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Unsee

von

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Hope and Resignation

„Naruto, du hast Post.“, erklärte Kakashi fröhlich, als er am kommenden Morgen fast pünktlich (gerade mal eine Viertelstunde zu spät) bei ihnen aufschlug. Sie saßen gerade am Küchentisch und zu Narutos Unwillen hatte Sasuke seine Unruhe nicht mehr ausgehalten und ihm ein Buch in die Hand gedrückt, dass sie gerade zusammen lasen, was bedeutete, dass sie nebeneinander saßen und Sasukes Finger kurz vor Narutos über die Buchstaben huschte, während Naruto versuchte das ganze laut vorzulesen.

Wieso Sasuke auf einmal meinte, er dürfte Lehrer spielen, wusste er nicht, aber ihm war wirklich langweilig gewesen und so hatte er sich ausnahmsweise einmal nicht gewehrt…

„Mmh? Post?“, fragte er verwirrt und blickte leicht auf.

Noch vor ein paar Wochen hätte das wohl eine leicht verkrampfte Situation ergeben, da Naruto seine Brille im Haus nicht mehr trug. Sasuke genauso wenig, wie er inzwischen wusste, beide hatten sie zwar immer greifbar, für den Fall, das jemand anderes außer Kakashi, Sakura und Iruka kommen sollte, in der Zwischenzeit aber waren ihre Augen für die drei jederzeit sichtbar und sie hatten sich ihrerseits wohl daran gewöhnt, dass der Blick der beiden Jungen sie entweder nicht direkt traf, sondern nur streifte, oder, wie Sakura es auf Narutos Frage einmal beschrieben hatte, durch sie hindurch ging.

Und doch gab es Augenblicke, in denen Sakura ihm schon gesagt hatte, dass sie froh war, seine Augen zu sehen, weil sie trotz allem wieder lebhaft funkelten, wenn ihm etwas gefiel und sie den Anblick vermisst hatte. Er wusste nicht ganz genau, was sie damit meinte, aber solange es etwas war, das sie freute und nicht traurig stimmte, war ihm das ziemlich gleichgültig.

„Ja, Post. Einen Brief genau genommen.“, wiederholte Kakashi seelenruhig und offenbar gut gelaunt, „Aber ich werde sie dir nicht vorlesen, Iruka überträgt sie dir gerade, damit du sie nachher selbst lesen kannst.“

Fast augenblicklich verzog sich Narutos Miene leicht. „Das dauert doch…“

Aber Kakashi ließ ihn nicht ausreden: „Also, auf geht’s, Jungs, ab in den Garten.“

„Hey, ignorieren Sie mich nicht!“, beschwerte sich Naruto sofort, aber offenbar tat das nicht nur Kakashi, sondern auch Sasuke, der ohne ihn zu beachten gerade fragte: „Warum?“

Okay, ja, er hatte Recht diese Frage zu stellen, aber das änderte nichts daran, dass Naruto ignoriert wurde und so schmollte er leicht.

Auch wenn der Garten anfangs ihr bevorzugter Übungsplatz gewesen war (neben dem Dojo), gingen sie nun eigentlich nur noch dorthin, wenn sie wollten und nicht zum Üben. Zum einen, weil sie sich dort längst gut genug auskannten, zum anderen auch, weil er nicht mehr viel neues bot und ihnen erst recht nicht half sich im Dorf zurecht zu finden.

Wenn Kakashi sie jetzt also wieder dorthin schickte, konnte das nur heißen… ja, was eigentlich? War er so sauer, dass sie gestern alleine losgelaufen waren?

„Das werdet ihr dann schon sehen, los, auf jetzt.“

„Nein, werden wir sicher nicht.“, grummelte Naruto, stand aber, wie auch Sasuke neben ihm auf und lief gehorsam los. Wenigstens konnte er solche (doch etwas albernen) Wortspiele jetzt bringen, ohne, dass wahlweise Sasuke oder jemand anders daraufhin scharf die Luft einzogen oder zusammenzuckten.

Das erste Ziel war allerdings nicht der Garten, sondern der Flur vor der Haustür, da dort, wie immer, ihre Taststöcke bereitstanden und… „Nein, keine Stöcke, die braucht ihr nicht.“

„Häh?“, langsam richtig verwirrt änderten beide Jungen die Richtung und auch wenn es eine sinnlose Geste war, wand Naruto fragend den Kopf in Sasukes Richtung. Er war sich fast sicher, dass Sasuke auch zu ihm herüber „sah“, denn egal wie nutzlos es war, Angewohnheiten legte man nicht einfach so ab.

