag kommen sollen, wo jeder mich sehen kann?“ Das nahm mir ein wenig den Wind aus den Segeln. „Okay. Vergiss das Letzte. Ich bin doof.“ Itachi schien mir nicht böse zu sein. Trotzdem war ich mir überdeutlich der Wand in meinem Rücken bewusst, als er näher zu mir trat. „Du bist vorsichtig“, sagte er leise. „Das ist wichtig, in diesen Zeiten. Du hast gesagt, ich wirke ausgeglichen. Es scheint mir gut zu gehen. Eine interessante Wortwahl und wie üblich trifft es die Sache auf den Punkt. - Ich habe dich durch das Fenster in der Küche gesehen, deswegen wusste ich, dass du noch wach warst.“ Dummes, kleines Herz, schalt ich mich selbst. Hör auf, so schnell zu schlagen. Itachi ist kein verrückter Serienkiller. Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben. Du darfst keine Angst haben. Auch wenn er so zweideutige Bemerkungen macht... Ninja riechen sowas. Immerhin ist er nicht durch dein Fenster eingebrochen, wie gewisse andere Shinobi. Allerdings vermutete ich, dass er zumindest Sasukes Zimmer vorher schon einmal betreten hatte. „Also, ich hab, ähm... Ich hab Reisbällchen da... Falls du was essen willst“, schlug ich reichlich lahm vor, mich im letzten Moment an die Gesetze der Gastfreundschaft erinnernd. Wenn er nur endlich aufhörte, so dazustehen. So... nah. Wieder dieser seltsame Blick. „Um zwei Uhr morgens?“ Okay, langsam wurde es Zeit, mir ein großes Schild mit der Aufschrift 'Idiot' um den Hals zu hängen. Passend zu der uralten 'Kiss the Cook'-Kochschürze. Als ich merkte, dass ich das Ding immer noch trug, wurde ich rot und fingerte nervös an der grässlichen Spitze herum. Itachi bemerkte das natürlich sofort und ein amüsiertes Glitzern schlich sich in seine Augen. „Mir gefällt's“, merkte er leicht spöttisch an und endlich – endlich! - trat er einen Schritt zurück. Ich zog hastig die Schürze aus – wenigstens trug ich ganz normale Klamotten und kein Nachthemd darunter – warf sie achtlos in die Küche und folgte Itachi, der sich mittlerweile ins Wohnzimmer begeben hatte. Ich setzte mich ihm gegenüber auf das Sofa, während er in einem Sessel Platz nahm, lehnte mich vor und faltete die Hände zusammen. „Okay, jetzt reden wir mal Klartext“, bestimmte ich, bemüht, etwas von meiner alten Professionalität in meine Stimme zu legen. „Warum bist du hier?“ „Leider immer aus Gründen, die meinen Geisteszustand betreffen, fürchte ich“, erwiderte er. Wie er so lässig da saß und mit seiner Präsenz den ganzen Raum auszufüllen schien, wirkte er irgendwie wie ein Yakuza. Der Anführer irgendeiner Mafia-Gesellschaft. „Äh, ich glaube nicht, dass du verrückt bist, Itachi...“ Wobei ich mir im Moment nicht zu hundert Prozent sicher war. „Richtig“, meinte er, „und genau das soll der Rest der Welt auch glauben.“ „Ich versteh nur Bahnhof“, gab ich zu. Itachi seufzte leise. „Der Krieg ist vorbei, Sekina-san. Die vereinigte Shinobi-Armee hat Uchiha Madara und alle seine Verbündeten besiegt. Die Nachricht sollte spätestens übermorgen bei euch eintreffen. Infolgedessen kann Sasuke-kun nicht mehr stillsitzen. Er weigert sich, Vernunft anzunehmen und hierher zurückzukehren, wenn ich ihn nicht begleite. Es läuft darauf hinaus, dass ich mich Konoha stellen muss und zwar möglichst so, dass ich eine Gerichtsverhandlung bekomme. Dafür brauche ich deine Zeugenaussage und vermutlich auch ein psychologisches Gutachten. Die Sache wird wahrscheinlich einigen Staub aufwirbeln, weil ich ja als tot gelte.“ „Und das... Das konnte mir nicht Sasuke-kun erzählen?“, rief ich aus. „Für dich ist es doch viel zu gefährlich, hierher zu kommen! Ich meine, es ist toll, dass du deinen Ruf wieder kriegst und so – aber bis es soweit ist, solltest du doch keine unnötigen Risiken eingehen!“ So sehr redete ich mich in Rage, dass ich aufstand, beide Arme auf den Wohnzimmertisch zwischen uns gestemmt. Itachi zeigte sich davon wenig beeindruckt. Er sah mir nicht in die Augen, als er sagte: „Ich werde vor ein Kriegsgericht gestellt, Sekina-san. Die Vorschriften besagen, dass ich dort als Gefangener auftauchen muss. Sasuke-kun kann bis dahin keinerlei verdächtige Sachen unternehmen, auch nicht zwischendurch für ein paar Tage aus dem Lager verschwinden und nach Konoha kommen. Er hat sich in dem Krieg wirklich gut geschlagen und dieser Ruf darf bis zur Verhandlung durch nichts getrübt werden, sonst steht mir eine Spontanhinrichtung bevor.“ Er zögerte. „Ich werde mich in drei Tagen der ANBU stellen. Bis dahin wollte ich nur einige Angelegenheiten geklärt wissen.“ Ganz langsam setzte ich mich wieder hin. „Das kannst du nicht ernst meinen.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Itachi sah mich nur an. „Das kannst du nicht ernst meinen!“, wiederholte ich, diesmal energischer. „Wenn ich daran denken – was die das letzte Mal mit dir gemacht haben! Und die ANBU – die sind doch die Schlimmsten! Eine faire Verhandlung, das glaubst du doch wohl selber nicht!“ „Die ANBU ist von Danzous Einfluss gereinigt und neu geordnet. Es gibt zahlreiche Beweise für meine Hilfe in den letzten Jahren. Viele Verbrechen hingegen, die ich im Auftrag von Akatsuki beging, lassen sich mir nicht nachweisen – es war schließlich eine Geheimorganisation. Das Wort meines Bruders gilt inzwischen nicht wenig und die Hokage ist ein vernünftiger Mensch. Der einzige Risikofaktor sind die beiden alten Ratsmitglieder, die noch von damals wissen. Aber sie haben keinen Grund mehr, zu schweigen. Es handelt sich immerhin um einen schon lange verjährten Putschversuch. Der Befehl des dritten Hokage hat nichts mehr mit der vierten Generation zu tun und deine Aussage wird bestätigen, dass wir nicht auf Rache aus sind. Dann ist das einzige Problem, das zur Frage steht, ob das Bluterbe der Uchiha zu gefährlich ist, als das man auch nur irgendein Mitglied frei herum laufen lassen sollte. Das ist der einzige mir ersichtliche Grund, warum diese beiden abstreiten sollten, was wirklich passiert ist.“ „Und?“ „Und was?“ „Und wie willst du dieses Problem lösen?“ Itachis Mundwinkel zuckten. „Nun, das Sharingan ist tatsächlich zu mächtig, als das man jemanden damit frei herum laufen lassen sollte. Glücklicherweise verleiht es einem aber auch die Fähigkeit, eben diese Tatsache zu verschleiern.“ „Was bedeutet, diese Ratsmitglieder sind die Nächsten auf deiner Liste an Personen, die es heute aus dem Schlaf zu reißen gilt“, schlussfolgerte ich. „Man merkt wirklich, dass du und Sasuke Brüder seid.“ Irgendwie schien das den verdammten Kerl auch noch zu amüsieren. Itachi erhob sich mit einer 'Ich-werde-jetzt-gehen'-Geste. „Das habe ich nie behauptet“, gab er zurück. „Aber es stimmt, dass ich nicht vorhabe, dich weiter zu stören.“ Auch ich stand jetzt auf. Irgendwie war das Treffen viel zu kurz gewesen. „Ich besorg dir einen guten Anwalt“, versprach ich. „Den wirst du brauchen.“ Itachi zuckte mit den Schultern und wandte sich ab. „Du solltest jetzt wieder ins Bett gehen.“ Ich brachte den Ninja noch zur Tür und verabschiedete mich von ihm. Als die Tür sich hinter ihm schloss, musste ich wieder an seine Worte denken. Er hatte bestätigt, dass er ausgeglichen wirkte. Es also im Prinzip nur nach außen hin war. Was mochte ihn wirklich umher treiben? Die Sache mit Sasuke und keine verdächtigen Handlungen und so leuchtete mir ja ein, aber erst jetzt fiel mir auf, dass er auch einfach einen Botenvogel hätte schicken können Warum war er persönlich gekommen? Kapitel 2: Heimkehr ------------------- „Und hier sind auch wirklich alle Gesetze Konohas drin?“, versicherte ich mich nochmals. „Ja, wenn ich es doch sage... Hören Sie, ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber ich würde jetzt wirklich gerne schließen.“ „Aber heute ist doch Mittwoch“, protestierte ich. „Draußen am Laden steht, dass Sie werktags bis achtzehn Uhr offen haben. Es ist gerade mal Mittag!“ „Außer an Feiertagen.“ „Ja, und? Wir haben ja auch keinen Feiertag, richtig?“ Der Verkäufer starrte mich an. „Haben Sie vielleicht mal nach draußen gesehen?“ Automatisch drehte ich mich um und sah aus dem Schaufenster hinaus. Das Jubeln und Kreischen war bis hierhin zwar nicht zu hören, aber der lange Umzug riss einfach nicht ab. Ganz Konoha feierte das Ende des Krieges und jubelte den heimkehrenden Ninja zu. „Es ist trotzdem kein Feiertag“, behauptete ich, „jedenfalls kein offizieller. Aber ich will Sie auch gar nicht lange aufhalten, nur eine Sache noch...“ Ich hielt das dicke Buch hoch und tippte auf das Cover. „Sind Sie sicher, dass dieser Gesetzestext auch die Sonderregelungen für ANBU und Kriegsgefangene enthält?“ Die Miene des Verkäufers wurde, soweit das überhaupt noch möglich war, noch eine Spur ungläubiger. „Was die ANBU betrifft, ist sowieso nicht öffentlich zugänglich“, blaffte er unhöflich, „und bei Kriegsgefangenen liegt die volle Entscheidungsgewalt bei der Hokage.“ „Das ist ja nicht sehr aufschlussreich“, kritisierte ich. „Na schön, ich nehme es trotzdem.“ Ich bezahlte den Verkäufer und verließ die Buchhandlung. Draußen schlug mir der Lärm der Menge entgegen, aber ich ging den Leuten aus dem Weg und hielt nach einer Uhr Ausschau. Um zwölf. Bald war der Umzug vorbei. Bis zur Besprechung mit der Hokage war es dann noch eine Stunde. Wahrscheinlich würde Sasuke daran teilnehmen müssen, aber jede freie Minute nutzen, um sich davonzuschleichen. Es würde noch eine Weile dauern, bis der junge Uchiha sich daran gewöhnt hatte, dass er zu den angesehensten Jounin Konohas gehörte und damit der Hokage mit Rat und Tat zur Seite stehen musste. Eilig machte ich mich auf den Weg zurück zum Uchiha-Anwesen. Wie ich es mir gedacht hatte. Kaum hatte ich die Tür aufgeschlossen, da stand der jüngere Bruder vor mir. „Wo warst du?“, knurrte er verstimmt. Ich ließ mich nicht beeindrucken und schlüpfte an ihm vorbei, das Buch wie zum Schutz erhoben. Diesmal hatte ich eine gute Ausrede. „Ich musste noch etwas besorgen. Für die Verhandlung. Ich nehme an, du weißt Bescheid?“ „Natürlich.“ Er schnaubte. „Immerhin durfte ich seine Wache spielen.“ Die ganze Sache schien ihm nicht unbedingt zu gefallen. „Weißt du schon den Termin?“, wollte ich wissen. Sasuke war heraus auf die hölzerne Terrasse getreten und ließ seinen Blick über den gepflegten Garten schweifen. Er antwortete nicht sofort. „Entschuldige bitte“, sagte ich leise. „Für dich ist das sicher auch nicht leicht.“ Ich war aber auch ganz schön unhöflich. Da kam Sasuke nach wochenlangem Kriegsdienst endlich mal wieder nach Hause und ich überfiel ihn gleich so. „Es ist nur so, dass... Er kam vor fast einer Woche ganz plötzlich hier herein geplatzt und hat mir erzählt, was ihr vorhabt. Ich bin furchtbar aufgeregt deswegen, aber... Du willst mir etwas sagen, oder?“ Solche Dinge hatte ich mittlerweile im Gefühl. Wenn man fast zwei Jahre mit einem Uchiha zusammen lebte, dann lernte man selbst leere Mienen und starre Haltungen zu deuten. Sasuke beschäftigte etwas. Er kam nie von allein mit seinen Problemen zu mir, aber in der Regel musste ich ihn höchstens eine halbe Stunde bearbeiten, bis er mit der Sprache herausrückte. Doch dafür hatte ich heute keinen Nerv und das spürte der Ninja genau. „Der Termin ist morgen“, wich er mir deshalb aus. „Aber wir werden dich dort noch nicht brauchen. Es ist nur so eine Art Vorentscheid. Sie bestimmen, ob es überhaupt eine Gerichtsverhandlung geben soll.“ „Ich verstehe...“ Schweigen. „Dann muss ich jetzt auch wieder los“, meinte der Uchiha. Noch einmal musterte er den traditionellen Garten. „Hübsch...“ Aus Sasukes Mund war das praktisch ein Ausdruck heller Begeisterung und so lächelte ich erfreut. „Danke.“ Wie sich später herausstellte, war Itachi postwendend wieder im Gefängnis gelandet, was der Öffentlichkeit allerdings verschwiegen wurde. Als Sasuke am Abend des nächsten Tages wieder zu Hause war, erzählte er mir, dass man Itachi erst einmal einem Dutzend Tests unterzogen hatte, um seine Identität zu bestätigen. Immerhin hatte er bis vor Kurzem als tot gegolten. Da er diesmal bereit war zu reden, sich ja sogar von allein gestellt hatte, hatten sie ihm auch nichts weiter getan, was mich sehr beruhigte. In der anschließenden Verhandlung war schnell klar geworden, dass sich die Sache nicht mit wenigen Worten abtun ließ und jetzt stand der Termin für die offizielle – und sogar öffentliche – Gerichtsverhandlung fest. Ich bekam einen Brief mit dem Befehl, mich als Zeuge einzufinden. Aber vorher hatte ich noch eine letzte Sitzung. Das Angebot der Hokage kam ganz überraschend für mich. Ich hatte nicht damit gerechnet, vorher noch einmal mit Itachi reden zu können. Um ehrlich zu sein, hatte ich geglaubt, durch mein Verhalten gegen Ende der ganzen Sache vor anderthalb Jahren würde ich als befangen gelten. Andererseits hatte ich mir trotz Sasukes Einschränkungen einen ziemlich guten Ruf als Psychologin erhalten können, indem ich vom Krieg traumatisierte Ninja behandelte. Auf mein Urteil war immer noch Verlass. Deswegen wollten sie ein Gutachten von mir und so machte ich mich am Nachmittag des letzten Tages vor der Verhandlung auf den Weg zum Gefängnis und, wie sollte es anders sein, wurde dort von Sai empfangen. Ich musste diesmal nicht durch alle Kreise der Hölle – äh, des Gefängnisses. Dass Itachi sich gestellt hatte, schien ihn in den Augen der Bürokraten einer gewissen Gefährlichkeit beraubt zu haben und so saß er jetzt zwischen den ganz gewöhnlichen Serienmördern fest. Meiner Meinung nach war das Schwachwinn, denn immerhin hätte er immernoch ein feindlicher Spion oder so sein können. Aber ich beschwerte mich natürlich nicht. Das ausgerechnet Sai mich zu der Zelle begleitete, weckte alte Erinnerungen. „Ich frage mich wirklich“, sagte der junge Mann, der kaum älter als Sasuke sein konnte, in letzter Zeit aber um einiges gewachsen war, „warum Sie diesen Job angenommen haben.“ Verblüfft sah ich den schwarzhaarigen Ninja an, der so lässig neben mir her durch die Reihen der menschlichen Ungeheuer schlenderte, als machten wir einen Spaziergang durch einen Botanischen Garten. „Es ist eine... unerfüllte Aufgabe, denke ich“, erwiderte ich ausweichend. „Wenn sich ein Patient mir anvertraut, dann will ich auch so lange bei ihm bleiben, bis ich ihm helfen kann.“ Das war nicht einmal ganz gelogen, sah man einmal davon ab, dass ich Itachi bereits geholfen und seinen Fall abgeschlossen hatte. „Naja, Sie brauchen ja nur noch eine Sitzung, um das Gutachten fertigzustellen, das für die Verhandlung benötigt wird. Trotzdem wundert es mich, dass Sie nicht abgelehnt haben.“ „Warum sollte ich?“, fragte ich Sai verwirrt. „Na, Sie sind doch mit Sasuke-kun zusammen, oder?“ Ich stolperte. „Wie bitte!? Natürlich nicht!“ Vehement schüttelte ich den Kopf. „Ich mag vielleicht mit ihm zusammen wohnen, aber deswegen sind wir noch lange kein... kein Liebespaar oder so!“ Heilige Scheiße. War es etwa das, was Konoha von mir dachte? Doch Sai lächelte – ein wenig verwirrt über meinen Ausbruch, aber nichts desto weniger ein echtes Lächeln. „Tut mir Leid. Das meinte ich natürlich, zusammen wohnen. Ich tue mich manchmal noch etwas schwer mit diesen Redewendungen, obwohl ich mir dafür extra ein Lexikon geholt habe... Nein, aber ich meinte, dass Sie sich doch sicher gut mit Sasuke-kun verstehen. Setzen Sie nicht sein Vertrauen aufs Spiel, wenn sie für seinen verhassten Bruder ein positives Gutachten schreiben? Andererseits wollen sie Itachi als ihren Patienten ja helfen, da können sie ihn nicht verurteilen. Egal was Sie tun, Sie begehen Verrat. Ich möchte wirklich ungern in Ihrer Haut stecken.“ Taktlos wie immer – aber glücklicherweise war die Sachlage ja etwas anders. „Lassen Sie das mal meine Sorge sein“, entgegnete ich beruhigend. „Damit komme ich klar.“ Sai blieb stehen, um die Tür zum nächsten Kreis zu öffnen. Kurz bevor er sie aufzog, hielt er noch für einen Moment inne, um mir in die Augen zu sehen. „Sie sind eine sehr starke Frau“, sagte er dann leise und ernst. Ich wurde ganz rot und schluckte. „Sagen Sie sowas nicht“, schalt ich ihn verlegen, „was soll das denn?“ Ein trauriger Schatten huschte über seine Augen. „Ich habe gelesen, dass man schönen Frauen Komplimente machen soll. Aber das war jetzt wohl nicht angebracht?“ Ich sah auf die höhnisch grinsenden Strauchdiebe in ihren vergitterten Zellen, von denen einige zu johlen und zu lachen begonnen hatten. „Nein, war es nicht“, stimmte ich zu. „Es sei denn, Sie wollen mit mir ausgehen und dann wäre eine andere Umgebung passender gewesen. Die einzigen Komplimente, die immer ungefährlich sind, beziehen sich möglichst wahrheitsgemäß und dennoch schmeichelnd auf das Äußere einer Frau. Selbst das aber ist nur von Single zu Single angebracht.“ Ich musterte Sai von oben bis unten. Der war definitiv single. „Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf: Werfen Sie diese bescheuerten Bücher weg und machen Sie einen Termin mit mir aus.“ Ich verkniff mir das 'denn Sie haben einen Vollschaden.' Das hätte ihn möglicherweise verschreckt. „Das ist ein guter Hinweis“, antwortete Sai, diesmal mit einem aufgesetztem Lächeln. „Ich werde es mir überlegen.“ Er führte mich durch die Tür und an einem Dutzend Gemeinschaftszellen vorbei. „Wir sind da.“ Die Zelle war ziemlich groß, wirkte aber wegen der beiden dreistöckigen Hochbetten winzig. Trotzdem hatte Itachi, der es sich auf der obersten Etage gemütlich gemacht hatte, Platz genug um aufrecht im Schneidersitz zu meditieren. Oder was immer er da machte. Obwohl es früher Nachmittag war, schienen seine fünf Zellengenossen allesamt in ihren Betten zu schlafen. Durch die langen, vertikalen Gitterstäbe konnte ich ihre massigen, vor Musken nur so strotzenden Körper erkennen. Gegen sie wirkte Itachi regelrecht zierlich. Der Ninja öffnete seine roten Augen erst, als Sai den Schlüssel umdrehte. Das Gesicht des ANBU war in einem nichtssagenden Ausdruck erstarrt. Er winkte den Uchiha wortlos heraus. „Hallo“, begrüßte ich den Schwarzhaarigen, als er an mir vorbeiging. Erst beachtete mich Itachi überhaupt nicht. Er warf Sai einen prüfenden Blick zu, bewegte seine nackten Zehen, als wolle er das Gefühl des glatten Steinbodens unter ihnen genau in sich aufnehmen und ließ die Augen hin und her huschen. Seine Miene war genauso nichtssagend und kalt wie Sais. Das war seine ANBU-Maske, erkannte ich, sein Schutz bei gefährlichen Situationen und alles, was mit Missionen oder anderen Ninjas zu tun hatte. Ganz automatisch hatte er dieses Gesicht gezogen, als er Sai in seiner Uniform sah, obwohl dieser heute auf ziviler Mission war und seine Maske nicht trug. Dann aber glitt sein Blick zu mir und etwas in seiner umgebenden Hülle bekam Risse. Das war keine Mission. Er war nicht in Feindesgebiet. Es ging nicht einmal um Informationen, denn unsere Sitzung war reine Formalität und nichts weiter als ein Gespräch unter Freunden. Itachs Maske bröckelte und mit einiger Verspätung brachte er ein reserviertes „Guten Tag“ hervor. Sai sah ihn kurz überrascht an, aber ich schenkte ihm ein trauriges Lächeln. Würde sich Itachi überhaupt jemals wieder unter normalen Menschen bewegen können, ohne mit einem Ohr auf verräterische Geräusche eines Feindes zu lauschen? Sai brachte uns in einen abhörsicheren Raum und ließ uns dann allein. Neben Tisch und Stühlen gab es diesmal sogar eine mittelgroße Topfpflanze in der Zimmerecke. Das wäre ein Forstschritt gewesen, hätte sie nicht schon vor langer Zeit aus Mangel an Licht, beziehungsweise Fenstern, den Geist aufgegeben. Itachi brauchte eine Weile länger als ich, um den Stuhl zu finden. Er musste nämlich vorher noch den Lüftungsschacht inspizieren. „Warum diese Paranoia?“, fragte ich, als er sich endlich setzte. „Du bist wieder zu Hause, Itachi. Morgen um diese Zeit bist du ein freier Mann. Freust du dich nicht?“ „Es ist... schwierig, von Konoha als meinem Zuhause zu denken. Heimat, ja, als Herkunft. Aber Zuhause?“ Seine Sharingan waren die ganze Zeit über aktiviert und verweilten nie lange an einem Punkt im Zimmer. Die Hände waren auf dem Tisch gefaltet, aber sie zitterten, als könne er auch sie nur mit Mühe still halten. „Vielleicht hilf es, wenn du den Bewohnern des Dorfes mit etwa weniger Feindseligkeit gegenüber trittst und dich weniger... aggressiv verhältst“, schlug ich vor. Er starrte mich an. Blinzelte. „Der aus dem ersten Bett rechts unten hat getropft“, fügte ich erklärend hinzu. „Es war dunkel in der Zelle, aber nicht so sehr, dass ich eine Blutlache nicht von einem Dreckhaufen unterscheiden kann." Ich hatte das Gefühl, dass er einen Seufzer unterdrükte. „Unter ihnen war ein Attentäter. Oder eines von meinen ehemaligen Opfern oder was auch immer. Die Anderen haben sich eingemischt.“ „Wie viele Tote?“, fragte ich und setzte Aspirin für mich auf meine geistige Einkaufsliste. „Keiner“, erwiderte Itachi. Zögernd gab er dann aber zu: „Obwohl der Eine oder andere vielleicht einen Arzt brauchen könnte.“ „Ich kümmere mich darum. Aber das muss bis nach der Verhandlung warten, im Moment können wir kein schlechtes Licht gebrauchen.“ Die Ähnlichkeit der Brüder war wirklich verblüffend. Wenn Itachi mit aufs Anwesen zog, musste ich in Zukunft doppelt aufpassen, dass ich bei der Gartenarbeit keine Leichen ausgrub. „Ich hätte dich wirklich für erwachsener gehalten“, murmelte ich halblaut in keine bestimmte Richtung. „Sekina-san, er wollte mich umbringen“, betonte der Shinobi, fassungsos, weil ich ihm in den Rücken fiel. „Jeder will dich umbringen“, antwortete ich entnervt, „und das nicht erst seit heute. Bisher hat dir das vielleicht nicht so viel ausgemacht. Du hast einfach getötet, wer dir zu nahe kam. Aber du bist ein verdammt guter Ninja, oder etwa nicht? Du kannst dich verteidigen, ohne solche zweitklassigen Halsabschneider gleich krankenhausreif zu prügeln. Zu solchen Angriffen wird es immer wieder kommen, denn selbst ein offizielles Urteil kann nicht die Meinung der Menschen ändern, die einfach nicht von ihren verstockten Prinzipien lassen wollen.“ „Hör auf!“, rief Itachi da mit einem Mal aus, lauter als ich es von ihm gewohnt war. „Ich bin kein Monster. Ich bin keine Killermaschine. Mir macht es sehr wohl etwas aus, Menschen zu töten. Ich weiß, wie kostbar jedes Leben ist. Selbst meine Feinde habe ich niemals getötet, wenn es sich vermeiden ließ, auch zu Akatsukis Zeiten nicht! Wenn sie nicht das Missionsziel waren und nur eine kleine Wahrscheinlichkeit bestand, ihnen später noch einmal im Kampf zu begegnen, habe ich sie immer verschont. Ich habe sie sogar extra vor meinem Partner so hergerichtet, dass er sie für tot halten musste!“ „Aber das brauchst du jetzt jetzt nicht mehr.“ Mir gefiel nicht, wie das Gespräch zum Streit zu werden drohte und so fasste ich sanft seine Hand. Dabei sah ich ihm fest in die Augen, die immer noch nicht schwarz geworden waren. „Du brauchst ihren Tod nicht vortäuschen. Du musst sie auch nicht bis an ihr Lebensende kampfunfähig machen oder sie so sehr einschüchtern, dass sie niemals mehr wagen, etwas über dich zu erzählen. Du kannst sie jetzt einfach laufen lassen. Sie können dir nichts antun – nicht nur, weil du um so vieles stärker bist als sie, sondern auch, weil du nicht allein bist. Du hast Hilfe.“ Langsam ließ ich ihn wieder los. „Ich weiß, dass du kein Monster bist.“ Ich wollte nicht sagen 'kein Mörder.' Denn das war einfach nicht richtig. „Du bist kein Monster, aber du bist auch kein Mensch, wenn du diese Maske trägst.