Devilish Love von Fenharel (I love you until you die) ================================================================================ Kapitel 5: Questions -------------------- Beide standen sie sich gegenüber in jener sternklaren Nacht. Blickten einander in die Augen. Doch sprechen konnte im ersten Augenblick keiner von ihnen. Stumm sahen sie einander an. Blaue Augen trafen die roten des anderen, ohne einmal den Blick ab zuwenden. Noch immer trug Sebastian jene schwarze Maske, zeigte dadurch nur sein halbes Gesicht. Doch dafür blickten seine roten Augen umso tiefdringender. Sie standen sich gegenüber als wäre nicht die geringste Zeit vergangen, so als wären sie noch immer im jenem Jahrhundert gewesen. Aber weshalb sagte Sebastian dann nichts? War es gar doch nur ein Traum gewesen? Erneut einer jener Träume die Ciel seit Jahren verfolgten? Träume welche ihm immer und immer wieder das Gesicht des Dämons zeigten und ihm Hoffnungen machten? Hoffnungen darauf dass er diese mal nicht träumte. „Es ist lange her, Ciel.“ Der Dämon war der erste gewesen der das Schweigen brach. Seine tiefe melodische Stimme und die Art und Weise wie er Ciels Namen aussprach, löste eine Gänsehaut bei dem 16-Jährigen aus. Noch nie hatte Sebastian den Vornamen des Jungen ausgesprochen, nun da er es getan hatte fühlte Ciel immer wieder kleine Schauer durch seinen Körper dringen. Wie oft hatte er sich jenen Moment vorgestellt? Den Moment indem sie sich endlich wieder begegnen würden. Wie oft hatte er sich jene Worte ausgemalt die er dem Dämon schon immer hatte sagen wollen? Und nun wo er in diese roten durchdringenden Augen blickte, hatte er alles vergessen. Nicht ein einziges Wort brachte er über die Lippen. „Hat es dir auf einmal die Sprache verschlagen?“ fragte der schwarzhaarige amüsiert. Erneut zierte jenes spöttische Lächeln die schmalen Lippen des Dämons. Ein Lächeln welches Ciel trotz allem so sehr vermisst hatte. „Dabei warst du doch derjenige der mir gefolgt ist.“ Fügte er ein wenig spöttisch hinzu. Jener spöttische Unterton war es, welcher Ciels Starre löste. „Und du warst derjenige der nicht auffindbar war.“ Ciels Stimme war gezwungen ruhig, aber auch nur weil er sich mit aller Kraft versuchte im Zaum zu halten. So hatte er sich ihre erste Begegnung seit Jahrhunderten nicht vorgestellt. Wahrlich nicht. Langsam hob er den Blick, betrachtete Sebastian aus seinem blauen Auge heraus während der andere langsam seine schwarze Maske abnahm, sein volles Gesicht zeigte. Zum zweiten Mal verschlug es Ciel die Sprache als er in das vollkommene Antlitz des anderen sah. Der Dämon hatte sich nicht im Geringsten verändert. Obwohl es bereits einige Jahrhunderte her war, so sah er doch noch immer genauso aus wie in Ciels Erinnerung. Sebastian war noch immer nahezu perfekt. Ein Wesen von solcher Schönheit wie kein Mensch sie besaß. Nein, vielmehr wie sie kein Mensch besitzen konnte. „Hat dir mein Anblick schon wieder die Worte geraubt?“ ertönte die melodische tiefe Stimme von jenem schönen Wesen. Und obwohl Ciel eigentlich nichts sehnlicher wollte als jenem Dämon in die Arme zu fallen, so konnte er es nicht als er die spöttischen Worte vernahm. Sebastian spielte mit ihm, schon die ganze Zeit. Diese Tatsache war es, welche den Jungen zur Weißglut trieb. Er war wütend, so unsagbar wütend. „Wohl kaum!