Vor der Verandatür streifte Naruto seine Socken ab und dachte gerade noch rechtzeitig daran sie nicht einfach in den Raum zu werfen, sondern ordentlich neben der Tür abzulegen. Das letzte Mal, als er ersteres gemacht hatte, hatte Iruka ihn die blöden Dinger hinterher nämlich suchen lassen („Wenn du sie wegwirfst, wirst du sie wohl auch selbst finden müssen.“) und das war wirklich nervig gewesen.

Nun also barfuss trat Naruto auf das kühle Gras hinaus. Es war noch nicht ganz Frühling und eigentlich wären Schuhe wohl besser gewesen, aber er war zu faul jetzt zurück zum Schuhschrank zu laufen und die Sandalen, die Sasuke natürlich irgendwo stehen hatte, mochte er nicht, weil sie zu dicke Sohlen hatten und er den Boden dadurch nicht mehr spüren konnte. Da war es ihm lieber, dass das kalte Gras und der nicht weniger kühle Boden ihn an den Zehen kitzelten, während die frische Morgenluft einen Hauch von… Pflanzen mit sich brachte. Wachsende, zaghaft blühende Pflanzen und Naruto musste den Drang unterdrücken Kakashi zu fragen, ob auf der Wiese vor ihm schon Blumen zu sehen waren.

Stattdessen machte ihm ein leichter Stups in den Rücken klar, dass er im Weg stand und er lief ein paar Schritte weiter, damit Sasuke, der ein leichtes Schnauben von sich gab, aber nichts weiter sagte, an ihm vorbei heraus konnte.

Da Naruto keine Geräusche von Schuhen hörte, ging er davon aus, dass auch Sasuke die Variante ohne bevorzugte, während Kakashis Schritte kurz darauf erst auf der Veranda und, wenn auch deutlich gedämpfter, auch auf dem Erdboden noch zu hören waren.

„Bisschen weiter raus.“, meinte der immer noch vollkommen gelassen und Naruto fragte sich unwillkürlich, ob er wieder sein Buch in der Hand hielt, „Und ein bisschen mehr auseinander.“

Kakashi war gut, dachte sich Naruto, er wusste nicht mal, wie weit genau er von Sasuke jetzt entfernt stand, wie sollte er dann bitte weiter auseinander gehen? Aber er machte sich nicht die Mühe nachzufragen, lief ein paar Schritte vorwärts und machte dann zwei seitwärts nach rechts. Das war mehr geraten als sonst etwas, aber Kakashis „Wunderbar.“ sagte ihm, dass es wohl richtig gewesen war.

„So“, setzte er an und es folgte ein Geräusch, für das Naruto einen Augenblick brauchte, um es als Zuschlagen eines Buches zu identifizieren. Also hatte er doch gelesen… „Und jetzt werden wir schön durch ein paar Kata gehen.“

Kakashi sagte das, als wäre es das natürlichste auf der Welt und keine große Sache. Nun, an sich war es das vielleicht auch nicht, sah man mal von der Tatsache ab, dass sie das seit mittlerweile einem halben Jahr nicht mehr gemacht hatten und dass es sinnlos war…

„Aber…“, setzte Naruto an.

„Nein, ihr sollt mir nichts nachmachen, wir nehmen nur die Standardbewegungen, Naruto.“

„Aber…“

„Nein, ich bin überzeugt, dass ihr das noch hinkriegt. Und wenn nicht wäre das sehr schlecht.“

„Aber…!“

„Kein aber. Macht es einfach.“

„Wozu?“, schaltete sich auf einmal auch Sasuke etwas scharf ein und Naruto hörte wieder diesen leicht bitteren Unterton, der immer verriet, wenn Sasuke etwas ganz und gar nicht schmeckte, in aller Regel, weil es etwas war, dass er nicht mehr ohne weiteres tun konnte oder dass er nicht tun konnte, ohne daran erinnert zu werden, dass er es einmal besser oder schneller gekonnt hätte (Bücher lesen zum Beispiel).

„Wozu?“, wiederholte Kakashi ruhig, „Ganz einfach, ihr rostet noch total ein, wenn ihr euch nicht bewegt. Und jetzt keine weitere Widerrede, es sind Bewegungen, die ihr auswendig können solltet und dazu braucht ihr eure Augen nicht. Außerdem ist es eine gute Übung für euren Gleichgewichtssinn, also, los!“
 

Gute zweieinhalb Stunden später saßen sie gemeinsam am Küchentisch und aßen hungrig die gebratenen Nudeln, die Naruto und Sasuke schnell gekocht hatten. Wie Kakashi schon richtig gesagt hatte, sie hatten sich lange nicht mehr auf diese Art und Weise bewegt und auch wenn sie die Bewegungen selbst nicht vergessen hatten, es war überraschend anstrengend sie wieder halbwegs sauber hinzukriegen.