“ Dabei strich ich mit den Fingern sanft über seine Wange, um zu verdeutlichen, dass ich nicht von seiner ANBU-Maske sprach – sondern von dieser kalten Hülle, mit der er sich umgab. „Nimm sie einfach mal ab. Nur für Sasuke-kun, nur für mich und nach und nach für immer mehr Menschen, die dir wichtig sind. Das, Itachi, das nennt man Heimkehr.“ Kapitel 3: Das Gericht ---------------------- Ok. Nachdem ich jetzt schon zum zweiten mal angeschrieben und mehrere ungeduldige Kommentare gekriegt habe, habt ihr es geschafft, ihr habt mich breitgeschlagen! ^^ Obwohl mir der Kopf sonstwo steht mit den vielen ffs die ich grad hab, hab ich also auch an SeSoII weitergeschrieben. Ruht euch ruhig eine Weile auf euren Lorbeeren aus... nur keine Hektik... diese ff wird NICHT abgebrochen, egal wie lange sie dauert. XxX „Name?“ Meine Hände lagen zitternd und zu Fäusten geballt in meinem Schoß. Gebannt starrte ich nach vorn, wo Itachi mit gefesselten Händen und Füßen auf einem hohen Lehnstuhl saß, flankiert von zwei ANBU. „Ihr Name?“, wiederholte Tsunade ungeduldig und stützte sich mit dem Ellenbogen erschöpft auf ihrem Richterpult ab. Natürlich wusste sie den Namen, aber diese Fragen waren Standard bei einer Verhandlung. Vielleicht sah sie deshalb so entnervt aus, vielleicht hatte sie auch einfach nur einen langen Tag hinter sich. Bei so vielen neuen Bündnissen und Verträgen, die es zwischen den Dörfern der vereinigten Shinobiarmee zu schließen gab, bekam sie als Hokage kaum noch Schlaf. Itachi schwieg immer noch. Aber jetzt drehte er den Kopf, langsam. Er sah zur Zeugenbank hinüber, wo ich zusammen mit ein paar anderen Ninja neben Sasuke saß und dem Drang widerstand, mir die Fingernägel abzukauen. Die Spannung war kaum auszuhalten. Nicht nur ich, auch die gut fünfzig Personen hinter mir auf den Publikumssitzen hielten den Atem an. Sasuke nickte seinem Bruder ernst zu. „Uchiha, Itachi“, sagte der Ninja laut und deutlich. Ich atmete erleichtert auf. Für einen Moment hatte ich geglaubt, er hätte es sich doch anders überlegt. „Alter?“ „22.“ „Ihr Rang, bevor Sie Nuke wurden?“ „Gruppenleiter der ANBU.“ „Sehr schön... Die Anklage bitte. Und macht schnell, ich hab um halb zwölf eine Operation.“ Die Anklage übernahm ein mir unbekannter Jounin, der sich nun erhob. Als Geschädigter und einziger Angehöriger der meisten Opfer Itachis hätte Sasuke diese Aufgabe ebenfalls übernehmen dürfen, doch er hatte sich natürlich geweigert. „Uchiha Itachi wird beschuldigt, am dritten Juni des neunten Jahres vor dem Jahr Null der Ninjaallianz unser Dorf Konohagakure verraten zu haben. Er hat freiwillig und mit voller Kenntnis der Konsequenzen ein Verbrechen begangen, das ihn in den vogelfreien Status des Nuke-nins herabgesetzt hat. Besagtes Verbrechen bestand darin, insgesamt 34 Bürger Konohas, vorrangig Ninjas, zu ermorden. Darunter sechs Kinder unter zwölf Jahren, elf Männer und siebzehn Frauen. Als der damals minderjährige Zeuge Uchiha Sasuke ihn dabei antraf, wendete der Angeklagte ein verbotenes Jutsu auf ihn an und fügte ihm erheblichen seelischen Schaden zu. Dann verließ er das Dorf und schloss sich zu einem unbestimmten Zeitpunkt der Verbrecherorganisation Akatsuki an. Es ist anzunehmen, dass er in deren Auftrag weitere Verbrechen beging. In jedem Fall griff er das Dorf im Jahre drei vor der Ninjaallianz erneut an und benutzte sein verbotenes Jutsu Tsukoyomi, sowohl an dem Zeugen Kakashi Hatake, als auch später außerhalb des Dorfes erneut am Zeugen Uchiha Sasuke.“ Tsunade wandte den Blick ungerührt von dem Ankläger, der sich jetzt wieder setzte, zu Itachi. „Sie haben sich entschieden, auszusagen?“ Wieder ein paar grässliche Sekunden Schweigen. „Hai. Ich bin hier, um Antrag auf Erlass des Nuke-Ranges zu stellen.“ Ein empörtes Raunen ging durch die Reihen des Publikums. Die Unerhörtheit dieser Aussage war für viele so unglaublich, dass sogar ein oder zwei von ihnen aufsprangen und Beschimpfungen riefen, bevor die anderen Ninja sie zurückhielten. „Wie kommen sie zu der Annahme, dass ihnen das gewährt werden könnte?“, fragte Tsunade, die sich ihre Professionalität bewahrte. Sie hatte bereits in der vorangegangenen, nicht öffentlichen Verhandlung einen Ausblick auf das wahre Ausmaß der Hintergründe des Uchiha-Massakers erhalten. „Das angesprochene Jutsu, Tsukoyomi, ist verboten, weil es den Anwender schädigt. Die Anklage, es gegen Konoha-Ninja eingesetzt zu haben, kann fallen gelassen werden, wenn die Geschädigten damit einverstanden sind.“ „Nun, angenommen Kakashi und Sasuke wären dazu bereit“, bei Letzterem wusste sie es bereits, auch wenn sie den Grund nicht kannte, „so haben Sie das Jutsu erwiesenermaßen auch an anderen Personen angewendet, die heute nicht zugegen sind.“ „Und die allesamt ihrerseits vogelfrei waren, womit es kein Verbrechen ist.“ Guter Konter. Weiter so, Itachi! „Aber die Jutsus stellen das geringere Verbrechen dar. Was ist mit all den Morden?“ „Zu dem Zeitpunkt, als ich diese Menschen tötete, war diese Handlung legal. Um genau zu sein... wurde sie mir von der Dritten Generation befohlen.“ Diese Behauptung schlug ein wie eine Bombe. Tsunade entglitten sämtliche Gesichtszüge, im Publikum brach ein Tumult aus und immer wieder warfen die Leute verstohlene Blicke zu Sasuke, gespannt auf seine Reaktion. Die ausblieb. Sasuke saß vollkommen ruhig und mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl. Ich selbst hingegen fühlte mich, als würde ich auf glühenden Kohlen sitzen. Die sollten doch gefälligst alle einmal ruhig sein! Der Meinung war offensichtlich auch Tsunade. Sie haute ein paar Mal mit der blanken Faust auf den Tisch, aber erst als besagtes Möbelstück entzwei brach, kehrte endlich Ruhe ein. „Erklären Sie sich!“, forderte Tsunade. Und Itachi erzählte. In gleichgültigem, kalten Ton und ohne emotionale Beteiligung erzählte er von der Missachtung des Clans nach dem Angriff des Kyuubi, vom geplanten Putsch-Versuch seiner Familie und dem Befehl der ANBU, ihn aufzuhalten. Er erzählte, dass er bei Madara gelernt und ihn später als Akatsukimitglied ausspioniert hatte. Sein Bericht ließ gähnende Stille zurück. Viele der älteren Ninja erinnerten sich an diese Zeit und mussten beschämt feststellen, dass sie tatsächlich bewusst oder unbewusst die Uchiha für die Zerstörung des Dorfes damals verantwortlich gemacht hatten. „Ächem“, räusperte sich Tsunade schließlich. „Also gut... Eine ziemlich gute Geschichte. Aber sie weist ein paar Fehler auf, oder? Warum haben Sie den Befehl nicht vollständig ausgeführt?“ Ein kurzer Seitenblick in Sasukes Richtung. „Die ANBU gestattete mir, ein Leben zu retten. Sasuke hatte das Potenzial, Madara zu besiegen, sofern sein Wunsch nach Stärke groß genug war. Indem ich ihn nach Rache suchen ließ, sorgte ich dafür, dass er dieses Potenzial ausschöpfte.“ „Warum versuchten Sie nicht selbst, Madara zu töten?“ „Weil die ständige Benutzung meiner Augen mich erblinden ließ.“ „Das wussten sie aber doch zu dem Zeitpunkt noch nicht, oder?“ Schweigen. Tsunade hatte ihn in die Ecke gedrängt. Itachi runzelte die Stirn. In seiner momentanen Lage war das mit einem wütenden Katzenbuckel gleichzusetzen. „Fällt es Ihnen so schwer zu glauben, dass ich meinen Bruder retten wollte?“ Tsunade schluckte und sah sich unangenehm berührt um. „Dass Sasuke mich nicht getötet hat, sondern ich stattdessen gefangen genommen wurde, war nicht geplant. Niemand sollte je die Wahrheit erfahren, niemals wollte ich meinen Clan seines Glanzes berauben. Aber alles kam anders und meine Hilfe im Kampf gegen Madara war gefordert. Was glauben Sie, woher Sasuke sonst seine Informationen bezog?“ Wieder unangenehmes Schweigen. Sie hatten Itachi vorgeladen, um ihn anzuklagen, nicht um selbst angeklagt zu werden. Jetzt konnten sie ernten, was sie gesät hatten. „Wir werden überprüfen, ob ihre Geschichte wahr ist“, redete sich Tsunade heraus. „Ich, äh, rufe die Zeugen auf... Uchiha, Sasuke! Itachi wurde von den ANBU zur Anklagebank geführt und Sasuke nahm seinen Platz auf dem Zeugenstuhl ein. Jetzt saß Itachi mir gegenüber auf der anderen Seite des Raumes, aber er wich meinem Blick aus. „Ich lasse jegliche Anklage gegenüber meinem Bruder fallen, die Dinge betreffen, die er mir angeblich angetan hat“, sagte der Jüngere gerade. „Ich glaube ihm und kann bestätigen, dass er die letzten eineinhalb Jahre aktiv im Krieg gegen Madara geholfen hat. Außerdem geht Kisame Hoshigakis Tod auf sein Konto. Er war es auch, der den letzten Rest von Orochimaru getötet hat, der Besitz von mir ergriffen hatte. Das alles und die Tatsache, dass er mich mehrmals hätte töten können sind für mich eindeutige Beweise für seine Unschuld. Sonst noch Fragen?“ Das alles kam schnell und gelangweilt, wie auswendig gelernt aus seinem Mund. Tsunade staunte nicht schlecht, fragte aber dennoch nach einigen Details. Sasuke musste Itachis Flucht schildern und nachdem er entlassen war, bestätigte wiederum Sakura Sasukes Bericht. Ich spürte, wie meine Konzentration nachließ. Ständig flog mein Blick zurück zu Itachi. Wie mochte das für ihn sein, all diese Leute über ihn reden zu hören? Wie mochte er sich dabei fühlen, seine Zukunft in die Hände dieser Ninja zu legen, mit denen ihn im Grunde doch nichts mehr verband? Asuma, Kurenai und Naruto wurden zu Itachis Angriff auf Konoha im Auftrag von Akatsuki befragt, mussten jedoch zugeben, dass Itachis früher Rückzug sich nicht nur auf die Übermacht, sondern auch auf den Willen, Konoha zu beschützen, zurückführen ließe. Die Zeugenbank neben mir leerte sich Stück für Stück. Ich wurde etwas optimistischer, als Kakashi zu Tsunades Überraschung ebenfalls die Anklage wegen dem verbotenen Angriff fallen ließ. Der Jounin sah Itachi nur einmal ganz ernst in dessen rote Augen und Itachi nickte, als herrschte plötzlich ein seltsames Verständnis zwischen ihnen. Ungeduldig ließ Tsunade jetzt auch die beiden alten Ratsmitglieder als Zeugen ausrufen, die laut Itachi von dem damaligen Befehl wussten. Zu jedermanns Erstaunen gaben sie sofort zu, dass es einen solchen Befehl gegeben hatte. Ich hatte ja schon so eine ungefähre Ahnung, woher diese Kooperationsbereitschaft rührte. Schließlich stand Itachis Anwalt auf – der beste, den ich für ihn hatte finden können – fasste die Ergebnisse zusammen und betonte mehrmals Itachis Unschuld. Als das Urteil schließlich fiel, wollte ich wirklich Luftsprünge machen. „Na schön, ich denke, das wären genug Beweise... Äh, also... Okay, dann wird Uchiha Itachi hiermit von allen ihm zur Last gelegten Verbrechen freigesprochen.“ Einen Tisch gab es nicht mehr, auf den sie mit ihrem Richterhammer hätte draufschlagen können. Den Lärm übernahm das Publikum, denn nicht alle waren überzeugt, dass es in dieser Verhandlung mit rechten Dingen zugegangen war. Einige machten sogar laut ihre ganz richtigen Vermutungen deutlich, Itachi könne die Zeugen ja alle hypnotisiert haben. „Jetzt macht mal halblang!“, herrschte Tsunade sie an. „Glaubt ihr etwa, unsere ANBU hätte nichts drauf?“ Sie deute auf die beiden Wächter. „Und Kakashi und Sasuke sind beide hochrangige Jounin, eine so umfassende Täuschung ist unmöglich bei ihnen!“ Ich sah aus den Augenwinkeln, wie Itachis Mundwinkel für den Bruchteil einer Sekunde in die Höhe zuckten. Kein Zweifel, zumindest in Bezug auf die Ratsmitglieder hatte Itachi die ANBU getäuscht. „Ob wir Ihrem Antrag aber stattgeben können, Uchiha-san“, sagte Tsunade da weiterhin, „ist eine andere Sache. Auch wenn unfreiwillig, haben Sie ja doch bei Akatsuki gearbeitet und sehr viele Leute getötet. Nicht zu vergessen die lange Spionagetätigkeit. Wir müssen überprüfen, ob Sie überhaupt in der Lage sind, wieder normal unter Menschen zu leben oder ob Sie eine Gefahr für das Dorf darstellen.“ Das war mein Stichwort. Als ich schließlich auf dem Zeugenstuhl saß, war meine Nervosität um ein Vielfaches angewachsen. Was war, wenn ich irgendetwas falsch machte? Wenn ich irgendeinen Satz auch nur falsch formulierte und er damit eine ungewollte zweite Bedeutung bekam? „Sekina Chinatsu, 21 Jahre alt, Psychologin... Sie haben Uchiha Itachi bereits in der Vergangenheit behandelt. Kam er Ihnen da...“ Tsunade machte eine hilflose Geste. „Verrückt vor?“, vervollständigte ich den Satz. „Nun, am Anfang versuchte er mir Angst zu machen“, gab ich zu. „Die ganze Zeit über war er verschlossen, aber er zeigte ein außergewöhnliches Interesse an seinem Bruder, durch das ich schließlich zu ihm vordrang.“ Auch ich bemühte mich, möglichst professionell zu klingen, als würde ich nicht mitten drin im Geschehen stecken. „Schließlich erriet ich mehr oder weniger, was damals vorgefallen war, musste jedoch versprechen, es für mich zu behalten. Itachi wusste zu jedem Zeitpunkt, was er tat. Ihm waren die Folgen seiner Handlungen immer klar und er hat sehr darunter gelitten. Meiner Meinung nach schuldet es ihm Konoha schon allein deswegen, ihn mit offenen Armen zu empfangen.“ „Was ist mit Paranoia? Übermäßigem Misstrauen? Wir können es uns nicht leisten, dass Uchiha-san irgendwo einen Putsch-Versuch sieht, wo keiner ist und eigenmächtig handelt. Ninja wie er neigen nach übermäßigen Kriegstraumata dazu...“ „Es gibt keine 'Ninja wie ihn'. Itachi ist ein absoluter Einzelfall und mit nichts vergleichbar, von dem ich je gehört hätte“, sagte ich bestimmt. „Das Töten missfällt ihm und ohne den entsprechenden Befehl würde er so etwas nicht tun, wenn es sich nur irgend vermeiden ließe.“ Schuldbewusst dachte ich an das blutige Stück Fleisch zurück, dass in Itachis Zelle lag und so tat, als wäre es ein lebendiger Mensch. Naja. Ich sagte, 'er würde nicht töten'. Nicht, 'er würde nicht verstümmeln'. „Tsunade-sama“, flüsterte einer der Berater der Hokage laut genug, damit es alle hören können. „Sie wollen doch nicht wirklich – diesen Ninja...!“ Tsunade zuckte mit den Schultern. „Die Beweise sind eindeutig. Das Gutachten ist positiv. Ich sehe keinen Grund... Und wenn es wirklich wahr ist... Nein, ich weigere mich, die selben Fehler wie die Dritte Generation zu machen. Ihr da!“, rief sie den ANBU zu, „nehmt ihm die Fesseln ab. Uchiha Itachi ist hiermit frei, wieder in den Stand des Ninja einzutreten. Nur in der ANBU will ich ihn nicht mehr haben, damit das klar ist. Der Kerl braucht Abstand, sonst wird er doch noch zum Psychopathen.“ Tsunade ließ ein demonstratives Gähnen ab und stand auf. „So, und jetzt brauch ich nen' Kaffee, sonst schlaf' ich während der Operation ein...“ Die beiden ANBU-Wächter sahen sich unschlüssig an. Tsunade klaubte bereits ihre Unterlagen zusammen und das Publikum begann sich widerwillig zu zerstreuen. Die Veränderung kam zu plötzlich, das merkte ich sofort. Die Gesellschaft hatte ein festgelegtes Bild von Itachi, das sich nicht so einfach umwerfen ließ. Trotz der Beweise würden viele von ihnen noch lange an Itachis Loyalität zweifeln. Itachis Anwalt trat mit energischen Schritten auf seinen Mandanten zu und stauchte die ANBU zusammen, bis sie endlich dem Befehl der Hokage Folge leisteten und ihm die Fesseln abnahmen. Sasuke war schon voraus gegangen, er wartete am Eingang. Ich wollte zu dem älteren Bruder hinüber gehen, ihn für den gelungenen Prozess beglückwünschen und ihn sozusagen offiziell in Konoha willkommen heißen. In seiner Heimat. Aber sobald die Chakrafesseln zu Boden fielen, verschwand Itachi in einem Schwall aus Rauch und Blättern. Er hatte sich mit Shunshin no Jutsu wortwörtlich aus dem Staub gemacht, bevor irgendwelche vorurteilbehafteten Ninja ihm unangenehme Fragen stellen oder gehässige Bemerkungen machen konnten. Vielleicht gar nicht mal so eine schlechte Idee. Trotzdem blieb ich einen Moment enttäuscht an Ort und Stelle stehen. Erst als die Zuschauer den Saal allmählich räumten, fielen mir ein paar laute Stimmen draußen vor der Tür auf. Neugierig trat ich näher. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass der Termin heute ist?“ „Es geht dich nichts an, Naruto.“ Das war eindeutig Sasukes Stimme. Stritt er sich etwa mit seinem Freund? „Aber es geht dich was an, oder? Das ist wichtig für dich! Wie soll ich dich denn jemals verstehen, wenn ich nichts über dich weiß?“ „Ich verlange nicht, dass du mich verstehst.“ Oh weh. Immer noch genauso unterkühlt wie eh und je. Dabei dachte ich, Sasukes soziales Leben hätte sich in den letzten Jahren wenigstens ein bisschen verbessert. Aber wenn es um seinen Bruder ging, reagierte Sasuke immer noch gleich. „Wir sind doch Freunde, Sasuke! Oder etwa nicht? Freunden erzählt man sowas!“ „Hätte es irgendetwas gebracht, wenn du dabei gewesen wärst? Der Prozess ist positiv verlaufen, alles lief nach Plan. Das ist meine Sache. Ich will nicht, dass du dich einmischt.“ Das nachfolgende Schweigen und ein leiser Fluch verrieten mir, dass Sasuke es seinem Bruder gleichgetan und einfach verschwunden war. Nachdenklich lehnte ich mich gegen die Wand des Gebäudes. Was hatte Sasukes strikte Ablehnung zu bedeuten? Kapitel 4: Du bist die Rose --------------------------- 04. Du bist die Rose Als ich kurz nach Mittag endlich wieder zu Hause ankam, hatte ich genug Zeit gehabt, mich über das unhöfliche Verhalten der beiden Uchiha-Brüder zu ärgern. Immerhin, sie hätten ja auf mich warten können. Doch meine Verstimmung legte sich ziemlich schnell, als ich meine Jacke an den Haken hängte und in das Wohnzimmer trat. Da saßen die beiden, Sasuke auf der Couch, Itachi in einem Sessel, zwischen ihnen der niedrige Tisch mit zwei Bechern Tee. Niemals zuvor hatte ich sie so einträchtig beieinander gesehen. Um genau zu sein hatte ich sie noch nie zusammen sitzen sehen, waren sie doch während Itachis Aufenthalt in Konoha immer getrennt gewesen. Jetzt konnten sie endlich zusammen sein, ohne dass es jemanden störte. Ich freute mich aufrichtig für die beiden. „Oh... Ich habe euch wohl unterbrochen“, meinte ich etwas verlegen, als sie mir die Köpfe zuwandten. Ganz offensichtlich waren sie in ein Gespräch vertieft gewesen. Beruhigt nahm ich wahr, dass Itachis Augen wieder schwarz waren. „Ich, ähm, werd dann mal... Essen machen...“ Gerade wollte ich mich umwenden und den Brüder ihre Zweisamkeit lassen. Es würde später noch genug Gelegenheit geben, mit Itachi zu reden und sich zu vergewissern, dass es ihm gut ging. Sein Verhalten, als er so plötzlich mitten in der Nacht hier aufgetaucht war, gab mir immer noch zu denken. Doch Sasuke winkte ungeduldig mit der Hand und meinte: „Bleib ruhig hier. Du bist in alles eingeweiht, wir haben nichts vor dir zu verbergen.“ Etwas irritiert wegen der Wortwahl setzte ich mich neben Sasuke. Ich hätte es verstanden, wenn sie es gewünscht hätten, allein gelassen zu werden. „Krisensitzung. Wir müssen beraten, wie es jetzt weitergeht“, erklärte Sasuke auf meinen fragenden Blick hin. Er nahm einen Schluck Tee und sah dann abwesend aus dem Fenster. Offensichtlich wollte er nicht den Anfang machen. „Na ja, Itachi... Du wirst doch bestimmt wieder als Ninja arbeiten, oder?“, fragte ich irritiert. „Ich meine, klar wird es erst einmal schwer, aber-“ „Wir können nicht so weiter machen, wie wir es gewohnt sind“, unterbrach mich Sasuke. „Der Krieg ist vorbei“, fügte Itachi leise hinzu. „Auch wenn sich die Shinobiarmee zerstreut hat, die Allianz besteht noch immer. Es gibt keine Konkurrenz mehr zwischen den Dörfern. Die Länder sind noch viel zu sehr von dem Krieg heruntergedrückt, als das es schon wieder Verbrechen gäbe.“ „Es mangelt an Aufträgen“, fasste Sasuke zusammen. „Verwaltung und Wiederaufbau, darin werden Ninja jetzt eingesetzt. Sie wollen eine universale Datenbank schaffen, in der die speziellen Fähigkeiten jedes Ninjas eingetragen sind. Alle Aufträge, die ein Dorf empfängt, werden sofort an eine Zentralstelle weitergeleitet, die dann die besten Ninja dafür auswählt. Wenn es sich nicht gerade um lokale Angelegenheiten handelt, kann es also auch sein, dass in einem Team Ninja aus vier verschiedenen Dörfern zusammenarbeiten.“ „Mit diesem System wird verhindert, dass Ninja gegen Ninja kämpfen. Mit diesem System sollen Kriege verhindert werden.“ Das leuchtete mir ein. Der vierte Weltkrieg hatte die Ninja zusammengeschweißt. Vorher wäre eine solche Zusammenarbeit nicht möglich gewesen. Aber... „Wer verteilt die Aufträge? Die Dörfer werden sich doch weigern, sich einer Art Weltherrscher zu unterwerfen, oder?“ „Ein Computer rechnet die günstigste Zuteilung aus und schickt sie an die jeweiligen Dorfoberhäupter, die gegebenenfalls Änderungen vornehmen“, erklärte Sasuke. „Aber dieses System ist noch im Aufbau. Es muss überhaupt erst einmal ein Computer mit genug Leistung dafür entwickelt werden. Solche Maschinen setzt man ja zur Zeit nur in Krankenhäusern und zur Überwachung ein...“ „Also könnt ihr entweder helfen, die Aufträge zu koordinieren, darauf hoffen, dass man euch selbst welche gibt, oder ihr helft beim Wiederaufbau“, fasste ich zusammen. Sasuke nickte. „Mir haben sie einen Job im Bau angeboten. Architektur und so. Weil ich 'ein gutes Auge' habe.“ Er schnaubte verächtlich. Eine solche Arbeit musste ihm tatsächlich als unter seiner Würde erscheinen. Aber Sasuke beherrschte keine schaffenden, nur zerstörerische Jutsus, wie die meisten Ninja. In dieser Zeit musste jeder mit anpacken. „Ihr könnt doch auch einfach eine Weile aussetzen“, schlug ich vor. „Die Leute müssen sich erst daran gewöhnen, dass... Also...“ Ich warf Itachi einen hilflosen Blick zu, doch der nickte nur zum Zeichen, dass er wusste, was ich meinte. „Es ist vielleicht gar nicht so schlecht, eure Anwesenheit niemandem aufzudrängen und es erst einmal ruhig angehen zu lassen. Ihr könnt es euch leisten und ihr habt es verdient.“ „Ich weiß nicht...“ „Ganz ehrlich“, betonte ich, „habt ihr beide Lust, irgendwelche Häuser zu bauen? Ich kenn' euch doch!“ „Schon, aber...“ „Es wäre nicht richtig“, vervollständigte Itachi den Satz seines Bruders. „Wir sind jetzt beide Konoha-nin. Wir haben die Pflicht, unserem Dorf zu helfen.“ Zweifelnd sah ich den Älteren an. „Und es macht euch zu schaffen, dass euch das eigentlich am Arsch vorbei geht.“ Die Brüder warfen sich einen unsicheren Blick zu. „Na ja – so sollte es nicht, sein, oder?“ Langsam begriff ich das Problem. Itachi war Konoha immer loyal gewesen und hatte alles für das Dorf getan. Aber er war nur zurückgekommen, weil Sasuke ihn darum gebeten hatte. Die Jahre der Spionage und der verdeckten Ermittlung, das Leben in Akatsuki und der Krieg waren nicht spurlos an ihm vorbei gegangen. Er hatte sich verändert. Alles hatte sich verändert – außer seine Verbundenheit zu seinem Bruder. Konoha bedeutete ihm nicht mehr dasselbe wie damals. Die Menschen hier und ihre Probleme interessierten ihn nicht mehr in diesem Maße. Das belastete ihn. Er fragte sich, ob er denn wirklich noch 'gut' war. Mein Blick wurde etwas weicher. „Ich glaube, dass es ganz natürlich ist, dass ihr euch von dem Dorf entfernt habt. Ihr müsst euch erst neu in die Gesellschaft eingliedern und neue Leute finden, die euch etwas bedeuten. Es sind schließlich seine Bewohner, die das Dorf ausmachen.“ Ich stand auf und griff nach den inzwischen leeren Teetassen. „Ich bin sicher, ihr werdet eine geeignete Beschäftigung finden, früher oder später. Ich jedenfalls mache euch erst einmal etwas zu Essen.