Zeit, dass sich was dreht von Midnight_Poison (Wakabayashi X Schneider) ================================================================================ Kapitel 3: "Stell dich ins Tor!" -------------------------------- So dale... diesmal recht lang und ein bisschen mehr zu lesen, aber wir wollen ja schließlich auch mal vorwärts kommen mit den beiden^^Ich hoffe es gefällt und vielen Dank fürs Lesen und die lieben Rückmeldungen. ^^ Kapitel 3 "Stell dich ins Tor!" Die Sekunden sind gezählt, Hoffnungen übergroß! Ein fauchendes Zischen war zu vernehmen und der unangenehme Geruch verbrannten Leders rauschte an Genzo vorbei, als ihm der Windstoß des nur wenige Zentimeter an seinem Kopf vorbei geschossenen Balls das Käppi vom Kopf riss. Wirr fielen ihm einzelne, verschwitzte Strähnen in das schlagartig leichenblasse Gesicht. Da war es wieder. Dieses Gefühl. Das Gefühl absoluter Unfähigkeit, am Rande einer vollkommenen Paralyse. Genzo war sich ganz sicher einen Phantomball gesehen zu haben. Ewas, das gar nicht existierte. Und doch… sich wild um die eigene Achse drehend, riss und zerrte der Ball am Netz - der einzige Beweis dafür, dass Karl-Heinz Schneider tatsächlich geschossen hatte. Bewegungs- und ausdruckslos stand der Topspieler des FC Grünwald dort vor ihm, als wäre nie etwas geschehen, als hätte Genzo sich diesen teuflischen Schuss nur eingebildet. Der blanke Wahnsinn! "Immer noch so erschrocken?", fragte der Schütze mit gespielter Verwunderung in der Stimme, während er langsamen Schrittes auf Genzo zukam und sich nach dessen Käppi beugte. "So langsam solltest du meinen Schuss doch kennen." Der Hauch eines Lächelns umspielte die Lippen des Kaisers, als er Genzo sein Käppi auffordernd entgegenhielt, was dieser jedoch vollkommen ignorierte. Noch immer drehten sich all seine Gedanken nur um diesen gottverdammten Schuss. Ich fasse es nicht… ich fasse es einfach nicht… ich konnte mich noch nicht einmal rühren, da war dieses verdammte Ding schon im Kasten… Erst ein leichter Druck auf seinem Kopf ließ ihn aufschrecken und erschrocken zusammenfahren, als Schneider ihm seine Kappe unbeholfen zurück auf die rabenschwarzen Haare setzte. Zufrieden besah er sich das schiefe Gebilde auf Genzos Kopf aus einem Meter Entfernung – mit einem Zug um die Mundwinkel, der Genzo absolut nicht gefallen wollte... "Wenn ich dir auch noch beim Anziehen deiner Jacke helfen soll, sag Bescheid." Das Grinsen war breiter geworden und - so kam es Genzo zumindest vor - schien es wieder einmal verdammt herablassend zu sein. Doch um genauer zu sein, wirkte sein Gegenüber wie eine seltsam ferne, unwirkliche Wesenheit, so wie er dort im grellen Licht der Strahler stand und mit entrücktem Ausdruck das Tor fixierte, als wolle er abschätzen wie hart er wohl schiessen müsste, um es zu treffen. Es hatte etwas Unheimliches an sich. "Nein danke, nicht nötig“, giftete Genzo gereizt, nun da er endlich seine Stimme wieder gefunden hatte, welche sich bis dato verschüchtert im hintersten Winkel seines Rachens versteckt gehalten hatte. "Das schaffe ich gerade noch alleine, aber ich werde mir dein Angebot merken." Wenn er nicht das leichte Zucken der Mundwinkel gesehen hätte, hätte Genzo geschworen, dass ihm sein Gegenüber gar nicht zugehört hatte. "Stell dich ins Tor." "Bitte was?" Überrascht starre Genzo zu Schneider herüber, dessen Blick noch immer ausdruckslos auf den Torlatten ruhte, so als würde er gar nicht wahrnehmen, dass sich außer ihm noch jemand auf dem Platz befand. "Ich sagte, du sollst dich ins Tor stellen. Das von heute Morgen und gerade eben soll doch kein Dauerzustand werden, oder?" Ohne eine Antwort abzuwarten, warf Schneider seinem Gegenüber nur einen undeutbaren Blick zu, während er zurück zur Elfmetermarke ging. Unterwegs kickte er einen Ball hoch, den er sich sogleich locker