Und so genossen sie das Essen und ignorierten auch Kakashis amüsierten Kommentar über ihren Appetit.

„Eins muss man Chouji ja lassen.“, meinte Kakashi irgendwann, als Naruto gerade seinen zweiten Nachschlag aufgefuttert hatte und sich entspannt und zufrieden in seinem Stuhl zurücklehnte, „Er hat euch wirklich Kochen beigebracht, so was hättet ihr vor einem Jahr nicht hingekriegt.“

Naruto blinzelte belustigt, bis ihm auf einmal klar wurde, dass in dieser einfachen Aussage noch zwei andere verborgen waren. Die erste, banalere, war schlichtweg, dass er sie ein wenig ärgern wollte, die zweite, deutlich interessantere…

„Sensei? Heißt das, Sie haben wirklich mitgegessen?“

„Mmh? Ja, warum?“, fragte der nun seinerseits leicht überrascht.

Naruto blinzelte noch mal nur noch ungläubiger. „Das heißt doch, Sie haben Ihre Maske abgenommen, oder?“, schrie er halb fassungslos, was ein sehr erheitert klingendes „Ja.“ zur Antwort hatte.

Und Naruto konnte diese Unfairness einfach nicht fassen und ließ den Kopf auf den Tisch fallen. „Das ist ja so gemein. Sie sind fies, da nehmen Sie sie einmal ab und wissen doch ganz genau, dass wir…!“

Aber Kakashi blieb eine Reaktion darauf erspart, da in eben diesem Moment der Schlüssel in der Haustür zu hören war, der Iruka ankündigte. Das alleine reichte zwar nicht, um Naruto davon abzulenken, dass er sich gerade megamäßig ärgerte, aber als Iruka ihm ohne ein Wort zu sagen sacht ein Stück Papier in die Hand drückte, sah die Sache doch anders aus. Erst recht, als seine Finger darüber strichen und er (seiner Meinung nach noch viel zu langsam), verstand, was dort geschrieben war…
 

Naruto,

wahrscheinlich wunderst du dich, warum ich überhaupt schreibe und ich kann dir versichern, dass ich mir lange nicht sicher war, ob ich es überhaupt tun soll.

Vielleicht hast du es bereits gehört, man hat mich vor kurzem zum Kazekage ernannt und als solcher hatte ich auf dem Briefweg Kontakt mit eurer Hokage. Als ich sie aber bat, Team Kakashi für einen Auftrag zu schicken, hat sie mir einen Brief geschickt, der mich bestürzt hat.

Ich muss zugeben, dass ihre Worte mit Bedacht gewählt und es sehr vorsichtig formuliert waren hat, aber als ich die Gründe der Absage las, wollte ich ihr nicht glauben.

Ich bin unschlüssig, ob es eine gute Idee ist, diesen Brief überhaupt abzuschicken und ich bin mir sicher, du bist Mitleidsbekundungen inzwischen leid, aber ich kann nicht behaupten, dass die Nachricht spurlos an mir vorüber gegangen ist.

Das Leben ist unfair.

Gaara
 

Dem letzten Satz musste Naruto gegen seinen Willen zustimmen. Aber normalerweise ließ er sich davon nicht herunterziehen und er gab sich auch alle Mühe das jetzt nicht zu tun, wobei ihm allein die Tatsache, dass Gaara ihm tatsächlich so einen Brief geschrieben hatte mehr zu denken machte, als das, was darin stand.

Er schwieg, als er fertig war und alle anderen im Raum auch. Kakashi und Iruka kannten den Inhalt und Naruto fragte sich, ob sie nun auf eine Reaktion seinerseits warteten. Was sollte er tun oder sagen? Was war die richtige Reaktion auf so einen Brief.

Er entschied sich schließlich für ein leicht trauriges Seufzen, ehe er den Kopf in Irukas vermutete Richtung wand. „Iruka-sensei? Können Sie für mich antworten?“

Ein paar unruhige Sekunden lang, wartete er vergebens auf Antwort, ehe Iruka schließlich meinte: „Ich denke, es wird Zeit, dass du das selbst lernst. Komm mit mir ins Wohnzimmer, ich hab euch was mitgebracht.“
 

Die Mittagssonne brannte unbarmherzig auf das Dorf hinab. Sie stand genau im Zenit und zu dieser Zeit war kaum jemand in Suna auf den Straßen. Alle kannten die Wüste und ihre Eigenheiten nur zu genau und suchten in den Schatten Zuflucht, die wenigstens ein wenig kühler waren. Diejenigen, die nach draußen mussten, waren entsprechend der heißen Sonne gekleidet und beeilten sich wieder ins deutlich besser temperierte Gebäudeinnere zu kommen. Sein Büro allerdings war fast genauso warm wie die Außenluft und stickig, weil es zu dieser Tageszeit keine Erleichterung brachte die Fenster zu öffnen.

