Zum Inhalt der Seite

Besuch der roten Dame

8tes Gebot: Du sollst nicht stehlen.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ciel gähnte verhalten während er über die Ausgabe der Times in seinen Händen, die er in den letzten Stunden gefühlte tausend mal gelesen hatte und nun beinahe auswendig konnte, hinweg zu seinem Butler blickte.

Anfangs hatte er sich noch den Kopf zerbrochen wie er den Serienmörder fassen sollte, hatte hin und her überlegt und war alle möglichen und unmöglichen Methoden durchgegangen, bis ihm dann aufgefallen war, dass sein Butler eigentlich perfekt ins Beuteschema passte.

Der passende Plan war schnell ausgereift, waren doch alle nötigen Informationen wie Fondort der Leiche, etwaiger Todeszeitpunkt und letzter bekannter Aufenthalt der Opfer vorhanden.
 

Gesagt getan, und so wurde Sebastian auf einer Bank nahe einer Opiumhöhle plaziert und sollte Lockvogel spielen. Ciel unterdessen hielt sich in notwendigem Abstand und unauffälliger Mittelschichtkleidung mit einer Zeitung auf und beobachtete seinen Butler. Die meiste Zeit vertrieb der Earl sich die Zeit damit die Times zu lesen, warf nur ab und an einen Blick auf Sebastian, um sicher zu gehen, dass dieser noch an Ort und Stelle war.

Sebastian währenddessen saß nur auf der Bank, beobachtete gelegntlich Passanten und wartete. Sicherlich wurde selbst ihm die kalte Holzbank auf der er saß nach einigen Stunden unangenehm, doch er sah weder die Notwendigkeit, noch einen Sinn darin sich zu beklagen.

Die Stunden verstrichen, aus vormittag wurde nachmittag, aus nachmittag abend. Langsam wurde es kühl, trotz des recht angenehmen Wetters das die Sommersaison in London ankündigte. Ciel fröstelte und sah sich entnervt um, wo blieben die verrückten Mörder wenn man sie mal brauchte? Sein Butler konnte sich weniger beklagen, hatte soeben eine streunende Katze ihren Weg auf seinen Schoß gefunden und schnurrte behaglich unter seinen geschickten Fingern vor sich hin.

Es verging eine weitere Stunde, mittlerweile war kein Passant mehr unterwegs und die Wege wurde nur noch vom dumpfen Licht der Laternen erhellt. Ciel wollte schon abbrechen und es ein andermal versuchen, da fing eine Bewegung am Rande seines Blickfelds seine Aufmerksamkeit ein.

Es war eine Frau, vielleicht 30, maximal 35, die in nicht besonders herausstechender, aber gut gepflegter Kleidung und einem kleinen Beutel in der Hand die Straße entlang lief. Ein unauffälliges Ding, niemand der spontan Aufsehen erregen würde. Aber was machte sie dann alleine um diese Zeit hier draußen? Sie war zu gut gekleidet für eine Prostituierte und keine Frau die etwas auf sich oder ihre Sicherheit hielt war nachts allein unterwegs.

Sie schlenderte die Straße entlang, scheinbar ohne genaues Ziel, als sie jedoch Sebastian erblickt blieb sie einen Moment stehen und lief dann geradewegs auf ihn zu.

Ciel zuckte etwas, er war sich schon so gut wie sicher den Mörder zu haben. Oder zumindest seine Komplizin.

Seinen Hoffnungen wurden jedoch jäh ein Ende gesetzt als die Frau auf Sebastian zutrat, sich verhalten räusperte und fragte: "Verzeihung, ich bin nicht von hier. Können Sie mir sagen wo das Carpington-Hotel ist?"

Im Nu hatte sie einen Stadtplan gezückt und sich, mit ein wenig Abstand, neben Sebastian gesetzt. Die Katze auf seinem Schoß fauchte und flitzte davon, während er selbst die Ruhe in Person blieb und sich über den Stadtplan beugte.

"Aber sicher MyLady. Sehen Sie, Sie sind hier.", erklärte er und deutete auf die Karte. "Das Etablissement das sie suchen ist hier."

Während er ihr den Weg möglichst einfach erklärte zog die Fremde ein Tuch aus ihrem Handtäschchen, sah Sebastian noch einmal kurz an und drückte es ihm dann mit einer schnellen Bewegung auf Mund und Nase.

Sicherlich, er hätte sich wehren können, aber sein Auftrag war einen menschlichen Lockvogel zu spielen. So lies er er einfach über sich ergehen wie der süßliche, beissende Geruch von Chloroform seinen Geruchssinn malträtieren und simulierte den Verlust seines Bewusstseins. Ciel unterdessen konnte seinen Augen nicht trauen. Hatte diese Frau gerade seinen Butler betäubt?

Und...zerrte dieses Weib gerade eben seinen Butler in eine Seitenstraße?
 

