Dunkle Straßen von Apollon ([VanVen]) ================================================================================ Kapitel 1: Melancholie ---------------------- Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Charaktere gehört mir. Die Rechte liegen bei Square Enix, soweit ich das weiß. So bevor ich anfange ein riesengroßes Danke an meinen Betaleser . __________________________________________________________ Der Tag hatte noch nicht begonnen und die ganze Stadt war in dichten Nebel getaucht. Weiße Schwaden zogen sich durch die Straßen und umzingelten die Gebäude. In ihrem Zentrum stand ein quadratischer Bau, der höher war als alle anderen. Sein flaches Dach schaffte es sogar dem Nebel zu entkommen. Dort oben saß ein Junge von vielleicht 17 Jahren. Er hatte sich am Rand niedergelassen und ließ seine Beine einen Meter über der weißen Nebelwand baumeln. Neben sich lag ein Messer, an dessen Klinge vertrocknetes Blut klebte, das von den Sünden der vergangenen Nacht zeugte. Der Blick des Jungen glitt über die glatte Oberfläche. Sie sah so fest und stabil aus, als könnte man darüber laufen. Er würde sich nur abstoßen müssen, dann könnte er von hier aus überall hingelangen. Wohin er auch immer wollte. Fast schon war er versucht diesem Impuls nachzugeben, doch nein. Immerhin würde ihn der Nebel nicht tragen und der Sturz, der daraus folgte würde sein Leben sehr wahrscheinlich beenden oder Schlimmeres. Und eigentlich hing er doch ziemlich an seiner körperlichen Unversehrtheit. Hinter ihm ertönte plötzlich ein Geräusch und augenblicklich schnellte seine Hand zu dem Messer, dem Einzigen, was er zu seiner Verteidigung hier hatte. Zwar würde es gegen Schusswaffen nicht viel ausrichten können, doch in einem fairen Kampf würde er sich damit seiner Haut schon erwehren können. Als er dann sah, wer der Neuankömmling war, atmete er erleichtert auf und er ließ die Waffe los, drehte sich dennoch um und brachte den festen Stein des Gebäudes unter seine Füße um sicher zu gehen, dass er nicht doch noch fiel. Denn nun, wo er darüber nachgedacht hatte, war ihm doch etwas mulmig geworden und er wollte sich von dem verlockenden Abgrund doch lieber ein wenig entfernen. „Ven! Hier bist du!“ Die erleichterte Stimme der Frau, die soeben das Dach betreten hatte, durchschnitt die Stille und legte sich warm um die Schultern des Jungen. Aqua war wirklich eine herzensgute Person. Die einzige Person, bei der er sich vorstellen konnte, wie es wäre Eltern zu haben. Sie kümmerte sich um ihn und Terra, stand ihnen mit Rat und Tat zur Seite und schimpfte mit ihnen, wenn sie sich verantwortungslos verhielten. Zumindest meistens, denn auch sie konnte nicht verhindern, dass Ven tiefer und tiefer in diese Bande hineingezogen wurde. Sie hatte bereits mit Engelszungen auf ihn eingeredet, doch der Blonde hörte einfach nicht auf sie, meinte, sie würde das nicht verstehen und beendete damit jedes Mal ihr Gespräch. Erst heute Abend hatte Ven wieder eines seiner Abenteuer mit dieser Gang gehabt. Ihm selbst war als Beweis nur ein kleiner Schnitt an der Schulter und eine leichte Prellung am Knie geblieben, während er mit seinem Messer einem von ihnen eine größere Wunde beschert hatte. Es war eher im Affekt passiert, hatte aber dazu geführt, dass sie heute den Sieg davon getragen hatten. Danach hatte der Blonde sich nach hier oben zurückgezogen. Er war gerne allein, wenn das vorbei war. Warum genau hatte er selbst noch nicht rausgefunden, doch es beruhigte ihn und befreite ihn von den Zweifeln, die ihn manchmal beschlichen. Von der Frage, was wäre, wenn er irgendwo anders auf der Welt geboren würde, wenn er sich nicht zusammen mit seinen Freunden ein Leben aufbauen müsste, das von Leid und Entbehrungen geprägt war. Wenn er irgendwo an einem besseren Ort wäre, bei Eltern, die sich darum kümmerten das Schulgeld aufzubringen, das Essen bezahlten und einfach nur wollten, dass es ihm gut ging. Zwar ging er auch hier zur Schule, doch auf eine