Nachhilfe von Wolfseye (H&M) ================================================================================ Kapitel 18: In Freiheit ----------------------- Am Nächsten Tag machten sich Michiru und Sachiko gleich nach dem Frühstück auf den Weg zu Haruka ins Krankenhaus. Haruka wurde natürlich viel zu früh für ihren Geschmack von den Schwestern Geweckt und sollte ein ungenießbares Frühstück hinunter zwängen. So war sie also mal wieder total mies gelaunt, als die beiden Frauen bei ihr ankamen. Doch als Michiru freudestrahlend auf sie zu ging und mit einem zärtlichen Kuss begrüßte, war die miese Laune wie weggeblasen. „Hi, hast du gut geschlafen? Hast du noch Schmerzen?“ fragte die Türkishaarige nachdem sie den Kuss beendet hatte. „Die geben mir was gegen die schmerzen, also nein. Und ich hätte viel besser geschlafen, wenn du gestern nicht gegangen wärst.“ grinste Haruka. Hinter ihnen war ein räuspern zu hören. „Soll ich vielleicht wieder gehen?“ meldete sich Sachiko zu Wort. „Oh, du bist ja auch da.“ Haruka hatte ihre Mutter nicht mal wahrgenommen. „Ja. Freut mich, dass es dir anscheinend schon wieder besser geht.“ „Mir geht’s bestens und ich seh überhaupt keinen Grund dafür, warum ich noch länger hierbleiben sollte.“ „Die Ärzte aber anscheinend schon, also bleibst du.“ bestimmte Sachiko. Haruka verdrehte genervt die Augen, sagte aber nichts mehr dazu. „Ich hab dir ein bisschen was zum Anziehen mitgebracht, falls du nicht die ganze Zeit dieses Krankenhaus Hemd tragen möchtest.“ redete Sachiko weiter und stellte die Tasche, die sie mitgebracht hatte auf einen Stuhl. „Das is ‘ne super Idee, dieses Ding is einfach grausam.“ Haruka machte sich schon daran aufzustehen. „Warte! Darfst du überhaupt aufstehen?“ hielt Michiru sie davon ab. „Klar, darf ich! Ich werd bestimmt nicht den ganzen Tag im Bett liegen, da kann ich mich ja gleich aufhängen.“ „Du bleibst liegen. Ich werde zuerst deinen Arzt fragen, also warte noch so lange.“ Haruka stöhnte und ließ ihren Kopf nach hinten fallen. Währenddessen ging Sachiko nach draußen und suchte den Arzt. Zehn Minuten später kam sie wieder zurück. „Also gut, du darfst aufstehen. Aber vermeide hektische Bewegungen.“ „Na, also!“ freute Haruka sich und stand auf. Sie schlug sofort den Weg zur Tasche ein. „Ich werd mir dann schnell was anderes Anziehen.“ „Schaffst du das allein?“ fragte Michiru besorgt. „Hey, ich bin kein Krüppel, okay? Also hört auf mich so zu behandeln!“ schimpfte Haruka und verschwand im Badezimmer. „Dieser blöde Stolz bringt sie nochmal um.“ seufzte Sachiko und setzte sich auf einen Stuhl. Michiru seufzte ebenfalls. Ein paar Minuten später kam Haruka frisch angezogen aus dem Badezimmer zurück. „Seht ihr, kein Problem!“ strahlte Haruka. „Und wie schlimm waren die Schmerzen dabei?“ fragte Michiru. „Ich sagte doch schon, ich habe keine Schmerzen, also hört auf mich ständig danach zu fragen, das nervt.“ „Wenn du nicht die ganze Zeit so tun würdest, als wäre alles in Ordnung, müssten wir auch nicht ständig fragen.“ „Es ist aber so! Also können wir jetzt über was anderes reden?“ „Ja, ist gut.“ stimmte Sachiko ein. Also wurde das Thema abgehackt. Die drei beschlossen nach einiger Zeit rauszugehen und machten einen Spaziergang durch den hiesigen Park, da Haruka um jeden Preis aus dem Gebäude wollte. Die Sportlerin war froh endlich wieder frische Luft und vor allem Bewegung zu bekommen. Irgendwann gegen Mittag verließ Sachiko die anderen Zwei, um sich mit ihrem Anwalt zu treffen. Haruka und Michiru setzten sich auf eine der Parkbänke und genossen den warmen Frühsommertag. „Hast du eigentlich schon weiter darüber nachgedacht, was du deinen Eltern sagen wirst?