Piraten, Rum und Mehr von Miwakosato1412 (BenShanks) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ben war betrunken. Normalerweise war er höchstens angetrunken, da er ziemlich viel vertrug und auch meistens ganz genau wusste, wann er aufhören musste. Doch Heute hatte er diese Grenze gerne überschritten. Es war definitiv nicht sein Tag gewesen. Erst hatte er sich beim Anziehen den Fuß am Bettpfosten gestoßen, dann war sein Lieblingsmüsli von irgendwelchen anderen Crewmitgliedern aufgegessen worden und zu allem Überfluss hatte es ein besonders dummes Exemplar dieser Spezies auch noch geschafft, ihn so blöd anzurempeln, dass ihm seine letzte Zigarettenpackung aus der Tasche direkt über die Reling ins Meer gefallen war. Nun saß er betrunken an Deck und blickte den Hauptmast hoch. Ob sich jemand erbarmt hatte den Kerl wieder herunterzuholen, nachdem Ben ihn stocksauer in die Takelage gebunden hatte? War ihm im Grunde auch egal - Strafe musste sein. Schritte näherten sich seinem Versteck im Heck der Red Force. Er nahm einen weiteren kräftigen Schluck aus seiner Rumflasche und hoffte, dass, wer auch immer da gerade kam, ihn nicht bemerken würde. „Man sollte nicht alleine trinken.“ Dieser jemand hatte ihn entdeckt und beugte sich über die Kiste. „Davon wird man nur noch mieser gelaunt.“ „Woher willst du wissen, ob ich mies gelaunt bin?“ brummte Ben. „Na ja... du hast unser neuestes Crewmitglied in den Wanten aufgeknüpft... ich musste drei Stunden auf ihn einreden, damit er nicht im nächsten Hafen von Bord geht.“ grinste Shanks und ließ sich neben Ben nieder. „Prost.“ Er nahm einen Schluck aus der grünen Flasche, die er mitgebracht hatte. Ben nickte ihm kurz zu und trank seinen restlichen Rum. „Gibt es einen bestimmten Grund für deine üble Laune, oder haste deine Tage?“ Ben warf ihm einen ziemlich angenervten Blick zu. „Ich will mich einfach nur betrinken, okay?“ „Na dann.“ Ben musterte Shanks, während dieser den Kopf in den Nacken legte und auch seine Flasche leerte. Manchmal wurde er aus ihm einfach nicht schlau. Oberflächlich betrachtet war Shanks wohl kein Paradebeispiel für einen guten Käpt'n, soviel wie er trank und so planlos wie er teilweise erschien. Doch Ben wusste, dass Shanks sich oft mehr um das Wohl seiner Crew sorgte, als um sein eigenes. Außerdem kannte er wohl jedes einzelne Mitglied so gut, dass er genau wusste, wie er mit ihnen umzugehen hatte. Shanks atmete zufrieden aus und betrachtete die leere Flasche in seiner Hand. „Weißt du Ben, wenn du dich schon betrinken willst, machen wir das auch richtig!“ Er stand auf und grinste ihn an. „Ich hab in meiner Kajüte noch einen ziemlich guten Rum. Den sollten wir heute kippen!“ „Wenn der so gut ist, sollten wir ihn nicht für so was verschwenden.“ „Ach was! Wenn er nicht getrunken wird, wozu ist er dann gut?“ grinste Shanks. „Es liegt nun mal in der Natur von Rum, Piratenkehlen runter zu rinnen!“ Seufzend erhob sich Ben. Er wusste, dass es zwecklos war, mit dem Käpt'n zu diskutieren, wenn dieser sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte und gegen einen guten Rum hatte er nun wirklich nichts einzuwenden. Er folgte Shanks in dessen Kajüte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er diese noch nie betreten hatte. Für die eines Kapitäns war sie ziemlich klein, die Möbel passten nicht wirklich zusammen und aufgeräumt hatte Shanks wohl auch schon ein paar Tage nicht mehr. Ben musste grinsen, das Zimmer passte einfach zu gut zu Shanks. Dieser kratzte sich gerade nachdenklich am Kopf. „Mist, ich hab gar keine Stühle... Na ja, setzt dich einfach aufs Bett!“ Ben tat wie ihm geheißen und ließ sich auf dem, für den Raum eigentlich viel zu großem, Bett nieder. Er wollte sich gar nicht so genau ausmalen wofür Shanks ein so großes brauchte. Der Käpt'n schlug derweil einen Teppich zur Seite und öffnete eine Falltür darunter. „Ich hohl nur schnell die Flasche, warte hier.“ Ben starrte auf das Loch im Boden, durch das Shanks verschwunden war. Dann stimmten die Gerüchte, die in der Crew die Runde machten, also doch! Shanks hatte einen geheimen Rumvorrat! Wäre er nüchterner gewesen, hätte er vermutlich seine Neugierde besiegt und auf dem Bett sitzend gewartet, bis sein Käpt'n zurückgekehrt war. So jedoch ging er auf die Luke zu, stolperte über Shanks' Schwert, das aus irgendeinem Grund mitten im Zimmer lag und stürzte in das Loch. Shanks, der gerade mit der Flasche hinaus klettern wollte, wurde von Ben wieder hinunter gerissen. Beide brauchten einige Momente um zu verstehen, was passiert war. Shanks konnte sich nicht so ganz entscheiden was unangenehmer war, der Schmerz in seinem Rücken oder Bens schwerer Körper, der auf seinem Brustkorb lag und ihm das Atmen fast unmöglich machte. Langsam bewegte sich Ben und Shanks konnte die Muskeln seines Vizes deutlich spüren, bevor dieser sich aufrichtete. „Entschuldige.“ Shanks musste grinsen, als er eine Spur von Röte auf Bens Gesicht entdeckte. „Was sollte das denn werden?“ kicherte er. „Ein Bodycheck?“ Ben starrte ihn verwirrt an. Ob sich Shanks bewusst war, dass man Bodycheck in dem Zusammenhang auch ganz anders verstehen konnte? Shanks kicherte weiter. Bens verdattertes Gesicht war einfach zum totlachen. „Los, kletter wieder hoch, wir haben noch eine Flasche zu leeren!“ er hielt diese hoch und Ben fragte sich unweigerlich, wie Shanks es geschafft hatte, dass sie bei seiner „Attacke“ nicht zu Bruch gegangen war. Er kletterte die schmale Leiter hoch und stellte fest, dass das definitiv nicht sein Tag war. Shanks folgte ihm. Noch immer lag ihm Bens Geruch in der Nase, eine Mischung aus Tabak, Meersalz und etwas Undefinierbarem, was ihn irgendwie glücklich machte. Ben spürte mittlerweile deutlich, dass er betrunken war und setzte sich erst mal wieder auf Shanks' Bett. Dieser öffnete derweil die Flasche und nahm einen großen Schluck, bevor er sie seinem Vize hinhielt. „Ich glaub, ich hab schon genug.“ „Genug? Und dafür klettere ich da runter und lass mich halb von dir erschlagen? Jetzt ist sie schon offen, also trink auch.