öffentliche und diese waren eigentlich noch unsicherer als die Straße auf der er vor kurzem noch gelebt hatte. Sein Messer war sein ständiger Begleiter, ohne es fühlte er sich nackt und verwundbar. Der Blonde sah auf, als er sah wie Aqua sich neben ihm niederließ. Sie verstand ihn, wusste meistens was in seinem Kopf vorging. So schwieg sie. Ein Lächeln huschte über die schmalen Lippen der jungen Frau, als Ventus sie anblickte. Dann strich sie ihm durchs Haar, brachte es aus seiner Ordnung, was sie beide zum Kichern brachte. „Na komm. Terra wartet schon. Wir wollen doch noch zusammen frühstücken.“ So erhob sie sich wieder und überquerte das Dach mit großen Schritten. Dennoch warf sie nochmal einen Blick zurück, um sicher zu gehen, dass Ventus auch folgte. Dieser hatte sich nun auch erhoben und lief ihr nach, löste sich nach und nach etwas aus der Trance in die er sich selbst versetzt hatte, ein Lächeln hatte sich auf seinem Gesicht ausgebreitet und zusammen machten sie sich an den Abstieg. Sie lebten in einer kleinen Einliegerwohnung, die für sie drei Leute eigentlich nicht genug Platz bot, doch es war besser als auf der Straße, was sie vor nicht allzu langer Zeit hatten tun müssen. Doch eines Tages hatten sie von unerwarteter Seite Hilfe bekommen und alles hatte sich geändert. Es war früher Abend und die Hauptstraße war überfüllt mit Leuten die eilig von A nach B liefen. Die perfekte Atmosphäre für einen kleinen Straßendieb, der fluchs in die Taschen greifen konnte, um sich derer Habe anzueignen. Aus genau diesem Grund war auch Terra heute dort. Er und seine kleine Familie brauchten wieder etwas zu Essen. Während Aqua und Ventus am Straßenrand saßen und um Spenden baten, war er eher ein Mann der Tat. Er vertraute nicht auf die Hilfe fremder Menschen, die sie nur allzu leicht im Stich lassen konnte. Für ihn war es besser er handelte. Vielleicht war es falsch, was er tat, doch falsch und richtig zählten auf der Straße nicht viel. So stand er da und erspähte sich sein nächstes Opfer. Es sollte eine Frau sein, die mit einem quengelnden Kind durch die Straßen lief. Durch das Kind kam sie nur mäßig voran, war aber abgelenkt genug, um nicht zu bemerken, wenn sie um ein paar Dinge erleichtert wurde. So ließ sich der Brünette von dem Strom der Passanten mitnehmen, um näher an sein Opfer heranzukommen. Schließlich ging er genau hinter ihr. Sein Vorhaben würde er schnell hinter sich bringen und dann gleich zum nächsten übergehen. Unauffällig streckte er seine Hand aus, der Rucksack der Frau, war nur mäßig gut zugeschnürt und war deshalb doch sehr einladend. Ein schneller griff und die Geldbörse würde ihm gehören. Doch kurz bevor er seine Hand in die Tasche glitt wurde er am Handgelenk gepackt und zur Seite gezogen. Ein Schock, wie er größer nicht hätte sein können, durchfuhr den Teenager, der schon die Folgen vor seinem geistigen Auge sehen konnte. Er wurde nun der Polizei übergeben, die würden ihn wegsperren und Aqua und Ventus würden vergeblich auf seine Rückkehr warten. Unsicher blickte er nun zu dem Mann auf, der sein Handgelenk noch immer fest in seinem Griff hielt. Er war hoch gewachsen und somit gut einen Kopf größer als Terra. Die dunklen Augen, die streng auf den Teenager herabblickten, wurden bereits von feinen Falten umrahmt. Über einem war eine Narbe zu sehen, die sich von seiner rechten Augenbraue fast bis zu seinem hohen Haaransatz zog. Von dort aus fielen ihm ein paar dunkle Strähnen ins Gesicht, der Rest des ober Haares war zu einem hohen Zopf zusammengebunden. Um den in strenger Miene verzogenen Mund zog sich ein Bart, die Haare waren kurz geschnitten, sodass sie ihn nicht behindern würden. Eine ganze Weile bedachten sie sich mit Blicken und keiner ergriff das Wort. Terra war verwirrt. Was wollte der Mann von ihm? Wenn er ihn hätte an die Polizei ausliefern wollen, hätte er das längst getan, oder Alarm geschlagen, doch er tat nichts dergleichen. Wieder vergingen einige Augenblicke in denen beide schwiegen. Schließlich wurde es dem Teenager zu bunt. „Was wollen Sie?