Süße Erinnerungen.. von Arisa-Yuu (an dich) ================================================================================ Kapitel 1: Pralinen ------------------- “Tut mir leid. Ich weiß, wie sehr du dich auf den Abend gefreut hast, aber ich kann die Besprechung nicht verschieben. Ich verspreche dir das Wir das morgen Nachholen..“ Es war immer wieder das Gleiche. Ich hatte mich seid über einer Woche auf diesen Tag gefreut. War sogar gestern bei einem Friseur gewesen, um für meinen Freund extra schön auszusehen und nun kam wieder seine Arbeit dazwischen. Kein leckeres Essen. Kein Abend nur zu zweit. “Schon in Ordnung..“ wehrte ich matt ab, während mir Kai einen flüchtigen Kuss auf die Lippen hauchte. Ich schaffte es sogar ein schwaches Lächeln aufzulegen, wenn auch nur für einen kurzen Moment. “Ich beeile mich, dann können wir den Rest des Abends zusammen verbringen..“ , versprach er und ich konnte deutlich sehen, dass das schlechte Gewissen an ihm nagte. Zu Recht. Er versetzte mich schließlich nicht das erste Mal und es würde ganz sicher auch nicht das letzte Mal gewesen sein. “Okay..“ war mein schlichter Kommentar dazu, dann war Kai auch schon aus der Wohnung verschwunden. Stumm lehnte ich an der Wand im Flur. Noch immer mit dem Armen vor der Brust verschränkt und mit einem äußerst unzufriedenen Gesichtsausdruck. Den nur leider keiner sah. Schnell wurde ich des Bloßen rum stehen überdrüssig und begab mich deshalb ins Wohnzimmer, wo ich mich geräuschvoll auf die Couch plumpsen ließ. Dort blieb ich erst einmal bewegungslos liegen und starrte an die Decke über mir. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie ich den Abend sinnvoll nutzen sollte. Es war Freitag. Ich war alleine und hatte nicht die geringste Lust irgendetwas zu tun. Ich könnte schlafen, dazu war ich allerdings nicht müde genug. Mein Blick wanderte zum Fernseher, aber mich sinnlos durch die Programme zu zappen, reizte mich genauso wenig, wie die Bügelwäsche, die seid heute Morgen auf mich wartete. Lustlos seufzend drehte ich mich auf die Seite und pustete mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Danach ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Ein verträumtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich die vielen Bilder von Kai und mir an einer der Wände betrachtete. Wir hatten früher viel zusammen unternommen, da uns viele Hobbys verbunden, wie kochen, lesen und die verschiedensten Sportarten. Wir hatten immer Spaß zusammen, egal ob wir einfach nur schweigend nebeneinanderlagen und Bücher lasen, oder ob wir in einer vollen Karaokebar zusammen Lieder sangen, die wir nicht kannten. In den vergangenen Monaten hatten wir das nur noch selten getan, weil Kai beruflich aufgestiegen war und dadurch automatisch mehr arbeiten musste. Ich ließ meinen Blick weiter wandern und blieb an dem Couchtisch oder besser gesagt, an dem was sich darauf befand, hängen. Eine Pralinenschachtel! Nichts Besonderes in unserer Wohnung. In beinahe jedem Raum war etwas Süßes zu finden, sogar im Schlafzimmer. Ich nahm die Schachtel an mich und öffnete sie. So viele kleine Leckerein, in allen möglichen Farben, Geschmacksrichtungen und Formen. Und das Beste war, sie warteten nur darauf von mir verspeist zu werden. Ich musste noch nicht einmal teilen, sonst entbrannte nämlich immer ein Streit zwischen meinen Freund und mir, wer was bekam