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Ein guter Tag zum Sterben

Zwei Hundebrüder, der Hunderat und so etwas ähnliches wie die Hölle
von

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Die Brücke der Selbsterkenntnis

Inuyasha stand wie im Nichts auf der Brücke der Selbsterkenntnis. Ohne sehen, hören oder riechen zu können, fand er das Ganze noch einmal weitaus lästiger – und natürlich auch die Aussicht, in diesen endlosen Abgrund unter sich zu stürzen, wenn er nach Meinung der Brücke etwas falsch beantwortete. Leider konnte ihm hier Tessaiga nicht helfen. Aber die ersten beiden Fragen hatte er anscheinend richtig erraten. Na ja, war ja auch nicht so schwer gewesen.

Irgendwo dort hinter ihm, noch auf dem festen Boden dieser gigantischen Höhle, stand Sesshoumaru und sah ihm zu – hoffentlich blamierte er sich nicht. Nun, wenn er falsch lag, wäre das wohl das letzte Mal, dass ihn sein Halbbruder für einen Idioten hielt. Danach wäre er tot.

„Sag schon die nächste Frage,“ drängte er in Gedanken.

Die Stimme der Brücke in seinem Kopf klang amüsiert: „Ungeduldiger Welpe! In der Tat, du bist noch sehr jung. Und kein Daiyoukai sondern ein Hanyou.“

„Ja, und? Was dagegen?“ fauchte Inuyasha unverzüglich.

Die Brücke blieb ebenso sachlich wie ihr Schöpfer: „Nein. Hayasa-sama hat dich zur Prüfungshölle zugelassen, und es obliegt allein ihm. Immerhin bist du bis hierher gekommen. Das deutet darauf hin, dass du weder schwach noch dumm bist. - Die nächste Frage lautet: hast du schon einmal einen Fehler gemacht?“
 

Hayasa hielt unwillkürlich den Atem an. Das war eine der problematischsten Fragen. Viele, zu viele, Daiyoukai hatten hier mit „Nein“ geantwortet. Und Inuyasha hatte bislang auf ihn nicht gerade sonderlich reumütig oder weise gewirkt. Obwohl, Kagumi hatte ihn rasch bestehen lassen, da er seiner Meinung nach für einen Noch-fast-Welpen schon recht abgeklärt wirkte. Und Kagumi war für eine solche Entscheidung erschaffen worden.
 

Inuyasha zuckte etwas die Schultern, ehe er ehrlich in Gedanken zugab: „Klar. Ich war ein Idiot, als ich versuchte, mir mit Gewalt ein neues Zuhause zu schaffen. Ich wusste es allerdings nicht anders. Ich war klein, allein – und habe in den einsamen Jahren auch verlernt zu lachen oder zu weinen. Kagome hat mir das alles wieder beigebracht. Auch, wie man Freunde findet und so. - Meinst du solche Fehler?“ Rechtschreibfehler würden diese komische Brücke ja wohl kaum interessieren. Kagome....er vermisste sie so. Statt sie im Arm zu halten musste er solche dämlichen Fragen über sich ergehen lassen – und zu allem Überfluss mit dem Risiko der Todesstrafe.

„Geh fünf Schritte weiter.“

Das war nicht gerade die Antwort, die er hatte hören wollen, aber was blieb ihm schon übrig. Vier Schritte machte er relativ schnell, dann den letzten etwas langsamer, allerdings, ohne zu zögern. Zu seiner Erleichterung spürte er auch hier wieder Holz unter seinen Füßen. Es war wohl richtig gewesen. „Wie viele Fragen kommen denn noch?“ erkundigte er sich.

„Soll ich mich wiederholen? - Wenn du nachdenkst, wirst du es wissen.“

„Hä?“ Aber dann wusste er, was diese seltsame Brücke meinte: er hatte den Scheitelpunkt überschritten. Jetzt ging es leicht abwärts, so wie er stand.

„Na, siehst du,“ erklärte die Stimme: „Du solltest lernen, erst zu denken, dann zu reden.“

„Vielen Dank für den Tipp!“ Als ob ihm das nicht Kagome schon hundert Mal gesagt hatte. Nun ja, wenn er ehrlich war, auch Sesshoumaru oder Hayasa oder....Aber er war eben impulsiv, auch, wenn er sich schon deutlich verbessert hatte im Verhältnis zu vor fünf Jahren oder so: „Weiter.“

Die Brücke war zu sachlich, um nicht weiterzumachen: „Die nächste Frage: was ist ein perfekter Youkai?“

„Sesshoumaru,“ antwortete Inuyasha postwendend: „Also, der da hinten.“ Er wagte nicht sich umzudrehen. Schließlich wusste er nicht, wie breit die Bretter waren, auf denen er stand.