“, fragte er nun gereizt und versuchte sich loszumachen, aber es war ihm nicht möglich. Der Griff des Mannes war zu fest für ihn und das Einzige, was er damit erreichte, waren Schmerzen. Der Blick des Mannes war unentwegt hart und bohrte sich in die Augen des Jüngeren. „Was machst du hier, Junge?“, fragte er schließlich. Seine Stimme war dunkel und ebenso durchdringend wie sein Blick. „Das sieht man doch“, erwiderte der Jüngere nun beinahe bissig. Dies wurde einzig und allein mit einem Kopfschütteln seitens des Mannes quittiert. „Hör mir mal zu, Junge. Du solltest so etwas nicht tun. Es gibt bessere Wege, um das zu erreichen was man will.“ Einen Moment herrschte Stille und Terra sah den Mann vor sich direkt an, sein Blick voller Trotz. Er schnaubte leise. „Was wissen Sie schon? Von meinen Wegen?“ Wieder Stille. Der Ältere schien darüber nachzudenken, was der Teenager ihm gesagt hatte, doch plötzlich erschien ein Lächeln auf seinen Lippen. „Vielleicht weiß ich nichts über die Wege eines jungen Menschens wie dir, aber vielleicht kann ich dir einen Weg aufzeigen, der für dich bis jetzt versperrt war.“ Die einzige Antwort die er erhielt war ein misstrauischer Blick, der stumm die Frage nach dem Wie stellte. Der große Mann lachte nun ein leises Lachen. Er hatte nun das Handgelenk des Teenagers losgelassen. „Ich habe drei Straßen weiter ein Geschäft und bräuchte dort ein paar helfende Hände. Am besten junge Hände die harte Arbeit nicht scheuen. Dafür wäre ich bereit einen guten Lohn zu zahlen.“ Terra tat nun einen Schritt zurück, noch immer skeptisch über dieses großzügige Angebot. Von Fremden solche Angebote zu bekommen war nicht der Normalfall und er wusste nicht, was er davon halten sollte. „Was für ein Laden soll das sein?“, fragte er nun skeptisch. Er erinnerte sich nur zu gut an eine Situation, als ein Mann Aqua mitnehmen wollte um ihr Arbeit zu geben. Doch diese Arbeit wäre noch schlimmer als betteln oder stehlen gewesen. Niemals würde Terra es zulassen, dass einer von ihnen so weit gehen müsste. Der Mann lächelte und schüttelte den Kopf. „Nicht das was du denkst. Ich habe einen Dojo.“ Einen Dojo also? Das erklärte auch die seltsame Kleidung die der Mann trug. Die weiten Hosen, deren Name Terra gerade nicht einfallen wollten. „Und… was müsste ich dort tun?“, fragte er nun. Zwar war er misstrauisch, doch die Aussicht auf einen normalen Job ließ sein Herz schneller schlagen. Es wäre sicher ergiebiger als stehlen und war auch weniger gefährlich, wenn es eine normale Tätigkeit sein sollte. „Ich denke anfangs fangen wir mit Botengängen an, später kannst du mir beim Unterrichten assistieren. Hättest du daran Interesse?“ „Warum tun sie das?“ „Eine ausgezeichnete Frage, Junge. Ich sehe, dass du Potential hast und ich bin niemand, der so etwas auf der Straße verkommen lässt.“ Noch immer etwas misstrauisch beäugte er den großen Mann. Zwar wirkte er streng, doch war kein Anzeichen dafür zu finden, dass er log oder etwas anderes vorhatte als einem Straßenkind eine Chance zu geben. „Darf ich Bedingungen stellen?“, fragte er nun und sah dem Mann wieder in die dunklen Augen, die überraschenderweise etwas von der Strenge verloren hatten und in denen nun ein fast väterlicher Ausdruck lag. Es schien als wäre er erleichtert, dass sich der Junge ihm etwas geöffnet hatte. „Natürlich. Was für Bedingungen wären das?“ „Ich bin nicht allein zu haben. Wir sind zu dritt. Außerdem würde ich Sie darum bitten keine unnötigen Fragen zu stellen oder auf Antworten zu beharren. Außerdem brauchen wir einen Platz, wo wir wohnen können.“ „Das wars?“, fragte er nun mit einem amüsierten Lächeln, schien wohl etwas anderes zu erwarten. „Wie alt sind denn deine Freunde?