unter den Arm klemmte, nur um ihn anschließend an seinem Ziel angekommen haargenau zu positionieren. "Was ist jetzt?" Abwartend stemmte der blonde Stürmer die Hände in die schmalen Hüften, während er herausfordernd in die Richtung des jungen Japaners blickte, welcher noch immer nicht im Stande war sich vom Fleck zu rühren. Erst das laute Knallen des Balles gegen die Torlatte brachte ihn zurück in die Realität. Er und Karl-Heinz Schneider, mitten in der Nacht bei einem Duell auf dem Fußballfeld. "Na, jetzt endlich wach?", schrie es Schneider, als er zufrieden sah, wie Wakabayashi zurück in den Kasten hechtet und ihn in just dem Moment erreichte, da er hochsprang, um einen Fallrückzieher zu vollführen. Mit einer Kraft, die Wakabayashi nie für möglich gehalten hätte, zog Schneider ab. * "Lass uns aufhören, ich kann nicht mehr!" Vollkommen erschöpft und schwer atmend ließ sich Genzo der Länge nach hinterrücks auf den Boden fallen. Er spürte sein Herz laut und hart gegen seinen Brustkorb schlagen, sodass ihm die Rippen schmerzten. In seinem Kopf pulsierte es, während ihm das adrenalinversetze Blut noch immer in Sturzbächen durch die Ohren sauste. Er hatte ein jedwedes Gefühl für die Zeit verloren, während er es sich auf dem Rasen gemütlich machte und alle Viere von sich streckte. Er konnte schon seit geraumer Zeit nicht mehr sagen, wie lange er und Schneider auf dem Fußballplatz trainiert hatten. Es mussten Stunden gewesen sein, in denen ihm ein Ball nach dem nächsten um die Ohren geflogen war, als wären es Kanonenschüsse gewesen. Harte, zielgenaue Kanonenschüsse. Und wie wirkliche Kanonenkugeln waren sie allesamt absolut unhaltbar für ihn gewesen. Doch seltsam genug, obwohl ihm jeder Muskel einzeln wehtat - sogar Muskelpartien, von denen er noch nicht einmal geahnt hatte, dass er sie überhaupt besaß - fühlte er sich seltsam zufrieden. Erschöpft, ausgelaugt und dem Tode definitiv näher, als dem Leben, aber durchaus erfüllt und zufrieden. Und zu seiner eigenen Schande musste sich Genzo eingestehen, den Kaiser im Vorfeld vollkommen falsch eingeschätzt zu haben. Er war gut. Wirklich gut und dessen war sich der Stürmer auch vollends bewusst. Aber diese kühle Art, welche er an den Tag legte war keine Arroganz, wie Genzo es noch vor wenigen Stunden steif und fest behauptet hätte. Es schien viel mehr Schneiders Strategie zu sein, anderen Menschen etwas beibringen zu wollen. Eine nicht gerade elegante und durchaus brachiale Methode, aber offensichtlich die Einzige, die der blonde Spieler für richtig hielt, ihm beizubringen seinen Feuerschuss zu halten. Learning by doing, schoss es Genzo durch den Kopf und er musste leise lächeln, während er in die Nacht hineinlauschte. Ein lauer Wind wehte über das Feld und zerzauste sein schweißnasses Haar, kühlte angenehm seine glühenden Wangen. Er konnte in der Ferne das schwache Rauschen der Hauptstraße vernehmen, dann und wann das leise Zirpen der Grillen und das beständige, monotone Surren der Flutlichtsrahler. Ein Rascheln ganz in seiner Nähe ließ ihn schließlich die Augen einen Spalt breit öffnen, gerade weit genug, um zu sehen, wie sich Schneider seine Trainingsjacke anzog und sich neben ihm auf dem Boden niederließ. "Wenn du magst, kann ich hier jeden Abend mit dir trainieren", bot Schneider an, während er sich ebenfalls der Länge nach auf dem Rasen aussteckte und die Hände hinter dem blonden Haarschopf verschränkte. Vollkommen verdattert von diesem unerwarteten Angebot, brachte Genzo im ersten Augenblick keinen Ton heraus. "Meinst… meinst du das erst?" Der verschaukelt mich doch gerade nach Strich und Faden… Doch ein genauerer Blick in das Gesicht des Stürmers bedeutete ihm, dass dieser es durchaus nicht im Scherz gemeint hatte. Entschlossen sah er auf in die braunen Augen des Japaners, ehe er mit fester Stimme