„Dein Halbbruder.“
 

Hayasa atmete etwas auf. Hier war der zweite Stolperstein im wahrsten Sinne des Wortes für den Kandidaten. Wer an dieser Stelle mit „ich“ antwortete, war verloren. Nun, es blieb abzuwarten, wie sich der Ältere bei diesen Fragen schlagen würde. Kagumi hatte durchaus Recht gehabt. Für so einen Hundejungen war Inuyasha bemerkenswert selbstkritisch. Was man bei seinem großen Mundwerk nicht vermuten sollte. Ob das der Einfluss dieser Kagome war, mit der er verheiratet war? Denn sein großer Bruder hatte ihn kaum erzogen, wenn er, Hayasa, das so richtig mitbekommen hatte. Warum auch immer. Aber der Junge hatte wirklich etwas drauf. Hanyou hin oder her: bislang entsprach dieser allen Maßstäben, die er an einen Daiyoukai legte, nicht zuletzt an sich selbst. Schließlich hatte er shiken jigoku ursprünglich als Proben für sich selbst gesehen.
 

„Dann gehe diesmal zehn Schritte, Inuyasha.“

Der gehorchte und spürte mit gewisser Erleichterung, dass ihn der neunte Schritt auf Felsboden brachte. War es vorbei und er hatte diese Brücke überstanden? Als Antwort bekam er sofort seine Sinne zurück. Herrlich, wieder etwas sehen, riechen und hören zu können!

Er drehte sich um und betrachtete seinen Halbbruder, der anscheinend gelassen nun auf den Abgrund zukam, um sich der Prüfung zu stellen. Durch nichts zeigte dieser, dass er tatsächlich ein wenig froh gewesen war, als der Hanyou sicher auf der anderen Seite angekommen war.
 

Sesshoumaru betrat das Brett mit dem gleichen regungslosen Gesicht wie immer. Nichts verriet nach außen, dass er wirklich einen Anflug von Panik verspürte, als mit einem Mal Augen, Nase und Ohren vollkommen nutzlos waren, er im Nichts zu stehen schien. Inuyasha hatte hier bestanden, also stellte sich nicht die Frage, dass auch er selbst erfolgreich sein würde.

„Willkommen, Prüfling,“ sagte die Stimme der Brücke in seinem Kopf: „Bereit?“

Natürlich, dachte der Hundeyoukai.

„Gut. Dann die erste Frage. Hast du schon getötet?“

„Ja.“ Was sollte denn diese Frage?

„Menschen, Youkai und Oni?“

„Ja.“

„Warum Menschen?“

„Sie haben mich überfallen.“

„Hast du sie gefressen?“ Die Brücke bemerkte durchaus den unwillkürlichen gedanklichen Schauder und fuhr fast amüsiert fort: „Schon gut. Und warum tötest du sonst?“

„Wer mir im Weg steht, stirbt.“

„Sagst du vorher, dass sie aus dem Weg gehen sollen?“

„Ja.“

„Dann darfst du fünf Schritte weitergehen.“

Fünf Schritte – und der fünfte war womöglich der letzte seines Lebens. Nichts zeigte ihm an, ob sich die Brücke weit genug aufgebaut hatte, die Antworten richtig gewesen waren. Mit gut verborgener Erleichterung stellte er fest, dass sich unter ihm noch immer Holz befand. Nur der leise Windhauch aus dem Abgrund um ihn war zu spüren.

„Die zweite Frage: Gibt es jemanden, den du beschützen willst?“

Wie lange war es her, dass sein verehrter Vater ihm die gleiche Frage gestellt hatte, damals, am Meer? Nein, seine Meinung war noch immer die gleiche: er, Sesshoumaru, beschützte niemanden. Und doch konnte er nicht verhindern, dass Erinnerungen in ihm aufstiegen: Jaken und der Drache, Rin und diese unsäglichen Saymiosho, Rin....Und nicht zuletzt, wie er im Kampf gegen So´unga Inuyasha beiseite gestoßen hatte, um selbst die mörderische Attacke mit Hilfe von Tenseigas Bannkreis abzufangen. „Ich beschütze niemanden,“ erklärte er noch einmal, wenn auch nur in Gedanken. Das fehlte noch, dass Inuyasha das hörte und womöglich, vorlaut wie er war, etwas ausplauderte.

