Blut und Wasser von Arianrhod- ([SessKag]) ================================================================================ Kapitel 1: Part II ------------------ Der Bass, der aus den riesigen Boxen tönte, brachte die Wände und den Boden zum Zittern, obwohl sich die Lautsprecher drei Zimmer weiter befanden. Das Flirren und Flimmern der bunten Diskolampen schmerzte in ihren Augen und verursachte ein leichtes, aber anhaltendes Hämmern hinter ihrer Stirn. Der Geruch der von Alkohol, Schweiß und Parfüm geschwängerten Luft verursachte ihr Übelkeit. Kagome schwenkte leicht den klaren Drink in ihrer Hand – Wasser, wie sie hoffte – und ihr Blick schwirrte überall hin ohne sich zu fokussieren. Diese stampfende Musik und die Lichter machten sie ganz verrückt und ließen nicht zu, dass sie sich auf etwas konzentrierte. Vielleicht sollte sie sich den Inhalt des Glases einfach über den Kopf schütten. Vielleicht brachte das was, denn immerhin schien es kühl zu sein, wenn man den Eiswürfeln darin Glauben schenken konnte. Aber das würde ganz sicher die kunstvolle Frisur zerstören, mit der Kikyou so viel Mühe gehabt hatte, und sie würde aussehen wie ein begossener Pudel. Und die Blicke, die sie daraufhin ernten würde, würde sie lieber nicht bekommen wollen. Also ließ sie die Dusche blieben und nippte nur an dem Glas, vorsichtig – sie wollte keinen Wodka einfach so hinunterschütten. Doch es war tatsächlich nur Wasser, also nahm sie noch einen weiteren Schluck. Das kühle Getränk tat ihr gut, sofort ließ der Druck hinter ihren Augen etwas nach und sie fühlte sich sicher genug, aufzustehen um etwas herumzulaufen. Was sollte sie hier sonst tun? Herumsitzen? Das war zwar angenehmer als diese tausend anderen Sachen, die die Leute hier so taten, aber wurde auf Dauer doch etwas langweilig. Kagome stellte das inzwischen leere Glas auf einem Tisch ab, auf dem bereits weitere standen, und zupfte sich das kurze, schwarze Cocktailkleid zurecht. Sie wollte niemandem einen unbeabsichtigten Blick auf ihren Slip schenken und verfluchte sich erneut, weil sie zugelassen hatte, dass man sie hier hereinsteckte. Denn das Kleidungsstück verdiente diesen Namen nicht, es war eher ein Fetzen Stoff, mit dem sie sich nicht ausreichend verhüllt fühlte. Aber Kikyou hatte gesagt, es sähe gut aus und für eine Party wie diese bräuchte sie so etwas. Manchmal ging ihr ihre Schwester ja so etwas von auf den Geist… Kagome schob sich an tanzenden, schwitzenden Körpern vorbei, versuchte, nicht auf die Gruppe junger Leute in der Ecke zu achten, die sich völlig offen Koks auf einem Glastisch vorbereiteten, wich hastig einer Dusche teuren Alkohols aus, den irgendwer im Überschwang vergoss und es noch nicht einmal merkte, wandte hastig den Blick von einem – vermutlich betrunkenen – Pärchen hab, dass es in einer dunklen Ecke des Zimmers … tat. Ihr wurde übel bei dem Gedanken, was hier alles geschah, welche Untiefen der menschlichen Seele hier so genüsslich und offen ausgelebt wurden. Die Polizei könnte hier vermutlich gleich die Hälfte im Stehgreif festnehmen, weil sie irgendetwas Illegales tat, und die andere Hälfte aus Prinzip ebenfalls. Aber bei einem war Kagome sich ganz sicher – die Polizei würde hier nicht auftauchen und wenn sie es doch tat, würde sie alle mit ausgesuchter Höflichkeit behandeln. Denn das tat man einfach mit Geldadel und derartig mächtigen Leuten oder Kindern mächtiger Leute. Kagome schob den Gedanken beiseite; wie sollte sie sich unter die Menge mischen, wenn ihr der Abscheu ins Gesicht geschrieben stand? Denn dies war das Who’s who der Reichen und Schönen dieser Stadt, der, die etwas waren und es zu etwas gebracht hatten. Wer hier war, war in. Wer