Deswegen hatte er es vorgezogen sich nur morgens und abends dort aufzuhalten, manchmal auch nachts, wenn es sein musste und den Mittag irgendwo anders zu verbringen.

Warum er ausgerechnet heute und zu dieser Zeit das Dach gewählt hatte, das wohl der einzige, noch wärmere Punkt im Dorf war, konnte er selbst nicht erklären, aber Gaara störte die Hitze wenig. Sie hatte ihm noch nie allzu viel ausgemacht und tat es auch jetzt nicht, er schwitzte nicht einmal, obwohl er direkt in einem Lichtkegel stand.

Er hatte diesen Ort von Anfang an gemocht, schlicht, weil nicht oft jemand herkam, um ihn zu stören und er in aller Seelenruhe den Ausblick genießen und nachdenken konnte.

Zwei Wochen waren vergangen, seit er mit einem Vogel den Brief abgeschickt hatte und er hatte nach wie vor keine Antwort. Zweifel hatten sich längst breit gemacht, ob die Idee an sich gut gewesen war. Der Inhalt des Briefes erschien ihm im Nachhinein bedeutungslos und er an Narutos Stelle hätte ihn wohl nicht einmal zu Ende hören wollen, egal, wer ihn vorlas.

Und doch hatte er ihn einfach schreiben müssen. In dem Moment, in dem er die entsprechenden Zeilen in Tsunades Antwort gelesen hatte, hatte er das Gefühl gehabt, dass er das nicht einfach so stehen lassen konnte.

Natürlich war er zuerst seinen Pflichten nachgekommen und hatte ihr eine entsprechende, höfliche Antwort, dass er das verstünde und so weiter und so fort, geschrieben, aber auch danach hatte es ihn nicht losgelassen.

Er hatte immer damit gerechnet, dass Naruto eines Tages wirklich wahr machen würde, wovon er ständig sprach und Hokage werden würde. Auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, wie dieser vorlaute Bengel das tun sollte, er hatte einen so tiefen Eindruck hinterlassen, dass Gaara überzeugt gewesen war, dass er alles schaffen konnte, was er sich vornahm.

Naruto war ein seltsamer Mensch, laut, nervig, tollpatschig und doch war gerade er es, der anderen zeigen konnte, was es hieß für etwas ein zu stehen, an Träume zu glauben und nicht aufzugeben. Und, was Gaara noch deutlich mehr beeindruckte, er hatte sich nie davon abhalten lassen, dass andere Menschen nicht an ihn glaubten, ihn sogar bremsen oder ganz aufhalten wollten, ihn verachteten. Ganz anders als er hatte Naruto nie aufgehört an das Gute in den Menschen zu glauben und es immer wieder zu versuchen. Er war sogar soweit gegangen ihm zu sagen, dass er nicht alleine war. Ihm sagen zu wollen, dass er nicht aufgeben sollte. Und Gaara hatte die Worte nie vergessen.

Es war, vorsichtig formuliert, erschütternd zu erfahren, dass gerade Naruto, der sich nie von etwas hatte aufhalten lassen, der immer weitergegangen war und von dem Gaara dachte, dass er nun doch irgendwann den Lohn für diese Mühe bekommen sollte, stattdessen nun endgültig ausgebremst worden war.

Auch wenn er es Naruto von ganzem Herzen wünschte, er wusste, dass es quasi unmöglich war, dass er sich von diesem Fall jemals wieder erholte und er konnte sich kaum vorstellen, wie Naruto wohl damit umgehen würde. Denn nun war sein Traum endgültig vorbei, selbst sein Ninjadasein war vorbei.

Gaara erlaubte es sich für einen Moment müde die Augen zu schließen. Hinter seinen Augenliedern schien die Welt zu brennen, rote, leuchtende Figuren tanzen vor seinen Augen, von der glühenden Sonne gemalt. Langsam hob Gaara eine Hand, um das Licht abzufangen und schlagartig wurde es dunkler. Das Rot verschwand und es blieben schwarze und graue Schatten, die teilweise vielleicht noch einen leichten Rotstich aufwiesen.