ansetzte: "Natürlich meine ich das ernst. Ich sage so etwas nicht im Spaß." "Aber…", händeringend suchte Genzo nach Worten, doch schienen sie ihm allesamt zu entgleiten. "Du… du wirst doch mit dem eigentlichen Training schon genug zu tun haben…", er schluckte schwer etwas hinunter, das sich ganz entschieden nach Stahlwolle anfühlte, ehe er etwas leiser hinzufügte: "Du bist schließlich nicht derjenige, der ein Zusatztraining benötigt." Das unbeholfene Gestotter des Torhüters rang Schneider ein erheitertes Lächeln ab. "So ein bisschen Fleißarbeit kann nie schaden", murmelte er abwesend, wie er so da lag und die Sterne hoch über ihnen beobachtete. "Aber deine Freunde…", fuhr Genzo energisch fort und klang dabei wesentlich barscher, als er es eigentlich beabsichtig hatte. Das absolut Letzte, was er wollte, war undankbar zu klingen, denn das war er ganz und gar nicht. Wenn er das Angebot Schneiders annehmen würde, wüsste er nicht wohin mit seiner Dankbarkeit, so tief würde er in der Schuld des Deutschen stehen. Er wusste selbst nicht genau warum, aber irgendetwas in ihm sträubte sich ganz gewaltig dagegen mit Schneider zu trainieren. Nicht, weil er es nicht gebraucht hätte, oder er sich für zu gut hielt… auch an Schneider selbst lag es nicht. Aber allein die Tatsache, dass dieser Fußballteufel seine eh schon knapp bemessene Freizeit allen Ernstes damit verbringen wollte, ausgerechnet ihm zu helfen, in diesem Land nicht vollkommen unterzugehen, stellte dem Keeper sämtliche Nackenhaare auf. "Was ist mit deinen Freunden und deiner Familie? Was werden sie dazu sagen, wenn du nun auch noch jeden Abend unterwegs bist? Du hast doch sicherlich schon jetzt kaum Zeit für sie." "Da mach dir mal keine Sorge." Die Antwort erfolgte abgehackt und unterkühlt. Überrascht beobachtete Genzo von der Seite her die Reaktion des Deutschen. Er konnte es sich selbst nicht recht erklären und war sich fast schon sicher, es sich nur eingebildet zu haben, aber bei dem Wort "Familie" schien sich der schlanke Körper seines Kapitäns urplötzlich sichtlich anzuspannen, regelrecht zu verkrampfen. Über das bis dahin so entspannte Gesicht war ein dunkler Schatten geschlichen. Nur für den Bruchteil von Sekunden, in denen sich die hellen Augenbrauen ebenfalls skeptisch zusammengezogen hatten. "Lass das nur mein Problem sein, das ist etwas, womit ich zurechtkomme", gab Schneider letztlich so lapidar, wie eben möglich klingend zurück und hoffte inständig, dass seine Antwort dem jungen Keeper genügen würde. Er wollte dieses Thema um keinen Preis weiter vertiefen. Um Gotteswillen nicht. Es hatte seinen Grund, dass er an diesem Abend zurück zum Trainingsplatz gekommen war, um sich abzulenken und abzureagieren. Er hatte es zu Hause einfach nicht mehr ausgehalten, das war es. Heute war es besonders schlimm gewesen und Karl bezweifelte, dass sein Vater in dieser Nacht noch einmal nach Hause zurückkehren würde… "Glaub mir", fuhr er daher mit belegter Stimme fort, die Bilder seiner sich lautstark streitenden Eltern und der in einer Ecke des Zimmers zusammengekauerten, leise weinenden Marie noch immer lebhaft vor Augen, "es ist in Ordnung so, wie es ist. Im Moment ist der einzige Ort, an dem ich sein möchte das Fußballfeld… schließlich bin ich doch auch jetzt hier, oder?" Schneider wandte seinen Blick von den Sternen ab und drehte sein Gesicht in Genzos Richtung, sodass er diesen nun einfach nur stumm aus tiefblauen Augen heraus ansehen konnte. Ein durchdringender, forschender Blick, jedoch nicht unangenehm, wie Genzo fand. Und es war das erste Mal, dass ihm diese eigenartige Farbe auffiel, die die Augen seines neuen Teamkapitäns aufwiesen. Unglaublich blau… Eine seltsame Mischung aus hellem Blau und einem Hauch von Grau, welche Genzo vage an den Himmel eines Regentages erinnerte. Er konnte sich