„So gehe fünf Schritte.“
 

Hayasa war etwas amüsiert. Ach ja, dieser Hundeyoukai beschützte niemanden? Da war er aber nicht ganz ehrlich sich selbst gegenüber. Oder, genauer, sich selbst gegenüber schon, aber nicht gegen andere. Als ob er diese Gedanken vor der Brücke verbergen könnte. War es ihm so peinlich, jemanden zu beschützen? Oder eher: wen? Ein Menschenmädchen und ein kleiner Dämon – und seinen Halbbruder, also. Aber jetzt kamen die beiden schwereren Fragen – und die tödlichsten.
 

Sesshoumaru blieb erneut stehen. Er konnte unter seinen Füßen spüren, dass sich die Brücke vor ihm neigte. Anscheinend befand er sich auf dem Höhepunkt. Dann konnte es nicht mehr viele Fragen geben. Sehr gut.

Die Stimme der Brücke klang wieder in ihm: „Hast du schon einen Fehler begangen?“

Hatte Inuyasha die gleichen, scheinbar vollkommen sinnlosen, Fragen beantworten müssen? Fehler? Er war schon versucht mit „nein“ zu antworten. Ein Youkai wie er beging keinen Irrtum. Er tat, was er wollte, und lebte mit den Konsequenzen. Aber es hieß Brücke der Selbsterkenntnis und es war vor jemandem, der seine Gedanken las, wohl sinnlos zu verheimlichen, dass er einen Fauxpas begangen hatte. „Tessaiga,“ dachte er.

„Tessaiga ist das Schwert deines Bruders.“

Bruder? Halbbruder. Soviel Zeit musste sein: „Ich wollte es besitzen und habe erst später begriffen, dass er in der Tat der rechtmäßige Besitzer ist.“ Als er auf Tessaiga verzichtet hatte, hatte er dafür Bakusaiga bekommen, ein eigenes Schwert aus sich selbst, laut des alten Toutousai der Beweis, dass er Vater übertroffen hatte. Und, dass er erwachsen geworden war.

Zugegeben, seither hatte er auch Inuyasha nicht mehr angegriffen, sich besser mit ihm vertragen, ja, ihm sogar Rin anvertrauen können. Auch in der shiken jigoku hatte sich dieser als Begleiter als nicht ganz unnütz erwiesen.

„Gehe fünf Schritte weiter.“

Er gehorchte, ohne seinen Unwillen unterdrücken zu können, derart herumkommandiert zu werden.
 

Hayasa nickte ein wenig beifällig. Sesshoumaru mochte an der gleichen Einbildung leiden wie manch anderer Youkai, keine Fehler zu machen, aber er war doch klug genug, einen zu erkennen. Es gab niemanden, der keine Irrtümer beging. Nur wer das gelernt hatte war ein wahrer Daiyoukai, wie es in der Prüfungshölle gefordert wurde. Aber nun folgte die schwierigste Antwort, die tödlichste.
 

„Die letzte Frage an dich lautet: was ist ein perfekter Youkai?“ Die Stimme der Brücke verriet kein Gefühl, obwohl die Anspannung des Prüfungsleiters sich auch auf sie übertrug. Inuyasha hatte seinen Halbbruder als perfekten Youkai bezeichnet. Wenn sich die beiden einig waren, würde Sesshoumaru mit „ich“ antworten – und in die Tiefe stürzen.

Der Hundeyoukai zögerte keinen Moment: „Das war mein Vater.“

„Euer Vater? Hast du nicht zuvor gerade noch erwähnt, dass du ihn übertroffen hast?“

Euer Vater, wiederholte der Angesprochene missmutig. Nun ja, es stimmte. „Ich habe mehr Macht als er,“ erläuterte er jedoch. War das unangenehm, so Rede und Antwort stehen zu müssen. Aber besser als zu sterben. Immerhin war ihm langsam klar, warum das hier shiken jigoku hieß. Prüfungshölle, in der Tat.