nicht kommen durfte, den würde die High Society nicht einmal mit dem Arsch anschauen. Und sie, Kagome, lebte in diesem Moment den Traum so vieler junger Mädchen und wünschte sich ganz weit weg. Aber sie hatte ja auf Kikyou hören müssen und nun waren sie beide hier, auch wenn sie ihre Schwester schon lang aus den Augen verloren hatte. Ein Mann rempelte sie an. Für einen Moment wirkte es, als wolle er sie anschnauzen, aber dann breitete sich ein bewunderndes, gieriges Lächeln auf seinem Gesicht aus und er streckte die Hand nach ihr aus. Mit einem zerstreuten Lächeln winkte sie ab und schob sich hastig an ihm vorbei. Sie hatte jetzt keine Lust auf so etwas. Nicht auf tanzen, nicht auf einen Drink, schon gar nicht mit ihm, und erst recht nicht auf anonymes Rumgefummele im Dunkeln. Außergewöhnlich lauter Lärm und Gegröle rissen ihre Aufmerksamkeit auf sich und sie machte sich auf den Weg um zu sehen, was dort los war. Sie war nun mal von Natur aus neugierig und was hatte sie schon besseres zu tun? Da konnte sie ebenso gut nachschauen, was das sollte und … Es war Kikyou. Kikyou und eine zweite Frau, eine schöne, zierliche Frau mit jettschwarzem Haar und schwarz geschminkten Augen, die heftig miteinander zu Gange waren. Kagome verzog entsetzt und angewidert das Gesicht. Wie konnte Kikyou nur…?! Es war kein Wunder, dass sie all die Aufmerksamkeit auf sich zog, dass alle sie und diese andere Frau über die Maßen aus anstarrten. Ihre Schwester war ein Hingucker, keine Frage. Das rote Cocktailkleid schmiegte sich eng um ihre scharfen Kurven, ihr langes, kohlschwarzes Haar war zu einem Kunstwerk hochgesteckt. Manchmal fragte Kagome sich, ob sie tatsächlich die gleichen Gene hatten. Kikyous vollen Lippen waren rot geschminkt und feucht von Speichel und war das eine Zunge?! Was dachte Kikyou sich eigentlich?! Wo war ihr Anstand geblieben, war sie etwa so betrunken, wo war ihre sonst so gepriesene Selbstbeherrschung?! Kagome schloss entsetzt die Augen, aber das Bild ging nicht weg. Darum versuchte sie, überall hinzusehen, nur nicht zu ihrer Schwester, und sich gleichzeitig aus dem Gewimmel der anfeuernden, begeisternden Massen zu befreien, die einen Kreis um die beiden Frauen gebildet hatten. Dann sah sie ihn. Er lehnte lässig an einer Wand, den kühlen Blick, in dem Ekel und Abscheu geschrieben stand, auf ihre Schwester und die andere Frau gerichtet, das Gesicht wie in Stein gemeißelt. Er war auf eine abweisende, aristokratische Art schön, die Züge stolz und klar, das Kinn energisch. Sein Körper war hochgewachsen und offensichtlich in Form gehalten und sein hüftlanges Haar seidig und schneeweiß. Er trug es zu einem Zopf gebunden und über eine Schulter geworfen, wirkte lässig und abweisend zugleich. Es war deutlich, dass er kein Interesse an dieser Party hatte, aber nicht wie bei Kagome, die sich ganz weit weg wünschte. Nein, es wirkte eher, als sei jeder hier nicht gut genug für ihn. Jede Anstrengung, ihm zu genügen, würde einfach nicht reichen. Sie wusste sofort, wer er war: Sesshoumaru Takahashi, seines Zeichens CEO der Takahashi Corporation, Mogul eines ganzen Firmenimperiums, einer der reichsten Männer der Welt und der begehrteste Junggeselle Japans. Außerdem war er ihr Gastgeber – offiziell zumindest, denn es war in bestimmten Kreisen wohlbekannt, dass es in Wirklichkeit seine Mutter war, die diese Partys schmiss, in der Hoffnung, dass ihr Sohn endlich die Richtige finden würde. Aber wenn sie dachte, er würde an einem solchen Ort die passende Kandidatin finden, kannte sie ihren Sohn wohl nicht gut, wenn man nach der Verachtung urteilte, die in seiner ganzen Haltung zu lesen war. Kagome sah wieder zu Kikyou hinüber, die, so wie sie sich im Moment verhielt, ganz sicher keine Frau für Sesshoumaru war. Sie wandte den Blick wieder von ihrer herumhurenden Schwester ab und ließ sich von der Menge davontreiben, bis sie einen Platz an der Wand fand, an die sie sich lehnen und erst mal vom Getümmel wegbleiben konnte. „Du siehst aus, als wärest du lieber in einem Becken voller Piranhas als hier.