Blut und Wasser von Arianrhod- ([SessKag]) ================================================================================ Kapitel 4: Part V ----------------- Kagomes Herz schlug ihr bis zum Hals. Zum zehntausendsten Mal überprüfte sie den Sitz ihres langen, fließenden Abendkleides, ein Traum in Mitternachtsblau. Sie trug dazu passende, lange Opernhandschuhe in schwarz und eine einzelne, filigrane Goldhaarspange, auf der zwei winzige Diamanten und vier kleine Saphire prangten. Sie ließ Kagome wirken, als säße ein äußerst wertvoller, seltener Schmetterling in ihrem dichten, welligen Haar. Das Kleinod war sehr alt und hatte einmal ihrer Mutter gehört, eines der wenigen Schmuckstücke von ihr, dass sie nicht hatten verkaufen können, weil so viele Erinnerungen daran hingen und ihrer Mutter es so viel bedeutet hatte. Manche Dinge wegzugeben bedeutete, die eigene Seele zu verkaufen, und diese Spange gehörte dazu. Kikyou hatte sie ihr als Krönung ins Haar gesteckt, mit einem sanften, so selten gewordenen Lächeln ihrem schönen Gesicht, ehe sie ihre kleine Schwester hatte gehen lassen. Solche stillen, friedlichen Momente zwischen ihnen waren viel zu vereinzelt. Denn Kagome hatte ein Date. Obwohl ‚Date‘ ein viel zu vulgärer Begriff für den Abend war, zu dem Sesshoumaru sie eingeladen hatte. Erst ein Abendessen in einem der exklusivsten Restaurants der Stadt, in dem man eigentlich Monate vorher vorbestellen musste um überhaupt einen Platz zu bekommen. Kagome fragte sich, wie Sesshoumaru das gemacht hatte, aber für einen Firmenmogul von seinem Format war vermutlich keine Tür verschlossen. Sie hoffte, dass sie dieses Essen ohne zu viele peinliche Einlagen ihrerseits hinter sich bringen konnte. Immerhin war sie eine feine Dame von Welt, eine gut erzogene Tochter aus gutem Hause, und Sesshoumaru jetzt vor den Kopf zu stoßen wäre äußerst übel. Zwar hatte sie sich vorher kundig gemacht, welche Gabel zuerst und welcher Löffel zuletzt verwendet und wie die Serviette genutzt werden musste, aber man konnte ja nie wissen, mit was die komplizierte Etikette sonst so aufwartete. Und diesmal war da keine kleine Rin, die ihr über die Panne hinweghelfen konnte. Da waren nur Sesshoumaru und sie selbst. Sie hatte den beinahe schrottreifen Familienwagen in einer Seitengasse abgestellt und legte den Rest des Weges zu Fuß zurück. Ihre hohen Absätze ihrer schönen, neuen Schuhe – passend zum Kleid gekauft – klapperten auf dem Asphalt der Straße und sie bemühte sich um einen anmutigen Gang. Sesshoumaru wartete sicher schon auf sie – Kikyou hatte sie aufgehalten. Schon nach wenigen Schritten hoffte sie wirklich, dass sie heute Abend nicht viel laufen musste, denn diese Schuhe, so schön sie auch aussahen, waren die reinsten Folterinstrumente. Wie schafften es manche Frauen nur, den ganzen Tag in solchen Latschen herumzustolzieren und nicht einmal das Gesicht zu verziehen? Kagome hätte beinahe einen Fluch ausgestoßen, beherrschte sich aber. Wie würde das aussehen? Stattdessen schob sie den Gurt ihrer Handtasche höher auf die Schulter, zupfte noch einmal an ihrem Kleid herum, dass es auch ja richtig saß, und verließ den Gehweg, um die letzten Meter zum Eingang des Restaurants über den gepflasterten Privatweg zurückzulegen. Sesshoumaru wartete tatsächlich schon auf sie, in dem kleinen Hof des Restaurants, der anscheinend allein für diesen Zweck geschaffen war. Zwei weitere Männer in Abendkleidung standen in der Nähe und unterhielten sich leise miteinander. Sie blickten beide auf, als Kagome auf den Hof trat, wandten sich aber wieder ab als sie realisierten, dass die ankommende Frau die Begleitung eines anderen war. Sesshoumaru allerdings sah ihr nur entgegen, angestrahlt von dem goldenen Licht, das durch die großen Glastüren des Restaurants fiel. In Abendgarderobe, das lange, weiße Haar zu einem Zopf geflochten, die mandelförmigen Augen beinahe wie aus flüssigem Gold, gab er ein Bild für die Götter ab. Er sah so gut aus, dass Kagomes Herz für einen Moment aufhörte zu schlagen, nur um doppelt so schnell weiterzuhämmern. Sie schluckte hart, ihr Hals war plötzlich trocken und ihre Knie fühlten sich an, als würden sie jeden Augenblick nachgeben. Trotzdem ging sie weiter und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sein Anblick sie aus der Bahn warf. Unter normalen Umständen sah er schon bemerkenswert gut aus, aber jetzt… Sie fühlte sich beinahe unzulänglich neben ihm, als sie seinen Gruß erwiderte, aber als sie ihm in die Augen sah, wusste sie, dass das nicht nötig war. Er sagte nicht viel, aber sein bewundernder Blick sprach Bände und ließ sie erröten. Sie musste aussehen wie … ein Engel oder eine Göttin. Das Essen verlief – wider Erwartung – äußerst gut. Sesshoumaru lachte sogar einige Male über ihre Witze oder lächelte