“, das letzte Wort hatte er etwas unsicher ausgesprochen, wo es doch möglich war, dass es seine Geschwister waren. Terra sah ihn kurz an dann entschloss er sich zu antworten, schließlich war er drauf und dran eine Menge Zeit mit diesem Mann zu verbringen. „Aqua ist 19 und Ventus ist 17“, meinte er nun und hoffte, dass er es nicht bereuen würde ihm ihre Namen genannt zu haben. Der Mann nickte nun. „Nun. Dann denke ich das meine Türen für euch alle offen stehen.“ Er deutete nun die Straße herunter. „Dort bis zur nächsten Kreuzung, dann biegt ihr nach links ab und lauft bis ihr ein großes Gebäude seht, mit Holz verkleidet. Ich warte dort auf euch.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab, drehte sich dann aber nochmal um. „Wie ist dein Name, Junge?“, fragte er nun, wollte er doch wissen mit wem er es in nächster Zeit zu tun haben würde. „Terra.“, meinte er. „und Sie heißen?“ Der Mann lachte und meinte darauf nur: „Nenn mich Meister Eraqus.“ Das war nun etwa zwei Monate her und bis jetzt waren sie glücklich damit. Aqua und Terra arbeiteten von früh bis spät in dem Dojo und Ven schickten sie zur Schule. Darauf hatten seine beiden Freunde bestanden. Er sollte etwas lernen, einen Abschluss machen vielleicht mal aufs College gehen, damit es ihm mal besser erging. Ventus sah das alles allerdings nicht ganz so. Er hätte auch viel lieber gearbeitet, denn die Schule war anstrengend. Sie hatten ihn einfach zu seinen Altersgenossen eingegliedert, so hinkte er was den Stoff anging hinter her. Er hatte ja schon Glück, dass Terra ihm das Lesen beigebracht hatte und etwas Mathe. Sonst hätte er wohl gar keine Chance gehabt das alles aufzuholen. Seine Noten waren unterirdisch und er würde das Jahr auch auf jeden Fall wiederholen müssen. Außerdem war der Umgang auf der Schule auch nicht gerade nett. Es gab dort zwei Banden sie bekriegten. Entweder gehörte man dazu oder man versteckte sich vor ihnen. Ventus wusste zwar nicht, wie das passiert war, aber schon nach wenigen Tagen war er dort hinein gezogen worden und nun kam er nicht mehr heraus. Wenn er versuchen würde auszusteigen, dann würden sie ihm wer weiß was antun. Und es gab niemanden, der ihn davor bewahren konnte. Also blieb er lieber Mitglied. Der Meister hatte davon noch nichts erfahren. Er wäre wohl sehr enttäuscht wenn er wüsste, wozu Ventus das Wissen missbrauchte, dass er sich im Dojo angeeignet hatte. Zusammen streiften die beiden Teenager durch die Straßen auf den Weg nach Hause. Das Messer hatte der Blonde wieder in seiner Hose verstaut, damit niemand es sah. Zuhause würde er es abwaschen und wieder in seiner Matratze verstecken damit sie es ihm nicht wegnahmen. Schließlich betraten sie das Haus, in dem ihr Meister das Dojo hatte. Unten war eine kleine Einliegerwohnung in der sie hausten. Es hatte nur ein Zimmer, war aber dennoch voll eingerichtet. Jeder von Ihnen hatte dort seine eigene Matratze und sie teilten sich einen Schrank und ein Regal in das all ihre Habseligkeiten passten. Das Bad war recht klein, hatte aber eine voll funktionierende sanitäre Einrichtung was sehr viel besser war als sein Geschäft in irgendwelchen stinkenden Sackgassen zu erledigen und sich am Fluss den gröbsten Dreck abzuwaschen. Ihre Kleidung wuschen sie zusammen mit der des Meisters. Es war eine ihrer Aufgaben ihn auch beim Haushalt zu unterstützen, da er dort doch etwas überfordert schien. Auch die Küche war voll ausgestattet. Sie nutzten sie für Frühstück und Mittagessen. Abends aßen sie zusammen mit Meister Eraqus eine warme Mahlzeit, bei dessen Zubereitung sie sich abwechselten. Es hatte fast etwas von Familie und weniger von Arbeitgeber und Angestellten. Auf die Frage was es ihm brachte, sie hier zu haben und das alles für sie zu tun, antwortete er nur mit einem Lächeln. Ventus kümmerte sich hastig um das Messer bevor er lächelnd in die Küche kam. „Guten Morgen, Terra“ begrüßte er seinen besten Freund und setzte sich zu ihm. Wenigstens hier konnte er sich entspannen und er selbst sein. Eine halbe Stunde voller Frieden bevor der Schrecken seines verkorksten Lebens zuschlug. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)