“ Ben sah zu ihm hoch und als sein Käpt'n auch noch seinen Dackelblick aufsetzte, konnte er nicht anders, als ihm den Rum aus der Hand zu nehmen und zu trinken. Glücklich ließ sich Shanks neben Ben auf das Bett fallen und nahm die Flasche wieder entgegen. „Ich glaube, ich hab dich noch nie wirklich betrunken erlebt.“ Ben zuckte mit den Schultern. Shanks hatte recht gehabt, der Rum war verdammt gut, stieg jedoch auch direkt in den Kopf. Der Käpt'n hatte getrunken und so kam der Alkohol wieder zurück. „Hältst du meine Haare, wenn ich kotze?“ grinste Ben. Shanks blinzelte überrascht, dann prustete er los. Ben trank, bis sich Shanks langsam wieder beruhigt hatte und gab ihm dann den Rum zurück. „Also echt, dass du mal Witze reißt!“ Shanks trank wieder. „Es gibt kaum was Schlimmeres im Haar als Kotze.“ er nahm die Flasche. „Doch, Sperma!“ Hustend verschluckte sich Ben an dem Rum, sodass die hochprozentige Flüssigkeit ihren Weg in seine Lunge fand, was sein Husten nur noch verschlimmerte. Shanks schnappte sich lachend die Flasche und klopfte Ben mehrmals kräftig auf den Rücken, bis dieser sich wieder halbwegs ein gekriegt hatte. „Sperma?“ keuchte Ben und starrte Shanks verwirrt an. Dieser grinste jedoch nur und trank. „Das weißt du aber nicht aus eigener Erfahrung, oder?“ Shanks leckte einen einzelnen Tropfen Rum vom Flaschenhals und drückte sie Ben in die Hand. „Hier, der letzte Schluck ist für dich!“ Sein Käpt'n lehnte sich zurück bis er auf dem Bett lag und zog sich seinen Strohhut tief ins Gesicht. „Selbst wenn, wäre es doch auch egal, oder?“ Die Worte schwebten eine Weile im Raum. Ben leerte den Rum hastig auf einen Zug und stellte die Flasche neben das Bett. Sie kippte um und rollte davon, doch ihm war es egal. Er beugte sich über seinen Käpt'n und nahm ihm den Hut vom Gesicht. Shanks lächelte ihn verschmitzt an, so als hätte er nur darauf gewartet, dass Ben dies tat. „Bist du...“ irgendwas in Ben hielt ihn davon ab, es auszusprechen, doch allein die Möglichkeit, es könnte so sein, hatte einen Erkenntnisprozess in Gang gesetzt. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass er Shanks noch nie mit einer einzigen Frau zusammen gesehen hatte und er sich sogar aus Kommentaren zu Piratinnen anderer Mannschaften oder Bewertungen, welche der Tänzerinnen in dem Pub nun heißer war, vollkommen raus hielt. Shanks Lächeln wurde breiter, als er seinen Vize beim Denken beobachtete. Ihn so verwirrt und überrascht zu sehen amüsierte ihn. Sollte er noch weiter gehen? Er streckte seine Hand aus und strich sanft über Bens Wange. Feine Bartstoppeln kribbelten auf seiner Haut. „Wenn ich es wäre, würde es doch nichts ändern, wenn du es nicht auch bist.“ Ben war sprachlos. Und das kam nicht häufig vor. Shanks konnte nicht anders und nutzte die Schockstarre seines Vizes, um diesen am Shirt zu packen, ein Stück weiter zu sich herunter zu ziehen und zu küssen. Die graugrünen Augen des Überrumpelten weiteten sich vor Überraschung, dann wich er hastig zurück. Der Rote konnte nicht anders, als zu lachen. Es machte einfach zu viel Spaß mit Ben zu spielen und als dieser nun nur „K-Käpt'n.“ stammeln konnte, was so untypisch wie nur irgendwas für ihn war, kriegte sich Shanks eine Weile gar nicht mehr ein. Irgendwann schaffte er es dann doch, sich aufzusetzen und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Entschuldige, ich hätte echt nicht gedacht, dass – du solltest deinen Blick mal sehen!“ „Über so was macht man keine Witze, Käpt'n.“ grummelte sein Vize und blickte nervös zur Seite. Shanks grinste ihn einen Moment lang an, dann stand er auf und wandte Ben den Rücken zu, um in einer Kiste nach etwas zu kramen. Das leise Zippen eines Feuerzeugs erregte Bens Aufmerksamkeit. „Du rauchst?“ fragte er verwundert, als sich Shanks mit einer Zigarette im Mund zu ihm umdrehte. „Nur manchmal, und dann meistens aus einem anderen Grund...“ Ben betrachtete die noch fast volle Packung in Shanks' Hand. Schmerzlich vermisste er seine eigenen Kippen. „Auch eine?“ fragte Shanks und hielt ihm die Schachtel entgegen. „Gerne.“ er zog sich eine heraus, steckte sie in den Mund und durchforstete seine Hosentaschen nach Streichhölzern. „Willste meins?“ Shanks deutete auf das silberne Feuerzeug in seiner Hand. Ben winkte ab. „Wenn man sich Zigaretten mit einer Gasflamme ansteckt, schmecken die anders.“ „Na dann...“ Shanks beugte sich vor, sodass sich die Spitzen beider Zigaretten, die sich immer noch in ihren Mündern befanden, berührten. Seine Hand ruhte leicht auf der breiten Schulter des anderen. Erst wollte Ben zurückweichen, da ihn diese Nähe viel zu sehr an den Kuss erinnerte, doch sein Verlangen nach Nikotin war größer. Es dauerte eine Weile, bis auch Bens Zigarette glimmte. Gedankenverloren streckte er seine Hand aus und strich Shanks ein paar der rubinroten Strähnen aus dem Gesicht. Der Käpt'n blinzelte überrascht, ließ es aber mit einem feinen Lächeln auf den Lippen zu. Als Ben bemerkte, was er da eigentlich tat, zog er hastig seine Hand zurück, griff nach seiner Zigarette und verhüllte sein Gesicht im bläulich weißen Rauch. Shanks ließ sich wieder neben ihm auf dem Bett nieder. Eine Weile saßen sie einfach nur schweigend und rauchend nebeneinander, bis Shanks aussprach, was ihn schon länger interessierte: „Hast du es eigentlich schon mal ausprobiert?“ „Was?“ „Mit einem Mann?“ Ben starrte bestürzt zu ihm herüber. „Baggerst du mich gerade an?“ „Warum nicht?“ Shanks beugte sich in seine Richtung. „Ich bin ziemlich gut.“ Diesmal lachte Shanks nicht, als Ben rot wurde. „Ich glaube nicht, dass das was für mich ist“ stellte Ben trocken fest und rückte etwas von Shanks zurück. „Woher willst du das wissen, wenn du es noch nie ausprobiert hast?“ lächelte Shanks und kam ihm wieder näher. Ben schluckte. „Ich glaub, das weiß man auch so.“ „Glauben heißt nicht wissen.“ Shanks drückte seine Zigarette aus. „Wovor hast du Angst?