zumindest. Kagome fand, sie hatte ihre Sache äußerst gut gemacht und hoffentlich interessant genug gewirkt. Sie hatte sich wirklich angestrengt, ihm zu gefallen, denn sie wollte genau das. Ihm gefallen. Interessant auf ihn wirken, auch wenn sie ihm, der so viel in der Welt herumgekommen war, der Firmen mit nur einem Wort vernichten konnte und so viel Erfahrung und Macht hatte, nicht viel bieten konnte. Aber anscheinend dachte Sesshoumaru anders. Denn er schien – wenn sie ihre Menschenkenntnis nicht gänzlich trügte und das glaubte sie nicht, denn zumindest darauf hatte sie sich immer verlassen können – ihre Gesellschaft wirklich zu genießen. Als er sie schließlich am Arm nach draußen führte, wo seine Limousine auf sie wartete, war sie zufrieden mit sich. Der große, von Chrom selbst im Licht der Straßenlaternen glitzernde Wagen brachte sie nicht weit – nur zu dem Opernhaus einige Straßen weiter. Madame Butterfly wurde auf großen Plakaten angekündigt. Sie hätte beinahe gelacht, als sie die Aushänge sah, beherrschte sich aber. Es kam ihr wie ein bizarres Omen vor. „Ich hoffe, die Wahl unserer Abendunterhaltung ist dir nicht zuwider?“, wollte Sesshoumaru wissen, als die Limousine sich langsam durch den Verkehr schlängelte, damit sie direkt vor dem Eingang aussteigen konnten. Kagome späte aus dem verspiegelten Fenster und schüttelte lächelnd den Kopf. „Wie könnte ich? An deiner Seite…“ Sie lehnte sich zurück und sah ihn von der Seite aus an. Er blickte aus dem Fenster, sein starkes Profil umgeben von einem Lichtkranz, den die hellen Straßenlampen erzeugten. Doch für Kagome sah es einfach so aus, als würde es von ihm kommen, den Mann, in den sie sich langsam, aber sicher zu verlieben schien. Sie war so närrisch. Sie war nicht für ihn und er sah in ihr sicher kaum mehr als Zeitvertreib. Oder doch nicht? Er war schließlich nicht für seine wilden Frauengeschichten bekannt, eher im Gegenteil – dafür, jeglicher Beziehung aus dem Weg zu gehen. Also schien ihm tatsächlich etwas an Kagome zu liegen, dass er sie so großartig ausführte. Bei dem Gedanken begann ihr Herz schneller zu schlagen. Sesshoumaru wandte den Kopf und blickte ihr direkt in die Augen. Einer seiner Mundwinkel zog sich leicht nach oben zu der Andeutung des Lächelns, die ihr schon so bekannt war. Vielleicht, nur vielleicht, würde sie irgendwann ein richtiges Lächeln aus ihm herauskitzeln. Sie würde jedenfalls nichts unversucht lassen. „Dann setze ich voraus, dass du dich nachher prächtig amüsieren wirst…“, erklärte Sesshoumaru trocken und Kagomes Schmunzeln wurde breiter. Doch sie kam nicht dazu, zu antworten, denn er sah sie immer noch so seltsam an und mit einem Mal fiel ihr auf wie nah er ihr eigentlich war. Nur Zentimeter trennte ihre Gesichter und wenn sie den Kopf genau so drehen und sich etwas vorbeugen würde, würden ihre Lippen sich berühren und… Für einen Moment war Kagome versucht, sich zurückzulehnen und den Augenblick verstreichen zu lassen. Dann erinnerte sie sich daran, worum es ging und dass sie Sesshoumaru küssen konnte, wenn sie nur den Mut dazu aufbrachte. Sie wäre doch wirklich dumm, wenn sie nicht…! Und dann beugte sie sich einfach vor und küsste ihn, vorsichtig, sanft, schmetterlingsleicht. Ihr Herz krampfte sich dennoch schmerzhaft zusammen und ihr fuhr durch den Kopf, dass sie das nicht hätte tun sollen. Das hier ging alles einen Schritt zu weit… Doch dann bewegte er die Lippen und es war, als jagten Lichtblitze durch ihren Körper und jeder Gedanke an alles andere war wie weggewischt. Es war kein leidenschaftlicher, wilder Kuss, bei dem sie sich gegenseitig die Zungen in den Hals schoben, sondern etwas viel Sanfteres, Ruhigeres – Besseres. Sie schmolz einfach in seine Arme, umfasste vorsichtig mit beiden Händen sein Gesicht und erwiderte den Kuss mit aller Sehnsucht, zu der sie fähig war. Fühlte sich so das Glück an? Vergessene Gefühle drängten sich an die Oberfläche und ihre Augen wurden feucht, aber sie ließ Sesshoumaru nicht los, die Stirn an seine gepresst, und seine Hände lagen an ihren Hüften, selbst nachdem sich ihre Lippen voneinander getrennt hatten, bis der Fahrer an die Trennschreibe klopfte und sie darauf aufmerksam machte, dass sie schon längst angekommen waren. Langsam lösten sie sich endgültig voneinander und sammelten ihre Gedanken. Kagome brauchte einen Moment länger um sich zu fangen, während Sesshoumaru bereits ausstieg und ihr hilfreich die Hand hinhielt. Er half ihr beim Aussteigen, nahm sie am Arm und führte sie die breite Freitreppe hinauf. Ihre Lippen schienen in Flammen zu stehen, das Blut rauschte in ihren Ohren und sang in ihren Adern. Für einen Moment, für einen einzigen Moment nur war alles gut und sie fühlte sich vollkommen glücklich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)