“ zischte er ohne es zurück halten zu können. So sehr hatte er sich immer auf diesen Moment gefreut gehabt. Hatte sich so sehr die Wiedervereinigung mit dem Dämon gewünscht. Wie oft hatte er davon geträumt ihm seine Gefühle zu gestehen und nun? Nun brachte Sebastian ihn schon wieder zur Weißglut. Schon immer hatte jener Dämon Ciel wütend gemacht und doch hatte er sich in ihn verliebt. Nur sagen konnte er es ihm nicht. Nicht einmal jetzt. „Weshalb sollte ich auch? Du siehst noch immer genauso aus wie damals…Weshalb sollte ich davon beeindruckt sein?“ fragte er wie gewohnt kühl, doch sein blaues Auge sagte eindeutig etwas anders. Ciel war anzusehen dass er jene Worte nicht wirklich ernst meinte, dass er diese nur sagte um seinen eigenen Stolz zu wahren. Niemand wusste dies besser als Sebastian. Und Ciel wusste das er ihn durchschaute. Wusste dass er jene Lüge nicht lange aufrechterhalten konnte. „Warum hast du mich gesucht?“ fragte der schwarzhaarige leise, durchbrach somit den kurzen Moment der Stille, welcher eben noch zwischen ihnen gewesen war. „Wohl kaum um mit mir einen Streit anzufangen.“ Sichtlich amüsiert musterten die roten Augen ihn und für einen kurzen Augenblick nahm Ciel noch etwas anderes in den Augen des Dämons war. Etwas was er nicht zu deuten vermochte. „Ich will dass du den Vertrag endlich vollendest.“ Kam es schließlich leise über Ciels Lippen. Nein er konnte es Sebastian einfach nicht sagen. Wie sollte er auch einem Dämon seine Liebe gestehen? Einem Wesen der Hölle, welches doch nicht lieben konnte. Sebastian sollte endlich seine Seele nehmen, ihn somit erlösen von jener Liebe. Ja Ciel wünschte sich nichts sehnlicher als endlich Teil von ihm zu werden. Ein Teil von jenem Wesen das er so sehr liebte. Eigentlich war er fest davon überzeugt dass auch der Dämon seine Seele wollte und doch sah er für einen kurzen Augenblick tiefes Entsetzen in Sebastians Augen. „Du hast mich nur deshalb gesucht um mich darum zu bitten dir deine Seele zu nehmen?“ Die Stimme des schwarzhaarigen war leise und doch verursachte sie eine unwillkürliche Gänsehaut bei Ciel. Zorn lag in der Stimme des Dämons. Eine Stimmlage, welche er bei Sebastian wirklich nur selten gehört hatte und wenn dann hatte er nicht mit Ciel gesprochen. Nein bei Ciel war er eigentlich immer recht beherrscht gewesen. „Ich habe kein Interesse.“ Mit jenen Worten drehte der rotäugige ihm den Rücken zu und wandte sich zum Gehen. Doch weit kam er nicht da eine schmale Hand nach seinem Anzug gegriffen hatte und ihn fest hielt. Eisern blickte Ciels blaues Auge in die sichtlich verwirrten seines Gegenübers. Sebastian hätte sich jederzeit los reißen können und gehen können. Aber er tat es nicht. Und Ciel fragte sich weshalb. „Wieso hast du sie dir nicht genommen?“ fragte er den Älteren leise, die Augen fragend auf die roten des Dämons gerichtet. „Du wolltest diese Seele doch so sehr und du wusstest das ich mich nicht wehren würde…Schließlich habe ich sie dir damals versprochen. Und ein Edelmann hält seine Versprechen. Wieso also?“ Ciels Frage war leise gewesen und doch war er sich sicher dass der schwarzhaarige ihn gehört hatte. Besaßen Dämonen schließlich ein ausgesprochen gutes Gehör. Doch anstatt zu antworten senkte der Dämon seinen Blick, ließ die schwarzen Haare noch tiefer in sein schönes Gesicht fallen. Seine roten Augen verbarg er vor den Blicken des Jüngeren, welcher ihn aus seinem blauen Auge fragend ansah. Aber auch ein wenig Unsicherheit lag in Ciels Blick. Hatte er etwas Falsches gefragt? „Wieso Sebastian?