“ fragte Haruka. „Ja. Eigentlich ist das Thema die ganze Zeit in meinem Kopf. Ich werd’s ihnen auf jeden Fall sagen, doch ich weiß einfach nicht wie. Irgendwie hab ich doch ein wenig Angst davor.“ „Also wenn du es ihnen unbedingt sagen willst, dann tu es einfach, ohne darüber nachzudenken. Einfach gerade heraus. Planen kannst du das sowieso nicht.“ „Ja, von dir hätte ich keinen andern Rat erwartet. Aber das ist gar nicht so einfach.“ „Ich kann es sagen, wenn du dich nicht traust.“ „Nein, das will ich schon selbst tun. Aber du musst auf jeden Fall dabei sein, sonst mach ich doch noch einen Rückzieher.“ „Keine Sorge, ich würde dich niemals alleine mit ihnen reden lassen. Nachher passiert dir noch was.“ „Haruka, weder mein Vater noch meine Mutter würden mir jemals so etwas antun, wie es dir angetan wurde. Da bin ich mir zu hundert Prozent sicher. Trotzdem weiß ich nicht, wie sie dazu stehen werden und auch nicht was sie von dir halten werden.“ „Wahrscheinlich werden sie mich nicht im Geringsten ausstehen können. Und dein Vater wird vermutlich versuchen mich umzubringen, schließlich nehme ich ihm sein kleines Mädchen weg.“ grinste Haruka. „Hör auf das witzig zu finden. Machst du dir überhaupt keine Sorgen?“ „Natürlich mach ich mir die. Eigentlich habe ich sogar mächtig Schiss davor deine Eltern kennenzulernen, vor allem deinen Vater. Aber egal was passiert, wir bleiben zusammen, oder?“ „Auf jeden Fall werden wir das!“ „Siehst du, dann ist doch alles in Ordnung.“ grinste Haruka. Jetzt lächelte auch Michiru wieder und schmiegte sich enger an ihre Freundin ran. „Ja, du hast Recht.“ Sie saßen eine ganze Weile eng aneinander gelehnt schweigend da und genossen die Anwesenheit des anderen. Bis Haruka irgendwann die Sache ansprach, die sie seit gestern nicht mehr aus dem Kopf bekam. „Michi?“ „Mhm.“ „Gestern, bevor wir so unsanft unterbrochen worden sind, da wolltest du etwas sagen. Was war es?“ fragte sie leicht unsicher. Michiru atmete einmal tief durch, konnte aber nicht verhindern, dass sich ihr Puls etwas beschleunigte. „Ich ... ich glaub du weißt was ich sagen wollte.“ Haruka drehte sich auf der Bank zur Seite, um ihr gegenüber zu sitzen und sie ansehen zu können. „Ich will es aber von dir hören, sonst bin ich mir nicht sicher genug, ob du wirklich das sagen wolltest, was ich denke. Nachher versteh ich dich völlig falsch und tu noch etwas, was du gar nicht willst. Also sag es mir bitte.“ Noch einmal musste die Künstlerin tief durchatmen, dann sah sie Haruka direkt in die Augen. „Haruka, ich liebe dich, über alles, und ich bin einfach verrückt nach dir. Also gibt es für mich keinen Grund noch länger zu warten. Wenn du es also auch willst, dann ... dann bin ich bereit mit dir ... mit dir zu schlafen.“ Die letzten Worte waren nur noch ein flüstern, trotzdem halten sie in Harukas Kopf überdeutlich nach. Haruka war wirklich sprachlos und musste erst mal schlucken. Eine glühende Hitze durchflutete sie und ein ziemlich starkes Kribbeln trat in ihrer Magengegend auf. „Wow. ... Also mich musst du das wirklich nicht fragen. Du weißt ich liebe dich auch und ich wollte dich schon von der ersten Sekunde an. Aber ich dachte wirklich nicht, dass es so schnell geht.“ „Ich auch nicht. Aber du bist einfach zu unwiderstehlich für mich.