Und er wusste, dass selbst das noch mehr war, als Naruto…

Ein leiser Vogelschrei riss ihn aus den Gedanken und als Gaara die Augen wieder öffnete, saß ein Falke neben ihm auf dem Geländer und wartete darauf, dass er ihm den Brief, der am Bein steckte, abnahm. Wieder mehr Arbeit, dachte er trocken, als er das Papier entrollte und den armen Vogel, der durch die Hitze hatte fliegen müssen, auf den Arm nahm, um ihn nach drinnen zu bringen und ihm erstmal etwas Wasser zu geben.

Kaum hatte er aber die erste Zeile gelesen, blieb er schlagartig stehen.
 

Hallo Gaara,

es tut mir leid, dass du so lange auf eine Antwort warten musstest, aber da du meine Handschrift wohl nicht hättest lesen können, musste ich warten, bis Iruka-sensei Zeit hatte mir beim Schreibmaschine schreiben über die Finger zu sehen, damit er mich korrigieren kann, wenn ich was Falsches schreibe (abgesehen davon, dass ich vorher so ein Ding noch nie benutzt habe… wer hat sich diese sinnlose Tastenanordnung nur ausgedacht?).

Es freut mich wirklich unheimlich, dass du Kazekage bist und ich kann es kaum erwarten, dir das auch persönlich zu sagen!! Leider kann ich im Moment noch nicht wirklich zu dir kommen, aber vielleicht bist du ja irgendwann mal in Konoha und dann müssen wir eine Nudelsuppe essen gehen!

Ich wollte es anfangs auch nicht wirklich glauben, aber es ist leider die Wahrheit. Aber, bitte, fühl dich deswegen nicht schlecht, es hatte niemand schuld daran, es ist einfach… dumm gelaufen und ändern kann man nun ohnehin nichts mehr dran. Inzwischen komm ich auch schon deutlich besser damit klar und vielleicht findet sich irgendwann noch ein Weg…

Aber genug davon, wie geht es dir? Die alte Oma stöhnt ja immer über den Papierkrieg, ist er wirklich so schlimm? Und wie geht es deinen Geschwistern?

Naruto
 

Darunter fand sich noch etwas, das mit ein wenig Mühe als Narutos Name zu entziffern war, offenbar sein Versuch das ganze doch noch von Hand zu unterschreiben. Gaara las den Brief noch einmal, dann schüttelte er sacht den Kopf, strich sich einmal mit der Hand übers Gesicht und sah zum Horizont.

Naruto war und blieb einfach unmöglich.
 

„Also hat der dich echt zum Spannen mitgenommen? Wie blöd ist der eigentlich?“, fragte Sasuke und schnaubte. Naruto war sich nicht sicher, ob er das nun amüsiert oder abwertend meinte. Naja, wie er Sasuke kannte wahrscheinlich beides.

Es war ein schöner, sonniger Tag und man merkte nun wirklich deutlich, dass der Frühling näher kam. Es wurde wärmer, roch im ganzen Garten nach Blüten und Naruto brauchte sich kein bisschen zu konzentrieren, um das Gezwitscher der Vögel um sich herum zu hören.

Kakashi und Sakura waren wieder auf Mission (diesmal zusammen) und sie somit wieder alleine.

Zu Narutos Überraschung war Sasuke mit raus gekommen, als er gemeint hatte, er würde sich etwas an den See setzen. Sasuke allerdings stand ein paar Meter vor ihm auf der Wasserfläche und lief ein wenig hin und her. Nicht allzu weit, was kein Wunder war, bedachte man, dass er dort den Taststock nicht benutzen konnte (der steckte vermutlich zusammengeklappt in seiner Hosentasche) und sich genau merken musste, wie viele Schritte er in welche Richtung lief.

Naruto hingegen saß auf dem Steg und ließ die Füße ins doch noch etwas kühle Wasser baumeln. Zum Schwimmen war es eindeutig noch zu früh, aber er freute sich jetzt schon darauf, wenn es warm genug sein würde.

„Naja, er hat mich nicht mitgenommen damit ich spannen kann…“, murmelte Naruto grummelnd. Nach seiner eher ungeplanten Überraschung hatte Jiraiya beschlossen eine Weile in Konoha zu bleiben und währenddessen hatte er behauptet sehen zu wollen, wie sich sein Schüler machte. Naruto kannte ihn inzwischen gut genug, um zwischen den Zeilen lesen zu können, dass er sich in Wahrheit deutlich mehr Sorgen machte, als er zugab und wohl eher wissen wollte, ob er damit klar kam, aber er nahm es stillschweigend hin. War auch nicht weiter schwer, bei Jiraiyas anhaltenden blöden Ideen.