und wie viel. Meistens zog er den Kürzeren. Denn wenn es um Schokolade ging, hörte bei mir der Spaß auf und ich wurde regelrecht zum Raubtier oder zu einem schmollenden Kleinkind, wenn ich nicht das bekam, was ich wollte. Voller Vorfreude leckte ich mir über die Lippen, ehe ich mich wieder auf den Rücken legte und die Schachtel auf meinen Bauch platzierte. Ich schloss meine Augen und nahm blindlings die erste Praline zwischen die Finger, führte sie zu meinem Mund und mit einem Happs war sie auch schon in diesen verschwunden... Bitterschokolade~ Die kleine Masse schmolz auf meiner Zunge. Ein leicht herber Geschmack durchflutete meine Sinne und erinnerte mich an den Tag, als ich das erste Mal mit Kai gesprochen hatte. Ich hatte mich in einen Backkurs eingeschrieben. An dem, wie der Zufall es so wollte, auch Kai teilnahm. Wir beiden waren die einzigen Männer in einen Kurs von dreißig Teilnehmern. Mein Freund gestand mir später, dass er eigentlich nur dort gewesen war, um eine Frau kennenzulernen, bis er sich doch mehr für mich interessierte. In den ersten Backstunden, gingen wir uns aus dem Weg, so weit das möglich war. Wir warfen uns lediglich verstohlene Blicke zu, wenn wir dachten, der Andere würde es nicht merken. Ziemlich kindisch für zwei erwachsene Männer. Das änderte sich an dem Tag, als wir Schokoladenkuchen backen sollten. Kai hatte seltsamerweise einen Platz direkt neben mir gewählt. Stumm rührten wir in unseren Töpfen herum, in welchen sich die geschmolzene Schokolade befand. Der süßliche Geruch stieg mir in die Nase und ich konnte es einfach nicht länger abwarten. Ich musste naschen! Ich nahm mir einen Löffel, tunkte ihn in die geschmolzene Schokolade und schob ihn danach blitzschnell in meinen Mund. Das Ergebnis war, das ich mir meine Zunge verbrannte. Mit hochrotem Kopf beugte ich mich über die Spüle und drehte den Wasserhahn auf, um meine Zunge darunter halten zu können. “Geht es dir gut..?“, fragte mich unerwartet eine männliche Stimme. Peinlich berührt sah ich zu meinem Nebenmann auf und nickte, da ich mit der Zunge immer noch unter dem Wasserstrahl hing. Ich musste sicher mehr als idiotisch ausgesehen haben in diesen Augenblick. Denn Kai war noch immer so perplex, dass er mich weiter blinzelnd ansah und schlussendlich schmunzelte. Das störte mich nicht, denn solche Dinge passierten mir öfters. Als das Brennen auf meiner Zunge wieder nachgelassen hatte, stellte ich das Wasser wieder ab und nahm im gleichen Moment einen ziemlich versenkten Geruch war. “Deine Schokolade ist angebrannt..“ klärte mich Kai ruhig auf und ich konnte nichts tun, als den Topf schnell von der Herdplatte zu nehmen, wobei ich mir natürlich beinahe die Hände verbrannte. “So ein Mist. Wie soll ich jetzt einen Schokoladenkuchen backen, ohne Schokolade...“ murmelte ich betrübt vor mich hin und ließ die Schultern hängen. “Du kannst welche von mir haben. Ich habe sowieso zu viel gemacht..“bot mir Kai freundlich lächelnd an. Bei diesem Anblick wäre ich fast selbst geschmolzen. Denn mir fielen zum ersten Mal, neben seinen bezauberndem Lächeln, auch seine schokobraunen Augen auf. Dankbar lächelte ich ihn an und nickte. Mein Lächeln wurde noch breiter, als er mir einen Löffel mit ein wenig geschmolzener Schokolade entgegen hielt. “Willst du probieren..?