“ Mittlerweile war ihm der Rothaarige so nahe, dass Ben seinen Atem auf der Haut spüren konnte. Shanks küsste Bens Hals und strich mit seinen Fingern sanft über die markante Kieferlinie des anderen. Jeden Moment rechnete er damit, dass Ben ihn wegstieß, oder zumindest zurückwich, doch weder das eine, noch das andere geschah. Mit einer Hand wanderte er über Bens muskulöse Brust, die andere löste den Pferdeschwanz. Shanks Finger glitten durch Bens welliges Haar. Die Bauchmuskeln seines Vizes waren unter dessen T-Shirt deutlich fühlbar und spannten sich, als Shanks' Hand über sie strich. Langsam schien sich Ben zu entspannen und darauf einzulassen. Ein wohliger Schauer durchfuhr den Rothaarigen, als die Hand seines Vizes seinen Rücken herunter wanderte. Shanks küsste ihn aufs Kinn und auf die Wange. Ben drückte seine erst halb gerauchte Zigarette aus, zog ihn näher zu sich heran und küsste nun auch Shanks. Es dauerte nicht lange, bis beide nebeneinander auf dem Bett lagen und mit ihren Händen den Körper des anderen erkundeten. Langsam wurde es Ben selbst in seinem T-Shirt zu warm. Er setzte sich kurz auf, zog es sich über den Kopf und musste Grinsen, als er bemerkte, wie Shanks ihn, scheinbar sprachlos, mit leicht geöffnetem Mund anstarrte. Endlich fand der Rothaarige seine Stimme wieder: „Wie oft trainierst du bitte um so auszusehen? Und wann?“ Flüsterte er mehr, als dass er sprach. „Meistens, wenn du und der Rest der Crew verkatert euren Rausch ausschlaft.“ grinste er und beugte sich über ihn. „Also ziemlich oft.“ Hauchte er ihm ins Ohr und begann an seinem Ohrläppchen zu knabbern, sodass Shanks' leises „Hey“ kaum noch nach Protest klang. Shanks' Hände wanderten über Bens nackten Oberkörper auf der erfolglosen Suche nach irgendeinem Fettpölsterchen, während Ben ihm langsam das Hemd aufknöpfte. Die rauen Hände des Vizes fuhren über den schlanken Körper seines Käpt'ns. Dieser zog ihn so nah es ging zu sich heran und küsste ihn. Shanks drückte seinen Körper gegen Bens, und spürte, wie der Platz in seiner Hose langsam knapp wurde. Er fragte sich ob sein Vize wohl ein ähnliches Problem hatte und schob eine Hand forschend in dessen Hose. Bens Bewegungen hielten überrascht inne. Shanks grinste und befreite rasch den starken Gefangenen aus dem Stoff. Quälend langsam strich er die Länge hinauf, bis seine Finger endlich die Spitze erreichten und Ben ein leises „Käpt'n.“ entlockten. Allein, wie Bens dunkle Stimme dieses Wort nun so lustvoll formte, ließ Shanks' Blut pulsieren. Ben genoss die sanften Berührungen. Shanks wusste wirklich, was er tat, jedoch vor allem, wie man jemanden hinhielt. Nachdem der Rote abermals seine Finger in dem Moment weggezogen hatte, in dem er beinahe gestöhnt hätte, schnappte sich Ben beide Handgelenke seines Käpt'ns und drückte sie auf die Decke. Er wollte mehr - jetzt! Shanks lächelte ihn an. „Was ist? Worauf wartest du?“ Ein leises Knurren entwich Bens Kehle. Er beugte sich wieder zu ihm herunter und biss ihn wütend, jedoch nicht wirklich fest, in den Hals, was dem Roten ein leises Stöhnen entlockte. Schnell befreite Ben sich und Shanks aus ihren Hosen. Shanks streckte sich ihm entgegen. Ben hielt inne. „Hey, Beckman! Ich bin nicht aus Porzellan, klar?“ grinste Shanks ihn an und verwickelte ihn in einen innigen Kuss. Bens Schädel brummte. Er öffnete seine Augen einen Spalt breit, nur um sie rasch vor dem viel zu hellen Sonnenlicht, das den Raum flutete, wieder zu verschließen. Nur langsam verarbeitete sein verkatertes Hirn das Bild. Es war nicht sein Zimmer gewesen, das er gerade gesehen hatte. Vorsichtig öffnete er ein Auge und blickte in eine chaotische Kajüte. Er wusste, dass er diesen Raum schon mal gesehen hatte, konnte ihn jedoch nicht zuordnen. Langsam wurde ihm bewusst, dass sich jemand an seinen Rücken schmiegte und so wie es sich anfühlte, war dieser warme Körper ebenfalls nackt. Endlich überwand er seine Befürchtungen und drehte sich um. Ben starrte entgeistert in das schlafende Gesicht seines Käpt'ns und die Erinnerung drang wie ein nicht enden wollender Sturzbach auf ihn ein. Was hatten sie nur getan? Hastig stand er auf und zog sich an. An der Tür hielt er inne. War es nicht erbärmlich, einfach abzuhauen? Vor allem wenn er Shanks sowieso wieder begegnen würde? Ben schob sich durch die Tür. Er brauchte Zigaretten. Kapitel 2: ----------- Shanks taumelte auf die dunkle Straße hinaus. Die kühle Brise, die ihm um die Nase wehte, tat unglaublich gut. In der Bar hinter ihm grölte die Crew, er solle für eine weitere Runde zurückkommen. Er wollte die stickige Spelunke gerade wieder betreten, als ihm etwas ins Auge fiel. War das Ben? Er kniff die Augen zusammen und starrte die dunkle Straße hinunter. Tatsächlich, dort hinten stand Ben und musterte ein Haus, als dachte er über etwas nach. Shanks wollte ihm gerade hinterherrufen, als sein Vize das Gebäude betrat. Die davor hängende rote Laterne ließ keinen Zweifel daran, was er dort wollte. Ben hatte richtig gehört. Der Mann, der gerade verzweifelt nach Hilfe gerufen hatte, gehörte zu ihrer Mannschaft. Yasopp klammerte sich panisch und nackt an einen Leuchter unter der Decke. Unter ihm standen mehrere leicht bekleidete Damen, eine hielt entschlossen einen Besen in den Händen. „Beheckmaaaaaaaaaaan!“ kam es halb schluchzend, halb lachend von Yasopp. „Du bischt meine Rettuhuuuung!“ Eine der Frauen funkelte Ben wütend an. „Gehört der zu Ihnen?“ Mit den Borsten des Besens deutete sie auf Yasopps blanken Hintern. „Gewissermaßen.“ Ben musste sich zusammenreißen um nicht zu grinsen. Yasopp schaffte es doch wirklich auf jeder Insel ein Bordell gegen sich aufzubringen. „Gut.“ Die vollbusige Blonde seufzte. „Können Sie dann für ihn zahlen und ihn hier raus schaffen?“ Ben sah mit gespielter Gleichgültigkeit zu Yasopp empor und tat, als müsse er sich das noch mal ganz genau überlegen. Mehrere Minuten später torkelte Yasopp, einen Arm um Bens Schultern und mittlerweile wieder halbwegs angezogen, auf die Straße hinaus. „Erlisch, Beckman, isch tu's nieeee wieder!“ versicherte er. Wie jedes Mal. Ben steckte sich eine neue Zigarette an. „Du solltest echt mal darüber nachdenken, warum du -“ Weiter kam er nicht, denn die panischen Schreie zweier Crewmitglieder, die auf sie zugerannt kamen, ließen ihn verstummen. „Beckman! Mit dem Käpt'n stimmt was nicht!