“ Mit diesen Worten verließ ich den Raum, wobei ich im Vorbeigehen beiläufig über Sasukes Kopf strich. Es freute mich, dass der jüngere Bruder sich beruhigt und seine ablehnende Haltung fallen gelassen hatte. * Es war sechs Uhr morgens. Ich hatte mich müde aus dem Bett geschält und tappte noch halb schlaftrunken im Bademantel über den Flur in der vagen Absicht, eine Dusche zu nehmen. Dort angekommen jedoch sah ich durch einen Spalt der angelegten Tür, dass das Licht an war. Vielleicht hatte es einer der Jungs gestern abend angelassen, dachte ich mir. Wenn die beiden keine Mission hatten, gab es keinen Grund, so früh aufzustehen und wenn doch, wären sie schon längst weg. Als ich jedoch die Tür einen Spalt weiter öffnete, sah ich zu meiner Überraschung Itachi am Waschbecken stehen, die Arme am Rand des Beckens aufgestützt, den Kopf gesenkt, als würde er den Spiegel darüber meiden. Er war nur mit einer Unterhose bekleidet, was mich sofort erröten ließ. Immerhin – sein Körper ist ja nun wirklich nicht – und so – und feine Wassertropfen glänzten auf den Muskeln seiner Oberarme – und – verdammt, war das peinlich! Itachis Blick flog zu mir hinüber, als die Tür verräterisch knarrte. Rote Augen. Mist. „Äh – tut mir Leid – hier war noch Licht und ich dachte – 'tschuldigung!“ Eigentlich wollte ich die Tür sofort wieder zuschlagen und Itachi sich gefälligst zu Ende waschen lassen. Aber irgendetwas ließ mich mitten in der Bewegung inne halten – was dazu führte, dass ich mir selbst die Tür so richtig schön gegen den Kopf knallte. Etwas verschwand aus Itachis Blick und erst als es fort war, fiel mir auf, wie der Ninja auf mich gewirkt hatte. Wie ein verletztes, aufgeschrecktes Tier. „Ist – Ist alles in Ordnung?“, fragte ich leise. Wider besseren Wissens trat ich jetzt doch einen Schritt vor. Itachis Haare waren nur vorne an den Spitzen nass, nicht aber im Nacken. Als hätte er sich das Wasser nur rasch ins Gesicht geworfen, anstatt sich richtig zu waschen. Warum glitzerte dann auch sein Oberkörper – sein verflucht heißer Oberkörper – so feucht? Zaghaft, als hätte ich es wirklich mit einem wilden Tier zu tun, streckte ich meine Hand aus. Itachis Augen waren ganz groß und er schien in weite Ferne durch mich hindurch zu sehen. Als ich ihn leicht an der Schulter berührte, zuckte er zusammen und wich vor ihm zurück. Doch ich hatte erfahren, was ich wollte. „Itachi, du glühst ja! Und du bist schweißnass, was ist los mit dir? Hast du dich erkältet?“ Schon erwachte die Hausfrau in mir. Ich schnappte mir ein kleines Handtuch, tränkte es mit frischem Wasser und ging auf den Uchiha los. „Du musst dich kräftig abrubbeln und dann zurück ins Bett, sonst wirst du wirklich noch-“ Mitten im Satz packte Itachi mein erhobenes Handgelenk. Seine roten Augen bohrten sich tief in meine, als er mir sanft das Handtuch entwand. „Ich bin nicht krank“, flüsterte er. Ich schnaubte nicht überzeugt, kaum dass ich mich vom Bann seiner Augen losgemacht hatte. Was zugegebenermaßen ein paar Sekunden dauerte. „Das sagen sie alle. Und dann liegen sie die nächsten vier Wochen im Bett. Nein, Itachi, ich-“ „Chinatsu!“, unterbrach er mich und weil es das erste Mal war, dass er mich beim Vornamen nannte, verstummte ich tatsächlich. „Ich bin nicht krank. Nur ein – nur ein Albtraum, nichts weiter.“ „Ein... Ein Albtraum?“, wiederholte ich. Er zuckte mit den Schultern – was sehr gezwungen bei ihm aussah. „Ja. Nichts weiter.“ “Du hast... Albträume...“ „Jeder Ninja hat die.“ Ein Hauch Zweifel flackerte über meine Augen. „Sasuke nicht.“ Und ich wohnte immerhin schon lange genug mit ihm zusammen, um das zu wissen. Oh Gott, was mochten das für schreckliche Albträume sein, dass Itachi Uchiha davon schweißgebadet aufwachte? „Willst du... darüber reden?“, bot ich zaghaft an. Etwas wie Verblüffung huschte über seine Augen, die erst jetzt langsam wieder schwarz wurden. „Ein Traum, Sekina. Das ist so ziemlich das Normalste an mir, dass ich noch träumen kann. Nichts, womit du dich beschäftigen müsstest.“ Jetzt war ich wieder Sekina. Ich biss mir auf die Lippen. „Du hast das schon... lange, nicht wahr?“ Natürlich hatte er das. „Du hast das spätestens seit damals. Und es wurde schlimmer, wann immer du Sasuke begegnet bist. Der Krieg hat es unterdrückt... Aber jetzt sind sie wieder da, die Albträume. Itachi, du weißt, dass ich für genau solche Fälle da bin. Du kannst-“ „Es gibt keine 'solche Fälle'. Ich bin einzigartig, war es das nicht, was du zu Tsunade gesagt hast?“ Ich errötete schon wieder. „Du weißt, was ich meine. Also – wenn du reden willst – ich bin immer da.“ Weil ich merkte, dass sich das Gespräch entspannte, erlaubte ich es mir, auf meine Armbanduhr zu sehen und gespielt professionell hinzuzufügen: „Außer natürlich zu meinen regulären Sprechzeiten. Wenn du dann was von mir willst, musst du dich schon anmelden. Den nächsten Termin hab ich erst wieder heute Nachmittag frei.“ Itachis Mundwinkel zuckten, doch er horchte merklich auf. „Wo gehst du hin?“ „Gestern Abend lag eine Nachricht im Briefkasten. Tsunade will, dass ich mit dem ein oder anderen 'Kriegshelden', die ein paar Gliedmaßen oder Verwandte verloren haben, eine Gruppensitzung mache. Danach hat sich noch Sai angemeldet, der Junge ist überfällig. Ich werde zum Mittag nicht da sein – könnt ihr ohne mich überleben, wenn ihr kein Essen habt?“ „Ein Ninja kann bis zu drei Tage ohne Nahrung auskommen“, meinte Itachi. Ich wollte mich gerade selbst dafür loben, dass Itachi Witze machte, als ich bemerkte, dass er es ernst meinte. Er klang abwesend, als hätte er nur die Worte 'essen' und 'überleben' von mir gehört und eine Antwort aus dem Lehrbuch gegeben. Es war einfach... seltsam. * „Guten Morgen, Sekina-san.“ „Guten Morgen, Sai-san. Setzten Sie sich doch bitte.“ Der Ninja sah sich in dem kleinen Raum um, der nicht viel mehr enthielt als ein paar Sessel, zwei Bürotische voller Papier, einem alten Radio und zwei einsamen Topfpflanzen. „Sie arbeiten normalerweise woanders, nicht wahr?“, fragte der Teenager. „Das ist richtig. Ich habe mir den Aufenthaltsraum der Medic-nin nur für heute ausgeliehen. Es ist ja alles noch im Wiederaufbau, deshalb habe ich noch keine eigene Praxis.“ „Ah, ich habe mich schon gewundert. Es gibt hier keine Psycho-Liege.“ Ich starrte Sai verblüfft an. „Bitte, was?“ „Ich habe gelesen, dass man sich beim Psychiater immer auf eine Couch legt. Und der Arzt sitzt mit dem Klemmbrett daneben.“ „Das schlagen Sie sich mal gleich wieder aus dem Kopf“, meinte ich und wedelte ungeduldig mit der Hand. Endlich setzte sich Sai mir gegenüber. „Also, Sai-san, was haben Sie für ein Problem?“ „Wissen Sie, mein Bruder ist gestorben. Er war nicht mein richtiger Bruder, aber mehr als ihn hatte ich nicht“, begann Sai ganz unverblümt und mit seinem üblichen, strahlenden falschen Lächeln. „Wir haben immer zusammen trainiert, wir haben sehr viele Menschen getötet und sind immer stärker geworden. Aber bevor einer von uns wirkliche Meisterschaft erlangen konnte – starb er einfach.“ Und sah dabei aus, als würde ihm das sooo viel Spaß machen. „Das, ähm, tut mir Leid“, erwiderte ich, vollkommen irritiert von seiner Art. „Viele Shinobi haben ihre Freunde in diesem Krieg verloren...“ „Oh, das war nicht in diesem Krieg. Ist schon ein paar Jahre länger her. Und es war eine Krankheit, kein Kampf.“ „Äh... Und wo ist dann das Problem?“ Ich hob abwehrend die Hände, als ich sein Stirnrunzeln bemerkte und begriff, was ich da getan hatte. „Verstehen Sie mich nicht falsch. Das mit Ihrem Bruder ist schrecklich. Ich nehme an, Sie haben damit noch nicht abgeschlossen?“ „Doch. Dank Sakura-san und Naruto-san habe ich mich wieder daran erinnert, was wirklich geschah. Und... wie sehr ich ihn gemocht habe.“ Die Sache wurde immer verwirrender. Warum war dieser Junge überhaupt hier? Es gab ja wohl weitaus dringendere Fälle als ihn. „Und Sie erzählen mir das, weil...?“ „Ich habe gelesen, dass Psychologen immer glauben, jedes seltsame Verhaltensmuster geht auf eine traumatische Kindheitserfahrung zurück und der erste Schritt zur Heilung sei, sie zu überwinden. Also, das ist meine traumatische Kindheitserfahrung.“ Ich konnte ihn nur mit offenem Mund anstarren. „Ja, ja schon, aber... Sie haben diesen Schritt ja offensichtlich schon unternommen. Sie... Denken Sie noch viel an Ihren Bruder?“ „Fast täglich.“ „Und sind Sie wütend, dass er gestorben ist? Traurig? Was fühlen Sie?“ Da endlich passierte etwas. Sais leere, kalte Augen glommen plötzlich auf, als wäre er erst jetzt in das Gespräch eingestiegen. Und er sagte... nichts. „Sai-san? Hören Sie mich? Ich habe gefragt, was Sie fühlen, wenn Sie an Ihren Bruder denken.“ Das Glimmen verschwand, ebenso wie das falsche Lächeln. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck. Es war derselbe, den Itachi trug, wenn er seine Maske aufsetzte. „Sai-san, es ist in Ordnung. Sie sind nicht als ANBU hier. Sie sind nicht auf einer Mission.“ Ich beugte mich zu ihm vor und griff nach seiner Hand. Eindringlich sah ich ihm in die Augen, aber er starrte zurück wie eine seelenlose Hülle. „Sagen Sie es mir.“ Keine Antwort. Okay. Dann eben die harte Tour. Ich lehnte mich zurück und schlug einen anderen Tonfall an. Einen, den eher ein Polizist im Verhör benutzen würde: „Sie sind ihm dankbar, nicht wahr? Sie haben seinen Tod endlich akzeptiert. Da ist keine Trauer mehr, nur noch eine Spur Sehnsucht. Sie verstehen ihn jetzt besser. Er wird immer ein Teil von Ihnen sein. Sie haben Ihren Frieden mit sich geschlossen. Aber als Ihr Bruder starb, starb zugleich auch die einzige menschliche Bindung, die Sie sich als ANBU erlaubt hatten. Danach waren Sie nie wieder in der Lage, eine aufzubauen. Sie haben es versucht, mit Sakura-san und Naruto-san, sogar mit mir, aber Sie spüren deutlich, dass es nicht gelingen wird. Das keine dieser Bindungen so tief ist, wie sie es zu ihrem Bruder war. Gleichzeitig fürchten Sie sich, andere Bindungen einzugehen, weil Sie fürchten, dass es die zu Ihrem Bruder schwächen könnte.“ Sai zitterte. Sein Blick war wieder lebendig, aber er starrte auf seine Hände ohne sie zu sehen, starrte hinab in einen unendlichen Abgrund. Er war Itachi auf seine Art und Weise unglaublich ähnlich. Beide wollten neue Bindungen schließen und versagten sie sich doch, aus Furcht davor, was ihr Bruder denken könnte. Nun, Sasuke traute ich es tatsächlich zu, egoistisch genug zu sein um Itachi für sich allein haben zu wollen. Aber Sasuke war in seinem Egoismus nicht mehr zu übertreffen, also konnte ich Sai vielleicht noch retten. Ich streichelte leicht seine Hand und mein Tonfall wurde wieder sanfter. „Glauben Sie nicht, dass er das gewollt hätte? Glauben Sie nicht, dass er gewollt hätte, dass Sie wieder Freunde haben? Vergessen sie einmal die Regeln der ANBU. Solange Sie in zivil sind, dürfen Sie Gefühle zeigen. Das ist es, was Sie lernen müssen, das ist das Einzige. Sie müssen erkennen, dass Sie Gefühle haben und Sie müssen bereit sein, sie loszulassen. Sie sind hier, weil Sie Hilfe annehmen wollen. Also lassen Sie mich Ihnen helfen.“ Ich hatte es geschafft. Wie damals, als ich Itachis Wahrheit herausfand, als der letzte Damm brach, der seine Erinnerungen zurückhielt, so zerbrach auch hier Sais Maske. Von einem Moment auf den anderen war das Gesicht des Ninja ein offenes Buch für mich. Da war Verzweiflung, Schmerz, Sehnsucht und eine unendlich große, fast schon kindliche Hoffnung. „Das ist gut“, ermunterte ich ihn. „Das machen Sie sehr gut. Es ist alles in Ordnung.“ Ich strich noch immer sanft über seine Hand. „Wie fühlen Sie sich?“ Sai sah mich an und machte große Augen. Es war, als würde ich einen Blinden beobachten, wie er geheilt wurde und zum ersten Mal das Meer sieht. „Ich fühle mich... nackt. Wie ein Ei ohne Schale. Wie eine Knospe ohne Hülle. Wie ein Buch ohne Einband. So... verletzlich...“ Er verzog das Gesicht und wollte mir die Hand entziehen. Ich hielt sie fest, als ich fast schon panisch sah, wie die Kälte in seinen Blick zurückkehren wollte. „Nein, nein, Sai, bleib bei mir. Das ist okay. Niemand wird dir etwas tun.“ Sai sah mich verwundert an. Ob es war, weil ich ihn auf einmal duzte, oder ob er mir nicht glauben konnte, wusste ich nicht. Aber er war noch da. „Ich möchte dir etwas erzählen, Sai. Eine Geschichte. Magst du Geschichten?“ Er schüttelte langsam den Kopf. „Geschichten haben immer ein schlechtes Ende. Und wenn nicht, dann wurden sie nur nicht zu Ende erzählt.“ „Nun, dieser Fall ist ein wenig anders. Hör zu: Es war einmal ein kleiner Prinz. Der Prinz lebte allein nur mit einer wunderschönen Rose. Er hegte und pflegte sie und stülpte immer eine Glasglocke über sie, damit sie vor allen Insekten und Schädlingen geschützt war. Aber diese Glasglocke hielt auch die schönen Schmetterlinge, die netten Bienen und die warmen Sonnenstrahlen ab. So entschied sich die Rose irgendwann, dass sie lieber ohne die Glocke leben wollte. Sie wollte das echte Leben spüren und Freunde finden unter den netten Insekten. Sie wollte die Wärme der Sonne spüren. Und irgendwann, vielleicht schon nach ein paar Tagen, vielleicht erst nach Jahren, kamen wilde Tiere und fraßen die Rose auf.“ Er starrte mich an. „Okay, okay, die Geschichte ist noch länger und das Ende stammt von mir“, gab ich zu, „aber es ist ein gutes Bild für deine Situation. Du bist die Rose. Du hast dich immer vor der Außenwelt geschützt, durch deine Maske, durch dein falsches Lächeln. Du hast dich entschieden, dass du Freunde finden willst – aber du hast nicht erkannt, dass du dazu die schützende Glocke abnehmen musst. Das birgt ein Risiko, natürlich. Als ANBU weißt du das nur zu genau. Es liegt jetzt allein in deiner Hand, ob du dieses Risiko eingehen willst.“ „Ich... Ich will“, gab er leise zu. Dann zuckte sein Mundwinkel kurz. „Wäre ich sonst hier?“ Oh, er machte Fortschritte! Und was für welche! Ich belohnte ihn mit einem breiten Grinsen. „Nein, natürlich nicht.“ Ich lehnte mich wieder etwas zurück. „Wenn du Freunde finden willst, solltest genau darauf achten, welche Gefühle du zeigst. Gegenüber guten Bekannten solltest du nie falsche Gefühle zeigen und zum Beispiel Lächeln, wenn du nicht fröhlich bist. Versuch ihnen möglichst viele positive Emotionen zu vermitteln, aber nur, wenn du sie tatsächlich spürst. Freunde, Dankbarkeit, Begeisterung, Sympathie, so etwas. Mit negativen Gefühlen wie Wut, Trauer, Enttäuschung, Hass oder Ähnlichem solltest du vorsichtig sein. Sie gegenüber denen, die du nicht leiden kannst, zu zeigen, kann dich menschlicher erscheinen lassen, was gut ist. Aber um erst einmal Leute kennen zu lernen, ist es nicht verkehrt, sie vorerst zu unterdrücken. Merke dir aber, dass die Leute, denen du etwas bedeutest – also Sakura-san, Naruto-san, dein Sensei und mir, dass diese Leute an deinem Leben teilhaben wollen. Sie wollen wissen, was du fühlst. Ihnen gegenüber darfst du auch deine negativen Gefühle zeigen, und solltest es auch, denn ein Mensch zerbricht an ihnen, wenn er die Last mit niemandem zeilen kann.“ „Ich... bedeute Ihnen etwas?“ Okay... nicht gut. Hatte er jetzt überhaupt etwas von meinen Ratschlägen mitgekriegt!? Trotzdem antwortete ich: „Natürlich, Sai. Ich bin Psychologin, ich baue mit meinen Patienten immer eine Vertrauensbasis auf. Du hast mir gegenüber echte Gefühle gezeigt und das bedeutet mir etwas.“ „Dann sind wir... Freunde?“ Ich wurde nicht so recht schlau aus diesem Kerl. War das ein schalkhaftes Ich-hab-dich-erwischt-du-magst-mich oder ein kindliches Ich-habe-es-endlich-geschafft-einen-Freund-zu-finden? Im Grunde war es egal. Ja, ich mochte Sai. Ich nahm Anteil an seiner Lage und ich wollte ihm helfen, wie ich Itachi helfen wollte. Und sobald er einmal seine Gefühle zeigte, war er mir glatt sympathisch. Es war nicht besonders professionell, einen Patienten als Freund zu bezeichnen. Immerhin wollte ich nicht, dass der Junge sich zu sehr an mich band – ich hatte mit einem ANBU schon genug zu tun. Aber Sai war anders. Er brauchte nur jemanden, der ihn etwas darauf vorbereitete, in die Welt hinaus zu marschieren. „Ja, Sai, wenn du willst, können wir Freunde sein.“ Da begannen Sais Augen zu leuchten und ich wusste sofort: Ich hatte einen schrecklichen Fehler gemacht. Diesen Jungen würde ich nie wieder loswerden. * „Wo warst du!?“ Langsam wurde das zur Gewohnheit. Ich rollte genervt mit den Augen. „Sasuke-kun, wirklich, ich bin eine erwachsene Frau. Ich habe auch ein Privatleben außerhalb dieses Hauses.“ Sasuke sah aus, als wolle er mir am liebsten den Hals umdrehen. Mit bloßen Händen. Langsam. „Ehrlich, du führst dich auf wie – ich weiß nicht. Was ist los?“ „Wo warst du?“ „Ich habe Konoha nicht verlassen...“ „Mit wem warst du unterwegs?“ „Jetzt reicht's aber!“ Ich hatte zwar nichts zu verbergen, aber wie dieser Junge mit mir redete, das konnte ich mir einfach nicht gefallen lassen. In diesem Moment kam Itachi herein. Durch das Fenster, weil Sasuke mich an der Eingangstür abgefangen hatte und sie immer noch mit einer Hand zudrückte, damit ich nicht flüchtete. Es war fast Mitternacht. „Du hast sie“, stellte der ältere Uchiha fest und es klang wie: „Lass sie nicht entkommen.“ „Okay, was läuft hier? Habt ihr euch irgendwie gegen mich verschworen?“ „Du hattest heute fünf Termine. Von einigen hast du erst im Laufe des Tages erfahren. Keiner dauerte viel länger als eine Stunde. Selbst wenn man Pausen dazu rechnet, hättest du spätestens um sieben wieder hier sein müssen“, erklärte Itachi mit seiner üblichen, emotionslosen Stimme. Mir bleib fast der Mund offen stehen. „Spioniert ihr mir etwa nach!?“ „Natürlich. Nii-san hat das halbe Dorf nach dir abgesucht, als du nicht gekommen bist. Und ich musste hier auf dich warten“, erwiderte Sasuke. Es war ihm anzusehen, dass ihm das gewaltig gegen den Strich ging – allerdings nicht so gewaltig wie mir! „Woher wusstest du dann, dass ich hier war?“, fragte ich Itachi. Der nickte zum Fenster hinüber. Dort auf dem Gartenzaun hockte eine Krähe mit roten Augen. Itachis Alarmanlage. „Also?“ Ich seufzte. „Ihr reagiert total über, Jungs. Sai-san hat mich noch zum Essen eingeladen – ließ sich nicht abschütteln – und dann kam auch noch der Rest seines Teams und nach einer Menge Sake... Ihr wisst schon. Hat etwas länger gedauert, bis sie mich gehen ließen. Sich mit ihnen zu beschäftigen, ist übrigens dein Job, Sasuke-kun.“ Doch die Brüder wischten meine Verteidigung einfach beiseite. „Du kannst nicht einfach bis spät in die Nacht wegbleiben, ohne uns Bescheid zu sagen“, behauptete Itachi in einem, wie er wohl glaubte, beruhigendem Ton. „Du darfst überhaupt nicht ohne uns bis spät in die Nacht wegbleiben“, musste sein Bruder draufsetzen. „Ach, und wer will mir das verbieten? Du?“ Langsam kam ich in Fahrt und war schon richtig auf einen Streit aus. Da meinte Itachi plötzlich und vollkommen unerwartet: „Wir haben uns Sorgen gemacht.“ Na toll. Ich war entwaffnet. Entblößt. Der Spieß war umgedreht worden. „Okay, ein Punkt für dich. Das nächste Mal sage ich Bescheid. Aber es ist nicht richtig, dass ich hier die Einzige bin, die soziale Kontakte zu knüpfen versucht. Das solltet ihr auch mal probieren.“ Ich konnte Itachis vorwurfsvollen Augen nicht mehr standhalten, also murmelte ich ein „Gute Nacht“ und wollte auf mein Zimmer gehen. Doch kaum hatte ich ein paar Schritte getan, da packte mich Sasuke am Arm und wirbelte mich herum. Mir war, als zucke sein Blick kurz zu seinem Bruder hinüber, bevor ich schmerzhaft gegen eine Wand gestoßen wurde. Sasuke hielt mich dort gefangen, einen Arm an jeder Seite meines Körpers gegen die Mauer gestützt. Seine Augen waren leuchtend rot und ich sah etwas seltsam... Hungriges in seinem Blick. „Du wirst nicht noch einmal so lange fortbleiben“, betonte der Uchiha. „Du wohnst in diesem Haus. Du gehörst zu uns. Du hast dich an unsere Regeln zu halten. Hast du das verstanden?“ Dieser Junge war so verdammt nah. Ich konnte seine unterdrückte Wut förmlich riechen. Er war gefährlich. Ich leckte mir unsicher über die Lippen. „Willst du, dass ich ausziehe?“ „Das ist nicht der Punkt!“, zischte er. „Du hast dich längst entschieden! Steh endlich dazu. Deine sozialen Kontakte sind mir egal. Du hast dich um uns zu kümmern!“ „Um dich, meinst du wohl.“ Ich erstarrte. Sasuke sah mich an, ohne mit der Wimper zu zucken. Verdammt! Es war mir einfach so herausgerutscht! War ich von allen guten Geistern verlassen, dass ich diesen Ninja auch noch reizte!? „Lass sie, Sasuke.“ Ich zuckte zusammen. Itachi hatte sich so leise bewegt, dass ich ihn gar nicht bemerkt hatte, bis er plötzlich neben uns stand. Seltsamerweise zuckte auch Sasuke zusammen. Er warf seinen Bruder, der ihn warnend beobachtete, einen schnellen Blick zu. Dann gab er mich mit einem verächtlichen Schnauben frei und wandte sich ohne ein weiteres Wort um. Kaum dass er außer Sichtweite war, sank ich zitternd an der Wand herab. Was war das nur gewesen? Ja, Sasuke war verdammt besitzergreifend und egoistisch und wollte immer alles kontrollieren. Aber so aggressiv hatte ich ihn nie gesehen – wenn es nicht um seinen Bruder ging. Das leise Rascheln von Kleidung rief mir in Erinnerung, dass Itachi noch immer da war. Ein Hauch von Verblüffung wollte sich durch meinen Schockzustand drängen, als er neben mir in die Hocke ging. „Er meint es nicht so“, flüsterte Itachi. Ihm war nicht anzusehen, ob er sich unbehaglich fühlte oder nicht. „Du musst ihn verstehen. Er zählt dich zu seiner Familie und will dich nicht verlieren. Auch nicht an jemand anderen.“ „Ich... Ja, klar verstehe ich das...“, murmelte ich und wischte mir fahrig über die Augen. Jetzt bloß nicht heulen! „Ich bin Psychologin, oder etwa nicht? Es ist mein Job, ihn zu verstehen.“ Tatsächlich brachte ich ein kleines, humorloses Lachen zustande. „Es wäre nur hilfreich, wenn du ihn in seinem Verhalten nicht auch noch bestätigen würdest.“ Ich stand auf und klopfte mir den Staub von den Kleidern. „Es ist spät“, murmelte ich. „Wir sollten jetzt schlafen gehen...“ Itachi nickte nur. Doch statt sich selbst in Bewegung zu setzen, blieb er allein im Flur stehen, als ich auf mein Zimmer ging. Ich spürte seinen Blick noch lange in meinem Rücken. XxX Man - war das wirklich schon Ein Monat? Nicht wahr, oder? Noch ein bisschen Länger und ich krieg die ersten Drohbriefe... Ächem, okay. Egal. Jetzt seid ihr ja erst einmal versorgt. Die Geschichte komtm so laaaaangsam ins Rollen. Erkennt ihr, worauf das Ganze hinausläuft? Kapitel 5: Dating Time ---------------------- Unglaublich aber wahr... nach geschlagenen zwei Monaten nun das neue Kapitel. War innerhalb von drei Tagen fertig, aber ich war eben erst jetzt wieder in der Lage, irgendetwas zu schreiben, was auch nur entfernt mit Romantik zu tun hat (okay, die wiederholten Nachfragen, wann es denn nun weiter geht, haben auch ihren Teil dazu beigetragen). Demzufolge sind auch ein paar recht verkorkste Situationen herausgekommen aber keine Sorge, das hat alles seinen Sinn und wird früher oder später noch erklärt werden. Ich halte schon noch, was ich verspreche. Und diese ff wird immer noch nicht abgebrochen. Könnte nur halt wieder eine Weile pausieren^^“ XxX „Jungs, was macht ihr denn noch hier?“, rief ich zu den Uchiha hinüber, die im Garten ein paar Übungspuppen malträtierten. „Heute ist Markttag! Das erste Mal seit Ende des Krieges treffen Händler aus allen Nationen in Konoha zusammen. Das können wir nicht verpassen!