“ lächelte Michiru erleichtert. Auf Harukas Gesicht kam natürlich gleich ihr arrogantes Grinsen zurück und sie verringerte den Abstand zwischen ihr und Michiru immer mehr. Es folgte ein langer leidenschaftlicher Kuss, der sie alles um sich herum vergessen ließ. „Jetzt kann ich es noch weniger erwarten, endlich aus diesem Krankenhaus zu entkommen.“ sagte Haruka als der Kuss endete. „Du musst sowieso erst mal wieder ganz gesund werden, also ist es egal, wo du bist.“ „Was? Nein! Du kannst mir doch nicht so etwas sagen und dann doch wieder von mir verlangen zu warten! Das geht nicht!“ war Haruka jetzt richtig entsetzt. „Ruka, deine Rippe ist gebrochen. Ich werd das bestimmt nicht tun, bis ich mir nicht vollkommen sicher sein kann, dir nicht weh zu tun. Also wirst du dich wohl noch etwas gedulden müssen, tut mir leid.“ „Aber der Arzt sagte, das kann bis zu sechs Wochen dauern! Ich bekomm doch Schmerzmittel und ich bin wirklich bereit jeden Schmerz dafür zu ertragen, also bitte lass mich nicht so lange warten, ja?“ flehte Haruka sie an. Michiru sah sie zögerlich an. Sechs Wochen waren wirklich verdammt lang, so lange wollte selbst sie nicht warten, aber sie wollte Haruka auch nicht noch mehr verletzen. „Mal sehen. Vielleicht müssen wir auch nicht ganz so lange warten, aber gib deinen Rippen wenigstens ein bisschen Zeit sich zu erholen.“ Haruka war nicht gerade begeistert von der Antwort, aber es war besser als nichts und das Michiru von der Wartezeit auch nicht sonderlich begeistert war, sagte ihr zumindest, dass sie es auch wirklich wollte. „Na schön. Wenn‘s sein muss.“ „Du dachtest doch sowieso, du müsstest noch warten und sagtest, ich könnte mir so viel Zeit lassen, wie ich brauche. Oder hast du das nur gesagt, um mich nicht unter Druck zu setzen?“ „Nein, das war wirklich ernst gemeint. Solange du selbst nicht bereit dafür bist und mich nicht so willst wie ich dich, würde ich auch nicht mit dir schlafen wollen. Aber wie soll ich darauf verzichten, wenn ich genau weiß, dass du es auch willst?“ „Du wolltest es ja unbedingt wissen. Ich hätte es dir sonst auch erst gesagt, wenn du wieder Gesund gewesen wärst.“ „Na toll! Das macht es jetzt auch nicht besser.“ schnaubte Haruka. Michiru musste augenblicklich zu lachen anfangen. Haruka sah einfach zu niedlich aus. „Du kriegst schon noch was du willst und je weniger du dich gegen die Anweisungen der Ärzte währst, desto schneller bekommst du es auch. Jetzt lass uns erst mal irgendwo was essen gehen, ja? Ich hab nämlich inzwischen ziemlich Hunger bekommen.“ Haruka ließ sich widerstandslos von der Bank ziehen. Ihre Laune wurde aber auch durch das Essen nicht besser. Jetzt konnte sie natürlich an nichts anderes mehr denken, als daran, Michiru auszuziehen. Die Zwei verbrachten auch den Rest des Tages draußen im Park, da Haruka nicht in dieses grässliche Krankenzimmer zurück wollte. Erst als es langsam kühl draußen wurde, gingen sie doch hoch, und auch Sachiko stieß wenig später wieder dazu. Sie musste den beiden leider erzählen, dass Keisuke inzwischen auf Kaution wieder draußen war, aber sich unter keinen Umständen einer von ihnen nähern durfte. Die Scheidung hatte sie inzwischen eingereicht und die würde wohl kein Problem werden. Außerdem hatte ihr Anwalt ihnen gute Chancen für einen erfolgreichen Prozess gegeben, da der Richter der mit diesem Fall beauftragt worden war, wohl kein großer Fan von Keisuke war. Natürlich