Gestern Mittag erst hatte er Naruto auf einen „Spaziergang“ mitgenommen, der – ganz zufällig natürlich – an den heißen Quellen vorbeiführte, wo er offenbar plante zu behaupten Naruto hätte sich verlaufen. Leider hatte Naruto dann doch genug Orientierungssinn besessen, um rechtzeitig zu merken, wohin sie liefen, was Jiraiya wiederum gar nicht gefallen hatte, der daraufhin pampig ein Rasengan hatte sehen wollen und Naruto erklärt hatte, dass er mehr üben musste.

Ob gewollt oder nicht, damit hatte er allerdings Recht, denn auch wenn Naruto es nach wie vor erzeugen konnte, er brauchte noch immer einen Doppelgänger dafür und auch wenn er es eigentlich für sinnlos hielt, viel anderes hatte er gerade nicht zu tun, also spielte er immer wieder mit Chakrakugeln in seiner Hand herum. Er brauchte nicht sparsam zu sein, auch wenn Kakashi sie wieder Bewegungen üben ließ, Techniken hatten sie bisher keine eingesetzt und erst recht keine, die viel Chakra verbrauchten.

„Das macht es kein bisschen besser. Alter Perversling…“, grummelte Sasuke und Naruto musste ihm schlichtweg zustimmen. Gut, er erwartete von Jiraiya nicht viel anderes, aber dass er tatsächlich noch versuchen würde einen „Nutzen“ aus der Blindheit seines Schülers zu ziehen war selbst für seine Verhältnisse frech.

„Wem sagst du das? Die alte Oma war aber auch nicht begeistert, als sie das gehört hat. Sie hat ihn daraufhin auf eine Mission geschickt, die ihm sicher sehr gefallen wird…“, lachte Naruto und plätscherte ein wenig mit den Füßen im Wasser herum.

„Welche denn?“

„Er soll im Altenheim aushelfen.“

Auch Sasuke kicherte leise, dann fragte er plötzlich: „Wann hast du ihr das denn gesagt?“

Und auf Narutos Züge stahl sich ein breites Grinsen. „Ich hab ihr eine Nachricht geschickt.“ Es war alles andere als einfach gewesen mit der Schreibmaschine zu schreiben. Irukas Idee dahinter war sicher gut gemeint gewesen und Naruto hatte sich auch gleich freudig erklären lassen, wie sie denn funktionierte, aber sie dann tatsächlich zu benutzen war eine kleine Herausforderung.

Naruto fand die Tastenanordnung hochgradig unlogisch und konnte sich einfach nie merken, welche Taste wo genau war. Ein ganzer Tag war dafür drauf gegangen, nur, damit er etwa sagen konnte auf welchem Bereich sich was befand. Danach hatte es einen weiteren Tag gedauert, bis er auch nur anfangen konnte irgendwas zu tippen.

Und das nächste, große Problem war gewesen, dass er sich nicht nur merken musste, wo im Text, den er schreiben wollte, er gerade war, sondern auch nicht auf das schon Geschriebene sehen konnte und entsprechend nicht merkte, wann er einen Fehler machte.

Und so trieb er Sasuke quasi mit dem ständigen Geklapper der Maschine in den Wahnsinn, wenn er versuchte etwas zu schreiben, damit Iruka, der natürlich nicht immer Zeit hatte, um dabei zu sein, es später korrigieren konnte.

Anfangs war dabei ziemlich viel Unsinn herausgekommen. Unleserliche, selbst mit viel Fantasie nicht zu entziffernde Texte, die einfach nur wie Kauderwelsch aussahen. Als Sasuke das gehört hatte, hatte er natürlich gleich einen Kommentar loslassen müssen, dass man auch einfach einen Affen an die Schreibmaschine setzen könnte und das denselben Effekt hätte. Aber trotzdem oder vielleicht gerade deswegen hatte Naruto weitergemacht.

Nach über eineinhalb Wochen konnte er zumindest so schreiben, dass man den Sinn erahnen konnte, auch wenn es nicht immer fehlerfrei war. Als er den Brief an Gaara geschrieben hatte, hatte er Iruka gebeten sich dabei neben ihn zu setzen und ihm über die Schulter zu schauen, damit er ihn korrigieren konnte, weil er wollte, dass der Brief einwandfrei lesbar war.

Den an Tsunade hatte er alleine geschrieben, aber allein angesichts Jiraiyas Reaktion konnte er wohl davon ausgehen, dass er zumindest größtenteils durchaus lesbar gewesen war.