“ „Natürlich können wir“, meinte Sasuke leichthin. Er rammte sein Kunai ins Herz der Holzpuppe und trat dann zu dem Zierbach, um sich den Schweiß von seinem entblößten Oberkörper zu waschen. „Aber der Markt wird nur zweimal im Jahr kommen! Und unter uns, es täte euch wirklich gut, mal wieder unter Leute zu gehen“, protestierte ich. „Sasuke-kun hat Recht“, fiel mir Itachi eiskalt in den Rücken, bevor er sich eine Flasche Wasser von der Gartenbank schnappte. „Heute nicht.“ „Warum das denn?“, wollte ich verzweifelt wissen. „Gerade am ersten Markttag werden sehr viele Leute kommen und damit auch einige zwielichtige Gestalten. Kein Ort für dich, Sekina.“ „Aber ich muss doch-“ „Das nächste Mal.“ Pah! So ein Idiot! Aber so einfach würde ich mich nicht abwimmeln lassen. Es war nur noch eine Woche bis zum neunten Juli, Sasukes Geburtstag (den ich auch nur wegen meinen Verbindungen zur Hokage und der guten Aktenführung der Schreiber gewisser Bingobücher wusste. Allein wäre der nie drauf gekommen, mir das zu sagen!) Eine Woche! Zugegeben, manche alten Familien feierten weniger Geburtstage, als vielmehr Jahrestage besonderer Leistungen des Betreffenden. Da das in Sasukes Fall allerdings nur herausragende Morde sein würden, wählte ich lieber den Geburtstag. Und dafür musste ich jetzt endlich anfangen, nach einem Geschenk zu suchen! Dieser Markt war meine letzte Gelegenheit. „Wenn es da so gefährlich ist, kannst du ja auch gerne mit mir zusammen gehen“, schlug ich Itachi diplomatisch vor. Er konnte mir ruhig beim Aussuchen helfen. Doch von dem älteren Bruder traf mich nur ein ablehnender Blick. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn störrisch an – was keine so gute Idee war. Mir waren die vielen Narben vorher nie so richtig aufgefallen, die seinen Oberkörper verunzierten. Das rief mir gleich wieder in Erinnerung, was er durchgemacht hatte und ich konnte ihm gar nicht böse sein. Und, oh, diese Muskeln! Wie das Wasser an seiner Kehle herunter lief, als er trank... Reiß dich zusammen! „Konoha ist wirklich übervoll“, bestätigte Sasuke. „Aber das liegt eher an den vielen Narutos. Seit dem Morgen sind sie zu Hunderten unterwegs, um bei dem Aufbau der Stände zu helfen.“ Itachi verzog kaum merklich das Gesicht. Die Aussicht auf so viele 'Kleinkinder' schien seine ohnehin nicht vorhandene Begeisterung nicht zu steigern. Aber immerhin, vor einem Monat wäre er lieber gestorben, als sich etwas anmerken zu lassen. Meine Augen klebten noch immer an Itachis vom Schweiß herrlich feuchtem Haar. Deswegen sah ich Sasuke nicht kommen und zuckte heftig zusammen, als dieser plötzlich seinen Arm um meine Schultern legte. „Andererseits wären gerade diese Narutos auch ein Grund, hinzugehen. Ich hätte nicht übel Lust, ein paar dieser Puppen durch Attrappen zu ersetzen, die ein bisschen mehr schreien, wenn man sie trifft. Was meinst du, Nii-san?“ Auf einmal fühlte ich mich unwohl in meiner Haut. Die Erinnerung an gestern Abend steckte mir noch in den Knochen. Als Sasuke mich auch noch an sich drückte, war ich fast so weit ihn wegzustoßen – aber er stand ja auf meiner Seite. Also lächelte ich Itachi gezwungen an und tat so, als würden sein Bruder und ich zusammen eine Front gegen ihn bilden, die er nicht brechen konnte. Itachi schwankte noch für ein paar Augenblicke – aber gegen seinen Otoutou hatte er keine Chance. „Also schön“, murrte er. „Dann geht ihr eben.“ Oh, nein! „Nicht 'ihr'“, berichtigte ich und machte mich – nicht ohne eine gewisse Erleichterung – von Sasuke los. Kurzerhand hakte ich mich bei jedem Uchiha einmal unter. „Wir gehen! Zusammen. Das wird ein lustiger Tag, ihr werdet schon sehen!“ Die Brüder sahen nicht besonders überzeugt aus. Itachi löste sich auch sogleich aus meinem Griff. „Na schön, dann eben wir.“ Dann murmelte er irgendetwas von, er werde sich schnell umziehen und verschwand im Haus. Kaum das er weg war, verschwand mein Lächeln. Ich fuhr zu Sasuke herum, der mich noch immer halb umfangen hatte und zischte: „Was zum Teufel sollte das?!“ Der Junge hob gespielt überrascht die Hände. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“ „Nimm mich nicht auf den Arm, Sasuke-kun! Ich hab zwei Jahre gebraucht, um zu dir vorzudringen. Du lässt niemanden an dich heran, außer Itachi. Du hast geradezu Berührungsängste! Und jetzt diese... Gesten und... Ich weiß genau, dass du nicht auf den Markt willst, wenn dort so viele Narutos sind. Überhaupt, gestern das-“ Ich zuckte hilflos mit den Schultern. „Was ist los mit dir?“ Sasukes Mundwinkel zuckten. „Was los ist? Na, ich steh auf dich, das ist los.“ Mir klappte allen Ernstes die Kinnlade runter. „Bitte, WAS!?“ Sasuke – wie mir jetzt wieder mit aller Macht bewusste wurde, immer noch halb nackt! - lehnte sich lässig gegen einen Baum, der hinter ihm stand. „Ist doch ganz normal, oder etwa nicht? Du bist hübsch. Intelligent. Nett – manchmal jedenfalls. Und vor allem weißt du Bescheid. Du verstehst. Wir leben jetzt schon lange genug unter einem Dach. Du bist doch Psychoanalytikerin, hast du das etwa nicht kommen sehen?“ Mir blieb vor Schreck beinahe die Sprache weg. Beinahe. „Aber... Ich werde bald dreiundzwanzig Jahre alt! Du bist gerade mal neunzehn – und überhaupt, ich hatte nie das Gefühl, dass du mich besonders gut leiden kannst...“ Er zuckte mit den Schultern. „Hat sich eben geändert.“ Oh, Sekina, ganz ruhig. Nur ruhig Blut bewahren. Der Junge ist ein bisschen verwirrt. Das ist alles. „Hör zu, Saskue-kun, wenn du mit mir über deine Gefühle reden willst-“ „Oh, ach komm schon!“, rief Sasuke genervt aus. „Nicht die Nummer schon wieder. Ich werde dich schon kriegen, ob du willst oder nicht. Also versuch gar nicht erst, mich abzuwimmeln.“ Mit diesen Worten schnappte er sich sein Oberteil von der Gartenbank, warf es sich lässig über die Schulter und marschierte ohne einen weiteren Blick an mir vorbei. Ich blieb zurück auf der Übungswiese wie ein begossener Pudel – und genau so fühlte ich mich auch. In was für ein Chaos war ich da nur wieder hinein geraten? Ich musste irgendetwas tun. Natürlich wollte ich Sasuke nicht verletzen oder vor den Kopf stoßen, aber ich glaubte wirklich nicht, dass ihm ernsthaft etwas an mir lag. Oder dass er gar verliebt in mich war. Wenn er das behauptet hätte, okay, das wäre schräg geworden. Vielleicht hätte ich mir ein Kunai geschnappt und einen auf: „Wer bist du und was hast du mit Sasuke-kun angestellt?“ gemacht. Wenn mir Itachi nicht zuvor gekommen wäre. Apropos Itachi... Langsam wandte ich Den Kopf nach links, dann nach rechts. Bingo! Da auf dem Zaun saß eine Krähe, die in genau diesem Augenblick die Flügel ausbreitete und mit leisem Krächzen zwischen den Bäumen verschwand. Jetzt saß ich wirklich in der Scheiße. * „Du hältst den Kescher falsch!“, fuhr Sasuke mich an und riss mir das kleine Ding aus der Hand. „So macht man das!“ Und wo ich bereits fünf Kescher kaputt gemacht hatte, fing er mühelos einen der Goldfische in dem Becken ein. Der Besitzer des Standes gratulierte ihm zu dem guten Fang und packte uns das gewonnene Tier ein. Ich konnte mich nicht so recht darüber freuen. „Du bist ja ein Ninja“, murmelte ich mehr zu mir selbst. „Natürlich kannst du das besser.“ „Für so etwas Simples brauch man kein Ninja zu sein“, schnaubte er. „Man muss nur den richtigen Moment zum Zugreifen abpassen.“ „Wie ein Jäger, der auf der Lauer liegt?“, fragte ich. „Kein Wunder, dass du das kannst. Auf der Lauer liegen, meine ich. Deine Kuchiyose ist bestimmt eine Wildkatze oder so etwas, richtig?“ „Ein Falke“, antwortete er wortkarg. Na ja, fast. Ein Greifvogel war natürlich auch zum Zupacken geeignet. „Okay, hör zu, Sasuke-kun“, sagte ich und tat, als müsste ich auf die Uhr sehen. In Wahrheit zählte ich schon seit einer halben Stunde die Sekunden. „Es ist jetzt fast halb fünf. Ich habe ein paar Freunden versprochen, mich heute noch mit ihnen zu treffen, also sollten wir uns langsam auf den Weg machen...“ „Nein“, meinte Sasuke. „Wie bitte?“ „Ich sagte: Nein. Ich habe keine Lust auf die anderen. Lass uns lieber noch etwas zu zweit herumgehen.“ Irritiert warf ich einen Blick hinter uns. Itachi war widerstrebend mit uns gekommen, aber er folgte uns in einigem Abstand und schien immer so tun zu wollen, als gehöre er nicht zu uns. Und für Sasuke tat er das anscheinend tatsächlich nicht. „Sasuke.kun, wir haben den Markt jetzt schon dreimal abgelaufen...“ Er zuckte mit den Schultern. „Du wolltest doch hier hin. Wir können uns aber auch für den Abend in eine Bar setzen. Oder wir gehen zu einem der großen Zelte und... tanzen da, oder so.“ Verblüfft sah ich ihn an. Sasuke gab sich wirklich Mühe. Die ganze Zeit über brodelte schon diese Ungeduld in ihm, die ihn zuweilen barsch auf mich reagieren ließ, auch wenn er versuchte, sich freundlich mit mir zu unterhalten. Er war mit mir überall auf den Markt hingegangen, wohin ich wollte. Um ihn zu reißen hatte ich ihn sogar gezwungen, widerlich süße Zuckerwatte zu essen und er hatte es – wenn auch nicht gerade kommentarlos – über sich ergehen lassen. Und jetzt wollte er sogar tanzen! Alles in Allem gab sich Sasuke wirklich alle Mühe, aus dem harmlosen Einkaufsbummel ein Date zu machen. Allerdings schien er selbst unter seiner Oberfläche furchtbar angenervt von diesem Tag zu sein. Und meine Ideen, wie ich ihn vergraulen konnte, gingen mir langsam aus. Wenn ich meinen Plan heute noch durchziehen wollte, musste ich ihn loswerden. Ein Naruto rette mich. Natürlich nicht freiwillig. Ich stellte dem armen Kerl – wir hatten heute ungefähr drei Dutzend von seiner Sorte gesehen – eiskalt ein Bein und ließ ihn in hohem Bogen darüber fliegen. „Hey! Kannst du nicht aufpassen!?“, keifte der Blondschopf, noch bevor er überhaupt erkannte, wer ihn gestoßen hatte. Sofort war Sasuke zur Stelle. „Hast du irgendein Problem?“, fuhr der Uchiha ihn drohend an. „Was – Sa-Sasuke! Du bist auch hier!?“, stotterte sein ehemaliger Teamkamerad. „Offensichtlich. Und ich schätze es ganz und gar nicht, dass du meine Ruhe störst, indem du hier so rumbrüllst!“ „Das ist wirklich sehr unhöflich von dir, Naruto-kun“, pflichtete ich meinem Begleiter bei. „Du hättest mich fast mit umgerissen! Ich hätte mich ernsthaft verletzen können.“ Okay, ich gebe zu, das war nicht ganz fair. Aber in der Not frisst der Teufel seine Freunde. Es dauerte nur fünf Minuten, bis sich Sasuke und Naruto in einer ordentlichen kleinen Prügelei auf dem Boden wälzten. „Oh, na sowas!“, stieß ich hervor und gab mich nicht einmal besonders viel Mühe, ehrlich zu klingen. „Was macht ihr denn da? Hört doch auf! Hm, ich werde wohl Itachi-san um Hilfe bitten müssen, um euch zu trennen...“ Und schon war ich weg. Itachi war fast sofort zur Stelle, aber ich entfernte mich rasch in die entgegengesetzte Richtung. Unschlüssig stand der ältere Uchiha für einen Moment lang da und sah zwischen mir, dem flüchtenden Date seines Bruders, und Sasuke hin und her, der sich noch immer mit Naruto schlug. Offensichtlich war es der echte, sonst wäre er unter der Gewalt der Schläge längst zusammengebrochen. Ich zwinkerte Itachi verschwörerisch zu, bevor ich mich aus dem Staub machte. Der Blick seiner roten Augen folgte mir, aber er machte keine Anstalten, mich aufzuhalten. Gut so. So schnell wie möglich brachte ich Abstand zwischen mich und das Getümmel. Dann schlug ich den Weg zum Treffpunkt ein, betrat ihn aber nicht. Stattdessen wartete ich davor auf Sai. Es dauerte nicht lange, bevor er auftauchte. „Sekina! Schön, dass du gekommen bist!“, begrüßte er mich. Sein Lächeln war echt. Anscheinend hatte er etwas aus meiner Sitzung mitgenommen. „Ich kann aber leider nicht lange bleiben“, erwiderte ich ausweichend. „Aber ich habe eine Bitte an dich. Die ganze Zeit über schon frage ich mich, was ich Sasuke-kun zum Geburtstag schenken soll. Aber selbst hier ist mir nichts ins Auge gesprungen. Der eine Stand hat mich allerdings auf eine Idee gebracht. Ich bräuchte nur deine Hilfe dafür.“ „Natürlich. Freunden hilft man doch, nicht wahr? Worum geht es?“ Rasch erklärte ich ihm meine Idee. Wir beschlossen, unser nächstes Treffen gleich mit seiner Sitzung zu verbinden und machten einen neuen Termin aus. „Danke sehr, Sai-san. Das ist wirklich eine große Hilfe für mich“, meinte ich zum Abschied. „Jetzt muss ich leider wieder los. Ich kann den Uchiha nie für lange Zeit entkommen.“ „Ich nehme an, das kann niemand“, meinte er lächelnd. Falsches Lächeln. Ich runzelte die Stirn Als er bemerkte, was er tat, senkten sich seine Mundwinkel wieder. „Es tut mir Leid. Ich bin nur besorgt um dich. Die Uchiha haben nicht gerade den besten Ruf und sie nehmen dich viel zu sehr in Anspruch.“ Diesmal war ich diejenige, die lächelte. „Das ist okay. Ich werde sie mir schon erziehen. Genieß du den Abend mit deinen Freunden.“ Ich winkte Sai noch einmal, dann stürzte ich mich zurück ins Marktgetümmel. Es dauerte kaum fünf Minuten, da wurde ich auch schon entdeckt. Jemand legte mir von hinten eine Hand auf die Schulter. Ich fuhr herum. Es war Itachi. Der Ninja sah mich stirnrunzelnd an. Missbilligend zog er mich an den Rand, weg von den Leuten. „Warum hast du das getan?“, fragte er, als wir nicht mehr von allen Seiten bedrängt wurden. „Was getan?“ Hatte er mich mit Sai gesehen? „Warum bist du vor Sasuke geflohen?“ Seine Augen waren schwarz. Doch in ihnen war eine Tiefe, die seine Gefühle undeutbar machte. Ärger? Enttäuschung? Er zögerte. „Hast du Angst vor ihm?“ „Ich – nein! Natürlich nicht“, versicherte ich ihm, weil ich wusste, dass dies ein wunder Punkt bei ihm war. „Ich will ihm keine falschen Hoffnungen machen, das ist alles. Es macht ihm nicht einmal Spaß, mit mir zusammen Zeit zu verbringen, aber er ist trotzdem so fixiert darauf.“ Wieder dieses Zögern. „Sasuke mag keine Feste. Er mag keine Menschenmengen. Aber er mag dich.“ „Oh nein, jetzt nicht du auch noch! Für deinen kindischen Bruder ist das doch nur ein Spiel. Es wird ihm früher oder später langweilig werden. Ich versuche nur, das 'früher' zu unterstreichen.“ Zweifelnd sah er mich an. Irgendwie brauchte er heute ungewöhnlich lange für seine Antworten. „Sasuke ist nicht kindisch. Er ist viel erwachsener geworden in den letzten Jahren. Vielleicht meint er es wirklich ernst. Das kannst du nicht wissen.“ Niemand von uns sprach aus, was mit 'es' gemeint war. Itachi hatte mitbekommen, wie Sasuke verkündet hatte, er würde 'auf mich stehen'. Da war kein Platz für Zweideutigkeiten. Trotzdem konnte ich nicht so recht glauben, dass Itachi hier gerade wirklich Werbung für seinen Bruder machte. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht“, gab ich ihm zurück. Er antwortete mir nicht. Stattdessen war sein Blick auf etwas hinter mir gerichtete und als ich mich umdrehte, sah ich einen ziemlich missmutigen Sasuke heran trotten. In den nächsten fünf Minuten durfte ich mir anhören, wie ungemein unhöflich ich doch war, ihn so einfach stehen zu lassen. Wie er sich so aufspielte, war er wirklich kindisch und ich lächelte innerlich bei dem Gedanken, dass Sasuke gerade die Verteidigung seines Bruders zunichte machte. Zuhause angekommen verkroch ich mich als erstes in mein Zimmer. Bevor Itachi mich gefunden hatte, war es mir gelungen, noch eine Kleinigkeit an einem der Stände zu erstehen, die ich jetzt rasch versteckte. Nicht unter dem Bett oder im Kopfkissen – ich lebte schließlich mit Ninja zusammen – sondern im Lüftungsschacht. Dann zog ich ein aufgerolltes Blatt Papier aus der Tasche, das Sai mir gegeben hatte. Es war ein Bild, das er gemalt hatte. Eine Krähe auf einer Parkbank mit einem blätterlosen Baum im Hintergrund. Ich pinnte es an die Wandschräge über meinem Bett. Die Krähe erinnerte ein wenig an Itachis fliegende Alarmanlagen. Ich fühlte mich von ihren Augen beobachtet, aber seltsamerweise machte mir das nicht das Geringste aus. * „Uhm... Also, ich weiß ja, dass das meine Idee war, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr ganz so sicher, ob – aua!“ Unwillig rieb ich mir die schmerzende Wange. „Du musst einfach nur still halten. Still halten und lächeln“, meinte Sai verärgert. Es war das erste Mal, dass ich ihn verärgert sah. Auch wenn er das Gefühl durch kaum mehr als ein Stirnrunzeln zum Ausdruck brachte. Das war ein durchaus positives Zeichen. Nur fiel es mir in diesem Moment schwer, es als solches zu deuten. „Es ist nicht ganz einfach, zu lächeln, wenn dieses Ding mich ständig beißt“, gab ich zynisch zurück. „Dieses Ding ist zufällig Uchiha Sasukes Kuchiyose-Tier.“ Jetzt zuckten seine Mundwinkel verräterisch nach oben. „Etwas mehr Respekt wäre vielleicht angebracht.“ Ich schnaubte. „Gar nicht wahr. Es ist nur einer der Botenfalken von der Hokage.“ „Was vermutlich gut so ist. echte Kuchiyose-Tiere können schon mal ein paar Dutzend Meter groß werden.“ Ich antwortete nicht, sondern versuchte den stolzen Falken, den Sai mit einem kleinen Lederband an meinem rechten Arm festgebunden hatte, davon abzuhalten, mir das Ohr abzukauen. Dieser Vogel sollte sich mal ein Beispiel an seinem Leidensgenossen nehmen. Die Krähe, die auf meiner linken Schulter saß, raschelte zwar immer wieder unruhig mit den Flügeln, verhielt sich aber ansonsten recht friedlich. Was ich erstaunlich fand, da der Falke im Gegensatz zu ihr eigentlich besser abgerichtet hätte sein sollen. „Vergiss das Lächeln nicht“, ermahnte mich Sai wieder und sah von seiner Staffelei hoch. „Wenn Sasuke-kun an seinem Geburtstag das Bild auspackt, will er darauf doch bestimmt kein grimmiges Gesicht sehen.“ Ich seufzte und versuchte mein Bestes, um so fröhlich wie möglich auszusehen. „Könntest du nicht erst meinen Oberkörper und die Vögel malen? Dann kann ich sie endlich freilassen. Von mir aus lächle ich danach noch stundenlang für dich.“ Sai grinste. „Was ist?“, fragte ich, weil ich befürchtete, einer der Vögel hätte auf meiner Schulter... na, ihr wisst schon. Der ANBU machte wirklich Fortschritte. Inzwischen gelang es mir wirklich gut, in seinem Gesicht zu lesen. Im Beisein von Fremden war er, soweit ich das beurteilen konnte, zwar immer noch recht emotionslos, aber er machte große Fortschritte. Doch gerade dieser Gemütsumschwung brachte mich manchmal aus dem Gleichgewicht. „Ach, nichts“, meinte er und wandte sich wieder seinem Bild zu. „Deine Bemerkung eben war nur etwas... zweideutig.“ Oh bitte... nicht auch noch Sai! Die nächste halbe Stunde vertrieb ich mir damit, Sai über die vergangenen Tage auszufragen. Er erzählte mir von der gemütlichen Runde mit den jungen Ninja nach dem Markt und wie wohl er sich in dieser Gruppe lachender Jugendlicher gefühlt hatte. Noch war er nicht in der Lage, selbst mit zu lachen, aber er war zuversichtlich, dass das auch noch kommen würde. Leider wollte er dann auch wissen, was es bei mir Neues gab. Höflich aber bestimmt wollte ich ihn darauf hinweisen, dass meine privaten Angelegenheiten ihn als meinen Patienten nichts angingen. Aber irgendetwas hinderte mich daran. Seit Sasukes 'Geständnis' hatte ich das Gefühl, die Situation nicht mehr unter Kontrolle zu haben und das belastete mich. Ich konnte mit niemandem darüber reden. Itachi hatte auf dem Markt klar gemacht, dass er auf der Seite seines Bruders stand. Außerdem war er, egal was er behauptete, noch Meilen davon entfernt, sich vollkommen von seinem Trauma zu erholen und in die Gesellschaft einzugliedern. Ich wollte seine ohnehin schon angeschlagene Psyche nicht unnötig damit belasten, dass ich über sein Ein und Alles herzog. Und wen hatte ich denn noch, außer die Brüder? Wenn ich Tsunade Bericht erstattete, würde sie mir am Ende vielleicht sogar noch befehlen, auszuziehen. „Es gibt in letzter Zeit etwas Stress bei... Nun ja, zu Hause eben“, antwortete ich Sai deshalb auf seine Frage. Es stimmte, das ging ihn nichts an, aber andererseits war er vielleicht der einzige Freund mit normaler Augenfarbe, den ich hatte. „Du meinst, bei den Uchiha?“, hakte der ANBU nach. Ich nickte zögernd. Sai hielt in seiner Arbeit inne und wischte den Pinsel an einem Tuch ab. „Nun, ich denke, es war nur eine Frage der Zeit, bis es dazu kommt. Wenn man so lange in einer falschen Identität gelebt hat, dann nimmt man sie irgendwann von ganz alleine an.“ Ich blinzelte irritiert. „Wie bitte?“ Sais Gesicht zeigte keine Gefühle. Warum versteckte er sie plötzlich wieder vor mir? Er schien... Vorsichtig zu sein. Versuchte, kein falsches Wort zu sagen. Aber nicht wie sonst, um sich selbst nicht unbeliebt zu machen, sondern weil... weil er sich Sorgen machte. Um mich und meine Reaktion. „Niemand kann bestreiten, dass Uchiha Itachis Motive ehrenhaft waren. Aber wenn er doch kein Akatsuki ist, dann wird er doch immer ein ANBU bleiben. So eine Maske legt man nicht mal eben schnell beiseite. Ich hatte ja wenigstens in den letzten Jahren Kontakt mit Personen, die mir zu Freunden geworden sind. Menschen, denen ich vertrauen kann. Außerdem bin ich recht jung. Ich habe mal gelesen, dass es jungen Menschen allgemein leichter fällt, Kontakte zu knüpfen. Der Uchiha dürfte es da schwerer haben. Natürlich sorgt das für Spannungen in deinem Haus.“ „Moment – du denkst, ich rede von Itachi?“ Verwundert schüttelte ich den Kopf. „Unsinn. Itachi hat sich außergewöhnlich gut in seiner neuen Lage zurecht gefunden. Vielleicht ist er zuweilen etwas rastlos und er trainiert mehr als gut für ihn ist, aber er bereitet keinerlei Probleme. Es ist sein Bruder, der mir Sorgen macht.“ „Sasuke-kun?“ Sai hob eine Augenbraue. „Was ist mit ihm?“ „So wie es aussieht, hat er mich als sein neues Spielzeug auserkoren. Hat es sich in den Kopf gesetzt, mich in den Wahnsinn zu treiben.“ „Da wird er aber Schwierigkeiten haben. Immerhin bist du Therapeutin.“ Er lächelte. Ich erwiderte die Geste und sofort huschte Sais Hand mit dem Pinsel wieder über das Papier. „Sehr gut – bleib so!“, rief er mir zu, als er sich bemühte, meinen Gesichtsausdruck einzufangen. Sai vervollständigte sein Porträt und setzte schwungvoll zu den letzten Pinselstrichen an. Erleichterung überkam mich, als er verkündete, er sei fertig. Endlich konnte ich die Vögel losmachen und sie erhoben sich rasch in die Lüfte. Das Bild war wunderschön. Sai war kein einfacher Straßenkünstler. Er hatte mich genau so gemalt, wie ich war. Das Papier hätte ich locker als Spiegel benutzen können. Gut, wenn es nach mir gegangen wäre, hätte er meine Blässe nicht ganz so betonen und diesen einen Pickel ruhig weglassen können. Aber so wirkte das Bild durch und durch natürlich. Der scharf geschnittene Kopf des Falken betonte die raubtierhaften Züge des Vogels und erinnerte tatsächlich an den stolzen Uchihasprössling, den er darstellen sollte. Ebenso gut traf die ruhige, aber wachsame Krähe auf meiner anderen Schulter Itachis Bild. Als ich den hübschen Rahmen auf dem Markt entdeckt hatte, hatte ich sofort an ein Foto darin gedacht, Nur ließen sich die Brüder wohl kaum vor die Kamera zerren. Ich hatte kein Bild von Sasuke und mir nehmen wollen, weil das wegen seiner Andeutungen eine falsche Nachricht hätte übermitteln können. Ein Foto mit mir und Itachi darauf hingegen wäre taktlos gewesen. Also hatte ich uns alle symbolisch auf ein Blatt Papier gebracht. Ich hielt es für eine hübsche Idee und hoffte, Sasuke würde sich darüber freuen. Als Sai mir anbot, mich noch nach Hause zu begleiten, wollte ich ablehnen. Ich hatte noch nie jemanden mit nach Hause genommen und erst recht keinen Patienten. Aber er ließ sich nicht abwimmeln. Ich vermutete, dass er sich immer noch Sorgen machte. Hätte ich doch nur nichts gesagt! Aber immerhin hatte er mir mit Sasukes Geburtstagsgeschenk geholfen. Es war also praktisch eine Sache der Höflichkeit, ihm seine Bitte nicht abzuschlagen. Als ich dann aber schließlich mit ihm vor der Tür stand und die Hand hob, um zu klopfen, zögerte ich dennoch. Keine Ahnung, ob es Sai überhaupt aufgefallen war, denn im nächsten Moment wurde die Tür auch schon geöffnet. Itachi stand im Türrahmen. Er sagte kein Wort, aber sein Blick sprach Bände. Ich hatte den Brüdern nur gesagt, dass ich heute eine Sitzung hatte. Davon, den Patienten in ihr Haus einzuladen, war nie die Rede gewesen. „Äh, hallo Itachi“, begann ich vorsichtig. Dann drehte ich mich zu meinem Begleiter um. „Sai-san war so nett, mich nach Hause zu begleiten – äh, willst du vielleicht noch einen Tee oder so, Sai?