nicht entsinnen jemals eine solche Augenfarbe gesehen zu haben. Vielleicht erstaunte sie ihn auch nur so, da in Japan die vorherrschende Farbe Braun war, aber dennoch konnte er einfach nicht anders, als sie wie gebannt zu fixieren. "Was hast du?", ließ ihn Schneiders verwunderte Stimme aus seiner Musterung hochfahren. "Nichts, nichts..." Peinlich berührt wandte Genzo den Blick ab und versuchte sich stattdessen auf die hell leuchtenden Sterne über seinem Kopf zu konzentrieren, auch wenn ihm dies nicht recht gelingen mochte. Sie waren einfach nur weiß. Weiß und kalt, nicht blau. Wunderbar Genzo… jetzt denkt er du bist vollkommen übergeschnappt, wenn du ihn über Minuten hinweg einfach nur anstarrst… wunderbar. Gratuliere! Versau es dir mit dem einzigen Menschen, der dir hier freundlich gesinnt zu sein scheint... "Denkst du an zu Hause?" Überrascht über diese Frage hob Genzo den Kopf ein Stück an, ehe er sich letztlich aufrichtete und seinen Oberkörper auf seine Unterarme stützte, den Blick derweil noch immer stumm auf die toten Lichter über ihnen gerichtet, um ja nicht in Versuchung zu kommen, Karl-Heinz wieder unverwandt anzustarren. Er überlegte einen kurzen Moment, ehe er schließlich matt nickte. Wenn ihm eine solche Ausrede schon auf dem Silbertablett präsentiert wurde, wäre es einfach nur fürchterlich dumm sie auszuschlagen. "Ja, ich denke oft an zuhause", gestand er leise seufzend und das war noch nicht einmal gelogen. Wie auf Knopfdruck brandeten all die Erinnerungen und Erlebnisse mit seinen Freunden zurück in seinen Geist, ließen ihn leicht frösteln. All die traurigen Gesichter, wie sie sich von ihm verabschiedeten, nachdem sie vollkommen fassungslos von seinem Plan nach Deutschland zu gehen erfahren hatten, zogen eines nach dem anderen vor seinem inneren Auge vorbei. Und er fühlte sich in diesem Moment einfach nur verdammt mies und egoistisch. Hatte er sie im Stich gelassen? Leise und unbemerkt von dem gänzlich in seinen Gedanken vertieften Wakabayashi, richtete sich auch Karl-Heinz auf. Er schlang die Arme wärmend um seine Knie, presste sie enger an seinen Körper, während er den neusten Teamzuwachs stumm von der Seite her beobachtete. Da hatte er ja ganz schön was angerichtet… Natürlich vermisst er seine Freunde und seine Familie, du Idiot!, schalt er sich in Gedanken selbst und biss sich hart auf die Unterlippe, nicht recht wissend, ob er etwas sagen, oder doch besser schweigen sollte. Streu noch Salz in die klaffende Wunde, sehr geschickt! Nicht jeder kommt aus so einem kaputten Elternhaus, wie du eines hast… und dann ist er auch noch zehntausende Kilometer von seinem Zuhause entfernt, in einem vollkommen fremden Land. Wie würdest du dich da fühlen, Karl? Noch immer schweigend und sich innerlich verfluchend, fuhr Schneider mit seiner Taxierung des so unendlich traurig und verloren wirkenden Japaners fort. Der Junge war gut. Zwar bei weitem noch nicht gut genug, um in seiner Liga zu spielen, aber mit dem richtigen Training konnte er einer von den ganz Großen werden. Und deswegen ist er auch nach Deutschland gekommen und hat dafür alles andere zurückgelassen, schoss es Karl-Heinz durch den Kopf, während er langsam seine leicht zitternde Hand ausstreckte. Ob sie vor Kälte, oder Nervosität bebte, konnte er nicht sagen. Um seinen Traum zu verwirklichen… Sanft, fast schon scheu und ohne jeglichen Druck legte Schneider seine Hand auf Genzos Schulter, was diesen dazu veranlasste überrascht seinen Blick von den Lichtpunkten loszueisen. Verwunderte braune Augen blickten Schneider verständnislos an. "Du schaffst das." Schneider lächelte. "Ich weiß es einfach." Die Antwort war ein kurzes, kaum wahrnehmbares Nicken, doch sprach die Erleichterung auf Genzos Gesichtszügen Bände. "Danke, Schneider." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)