Er wartete noch einige Sekunden, dann folgte er ihr so unauffällig wie möglich. Um eine Ecke...und zwei Ecken...und auf einmal sah er sie nichtmehr. Verdammt, wo war sie?

Ciel wurde unruhig, doch sein Verstand rief ihn zur Vernunft. Er musste unauffällig bleiben, zudem war London bei Nacht nicht unbedingt das sicherste Pflaster für ihn.

Als einige Worte aus einer kleinen Seitengasse, die zwischen zwei Häuser versteckt kaum sichtbar war, kamen lief er so leise als möglich an die Ecke und spähte hinein.

Tatsächlich stand dort die Frau von vorhin, Sebastian ihr gegenüber an der Wand gelehnt, und zog eine Spritze aus einer kleinen Ampulle auf, während sie vor sich hin brabbelte.

"Ich werde dir geben was du brauchst, mein Liebling. Ich weis doch was du brauchst, Peter. Ich würde dir doch nie etwas geben das dich krank macht, ich liebe dich doch. Es war sehr gemein von dir mir zu widersprechen.", quasselte sie und krempelte die Ärmel von Sebastians Hemd hoch.

Also war sie doch die Mörderin? Ciel schüttelte irritiert den Kopf. Grell meinte doch für den Todestoß bräuchte man sehr viel Kraft und das war nur eine gewöhnliche Frau.

"Ja, Peter, ich weis, die Spritzen tun weh, aber von den Pfeifen musst du immer so husten, das weist du doch.", sagte sie als Sebastian, die Maskerade als Mensch aufrechterhaltend, etwas aufzuckte.

Moment, dachte sich Ciel, Peter? Was sie etwa übergeschnappt?

Er dachte nicht weiter darüber nach als sie die Kanüle der Spritze in den Unterarm seines Butlers drückte und ihm eine klare Flüssigkeit injiierte. Warum wehrte sich Sebastian nicht?
 

Ciel kämpfte gegen den Drang an die Frau zu unterbrehen, aber damit wäre er Gefahr gelaufen, dass sie weglief. Also hielt er still, in erwartung sein Butler würde im richtigen Moment zuschlagen.

Der Earl wurde immer hibbeliger als die Mörderin wieder begann von 'Peter' zu reden und einen kleinen Dolch aus ihrer Handtasche zog.

Sie stand auf, beugte Sebastians Kopf ein wenig vor und setzte den Dolch genau da an, wo bei den anderen Opfern die Einstichstelle gewesen war.

So hatte sie es also angestellt. Sie hatte ihr Eigengewicht genutzt um den Dolch in den Schädel ihrer Opfer zu treiben.

"Du warst ein böser Junge, Peter.", sagte sie kopfschütteltnd und wollte gerade zustechen als es Ciel zu viel wurde.

"Aufhören!", brüllte er und trat in die Gasse.

Erschrocken sah die Frau auf und starrte ihn ertappt und fassungslos an.

Sie schien kaum wahrzunehmen, wie Sebastian unter ihr nach oben griff, ihr den Dolch abnahm, aufstand und sie anlächelte.
 

"Junger Herr, ihr solltet euch ins Bett begeben.", sagte Sebastian und trat hinter Ciel, der bereits seit geraumer Weile am fenster Saß und hinaus, auf seine in Mondlicht getauchten Ländereien starrte.

"Warum?", fragte Ciel nach kurzem Schweigen.

"Ihr benötigt Schlaf, junger Herr.", antwortete sein Butler.

"Ich meinte, warum hast du nichts getan als dieses Weib dich töten wollte?", fragte Ciel erneut.

Verblüfft starrte Sebastian den jungen Earl an. Der Fall wurde schon vor Tagen abgeschlossen. Die Frau war geisteskrank, eine ehemalige Ärtztin, deren Verlobter Peter an seiner Opiumsucht zugrunde gegangen warund letztendlich von ihr "erlöst" wurde. Sie hatte in ihrem Wahn in jedem schwarzhaarigen, jungen Mann ihren verblichenen Verlobten gesehen und konnte nicht ertragen ihn weiter leiden zu sehen.
 

Es dauerte etwas bis Sebastian eine Antwort auf die Frage seines Herrn fand. Er legte seine Hand auf Ciels Schulter und sagte: "Ich wollte wissen wie weit du gehen würdest."

Ciel legte schweigend eine Hand auf Sebastians und starrte weiter zum Fenster hinaus.

"Dummkopf.", wisperte er und drückte die Hand seines Butlers etwas, der doch ein wenig mehr war als nur ein Bediensteter.

Sebastian seinerseits lächelte nur ein wenig, tat es Ciel gleich und sah auf die Ländereien hinaus. Noch eine Weile saß, beziehungsweise stand das Ungleiche Paar schweigend am Fenster, wurde in sanftes Mondlich gehüllt, dass sie fast unwirklich wirken lies, unmenschlich in Vollkommenheit, bis Ciel schließlich einschlief und von Sebastians ins Bett gebracht wurde.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück