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Abschied eines Waldgeistes.

Mido auf Reisen!
von

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Unzerbrechlich sein

Diese direkte Frage stieß mir irgendwie vor den Kopf. Warum wusste ich nicht. Ich hatte keine Ahnung, was genau ich fragen oder sagen sollte, weil meine größte Sorge war, was ich tun sollte, wenn ich hier draußen war und zu niemandem gehörte. Ich hatte doch alles gut gemacht und trotzdem hatten sie mich weggeschickt. Und das angeblich der Rasse wegen. Die Bewandtnis war doch nicht ernst gemeint gewesen von ihnen. Und jetzt ging ich und suchte nach dem Wesen, den ich am meisten hasste, ohne zu wissen, warum. Ich hatte nicht einmal hinterfragt, warum ich es tat. Ich wusste es nicht.

„Mido?“

Sie riss mich aus meinen Gedanken.

„Entschuldige…“, säuselte ich etwas geistesabwesend. Was für einen Grund hatte es? Warum sollte ich ihn mein Leben lang suchen wollen? Wem wollte ich etwas beweisen? Wenn sie mich verbannt hatten, dann konnte ich auch nichts anderes mehr tun, als mich davon fern zu halten. Also musste ich mich auch von Link fernhalten und einfach vergessen. Zumindest versuchen, zu vergessen. „Ich glaube, ich gehe lieber. Entschuldige, dass ich dich… Euch… gestört habe… Ich bin mir sicher, es geht ihm bestimmt ganz gut.“ Mit einem leichten Kopfschütteln erhob ich mich von dem Stuhl. Wenn ich zurückdenke, war es eine unglaublich schlimme Tat. Ich ließ sie im Unklaren und belog sie sogar noch. Ich wusste nicht, ob es ihm gut ging. Ich wollte es gar nicht wissen.

„Aber… Was…“

Ich hörte sie verwirrt hinter mir stammeln, als ich Merle aus dem Schrank fischte. Sie erwachte nur langsam und gähnte ausgiebig. Dann sah ich zu Ruto herüber. „Warum bist du dann gekommen? Willst du mich auf den Arm nehmen?“ Ich zuckte die Schultern auf ihre Anschuldigungen, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Sie brauste auf, bewarf mich mit Teilen ihrer Einrichtung und erklärte mir, dass ich mich verziehen sollte, dass ich sie dreckig belogen hatte und ein widerliches Wesen war, dass sie sich solche Sorgen machte um Link. Dann sagte sie etwas, was ich nie vergessen würde:

„Du bist doch nur zu feige, um etwas zu tun!“

Ja, ich war zu feige.

Auch, wenn ich ein riesengroßes Selbstbewusstsein hatte, und mir Meinungen von anderen nie zu Herzen nahm – weil ich halt so war, wie ich war! – traf mich ihre grollende Stimme wie ein Schlag in die Magengrube, und das nicht zu gering. Ich fühlte mich einen Moment lang dumpf und wie erstickt, dann senkte ich den Blick und verließ stillschweigend den Raum. Es war das erste Mal, dass ich mit eingekniffenem Schwanz wie ein kleines Wolfsheimerjunges still und leise parierte. Selbst gegen den Deku Baum hatte ich mich aufgelehnt. Aber hier schien – und fühlte ich mich auch – machtlos. Ausgeliefert zu sein war ein miserables Gefühl und ich war froh, dass ich es so viele Jahre von mir ferngehalten hatte. Aber irgendwann kam immer ein erstes Mal und das war meines. Wahrscheinlich eines der wichtigsten Ereignisse für mein Leben.
 

Merle richtete sich in meinen Händen auf.

Es war mir aufgefallen, wie schwach sie geworden war, dass sie immer matter strahlte und ihre Stimme fast verloren hatte. Konnten Feen krank werden? Ich sah zu ihr hinunter, während ich in Richtung des Ausgangs ging. „Du siehst nicht besonders gut aus.“, sagte ich. Sie sagte schwach und trocken: „Danke, du bist auch hässlich.“. Ich rang mir ein Lächeln ab.