“, wollte er rhetorisch wissen, weil es außer Frage stand, das ich das Angebot ablehnen würde. Dieses Mal pustete ich jedoch, bevor ich probierte. Ich wollte mich kein zweites Mal verbrennen und das tat ich auch nicht. Jedenfalls nicht an der Schokolade... ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ Die Praline in meinen Mund war mittlerweile vollkommen verschwunden und auch der Geschmack war so ziemlich verflogen. Lächelnd nahm ich mir den nächsten Leckerbissen aus der Schachtel und verleibte ihn mir ein... Vollmilchschokolade~ Ich liebte die nicht wirklich aufdringlichen süßen Geschmack, bei dem ich wie auf Knopfdruck gute Laune bekam. Was nicht nur an dem frei werdenden Serotonin lag, sondern auch daran, dass ich an meinen ersten Kuss denken musste, den ich von Kai bekommen hatte. Nachdem das Eis zwischen uns gebrochen war oder in unseren Fall eher die Schokolade, verstanden wir uns blendend und trafen uns bald auch außerhalb des Kurses. Darüber freute ich mich sehr, obwohl ich mir unsicher war, in welche Richtung unsere Beziehung laufen würde. Würden wir nur gute Freunde werden oder könnte sich unter Umständen mehr daraus entwickeln..? Ich beschloss es einfach auf mich zukommen zu lassen, um mir eine Enttäuschung zu ersparen. Für den Fall, dass Kai nicht an einer Beziehung interessiert war. Mir reichte es aus ihn in meiner Nähe zu haben. Jedenfalls versuchte ich mir das immer wieder einzureden. Erfolglos.. Ich hatte mich in Kai verliebt. Ich versuchte meine Gefühle so gut es ging zu überspielen und traf mich weiterhin mit ihm. An einem der ersten warmen Frühlingstage schlenderten wir zusammen über ein Straßenfest und ich schaffte es sogar ihn zu überreden mit mir Riesenrad zu fahren. Vorher hatte ich natürlich noch etwas Süßes gekauft. Einen Schokoladen überzogenen Apfel. “Wie kannst du hier etwas essen..?“, fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue nach, während sich die Gondel, in der wir saßen, langsam nach oben bewegte. Das leichte Schaukeln schien Kai noch weniger zu gefallen, wie der immer größere Abstand zur sicheren Erde. “Ich kann immer essen..“, nuschelte ich ihm, ohne zu zögern entgegen. Denn ein empfindlicher Magen war mir fremd. Wenn man von den Bauchschmerzen nach übermäßigen Gummibärchen und Schokoladen verzehr absah. Stille machte sich breit, was ich auf Kais Höhenangst zurückführte und darauf das mir nicht sonderlich nach Reden zumute war. Es war nicht leicht für mich in der Nähe des Brünetten nicht schwach zu werden. Ich konnte es nicht verhindern, das ich mich während einer Umarmung mehr an ihn schmiegte, wie es normale Freunde taten oder das ich mich leicht an ihn lehnte, wenn er neben mir saß. Mehr traute ich mich allerdings nicht. “So wie du deinen Apfel anstarrst, scheinst du dich in ihn verliebt zu haben..“ riss mich die belustigte Stimme meines Schwarms aus meinen Gedanken und ich bemerkte jetzt erst, dass die Gondel zum Stehen gekommen war. Ganz oben, sodass wir einen wunderschönen Ausblick auf das Treiben unter uns hatten. “Ich liebe nun einmal Süßes..“, murmelte ich sichtlich verlegen und konnte fühlen, wie meine Wangen rot wurden. Deshalb vermied ich es strikt Kai anzusehen und sah stattdessen stur geradeaus. “Könntest du ein bisschen von dieser Liebe für mich erübrigen..?