„Mehr Macht, aber dir fehlt noch etwas?“

„Ja.“ Wozu das auch noch vertiefen. Vater war nicht nur der Stärkste unter allen gewesen, sondern war auch ein guter Anführer im Frieden, hatte den Rat dominiert, ohne es sie merken zu lassen. Dazu fehlte ihm selbst schlicht noch die Lebenserfahrung, das hatte nicht zuletzt die Tatsache bewiesen, dass es dem Rat möglich gewesen war, den gemeinsamen Überfall auf ihn und diese Entführung zu planen, ohne, dass er es mitbekommen hatte. Nun, abgesehen von der Tatsache, dass er nicht die mindeste Lust auf Ratssitzungen verspürte. Und überdies noch ein größeres Hühnchen mit den Acht zu rupfen hatte.

„So gehe zehn Schritte weiter.“
 

Kaum, dass Sesshoumaru den Felsboden betrat und seine Sinne wieder arbeiteten, sah er sich einem deutlich erleichterten Hanyou gegenüber.

„Auch schon da,“ sagte der zwar nur, aber in seiner Stimme lag noch die Anspannung, die er gehabt hatte, als er hilflos mitansehen musste, wie sich sein Halbbruder auf der Brücke schlug. Und obwohl er nicht wusste, was die Fragen sollten oder welche dieser zu beantworten gehabt hatte – es war schön, dass der nicht abgestürzt war. Irgendwie würde er den Idioten vermissen. Überdies hätte er keine Ahnung gehabt, wie er Rin das beibringen sollte.

„Gehen wir,“ antwortete der Daiyoukai nur und setzte sich in Bewegung.

Inuyasha war unverzüglich an seiner rechten Seite.
 

Wie es der Herr der Prüfungshölle gesagt hatte, erreichten die Hundebrüder nach einer Stunde den Ausgang des Höhlensystems, scheinbar mitten im Nichts. Wortlos blieben sie nebeneinander vor der leuchtenden Tür, die sich dort vor ihnen zeigte, stehen und sahen sich um. Hayasa hatte doch hier erscheinen wollen?

Tatsächlich kam dieser durch die Dunkelheit des Raumes in seiner menschlichen Form herangeschwebt und blieb vor ihnen stehen: „Sehr schön, mein jungen Freunde. Ihr habt die Brücke der Selbsterkenntnis überlebt. - Wenn ihr durch diese Tür geht, gelangt ihr in die Wüste der toten Seelen.“

„Oh nein, nicht schon wieder Zombies!“ stöhnte Inuyasha prompt auf, der sich nur zu gut an das Überfallkommando der Hexe in den Ruinen von Zugaikotsu erinnerte.

Sesshoumaru stimmte ihm wortlos zu, sah jedoch zu Hayasa, ob da schon wieder etwas von wegen Unhöflichkeit gegenüber älteren Respektspersonen käme. Das etwas nachdrücklichere Gespräch mit Myouga musste er so rasch wie möglich führen, damit dieser Unglückshund von Halbbruder ihn nicht noch öfter durch schlechte Manieren blamierte. Er bemerkte nicht, dass ihm das früher vollkommen gleichgültig gewesen wäre.

Aber der Leiter der shiken jigoku schwieg dazu. Er hatte in den vergangenen Prüfungen, vor allem bei der Brücke nur zu gut gesehen, was sich hinter dem losen Mundwerk des Hanyou verbarg. Und, dass die Unhöflichkeit auf mangelnde Erziehung zurückzuführen war, keine Absicht: „Keine Zombies, falls du damit die Wesen meinst, die in Zugaikotsu waren. - Übrigens, die Hexe ist weggezogen, nachdem sie euch traf. Eine Idee, warum das so sein könnte?“

Der Hanyou zuckte die Schultern, bemerkte dann jedoch, dass er wohl in ein Fettnäpfchen gesprungen war. Der Herr Halbbruder guckte schon wieder so. Er sollte wohl besser antworten: „Äh, nein, also, wir haben nur mit ihr geredet und sie nach der Prüfungshölle gefragt. Aber sie meinte da, dass sie weggehen wolle, weil so wenige Leute mehr vorbeikommen.“

„So. - Nun, die toten Seelen in der Wüste sind eine Art Zwischending. Sie leben nicht, aber sie sind auch nicht tot, wie es die Zombies, wie du sie nennst, in Zugaikotsu waren. Nichtsdestotrotz werden sie euch wohl angreifen. Ihr könnt also im Gegensatz zu ihnen sterben. Oh, und ihr solltet euch vor den Blumen der Wüste in Acht nehmen. Das war alles, was ich euch dazu zu sagen habe. - Nur eines noch. Wenn ihr durch die Wüste gelangt seid, wird euch das letzte Portal zum Ausgang der shiken jigoku bringen.“ Wie die Hundejungen aufatmeten, möglichst ohne es zu zeigen. Stur und stolz waren sie, alle zwei. „Dann geht.“

Mit gewissem Vergnügen beobachtete er, wie die beiden Bengel ihm prompt gehorchten. Das dürfte auch nicht vielen passieren. Aber jetzt hatte er noch einen kleinen Besuch abzustatten.
 