“ „Er ist tohohoooooot!“ „WAS?!“ Vor Schreck ließ er Yasopp los, sodass dieser zu Boden fiel. Was diesen jedoch nicht großartig zu stören schien. „Du Idiot! Er ist doch nicht tot!“ Fuhr der Glatzkopf seinen Kumpel an. „Irgendwie scho', zu mindeschtens 'alb! Vielleischt wurde er vergift'et!“ Ben ließ die beiden Links liegen und stürmte auf die Bar zu. Eine Menschentraube hatte sich um einen der Tische gebildet. Die Menge spaltete sich, als Ben auf sie zueilte. Auf dem Tisch stand ein unberührtes Bier, das mittlerweile schal geworden war. Daneben lagen der Strohhut und Shanks' Kopf. Sein Blick war starr auf die Wand vor ihm gerichtet. „Käpt'n?“ Erleichtert erkannte Ben, dass sich Shanks' Brustkorb hob und senkte. Er war also nicht tot, antwortete jedoch auch nicht. Vielleicht war er einfach nur total voll... obwohl, eigentlich war Shanks dann durchgehend gut gelaunt, bis er sich irgendwann übergab, um daraufhin in komaähnlichen Schlaf zu fallen. „Wo ist der Doc?“ „Aufm Klo. Kotzen.“ Ben seufzte. Manchmal fragte er sich, warum sie überhaupt einen Arzt hatten. Er musterte das Häufchen Elend namens Shanks vor ihm. Es gab nur zwei Möglichkeiten, entweder ging es Shanks körperlich schlecht, was Ben nicht hoffte, da der Doc wohl erst in ein paar Stunden wieder auf Patienten losgelassen werden konnte. Andererseits war die Vorstellung, Shanks könnte etwas seelisch so fertig machen, dass er nicht mal sein Bier anrührte, auch nicht gerade beruhigender. Ben versuchte erst einmal das Wahrscheinlichste: „Käpt'n, ist dir schlecht?“ bekam jedoch keine Antwort. „Schmeckt das Bier nicht?“ Wieder schwieg Shanks. „Tut dir was weh? … Hast du ein graues Haar entdeckt?“ Er wusste wie deprimierend das sein konnte, doch sein Käpt'n reagierte nicht. „Oder hast du vielleicht-?“ weiter kam er nicht, denn in diesem Moment wandte sich Shanks, mit für seinen Zustand erstaunlicher Geschwindigkeit um und starrte ihn wütend an. Ben ging in die Knie. Das war nicht nur Wut in Shanks' Blick, es war Haki. Hinter Ben brach ein Crewmitglied nach dem anderen zusammen. Keiner war darauf vorbereitet gewesen, doch selbst wenn sie es wären, hätten die meisten ihm wohl kaum standhalten können. Shanks stand auf und verließ wortlos und ohne Ben eines weiteren Blickes zu würdigen die Kneipe. Ben brauchte einige Momente um sich vom Haki zu erholen. Immer noch etwas verwirrt über Shanks' Reaktion stand er auf. Im selben Moment ging eine Tür auf und ein junger Pirat mit schwarzer Mütze und weißen Handschuhen betrat den Raum und wischte sich den Mund ab. „Whoow, was is'n hier passiert? Was habt ihr gesoffen, während ich weg war? Und warum liegt der Hut vom Käpt'n da und er nich'?“ „Hey, Doc, kümmer du dich um die anderen!“ Ben schnappte sich Shanks' Hut und rannte ihm hinterher. „Käpt'n!“ Shanks ging bereits die Planke zur Red Force hoch, als Ben ihn endlich erreichte, wandte sich jedoch nicht um, sondern beschleunigte seine Schritte. „Hey!“ Ben machte einen Satz und hielt Shanks am Arm fest. „WAS?!“ brüllte Shanks ihn an. Ben stutzte. Was war nur mit seinem Käpt'n los? „Du hast deinen Hut vergessen.“ Shanks funkelte ihn wütend an, schnappte seinen Hut und riss sich los. „Danke.“ entgegnete er tonlos, bevor er zu seiner Kajüte stapfte. Ben folgte ihm. „Was ist eigentlich mit dir los? Kannst du mir mal verraten, welche Laus dir über die Leber gelaufen ist?“ „Kann dir doch egal sein! Sonst scheinst du dich ja auch nicht darum zu kümmern, was ich fühle.“ Der Groschen fiel bei Ben. „Geht es darum, dass wir... du weißt schon.“ „Ja, es geht darum! Aber für dich war es ja wohl – arg! Ich kann einfach nicht fassen, dass ich echt dachte, es könnte dir etwas bedeutet haben!“ Er riss seine Kajütentür auf. „Noch viel Spaß mit deinen Dorfmatratzen!“ Mit diesen Worten schlug er die Tür vor Bens Nase zu. Mit leicht geöffnetem Mund starrte Ben das dunkle Holz an. Das war eindeutig einer der Momente, die Lucky Roo mit „Der Käpt'n hat mal wieder seine Tage.“ beschrieben hätte. Er hieß eben nicht umsonst „der Rote“. Ben seufzte leise, und klopfte. „Hau ab!“ kam prompt Shanks' Antwort. Sein Vize nahm das als Einladung und schob sich durch die Tür. Shanks hatte es in der letzten Woche irgendwie geschafft, sein Zimmer noch unordentlicher werden zu lassen. Jetzt funkelte er Ben wütend vom Bett aus an, auf dass er sich offensichtlich gerade geworfen hatte. „Dorfmatratzen.“ Begann Ben sachlich und musste sich ein Lächeln verkneifen. „Sind im allgemeinen doch eher Yasopps Fall. Bis sie ihn aus irgendeinem Grund, und den möchte ich nun wirklich nicht wissen, jedes Mal umbringen wollen und ich ihn dann jedes Mal aus besagtem Freudenhaus retten muss. Wie auch heute Nacht.“ Shanks musterte ihn skeptisch. „Und das von vor einer Woche...weißt du... also das war... schön, irgendwie...“ Shanks musste kichern. „Du meinst den Sehehex?“ „Ja.“ „Dass wir's so richtig getrieben haben?“ „Ja.“ „Dass du mich so richtig-“ „Shanks es reicht!“ Der Rote konnte nicht anders als zu lachen. „Also echt, da kannst du so ernst sein und im nächsten Moment schaffst du's nicht mal „Sex“ zu sagen! Ich wusste ja gar nicht, dass du so verklemmt bist!“ „Das bin ich nicht!“ „Du wirst rot!“ „Werd ich nicht!“ „Dann sag es!“ Shanks grinste ihn vom Bett aus an. „Na los, Benny!“ Ben musterte ihn einen Moment, dann kam ihm eine Idee und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er trat ans Bett, beugte sich über Shanks und drückte ihn sanft zurück in die Kissen. Mit einer Hand fuhr er über Shanks' Seite während die andere das rote Haar von seinem Ohr strich, um kurz an diesem zu knabbern. „Sex.“ Hauchte er leise. Ein Schauer lief Shanks' Rücken hinunter. „Okay, ich bin dabei!“ „Was?“ Verdammt! Damit hätte er rechnen müssen! Shanks grinste und nutzte den Moment um Ben neben sich aufs Bett zu ziehen und sich auf ihn zu legen. „Was denn, Ben? Du wirst doch jetzt nicht wie ein Feigling den Schwanz einziehen, oder?“ „Quatsch! Aber, naja, wir haben uns doch vorhin noch gestritten und... sollten wir das nicht noch klären?