hieß das noch lange nichts aber da ein ärztliches Gutachten bestätigt, dass Haruka über mehrere Monate lang misshandelt worden war und es auch noch Zeugen für die Tat gab, standen die Chancen für eine Verurteilung gar nicht schlecht. Haruka gefiel die Vorstellung, dass Keisuke frei da draußen rum lief überhaupt nicht, aber wenn er auch nur etwas Wert auf seine Karriere legte, würde er wohl nichts riskieren. Außerdem wurde das Haus ja auch noch bewacht. Später am Abend bekam Haruka sogar noch eine richtig gute Neuigkeit. Sie durfte am nächsten Morgen das Krankenhaus wieder verlassen. Leider mussten dann aber auch Michiru und Sachiko schon wieder gehen und Haruka blieb allein zurück. Aber mit dem Wissen, dass sie Morgen entlassen wurde, viel die Trennung nicht ganz so schwer. Dummerweise hatte Haruka nicht daran gedacht, dass am nächsten Tag Montag war und so war sie ziemlich wütend darüber, dass Michiru sie nicht mit abholte und stattdessen ganz alleine in der Schule war. Sie wäre jetzt sogar freiwillig in die Schule gegangen, nur um in Michirus Nähe sein zu können und vor allem auf sie auf zu passen, aber sie war noch für die ganze Woche krankgeschrieben und für den Sportunterricht sogar die nächsten drei. Und die Nachricht, dass sie für mindestens genauso lange kein Motorrad fahren durfte brachte sie regelrecht zur Verzweiflung. Sie sah schon die schlimmste Zeit ihres Lebens vor sich. Kein Sport, kein Motorrad, weder für Rennen noch sonst, kein Sex und nicht mal den ganzen Tag konnte sie mit Michiru verbringen. Sie war wirklich der Meinung die Ärzte hätten ihre Freundin ebenfalls Krankschreiben müssen, wie sollte sie sich auch erholen, wenn ihre beste Medizin nicht anwesend war? „Jetzt guck nicht so, Haruka. Michiru kommt doch bald wieder.“ versuchte Sachiko Haruka von ihrer miesen Laune zu befreien, denn sie ging ihr allmehlig auf die Nerven. Sie saßen zusammen in der Küche der großen Villa und aßen zu Mittag. „Warum hat mir denn gestern niemand mehr gesagt, dass Michiru heute wieder zur Schule muss?“ „Tja, auch Michiru ist erst gestern Abend, als wir schon Zuhause waren, klar geworden, dass sie heute zur Schule muss. Sie war auch nicht gerade froh darüber.“ „Hättest du ihr nicht ‘ne Entschuldigung oder so was schreiben können?“ „Nein, hätte ich nicht. Du wirst doch mal ein paar Stunden ohne sie auskommen, oder?“ „Ich musste doch schon die ganze Nacht auf sie verzichten! Und die davor auch.“ schmollte Haruka weiter. „Ich erkenn dich wirklich kaum wieder. Wer hätte gedacht, dass du dich mal so sehr nach der Anwesenheit eines anderen Menschen sehnen würdest. Sie bedeutet dir wirklich viel, nicht wahr?“ „Ja, mehr als alles andere auf der Welt. Ich liebe sie.“ sagte Haruka, mehr in Richtung ihres Essens gewandt. „Du glaubst gar nicht, wie glücklich ich darüber bin, dass du so jemanden gefunden hast. Eine Zeit lang dachte ich wirklich, du würdest nie jemanden an dich ran lassen, aber das lag wohl auch hauptsächlich an deinem Vater.“ Haruka sagte lieber nichts dazu. Ihr war klar, dass nicht nur ihr Vater der Grund dafür war, warum sie nie eine Beziehung eingegangen war. Und was sie sonst noch alles so getan hatte, musste sie ja auch nicht unbedingt erfahren. Als Haruka fertig mit essen war, stand sie auf und sah ihre Mutter bittend an. „Darf ich sie abholen? Auto werde ich doch wohl noch fahren dürfen, oder?“ Sachiko seufzte tief. „Na, schön. Aber fahr vorsichtig.“ „Klar, doch! Danke.