“ Ich betete, dass er nein sagte. Was er natürlich nicht tat. „Gerne doch, Sekina-san. Ich habe noch ganze zwei Stunden, bevor meine nächste Trainingseinheit beginnt.“ Halb entschuldigend, halb auffordernd sah ich Itachi an. Es dauerte fast eine halbe Minute, bis er widerstrebend zur Seite trat. Rasch schlüpften wir hinein. Im Wohnzimmer trafen wir auf Sasuke, der in einer Schriftrolle las. Ich begrüßte auch ihn rasch, bat die Jungs mit einem scharfen Blick, keine Dummheiten zu machen und verschwand dann in der Küche, um den Tee aufzusetzen. Itachi folgte mir. Wie ein Schatten stand er da, lässig an den Kühlschrank gelehnt und beobachtete mich, wie ich Wasser aufsetzte. Nervös strich ich mir eine Haarsträhne hinter das Ohr. Warum nur starrte er mich die ganze Zeit an? Ich wusste, dass es ein Fehler gewesen war, Sai hierher zu bringen! Während das Wasser sich langsam erhitzte, hörte ich Stimmen aus dem Wohnzimmer. Weil Itachi meinen Rücken mit einem Blick traktierte, der Tote zurück in ihre Gräber gescheucht hätte und ich ebenfalls nur stumm warten konnte, hörte ich die Worte genau. „Du bist einer von Sekinas Patienten, nicht wahr?“, fragte Sasuke mit eisiger Stimme. „Wie war noch gleich dein Name?“ Sasuke wusste sehr wohl, wie Sai hieß. Es war kindisch von ihm, das Gegenteil zu behaupten, um dem ANBU zu zeigen, für wie unwichtig er ihn hielt. „Mein Name ist Sai“, antwortete der Junge trotzdem höflich. „Und ja, Sekina-san ist meine Therapeutin und meine Freundin. Ebenso wie bei dir, nicht wahr?“ Sasuke schnaubte verächtlich. Ich konnte mir den bedrohlichen Blick aus seinen roten Augen gut vorstellen. „Ich bin schon lange nicht mehr in Behandlung. Sekina lebt mit mir zusammen, weil ich es so wünsche.“ „Oh? Ich dachte immer, sie lebt hier mit dir und deinem Bruder, weil sie das so wünscht.“ „Nun, dann hast du falsch gedacht“, erwiderte Sasuke angriffslustig. Eine verdächtige Röte schlich sich auf meine Wangen und ich feuerte den Wasserkocher in Gedanken an. Gott, war das peinlich! Was sollte Sai denn nur von unseren Haushalt denken? Itachi schien dasselbe zu denken wie ich. Konzentriert starrte er in das Spülbecken, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er jedem Wort lauschte. „Sekina gehört mir, damit das klar ist! Du verbringst viel zu viel Zeit mit ihr. Das werde ich nich länger dulden.“ Herrgott, ich musste so schnell wie möglich zurück, und diese beiden voneinander trennen.Ein eifersüchtiger Sasuke war mit Sicherheit tödlich. So besitzergreifend, wie die Uchiha waren, konnte das gar nicht gut ausgehen. Hastig verteilte ich die Teeblätter in vier Tassen und goss das heiße Wasser darauf. Eine davon drückte ich gleich Itachi in die Hand, der mich mit einem seltsamen Blick bedachte. Anscheinend hatte ich Sais nächste Worte verpasst, aber ich hörte noch Sasukes Antwort: „Du hast überhaupt keine Ahnung! Es ist offensichtlich, dass Sekina in mich verliebt ist. Wie sollte sie auch nicht? Gestern auf dem Markt hätte ich sie beinahe so weit gehabt. Wenn dieser Idiot Naruto nicht gewesen wäre, hätte ich ihr an diesem Abend zumindest schon einmal den ersten Kuss stehlen können.“ KLIRR! Vor Schreck machte ich einen kleinen Luftsprung. Wut kämpfte in meinem Inneren mit Enttäuschung. Wie konnte Sasuke es wagen, so über mich zu reden? Noch dazu, wo er doch genau wusste, dass ich ihn hören konnte? Aber seine Worte waren es nicht, die mich zu heftig zusammenzucken ließen. Es war das klirrende Geräusch zerbrechendes Geschirrs. Ich wirbelte herum, um nach der Quelle des Lärms zu suchen. Mein Blick traf den von Itachi. Die blutroten Sharingan funkelten mich mit einer eigentümlichen Mischung aus Überraschung und Verbitterung an. Überlagert von einer mühsam unterdrückten, aber unter der Oberfläche beinahe überkochenden Wut. Ich hatte schon einmal gehört, dass Leute, die ein Weinglas oder ähnliches in der Hand hielten und vor unterdrücktem Ärger zu fest zugriffen, sodass das Glas zersprang. Aber niemals hatte ich von einem solchen Fall mit einer soliden Tasse aus gebranntem Ton gehört. Mit welcher Kraft musste er zugedrückt haben, um das Geschirr in tausend Teile zerspringen zu lassen? Das Gespräch im Nebenraum war verstummt. Offenbar hatten auch die Jungs das Geräusch gehört. Itachi hielt sich nicht mit Erklärungen auf. Ohne seiner von dem heißen Wasser verbrühten Hand weitere Beachtung zu schenken, stürmte er aus der Küche heraus. Im Eingang zum Wohnzimmer blieb er stehen, sodass ich nicht an ihm vorbeisehen konnte. Für eine Sekunde erwartete ich fast, er würde sich auf Sasuke stürzen für seine beleidigenden Worte mir gegenüber. Natürlich hätte ich es besser wissen müssen. „Ich schlage vor, du gehst jetzt, ANBU“, sagte Itachi eisig. Er machte sich nicht einmal die Mühe, Sai bei seinem Namen anzusprechen. „Aber-“ „Der Tee ist alle“, behauptete er in einem eindeutig drohenden Tonfall. „Komm morgen wieder vorbei. Oder, wenn ich es mir recht überlege, komm überhaupt nicht mehr vorbei!“ Ich konnte nichts anderes tun, als Itachis breiten Rücken mit offenem Mund anzustarren. Was zum Teufel war hier los? Hatte ich irgendetwas verpasst? Warum war Itachi so wütend? Ich war doch diejenige, die allen Grund hatte, ihrem Zorn freien Lauf zu lassen! Eigentlich wollte ich Sai in Schutz nehmen, wollte die Brüder für ihre Unhöflichkeit ausschimpfen. Aber mir hatte es erstens schlichtweg die Sprache verschlagen und zweitens war es angesichts dieser Spannungen vermutlich ganz gut, wenn Sai das Uchiha-Anwesen verließ. Umgehend. Das schien auch der ANBU zu begreifen. Er verabschiedete sich so höflich wie möglich von den Brüdern. Dann wollte er auch mir Auf Wiedersehen sagen, aber Itachi versperrte effektiv den Eingang zur Küche, sodass ich ihm nur eine rasche Entschuldigung zurufen konnte. Dann schloss sich die Tür hinter ihm und ich war allein mit zwei stinksauren Uchiha. Ohne eine wirkliche Ahnung, was ich eigentlich falsch gemacht hatte. Kapitel 6: Geburtstagsparty --------------------------- Hi Leuz, ich bin immer wieder verwundert, wie viele von euch meine ff auch nach Monaten noch lesen. Aber gut. Ich habe mich diesmal beeilt, auch wenn es deswegen etwas kürzer ausgefallen ist. Wirklich erstaunt hat mich allerdings, dass nur einer von euch wirklich gesagt hat, dass Sasuke im letzten Kapitel OOC war. Habt ihr anderen euch nicht getraut, mir das an den Kopf zu werfen?^^ Es stimmt natürlich, aber das war ja geplant von mir. Wenn Sasuke so einen Spruch raushaut, dann kann man sich sicher sein, dass da weitaus mehr dahinter steckt, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Also bleibt immer schon dran an der Story und verurteilt Sasuke nicht zu früh^^ XxX Langsam verstand ich die Welt nicht mehr. Erst Sasukes merkwürdige Annährung. Dann sein vorgeheucheltes Interesse auf dem Markt. Seine verletzende Angeberei vor Sai. Und Itachis seltsame Reaktion darauf. Die Brüder hatten die Sauerei in der Küche natürlich mir überlassen. Kaum das ich das Haus einmal kurz verlassen hatte, um die Scherben weg zu bringen, waren sie auch schon vom Anwesen verschwunden. Typisch Uchiha. Hielten es offensichtlich nicht für nötig, mir auch nur den Hauch einer Erklärung für ihr Verhalten zu liefern. Bis Mitternacht wartete ich im Wohnzimmer auf die, aber niemand tauchte auf. Schließlich ging ich doch schlafen. Als sie schließlich am nächsten morgen zurück kamen, waren beide sehr missmutig und schwiegen mich genauso an wie einander. Diesmal fiel mir nichts ein, was sie hätte zum Reden bringen können. Aber eigentlich hatte ich auch gar keine Lust dazu. Sollten sie doch sehen, wo sie abblieben. Die nächste Woche haute ich ganz besonders mit Terminen voll. Sais Gesellschaft munterte mich auf und ich stand ihm noch einmal Modell, damit er Farbe in das Bild bringen konnte, dass ich Sasuke schenken wollte. Auch wenn ich inzwischen der Meinung war, dass er es gar nicht verdient hatte. Zum Glück verlor der ANBU kein Wort über den peinlichen Vorfall im Hause Uchiha. Trotzdem war klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Also überredete ich Sasuke, seinen Geburtstag ein wenig größer zu feiern und ein paar Leute einzuladen. Hoffentlich würde das die allgemeine Stimmung wenigstens ein bisschen heben. Zwei Tage vor der Party, die hauptsächlich im Wohnzimmer steigen sollte, machten mir die Brüder aber noch einmal einen Strich durch die Rechnung. Es war ein Donnerstag. Eigentlich hatte ich den Uchiha angesagt, dass ich bis abends wegbleiben würde. Doch mein letzter Termin – ein traumatisierter Ninja, der eine panische Angst vor Kunai entwickelt hatte – war kurzfristig ausgefallen. Saß im Gefängnis wegen Verdacht auf Drogenbesitzes. Man hatte ihn festgenommen, als er versucht hatte, seine Katze mit einem Kochlöffel zu erstechen. Zu erstechen, nicht zu erschlagen. Jedenfalls kam ich unerwartet früher nach Hause aus sonst. Kaum dass ich die Tür allerdings hinter mir geschlossen hatte, bemerkte ich etwas Seltsames. Erst konnte ich das Gefühl nicht ganz zuordnen. Dann jedoch konzentrierte ich mich stärker. Schließlich erhaschte ich eine Spur von... Rauch. Es roch nach Rauch, Hastig stürmte ich nach vorn und riss die Küchentür auf. Sasuke hatte doch nicht etwa versucht, zu kochen!? Zuzutrauen wäre es ihm, so seltsam, wie er sich in letzter Zeit benahm. Doch die Küche war leer. Da fiel mir ein, dass Sasuke ja heute gar nicht da war. Er hatte einen Termin im Verwaltungsgebäude, wo er sich nach einer Beschäftigung umsehen wollte. Aber woher kam dann der Geruch? Ich versuchte, ganz langsam und ruhig zu atmen und zu lauschen. Und tatsächlich, da waren Geräusch: das unheilverkündende Knacken von Holz, das unter enormer Hitze ächzt. Ein Knacken, das aus meinem Raum kam. Sofort war ich wieder in Bewegung und stürmte zu meinem Zimmer. Die Tür war offen. Erschrocken keuchte ich auf. Feuer! Überall war Feuer! Es leckte an den Wänden, es floss über den Boden. Helle Flammen, orange und rot und gelb. Schwarz kräuselten sich die Bilder und Plakate an den Wänden, die Sai mir geschenkt hatte. Braun und stinkend zerfiel das Papier zu Asche. Und inmitten dieses Infernos stand Itachi. Eine schwarze Silhouette gegen das Licht, wie ein Todesgott, wie ein Schatten. Vollkommen schwarz bis auf die roten Augen in dem weißen Gesicht. Der Mund fest zusammengepresst wie in einem letzten Versuch, seine Wut und Mordgier zu unterdrücken. Und dann sah er mich und keine Sekunde lang wich dieser unheimliche Ausdruck aus seinem Gesicht. Er stand nur da und sah mich an, während Flammen an seinem Mantel leckten. Ich schluckte. Tausende Bilder und Gesprächsfetzen rief ich mir ins Gedächtnis, Erkenntnisse meiner Ausbildung. Der Umgang mit gestörten Persönlichkeiten, mit tollwütigen Tieren, das Verhalten im Augenblick akuter Gefahr. Itachi brannte gerade mein Zimmer nieder. Itachi war zweifelsfrei gefährlich – aber nicht gefährlich für mich. Das glaubte ich nicht, das wollte ich nicht glauben. Wäre er sonst hier eingedrungen, zu einem Zeitpunkt, da klar war, dass ich nicht anwesend sein würde? Nein, ich glaubte nicht, dass Itachi wirklich die Kontrolle verloren hatte. Langsam streckte ich die Hand nach ihm aus. „Komm, Itachi. Komm raus, sonst verbrennst du dich noch“, sagte ich leise. Ich lächelte nicht, aber meine Stimme war sanft. Itachi sah mich überrascht an. Überrascht, nicht mehr kalt oder abweisend. Für einen Moment wirkte er wie ein Kind, das nicht verstand, was eine ausgestreckte Hand bedeutete. Dann kam er auf mich zu – und ging einfach an mir vorbei. Hitze rauschte den Gang entlang, als der das Zimmer verließ. Nicht schmerzhaft, nicht einmal unangenehm, aber doch spürbar. Ich seufzte und drehte mich ebenfalls um. Wann hatte ich aufgehört, Erklärungen zu fordern? Bedeutete das, dass ich aufgehört hatte, die Brüder verstehen zu wollen? Meine Gedanken in diesem Moment jedenfalls waren praktischer Natur. Ich musste hinaus auf die Straße. Irgendwo würde es bestimmt einen diensthabenden Ninja geben, der ein Wasserjutsu beherrschte. Das Feuer musste gelöscht werden. Ich musste mir eine passende Ausrede für den plötzlichen Ausbruch des Feuers einfallen lassen. Nachdenken konnte ich später. Erklärungen fordern konnte ich später. Nach Sasukes Feier – die jetzt unter freien Himmel würde stattfinden müssen, damit niemand den Schaden in der Wohnung sah. Es war erschreckend und ernüchternd zugleich, mich selbst dabei zu beobachten, wie ich ganz selbstverständlich als erstes auf Itachis Schutz und dann auf den meines Eigentums fixiert war. Erschreckend, weil es bedeutete, dass ich die Neigung der Brüder zu Verbrechen akzeptiert und als normal befunden hatte.Und ernüchternd, weil ich erkannte, dass ich es müde wurde, ständig durch die komplexen Charakterschichten der Brüder hindurchsehen zu müssen. Ernüchernd zu wissen, dass ich ihnen letztendlich doch nicht gewachsen war – und dass ich sie nicht würde aufhalten können. Ich konnte sie nur so akzeptieren, wie sie in all ihrer Gefühls- und Verhaltensvielfalt eben waren. Auch wenn ich mir immer weniger klar darüber war, wie diese Vielfalt aussah. Dann schließlich kam der Tag von Sasukes Geburtstag und mit ihm die Party. Ich bemühte mich nach Kräften, die Gäste bei Laune zu halten. Ich plauderte eine Weile mit Sakura, die zusammen mit einigen gleichaltrigen Ninja gekommen war. (Sai hatte auch auf der Gästeliste gestanden, aber irgendwer hatte ihn wieder ausgeladen.) Außerdem verteilte ich Getränke und Knabbereien. Sasuke selbst stand relativ entnervt mit einem Glas Cola in der Hand neben Naruto und ließ sich von ihm ein Ohr abkauen. Die Geschenke würde es erst heute abend geben, aber ich hörte mich bereits einmal unauffällig um, was der Uchiha von seinen Freunden bekommen würde. Es war nicht sehr überraschend, dass es sich in den meisten Fällen um brutale Tötungswerkzeuge handelte. Und was wäre eine Geburtstagsparty ohne ein kleines Liebesdrama? Als ich gegen Mittag eine kurze Pause einlegte, hörte ich leises Schluchzen. Neugierig folgte ich dem Geräusch und entdeckte ein schwarzhaariges Mädchen versteckt auf einer Bank hinter der Hausecke sitzend. Sie hatte ihr Gesicht in den Händen vergraben und versuchte offensichtlich, sich von einem Heulkrampf zu erholen. „Hey... Was ist denn los?“, fragte ich vorsichtig und ließ mich neben dem aufgelösten Mädchen nieder. Hilfsbereit bot ich der Schwarzharigen ein Taschentuch an, dass sie dankbar annahm. „Ich bin Sekina Chinatsu“, stellte ich mich erst einmal vor. „H-Hinata. Hyuuga, Hinata“, brachte sie zwischen zwei Schluchzern hervor. „Entschuldigung...“ Sie schnäuzte sich so unauffällig wie sie nur konnte und trocknete dann ihre Tränen. „Tut mir Leid“, sagte sie noch einmal. „Ich wollte Sie nicht von der Party weglocken.“ „Schon in Ordnung“, erwiderte ich und winkte ab. „Dafür bin ich schließlich da. Als Kummerkasten für all die traurigen Herzen dieser Welt.“ Ich tätschelte mitfühlend ihre Schulter. „Wie ist denn sein Name?“ „Sein... Name?“ „Der Name des Jungen, der dich so verletzt hat“, präzisierte ich. Hinatas Augen wurden ganz groß. „Woher wissen Sie...?“ Ich zwinkerte ihr aufmunternd zu. „Sind es nicht immer die Männer, die uns zum Weinen bringen?“ Sie lächelte mich schüchtern an, bevor sie ihren Blick wieder auf ihren Schoß lenkte. „Es ist Naruto-kun. Wissen Sie, ich bin schon seit der Akademie in ihn ver-verl- also, ich mag ihn eben und...“ Sie lief rot an und verstummte. „Aber du... hast es ihm nie gesagt?“, riet ich. „Doch! Das ist es ja gerade. Ich h-hab es ihm gesagt, schon vor f-fast einem J-Jahr, aber... Aber er hat nie etwas da-dazu gesagt“, schluchzte sie. „Er behandelt mich immer noch genauso wie früher und ich... Ich würde so gerne mehr Zeit mit ihm verbringen, verstehen Sie, aber er ist immer be-beschäftigt und dann hat er heute... heute zu mir gesagt, was für eine tolle Freundin ich für ihn bin und da h-hab ich gemerkt, dass ich... Dass ich...“ „Dass du eigentlich mehr sein willst“, vervollständigte ich den Satz. Sie errötete wieder und nickte. „Aber Naruto-kun ist doch immer noch in Sakura-chan verliebt und ich kann nicht... ich kann nicht...“ Mitfühlend legte ich meine Arme um das Mädchen, dass wieder zu Weinen begonnen hatte. „Ich werde niemals einen Freund haben“, heulte sie. „Naruto-kun sieht mich gar nicht als richtiges Mädchen. Ich bin nicht so hübsch wie Ino-san und nicht so selbstbewusst wie Sakura-chan... Ich werde immer nur hinter Naruto-kun stehen und er wird mich niemals richtig an-ansehen!“ „Shhhh... Nun ist ja gut...“, versuchte ich die junge Hyuuga zu beruhigen. „Du bist doch ein wunderschönes junges Mädchen. Du kommst aus einer der besten Familien Konohas und ich bin mir sicher, dass du ein sehr gutes Herz hast. Wenn Naruto-san sich nicht in jemanden wie dich verliebt, dann ist er selbst schuld. Ihm entgeht nämlich eine Menge!“ Doch meine Worte schienen nicht zu Hinata durchzudringen. Sie weinte sich nur weiter in meinen Armen aus und ich strich ihr beruhigend über das Haar. Und dann kam Itachi. Es war ein denkbar unpassender Augenblick, aber das kümmert diese Ninja ja nie. Er tauchte ganz plötzlich wie aus dem Nichts auf. Ich hob den Kopf und auf einmal stand er da. Obwohl ich ihn nicht hatte kommen hören, war ich nicht besonders überrascht. „Du wirst bei der Party gebraucht. In der Küche herrscht Chaos“, sagte der Ninja in seinem üblichen, emotionslosen Tonfall. „Nicht jetzt“, zischte ich und deutete vielsagend auf das weinende Mädchen in meinem Arm. Itachi warf einen abschätzenden Blick auf sie. Dann – zu meiner großen Überraschung – setzte er sich neben Hinata auf die Bank. Unsicher und sich ihrer Tränen peinlich bewusst sah sie ihn an. Itachis Augen wechselten die Farbe von schwarz zu rot. Ich sprang entsetzt auf, aber es war schon zu spät. Itachi hatte ihr Kinn angehoben, sodass sie ihm direkt in die Augen sehen musste. Dann begann er zu sprechen und seine Stimme war tief und dunkel, nicht sanft aber von einer hypnotischen Kraft, der selbst ich mich nicht entziehen konnte. „Du bist ein selbstbewusstes, starkes junges Mädchen. Du bist dir deiner tatsächlichen Schönheit bewusst. Irgendwann wirst du jemanden finden, der sowohl deinen Charakter als auch deinen Körper genauso liebt, wie er ist. Wenn das passiert, wirst du dich nicht schämen, dich dieser Person zu öffnen. Du bist zuversichtlich, dass du schon bald deinen Platz in der Welt finden wirst.“ Der magische Moment verflog. Hinata blinzelte einmal verwirrt, als Itachi von ihr abließ. „Was... Was ist passiert?“, fragte sie irritiert und sah von Itachi zu mir. „Na ja, du hast gerade...“ Ich hielt inne. „Geht es dir gut?“ „Ja.“ Sie lächelte und wischte sich mit einer fahrigen Geste die Tränen aus den Augenwinkeln. „Entschuldigen Sie bitte noch einmal, dass ich Sie gestört habe und vielen Dank für das Gespräch. Ich werde jetzt zu meinem Team zurückkehren, sonst macht Kiba sich wieder Sorgen, wo ich so lange bleibe.“ Sie runzelte die Stirn, als wäre ihr gerade etwas eingefallen. „Eigentlich macht er sich immer ungewöhnlich viele Sorgen um mich...“ Nachdenklich starrte Hinata vor sich hin, als sie von der Bank aufstand. Während sie langsam auf die Party zurückkehrte, breitete sich ein offenes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Einige Augenblicke sah ich ihr verblüfft hinterher. Dann drehte ich mich wieder zu Itachi herum und verschränkte herausfordernd die Arme. „Hypnose also, ja? Du solltest dich was schämen.“ „Weshalb?“, kam die kühle Antwort. „Man spielt nicht mit den Herzen der Menschen!“ „Ich habe ihr lediglich etwas Selbstvertrauen gegeben und ihren Blick für ihr Umfeld geschärft. Das ist alles.“ „Hrmph“, machte ich, nicht zufrieden mit der Erklärung. „Es ist in Ordnung“, betonte er. „Die Wirkung verfliegt nach spätestens drei Tagen, in denen sie immer schwächer wird. Wenn sie aber positive Resonanz von ihrem Umfeld bekommt, wird ihr das die Kraft geben, sich aus eigenem Antrieb zu ändern.“ „Oh“, machte ich. „Na, ich denke, dann ist es okay. Trotzdem, es ist verboten, Hypnose ohne die Einwilligung des Patienten einzusetzen! Du hättest ihr erklären müssen, was du machst.“ Und da mir einfiel, dass Itachi sich ja ohnehin wenig um Regeln scherte: „Warum hast du es überhaupt gemacht?“ „Weil ich keine Lust hatte, zu warten, bis du eine komplette Sitzung mit ihr durch hast. Also, kommst du jetzt? Du wirst auf der Party gebraucht.“ Ich starrte ihn wütend an. „Nein, ich komme nicht!“, fuhr ich ihn wütend an. Er erwiderte meinen zornigen Blick stumm. Ich seufzte, starrte zu Boden und malte sinnlose Kreise mit meiner Schuhspitze in den Sand. Auf einmal war ich sehr nervös. „Wie hast du... Ich meine, woher...“ Itachi blinzelte einmal. Das rot wurde wieder zu schwarz. „Ah, ja. Hätte ich mir denken können....“ „Hypnose und Analyse sind Grundvoraussetzung für die Kopierfertigkeit und die Illusionen des Sharingans“, bestätigte er meinen Verdacht. „Und kannst du... Ich meine, wie weit geht das? Kann man mit dem Sharingan Leuten befehlen...?“ „Das Sharingan ermöglicht keine komplette Kontrolle über den Menschen durch Hypnose, nein“, meinte Itachi und ich seufzte erleichtert auf. „Und ich dachte schon. Das wäre echt gruselig, wenn man mit einem Blick Leute dazu bringen könnte, alles zu tun, was man will...“ Itachi schwieg. Das machte mich misstrauisch. „Itachi...!“ „Das Sharingan ermöglicht keine-“ „Sag mir die Wahrheit!“ Er stockte. Sah zu Boden. Sah wieder mich an. „Diese Augenkunst ist lediglich eine Grundlage, Sekina. Eine solche tiefe Hypnose, wie du sie meinst, wäre eine vollkommen eigenständige und hochkomplizierte Kunst, bei der das Sharingan lediglich ein helfender Faktor wäre.“ „Und...?“ „Und...“ Er seufzte. „Und ich beherrsche diese Kunst. Ich und niemand sonst. Madara könnte davon gewusst haben, aber meines Wissens nach hat er so etwas nie eingesetzt. Ich habe es auch erst nach meinem vermeintlichen Tod gelernt, sonst hätte ich Madara vielleicht eher zum Kampf gestellt.“ „Sasuke-kun...“ „Weiß nichts davon. Das soll er auch nicht. Weder er noch irgendjemand sonst. Was dich einschließt.“ Mir lief ein Schauer über den Rücken. „Also... was jetzt?“, fragte ich nervös. „Hypnotisierst du mich, damit ich dieses Gespräch vergesse?“ „Nein“, sagte er ungewöhnlich fest. „Ich wende diese Technik nur in absoluten Notfällen an und niemals würde ich es bei dir tun, wenn du nicht darum bittest.