Nur kurz darauf sah sich der Hunderat wieder dem riesigen, schwarzen Daiyoukai gegenüber.

Inabikari übernahm erneut die Begrüßung: „Ehrwürdiger...“ Nein, es wäre unziemlich gewesen, zu fragen, was der so viel Ältere hier wollte. Er würde es schon sagen.

Hayasa entblößte sein prachtvolles Gebiss: „Ich möchte euch mitteilen, dass beide Halbbrüder die tödlichste Prüfung der shiken jigoku überlebt haben und sich nun in deren letzten Teil befinden.“ Er sah zu Kyuu, die sich unwillkürlich etwas aufrichtete, jedoch schwieg. „Wenn sie auch die letzten Prüfungen bestanden haben, werden sie ohne Zweifel herkommen. Es wird euch kaum überraschen, dass sie nicht sonderlich gut auf euch zu sprechen sind.“

„Sie werden ihre Kämpfe bekommen,“ erwiderte Inabikari höflich: „Es lag, wie ich bereits erwähnte, nie in meiner Absicht mich zu drücken.“

„Ich weiß durchaus, was du sagtest, Junge. Und ich glaube es dir. Die Frage, die ihr euch stellen solltet, lautet jedoch: sind die Brüder an Duellen überhaupt interessiert?“ Hayasa gab zu, dass das eine gewisse Boshaftigkeit seinerseits war. Aber dieser Rat, und hier vor allem Kyuu, hatten seine schöne, prickelnde Herausforderung der Prüfungshölle der Daiyoukai für ihre Machtspiele benutzt, ihn benutzt. Abgesehen von dem Vergnügen, die beiden Chaoten kennengelernt zu haben, blieb ihm jetzt jede Menge Arbeit für den Wiederaufbau, Beschäftigung für die nächsten Jahrhunderte. Sechs der Acht pressten auch die Zähne etwas zusammen, da sie wohl ihre Aussichten doch richtig einschätzen konnten. Immerhin. Er hatte durchaus schon bezweifelt, dass dieser Rat alt genug für realistische Meinungen war.

Inabikari meinte jedoch: „Ich verstehe nicht ganz, Ehrwürdiger. Ja, Sesshoumaru hat sich nie einem direkten Kampf um die Macht gestellt, vom Hanyou weiß ich es nicht...“

„Nicht aus Feigheit,“ erwiderte der alte Daiyoukai sofort: „Sondern, weil sie mittlerweile nur an euer aller Tod interessiert sind?“

„Sie können sich nicht zu zweit gegen uns acht stellen,“ sagte Kyuu: „Das schafft niemand. Immerhin sind Ratsmitglied Inabikari und ich Daiyoukai, und auch die anderen sind nicht gerade schwach!“

„Liebes Kind,“ meinte Hayasa betont fürsorglich, was die aufbrausende Hundeyoukai um ein Haar dazu brachte, etwas Unhöfliches zu sagen oder gar zu tun: „Ich sehe mich genötigt, dich daran zu erinnern, dass sie soeben durch meine Prüfungen gehen und ich Fähigkeiten sehr wohl abschätzen kann. Nun, wir werden sehen, was geschieht.“

Er ließ sich gemütlich nieder und legte den Kopf auf die Vorderpfoten, sichtbares Zeichen, dass er keine Unterhaltung mehr führen wollte. Der Rat sah sich gezwungen, sich daran zu halten – und keiner wagte es, in Gegenwart des uralten Lebewesens eine Unterhaltung zwischen den Mitgliedern zu beginnen. Und so begann sich jeder für sich zu fragen, ob die Idee, die Bluterben in die Prüfungshölle zu schicken, nicht womöglich der dümmste, ja kindischste Einfall gewesen war, auf den sie hatten kommen können. Unter solchen Gedanken vergeht Zeit langsam...
 