“ „Na toll, ich hab die muskulöseste Frau der Grand Line in meinem Bett!“ Bevor Ben etwas erwidern konnte, küsste Shanks ihn. Der Kuss war voller Verlangen, doch während Shanks' Hände über Bens Körper fuhren, blieb dieser fast regungslos unter ihm liegen. „Was ist?“ Shanks sah ihn missmutig an. „Was soll denn sein?“ „Du willst nicht.“ stellte Shanks deprimiert fest. „Doch, aber“ Ben seufzte und drehte sich mit Shanks so, dass beide wieder nebeneinander lagen. „Bis vor einer Woche war ich mir noch sicher, hetero zu sein.“ „Und wo ist dann das Problem?“ Shanks beugte sich vor, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. „Wenn es schön war, kann es doch nicht falsch sein, oder?“ Ben lehnte seine Stirn gegen die seines Käpt'ns. „Ich weiß es nicht.“ Leise kicherte Shanks. „Das ich mal etwas weiß, wovon du keine Ahnung hast. Aber vielleicht solltest du einfach mal aufhören zu denken, das macht Vieles einfacher!“ Ben musterte ihn und Shanks musste grinsen. „Glaub mir! Ich mach das ständig!“ „Darauf wär ich nie gekommen.“ Antwortete sein Vize amüsiert und küsste ihn. Erleichtert ging Shanks auf den Kuss ein. Vielleicht sollten sie es doch etwas langsamer angehen, ging es ihm flüchtig durch den Kopf, und er war in Gedanken kurz wieder bei seinem ersten Mal, bis Bens Hand unter sein Hemd glitt und alle Gedanken fortwischte. Der Rothaarige schenkte Bens Körper mehrere Küsse, doch waren es wenige, gemessen an der Zahl derer, die in dieser Nacht noch folgen sollten... Kapitel 3: ----------- „Käpt'n! Land in Sicht!“ Shanks blickte zum Krähennest empor und grinste. „Gerade noch rechtzeitig!“ „Rechtzeitig wofür?“ fragte Yasopp verwundert. Normalerweise waren sie nie unter Zeitdruck, doch nachdem sie vor ein paar Tagen in eine Flaute gekommen waren, hatte Shanks sie zur Eile getrieben, ohne jedoch den Grund dafür zu nennen. „Ich wollte unbedingt noch heute hier eintreffen.“ antwortete Shanks nur und blickte zum Horizont, an dem, in das rötliche Licht der Abendsonne getaucht, eine Insel auftauchte. Loguetown. Noch bevor Yasopp fragen konnte, was heute denn für ein besonderer Tag sei, ging Shanks übers Deck in Richtung des Heckaufbaus. „Refft alle Segel auf denen der Totenkopf zu sehen ist und nehmt die Jolly Roger ab! Heute hab ich echt keine Lust auf Ärger mit der Marine!“ „Aye, Käpt'n!“ Shanks verschwand in seiner Kabine und kam, als sie gerade im Hafen anlegten, mit einer Flasche Rum in der Hand zurück an Deck. „Nicht viele Marinesoldaten zu sehen.“ meinte Yasopp. „Sie scheinen uns nicht zu erkennen.“ „Stimmt. Glücklicherweise sind wir im East Blue noch nicht wirklich bekannt!“ Shanks stellte sich auf ein Fass. „Alle mal herkommen!“ Es dauerte eine Weile bis auch die letzten an Deck erschienen. „Da sie es so witzig fanden, herauszufinden was passiert, wenn man bei voller Fahrt den Anker wirft - und das auch noch während ich gerade aufm Klo saß - haben Francis und Henry heute Wache!“ Die beiden Genannten brummten unzufrieden, da das bedeutete, dass sie auf dem Schiff und nüchtern bleiben mussten, erwiderten jedoch nichts. „Ich will nicht zu lange hier bleiben. Morgen Mittag legen wir wieder ab, seid dann auf dem Schiff! Sollten wir früher ablegen müssen, kommen die, die dann auf dem Schiff sind in drei Tagen um Mitternacht wieder und holen die Zurückgebliebenen ab! Haltet euch bis dahin versteckt, klar soweit?“ „Aye, Käpt'n!“ kam es von der Crew. „Na dann, viel Spaß!“ rief Shanks und hopste vom Fass. Als alle das Schiff verließen, ging Ben an Shanks vorbei und klopfte ihm leicht auf die Schulter. „Bis morgen dann, Käpt'n.“ Shanks blinzelte verwundert und schloss zu ihm auf. „Was soll das denn heißen?“ Sein Vize blieb stehen und blickte nun seinerseits etwas verdutzt. „Naja, ich dachte, du wolltest vielleicht heute allein sein... die ist doch für Roger, oder?“ meinte er und deutete auf die Rumflasche in Shanks' Hand. Shanks blickte zu ihr herunter und drehte sie leicht in seiner Hand. „Ich dachte du kommst vielleicht mit. Du warst doch da auch dabei...“ murmelte er etwas kleinlaut. Ben lächelte und drückte seinem Käpt'n den Hut etwas tiefer ins Gesicht. „Aber nur, wenn du nicht wieder heulst!“ „Wieso sollte ich heulen?“ Etwas wütend stapfte Shanks in Richtung Hauptstraße. „Weil du das vor fünf Jahren auch getan hast! Richtige Krokodilstränen!“ grinste Ben und folgte ihm. „Das war Regen!“ „So tief wie du den Hut im Gesicht hattest, hätte es schon aufwärts regnen müssen!“ lachte Ben. „Du würdest auch weinen, wenn du mit ansehen müsstest, wie dein Käpt'n stirbt und du nichts machen dürftest, weil er es dir verboten hat!“ „Ja, das würde ich wohl...“ Es dauerte einige Momente, bis Shanks begriff, dass er selbst Bens Käpt'n war. Gerührt blieb er stehen und blickte zu ihm hoch. „Oh, du verdammte Heulsuse!“ rief Ben aus, als er bemerkte, wie Shanks Augen sich immer mehr mit Flüssigkeit füllten. „Du würdest echt weinen, wenn ich sterbe?“ fragte Shanks und kämpfte gegen die Tränen an. Heute war einfach ein Tag an dem er wegen jeder Kleinigkeit hätte heulen können. „Du weinst doch nicht mal beim Zwiebeln schälen!“ „Nein, würde ich nicht!“ meinte Ben genervt. Er hasste es andere Leute weinen zu sehen. „Ich würde feiern, dass ich endlich nicht mehr dazu verdammt bin, für alles auf der Red Force zuständig zu sein, zu dem du meistens zu betrunken bist!“ „BEN!“ rief Shanks entsetzt aus, doch wenigstens hatte er jetzt nicht mehr das Bedürfnis zu loszuheulen, sondern viel eher das, Ben gegen den Arm zu boxen. Und diesmal gab er nach. „Au! Ey! Na warte!“ Ben schubste ihn, woraufhin Shanks sich gegen ihn warf. Mehr raufend als gehend kamen sie schließlich doch an ihr Ziel. Als sie den Turm sahen, auf dem der König der Piraten heute vor genau fünf Jahren sein Leben gelassen hatte, ließ Ben seinen Käpt'n aus dem Schwitzkasten. Shanks ging langsam, die Flasche fest in seiner Hand, auf das Schafott zu. Ben folgte ihm mit einigem Abstand und betrachtete die Häuser, die den runden Platz umschlossen. Alles sah noch so aus wie vor fünf Jahren und heute war ein fast genauso schwül-warmer, sonniger Tag, wie er es damals erst gewesen war, doch das Wetter in Loguetown änderte sich fast ebenso schnell wie auf der Grand Line. Irgendwie wunderte es Ben, dass das Schafott noch stand, schließlich war es extra für Rogers Hinrichtung aufgestellt worden. Vielleicht wollte die Marine ein Mahnmal für alle Piraten schaffen, da sie scheinbar über Roger gesiegt hatten. Doch da es kein Grab gab, war dies nun vielmehr ein Denkmal für den bisher einzigen König der Piraten. Nervös blickte er sich um. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn die Marine auf die Ankunft ehemaliger Mitglieder von Rogers Bande und andere Piraten lauern würde. „Die Marine wird das gar nicht gerne sehen.“ meinte Shanks und lächelte matt. „Hm, was?“ „Die Blumen.“ Erst jetzt bemerkte Ben das Meer aus Blumen, das um das Schafott aufgehäuft worden war. „Ein paar andere von uns scheinen auch hier gewesen zu sein.“ meinte Shanks, als er durch die Blumen hindurch gewatet war und sich ein großes kreisrundes Loch in deren Mitte genauer ansah. In diesem lagen die Scherben mehrerer Flaschen, die aus dem gleichen ungewöhnlich blauem Glas gefertigt waren wie die Flasche in Shanks' Hand. Der Rote blickte hoch zur Plattform und schaffte es kurz zu grinsen, dann öffnete er die Flasche und reckte sie gen Himmel. „Für dich, Käpt'n!“ rief er, dann schüttete er den Inhalt auf das Pflaster zwischen den Scherben. Mit der goldenen Flüssigkeit flossen auch Shanks' Tränen und tropften lautlos von seinem Kinn. Ben wandte sich ab, gerade noch rechtzeitig um den jungen Mann zu bemerken, der mit gezogenem Schwert auf ihn zugerannt kam. Er zog sein Gewehr und wehrte mit dessen Lauf die Klinge mit solcher Wucht ab, dass es den Angreifer zu Boden warf, dann richtete er die Mündung auf seine Brust. „Findest du es nicht etwas feige, jemanden von hinten anzugreifen?“ fragte Ben ruhig. Der Andere war fast noch ein Kind, vielleicht 17 oder 18 Jahre alt, dennoch steckten gleich zwei Zigarren in seinem Mund. „Und das von einem dreckigen Verräter!“ Ben kniff leicht die Augen zusammen. „Meinst du mich?“ „Natürlich mein ich dich, Ben Beckman!“ fauchte der Junge zurück. „Du warst ein Marineoffizier! Mit gerade mal 20 Jahren schon Kapitän! Du warst ein Vorbild für so viele von uns! Und dann desertierst du einfach und schließt dich einem dreckigen Piraten an!“ „Du bist der Junge, der sich vor fünf Jahren schon einschreiben wollte.“ erinnerte sich Ben. Sengoku, Garp und er hatten im Stützpunkt der Marine von Loguetown nach der Hinrichtung besprochen, wie sie weiter vorgehen sollten. Eigentlich hatten sie damit gerechnet, dass Rogers Bande auftauchen würde, um diesen in letzter Minute zu befreien. Oder das Roger selbst es versuchen würde, doch die einzigen, die man entdeckt hatte, waren Shanks und Buggy, die jüngsten Mitglieder der Roger Piraten. Man hatte zunächst beschlossen, die beiden in Ruhe zu lassen, bis sie etwas unternähmen, doch das war nicht geschehen. Daraufhin hatte Ben vorgeschlagen er würde sich die beiden vornehmen. Beim Verlassen des Stützpunktes war er dann mit einem Jungen zusammengestoßen, der unbedingt zur Marine wollte, doch Ben hatte ihn abgewimmelt und ihm gesagt er solle warten bis er sechzehn sei - alt genug um Kadett zu werden. „Gerechtigkeit!“ Der Junge riss ihn mit dem Wort wieder aus seinen Gedanken. „Gerechtigkeit! Das war es, was du geantwortet hast, als ich dich fragte, warum du bei der Marine bist! Und trotzdem verrätst du sie einfach!“ „Ich hatte meine Gründe.“ „Und schließt dich lügenden, plündernden, mordenden Piraten an!“ fuhr der Junge fort, ohne Ben zuzuhören. „Nicht alle Piraten sind gleich.“ Ein Klirren war hinter Ben zu hören, als Shanks die Flasche auf das Pflaster fallen ließ. Der Rote trat an die Seite seines Vizes und blickte auf den Jungen hinunter. Dieser funkelte ihn böse an. „Du elender Pirat! Irgendwann wird man auch dich schnappen und ebenso deiner gerechten Strafe zuführen wie Roger!“ „Gerecht?“ fragte Shanks leise und mit einem düsteren Ton in seiner Stimme, den man nur selten bei ihm hörte. „Was weißt du denn von Gerechtigkeit?“ Im selben Moment begann der Junge erst zu zittern, dann brachte er noch ein „Was zum-“ heraus, bevor er bewusstlos wurde. „War das wirklich nötig, Käpt'n?“ „Heute schon.“ Ben blickte auf den Jungen hinunter und musste sich eingestehen, dass er vor ein paar Jahren wohl noch genauso gedacht hatte. „Lust auf 'nen Drink?“ fragte Shanks und ging auf eine der Straßen zu. „Immer doch, Käpt'n.“ grinste Ben. Shanks führte ihn durch mehrere verwinkelte Gassen und Treppen hinauf und hinunter, bis Ben fast vollkommen die Orientierung verloren hatte. „Da wären wir!“ grinste Shanks und blickte zu einem Schild hinauf. Ben las es verwundert. „Bar Gold Roger?“ „Jup, das war Rogers Stammkneipe! Er kam nämlich aus Loguetown! Ich wette die anderen sind auch dort!“ Shanks schob den Vorhang zur Seite und stieg die Treppe hinunter, bis er merkte, dass sein Vize ihm nicht folgte. Verwundert ging er zurück und sah gerade noch wie Ben um eine Ecke bog. „Hey, Beckman! Was soll das denn werden?“ Er rannte ihm hinterher und packte ihn etwas unsanft am Kragen. Wütend funkelte er ihn an. „Käpt'n...“ „Ich höre!“ „Da sind doch jetzt alle von deiner alten Crew... ihr habt euch bestimmt viel zu erzählen und da würde ich doch eh nur stören...“ meinte Ben ungewöhnlich kleinlaut. „Ach Quatsch! Du kommst mit! Irgendwer muss mich schließlich wieder zurück zum Schiff kriegen, wenn ich mich gleich so richtig betrinke!“ grinste Shanks und zog ihn am Arm in Richtung Bar. „Aber ich muss auch Yasopp aus dem Bordell retten! Ich wette, der steckt schon wieder in Schwierigkeiten!“ „Der kommt auch mal ohne sein Kindermädchen klar!“ „Jetzt hör mal, Käpt'n! Die kennen mich alle nur als den Kapitän der Marine, der immer an der Seite von Garp gegen sie gekämpft hat, ich glaub das ist keine so gute Idee wenn ich da jetzt-“ „Also echt, Beckman!“ Shanks wandte sich zu ihm um und betrachtete ihn amüsiert. „Ich bin vielleicht eine Heulsuse, aber du bist definitiv ein Feigling!“ „Was? Nein, bin ich nicht!