“ wiederholte der 16-Jährige noch einmal leise während er den Älteren durchdringend ansah. Er musste es einfach wissen. Jenen Grund der ihm am Leben gehalten hatte. Wenn Sebastian die Seele des Jungen so sehr gewollt hatte, wieso hatte er sie sich nicht genommen? Was hatte einen Dämon daran gehindert die Seele eines Kindes zu nehmen? Für einen Dämon der keinerlei Loyalität oder gar Gefühle besaß musste dies doch ein leichtes gewesen sein oder etwa nicht? Zumal ihm jene Seele versprochen worden war. Wieso also? „Weshalb stellst du mir solche Fragen? Jeder andere an deiner Stelle wäre froh eine Begegnung mit mir überlebt zu haben. Vielmehr solltest du deinen Neu Anfang genießen, anstatt Dämonen wie mir noch bereitwillig in die Arme zu laufen.“ Die Augen des Dämons schimmerten für einen kurzen Augenblick dämonisch auf, waren auf Ciels Gesicht gerichtet. Was hatte Sebastian vor? Wollte er ihm etwa allen Ernstes Angst einjagen? Dabei sollte jener Dämon doch eigentlich wissen das Ciel sich nicht vor ihm fürchtete. Wie konnte er auch? Ciel konnte sich doch unmöglich vor demjenigen fürchten den er am meisten liebte. Mit seinen Worten erreichte Sebastian eher das Gegenteil. Erneut breitete sich eine unbändige Wut in dem jungen Grafen aus. Was zur Hölle gab Sebastian das Recht so mit ihm zu reden? Vor allem was gab ihm das Recht solch eine Entscheidung zu treffen? Wer hatte je gesagt das Ciel hatte weiterleben wollen? „Weshalb?“ wiederholte der blauäugige noch einmal ein wenig lauter, die blauen Augen blitzten nahezu vor Wut. Noch ehe der rotäugige etwas sagen konnte hatten sich die schlanken Hände des jüngeren um seinen Kragen geschlossen, zogen ihn kraftvoll ein wenig tiefer. So tief dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. „Weshalb ich dir diese Frage stelle?“ Dass sie einander so nahe gewesen waren kümmerte Ciel in jenem Moment nicht mehr. Obwohl er jenes Wesen vor ihm so sehr liebte, so war er so unsagbar wütend auf den Dämon. Wie schaffte es Sebastian nur ihn immer wieder so zur Weißglut zu treiben? Nicht einmal im Traum hatte er sich vorgestellt dass Sebastian und er sich bei ihrem ersten Wiedersehen streiten würden. Dies war alles die Schuld von diesem verfluchten Dämon. „Wer sagt dir dass ich überhaupt weiterleben wollte?“ fragte der junge Graf ihn leise, blickte ihn durchdringend an. „Was wenn ich kein zweites Leben wollte? Was wenn ich lieber damals gestorben wäre?“ fuhr der Jüngere den sichtlich verwirrten Dämon an. In den Augen Sebastians war sichtliche Überraschung, aber auch ein wenig entsetzen zu lesen. Ihm war richtig an zu sehen das auch er sich ihre erste Begegnung in jenem Leben keineswegs so vorgestellt hatte. „Ciel…“ setzte er leise an, doch er wurde von seinem ehemaligen jungen Herrn wütend unterbrochen. „Wer hat dir das Recht gegeben über mein Leben zu bestimmen?“ Endlich konnte sich Ciel jene Worte von der Seele reden. Worte die er sonst mit keinem Wechseln konnte. Worte die er eigentlich nicht einmal dem Dämon hatte sagen wollen. Und nun wo er in die roten Augen des anderen blickte, taten ihm seine Worte leid. Ciel hatte nie gewollt noch einmal auf dieser Welt wandeln zu können, im Gegenteil. Eigentlich hatte er nichts sehnlicher gewollt als in den Armen des Dämons zu sterben. In den Armen jenes Wesens das er liebte. Doch jener Dämon hatte sein Versprechen niemals gehalten. Obwohl Ciel im Augenblick wütend auf ihn war, so wünschte er sich inzwischen diese Worte niemals ausgesprochen zu haben. „Verstehe…“ sagte der schwarzhaarige während er den Blick leicht senkte. „Dann werde ich mich ab heute nicht mehr in dein Leben einmischen.“ Fügte er umso ernster hinzu, brachte dadurch Ciels schmale Hände, welche noch immer den Kragen des anderen hielten zum Zittern. Hatte er das gerade richtig verstanden? Sebastian wollte ihn verlassen? Er sollte den Dämon nie wieder sehen? Nein das wollte er nicht, das konnte er nicht. „Nein.“ Brachte der 16-Jägrige schließlich leise über die Lippen, senkte ebenfalls sein freiliegendes blaues Auge um nicht das Gesicht des Dämons sehen zu müssen. „Es tut mir leid…“ fügte er schließlich unsicher hinzu, woraufhin sich auf der Miene Sebastians Verblüffung wiederspiegelte. Sichtlich hatte er mit allem gerechnet, aber nicht mit einer Entschuldigen des Jüngeren. Langsam hob Ciel wieder den Blick, sah verlegen in die roten Augen des anderen. „Was ich eben zu dir gesagt habe tut mir Leid…. Ich… ich war einfach nur wütend…Es war ein Fehler es an dir aus zu lassen. Die Wahrheit ist…Ich weiß nicht was ich von alledem halten soll. Damals habe ich dir bereitwillig meine Seele versprochen…Ein Versprechen das ich auch weiterhin halten werde.“ Setzte er leise an, musste allerdings eine kurze Unterbrechung machen. Eine die der Dämon sofort ausnutzte. „Weshalb willst du unbedingt sterben Ciel? Weißt du wie viele Menschen es gibt die es nur allzu sehr begrüßen würden ein zweites Leben führen zu können? Du bist einer jener Menschen die diese Möglichkeit bekommen haben…Warum willst du deinem Leben dann ein Ende setzen?“ Sichtliche Verwirrung lag in der Stimme des Dämons, doch erkannte Ciel darin auch noch etwas anderes. War es Sorge gewesen? Sorgte sich Sebastian etwa um ihn? „Ich habe mit meinem Leben bereits vor langer Zeit abgeschlossen. Für mich gibt es keinen Grund mehr ein zweites Leben zu führen mit dem ich ohnehin nichts anfangen kann. Weshalb nimmst du sie dir nicht einfach? Sie steht dir zu und das weißt du.“ Erwiderte Ciel mit ruhiger Stimme, die Augen auf die des Dämons gerichtet. Noch immer waren Sebastians rote Augen so unsagbar schön gewesen. So schön und so tief das man ewig in sie hätte hinein blicken können. Ciel log mit seinen Worten. Und Ciel wusste das Sebastian diese Tatsache spürte. Zumindest hatte er nicht ganz die Wahrheit gesprochen. Es stimmte das Ciel sterben wollte und doch hatte der Gedanke an Sebastian ihn immer wieder davon abgehalten. Jene Hoffnung dass der Dämon ihn vielleicht auch lieben könnte. Aber nun wo sie sich gegenüberstanden, bezweifelte Ciel das dem so war. Dämonen konnten nichts empfinden. „Ich kann nicht.“ Die tiefe Stimme des Dämons jagte einen leichten Schauer über seinen Rücken, ebenso wie die große Hand welche zärtlich durch seine Haare strich. Die tiefen roten Augen waren sanft auf die seinen gerichtet und ein trauriges Lächeln lag auf den schmalen Lippen Sebastians. „Ich kann es heute genauso wenig wie ich es damals konnte.“ „Wieso…?“ setzte Ciel leise an, wurde aber von dem Zeigefinger auf seinen Lippen rasch zum Schweigen gebracht. Überrascht blickten die verschiedenfarbigen Augen in die roten des Dämons. Gott Sebastian war ihm so nahe gewesen. So nah das Ciel fürchtete das er dessen lautes Herz klopfen hören würde. Er musste es hören oder? Schließlich war sein gegenüber immer noch ein Wesen aus der Hölle mit ausgesprochen scharfen Sinnen. Also musste Sebastian es hören oder? Eine leichte röte legte sich auf die Wangen Ciels bei jener Erkenntnis. Wie würde Sebastian reagieren? Vor allem wie würde er dieses Herzklopfen interpretieren? „Ich habe meine Gründe dafür.“ Fügte der rotäugige nach einem kurzen Augenblick der Stille hinzu, strich erneut zärtlich durch Ciels weiches Haar, bevor er die Hand an die Wange des jüngeren legte, diesem tief in die Augen sah. Gott was geschah nur mit Ciel? So vieles hatte er ihm sagen wollen, doch in jenem Moment konnte er nichts mehr sagen. Kein Wort brachte er über die Lippen, bevor Sebastian sich leicht zu ihm runterbeugte, Ciels Wange leicht zu sich zog. „Sebastian…was...?“ kam es unsicher über Ciels Lippen bevor diese von den weichen Lippen des Dämons zum Schweigen gebracht wurden. Die schmalen Hände, welche sich vorhin noch in Sebastians Kragen gekrallt hatten, lockerten sich langsam und legten sich leicht um den Nacken des Dämons, zogen ihn dadurch nur noch näher an sich. Wie lange hatte Ciel von jenem Moment geträumt? Oft hatte er sich jenen ersten Kuss ausgemalt und doch hatte seine Vorstellung bei weitem nicht gereicht. Sebastians Lippen waren weich, so unsagbar weich und warm. Viel wärmer als er es sich vorgestellt hatte, hatte er bisher immer gedacht dass Sebastians Lippen kalt sein mussten. Doch das waren sie nicht. Entspannt hatte Ciel seine Augen geschlossen, fuhr mit seinen Händen durch das weiche und schwarze Haar des anderen. All dies fühlte sich an wie ein Traum. Wie ein Traum der einfach nicht wahr sein konnte oder? Ein wenig näher schmiegte sich der Jüngere an den Dämon, fühlte dessen warmen Körper. In jenem Moment war es Ciel egal ob es ein Traum war, er hoffte zumindest dass er niemals zu Ende ging. Ciels Hoffen wurde allerdings nicht erfüllt da der Dämon den Kuss nach einem kurzen Augenblick wieder löste. Ein kurzes Zögern lag in den sonst so undurchdringbaren roten Augen, bevor er Ciel den Rücken zuwandte und sich erneut zum Gehen wandte. Die Augen des 16-Jährigen weiteten sich augenblicklich als er auf den Rücken des anderen blickte. Nein. Er durfte nicht gehen. Nicht so, nicht jetzt! „Warte!“ rief er dem Dämon hinterher, bevor er seine Schritte beschleunigte und die Hand nach dem Anzug Sebastians ausstreckte. „Was fällt dir ein einfach zu gehen?“ Erneut war Wut in der Stimme des Jungen zu hören, während er sich an der Kleidung des anderen festkrallte. Was sollte das Ganze? Zuerst küsste Sebastian ihn und nun wollte er einfach so gehen? „Lass mich los.“ Erklang die tiefe Stimme des Dämons, doch klang diese keineswegs erfreut. Für einen kurzen Blick musterten die dämonischen Augen den Jungen finster, etwas was Ciel allerdings nicht im Geringsten beeindruckte. Schließlich war Sebastian um einiges stärker, er hätte sich los reißen können, wenn er es nur gewollt hätte. Zwar würde Ciel schmerzhaft zu Boden stürzen wenn Sebastian sich wirklich von ihm reißen würde, doch dies konnte dem Dämon schließlich egal sein oder? Ganz sicher war sich Ciel bei seiner Theorie ja nicht. „Wenn es so sehr dein Wunsch ist weg zu gehen, sollte ich der letzte sein der dich aufhalten kann.