Iruka hatte auch noch eine zweite Schreibmaschine mitgebracht, mit der man Blindenschrift schreiben konnte, aber mit der hatte sich Naruto bisher nicht befasst, ihm reichte schon eine, abgesehen davon, dass er sich nicht vorstellen konnte, wie er mit nur sechs Tasten alle Buchstaben schreiben sollte (denn neugierig genug, um sie etwas näher unter die Lupe zu nehmen war er dann doch gewesen).

„Das geschieht ihm mal recht.“, schnaubte Sasuke und klang nun eindeutig amüsiert. Auch Naruto lächelte leicht.

Ja, das war eigentlich so eine typische Genin-Mission, die super langweilig und super doof war. Aber als er daran dachte, dass er im Moment nicht mal eine solche Mission übernehme konnte, nein, dass er niemals wieder irgendeine Mission würde übernehmen können… Ihm fiel zumindest keine ein, bei der er nicht hätte sehen können müssen. Wenn er so an seine ersten zurückdachte…

Er konnte kein Unkraut jäten, weil er es fast nicht von den eigentlichen Pflanzen unterscheiden konnte, er konnte keinen Müll aus dem Fluss fischen, weil er nicht wusste, wo der Müll war, er konnte keine Katze einfangen, weil er sie niemals kriegen würde… was konnte er eigentlich noch?

„Meinst du, wir werden auch irgendwann mal wieder auf eine Mission gehen?“, rutschte es ihm ohne nachzudenken leise und ein wenig traurig heraus. Noch ehe Sasuke überhaupt reagierte, wünschte sich Naruto, er könnte diese Frage wieder zurücknehmen. Umso mehr als der Tonfall der Antwort wieder ziemlich bitter war: „Hn. Klar, wir können zwar nicht kämpfen und sind in unbekannten Gebieten quasi nutzlos, aber jeder braucht solche Ninja.“

Naruto grummelte eine Antwort vor sich hin und spritzte etwas stärker mit dem Wasser an seinen Füßen in der Hoffnung Sasuke zu treffen. Als Antwort folgte aber nur ein lautes Platschen und im nächsten Moment war er selbst es, der vollkommen durchnässt war. Prustend spuckte er das Wasser wieder aus und hustete: „Wie hast du das jetzt gemacht?!“

Es war zwar nicht unmöglich, aber auch alles andere als leicht eine exakte Position übers Gehör allein zu bestimmen und dann auch noch die Entfernung abzuschätzen, um so gezielt zu treffen, wie sie schon beim einfachen Ball spielen festgestellt hatten.

„Schon dumm, wenn du so offen mit deinem Chakra rumspielst…“, kam die lässige Antwort. Einen Moment lang schwiegen beide, dann, wie auf ein geheimes Kommando hin, murmelten sie im Chor: „Das ist es!“
 

Eine halbe Stunde später saßen sie am Küchentisch und hielten Kriegsrat.

„Okay“, meinte Sasuke und klang fast schon zu sachlich, „wir sind keine Chakrasensoren, das heißt, wir müssen zuerst rauskriegen, wie viel wir überhaupt so wahrnehmen können. Du hast offen damit herumgespielt, deswegen war es nicht weiter schwer. Mach das noch mal, aber versuch möglichst wenig Chakra zu verbrauchen…“

Der Versuch dauerte genau zehn Minuten, dann mussten sie einsehen, dass Naruto es nicht konnte. Egal, wie gering er den Verbrauch versuchte zu halten, das Rasengan hatte offenbar so etwas wie eine Mindestgröße, unter die Naruto nicht kam und die immer noch stark genug war, dass wohl jeder Ninja im näheren Umkreis vollkommen problemlos das Chakra spüren konnte.

Sasuke versuchte daraufhin kleinere Feuer- oder Blitzbälle in seiner Hand zu erzeugen, aber das Ergebnis blieb genau das gleiche: Entweder sie waren so groß, dass sie wirklich jeder wahrnehmen konnte oder sie waren nicht vorhanden und gar nicht wahrnehmbar.

Also überredeten sie Kakashi am nächsten morgen mit ihnen in die Bibliothek zu gehen und dort nach den paar Büchern zu suchen, die in Blindenschrift vorrätig waren. Sasuke hatte zwar gesagt, dass es absolut sicher mindestens ein Buch zum Thema Chakrahaushalt dort gab, aber leider war er von der normalen Abteilung ausgegangen und die war nun mal deutlich größer.