“, wisperte er mir plötzlich ins Ohr, woraufhin ich eine Gänsehaut am ganzen Körper bekam. Ich wendete ihm zögerlich mein Gesicht zu und musste feststellen, dass er mir viel näher war als zuvor. Wir sahen uns tief in die Augen. Mein Herz schlug mir biss zum Hals. Ich konnte nicht fassen, was er gesagt hatte und brachte dementsprechend keinen Ton über die Lippen. Nach etlichen Sekunden brachte ich schließlich ein knappes Nicken zustande und hoffte, dass das für Kai genug Antwort war. Sofort lächelte er mich sanft an. Mir fiel ein riesen Stein von Herzen. Ich schaffte es sogar ihn ebenfalls schüchtern anzulächeln. Unsere Gesichter bewegten sich weiter aufeinander zu, bis sich unsere Lippen fanden. Kai schmeckte besser als jede Schokolade der Welt und machte mindestens genauso süchtig.. ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ Ein zufriedener Seufzer verließ meine Lippen. Am liebsten hätte ich meinen Freund jetzt geküsst und ihm gesagt, das ich ihn liebte, aber das musste ich auf später verschieben. Momentan blieben mir nur die Pralinen. Noch während ich das dachte, fischte ich mir eine neue aus der Verpackung und warf sie mir zielsicher in den Mund.. Nougat~ Das war eine meiner Lieblingssorten und das wirksamste Mittel mich zu beruhigen. Neben Kais Küssen versteht sich. Seid wir zusammen waren, hatte er immer einen kleinen Vorrat irgendwo versteckt. Für Notfälle! Zum Beispiel, als er mich seinen Eltern vorstellen wollte. Ich war so nervös, dass er auf der Fahrt zu ihnen dreimal anhalten musste, damit ich auf Toilette gehen konnte und das, obwohl sie gerade einmal eine Stunde von uns entfernt wohnten. In Gedanken ging ich immer wieder die Begrüßung durch. Bekanntlich zählte der erste Eindruck am meisten und ich wollte um jeden Preis, dass sie mich mochten. “Ganz ruhig. Sie werden dir schon nicht den Kopf abbeißen. Dazu hast du einen viel zu großen Dickschädel..“ versicherte mir mein Freund schmunzelnd. In dem Versuch witzig zu sein und mich abzulenken. Was mir jedoch nicht sonderlich weiter half. Ich bedachte ihn mit einem schmollenden Blick und fuhr damit fort meine Hände zu kneten. Eine alte Angewohnheit, wenn ich nicht wusste, was mich erwarten würde. “Ich habe ihnen bereits von dir erzählt. Sie wissen, dass du ein Mann bist. Du musst dir keine Sorgen deswegen machen..“ redete er weiter liebevoll auf mich ein, während er das Auto durch die Straßen lenkte. “Und wenn sie mich trotzdem nicht mögen..?“ gab ich kleinlaut von mir und senkte meinen Kopf. Ich war erleichtert das Kais Eltern so tolerant waren. Es war nicht selbstverständlich, das ein schwuler Sohn seinen Partner mit nach Hause bringen durfte. Trotzdem bestand immer noch die Gefahr, dass ich ihnen nicht zusagte. Aus welchen Grund auch immer. “Das ist nicht möglich. Dich muss man einfach mögen, Nao..“ Kai meinte es sicher ernst, trotzdem konnte er mich dadurch nicht beruhigen, ganz im Gegenteil. Ich rutschte nur noch mehr auf meinen Platz herum und hatte das Gefühl schon wieder auf Toilette zu müssen. Minuten später hielt das Auto plötzlich. Sofort sah ich auf und erkannte das wir vor einem kleinen Häuschen standen. Ich schluckte trocken. “Nao, sieh mich an..“, forderte mein Freund mich sanft, aber dennoch nachdrücklich auf. Nur langsam drehte ich meinen Kopf in seine Richtung, sah ihn aber dennoch nicht an. “Egal was passiert. Ich werde dich immer an deiner Seite sein. Immer..“ redete er einfühlsam weiter, gleichzeitig hörte ich ein leises Papier rascheln. “Ich weiß, aber..