“ „Dann komm mit! Außerdem hast du eigentlich immer nur gegen mich gekämpft, von denen wird keiner wütend auf dich sein! ... Glaub ich...“ „Aber, ich-“ „Angsthase!“ „Ist ja schon gut!“ Höchst zufrieden stieg Shanks die Treppe hinunter, gefolgt von seinem nervösen Vize. In der Kellerbar wurden sie von einer grölenden Horde Piraten empfangen. „Shanks! Hey, wir dachten schon du kommst auch nicht!“ „Hey, Rothaar, wo hast du die Pappnase gelassen?“ „Dann stimmt es also, dass Beckman dein Vize ist?“ „350 Mille Kopfgeld, wie hast du das eigentlich geschafft? Du hast mehr, als die meisten von uns!“ „Na und? Er ist und bleibt ein Grünschnabel!“ „Pah! Dafür aber einer mit Bartwuchs!“ konterte Shanks und deutete auf sein Gesicht, woraufhin die Mannschaft in schallendes Gelächter ausbrach. Shanks und Ben ließen sich am Thresen nieder, während eine brennende Diskussion ausbrach, ob Shanks die paar Stoppeln im Vergleich mit Rogers Schnurrbart überhaupt einen Bart nennen dürfe. Raoul, der Barkeeper, trat zu den beiden und grinste. „Na Shanks, diesmal 'nen echtes Bier?“ „Ja. Was soll denn das heißen?“ Raoul stellte ihm einen Krug hin. „Na meinst du, ich hätte einem elfjährigen schon Bier ausgeschenkt?“ „Was hab ich denn dann immer getrunken?“ „Malzbier.“ „Was? Du Betrüger!“ Der Barkeeper lachte rau. „Wer den Unterschied zwischen einem Echtem und Malzbier nicht schmeckt, hat auch keines verdient!“ „Pah!“ meinte Shanks nur genervt und warf die Münzen auf den Tisch, während er den Krug in einem Zug halb leerte. „Und was gibt’s für dich, Vize?“ Ben ließ seinen Blick über die Flaschen hinter Raoul schweifen. „Whiskey, Rye wenn du hast.“ Der Barkeeper sah ihn einen Moment verdutzt an, dann lachte er laut auf, sodass ihm viele die Köpfe zuwandten und füllte den Whiskey in ein Glas. „Aye, einen Rye für den Vize. Wie könnte es anders sein?“ Einen Moment lang wurde es sehr still in der Bar, dann grölten die Roger Piraten wieder auf. „Hey, Shanks, da haste dir ja echt 'nen super Vize geangelt!“ „Ob man immer anfängt Rye zu trinken, wenn man Vize ist?“ „He, Beckman! Pass bloß auf, Vize werden ziemlich schnell grau! Hab letztens Silvers wieder getroffen, der hat 'ne richtige Silbermähne!“ Daraufhin lachten viele und tranken auf ihren Vize. „Also wenn Ben Rye trinkt, dann gib mir mal 'nen Clement Rum!“ meinte Shanks, der inzwischen seinen Bierkrug geleert hatte. Raoul lachte. „Ich nehme auch an, gleich die ganze Flasche?“ „Natürlich!“ Ben und Shanks prosteten sich zu und während Ben seinen Whiskey genoss, brach Shanks in ersticktes Husten aus, sehr zur Belustigung der anderen. „Klappe, trinkt ihr mal 80%tigen!“ brachte Shanks hervor und stapfte wütend auf einen der Tische zu. Ben sah ihm hinterher und lächelte. „Er hat sich wirklich kaum verändert“ stellte Raoul fest. „350 Millionen Berry Kopfgeld, wie? Dann hatte Roger wohl recht.“ „Womit recht?“ Ben fiel auf, wie wenig er über Shanks' Zeit auf Rogers Schiff wusste. „Weißt du, ich habe nie verstanden, warum Roger ein Kind wie Shanks mitnahm. Und eines Abends, als der Junge hier an der Bar, neben Roger sitzend, eingeschlafen war, hab ich ihn das auch gefragt. Roger hat mich nur angegrinst und gemeint: 'Der Junge wird noch mal ein ganz großer! Glaub mir, er hat das Zeug dazu! Er wird es vielleicht gar nicht wollen, aber er wird es werden!' Und wie es scheint, ist er wirklich auf dem besten Weg dahin.“ Ben wollte ihm gerade zustimmen, als er den Mann bemerkte, der in den Raum getreten war und das Blut gefror in seinen Adern. Garp durchschritt die stickige Kneipe und ließ sich auf dem Stuhl neben Ben nieder, auf dem bis eben noch Shanks gesessen hatte. Sein dunkler Mantel war klitschnass. Nun zog er ein Bündel aus ihm hervor und legte es neben sich auf die Theke. Pistolen klickten, als ihre Schlagbolzen gespannt wurden und Säbel glitten aus ihren Scheiden. Garp grinste. „Witzig. Die beiden einzigen die mir vielleicht gefährlich werden könnten, scheinen schlau genug zu sein, keinen Ärger anzufangen.“ Shanks und Ben warfen sich einen Blick zu. Sie waren die einzigen, die keine Waffe auf Garp richteten, auch wenn ihre Hände auf dem Griff des Schwertes und des Gewehres ruhten. „Glaubt mir, ich schaue nur auf einen Drink vorbei. Heute habe ich wirklich wichtigeres zu tun, als mich mit euch anzulegen. Außerdem... was glaubt ihr denn, wer dafür gesorgt hat, dass hier nicht die halbe Marine auf euch wartet?“ Nervöse Blicke wurden getauscht, dann senkten sich die Schwerter und Pistolen langsam. Garp grinste. „Brave Jungs! Einen Clement, Raoul!“ Der Barkeeper knallte die blaue Flasche etwas unsanft auf den Tresen hinter Garp. Er machte nie einen Hehl daraus, dass er die Marine nicht ausstehen konnte. Garp lachte leise und drehte sich zu ihm um, dann nahm er die Flasche und leerte sie in einem Zug. Langsam begannen die Gespräche an den Tischen wieder und die Piraten schienen sich zu entspannen. „Na, Beckman, immer noch glücklich als Pirat?“ Ben grinste nervös. „Kann mich nicht beklagen.“ Garp nickte nur kurz. „Und du willst ganz sicher nicht gegen uns kämpfen?“ vergewisserte sich Ben. „Ich mein, früher warst du immer ganz heiß auf die Kämpfe mit denen.“ Er nickte zu den anderen Piraten herüber. „Ich war vor allem heiß auf die Kämpfe mit Roger, aber jetzt werd ich alt.“ Ben musterte den muskulösen Mann neben ihm. Gut, einige grauen Strähnen zierten sein Haar, doch das ließ ihn nun wirklich nicht wie einen alten, klapprigen Mann wirken. Garp bemerkte Bens Blick und schob das Bündel zu ihm herüber. „Da, sieh selbst!“ Etwas verwirrt musterte Ben erst Garp, dann das Stoffbündel. Vorsichtig schob er das oberste, lockere Tuch zur Seite und starrte entsetzt auf den Inhalt. „Das- das ist-“ „Mein Enkel.“ vollende Garp den Satz. „Du kannst doch ein Baby nicht mit in eine Bar voller gefährlicher Piraten nehmen!“ Garp lachte. „Na ja, da du und dein Käpt'n hier das höchste Kopfgeld haben, fand ich das Risiko nicht allzu groß... Ich mein, dich kenne ich und bevor du einem Baby etwas zuleide tun kannst, weht Wind im Calm Belt! Und ganz ehrlich... dein Käpt'n...