„Ein Glück, dass es hier nicht heiß ist,“ war Inuyashas erster Kommentar, als sie in der neuen Prüfungswelt angekommen waren. Zu ihrer unausgesprochenen Erleichterung zu zweit. Um sie herum lag eine Ebene, die mit kleinen Kieseln bedeckt waren. Nur vereinzelt ragten trockene Gräser aus der Einöde. Im Hintergrund entdeckten sie sandige Hügel von verschiedener Höhe. Kein Lebewesen war zu sehen oder zu wittern. Eine helle Sonne brannte von einem geradezu unwirklich blauen Himmel.

„Erspare mir deine überflüssige Meinung.“

„Oh, schon gut.“ Hatte er gedacht sie würden sich annähern? „Also, lebende Tote sind hier nicht zu entdecken.“ Mist, ärgerte er sich prompt. Das hätte er auch nicht sagen sollen.

Sesshoumaru schwieg dazu, nicht willens, sich zu wiederholen. Außerdem war es wichtiger herauszufinden, in welche Richtung sie nun gehen sollten, wo der Ausgang aus dieser Welt lag. Den mussten sie erreichen, dann war die Prüfungshölle bestanden. Und weder tote Seelen noch irgendwelche Blumen würden ihn aufhalten. Hayasa hatte diese Pflanzen bestimmt nicht ohne Grund erwähnt. Nun, am besten würde man von diesen Sanddünen dort vorn einen Überblick erhalten können. Als er den ersten Schritt machte, stellte er zu seiner gewissen Überraschung fest, dass Inuyasha die gleiche Bewegung im gleichen Moment machte.
 

Vom Kamm der Düne aus hatten die Halbbrüder in der Tat einen Rundblick. Die Sonne senkte sich gegen den Horizont, der Wind frischte etwas auf, und ihnen wurde klar, dass eine Nacht vor ihnen lag. Leider verriet nichts, wo hier der Ausgang wäre. Eine dunkle Linie am Horizont zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Mit einem weiten Satz sprang Sesshoumaru den Sandhügel hinab in diese Richtung.

„Keh!“ Mit einem leisen Fluch beeilte sich Inuyasha hinterher zu kommen. Konnte der Mistkerl nicht sagen, was er vorhatte? Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie Jaken das die ganze Zeit nur aushielt. „He! Wohin willst du?“

„Geradeaus.“

Immerhin hatte er eine Antwort bekommen: „Ich habe da nicht gerade den Ausgang gesehen. Du etwa?“

Der Daiyoukai ertappte sich tatsächlich bei dem Gedanken, dass er das erklären müsste. Einmal für kleine Halbbrüder ohne jede Ahnung von Strategie: „Dort ist eine dunkle Linie, Pflanzen oder etwas anderes. Hayasa erwähnte Wüstenblumen nicht ohne Grund.“ Und wenn er diesen unseligen Flohgeist in die Krallen bekam konnte der etwas erleben. Magische Geschöpfe hatte der ebenso vernachlässigt wie Strategie, höfische Erziehung und der Himmel wusste, was noch alles.

Inuyasha war überrascht, aber durchaus nicht unangenehm berührt, dass sich sein großer Bruder wie einer benahm. Nun ja, er gab zu, dass der das, seit sie in die Prüfungshölle entführt worden waren, öfter getan hatte. Vielleicht würde er ihn eines Tages doch als richtigen Bruder anerkennen, von „unserem“ Vater sprechen, sich sein Traum erfüllen. So sagte er nur: „Dann werden wir uns durchkämpfen.“

Sesshoumaru schwieg zu dieser Selbstverständlichkeit.
 

**
 

Das nächste Kapitel führt die Prüflinge also in die Wüste – und in die vielleicht ärgste Probe der shiken jigoku. Myouga dagegen sollte sich vielleicht ohne Hinterlassung einer Adresse in Urlaub begeben...



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Kommentare zu diesem Kapitel (10)

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Von:  Minerva_Noctua
2012-02-19T07:10:36+00:00 19.02.2012 08:10
Kyuu wird für ihren Plan noch büßen müssen.
Ich bin ja mal gespannt, was die Wüste bringt:)
Hayasa will sich anscheinend nicht entgehen lassen, wie die Halbbrüder den Hunderat begrüßen.
Ein gutes Kapitel:)

Bye

Minerva
Von:  kiji-chan
2011-09-28T19:56:08+00:00 28.09.2011 21:56
Ich kann durchaus verstehen, warum Hayasa die Beiden mag. Sie sind einfach wufftastisch.