“ freute sie sich und ging schon zur Tür bis sie sich plötzlich wieder umdrehte. „Müssen wir gleich nach Hause kommen? Ich verspreche auch, ich werde nichts zu anstrengendes machen.“ „Da du dich schon letzte Woche hier praktisch hast einschließen lassen, will ich mal nicht so sein. Ich vertraue auch darauf, dass Michiru dich wohl nichts tun lassen würde was dir schaden könnte, also von mir aus.“ Vor Freude strahlend verließ Haruka das Haus und fuhr dann mit ihrem Auto Richtung Schule, um ihre Freundin abzuholen. Als sie dort ankam, war die letzte Stunde noch nicht ganz vorbei, also musste sie noch etwas warten. Sie stieg aus dem Auto aus und lehnte sich an die Motorhaube, um auch ja für jeden sichtbar zu sein (als wäre das Auto nicht schon Blickfang genug). Es klingelte endlich und nach und nach füllte sich der Hof mit Schülern. Wenig später konnte sie endlich Türkisfarbene Locken in der Menge aufblitzen sehen. Geschockt blieb Michiru erst mal stehen, als sie auf einmal Haruka auf dem Parkplatz erkannte. Sie blinzelte ein paar Mal, um sich sicher zu sein, dass sie wirklich sah, was sie zu sehen glaubte, dann rannte sie auf sie zu. „Was machst du denn hier?“ strahlte Michiru und hätte sich beinahe in ihr Arme fallen lassen, aber ihr fiel gerade noch rechtzeitig ein, dass das wohl keine gute Idee wäre. „Ich freu mich auch dich zu sehen, mein Schatz.“ grinste Haruka und zog sie trotzdem in ihre Arme. Die Sportlerin löste sich wieder von Michiru, hob ihr Kinn etwas an und küsste sie. Sofort waren sämtlich Schüler um sie herum stehen geblieben und starrten sie mit großen Augen an. Die Künstlerin hatte schon nach zwei Sekunden vergessen, wo sie sich befanden und genoss den Kuss in vollen Zügen. Erst als sie sich voneinander lösten bemerkte sie die anderen um sich. „Was ist denn aus dem "nicht zu auffällig" geworden?“ „Das gibt es nicht mehr. Von mir aus, kann es jetzt die ganze Welt erfahren. Keine Heimlichtuereien mehr. Es soll jeder Wissen, dass du allein mir gehörst.“ „Dann wolltest du also klar stellen, dass niemand mehr versucht sich an mich ran zu machen, ja?“ „Das, und ich konnte nicht eine Sekunde länger darauf warten.“ „Na gut, ich gebe zu, ich auch nicht. Ich hab dich schon den ganzen Tag vermisst, aber darfst du überhaupt hier sein?“ „Meine Mutter hat es mir erlaubt und sogar, dass wir nicht gleich nach Hause fahren müssen. Also, was willst du tun? Ich fahr dich hin, wo immer du hin willst.“ „Wirklich? Dann will ich zum Strand.“ Haruka lächelte, denn sie hatte schon fast mit dieser Antwort gerechnet. Sie ging um den Wagen herum und hielt Michiru die Tür auf. Nachdem beide eingestiegen waren, fuhr die Sportlerin vom Parkplatz, vorbei an den immer noch erstarrten Schülern. Die Zwei verbrachten den ganzen Nachmittag am Strand, gingen am Meer entlang oder saßen einfach nur im Sand und redeten. Zuhause verschwand das Paar dann gleich nach dem Abendessen in Michirus Zimmer. Die Künstlerin war dabei ihre Hausaufgaben zu machen während Haruka es sich in ihrem Bett gemütlich gemacht hatte und ungeduldig darauf wartete, dass sie fertig wurde. „Musst du die denn unbedingt machen?“ „Haruka, ich hab gerade erst ein Stipendium für die Schule erhalten und wenn sich meine Noten verschlechtern verlier ich es wieder und muss die Schule verlassen. Willst du das etwa? Dann können wir uns nämlich nicht mal mehr dort sehen.“ „Nein, schon gut. Nur beeil dich etwas, ja?