„Mido… Der Deku Spross ruft mich zu sich.“

Tatsächlich hätte ich es mir denken können. Kein Kokiri hieß auch keine Fee. Wie Navi bei Link hatte bleiben können, war mir ein Rätsel. Sie erklärte mir, dass, je mehr wir uns von den Wäldern entfernten, umso schwächer fühlte sie sich. Ich wollte nicht, dass es ihr schlecht ging, aber verlieren wollte ich sie auch nicht. Sie war der einzige Umgang, den ich noch hatte! Sonst war ich alleine… Es war schade, dass es keine Stadt in unmittelbarer Nähe zu den Wäldern gab. Wir hätten zusammen bleiben können. Verständnisvoll nickte ich. „Dann… flieg zurück. Und pass gut auf dich auf. Ich werde dich mal besuchen kommen, das verspreche ich dir.“, flüsterte ich ihr zu und strich mit der Spitze meines Zeigefingers über einen ihrer Flügel. Es war ein trauriger Abschied. Wir kannten uns seit ich denken konnte und wir kamen ohne einander nicht aus. Der Grund dafür war, dass uns niemand so gut verstand, wie der jeweils andere. Wir waren uns so ähnlich, dass es war, als würde ich einen Teil von mir selbst gehen lassen.

Unbeholfen sprang ich durch den Wasserfall und war immer noch komplett durchnässt. Mein Gepäck hatte ich in Rutos Zimmer gesehen und wieder mitgenommen. So stand ich da, mit Merle in meinen Händen.

„Geh jetzt nach Kakariko. Alle Vertriebenen und Verfolgte finden dort ein Heim.“, versuchte sie mir zu erklären. „Kakariko wurde von einer Shiekah errichtet, die der Königsfamilie dient. Vielleicht wirst du sie dort auch finden und kannst sie persönlich fragen.“

Ich nickte.

Zwar hatte ich nicht viel Ahnung von der Außenwelt, aber von den Shiekah hatte ich schon gehört und wusste, dass sie ein außerordentlich weises Volk waren… Wenn auch sie so weise war, vielleicht konnte sie mir weiter helfen? Ich würde endlich wissen, was ich war. Und wohin ich gehörte…

„Bitte pass auf dich auf. Ich werde jetzt los fliegen.“

Sie schlug mit den kleinen, zerbrechlichen Flügeln, die aussahen, wie ein wunderschönes Mosaik. Leider war es wohl das letzte Mal, dass ich diese Fee sehen würde… Oder zumindest glaubte ich das. Warum musste mir das passieren? Am liebsten wollte ich sie nicht gehen lassen, einfach die Hände schließen und sie festhalten. Ich würde sie ziemlich vermissen.

Sie hob ab.

„Ich komme dich besuchen. Bitte pass auf Salia auf.“, meinte ich leise. Ich hörte sie leise Glucksen. Ich wusste, dass sie meine Freundin hasste, allein, weil sie sehr einnehmend war… Aber…

„Bitte, tu es für mich.“
 

Ein kalter Windhauch umgab mich, ich spürte die Kälte des Wassers und sah, dass das Gras sich dem Wind neigte. Ein Sturm würde aufziehen. Und ich wollte nicht unbedingt hineingeraten. Dunkle Wolken zogen den Horizont entlang und bevor ich sie aufhielt, ließ ich sie lieber gehen.

Ich sah das Licht verschwinden, und wusste, dass ich nun endgültig nicht mehr zu ihnen gehörte.

Ich war frei. Und doch verlassen.

Mit gesenktem Blick verweilte ich einen Moment, die Arme um meinen Oberkörper geschlungen und nach Bedachtsamkeit ringend. Jetzt bloß nicht den Kopf verlieren.

Nicht den Kopf verlieren…

Tief atmete ich ein, füllte meine Lungen mit der kühlen Luft und schmeckte immer noch das Wasser auf meinen Lippen. Wie sollte ich mich bloß eingliedern? Für was sollte ich noch leben? Ich hatte keine Aufgabe mehr. Jetzt, wo ich nicht mehr zu ihnen gehörte und Link für mich als Thema abgelehnt hatte.

Es war Zeit, ein neues Leben aufzubauen.

War es eine Strafe, oder war es eine Chance?

Ich würde mich schon durchschlagen, selbst, wenn ich dafür gegen die ganze Welt kämpfen musste.
 

Ein düsteres Grollen leitete meinen Weg ein, das plötzliche Einsetzen eines Platzregens begleitete mich, während ich in Richtung des Todesberges ging. Hier würde mein neues Zuhause sein. In Kakariko…

Ich musste einfach nur unzerbrechlich sein.



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