“ „Es sei denn, das würde Sasuke-kun helfen“, widersprach ich mit einer Spur Verbitterung in der Stimme. „Nein“, flüsterte Itachi und ein seltsamer Ausdruck trat in seine schwarzen Augen. „Nein, nicht einmal dann.“ Überrascht sah ich ihn an. Eine der Welle der Zuneigung für Itachi überkam mich und ich musste lächeln. Selbst nach allem was er durchgemacht hatte konnte Itachi noch immer sehr gut recht von unrecht unterscheiden. Seine moralischen Grenzen waren so klar wie immer und es machte mich glücklich zu wissen, dass ich so hoch in seiner Achtung stand. „Danke“, flüsterte ich aufrichtig. Noch immer dieser seltsame Blick. Itachis rechte Hand zuckte, als könne er sich nicht entscheiden, ob er eine Bewegung machen wollte oder nicht. „Ich weiß das wirklich zu schätzen“, fuhr ich fort, „obwohl du mich ja nicht hypnotisieren müsstest, damit ich Sasuke-kun helfe.“ Er sah immer noch so ernst aus, deswegen versuchte ich, das Gespräch in eine ungefährlichere Richtung zu lenken. „Was schenkst du deinem Bruder eigentlich zum Geburtstag?“ „Gift“, antwortete Itachi sofort. Ich blinzelte. „Wie bitte?“ „Eine Erinnerung an das letzte Geschenk, dass ich von ihm erhalten habe.“ Damit spielte er auf das Medaillon mit der Gifttablette an, das Sasuke ihm durch mich hatte zukommen lassen, als dieser in Haft saß. „Aber... Das war doch vor Jahren! Da wusste er doch noch gar nichts und hat dich gehasst!“ Diesmal war es Itachi, der verwirrt blinzelte. „Sekina, solche Giftverstecke sind vollkommen normale Gebrauchsgegenstände. Sie sind zugleich Ninjawaffen und letzter Ausweg. Dass mein Bruder mir damals ausgerechnet dieses Geschenk gemacht hat, hat mir vor Augen gefühlt, wie viel ich ihm bedeutet habe, in beiderlei Hinsicht. Deswegen habe ich eine Kopie anfertigen lassen.“ „Oh“, machte ich nicht sehr intelligent. Ich hatte die Bemerkung als eine Art Scherz, oder, schlimmer noch, als Drohung aufgefasst. Das verdrehte Denken der Ninja wollte mir einfach nicht einleuchten. Mal wieder ein neues Fettnäpfchen gefunden, toll gemacht! Na ja. Wenn man es recht betrachtete, war die Vorstellung von den beiden Brüdern, die Halsketten im Partnerlook trugen, schon irgendwie... süß... „Willst du mal mein Geschenk sehen?“, fragte ich dann eifrig. Ich hatte es kurz bevor ich Hinata entdeckt hatte aus meinem Zimmer geholt, um es zu den anderen zu legen. Jetzt zog ich das eingerahmte Bild aus meiner Handtasche. Es war in durchsichtiges Geschenkpapier eingewickelt, weswegen Itachi das Motiv gut erkennen konnte. Stirnrunzelnd nahm er es von mir entgegen. „Sein Zimmer ist ziemlich kahl, dachte ich“, erklärte ich ihm, „kahl und unpersönlich. Wie eigentlich alle Ninja. Wozu lebe ich bei euch, wenn nicht, um ein bisschen Häuslichkeit in die Bude zu bringen?“ Itachis Finger fuhren die Konturen der beiden Vögel nach. Der Falke für Sasuke und die Krähe für Itachi. „Hast du das selbst gemalt?“ Ich lachte auf. „Gott bewahre, nein! Das könnte ich niemals so gut. Sai-san hat es gemalt und ich habe Modell gestanden. Was schon schwer genug war mit den Viech- äh, mit den Vögeln.“ Itachi erstarrte. Seine Hand verharrte wie eingefroren über dem Bild und er wandte langsam den Blick zu mir hoch. „Sai hat das gemalt? Der Junge aus deinen Sitzungen, der neulich hier war?“ Ich nickte nur. „Also... Hast du so viel Zeit mit ihm verbracht, weil du Sasuke-kun ein Geschenk machen wolltest...“ Ein gequälter Ausdruck trat auf sein Gesicht. Erschrocken sah ich ihn an. Diesen Ausdruck hatte ich erst zweimal bei ihm gesehen. Einmal vor Jahren als ich sein dunkles Geheimnis von selbst herausgefunden und ihn damit konfrontiert hatte. Und einmal vor gar nicht allzu langer Zeit im Konoha Gefängnis, als ich ihm klar zu machen versucht hatte, dass er aber jetzt nicht jeden Menschen bedrohen, verstümmeln oder töten konnte, der ihn angriff. Es war der Ausdruck, der auf sein Gesicht trat, wenn seine Maske zerbrach, ohne dass er beabsichtigte, sie abzunehmen. Es war der Ausdruck des schmerzhaften Verstehens. Der Ausdruck einer Akzeptanz, die es verlangte, dass er sein gesamtes Verhalten überdenken musste. Dieser Ausdruck machte mir Angst. Denn ich hatte keine Ahnung, wie dieses Bild ihn hatte hervorrufen können. Wortlos gab mir Itachi das Bild zurück. Jetzt war sein Gesicht wieder emotionslos und verschlossen. „Geh zurück auf die Party“, befahl er in einem Ton, der keine Widerrede zuließ. „Was zum – Itachi! Was ist denn los? Wo willst du hin?“ Aber der Ninja antwortete nicht. Ein paar Schritte nur ging er von mir fort, dann sprang er ab und war nur noch schemenhaft als eine einzige, schnelle Bewegung zu erkennen, als er den Garten verließ. Ich fühlte mich mal wieder wie bestellt und nicht abgeholt. Und dann kam mir ein schrecklicher Gedanke. Itachi wollte sein Verhalten ändern. Wenn er so plötzlich losstürmte, konnte das nur bedeuten, dass er eine getroffene Entscheidung rückgängig machen wollte. Dass er etwas verhindern wollte, dass er selbst eingeleitet hatte. Etwas, das mit Sai zu tun hatte. „Oh Scheiße“, murmelte ich und lief los. Hastig drängte ich mich mit Ellenbogen und hohen Absätzen durch die Menge der Partygäste. Ich sah mich panisch um. Da! Da vorne stand Sasuke, der sich diesmal von Ino anhimmeln ließ. Das hätte mir sofort verdächtig vorkommen müssen! Sasuke hätte sich doch eher in einer Ecke verkrochen, als sich mit seinen Freunden abzugeben! Es sei denn... Es sei denn, er wollte von möglichst vielen Leuten gesehen werden. „Hey, Sasuke.kun!“, rief ich und winkte ihm fröhlich zu. Er nickte grüßend in meine Richtung, als ich betont lässig auf ihn zukam. „Na, gefällt dir deine Party?“, fragte ich mit einem breiten Lächeln. Sasuke öffnete den Mund, um zu antworten, aber dazu ließ ich es nicht kommen. Ich schlug ihm einmal mit voller Wucht ins Gesicht. Ino kreischte auf und der Ring aus Partygästen wich erschrocken zurück. Aber das kümmerte mich nicht. Sasuke hatte keine Ahnung gehabt und auch nicht den geringsten Grund zum Verdacht, dass ich ihn angreifen würde. Der Überraschungsmoment war so extrem auf meiner Seite, dass er sich überhaupt nicht gewehrt hatte. Geschah ihm recht. Wenn irgendwer fragte, das war für die gemeinen Sachen, die er zu Sai gesagt hatte. Aber wenn ich Recht behielt... Bingo! Mein Schlag hatte Sasuke zwar nicht zu Boden geworfen, aber er war doch heftig genug, ihn zurücktaumeln zu lassen. Und mit einem lauten KNALL verschwand er in einer weißen Rauchwolke. Schattendoppelgänger. Nur mit einer geringen Menge an Chakra ausgestattet, da ja kein Angriff auf seine Person zu erwarten war – sonst hätte ich ihn nicht umhauen können. Ich hatte Sasukes perfektes Alibi zerstört. Und ich fragte mich mit Schaudern, wofür er es gebraucht hatte. Die Antwort war leider nur allzu offensichtlich. Kapitel 7: Der Plan eines Psychopathen -------------------------------------- Wieder etwas kürzer und wieder viel zu lange Wartezeit... Ich stecke in den ABiturprüfungen (wünscht mir Glück, morgen ist Chemie dran) aber was soll ich machen... wenn ich schon wieder Fan-ENS kriege!? Weswegen jetzt aber auch noch einige Rechtschreibfehler drin stecken können... Ich denke, der Inhalt wird euch für die Kürze des Kapitels entschädigen. Heute lasse ich nämlich ne Bombe platzen! Was allerdings auch bedeutet, dass die ff jetzt nicht mehr soooo unendlich lang werden kann. ___________________________________________________________________________ Die Situation konnte nur mit einem Wort beschrieben werden: bizarr. Es war bizarr, wie Sai da in den Trümmern lag, bewusstlos (hoffentlich) und kaum noch identifizierbar, das Gesicht eine dunkle Masse aus getrocknetem Blut und Tinte. Es war bizarr, wie die Uchiha-Brüder leise streitend daneben standen, ihre Kleider von Tinte durchtränkt aber offensichtlich unverletzt und ihr Opfer mit Nichtachtung straften – sah man einmal von Itachis Krähen ab, die den jungen ANBU hungrig beäugten. Und es war bizarr, dass Sasuke scheinbar geglaubt hatte, niemand würde seinen Anschlag bemerken – unabhängig davon, dass der Mangel an weiteren Konoha-nin darauf hin deutete, dass ihn tatsächlich niemand bemerkt hatte – und ihn zur Rechenschaft ziehen würde,wenn er einen Krater in die Stadt riss, der Sais Wohnung komplett auslöschte (welche, nur so nebenbei bemerkt, in der neuen ANBU-Ausbildungszentrale lag.) Bevor ich irgendetwas von dem Gespräch der beiden auffangen konnte,bemerkten die beiden meine Anwesenheit. Sasuke sah aus, als würde er meinen Namen gleich unter Sais auf seine to-kill-Liste setzen. Itachi hingegen hatte seine desinteressierte Miene wieder aufgesetzt, als ich wütend auf sie zu stapfte. „Okay“, sagte ich und stemmte die Arme in die Hüfte. „Erklärung!“ Sasukes Kiefer mahlten, dich er antwortete nicht, warf nur Itachi einen wütenden Blick zu. „Es ist nicht so, wie es aussieht“, sagte dieser schließlich und ich lachte humorlos. „Ach nein, schon klar. Das sieht ja auch gar nicht so aus, als hätte Sasuke-kun in einem krankhaften Anfall von Eifersucht ein Attentat auf Sai gestartet, während du ihn auch noch gedeckt hast.“ „Nein, tut es auch nicht“, rief Sasuke zornig, „sonst wärst du schließlich nicht hier! Itachi, warum zur Hölle hast du mich aufgehalten?!“ „Weil deine Motive widerlegt wurden“, meinte der ältere Uchiha langsam. Er deutete auf mich. „Sie kümmert sich nicht wirklich um den Jungen.“ Ich schnappte empört nach Luft, doch der Ninja fuhr einfach fort: „Seit sie hier ist, hat sie sich nicht einmal auch nur nach seinem Befinden erkundigt, geschweige denn seinen Puls gefühlt. Anstatt sofort zu ihm zu laufen und ihm zu helfen, kam sie her um uns auszuschimpfen.“ Jetzt war ich wirklich langsam stinkig. „Wenn tot ist oder schwer genug verletzt, damit er stirbt, könnte ich ihm ohnehin nicht helfen. Man kann schließlich nicht von einer Jede-Sekunde-Zählt-Situation ausgehen, wenn ich schon allein zwanzig Minuten bräuchte, um einen Heiler zu finden. Da verwende ich meine Kraft lieber darauf, sicher zu stellen, dass ihr nicht gleich wieder auf ihn losgeht oder ihn im Krankenhaus erdrösselt oder so. Das ist ja wohl nur logisch!“ „Exakt“, erwiderte Itachi ungerührt. „Das ist genau die Reaktion, die ein Ninja zeigen sollte. Ein trainierter Killer, für den alle anderen nur Werkzeuge, keine Kameraden sind. Wenn du dich wirklich um ihn kümmern würdest, solltest du nicht in der Lage sein, hier logisch zu denken.“ Ich schluckte. Eins zu Null für Itachi. „Vielleicht bedeutet Sai ihr nichts“, knurrte Sasuke, „aber dieser Typ kümmert sich eindeutig zu viel um sie.“„Wer? Sai?“ Ich lachte auf. „Ich bitte euch. Er ist ein Soziopath. Klinisch gesehen“, fügte ich rasch hinzu. „deswegen ist er ja bei mir in der Therapie., aber so ein schwerer Fall braucht eben Zeit...“ „Umso schlimmer! Wenn dieser Psychopath dir was antut-“ „Soziopath“, berichtigte ich Sasuke sofort, „nicht Psychopath. Soziopathen sind Menschen, die keinerlei Empathie haben, die Gefühle anderer Menschen weder erkennen, noch verstehen können oder gar wissen, wie sie darauf reagieren sollen. Mit den richtigen Regeln und etwas Ehrgeiz kann man das überwinden. Ein Psychopath dagegen ist jemand, der sehr wohl die Gefühle anderer erkennt. Sie interessieren ihn nur einfach nicht. Das ist der Unterschied zwischen Sai und dir, Sasuke-kun.“ „Willst du damit sagen, ich bin ein Psychopath!?“, fragte Sasuke aufbrausend. „Nein, das will ich nicht. Aber es ist ein kleiner Schritt vom Egoisten zum Psychopathen. Wenn ihr nicht einander hättet, hätte ich euch alle beide schon längst dieser Schublade zugeordnet.“ Die Ninjabrüder starrten mich an. Ich war schon ein wenig stolz, ihnen so dreist die Stirn geboten zu haben, obwohl Sasuke immer noch ein Kunai in der Hand hielt. Ungeduldig tippte ich mit der Schuhspitze auf den Boden. „Also – warum wimmelt es hier noch nicht von ANBUs?“ „Jubiläumsparty. Das Gebäude war leer. Darum liegt eine Illusion, die ungebetene Gäste fernhält“, erwiderte Itachi tonlos. „Fein. Dann beeilt euch mal alles aufzuräumen, während ich Sai ins Krankenhaus bringe.“ Ich ging hinüber zu Sai und stemmte den Bewusstlosen hoch (ja, da war noch ein Puls, Gott sei Dank!) Dann machte ich mich daran, mir meinen Weg aus den Trümmern zu kämpfen. Sasuke und Itachi standen stumm in der Mitte des Kraters, ersterer inzwischen mit verschränkten Armen. „Glaubst du, ich bin ein Psychopath?“, fragte er plötzlich. Itachi drehte ganz langsam den Kopf zu ihm und sah ihn wortlos an. Sasuke trat von einem Fuß auf den anderen und wandte schließlich den Blick ab. „Bastard.“ * (Drei Tage später) Klonk. Klonk. Klonk. „Hör auf damit. Du machst die ganzen Shuriken kaputt.“ Itachi wandte seinem Bruder langsam den Kopf zu. Sie waren allein auf der Lichtung. Itachi saß auf einem Baumstumpf und warf Shuriken nach einer Zielscheibe, die dreihundert Meter weiter an einem Baum hing. Immer wieder traf er die Mitte so perfekt, dass ein Shuriken das jeweils vorangegangene traf. Obwohl der Ninja die Wurfsterne nur lässig aus dem Handgelenk warf, wie man etwa einen flachen Stein über die Oberfläche eines Sees werfen mochte, damit er davon abprallte, lag genügend Kraft in der Bewegung, dass die Shuriken zersplitterten, wenn sie auf einander trafen. Sasuke, der mit verschränkten Armen neben ihm an einem Baum lehnte, beobachtete ihn missmutig. Itachi holte den nächsten Shuriken aus seiner Tasche. Klonk. Niemand im Dorf wusste, wer die ANBU-Ausbildungszentrale zerstört hatte. Sai litt an vorübergehender Amnesie. Sekina hatte einen ganzen Tag und eine ganze Nacht an seinem Krankenbett verbracht und ihm die Symptome eingehämmert, bis er sie überzeugend nachspielen konnte. Weiß der Teufel, warum er dem zugestimmt hatte. Danach hatte sie ihren Diagnosebericht bei Tsunade abgegeben, die die Sache zu den Akten gelegt hatte. Vorrang hatte, festzustellen ob irgendwelche geheimen Dokumente verschwunden waren. Immerhin könnte es sich ja um einen feindlichen Angriff von außerhalb handeln. Inzwischen war klar, dass außer Sai niemand verletzt und auch nichts gestohlen worden, ja die geheimen Aufzeichnungen der Jutsus, die es in der Zentrale gegeben hatte, nicht einmal angerührt worden waren. Natürlich war Tsunade misstrauisch, aber bis zum Beweis des Gegenteils handelte es sich hierbei um einen (wenn auch nicht simplen) Fall von Vadalismus. Klonk. „Jetzt hör schon auf damit! Das geht mir auf die Nerven.“ Ungerührt zückte Itachi den nächsten Wurfstern.. Sasuke packte sein Handgelenk und starrte ihn aus wütenden, roten Augen an. „Was ist eigentlich dein Problem!?“ Schweigen. Kalte Augen. „Geht's wieder um sie? Ist es das?“ Sasuke ließ ihn los, stellte sich bewusst in die Schussbahn vor die Zielscheibe. „Es mag meine Idee gewesen sein, aber du warst geradezu begeistert davon und hast sofort zugestimmt, mich zu unterstützen.“ Itachi sah ihn böse an. „Vergiss es, das zieht nicht! Du hast mir immer noch nicht gesagt, warum du mich aufgehalten hast. Oder warum du überhaupt zugestimmt hast, wenn man es so sieht.“ „Du wolltest Sekina haben. Sai stand dir im Weg. Ich hatte vor dir zu helfen, das Problem zu beseitigen“, meinte Itachi monoton. „Als sich herausstellte, dass Sai dir nicht wirklich im Weg steht... entstand ein Ungleichgewicht im Kosten-Nutzen-Verhältnis. Wir sind noch einmal davon gekommen. Wäre der ANBU gestorben, gäbe es eine weitaus gründlichere Untersuchung.“ „Ja, schon klar, aber warum hast du dann überhaupt erst zugestimmt? Wir wären vermutlich beide aus dem Dorf geflogen.“ „Wenn du das weißt, warum hast du es dann riskiert? Es hätte unauffälligere Methoden gegeben.“ „Oh, tja, ich weiß nicht“, meinte der jüngere Uchiha sarkastisch. „Ich habe mich wahrscheinlich von meinen Gefühlen verleiten lassen. Ich war blind vor Eifersucht! Was ist deine Ausrede?“ Itachi starrte ihn für einen Moment ehrlich überrascht an. Vermutlich stellte er sich gerade dieselbe Frage. „Ist ja auch egal“, gab Sasuke schließlich ganz unverhofft von sich und ließ sich neben Itachi zu Boden fallen. „Ich werde nicht aufgeben. Irgendwann kriege ich diese Frau schon noch.“ Itachi blinzelte. „Du willst sie immer noch?“ „Natürlich! Jetzt steht mir ja keiner mehr im Weg, richtig?“ Itachi wandte den Blick ab, als wären seine Hände auf einmal furchtbar interessant. „Das ist nicht gut, Nii-san“, sagte er plötzlich leise. Sasuke hob ruckartig den Kopf. Er war immer Sasuke-kun, an guten Tagen auch mal Otoutou, aber Nii-san... „Was ist nicht gut?“, hakte er nach. „Ich habe es dir schon einmal gesagt“, flüsterte Itachi. „Sekina hat viel für uns getan. Selbst jetzt hat sie Sai überredet, uns zu decken. Wenn du so mit ihr spielst... Das ist nicht der Dank, den sie verdient.“ „Na und? Kümmert mich doch nicht. Ich bin ein Uchiha, ich kriege immer was ich will.“ Itachi wandte den Blick zum Himmel, holte tief Luft. „Sasuke-kun, ich meine es ernst. Du solltest damit aufhören.“ „Nein“, meinte Sasuke einfach, trotzig. Da sah ihn Itachi wieder an, mit einem merkwürdigen, schmerzhaften Funkeln in den Augen. „Was kann ich tun, damit du sie in Ruhe lässt?“ Sein Bruder zuckte mit den Schultern. „Mir einen Grund nennen, warum ich das tun sollte?“ „Weil ich es so will.“ „Warum?“ „Sie hat es... eben nicht verdient.“ „Du meinst, ich habe sie nicht verdient?“ Sasuke sprang zornig auf. „Willst du das damit sagen?“ „Sasuke-kun...“ „Ein toller Bruder bist du mir! Du solltest auf meiner Seite stehen!“ „Sasuke-kun, du weißt, dass ich das immer tun werde-“ „Warum bestehst du dann darauf, hm? Ich versteh das echt nicht!“ Jetzt war auch Itachi aufgestanden. „Merkst du nicht, dass du ihr nur weh tust-“ „Scheiß drauf! Du redest nur Unsinn. Warum sollte ich sie in Ruhe lassen?“ Irgendetwas klickte. Mit einem Mal hatte Itachi den Jüngeren am Kragen gepackt und drückte ihn gegen den Baumstamm, an dem er vorhin gelehnt hatte. „Weil ich sie haben will!“, stieß er hervor. Sasuke starrte Itachi an. Itachi starrte Sasuke an. Fast sofort ließ der Ältere seinen Bruder los und trat einige Schritte zurück. Verwirrung erfüllte seinen Blick, als könne er selbst nicht glauben, dass er diese Worte gerade wirklich ausgesprochen hatte. Er sah kurz ungläubig von seinen Händen zu Sasuke, der sich den Hals rieb, wo Itachi zugepackt hatte. „Sasuke, ich-“ „Schon okay.“ Sasuke schnappte sich die Wasserflasche, befeuchtete seine Hände und rieb sich den Nacken, den Blick nachdenklich zum Himmel gerichtet. Itachi sah auf einmal schrecklich schuldbewusst aus. „Ich-“, versuchte er es wieder, aber Sasuke winkte nur ab. „Schon okay! Die Nachricht ist angekommen.“ Er trank einen Schluck, bevor er die Flasche an Itachi weiterreichte. Zögernd nahm dieser sie entgegen. „Ich würde das nicht tun, wenn ich glauben würde, dass du, nun, wirklich etwas für sie empfindest“, flüsterte er. „Ist mir klar.“ „Ich wollte auf keinen Fall, dass dieser Sai ihr nahe kommt. Der ist nun wirklich nichts für sie, aber... Ich kann dir nicht mehr bei deinen Versuchen helfen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.“ „Schon klar.“ „Das bedeutet nicht, dass ich... Du bist mein Bruder, Sasuke-kun. So etwas sollte nie zwischen uns stehen und-“ „Hältst du jetzt endlich mal die Klappe?!“ Itachi zuckte zusammen, doch entgegen seiner Vermutung sah Sasuke nicht böse aus. Im Gegenteil, er... grinste!? „Hast du wirklich geglaubt, ich würde auf Sekina stehen?“ Itachi blinzelte. „Ich bitte dich! Du bist wirklich sowas von blind, oder? Ha! Diesmal hast du meine Illusion nicht durchschaut.“ Langsam setzte sich Itachi wieder auf den Baumstumpf. „Ich bin ganz Ohr.“ Sasuke schüttelte lächelnd den Kopf. „Es war offensichtlich, dass zwischen euch beiden was läuft. Naja, zumindest in deinem Kopf. Wie du sie angesehen hast, wie du über sie gesprochen hast... Selbst wie du geschwiegen hast. Du mochtest sie. Sekina ist meine Therapeutin, quatsch, sie ist fast schon wieder so etwas wie eine zweite Mutter für mich, so wie sie sich immer aufführt. Aber es wäre eine Schande gewesen, ihr Potenzial zu verschwenden, dieses Potenzial, eine solche Anziehung auf uns auszuüben.“ Er zuckte mit den Schultern. „Also habe ich mich daran gemacht, euch miteinander zu verkuppeln.“ Itachi blinzelte. „Wie bitte?“ „In Phase eins hab ich nur beobachtet, wie ihr zueinander steht. Phase zwei bestand darin, sie von etwaigen anderen Freunden zu isolieren und gleichzeitig dir einzuhämmern, dass sie zu uns, zu unserer Familie gehört. In Phase drei habe ich dich auf Sai aufmerksam gemacht, in dem ich Streit vom Zaun gebrochen habe. Das sollte dich darauf vorbereiten, sie besonders gegen männliche Einflüsse zu beschützen. Tja, und in Phase vier hab ich dann so getan, als wäre ich interessiert an ihr. Das sollte einerseits dich eifersüchtig machen, mit dem Ziel, dass du selbst erkennst, was du für sie fühlst und deinen Beschützerinstinkt wecken, wegen der Art und Weise, wie ich mit ihr umging. Andererseits sollte es Sekina von mir weg und in deine Arme treiben, der Einzige, der wegen der Isolation noch übrig war. Aber ich gebe zu, ich habe unterschätzt, wie sehr du dich an mich klammerst.“ „Ich soll klammern!?“, fragte Itachi empört. „Und wie! Du hast ja ewig gebraucht, um mich hier zur Rede zu stellen. Du wolltest partout nicht in eine Situation geraten, in der du mit mir um die gleiche Frau kämpfst. Für mich hättest du sogar deine Liebe aufgegeben – wie rührend, aber in diesem Fall störte es meinen Plan.“ Zu sagen, dass Itachi schockiert war wie kaltblütig sein Bruder über sein Gefühlsleben herzog, wäre eine Untertreibung gewesen. Dennoch versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen, als er fragte: „Und was war dein Plan?“ „Idiot“, sagte Sasuke ungewöhnlich sanft. „Was er schon immer war. Mein Ziel ist, dich glücklich zu sehen. Und das Einzige, was dich jemals glücklich gemacht hat, ist Familie. Unsere Familie kommt nicht mehr zurück, also musst du eine neue gründen. Das Band zu dieser neuen Familie muss stärker sein als das alte – als dein Band zu mir. Deswegen musste ich warten, bis du bereit warst, dich für Sekina gegen mich zu stellen.“ Itachi sah weg. „Das ist verrückt.“ „Das ist der Plan eines Psychopathen. Natürlich ist das verrückt. Aber wenn du jetzt noch zögerst, dann nur, weil du Sekina nicht verletzen, weil du sie nicht verlieren willst. Was wiederum zeigt, dass du tatsächlich zumindest schon ein klein wenig in sie verliebt bist.“ Sasuke klaute Itachi die Wasserflasche und grinste wieder. Itachi hatte ihn noch nie so grinsen sehen. „Meine Mission ist damit abgeschlossen. Jetzt geh und hol sie dir!“ Kapitel 8: Ein Windhauch ------------------------ Gottverdammt. Es ist allen Ernstes schon ein halbes Jahr her, seit ich zuletzt gepostet habe. Das tut mir Leid. Wirklich. Aber die ff ist zu gut um mich zu zwingen, daran weiter zu schreiben. Solche Dingen müssen per Spontaninspiration kommen. Verzeiht ihr mir für die lange Wartezeit? Ihr kriegt auch nen Kuss! XxX „Könntest du das freundlicherweise für mich wiederholen, Sasuke-kun? Ich glaube, ich habe dich nicht so recht verstanden.“ „Ist irgendetwas mit deinen Ohren nicht in Ordnung? Ich hab gesagt: Ich mach Schluss!“ Geräuschvoll knallte ich das halbe Dutzend Bücher, das ich mir aus der psycholgischen Abteilung der Bibliothek ausgeliehen hatte, auf den Wohnzimmertisch. Ich war stinkwütend. „Wie zum Teufel kannst du Schluss machen, wenn wir nie zusammen waren?!