“ Gab Ciel lediglich ruppig, musterte die Augen des Dämons für einen Augenblick. Jeder andere hätte vermutlich in jenem Augenblick das Weite gesucht, jeder außer Ciel. „Es sollte ein leichtes für dich sein mich weg zu stoßen.“ Fügte er umso ernster hinzu, wobei seine Augen schmal wurden. Was zum Teufel ging in diesem Geschöpf der Hölle nur vor? Weshalb dieser Kuss? „Denkst du ich lasse dich jetzt einfach so gehen?“ Ciels Stimme war leiser geworden und er hatte leicht den Blick gesenkt. Sebastian spielte nur mit ihm, ein grausames Spiel. Ciel bedeutete ihm schließlich nichts. Wie konnte er auch? „Denkst du wirklich du kannst mich einfach so küssen und dann einfach verschwinden? Was bildest du dir eigentlich ein?“ zischte der 16-Jährige den Dämon an, doch zeigte dieser keine Reaktion. „Lass mich los.“ Drohte er lediglich noch einmal, bevor er sich in Bewegung setzte, den anderen dadurch allerdings mit sich zog. Nein Ciel würde nicht los lassen unter gar keinen Umständen. Schließich hatte er ihn all die Jahre gesucht. Und nun wo er ihn endlich gefunden hatte, würde er unter Garantie nicht los lassen. „Ich lasse dich bestimmt nicht los.“ Brachte Ciel zähneknirschend hervor. Es tat weh, so unsagbar weh und doch hielt er den Dämon fest. Klammerte sich mit aller Kraft an ihn. Nein er konnte den schwarzhaarigen jetzt nicht gehen lassen. Nicht ohne ihm jene Worte gesagt zu haben. „Ich liebe dich Sebastian!“ Jene Worte waren es welche den Dämon inne halten ließen. Abrupt blieb er stehen, drehte sich zu dem Jüngeren um, welcher noch immer seinen Anzug festhielt und ihn aus den verschieden Farbigen Augen ansah. Fassungslosigkeit war in Sebastians Gesicht zu lesen und allem Anschein hatte es ihm auch die Sprache verschlagen. „Ciel…“ setzte er erschrocken an, brachte aber den Satz nicht zu Ende. Ciels Augen waren fest auf den Dämon gerichtet und in ihnen lag fast so etwas wie ein stummes Flehen. „Ich habe all die Jahre nach dir gesucht weil ich es dir unbedingt sagen wollte.“ Sagte der Jüngere leise, auf seinen Wangen eine leichte röte. „Solange suche ich dich schon…und nun willst du einfach wieder gehen? Du kannst mich doch nicht einfach küssen und dann hier zurück lassen.“ Tränen hatten inzwischen Ciels Augen gefüllt und liefen langsam an seinen Wangen herab. Eigentlich hätte er früher niemals vor dem Dämon geweint, doch nun war alles anders. Alles hatte sich verändert, vor allem er selbst. „Natürlich kann ich dich nicht zwingen mich zu lieben aber… Ich hätte gerne eine Erklärung für alles. Eine Erklärung dafür weshalb ich noch am Leben bin. Den Grund weshalb du meine Seele nicht genommen hast.“ Einen kurzen Augenblick herrschte Stille zwischen ihnen, ein trauriges Lächeln hatte sich auf die Lippen des Dämons gelegt bevor er sich langsam zu Ciel runter beugte und ihm über die Wange strich. „Du solltest mich vergessen Ciel.“ Sagte die dunkle Stimme des Dämons leise, die Augen gefüllt von Trauer. „Vergiss mich einfach.