“ „Du könntest ruhig auch etwas tun. Nur, weil du krankgeschrieben bist, heißt das ja nicht, dass du gar nichts mehr tun musst. Schließlich sind deine Noten noch nicht gerade besser geworden.“ „Wie sollen die das denn bitte, in nur einer Woche, werden? Bei den nächsten Arbeiten werden sie besser, versprochen. Und du weißt doch, dass ich nicht lernen brauche. Also warum sollte ich mir die Mühe machen?“ „In Japanisch täte dir das üben aber gar nicht schlecht. In dem Fach bist du nicht gerade die Beste.“ „Das Fach is ja auch total bescheuert. Es reicht doch wenn ich die Sprache sprechen kann, oder nicht?“ Michiru verdrehte seufzten die Augen. „Dir ist echt nicht mehr zu helfen. Und jetzt sei still, sonst werde ich niemals fertig.“ „Ja, ja.“ stöhnte Haruka und lehnte sich wieder auf die Matratze zurück. Es war eine Weile still, bis es auf einmal an der Tür Klopfte. „Ja, bitte?“ sagte Michiru. Die Tür öffnete sich und Sachiko trat ein. „Michiru, deine Mutter ist am Telefon.“ „Oh, ich komme.“ „Ich habe mir die Freiheit genommen, ihr alles über Keisuke und was in den letzten Tagen passiert ist, zu erzählen. Aber keine Angst, über euch habe ich ihr nichts gesagt.“ Haruka und Michiru sahen kurz richtig nervös aus. „Was hat sie gesagt?“ fragte Michiru vorsichtig. „Na ja, sie ist ziemlich besorgt darüber, wie es dir jetzt geht. Und ich glaube, ein wenig geschockt ist sie auch.“ „Dann werde ich mal versuchen sie zu beruhigen.“ Michiru ging an Sachiko vorbei nach unten ins Wohnzimmer. „Jetzt werden sie wahrscheinlich noch schneller herziehen, was?“ fragte Haruka niedergeschlagen. „Sie hatten vor am Freitag zu kommen und das werden sie auch jetzt noch. Also nein.“ Sachiko ging etwas näher zu ihrer Tochter hin. „Ich habe Yuki versichert, dass Michiru hier sicher ist und sie hat sich auch große Sorgen um dich gemacht.“ „Um mich? Sie kennt mich doch gar nicht.“ war Haruka irritiert und sah Sachiko ungläubig an. „Aber du bist schließlich meine Tochter und Michirus "beste Freundin", wie sie annimmt.“ „Du kennst sie doch ziemlich gut, oder? Wie glaubst du, wird sie die Sache zwischen Michi und mir aufnehmen?“ „Tja, ich glaube sie wird etwas geschockt sein aber solange Michiru glücklich ist, wird sie nichts dagegen haben.“ „Sicher?“ „Ganz sicher bin ich natürlich nicht. Aber ich glaube es.“ Das war nicht genug um Harukas Zweifel verschwinden zu lassen. Sie machte sich schon die ganze Zeit Sorgen darüber was Michirus Eltern von ihr denken könnten. Eigentlich war es ihr nie wichtig gewesen, was andere Menschen über sie dachten, doch bei Michiru und jetzt auch ihren Eltern, war es das auf einmal. „Mach dir keine Sorgen. Sie werden es schon verstehen.“ versuchte Sachiko sie noch aufzumuntern, dann ging auch sie wieder nach unten. Michiru war währenddessen im Wohnzimmer angekommen und nahm den Hörer von der Ablage. „Hallo? Mama?“ „Chiru-chan? Geht es dir gut? Sachiko hat mir erzählt was passiert ist. Wieso hast du nicht gleich angerufen?“ „Beruhige dich. Mir geht es gut und ich habe einfach nicht daran gedacht dich anzurufen, tut mir leid.“ „Ach, schon in Ordnung. Du hattest bestimmt ganz andere Dinge im Kopf. Wie geht es denn Haruka-san? Sachiko sagte zwar, ihr ginge es körperlich schon wieder besser, aber seelisch muss sie doch sehr gelitten haben?“ „Ja, ich denke sie hat sehr gelitten. Aber ich glaube, jetzt wo ihr Vater weg ist, und sie weiß, dass ihre Mutter immer für sie da ist, geht es ihr schon wesentlich besser. Sie ist aber kein Mensch, der offen über ihre Gefühle redet, also weiß ich es nicht genau. Wenn man sie fragt geht es ihr immer nur gut oder bestens.