Kakashi oder jemand anderen zu bitten ihnen etwas dazu vorzulesen oder rauszusuchen hatten sie aber einstimmig ausgeschlossen. Die Chance, dass der Versuch gelang war minimal und sie wollten ihnen keine Hoffnungen machen, die sich dann am Ende als nichtig erweisen würden. Auch sich selbst eigentlich nicht, aber dafür war es wohl schon zu spät…

Zum Glück konnten sie Kakashi aber erzählen, dass sie nur etwas üben wollten, weil Naruto das Rasengan nicht so hinbekam, wie er wollte (oder sollte) und er nahm ihnen das ab. Oder er gab vor es abzunehmen, während er in Wahrheit daran zweifelte, da war Naruto sich manchmal nicht ganz sicher, aber wenn dem so war, versteckte Kakashi es immerhin gut genug.

Fast der ganze Rest des Tages ging dafür drauf, dass sie in dem einen Buch, das sie dann doch gefunden hatten, die entsprechenden Passagen lasen und versuchten ein paar (langweilige) Meditationstechniken anzuwenden, die Chakra in beliebiger Menge in der Hand konzentrieren sollten.

Unnötig zu sagen, dass sich Naruto damit schwer tat, egal, wie oft er es auch versuchte, Sasuke bekam es nach einem weiteren Tag halbwegs hin, aber das Ergebnis war und blieb ernüchternd.

Wie auch bei den Techniken zuvor, war das Problem, dass unter einer bestimmten Grenze keiner von beiden mehr irgendetwas wahrnehmen konnte, während darüber eigentlich schon mehr Chakra nötig war, wie für die allermeisten Techniken benötigt würde, was im Umkehrschluss bedeutete, wenn ihre Gegner nicht gerade furchtbar blöd waren und weit mehr Chakra verschwendeten, als sie eigentlich brauchen würden, hatten Naruto und Sasuke keine großen Chancen die anhand dessen aufzuspüren.

Und selbst wenn sie das taten, das Chakra sammelte sich nur in eben dieser Technik (oder beim Versuch in Sasukes Hand), machte es aber nicht möglich den Rest des Körpers auch wahrzunehmen, weil der einfach viel zu wenig Chakra beinhaltete.

Kurzum, die an sich gute Idee funktionierte in der Praxis kein bisschen und so kam es, dass sie am Abend des vierten Tages beide ziemlich ausgelaugt von ihren Experimenten und deutlich enttäuscht auf der Couch lagen.

„Du, Sasuke?“, murmelte Naruto und verdrückte sich ein Gähnen.

„Hn?“

„Irgendwie glaub ich nicht, dass das noch was wird…“, flüsterte er leise und gab sich alle Mühe sich die Enttäuschung nicht zu sehr anmerken zu lassen. Wie er es selbst befürchtet hatte, hatte er sich zu sehr von der schwachen Hoffnung, dass es doch irgendwie eine Möglichkeit gab, dass er weitermachen konnte, einnebeln lassen. Und jetzt wurde eben diese Hoffnung langsam, aber sicher zerstört. Da war nichts. Es würde immer dunkel bleiben und er würde nie wieder ein Ninja sein…

„Nein…“, murmelte Sasuke. Mehr sagte er nicht, aber es klang genau das in seiner Stimme mit, was Naruto auch fühlte: Totale Resignation, nach einem vorübergehenden Hochgefühl. Eine echt miese Sache.

„Hast du auch manchmal das Gefühl da wären noch Schemen?“, fragte Naruto einfach offen heraus. Er hatte die Frage bisher vermieden, aber irgendetwas sagte ihm, dass es eh nicht mehr schlimmer werden konnte.

„Was?“, Sasuke stutzte merklich, „Schemen? Kannst du doch noch…?!“

„Nein.“, bremste Naruto ihn schnell aus, „Ich kann nichts sehen und sie sind nicht echt. Ich hab die alte Oma gefragt und sie hat ein paar Tests gemacht. Es ist nicht echt, aber… ich glaube einfach manchmal, dass da in der Schwärze ein schwarzer Schatten ist… der sich dann als nichts herausstellt.“

Er seufzte einmal leise, dann stand er auf, streckte sich kurz und murmelte: „Ich geh duschen.“

Er war schon fast auf der Treppe, als er hörte, wie Sasuke leise murmelte: „Ich bilde es mir auch ein. Aber es ist nicht mehr als Einbildung…“

„Stimmt…“, murmelte Naruto und schlurfte lustlos nach oben. Mann, es war eine Weile her, dass er sich so mies gefühlt hatte…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Aktrice
2011-08-19T11:41:46+00:00 19.08.2011 13:41
wow yay, endlich wieder ein kapitel :)
gaara hat nen brief geschrieben =)
und die idee mit dem chakra ist echt gut,
auch wenns nicht so geklappt hat :/
freue mich aufs nächste kapitel!


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