“, wollte ich erneut widersprechen, doch da schob mir Kai ein kleines Schokoladenstück in den Mund, was mich daran hinderte die Diskussion weiter zu führen und gleichzeitig einen wunderbar süßen Geschmack in meinen Mund hinterließ. Nougat. Erst jetzt traute ich mich meinen Freund anzusehen. Ob es an dessen Worten oder an der Schokolade lag, wusste ich nicht. Wahrscheinlich an beiden. Er lächelte. “Ich liebe dich..“, wisperte er und mir war klar, das nichts Schlimmes passieren würde. “Ich liebe dich auch..“ ~ * ~ * ~ *~ * ~ * ~ * ~ * ~ Ich verstand mich mit Kais Eltern ausgezeichnet. Mit seiner Mutter tauchte ich sogar regelmäßig Rezepte aus. Wenn ich gewusst hätte, dass sie mich tatsächlich mit offenen Armen empfangen würden, wäre ich nie so nervös gewesen und hätte viel Flüssigkeit gespart. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf, während ich die Schachtel nach meinem nächsten Opfer absuchte. Schnell wurde ich fündig und steckte mir die kleine quadratische Süßigkeit in den Mund.. Marzipan~ Diesen unverwechselbaren Geschmack würde ich immer und überall wieder erkennen, besonders das selbst gemachte von Kai. Das durfte ich zum ersten Mal kosten, als wir zusammenzogen. Wir hatten nach längerer Suche eine kleine Wohnung in Tokyo gefunden. Jeder in der Stadt weiß, wie schwer das ist. Trotzdem hatten wir nicht aufgegeben, bis wir durch ein wenig Glück unsere Traumbehausung entdeckten und tatsächlich einziehen konnten. Das Einzige, was mir nicht gefiel, waren die weißen Wände überall. Da erinnerte mich an ein Krankenhaus und das wollte ich schnellst möglich ändern. Kai schien das nicht zu stören, weswegen er seine Zustimmung nicht gerade enthusiastisch ausfiel. Nachdem ich ihm aber versprochen hatte nur das Wohnzimmer und das Schlafzimmer zu streichen, gab er sich geschlagen. Voller Elan kaufte ich Farbe, Pinsel, Abdeckfolie und Abklebebänder. Ich hatte mich dazu entschlossen das Wohnzimmer in einem hellen Ockerton zu streichen. Das Schlafzimmer sollte Blau erstrahlen. Kais Lieblingsfarbe. Um ihn damit überraschen zu können, fuhr ich nach der Arbeit zu der Wohnung. Kai machte Überstunden und würde es also nicht merken. Morgen wollten wir zusammenziehen und bis dahin wollte ich zumindest das Schlafzimmer fertig haben. Nachdem ich die Folie auf dem gesamten Boden verteilt und mich beinahe selbst eingewickelt hatte, schnappte ich mir einen der Farbeimer und öffnete ihn unter. Besser gesagt, ich versuchte es. Ich zog und zerrte. Nahm einen Pinsel zur Hilfe und erreicht lediglich das der Griff abbrach. Trotzdem versuchte ich es weiter. Zehn Minuten verstrichen, dann bewegte sich der Deckel ein Stück nach oben. Ich wähnte mich siegessicher, zog mit aller Kraft an dem störrischen Teil und er löste sich endlich von dem Eimer. Allerdings mit so viel Schwung, dass ich ihn in einen direkten Freiflug an die Decke beförderte. Natürlich mit der Seite, an der sich die Farbe befand, die so zäh zu sein schien, dass das Ding da oben kleben blieb. Darum müsste ich mich später noch kümmern. Wenigstens kam ich nun an die Farbe.. Ich nahm einen Pinsel zur Hand und wollte in endlich in den Eimer tunken, da fiel mir etwas auf. Das Blau sah so gar nicht Blau aus, sonder eher..Lila. Um sicherzugehen, dass ich nicht an einer Farbschwäche litt, tauchte ich den Pinsel in die Farbe und strich einen kleinen Teil der Wand an. Auch dort wirkte das eigentliche