“ „Armes Kind. Wie kann ein Vater seinem Kind nur solch grausame Dinge antun. Sachiko macht sich solche Vorwürfe. Am liebsten würde ich sofort zu euch fahren, um ihr helfen zu können.“ „Du kommst doch bald und ich glaube im Moment könntest du auch nicht mehr machen.“ „Aber ich könnte sie immerhin in den Arm nehmen. Ich bin froh, dass wenigstens Haruka-san jetzt eine Freundin bei sich hat. Du kümmerst dich doch um sie, oder?“ „Äh, ja.“ »Gott, wenn du wüsstest wie sehr ich das tu!« „Gut, ich hatte auch nichts anderes von dir erwartet. Hoffentlich kommt dieser Keisuke-san auch wirklich ins Gefängnis. Hat er eigentlich irgendeinen Grund für sein Handeln genannt?“ Oh Mist! Offenbar hatte Sachiko ihr auch verschwiegen was Keisuke gegen seine Tochter hatte. „Ähm, also ...“ „Ach, wahrscheinlich braucht jemand, der so was tut überhaupt keinen Grund dafür. Ich will lieber gar nicht wissen, mit was für Ausreden er seine Taten gerechtfertigt hat.“ Uff! Noch mal Glück gehabt. „Genau. Der Kerl ist einfach nur krank.“ „Du hast Recht. Na gut, dann will ich euch nicht länger stören. Wir werden uns am Freitagvormittag auf den Weg nach Tokio machen und dann, sobald wir alles in die neue Wohnung gebracht haben, zu euch kommen. Ich halte es für das Beste, wenn du noch solange bei Sachiko bleibst, bis wir alles fertig eingerichtet haben. Dann kannst du dich auch noch ein wenig länger um deine Freundin kümmern.“ „Ja, in Ordnung.“ „Gut, dann schlaf schön. Und ruf mich an, wenn es was Neues gibt, ja?“ „Okay, mach ich. Bis dann.“ Michiru legte den Hörer auf und atmete erst mal tief durch. »Ob sie das auch gesagt hätte, wenn sie wüsste das wir zusammen sind? ... Oh Gott, wie soll ich ihr das nur sagen?!« Niedergeschlagen ging sie nach oben in ihr Zimmer zurück, wo ihre Freundin immer noch auf dem Bett lag. „Und?“ „Sie war nur besorgt und traurig darüber, dass sie nicht mehr für Sachiko tun kann.“ sagte Michiru und legte sich zu ihr. „Weiß sie jetzt etwa, dass ich lesbisch bin?“ „Nein. Sachiko hat ihr den Grund nicht gesagt und ich auch nicht.“ „Fragt sich nur, ob das jetzt besser oder schlechter ist.“ „Wie meinst du das?“ „Na ja, wenn sie zumindest das schon wüsste, wüsstest du wenigstens wie sie allgemein zu dem Thema steht. Andererseits könnte sie das auch dazu veranlassen Vermutungen aufzustellen.“ „Ich denke es ist besser, dass sie es noch nicht weiß. Ich möchte es ihr und meinem Vater persönlich sagen und dass sie dich vorher kennenlernen. Wenn sie jetzt schon wüsste, dass du lesbisch bist, hätte sie mich eben garantiert solange über die Sache ausquetscht, bis ich es ihr gesagt hätte und dann weiß ich nicht, was sie getan hätte.“ „Ja, da hast wohl Recht. Was glaubst du eigentlich haben deine Eltern für ein Bild von mir im Kopf, wissen sie wie ich aussehe oder kennen sie mich eventuell schon von meinen Rennen?“ „Keine Ahnung. Meine Mutter garantiert nicht. Sie hält dich bestimmt für ein ganz normales Mädchen, das auch aussieht wie eins und nicht in Jungs Klamotten durch die Gegend läuft. Mein Vater sieht eigentlich öfter mal den Sportkanal oder liest den Sportteil der Zeitung, aber dort ist Tenoh Haruka ja ein Mann und die Freundin meiner Mutter hat schließlich eine Tochter. Also weiß ich nicht ob er darauf kommt.“ „Wird bestimmt ‘n Schock für sie was?“ grinste Haruka. „Also überrascht werden sie auf jeden Fall sein.