Bis jetzt eines meiner liebsten Kapitel. Wie die Jungs Weisheit zeigen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Ähnlich wie das Kapitel mit Kagumi, aber ernster, finde ich. Sie können selbstkritsch sein, wenn sie wollen, oder?

Der Rat macht langsam sein Testament, befürchte ich. Besonders nachdem Haysa extra vorbei kam um ihnen zu sagen, dass die Jungs gleich da sind.

Was ich aber nicht nachvollziehen kann, wenn sie vor Blumen gewarnt wurden, warum gehen sie genau auf diese zu? o0

Ein Hoch auf Zombies und Blumen und die Jungs! Wir lesen uns im nächsten Kapitel.

ncha!
Kiji
Von:  Teilchenzoo
2011-09-28T15:11:51+00:00 28.09.2011 17:11
Dachte ich mir doch, dass die beiden die Brücke spielend nehmen werden. Aber es gefällt mir, dass sie Hayasa damit so überrascht haben. Schön, dass seine Meinung über sie dadurch gestiegen ist.
Der Rat schmort nun also im eigenen Saft ... verdienterweise! Hayasa foltert sie aber ganz schön. Ob er seine stille Rache genießt?

Mit diesen Blumen hat es doch irgendwas auf sich ... kann es sein, dass hier geprüft wird, ob sie sich an den Rat halten? Hm ...
Aber sag mal, heißt es nicht, jeder Prüfling, der bestanden hat, hätte am Ende eine eigene Prüfung hinzugefügt? Bislang kamen doch alle Prüfungen von Hayasa?

Lg
Von:  Weissquell
2011-09-26T15:33:02+00:00 26.09.2011 17:33
Na, über diese Fragen und Antworten kann man wohl gut philosophieren. Zumindest hat Inu Yasha sich recht gut geschlagen. Hier müsste man wieder überlegen was genau die Kriteriwen dieser Fragen/Antworten sind und wozu genau diese Prüfung dient. Dient sie der Feststellung von Aufrichtigkeit, oder der Selbsterkenntnis, oder der Intelligenz. So wie es aussieht dient dies tatsächlich der Selbsterkenntnis, wie der Name schon sagt. Ginge es um Aufrichtigkeit, dann wäre die Frage nach dem perfekten Youkai vermutlich falsch gewesen. Denn Sessi ist wohl ne ziemlich große Nummer und Inu Yasha scheint ihn innerlich tatsächlich hoch zu achten, aber perfekt ist er sicher nicht. Und was eine Intelligenzprüfung angeht, in dem Fall hätte die Antwort sicher eher bestimmte Kriterien verlangt die dein perfekter Youkai erfüllen muss, nicht die nennung einer bestimmten Person.
In diesem Fall geht es wohl um die Fähigkleit sich selbst "demütigen" zu können, sprich Bescheidenheit. Die Frage allerdings die ich mir stelle, ist wohl, sind das tatsächlich Kriterien die ein Daiyoukai erfüllen muss? Wie gesagt darüber kann man Philosophieren :-)

Hmmm, bei Sesshomaru bin ich ein wenig irritiert. Wenn die Brücke ohnehin die Gedanken lesen kann und die Wahrheit erkennen kann, wozu dann noch die Fragen? Und wenn die Fragen und deren Beantwortung über den Weitergang entscheiden, dann hat Sessi hier doch glatt gelogen und sollte eigentlich keine feste Brücke bekommen. Wieder einmal kommt es mir so vor als würde den beiden Jungs der Weg geebnet...
Ich weiß nicht, mir läuft das alles immer noch ein bisschen zu glatt. Dies ist tatsächlich eher eine Prüfungshölle als eine Trainingshölle z.B. Hier wird mehr oder weniger hauptsächlich "abgefragt" was sie können und weniger dafür gesorgt, dass sie neues lernen. Aber dann erfüllt es vermutlich seinen Zweck. :-)

Na bin mal auf das nächste Kapitel gespannt.

Bis dahin erstmal von mir
L.G. Weissquell
Von:  Krylia
2011-09-25T20:15:35+00:00 25.09.2011 22:15
Aww, Sesshoumaru ist für Inu der perfekte Youkai! Allerdings muss das ja nicht unbedingt was Gutes bedeuten... Naja, inzwischen hat er ja doch eine viel bessere Meinung von seinem Halbbruder.
Jedenfalls hat mir die Brücke der Selbsterkenntnis wirklich sehr gut gefallen. Ich liebe solche Prüfungen.