Blau sehr Lila auf mich. Ratlos sah ich die Wand an. Ich hatte keine Lust schon wieder in den Baumarkt zu fahren, zumal es nichts bringen würde. Die Farben waren im Sonderangebot gewesen und daher vom Umtausch ausgeschlossen. Theoretisch hätte ich auch neue Farbe kaufen können, aber was sollte ich dann mit dem Lila machen? Wenn ich den Flur damit strich, würde Kai die Wohnung nicht mehr betreten. Vielleicht würde er es aber auch für Blau halten und sich freuen, wenn unser Schlafzimmer so erstrahlte. Die Wahrscheinlichkeit war gar nicht so klein. Er konnte nämlich nicht einmal Pink und Rosa auseinanderhalten, da würde es bei Blau und Lila nicht anders sein. Mit dieser Hoffnung im Hinterkopf begann ich, zu streichen. Schnell kam mir eine neue Erkenntnis. Ich war zu klein, um die Wand bis unter die Decke zu streichen. Ein guter Handwerker hätte sicher an eine Leiter gedacht. Ein guter Handwerker!!!. Ich war lediglich Leihe, und da wir morgen erst einziehen würden, befand sich, bis auf die Einbauküche, nicht einmal ein Stuhl in der Wohnung, auf den ich mich hätte stellen können. Trotzdem ließ ich mich nicht entmutigen. Ich machte weiter. Morgen konnte ich den weißen Streifen unterhalb der Decke immer noch streichen. Leise summend arbeitete ich weiter und ließ mir auch nicht durch die Farbspritzer, die in regelmäßigen Abständen auf meine Kleidung und Gesicht spritzten, die gute Laune nicht verderben. Nach einer guten halben Stunde war ich mit der ersten Wand fertig und sichtlich stolz auf mich. Ich trat ein paar Schritte zurück, um mein Meisterwerk besser betrachten zu können und trat zielsicher mit dem linken Bein in den Farbeimer.. Blinzelnd sah ich an mir herab. So etwas konnte wirklich nur mir passieren. Um den Ganzen die Krone aufzusetzen, fiel in diesen Augenblick der Farbdeckel von der Decke, direkt auf meinen Kopf. Wie gut das mein Freund mich nicht so sah. “Was machst du hier..?“ erklang Kais verwunderte Stimme und ich kam mir vor wie bei der versteckten Kamera. Missmutig setzte ich mich auf den Boden. Immer noch mit dem Fuß im Eimer und dem Deckel auf dem Kopf. “Ich streiche..“, brummte ich ihm entgegen. Mir war bewusst, wie bescheuert ich aussah. “Das..ist wirklich eine schöne Farbe..“ an der Stimme meines Freundes konnte ich hören, dass er sich sehr stark das Lachen verkneifen musste. “Blau..“, erklärte ich selbstsicher. “Blau..?“ anscheinend schien er doch ein besseres Farbgedächtnis zu haben, als ich ihm zugetraut hatte. Schweigend schaute ich zu ihm auf und beobachtete ihn, wie er die nun 'blaue' Wand begutachtete. Er hatte zwei große Tüten auf den Armen, in denen sich anscheinend Lebensmittel befanden. “Was machst du hier? Ich dachte du musst länger arbeiten..?“ fragte ich ohne Umschweife nach und erhielt dadurch wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit. “Ich dachte mir das wir morgen, in dem ganzen Stress, nicht mehr zum Einkaufen kommen werden und wollte den Kühlschrank auffüllen, damit wir morgen nicht verhungern. Außerdem wollte ich meine selbst gemachte Überraschung herbringen, um sie nicht noch zu vergessen..“ verkündete er lächelnd, ehe er auf mich zu lief und neben mir in die Hocke ging. “Überraschung..?“ meine Neugier war geweckt. “Ich wollte es dir erst morgen geben, aber weil du so fleißig warst, bekommst du es heute schon..