“ „Wahrscheinlich werden sie es dann sofort annehmen, oder?“ „Ich glaub nicht, dass sie aus deinem Aussehen voreilige Schlüsse ziehen werden.“ „Aber du hast mich auch nicht danach gefragt und bist einfach davon ausgegangen, dass ich auf Mädchen stehe.“ „Deine Blicke waren aber auch mehr als deutlich. Am Anfang hab ich wirklich noch versucht objektiv zu sein, aber so wie du mich angesehen hast und mit mir geflirtet hast, ließ mir dann gar keine andere Wahl mehr, als das Offensichtliche anzunehmen.“ „Ja, das stimmt wohl.“ „Aber überraschen wird es sie wohl nicht mehr großartig. Nur werden sie bestimmt nicht annehmen, dass ich es auch bin.“ „Bist du es denn?“ „Was?“ „Na ja, ich weiß du bist mit mir zusammen und liebst mich, was wohl automatisch bedeuten würde, dass du es bist. Aber wenn es mich nicht geben würde, wärst du dann jemals auf die Idee gekommen du könntest lesbisch sein? Oder wärst du mit einem Mann zusammen gekommen? Und wenn das mit uns jemals vorbei sein sollte, was ich wirklich nicht hoffe, könntest du dir dann vorstellen mit einer anderen Frau zusammen zu sein, oder würdest du dir dann eher einen Mann suchen?“ „Hhmm, ich weiß nicht genau. Bevor ich dich kennen gelernt habe, hätte ich mir wirklich nicht vorstellen können jemals mit einer Frau zusammen zu sein, allerdings hatte ich auch nicht gerade Interesse an Männern, jedenfalls an keinem der mir begegnet ist. Und jetzt kann ich mir auch nicht vorstellen jemals mit jemand anderem zusammen zu sein, als mit dir, egal ob Mann oder Frau.“ „Also mir soll‘s Recht sein. Ich hab sowieso beschlossen, dass du für den Rest deines Lebens mit mir zusammen sein wirst.“ „Ach, ja?“ Michiru war doch ziemlich überrascht über diese Ansage und wusste wirklich nicht, ob sie sie ernst nehmen konnte. „Ja! Was dagegen?“ „Nein. Anders will ich es auch gar nicht haben.“ „Na, dann sind wir uns ja einig.“ grinste Haruka, lehnte sich über die Türkishaarige und küsste sie. Michiru ließ sofort ihre Hände in Harukas Nacken wandern und zog sie noch enger an sich. Haruka ließ den Kuss immer verlangender werden und wanderte mit ihrer Hand unter Michirus Oberteil den Bauch entlang nach oben. „Ruka, ... deine Rippen.“ flüsterte Michiru, unterbrach den Kuss aber nicht. „Die sind völlig egal!“ gab sie zurück und fing an mit ihrer Hand über Michirus BH zu streichen. Von Michiru war ein wohliger Seufzer zu vernehmen, welcher Haruka nur noch mehr antrieb. Sie wollte sich mehr auf Michiru drauf legen und begann sich zu drehen. Plötzlich verkrampfte sie sich aber und unterbrach den Kuss. „Ah, Fuck! Okay, vielleicht sind sie doch nicht so egal.“ stöhnte sie schmerzhaft. „Das hast du nun davon! Los leg dich sofort wieder hin!“ Haruka drehte sich ganz vorsichtig wieder zurück und ließ sich auf den Rücken fallen. „Blöden Mistdinger, verdammt!“ schimpfte Haruka und hielt sich die Hand an die Rippen. „Sie werden schon noch wieder heilen, also beweg dich einfach nicht so viel.“ „Dann sollen sie das gefälligst schneller machen. Das is total unfair!“ „Sei nicht so ungeduldig. Ich lauf dir ja nicht weg. Und jetzt entspann dich wieder, sonst tut’s nur noch mehr weh.“ Haruka stöhnte genervt, versuchte aber Michirus Rat zu befolgen. Die Künstlerin stand währenddessen auf und begab sich wieder zu ihren Hausaufgaben. Sie sagte zwar nichts, musste sich aber eingestehen, dass sie auch gerne weiter gemacht hätte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)