Ob Hayasa zusehen will, wie der Rat vermöbelt wird? Jedenfalls hat er sich eine wirklich fiese kleine Foltermethode für sie ausgedacht, dieser ausgefuchste alte Dämon.
Ich finde ihn klasse. :)


LG, Krylia
Von:  00schnepel8
2011-09-25T20:06:33+00:00 25.09.2011 22:06
Also ich muss schon sagen, je mehr Kapitel diese FF bekommt, desto mehr tut mor Myoga Leid...^^

Die Brücke der Selbsterkenntnis war toll, anders kann ich's nicht sagen.Auch wenn irgendwie klar war das sie nicht in den Abgrund stürzen, aber die Antworten der Beiden waren doch wieder einmal sehr aufschlussreich.Sesshomarus Antwort aud die Frage obb er jemanden beschütze war äußerst amüsant...da gebe ich Hayasas Scmunzeln recht.:)

Ich frage mich ob Hayasa beim Rat bleibt um die Kämpfe mit ansehen zu können, aber es hat sich schon danach angehört.
Aber jetzt mal zum Thema vorlaut, die liebe Kyuu hat aber auch ein ganz schönes Temperament, sie weiß sich zwar noch zu zügeln, aber wie das ohne gute Erziehung ausgesehen hätte möchte ich garnicht wissen.

Auf diese merkwürdigen Untoten bin ich schon gespannt.Unter, weder tot noch lebendig, kann ich mir nicht allzu viel vorstellen.Außerdem eine Wüßte die nicht heiß ist??Nun gut, da warten einige Überaschungen auf uns...
Aber mal eine Frage: Hayada warnte die Beiden ja vor den Blumen.Durfte er das??Ich meine klar durfte er, ist ja seine Prüfungshölle, aber haben sie damit nicht einen Vorteil, oder hat er das allen Prüflingen gesagt??

Ich freue mich auf's nächste Kapitel...
Von:  ayakoshino
2011-09-25T15:30:57+00:00 25.09.2011 17:30
Ein sehr schönes Kap! Die Brücke hat mir wirklich gut gefallen, auch Sesshomarus Antworten waren gut, typisch für ihn. Er würde öffentlich nie etwas zugeben was eine Schwäche bedeuten könnte, aber selber für sich weis er es sehr wohl!
Der Rat macht sich langsam Gedanken ob es wirklich ein so guter Plan war. Kyuu kann sich nicht vorstellen das die Brüder es mit allen 8 gleichzeitig aufnehmen können, aber die beiden sind ja immer wieder für Überraschungen gut, wie man bemerkt hat.^^
Mal sehen ob Hayasa da bleibt bis die Jungs kommen und sich das ganze Spektakel anschaut.
Ich freu mich jedenfalls schon auf das nächste Kap!
lg ayako
Von:  Kagomee16
2011-09-24T21:09:35+00:00 24.09.2011 23:09
das war ein echt intressantes kapi^^
bin gespannt ob hayasa noch eine schow bekommt wenn die beiden dort auftauchen^^
lg kagomee16
Von:  filia-infernorum
2011-09-24T16:38:01+00:00 24.09.2011 18:38
wie lange habe ich auf dieses kapitel gewartet? ^^
die 2 wochen kamen mir echt ewig lang vor. aber jetzt ist es endlich da ^^

bald ist die prüfungshölle also zu ende und die beiden hundebrüder werden sie verlassen udn dann dem hunderat begegnen.... eine echt interessante begegnung ^^
ih bin gespannt, wie sie ihre meinungsverschiedenheiten klären wollen.

auf den ersten blick waren das einfache fragen die auf der brücke der selbsterkenntnis gestellt wurden, aber wenn man genauer drüber nachdenkt nciht mehr. zu sehr verlangt der stolz doch zu sagen, dass man selsbt der beste sei, aber zum glück haben beide die fragen richitg beantwortet. ^^

lg
filia-infernorum
Von:  Sasuke_Uchiha
2011-09-24T12:22:30+00:00 24.09.2011 14:22
Juhu, endlcih das neue Kapitel.

Die Brücke der Selbsterkenntnis war toll.

Ich frage mich, ob Hayasa beim Rat bleibt und wartet, bis Inu Yasha und Sess ankommen um dem Rat ihre Meinung zu diesem Trip mitzuteilen :)




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