“ Der Bastard grinste spöttisch. „Hängst du doch so sehr an mir?“ Ich hatte nicht übel Lust, ihm eine zu knallen. Oder noch besser, ihm eines der Bücher über den Kopf zu ziehen. „Zwischen uns war nie was und wird auch niemals was sein, kapiert?!“, keifte ich zornig. Normalerweise hätte ich einen solchen Ton natürlich nicht angeschlagen. Ein Uchiha war schließlich wie eine Zeitbombe, deren Ticken man nicht hören konnte. Man wusste nie, wann sie hochgehen würde. Obwohl Sasukes Verhalten höchst kindisch gewesen war, hatte ich doch nicht ausschließen können, dass er es mit seinen angeblichen Gefühlen zu mir ernst gemeint hatte. Wer wusste schon, wie sich solche Symptome bei einem wie ihm äußerten? Jeder reagiert anders auf die Liebe. Also war ich vorsichtig gewesen, bemüht ihn nicht zu verletzen, aber dennoch durchblicken zu lassen, dass ich nicht interessiert war. Aber jetzt, wo Sasuke mit seinem für ihn so typischen machohaften Verhalten bewiesen hatte, dass tatsächlich die ganze Zeit über nichts ernst gemeint gewesen war, hatte ich keinerlei Skrupel, ihn zumindest ein wenig anzuschreien. Erst recht, wo Itachi gerade in der Küche war. Diese war durch eine Wand vom Wohnzimmer getrennt, die einem nur bis zur Hüfte ging, sodass er das ganze peinliche Gespräch mitbekam, während er unbeeindruckt seinen Tee schlurfte. „Dürfte ich wenigstens erfahren, was diesen plötzlichen Sinneswandel ausgelöst hat?“, fragte ich betont ruhig. Sasuke zuckte lässig mit den Schultern. „Itachi hat endlich zugegeben, dass er auf dich steht.“ Ein prustendes Geräusch sagte mir, dass selbiger gerade die Hälfte seines Tees in hohem Bogen wieder ausgespuckt haben musste. Langsam wandte ich mich in seine Richtung. Itachi wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und warf Sasuke einen sharinganblitzenden Todesblick zu. Ich drehte mich wieder zu dem jüngeren Bruder um. „Sehr witzig, wirklich“, meinte ich, meine Stimme triefend vor Sarkasmus. „Dann sag's mir eben nicht. Aber wehe dir du verstreust irgendwelche Gerüchte, von wegen du wärst mit mir zusammen gewesen!“ Ich sammelte meine Bücher wieder ein, die Zornesfalte immer noch auf meiner Stirn. „Hat sich eigentlich Sai mal wieder bei dir gemeldet?“, fragte Sasuke, als ich gerade auf mein Zimmer gehen wollte. Ich schickte ihm einen Todesblick, der locker mit dem von Itachi mithalten konnte. „Nein, hat er nicht“, erwiderte ich kurz angebunden. Sai war zwar bereits aus dem Krankenhaus entlassen worden – es war vier Tage her seit er eingeliefert worden war – aber er hatte trotzdem nicht mit mir Kontakt aufgenommen, sah man von der Notiz in meinem Briefkasten ab, dass er glaube jetzt genug von menschlichen Bindungen zu verstehen und unsere Sitzungen beenden wollte. Der außerordentlich selbstzufriedene Ausdruck auf Sasukes Gesicht sagte mir jedoch, dass Sai wahrscheinlich einfach nur genug Drohungen erhalten hatte, um ihm endlich so etwas ähnliches wie einen Selbsterhaltungstrieb zu vermitteln. Noch war zwar kein Bewohner mit Uchihaphobie zu mir gekommen, aber bei dem Tempo das die beiden vorlegten, konnte es nicht mehr lange dauern. Wobei dann wohl aber niemand zu mir kommen würde... wahrscheinlich würde man mir einfach ein Auslandsjahr finanzieren oder so und einen anderen Experten herholen. Auf das er in Frieden ruhe. Ich ließ also einen immer noch grinsenden Sasuke im Wohnzimmer zurück und machte mich daran, die Bücher in das kleine Regal in meinem Schlafzimmer einzusortieren. Gerade hatte ich nur zwei Patienten: ein Shinobi, der einfach keinen Gefallen mehr fand an gewöhnlichem Essen, weil er Jahre lang im Einsatz nur von Nahrungspillen gelebt hatte und ein Bengel aus der Akademie, der vortäuschte depressiv und suizidgefährdet zu sein, von wegen jetzt da Frieden ist gibt es ja keine ordentlichen Missionen mehr und die Ninjawelt ist zum Aussterben verurteilt. In Wirklichkeit suchte er allerdings nur Aufmerksamkeit, um seine miserablen Leistungen zu überspielen und vielleicht eine Ausrede zu haben, die Schule komplett sausen zu lassen. Das waren nun nicht allzu schwierige Patienten, aber es war immer interessant, sich mit den größeren Problemen der menschlichen Psyche auseinander zu setzen. Dafür beschaffte ich mir regelmäßig neue Literatur. Ich hatte etwa fünf Minuten in einem der Wälzer geblättert, als mich ein leises, fast wollte man sagen zaghaftes Klopfen aufschreckte. „Herein“, sagte ich, überrascht dass die Brüder überhaupt klopften. Normalerweise ließen sie mich hier in Ruhe. Wenn es mal einen Notfall gab, kamen sie einfach hereingeplatzt (und dann meist auch nicht gerade durch die Tür). Der Lautstärke nach zu urteilen war es Itachi. Meine Vermutung bestätigte sich sogleich, als der ältere Bruder zögernd die Tür öffnete. Merkwürdig verloren stand er für ein, zwei Sekunden im Rahmen und sah sich um. Wie ein Schlag traf es mich, dass er ja noch nicht gesehen hatte, wie ich das Zimmer eingerichtet hatte, nachdem es vor vier Tagen fast gänzlich ausgebrannt war. Noch war es natürlich kahl und ich hatte auch noch nicht gestrichen, sodass die Wände teilweise noch rußbeschmutzt waren. Das wiederum musste Itachi zwangsläufig daran erinnern, dass er es gewesen war, der den Brand gelegt hatte. Ich hatte bis heute nicht erfahren, warum er das getan hatte. Ich hatte nie gefragt und auch nicht vor, es jetzt zu tun. Man sollte es nicht meinen, aber ich hänge an meinem Leben. „Komm doch rein“, lud ich ihn rasch und mit einem Lächeln ein, bevor er die Situation noch skurriler machte, indem er um Erlaubnis fragte. Itachi trat langsam ein. Er trat so vorsichtig ein, als fürchtete er, der Boden könnte unter ihm zusammen brechen. Oder als wolle er verhindern, dass das Holz knarrte und jemandem verriet, das er hier war. Die Tür schloss sich mit einem Klick. „Ich muss mich bei dir entschuldigen“, sagte Itachi, so leise, dass es fast ein Flüstern war. „Für meinen Bruder.“ Ich blinzelte überrascht. Selten hörte ich Itachi Sasuke wirklich als seinen Bruder bezeichnen. „Ist schon in Ordnung. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass es endlich vorbei ist. Ich hatte begonnen, mich wirklich komisch in seiner Nähe zu fühlen.“ Itachi ließ sich neben mir auf dem Bett nieder, der einzigen Sitzgelegenheit in dem kleinen Zimmer. Wieder so langsam und vorsichtig, als fürchtete er, etwas zu zerbrechen. „Was meinst du mit 'komisch'?“, fragte er. Ich war ein wenig für ihn beiseite gerückt und sah ihm jetzt in die Augen. Sie waren immer noch rot, was mich ein wenig erschaudern ließ. Doch nein, diesmal war es mehr als das. Itachis Augen waren leicht geweitet und so fixiert auf mich, als wolle er mich mit seinem Blick buchstäblich in Ketten legen. Obwohl ich gerade zu einer Antwort angesetzt hatte, kam ich jetzt ins Stottern und war nicht mehr in der Lage, mich von diesem Blick loszureißen. „Ähm, also ich meine... Nicht komisch im Sinne von schlecht, es ist nur – Also, vielleicht ein wenig unkomfortabel, weißt du, es hat einfach nicht gestimmt und...“ Ich ließ die Worte ausklingen, nicht wissend was ich mir eigentlich dabei dachte, überhaupt den Mund aufzumachen. Er sollte aufhören, mich so anzusehen! „Glaubst du es hat... Etwas zerstört?“, fragte Itachi so neutral, dass es fast schon verdächtig war. Auf meinen fragenden Blick hin führte er aus: „Es wird immer gesagt... Dass es Freundschaften zerstört, wenn einer von beiden plötzlich... tiefere Gefühle entwickelt.“ Ich schüttelte den Kopf und lächelte beruhigend. „Mach dir darüber keine Sorgen. Weder bei mir noch bei Sasuke-kun ging es um irgendwelche tieferen Gefühle. Im Grunde war es nur das alberne Gehabe eines Teenagers. - Entschuldige, lass das bloß nicht Sasuke-kun hören...“ Itachi nickte, als hätte er etwas in der Richtung bereits erwartet. „Das ist gut. Ich weiß nicht, ob wir alles hätten vergessen können, wenn es anders gewesen und dann zu Bruch gegangen wäre.“ „Da hast du recht. An dieser kleinen Weisheit ist durchaus etwas dran. Wenn aus einer Freundschaft plötzlich mehr wird und man merkt, dass es doch nicht funktioniert.... Nun, dann ist es so gut wie unmöglich, erneut eine Freundschaft aufzubauen. Ich weiß nicht genau warum, aber ich wüsste kein einziges Beispiel, bei dem das geklappt hätte. Beide Parteien fühlen sich einfach nicht mehr wohl in der Nähe des jeweils anderen. Da ist oft die einzige Lösung, den Kontakt komplett abzubrechen.“ „Dann hätte Sasuke-kun niemals behaupten dürfen, er würde etwas für dich empfinden, selbst wenn es gestimmt hätte“, sagte Itachi. Es klang wie eine Schlussfolgerung, deshalb neigte ich meinen Kopf leicht in Überlegung und meinte: „Nicht unbedingt. Wenn Sasuke-kun es ernst gemeint hätte, sich aber, zu Recht, unsicher gewesen wäre, ob ich seine Gefühle jemals erwidert hätte, wäre er mit Sicherheit daran zu Bruch gegangen, ständig seine wahren Emotionen vor mir verbergen zu müssen. Und mich wiederum hätte es traurig gemacht, ihn als meinen Freund so leiden zu sehen, ohne zu wissen, was dahinter steckte. Je nach Tiefe der Gefühle bricht man den Kontakt am besten entweder gleich ab, wenn so etwas aufkommt, oder man gesteht und hofft das Beste. Es ist immer ein Risiko. Man hat eine Freundschaft zu verlieren und eine Liebe zu gewinnen. Sämtliche Philosophen stimmen jedoch darin überein, dass das Risiko in diesem Fall es durchaus wert ist, eingegangen zu werden. Ob man es letztendlich tut oder nicht, hängt nur noch vom Mut und Charakter der Person ab.“ Itachi legte den Kopf leicht schräg und dachte über meine Worte nach. „Nun, du als Psychologin musst es ja wissen“, meinte er schließlich mit einem leichten Lächeln. Ein unangenehmes Schweigen trat ein. Itachi sah mich noch immer an, aber unter seinem brennendem Blick fühlte ich mich immer unwohler. „Was... liest du da?“, fragte er schließlich, ohne das Buch in meinen Händen auch nur eines Blickes zu würdigen. „Oh, ähm, da geht es um Multiple Persöhnlichkeitsstörung. Ganz interessant“, sagte ich lahm. „Tatsächlich? Willst du mir davon erzählen?“ Jetzt wurde ich wirklich misstrauisch. Wer war dieser Ninja und was hatte er mit Itachi gemacht? Was sollten diese Fragen? Itachi mochte sich für Sasuke verantwortlich fühlen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er sich für seinen Bruder entschuldigte, wenn der etwas falsch machte. Der Shinobi musste irgendeinen anderen Grund haben, hier zu sein, Was für einer mochte das sein? Ich hatte keine Ahnung, aber Itachi hatte mir unfreiwillig ein oder zwei Hinweise gegeben. „Hör zu, das interessiert dich doch nicht wirklich. Du bist... Verzeihung, aber du bist wirklich schlecht in Smalltalk. Das steht dir einfach nicht. Wenn du etwas sagen willst, dann sag es... Und wenn nicht, dann lass es eben bleiben. Du brauchst dich in meiner Gegenwart nicht zu verstellen.“ Wieder ein kurzes Schweigen. „Gut“, sagte Itachi schließlich, machte aber keine Anstalten, mir irgendetwas zu erklären. Also sagte ich nach einem Moment auch nur „Gut“, zuckte mit den Schultern und kehrte zu meiner Lektüre zurück. Ich hatte erwartet, dass er nun aufstehen und gehen würde. Fast fühlte ich mich ein wenig schlecht, ihn so unhöflich unterbrochen zu haben. Aber er sah nicht beleidigt aus und, wichtiger noch, er machte keinerlei Anstalten zu gehen. So saßen wir beide da, auf meinem Bett, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Ich las mein Buch und Itachi... saß einfach nur neben mir und sah mich an. Am Anfang machte mich sein Blick noch nervös. Aber er sagte kein einziges Wort mehr und rührte sich nicht. Seine Bewegungslosigkeit glich jedoch mehr der einer Eidechse, die sich im Freien sonnt, als einem lauernden Raubtier oder einer steifen Steinstatue. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er auf irgendetwas wartete und so gelang es mir nach einiger Zeit, mich zu entspannen. Die nächsten Tage waren seltsam. Sasuke hatte endlich den Job im Bauamt angenommen: Er überwachte die Arbeiter und stauchte sie regelmäßig zusammen, wenn auch nur ein einziger Balken um Millimeter von den Plänen abwich – was er mit seinem Sharingan ganz gut feststellen konnte – während er selbst lustlos an ein paar Entwürfen arbeitete. Erst als ich ihn darauf hinwies, dass er in seiner Position aktiv an der Stadtplanung teilnehmen konnte und uns bald einen größeren Haushalt planen könnte, im Stadtzentrum bei den anderen Clans, fand er mehr Gefallen daran. Auch ich kümmerte mich jetzt mehr um meine Arbeit. Stunden verbrachte ich mit lesen oder arbeitete Notizen zu meinen Patienten durch. Und immer öfter war Itachi an meiner Seite. Wenn ich früh morgens aufstand war er in der Küche, meist wusch er das Geschirr vom gestrigen Abend ab. Er war ein miserabler Koch, deswegen fragte ich ihn gar nicht um Hilfe, wenn ich das Frühstück machte. Er saß nur am Küchentisch und beobachtete mich. Dann aßen wir mit Sasuke zusammen, der dann zu seiner Arbeit verschwand. Ich begann dann zu lesen und, wenn ich welche hatte, zu meinen Sitzungen zu gehen. Itachi saß immer an meiner Seite und begleitete mich stets bis zu dem neuen Therapieraum, den Tsunade mich im Krankenhaus hatte einrichten lassen. Obwohl ich ihm nie sagte wie lange ich brauchen würde, war er stets pünktlich zur Stelle, um mich danach wieder abzuholen. So pünktlich, dass ich langsam den Verdacht entwickelte, er würde in der Zwischenzeit auf dem Dach hocken und auf mich warten oder so etwas in der Art. Wir gingen dann meistens gemeinsam in der Stadt essen. Den Nachmittag verbrachten wir in ähnlicher Weise und abends sah Itachi mir wieder zu, wie ich das Abendbrot machte, bis Sasuke kam. Das ging etwa eine Woche so. Itachi folgte mir beinahe überall hin und obwohl ich an sich nichts dagegen hatte, machte es mich doch unruhig, den Grund dafür nicht zu wissen. War ihm einfach nur langweilig? Itachi benahm sich wie ein Ninja auf einer Bodyguard-Mission. Fürchtete er, mir könnte irgendetwas passieren? Irgendwann beschloss ich, dass es so nicht weiter gehen konnte. Wenn Itachi in meiner Nähe sein wollte, konnte er das auch tun. Liebend gerne, um genau zu sein, denn wer würde sich da in meiner Lage nicht geschmeichelt fühlen? Aber da konnte er mir genauso gut auch in meinem Job helfen. Ich kannte Itachi und wusste, dass es ihm nicht gut tun würde wenn er jetzt, wo er endlich wieder so etwas wie eine Familie hatte, ständig allein gelassen wurde. Er brauchte Gesellschaft und da Sasuke jetzt einen Job hatte, versuchte er natürlich so viel Zeit wie möglich mit mir zu verbringen: Das war zumindest der einzige logische Grund, der mir einfallen mochte. Aber die anderen Konoha-nin würden das nicht unbedingt verstehen und bald misstrauisch werden. Ihnen musste ich einen handfesten Grund bieten, warum der Nuke-nin mich auf Schritt und Tritt begleitete. Den Grund fand ich, als eines Tages ein vollkommen fertig aussehender Drogenabhängiger in meine Praxis gestolpert kam, der sich einfach nur dazu überwinden wollte, eine Entziehungskur zu machen. Da erinnerte ich mich an eine Szenerie, die noch gar nicht so lange zurück lag: Damals hatte Itachi Hinata mit nur einem Blick und ein paar geflüsterten Worten dazu gebracht, von ihrem Schwarm Naruto abzulassen und sich mehr auf ihr Umfeld zu konzentrieren. Sie und Kiba waren seit einiger Zeit ein Paar, hatte ich gehört. Als also dieses Häufchen Elend zu mir kam, rief ich Itachi zu mir, setzte meinen schönsten Wimpernblick auf und bat ihn, sein kleines Kunststück zu wiederholen. Nur fünf Minuten später verließ der Drogenabhängige meine Praxis, voller Enthusiasmus und Lebensfreude und fest entschlossen, sein Leben zum besseren zu ändern und die Finger von Drogen zu lassen, egal wie sehr es anfangs auch schmerzen würde. Weitere solcher Fälle folgten und bald schon verbrachte ich mit keinem Patienten mehr als zwei Sitzungen, bis sie geheilt waren. Was wieder dazu führte, dass ich viel zu viel Freizeit hatte. Aus lauter Langeweile bat ich Itachi irgendwann, mir ein paar Ninja-Tricks beizubringen. Nur die Grundlagen, Shurikenwerfen und Bäume hochlaufen und so, aber es machte mir überraschender Weise eine Menge Spaß. So verging die zweite Woche und mittlerweile sah man Itachi und mich fast nur noch zusammen. Ab und an warf mir Sasuke einen wissenden Blick zu. Sein Bruder fuhr fort mich zu beobachten und gab sich nicht einmal Mühe, es zu verbergen. Am Anfang hatte ich gedacht das ginge vorbei, aber nun konnte ich nicht anders, ich musste den Grund wissen. Erfahrung hatte mich gelehrt, dass es nur eine Art gibt, von einem Uchiha eine klare Antwort zu erhalten: Wenn man vorgibt, sie schon zu kennen. Also begann ich nun meinerseits, Itachi zu beobachten. Ich beobachtete ihn im spiegelnden Glas der Schränke in der Küche, wenn er hinter mir stand. Ich zählte wie oft am Tag er mich ansprach und wie oft andere Menschen. Ich beobachtete seine Haltung wenn er mir, Sasuke, oder einem Fremden gegenüber stand. Das Ergebnis hätte mich nicht erstaunen sollen. Itachi war voll und ganz auf mich fokussiert. Wenn wir allein waren galt seine Aufmerksamkeit nur mir. Wenn er nicht selbst anwesend war, zählte ich mindestens fünf rotäugige Krähen in der näheren Umgebung. Wenn wir in Konoha spazieren gingen, war seine Haltung angespannt, als würde er sich bereit machen, jeden Moment vor mich zu springen und einen Kunaihagel abzufangen oder so etwas. Doch ich bemerkte auch, dass ich mich seinem Verhalten unwillkürlich angepasst hatte. Aus irgendeinem Grund spürte ich, wenn er den Blick auch nur eine Sekunde von mir hob und sah sofort auf, um herauszufinden was los war. Wenn er sich bewegte, bewegte auch ich mich. Nie verspürte ich die Lust etwas zu sagen, wenn wir beide still lesend beieinander saßen. Aber die meisten Informationen zog ich aus seinen Blicken. Wenn ich ihn ansah, dann war es, als wolle er in mein Innerstes, in meine bloße Seele blicken. Doch wenn ich ihn heimlich beobachtete, wie er mich beobachtete, dann erhaschte ich manchmal einen merkwürdigen Ausdruck der Sehnsucht in seiner Miene. Itachi behandelte mich wie etwas furchtbar Kostbares, das es zu beschützen galt. So zerbrechlich, dass er nicht wagte es zu berühren. Schließlich stellte ich Sasuke darüber zur Rede. „Itachi-san benimmt sich seit einiger Zeit wirklich merkwürdig“, sagte ich leise zu ihm, als selbiger gerade im Bad und damit außer Hörweite war, „und langsam mache ich mir Sorgen. Es ist als ob...“ Ich zögerte und biss mir nervös auf die Unterlippe. Ach, was soll's. Irgendwann musste ich es ja einmal aussprechen. „Sasuke-kun, hat dein Bruder dir gegenüber irgendwann einem erwähnt ob er.... Ob er vielleicht irgendwelche romantischen Gefühle mir gegenüber hegt?“ Da! Es war raus. War doch gar nicht so schwer. Sasuke sah mich ungläubig an. „Das... Das merkst du erst jetzt!? Ich hab schon vor Wochen versucht dir das zu verklickern!“ Nun war ich es, die ihn ungläubig anstarrte. „Wie bitte?“ Doch der Uchiha schüttelte nur den Kopf. „Echt, und ich habe gedacht du wärst clever.“ Damit wandte er sich von mir ab und verschwand um zur Arbeit zu gehen. Tief in Gedanken versunken musste ich mich erst einmal setzen. Konnte es wirklich sein... dass Itachi in mich verliebt war? Nein, falsche Frage. Verliebtsein war etwas für Kinder und Teenager. Wenn ich schon annahm, dass jemand der so kalt und... zerbrochen wie Itachi war, romantische Gefühle hegte, dann musste ich zwangsläufig davon ausgehen, dass sie sehr viel tiefer gingen als nur eine kleine Schwärmerei. Uchiha machten keine halben Sachen. Ich musste davon ausgehen, dass er mich aufrichtig und mit all seinem Wesen liebte... was zweifellos sein Verhalten erklären könnte. Aber... Aber was? Gab es denn ein 'aber' in dieser Angelegenheit? Ich selbst hatte Itachi gesagt, dass die Liebe es wert sei, eine Freundschaft zu riskieren. Vielleicht konnte ich nicht mit derselben uneingeschränkten Absolutheit sagen, dass ich diese... intensiven Gefühle erwiderte. Doch, machen wir uns nichts vor, ich war auch nicht abgeneigt von der Vorstellung, eine Beziehung mit ihm einzugehen. Was eigentlich seltsam war. Bei Sasuke war es mir noch vollkommen unmöglich erschienen. Nicht nur wegen dem Altersunterschied, sondern einfach... Ja, wegen seinem Charakter. Aber mit Itachi... Wenn man es ganz genau nahm, benahmen wir uns schon lange wie ein Liebespaar. Ich mochte es wie er all seine Aufmerksamkeit auf mich richtete. Oh ja, ich gefiel mir in der Rolle der Sonne in seinem Planetensystem und bei dem Gedanken, dass das auch in Zukunft so weiter gehen würde, schlug mein Herz schneller. Analytisch betrachtet war alles, was unsere Beziehung von der eines Pärchens trennte die, äh, körperliche Seite. Okay, jetzt wurde mir wirklich warm. Verdammt, wenn ich jetzt rot wurde und Itachi kam und mich sah... Natürlich kam Itachi gerade in diesem Augenblick aus dem Badezimmer. Offensichtlich hatte er geduscht, denn seine Haare waren nass und fielen ihm offen über den Rücken. Oh nein, mit der körperlichen Seite hätte ich gewiss keine Probleme. „Chinatsu-san? Ist alles in Ordnung?“, fragte Itachi, als er zu mir herüber kam. Wann hatte er noch einmal angefangen, mich bei meinem Vornamen zu nennen? Es musste irgendwann um die Zeit herum gewesen sein, als Sasuke 'mit mir Schluss gemacht' hatte. „A-alles in Ordnung“, brachte ich hervor und wandte eilig den Blick ab. Doch fast sofort zog es meine Augen wieder zu ihm zurück, als er sich neben mir auf dem Sofa niederließ. Für einen Moment trafen sich unsere Blicke. Liebte ich ihn? Ich wusste es nicht. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals einen anderen Menschen wirklich auf diese Weise geliebt zu haben. Mir war klar, würde ich Itachi wählen, so wäre das kein Vergleich mit den Beziehungen, die ich bisher hatte. Es wäre... Ja, es wäre etwas Großes. Es wäre etwas, das mein ganzes Leben für immer verändern würde. Vielleicht wäre es sogar das Ziel meines Lebens. Als ich Itachi so in die Augen sah, da wusste ich, dass ich das wollte. Ich wollte es mit jeder Faser meines Seins. Dennoch könnte ich es niemals verantworten, nur von ihm zu nehmen, wenn ich nichts geben konnte. Ich konnte nicht so mit ihm zusammen leben, wenn ich ihn nicht liebte. Das wäre einfach nicht fair für ihn. Meine Gefühle waren ein aufgeregter Wirbelsturm in meinem Bauch. Da war so viel in mir und irgendwo, sicher, da war auch Liebe. Aber ich wusste nicht, ob sie groß genug war. Doch dann hob Itachi langsam die Hand und wie die Flügel eines Schmetterlings, so hauchzart strichen seine Fingerspitzen über meine Wange. Und da war so viel Liebe in seinen Augen – so offensichtlich, wie hatte ich das nicht sehen können? - dass es genug für uns beide war. Mir wurde klar, dass niemand Itachi jemals so lieben würde wie ich. Selbst wenn ich ihn zurück wies, er würde niemals wieder jemanden finden, für den er so empfand. Zum einen verband uns dafür einfach schon zu viel, zum anderen... Ich glaubte nicht, dass Itachi genug Liebe für einen zweiten Versuch würde aufbringen können. Wenn man das alles beachtet.... dann habe ich eigentlich gar keine andere Wahl, dachte ich glücklich, als meine Lippen schließlich die seinen berührten. Hätte ich mich nicht so langsam zu ihm vorgebeugt, dann wäre Itachi sicher zurückgezuckt wie ein junges Rehkitz. So aber weiteten sich seine Augen nur in Erstaunen. Nach einer Sekunde des Zögerns kam er mir entgegen und seine warmen Lippen gegen meine waren das herrlichste Gefühl auf der Welt. Ich spürte wie seine Hand zitterte als ich sie ergriff und ließ langsam von ihm ab. Nun waren seine Augen weit aufgerissen und ich sah ein neues Gefühl darin. Angst. Panik. Itachi sprang so schnell auf, dass es mich beinahe vom Sofa geworfen hätte. Ich hatte noch nicht einmal Zeit zu blinzeln, da war er auch schon aus dem Raum. „Huh“, murmelte ich, mehr als nur überrumpelt. „Da ist aber jemand schüchtern.