“ Fügte er leise hinzu, bevor er Ciel noch einen kurzen Kuss auf die Lippen gab und schließlich in der Dunkelheit verschwand. Ciel ließ er alleine im Garten zurück. „Vergiss mich einfach…“ murmelte der Jüngere leise, bevor er die Hände leicht zu Fäusten ballte und in den Nachthimmel blickte. „Wie zum Teufel soll ich dich denn vergessen?“ schrie er wutentbrannt, fühlte noch immer die salzigen Tränen welche über seine Wange liefen. Niemals konnte er ihn vergessen. Jenen Dämon der sein Herz im Banne hielt. Ciel wusste das es unmöglich war, schließlich hatte er es so oft versucht. Nein Ciel konnte ihn nicht vergessen, Ciel wollte ihn nicht vergessen. „Sebastian…“ murmelte er leise während er mit seiner zitternden Hand über die Lippen fuhr. Über jene Stelle welche der Dämon mit seinen weichen Lippen berührt hatte. Sein ganzer Körper fing an zu zittern und die Tränen liefen unaufhörlich über seine Wangen. Sebastian hatte ihn einfach so zurück gelassen, ohne eine Erklärung. Etwas was er nicht hinnehmen würde. Ciel wusste das Sebastian ihn nicht liebe, dies hatte er schon immer gewusst. Aber dass er ihn einfach ohne jegliche Antworten stehen gelassen hatte nahm er nicht hin. Wenigstens einen vernünftigen Grund sollte ihm der Dämon dafür nennen. Und Ciel würde dafür sorgen das dieser es auch würde. Koste es was es wolle. „Ciel?“ fragend drang die leise Stimme seiner Tante an sein Ohr, doch hatte Ciel in jenem Moment einfach nicht den Mut sich um zu drehen. Was würde sie von ihm halten wenn er ihr die Wahrheit erzählte? Wenn er ihr sagte das er all die Jahre in seinen Butler verliebt gewesen war? Nein Ciel konnte es ihr doch nicht einfach so sagen oder? „Er ist gegangen.“ antwortete er leise und ruhig, gab sich alle Mühe sich nichts anmerken zu lassen. Erst als die Tränen getrocknet waren, drehte er sich zu seiner Tante um, schenkte ihr ein müdes Lächeln. In jenem Moment wollte Ciel nichts weiter als auf sein Zimmer gehen. Den Ball würde er auf jeden Fall erst einmal meiden. „Ich bin müde und würde mich gerne ein wenig hinlegen…entschuldigst du mich bei den anderen?“ Anstatt zu antworten, schenkte sie ihrem Neffen ein verständliches Lächeln, bevor sie ihn schließlich einfach in ihre Arme zog und ihm zärtlich durch die Haare strich. „Ich lasse mir für meine Gäste eine Ausrede einfallen, ruh dich aus solange du möchtest.“ Hauchte sie sanft, bevor sie ihn wieder los ließ und ihm in die verschiedenfarbigen Augen blickte. Liebevoll richtete sie ihm die Haare, ließ eine Strähne über sein rechtes Auge fallen. „Wir reden morgen miteinander.“ Murmelte Ciel peinlich berührt, bevor er hinein ging, mit schnellen Schritten durch den Ballsaal lief und sich schließlich in seinem Zimmer kraftlos auf sein Bett fallen ließ. Gott Sebastian hatte ihn wirklich durcheinander gebracht, solch ein Fehler wäre ihm sonst niemals unterlaufen. Nein, er durfte sich auf keinen Fall noch einmal von Sebastian durcheinander bringen lassen, hätte jemand anderes den Garten betreten als seine Tante, wäre er in ziemlichen Schwierigkeiten gewesen. Ein leises seufzen entkam seinen Lippen als sich seine Augen auf die Decke über ihm richteten. Noch immer sah er das Gesicht vor seinen Augen, sah dessen roten Augen, welche alles durchschauen konnten. „Sebastian…“ entkam es leise seinen Lippen, bevor ihm die Augen langsam zufielen und er in einen tiefen Schlaf fiel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)