“ brachte mein Freund schmunzelnd über seine Lippen, wobei er in einer der Tüten herumkramte. “Mach die Augen zu und den Mund auf..“ der Anweisung kam ich nur zu gern nach. Keine drei Sekunden später befand sich ein Stückchen Marzipan in meinen Mund und meine gute Laune war zurückgekehrt... ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ Wir hatten das Zimmer später zusammen gestrichen und obwohl es nun Lila war, nannte wir es beide Blau. Es war unser kleines Geheimnis. Seid dem hatte ich allerdings nie wieder einen Pinsel in die Hand genommen. Ich war zu tollpatschig für einen Handwerker. Mit dieser Erkenntnis nahm ich blindlings die nächste Praline an mich. Dieses Mal eine runde.. Rumkugel~ Angewidert verzog ich das Gesicht und schluckte das Stück schnell herunter. Es gab eine Zeit, in der ich Rumkugel wirklich lecker gefunden hatte und nicht genug davon bekommen konnte. Das hatte sich nach meinen letzten Geburtstag geändert. Alle meine Freunde und Verwandten kannten meine Vorliebe für die alkoholische Nascherei. Was zur Folge hatte, dass ich von nahezu jedem, neben einem richtigen Geschenk, ein Päckchen von den Kugeln geschenkt bekam. Selbst Kai war da keine Ausnahme. Wie ich nun einmal war, konnte ich der Versuchung schlecht widerstehen und naschte bei jeder Gelegenheit eine Rumkugel. Nachdem ich die Kerzen aus gepustet hatte, während mir ein Ständchen gesungen wurde, während ich mich mit meinen Gästen unterhielt und sogar während des Abendessens konnte ich meine Finger nicht von dem Konfekt lassen. Mit einem einfachen Resultat. Ich war der erste Mensch, der durch Rumkugeln einen Schwips bekam. Aber selbst davon ließ ich mich nicht abhalten weiter zu naschen. “Das war die Letzte für heute..“ mein Freund besaß tatsächlich die Frechheit mir die fast leere Schachtel aus der Hand zu nehmen und hinter seinen Rücken zu verstecken. “Güb sü wüda härr. Dasch sün meihnä..“ protestierte ich lallend. “Nein, du hattest schon mehr als genug davon und wir wollen jetzt mit den anderen anstoßen..“ “Schübschen isch verboden..“ “Ich meinte anstoßen auf deinen Geburtstag..“, versuchte er mir Augenrollen zu erklären. “Müd Rumgugäln..?“ “Mit Sekt..!“ war die deutlich genervte Antwort. “Sägt schmägt nisch..“ so schnell es mir in meinen Zustand möglich war, schüttelte ich meinen Kopf. Bereute es jedoch prompt. Denn vor meinem inneren Auge drehte sich alles. Die Wohnung. Die Möbel. Die Gäste. Das übertrug sich auf meinen Magen und mir wurde kotzübel. Es war einzig und allein Kai zu verdanken, das ich es noch rechtzeitig zum Badezimmer schaffte. Wo ich meinen Mageninhalt geräuschvoll in der Toilette entleerte. So schlecht war mir noch nicht einmal nach dem Hamburger Wettessen mit Reita gewesen. Von dem Rest des Abends bekam ich nichts mehr mit. Kai hatte mich ins Schlafzimmer getragen und auf unser Bett gelegt. Dort schlief ich meinen Süßigkeitenrausch aus.. ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ Nach diesem Tag wurde mir beim bloßen Anblick einer Rumkugel schlecht und ich hatte keine mehr zu mir genommen. Bis jetzt. Um den Geschmack schnell wieder zu vertreiben, steckte ich mir schnell ein anderes Schokoladenstück in den Mund.. Karamell~ Das war wieder vollkommen nach meinem Geschmack. “Hm~ “ entwich es mir genießend, während die Süßigkeit auf meiner Zunge zerging. Wie an unseren ersten Jahrestag. Ich weiß es noch ganz genau. Es war ein Mittwoch gewesen. Deswegen hatten wir uns darauf geeinigt, dass wir unser Jubiläum am Wochenende nachfeiern würden, weil wir beide bis spät arbeiten musste und dann sicher zu erschöpft wären, um noch zusammen auszugehen. Also hatte Kai für Samstag einen Tisch in unserem Lieblings Restaurant reserviert und wir würden den ganzen Tag zusammen verbringen. Nur wir allein. Trotzdem war ich ein bisschen traurig, das wir an unseren eigentlichen Jahrestag nicht viel Zeit füreinander hatte. Ich hatte Kai eine SMS schreiben müssen, um ihn mitteilen zu können, dass ich ihn liebe, weil er bereits die Wohnung verlassen hatte, bevor ich wach gewesen war. Gegen achtzehn Uhr öffnete ich leise seufzend die Haustür und trat in den Flur. Ich schaltete das Licht an, zog meine Schuhe aus und wollte nach meinem Freund rufen, da fiel mir etwas Ungewöhnliches auf den Boden auf. In einer Reihe lagen kleine Schokostückchen, die vom Flur direkt ins Schlafzimmer führten. Wie von selbst folgte ich der Spur. Da die Tür angelehnt war, schob ich sie lautlos auf. Mein Blick huschte sofort zum Bett. Dort lag Kai. Nur mit einer Short´s bekleidet. Auf seinen Oberkörper war ebenfalls Schokolade verteilt und an der Stelle, wo sich sein Herz befand, lag ein kleines Schokoladenherz. Das Niedlichste war allerdings, das er tief und fest..schlief. Auf Zehenspitzen näherte ich mich dem Bett und betrachtete ihn etliche Sekunden einfach nur. Ich beobachtete ihn oft, wenn er schlief, dann waren seine Gesichtszüge völlig entspannt und wirkte beinahe wie ein Engel auf mich. Und das war er auch. Mein süßer Glücksengel. Ganz vorsichtig krabbelte ich zu ihm auf das Bett. Ich wollte ihn nicht wecken. Noch nicht. Danach beugte ich mich ein wenig über ihn und verteilte viel kleine Küsse auf seiner hellen Haut. Vom Bauchnabel wanderten meine Lippen immer weiter hinauf. Zwischendurch ließ ich es mir nicht nehmen die Schokolade zu verspeisen. Karamell. Kai schien langsam, aber sicher wach zu werden. Was ich dadurch beschleunigte, dass ich über eine seiner Brustwarzen leckte und anschließend leicht dagegen pustete. “Hm.?“ kam es noch ein bisschen verklärt von dem Größeren, wobei er blinzelnd seine Augen öffnete. “Hallo Sweetheart..“ säuselte ich schmunzelnd, bevor ich ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund hauchte. “Entschuldige, dass ich eingeschlafen bin. Ich wollte eigentlich mit dir zusammen den Rest unseres Jahrestages feiern..“ gab er verzeihend von sich. “Das können wir immer noch. Ich habe schon angefangen dich zu vernaschen..“ meinte ich anzüglich grinsend und steckte mir anschließend ein Schokoladenstück zwischen die Lippen. “Gut, dann mach ich weiter und vernasch dich..“, raunte Kai ebenso grinsend, dann umschloss er die andere Hälfte der Schokolade mit seinen Lippen und verschloss dadurch die meinen... ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ In dieser Nacht erlebte ich einen Zuckerschock der anderen Art. Leise kicherte ich bei dem Gedanken und fühlte eine angenehme Wärme durch meinen Körper wandern. “Nao, ich bin wieder da..“, rief mein Freund aus dem Flur und ich öffnete verwundert meine Augen. Ich hatte tatsächlich die ganze Zeit damit verbracht Pralinen zu essen. “Was machst du da..?“, wollte Kai wissen, nachdem er zu mir ins Wohnzimmer geschlendert war. “In Erinnerungen schwelgen..“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)