“ * So ziemlich am anderen Ende von Konoha starrte Itachi keuchend auf einen Haufen Kleinholz hinab. Das war alles, was von den Trainingspuppen übrig geblieben war. „Verdammt!“, knurrte er verzweifelt und brachte dem nächsten Baum einen kräftigen Hieb mit dem Unterarm bei. Doch auch dieser Schmerz konnte das stetig aufwallende und zugleich drückende Gefühl in seinem Magen nicht übertünchen. Schließlich sank der Ninja auf einer nahen Bank zusammen und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Was war nur los mit ihm? Er hatte endlich wieder ein wenig Fröhlichkeit in seinem Leben gefunden. Er hatte das Licht in der Dunkelheit gesehen, jenes Licht, von dem er nicht wusste, dass er sich sein ganzes Leben lang danach gesehnt hatte. Anfangs hatte es ihn geblendet, aber nun, wo er sich endlich so weit daran gewöhnt hatte, dass er es genießen konnte... Nun das. Als Chinatsu ihn geküsst hatte... Es war überwältigend gewesen. Unbeschreiblich und doch gleichzeitig der schönste Moment in seinem Leben, seit er zum ersten Mal seinen kleinen Bruder im Arm gehalten hatte. Doch dann hatte er sie angesehen – und plötzlich war alles voller Blut gewesen. Sie hatte ihn mit derselben tiefen Zuneigung betrachtet wie seine Mutter, kurz bevor er sie getötet hatte. 'Wir verstehen', hatte sein Vater gesagt, als Itachi mit dem Schwert vor sie getreten war. Mit einem Mal war ihm klar geworden, dass Chinatsu genauso war – auch sie würde nur lächeln und sagen, dass sie ihn verstünde, dass sie ihm verzieh, wenn er je mit erhobener Waffe auf sie zukommen würde. Itachi konnte es nicht ertragen. Er konnte die Liebe dieser Personen nicht ertragen, wenn er doch alles zerstört, jeden umgebracht hatte, der ihm jemals solche Zuneigung entgegen gebracht hatte. Oh, natürlich, da war Sasuke. Doch auch wenn Itachi wusste, wie tief Sasukes Gefühle für ihn gingen, so würde der jüngere Uchiha sie niemals aussprechen. Sasuke würde ihn nie auf diese Art und Weise ansehen, mit dieser vollständigen Akzeptanz. So viel sie einander auch bedeuteten, das änderte nichts daran, dass Sasuke sich damals anders entschieden hätte. Er hätte eher zu den Uchiha gehalten, das ganze Dorf niedergemetzelt und sich dann der Welt entgegen gestellt, als seine Familie zu verraten. Nichtsdestotrotz war Itachi Sasuke wichtiger als der Clan. Das war der einzige Grund, warum sie es unter einem Dach aushalten konnten. Das war der Grund, warum sie noch immer zusammen funktionierten. Trotzdem war zu viel zwischen ihnen vorgefallen, als dass Sasuke ihn jemals so vollständig akzeptieren könnte, dass er seine Gefühle ihm gegenüber offen zeigte. Sollte Itachi seinen Bruder jemals verlieren, so würde sein gesamter bisheriger Lebensinhalt dahinsterben. Alles, wofür er je gekämpft hatte, würde für ihn umsonst sein. Und doch versprach ihm Chinatsus bloße Existenz eine Zukunft. In diesem einen Moment, da ihm klar wurde was einmal sein könnte, da erkannte er auch den Schrecken, den ihr Verlust nach sich ziehen würde. Sollte Chinatsu jemals etwas zustoßen, so würde Itachi erneut in dieselbe Hölle zurückgeworfen werden. Egal was der Auslöser wäre, ihr Blut würde an seinen Händen kleben, der er unfähig war sie zu beschützen. So viel hatte er in seinem Leben aufgegeben, dass der bloße Gedanke daran, noch einmal etwas so Kostbares zu verlieren, ihn in die Flucht getrieben hatte. * Als Itachi die ganze Nacht über weg blieb, war mein erster Gedanke, dass ich einen furchtbaren Fehler begangen hatte. Was fiel mir ein, ihn einfach so zu küssen?! Was wenn ich alles missverstanden hatte und Itachi mich gar nicht liebte? Was wenn er es tat aber nie gewollt hatte, dass ich es herausfand? (Okay, in dem Fall hatte er sich aber nicht gerade viel Mühe gegeben.) Aber am nächsten Morgen war er wieder da und nichts schien sich verändert zu haben. Noch immer folgte Itachi mir auf Schritt und Tritt und wenn möglich war die Sehnsucht in seinen Augen nur noch größer geworden. Nur das sie jetzt vermischt war mit einer ungesunden Menge Schmerz. Er erwähnte den Kuss mit keiner Silbe, auch nicht als Sasuke ihn fragte was zum Teufel er verpasst hatte. Ich tat es ihm gleich und war nur dankbar, dass er meine Nähe nicht mied. Am Abend saßen wir beide wieder, wie schon so oft, auf meinem Bett während er mich beim Lesen beobachtete. Es gab nur eine Veränderung. Irgendwann im Laufe der ersten halben Stunde hatte er seine Hand sanft auf meine gelegt, die zwischen uns auf der Decke ruhte. Obwohl mein Herz sofort doppelt so schnell zu schlagen begann, hatte ich nicht von meinem Buch aufgesehen. Ein kleines Lächeln hatte ich dennoch nicht unterdrücken können. Keiner von uns sagte etwas, aber das Nebeneinandersitzen machte gleich dreimal so viel Spaß. Ich denke es war diese kleine Geste, die mich schließlich zu meinem waghalsigen (und vollkommen verrückten) Vorhaben ermunterte. Sobald mir die Augen schwer wurden, zog ich mich für gewöhnlich ins Badezimmer zurück, erledigte meine Katzenwäsche und zog mir meine Schlafsachen an. Dann kuschelte ich mich in mein Bett und oft saß Itachi dann immer noch an dessen Ende und blieb bei mir, bis ich eingeschlafen war. So war es auch heute. Mit dem Unterschied, dass ich mir meine Schlafsachen diesmal nicht mit ins Bad nahm. Als ich zurückkam beobachtete mich Itachi wie er es immer tat. Wenn er etwas bemerkt hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Ich holte mein Nachthemd hervor, legte es auf das Bett und machte Anstalten, mir mein Shirt über den Kopf zu ziehen. Da gab Itachi einen Laut, halb Räuspern, halb Würgen von sich. Ich sah zu ihm herüber, als hätte ich mich eben erst daran erinnert das er da war – und grinste. Dann zog ich mein Oberteil aus und warf es in eine Ecke. Itachi lief rot an und wandte hastig den Blick ab. Bei Kami, war das süß! Unglücklicherweise (für Itachi) stand ich zwischen ihm und der Tür. Auch wenn er zum Fenster wollte, hätte er an mir vorbei gemusst. Was bedeutet hätte, mir näher zu kommen. Ohne ihn aus den Augen zu lassen öffnete ich meinen BH und ließ auch ihn zu Boden fallen. Itachi wurde noch röter und räusperte sich erneut. „Sekina-san – muss das wirklich sein?“, brachte er schließlich erstickt hervor. Oh, jetzt war ich also wieder Sekina? Für einen winzigen Augenblick huschten seine Augen zu mir – und sofort wieder weg, als er sah, dass meine Hände zu meinem Rock wanderten. „Du bist derjenige, der mich auf Schritt und Tritt verfolgt“, flüsterte ich, während ich den Rock aus- und mein Nachthemd anzog. Dann kroch ich über das Bett zu ihm, ignorierte seinen panischen Blick und umarmte ihn sanft von hinten. „Hast du wirklich geglaubt, das hätte keine Konsequenzen?“, flüsterte ich in sein Ohr. Mir war nur zu bewusst, dass er meine Brüste durch den dünnen Stoff des Nachthemdes an seinem Rücken spüren musste. Itachis ganzer Körper stand unter solcher Anspannung, dass ich mir sicher war er würde jeden Moment aufspringen und davonlaufen – schon wieder. Ich lächelte traurig und drückte ihm einen sanften Kuss auf den Nacken. „Ist schon gut“, murmelte ich und ließ von ihm ab. Müde kroch ich unter die Decke und schloss die Augen, um Itachi Raum zu geben, still und leise wie ein Windhauch aus meinem Zimmer zu verschwinden. Doch stattdessen hörte ich, wie er aufstand und langsam an meine Seite des Bettes trat. Ich öffnete die Augen nicht, um seinem brennenden Blick zu begegnen, doch als seine Fingerspitzen sanft über mein Haar strichen, lächelte ich leicht. Als ich seine Lippen jedoch einen Moment später auf meiner Stirn fühlte, war ich doch etwas erstaunt. „Gute Nacht, Chinatsu-chan“, flüsterte der Ninja. Erst dann verschwand er still und leise wie ein Windhauch aus dem Zimmer. Kapitel 9: Nägel mit Köpfen --------------------------- Es war nun offiziell: Itachi und ich waren zusammen. Ich hatte keine Ahnung wie das passiert war (obwohl ich ganz stark Sasuke im Verdacht hatte) aber am nächsten Morgen schienen wir Gesprächsthema Nummer eins in Konoha zu sein. Obwohl ich selbst kein Problem damit hatte, fürchtete ich es könnte Itachi zu viel werden. Ich wollte mit ihm zusammen sein und ich war mir auch sicher, dass er mich liebte, aber seine Reaktionen auf meine harmlosen Annährungsversuche zeigten mir deutlich, dass er mit der Situation überfordert war. Die letzten zehn Jahre oder so hatte er praktisch von Ninjaregeln gelebt. Man konnte nicht einfach von ihm erwarten, dass er ohne Probleme in den Normaler-Bürger-Modus umschaltete. Was wir hatten war im Grunde perfekt und vollkommen simpel. Aber für jemanden, der ständig nach der Kehrseite der Kehrseite Ausschau hielt, galten nicht dieselben Regeln wie für Normalsterbliche. So berührte mich Itachi zum Beispiel niemals, wenn wir in der Öffentlichkeit waren. Ab und an jedoch nahm ich seine Hand in meine und lächelte zu ihm hinauf, um ihm zu bedeuten, dass ich kein Problem damit hatte, der Welt unsere Beziehung zu zeigen. Denn nichts anderes war es, auch wenn wir noch ganz am Anfang standen. Es hatte keine Liebesgeständnisse, kein dummes „Willst du mit mir gehen?“ gegeben und doch fühlte es sich mit einmal richtig an, von uns als Paar zu denken. Wenn Itachi sich unter den neugierigen Blicken und dem leisen Getuschel der Dorfbewohner allzu sehr versteifte, gab ich ihm stets einen kleinen Kuss auf die Wange, grinste und zog ihn weiter. Es schien zu helfen, denn auch wenn er mich jedes Mal etwas verwirrt ansah, entspannte er sich auch sichtlich und manchmal erntete ich sogar ein Lächeln. Doch selbst wenn wir allein waren, waren die Gelegenheiten, bei denen er auf mich zukam, rah gesäht. Meist war ich es, die den Kontakt suchte, die ihm abwesend über das Haar strich oder ihm einen unschuldigen Kuss stahl. Wann immer er meine Zärtlichkeiten erwiderte, tat er es so vorsichtig und behutsam, als würde er mir alle Zeit der Welt geben wollen, vor ihm zurückzuweichen, ja fast als würde er darauf hoffen. Manchmal schien es mir, als warte Itachi darauf, dass etwas Schreckliches geschehe. Darauf dass ich entführt wurde um ihn zu erpressen oder ich auf einmal nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte, weil irgendeiner seiner Feinde mich erpresste oder irgendetwas anderes. Unter anderen Umständen wäre seine Sorge vielleicht sogar berechtigt gewesen – immerhin war er ein ehemaliger Nuke und Akatsuki, noch dazu ein Uchiha. Aber wir hatten Frieden. Die Ninjadörfer hatten ein großes Bündnis geschlossen und alle waren viel zu erleichtert, dass der Krieg endlich vorbei war, als dass sie danach getrachtet hätten, jemand anderes Glück zu zerstören. Natürlich bedeutete das nicht, dass es gar keine Probleme gab. Bereits jetzt verließen einige Ninja die Dörfer und schlossen sich dem kriminellen Untergrund an, einfach weil es für sie keine Missionen mehr gab und sie Geld brauchten. Aber das war nichts, was uns betroffen hätte, zumal alle Feinde Itachis, die man in der Richtung hätte ernst nehmen können, das Zeitliche gesegnet hatten. Ich wollte Itachi auf keinen Fall zu etwas drängen, zu dem er noch nicht bereit war. Gleichzeitig war mir klar, dass Körperkontakt in einer Beziehung wichtig war, wenn man Vertrauen aufbauen und dem anderen helfen wollte, sich zu öffnen. Nur wenn Itachi in meiner Nähe all seine Sorgen vergessen und sich fallen lassen konnte, wäre ich in der Lage seine Seele zu heilen. Ich begann (zugegebenermaßen nicht ganz uneigennützig) mit kleinen Dingen. Beispielsweise wenn ich mich auf dem Sofa zusammenrollte und meinen Kopf in seinen Schoß legte, bis er anfing mich zu kraulen. Immer öfter bat ich ihn mir Kunaiwerfen oder dergleichen beizubringen, nur damit ich hinterher über Rückenschmerzen klagen und ihn mit zuckersüßer Stimme fragen konnte, ob er nicht Lust hätte mich zu massieren. Doch obwohl meine Bemühungen durchaus Fortschritte zeigten, schienen sie Sasuke nicht genug zu sein. Es reichte ihm nicht, uns verkuppelt zu haben, jetzt wollte er Nägel mit Köpfen machen. Okay, ja, es WAR lustig. Auf einer beinahe regelmäßigen Basis konnte man Sasuke und Ino (ausgerechnet Ino) im Wohnzimmer wild herumknutschen sehen, als wolle er seinem Bruder zeigen, wie das ging. Hin und wieder kam er auch mit TenTen nach Haus oder irgendeiner anderen Teenagerschönheit, die ich nicht kannte. Unnötig zu sagen, dass Itachi das ganz und gar nicht gefiel. Aber was er sich dann leistete, ging wirklich zu weit. * Mit schmutzigen Händen blätterte der Mann durch die Geldscheine. „Hm. Das ist echt viel“, knurrte er und sah auf. „Und kein Trick dabei? Die Göre ist keine Kunoichi oder so?“ Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Vollkommen harmlose Zivilistin. Die einzige Schwierigkeit besteht darin unbemerkt ins Haus zu kommen und niemanden aufzuwecken.“ „Hm“, machte der Mann wieder. „Mir gefällt die Sache nicht. Ich bin kein Krimineller.“ „aber du brauchst das Geld, oder etwa nicht? Dein Dorf, Kirigakure, brauch eine gute Psychologin. Bring sie einfach dorthin und lass sie sich da ansiedeln.“ „Warum tötest du sie nicht einfach, wen du sie loswerden willst?“ „Idiot! Konoha vertraut mir immer noch nicht vollkommen. Ich kann keine Leichen gebrauchen. Du sollst sie ja nicht töten, sie soll nur weg vom Fenster. Ist sogar zu ihrer eigenen Sicherheit. Sie geht meinem Bruder tierisch auf die Nerven. Wenn das so weiter geht bringt er sie um und dann hat er schon wieder das Gericht am Hals.“ „Verstehe! Und ich hatte schon geglaubt ich würde Itachi Uchiha hiermit wütend machen. Dann hättest du dir dein Geld sonstwohin schieben können.“ „Jetzt mach dir nicht in die Hosen. Aber sieh trotzdem zu das er nichts merkt. Er ist in letzter Zeit etwas launisch.“ „Okay, Deal. Hat mich gefreut mit dir Geschäfte zu machen, Sasuke Uchiha.“ * Bescheuert, nicht wahr? Ja, das meine ich auch. Als ich aufwachte bemerkte ich als erstes, dass ich an Händen und Füßen gefesselt war. Gebessert wurde meine Lage auch nicht gerade durch Augenbinde und Knebel. Mein Kopf tat höllisch weh und meine Glieder waren ganz steif. Ich konnte immer nur denken: Das ist jetzt nicht wahr! Offensichtlich war ich jetzt doch entführt worden. Ich lag auf dem blanken Erdboden. Der Temperatur nach zu urteilen war es später Abend. Man musste mich im Schlaf bewusstlos geschlagen oder betäubt und anschließend weggebracht haben. Als ich mich rührte hörte ich schwere Schritte und das Rascheln von Laub. Eine raue Hand nahm mir den Knebel aus dem Mund. „Gut, du bist wach. Ich geb dir was zu essen und dann geht’s weiter“, sagte eine tiefe Stimme, die ich nicht kannte. Meine Gedanken wirbelten rasend schnell umher. Was mochte die beste Strategie in solch einer Situation sein? Nun, hing von der Situation ab. „Wer sind Sie? Und was wollen Sie von mir?“, fragte ich mit einem leichten Zittern in der Stimme. Es war ein gutes Zeichen, dass mein Entführer mir die Augenbinde nicht abnahm. Das bedeutete, dass er nicht vor hatte mich umzubringen und seine Identität schützen wollte. „Keine Sorge. Solange du keinen Ärger machst, passiert dir nichts. Jetzt iss.“ Und damit wurde mir ein Löffel mit einem kalten Brei an den Mund gehalten. Ich drehte den Kopf weg. Langsam wurde ich wütend. „Was zur Hölle soll das? Warum entführen Sie mich!?“ Ein Seufzen. „Schrei doch nicht so laut. Sonst muss ich dich wieder knebeln und du kriegst nichts zu essen.“ Ich funkelte den Mann böse an, so gut das eben mit Augenbinde geht. „Sie wissen schon, dass sie, nun ja, so gut wie tot sind? Sie haben Ihr eigenes Todesurteil unterschrieben, als Sie Hand an mich gelegt haben!“ Kurze Stille. „Du bist keine Kunoichi...“, sagte der Mann unsicher. Und da fiel der Groschen. Mein Entführer war offensichtlich Ausländern. Niemand aus Konoha hätte es gewagt, mich zu entführen. Der einzige Grund warum das überhaupt jemand tun würde, wäre um Itachi weh zu tun und das wollte keiner von ihnen riskieren. Außerhalb von Konoha war ich aber nicht bekannt, was bedeutete, dass mein Entführer einen Informanten innerhalb des Dorfes hatte. Dieser hatte ihm offensichtlich nicht gesagt, dass ich einen übermäßig beschützerischen Freund hatte. Er ließ ihn glauben ich wäre eine harmlose Zivilistin. Ging man davon aus, dass mein Entführer absichtlich in diese Falle gelockt war, dann gab es für diese ganze beschissene Aktion nur zwei mögliche Erklärungen: Erstens, jemand wollte meinen Entführer umbringen, indem er ihn dafür bezahlte mich zu entführen und ihm so Itachi auf den Hals hetzte. Oder, Möglichkeit zwei... Sasuke war an allem Schuld. Ich seufzte schwer. „Okay, was hat er dir gesagt? Wo sollst du mich hinbringen? Nur in die nächste Stadt? Ganz aus dem Land heraus? In irgendein anderes Ninjadorf?“ Der Mann zögerte. „Kiri brauch auch dringend einen guten Psychologen“, sagte er schließlich. „Der Krieg hat einige Wunden hinterlassen.“ „Das ist die dämlichste Ausrede für eine Entführung, die ich je gehört habe“, erwiderte ich. „Ein Urlaubsprospekt mit Reisegutschein hätte es auch getan. Ehrlich, dem Jungen muss mal einer Manieren beibringen...“ „Du weißt-“ „Natürlich weiß ich. Was hat er dir erzählt, warum du mich mitnehmen sollst? Hm? Was auch immer, er hat gelogen. Er hat das nur getan, um Itachi zu ärgern. Der jetzt gleich hier auftauchen und kurzen Prozess mit dir machen wird.“ Jetzt war die Stimme des Mannes panisch. „Du glaubst, er wird mich töten!?“ „Um ehrlich zu sein wundert es mich, dass du noch am Leben bist...“ „Scheiße! Was soll ich denn jetzt machen!?“ Ich hörte das metallische Kratzen, als er ein Kunai zog. Böse. Gaaaaanz böse. Ich wollte dem Idioten gerade zurufen,dass er sich gefälligst flach auf den Boden werfen und die Hände über dem Kopf falten sollte, um möglichst harmlos auszusehen und sich um Gottes Willen nicht zu bewaffnen – da ertönte ein dumpfes thumb begleitet von dem Geräusch einer Flüssigkeit die auf den Boden spritzt. Zu spät. „Chinatsu! Chinatsu, bist du in Ordnung?“ Warme Arme umfingen mich und lange Haare kitzelten meinen Nacken als sich jemand über mich beugte. Itachi war da. Und so wie er sich anhörte, war er krank vor Sorge um mich. Nun hatte ich zwei Möglichkeiten. Ich könnte den armen Kerl beruhigen, ihm sagen das alles nur ein blöder Witz von Sasuke und ich nie wirklich in Gefahr gewesen war. Dann würde Itachis Sorge sich in Wut verwandeln und er würde gehen um seinen kleinen Bruder auszuschimpfen und außer ein paar blauen Flecken würde sich gar ncihts verändern. Oder ich könnte weinen und heulen und mich an Itachi klammern, von wegen ich hatte ja solche Angst und zum Glück ist mein Retter rechtzeitig gekommen, denn ich habe wirklich keine Ahnung, was dieser böse, böse Mann sonst alles mit mir angestellt hätte. Dann wäre Itachi gleich dreimal so panisch, dreimal so paranoid und ungefähr dreimal so beschützerisch wie sonst schon. Sobald wir zu Hause waren würde er das gesamte Anwesen mit Genjutsufallen belegen und niemanden mehr rein lassen der nicht zur Familie gehörte. Und wenn er damit fertig wäre, würde er mich auf Händen hinauf in mein (unser) Zimmer tragen, ich würde klagen das mir dieses und jenes weh tat und er würde sich davon überzeugen wollen,d ass ich nicht verletzt war und mit ein bisschen Glück würde das alles in einer heißen Nacht voller beinahe-hätte-ich-dich-verloren-Sex enden. Was zweifellos Sasukes Plan gewesen war. Ich beschloss, mitzuspielen. „Oh Gott, Itachi, ich hatte ja solche Angst!“ Kaum waren meine Fesseln gelöst warf ich mich dem Ninja um den Hals und schluchzte herzerweichend (wobei ich darauf achtete, dass er meine nicht-so-nassen Augen nicht sehen konnte.) „Shh, ist ja gut... Jetzt bin ich da“, murmelte Itachi mit einem nicht enden wollenden Maß an Erleichterung in der Stimme. Zärtlich erwiderte er die Umarmung. „I-Ich weiß nicht was los war, ich bin plötzlich a-aufgewacht und war ge-gefesselt u-und dann...“ Noch mehr falsche Tränen und ich krallte mich in Itachis Shirt, den Kopf gesenkt. „D-Dann hab ich gehört w-w-wie er ein Kunai gezogen hat und, oh Gott, wenn du nicht gewesen wärst...!“ „Schon, gut, es ist vorbei. Er ist tot, niemand wird dir mehr weh tun“, flüsterte Itachi. Ich hatte es geschafft ein paar Tränen hervorzupressen und war überzeugt das meine Augen ganz rot und feucht waren, als Itachi leicht mein Kinn anhob und mir einige Haarstränen aus dem Gesicht strich. Dann küsste er mich und ich ging sofort darauf ein, klammerte mich an ihn wie an eine Rettungsleine und zog ihn zu mir. Itachi kam mir entgegen und ich wollte Luftsprünge machen, als ich seine Zunge an meinen Lippen spürte. Willig gewährte ich ihm Einlass und er nahm mich vollkommen in Besitz, mit einer Leidenschaft die ich ihm gar nicht zugetraut hätte. Entführung der Liebsten war ein schrecklich kitschiges Motiv. Aber ich verstand nun, warum es doch so häufig angewendet wurde. * Sasuke saß im Wohnzimmer am Tisch, trank Tee und wartete. Es war schon relativ spät am Morgen und eigentlich müsste jetzt langsam... da! Müde und mit nichts weiter als einem Nachthemd bekleidet, über das sie einen Bademantel geworfen hatte, kam Sekina in die Küche geschlürft. Aus dem selben Zimmer kam kurz darauf Itachi (in Unterhosen), der hinüber zum Bad ging. Sasuke klopfte sich selbst auf die Schulter und grinste, als Sekina sich mit einer Tasse Kaffee zu ihm setzte. „Na, tolle Nacht gehabt?“, fragte er spielerisch. „Sagen wir mal so, Itachi hat große Fortschritte in seiner Therapie gemacht“, antwortete Sekina und grinste ebenfalls. Dann aber runzelte sie die Stirn. „Obwohl es nicht gerade nett von dir war, diesen Kiri-nin zu benutzen. Der arme Kerl hat sich ja fast in die Hosen gemacht, als ihm klar wurde wer hinter ihm her ist.“ Sasuke zuckte mit den Schultern. „Für große Ziele müssen Opfer gebracht werden. Und ich glaube nicht, dass du das Recht hast, dich zu beschweren. Offensichtlich hast du die Situation ja schamlos ausgenutzt.“ „Du bist ein Monster, weißt du das?“ Sekina stand auf, als sie Itachi aus dem Bad kommen hörte. Bevor sie zu ihm ging beugte sie sich jedoch noch einmal zu Saskue herab. „Danke“, murmelte sie leise in sein Ohr. Dann lief sie glücklich zu Itachi hinüber, der sie mit einem zärtlichen Kuss begrüßte. Zufrieden wandte Sasuke sich wieder seinem Tee zu. Als nächstes würde würde er Sekinas Anti-Baby-Pillen gegen ein paar Nahrungstabletten austauschen. Und langsam aber sicher würde er dann seinem ultimativen Ziel näher kommen, den Uchiha-Clan wieder aufzubauen. Ach ja – aber vorher musste er sich noch überlegen, was er mit seinem halben Dutzend Fangirls anstellen sollte, die alle überzeugt davon waren, seine feste Freundin zu sein. Nun, aber er wusste da schon ein paar Jungen, die er mit ihnen verkuppeln konnte. Angefangen bei Naruto und Sakura... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)