“, sagte plötzlich eine angenehme Stimme neben ihr und sie zuckte heftig zusammen, ehe sie sich umwandte und direkt in faszinierend goldene Augen starrte. Sie schienen beinahe zu leuchten… Gewaltsam riss sie sich von dem Anblick los und konzentrierte sich auf die Person, die sie angesprochen hatte. Es war Sesshoumaru und er wirkte eindeutig amüsiert, auch wenn sein Gesicht kaum eine Regung zeigte. Verspätet fiel ihr auf, dass sie etwas auf seine Bemerkung sagen sollte, und stotterte: „Äh… J…ja. I… ich bin … wir…“ Sie klappte den Mund zu und holte tief Luft. Wenn sie weiter so herumstammelte, machte sie sich zur Idiotin. „Meine Schwester hat mich hergeschleift.“ Er zog wortlos eine Augenbraue hoch. „Und einfach so wieder gehen kann ich auch nicht, jetzt, wo ich schon hier bin. Und der Abend ist sowieso verbraucht.“ „Soso.“, machte er und löste sich von der Wand. „Interesse, diesen Abend vielleicht etwas … angenehmer zu gestalten?“, wollte er dann wissen. Sie nickte begeistert. „Gern! Aber nichts, das mit dieser Party zu tun hat, bitte. Ich meine, nicht, dass ich Sie beleidigen will oder so.“, fügte sie rasch hinzu, als ihr bewusst wurde, dass sie hier mit ihrem Gastgeber sprach. „Das ist sicher eine tolle Party. Ich meine, für Leute, die solche Partys mögen. Nicht für mich. Ich wäre lieber mit einem guten Buch zuhause und…“ Er brachte sie mit einem Blick und einer hochgezogenen Augenbraue zum Schweigen – seh ich so aus, als genieße ich das hier? schien er damit sagen zu wollen. Sie klappte den Mund wieder zu. Anscheinend wollte ihr Hirn sie in einem Gespräch mit ihm nur mit Blödsinn versorgen, also sagte sie lieber gar nichts, sondern folgte ihm einfach in ein abgelegenes Zimmer. Niemand war hier – nur auf dem Gang knutschten und fummelten einige Pärchen herum, die anscheinend etwas mehr Anstand hatten als ihre Schwester, denn sie hatten sich immerhin einen etwas abgelegeneren Ort gesucht – und selbst die Musik verkam zu einem Hintergrundgeräusch. Das Zimmer war geschmackvoll möbliert, mit einer Sitzgruppe unter einigen hohen Fenstern und Regalen voller Bücher, die bis unter die Decke reichten. Kagome war absolut fasziniert davon, aber das war anscheinend nicht Sesshoumarus Ziel. Denn auf dem Tisch stand ein augenscheinlich teures, kunstvoll gearbeitetes Schachspiel. Mit einer Handbewegung deutete er ihr, ihm gegenüber Platz zu nehmen, während er sich bereits in einen bequem wirkenden Sessel sinken ließ. Nach kurzem Zögern folgte sie der Aufforderung. Warum kein Schach? So, wie er die Figuren betrachtete, schien er das Spiel zu mögen… Und sie spielte aus Prinzip einfach gern, ganz egal, was. War das ganze hier nicht auch eine Art Spiel? „Vielleicht kann dies einen sonst so vergeudeten Abend retten. Dies und eine angenehme Gesellschaft.“, bemerkte Sesshoumaru. Sie lachte und fühlte sich das erste Mal an diesem Abend wohl. Was für ein schräger Vogel war sie, dass sie ein Schachspiel mit ihrem Gastgeber interessanter fand als die wilde Party, die in den anderen Zimmern vor sich ging? Sie streckte eine Hand mit rot lackierten Fingernägeln nach einem der weißen Bauern aus und eröffnete die Partie. Sie wusste von vorn herein, dass sie verlieren würde, aber darum ging es bei diesem Spiel ja gar nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)