“ Beide blickten zu Shanks, der mittlerweile so betrunken war, dass er mit zwei weiteren Piraten auf einem Tisch stand und laut Shanties sang. Ben räusperte sich. „Nun ja... heißt das, der Kleine ist...“ er senkte die Stimme und beugte sich zu Garp. „Dragons Sohn?“ Garp nickte. „Er stand vorgestern bei mir vor der Tür und hat mir den Kleinen in den Arm gedrückt mit der Bitte, mich um ihn zu kümmern.“ Ben betrachtete das schlafende Gesicht des Kindes. Würde jemand herausfinden, dass es Dragons Kind war, wäre es seines Lebens wohl nicht mehr sicher. Erst vor kurzem hatte die Weltregierung Dragon zum meistgesuchten Verbrecher erklärt. Doch schien sie nicht zu wissen, dass er Garps Sohn war. „Und jetzt versteckst du ihn im East Blue?“ Garp nickte. „Jup, scheint so, als wäre ich immer für die verlorenen Kinder zuständig.“ „Hm?“ „Ach, nicht so wichtig.“ Garp erhob sich und legte einige Münzen auf den Tresen, dann nahm er seinen Enkel und verstaute ihn wieder sicher in seinem Mantel. „Also Beckman, man sieht sich.“ „Ich nehme an, dann werden wir nicht so nett plaudern?“ „Wohl eher nicht.“ Die Feier in der stickigen Kellerbar ging noch die halbe Nacht fröhlich weiter, doch je mehr sich verabschiedeten, desto düsterer wurden die Geschichten, die an den vernarbten Tischen die Runde machten: Gerüchte, Rayleigh sei von der Marine schwer verletzt worden und Gemunkel über den Tod einiger Kameraden am Strang. Shanks schien dies alles mit einem Lächeln abzutun, doch bemerkte sein Vize, wie blass es im Vergleich zu seinem sonst sorglosen Grinsen wirkte. Ben stand auf und ging zu ihm herüber. „Lass uns gehen.“ Sein Käpt'n blickte zu ihm auf, überlegte kurz und nickte dann nur. Sie gingen zur Tür, Shanks drehte sich noch einmal um und grinste. „Also dann Leute, man sieht sich!“ „Yo, machs gut, Kleiner!“ „Lass dich nicht von der Marine erwischen!“ „Genau, über ein Paar Flip-Flops freut sich der Henker bestimmt nicht!“ Am oberen Ende der Treppe mussten sie feststellen, dass es mittlerweile in Strömen goss. Eine Weile betrachteten sie die fallenden Tropfen, bis Shanks leise feststellte, dass das Wetter dem vor fünf Jahren exakt glich. „Ich glaube nicht, dass es bald aufhören wird...“ meinte Ben und klopfte Shanks auf die Schulter. „Los, nass werden wir sowieso!“ Dann rannte er los und hoffte, dass sein Käpt'n ihm folgte. „Ben!“ Shanks packte ihn am Arm, sodass beide im Regen stehen blieben, doch durchnässt waren sie ohnehin schon. „Sieh mal!“ Er deutete eine Gasse hinunter, an deren Ende sie einen Platz mit einem Brunnen im Zentrum erkennen konnten. Kurz hielten beide inne und bemerkten weder den feinen Regen auf ihrer Haut noch das Geräusch der fallenden Tropfen, die auf das kalte Pflaster, die metallenen Regenrinnen und die roten Schindeln der Dächer prasselten. „Warum hast du mich damals eigentlich nicht festgenommen?“ fragte Shanks schließlich flüsternd, so als könnte eine zu laute Stimme den Moment zerbrechen. „Ich weiß es nicht.“ Vor fünf Jahren hatte Ben Shanks an diesem Brunnen endlich gefunden, mit dem festen Entschluss, ihn festzunehmen. Shanks hatte sich gerade von Buggy verabschiedet und hätte eigentlich auch an Flucht denken sollen, doch er saß einfach auf dem Rand des Brunnens und beobachtete wie die Regentropfen auf der Wasseroberfläche aufschlugen. Der junge Marineoffizier hatte auf ihn angelegt, doch den Piraten schien dies nicht zu beunruhigen. Shanks hatte ihn einfach nur angesehen, während weiter große Tränen lautlos sein Gesicht herunter rannen. „Verschwinde von hier.“ war das einzige, was Ben hatte sagen können, bevor er seine Waffe weggesteckt hatte und zurück zum Stützpunk gegangen war. „Es kommt mir vor wie ein Traum...“ Immer noch flüsterte Shanks und starrte weiter zum Brunnen herüber. „Lass uns zum Schiff zurückgehen.“ Ben ergriff seine Hand und zog ihn mit sich. „Ben?“ Shanks drückte leicht die Hand seines Vizes, glücklich darüber, ihn zu haben. „Hm?“ „Warum bist du eigentlich desertiert?“ Ben blieb überrascht stehen und ließ ihn los. „Du hast es mir nie gesagt! Du bist nur plötzlich aufgetaucht und meintest, du könntest nicht mehr zurück, aber ich weiß bis heute nicht genau, warum eigentlich!“ Ben blickte eine Weile gedankenverloren die Straße hinunter und betrachtete die im Wind klappernden Läden der Fenster. Dann seufzte er leise und drückte Shanks den Strohhut ins Gesicht, bevor er weiterging. „Das ist keine Geschichte für so einen Tag.“ Shanks folgte ihm schweigend, dann schloss er zu ihm auf und ergriff seine Hand. „Dann erzähl sie mir ein anderes Mal.“ Kapitel 4: ----------- „Schach!“ grinste Shanks selbstzufrieden. Ben blickte auf das Brett neben sich und setzte einen Läufer um. „Och, nö!“ Shanks ließ seinen Kopf wieder auf Bens Brust sinken und starrte auf das Spielfeld, während sein Vize weiter las. „Das ist total unfair! Ich hab das ewig nicht mehr gemacht!“ „Du wolltest unbedingt, dass wir gegeneinander spielen.“ „Außerdem bin ich betrunken.“ „Dann kommst du doch meistens auf besonders kreative Ideen.“ Shanks brummelte etwas Unverständliches und machte einen Zug. Ben überlegte kurz. Wenn er wollte, konnte er Shanks jetzt mit einem Zug matt setzten, aber eigentlich gefiel es ihm ganz gut, wie Shanks, bereits ziemlich betrunken, auf ihm lag und verzweifelt versuchte, doch irgendwie zu gewinnen. Also setzte er nur einen Bauern um und ließ Shanks weiter grübeln. Sein Käpt'n seufzte und versuchte irgendwie seine in Alkohol eingelegten Gehirnzellen zum laufen zu kriegen. „Woll'n wir nicht was anderes machen?“ fragte Shanks und blickte etwas flehend hoch zu Ben. „Heißt das, du gibst auf?“ grinste sein Vize nur. „Nein!“ Shanks blickte wieder auf das Brett und versuchte zu denken. „Aufgeben würde so einiges beschleunigen!“ murmelte Ben und begann an Shanks' Ohr zu knabbern. „Wir könnten zum Beispiel das machen, weshalb du eigentlich hierher gekommen bist...“ „Ben, lass das!“ Shanks drehte den Kopf weg, eigentlich hatte er keine große Lust sich zu bewegen. „Das ist unfair!“ „Warum? Bringt man dich so leicht aus dem Konzept?“ Mittlerweile waren schon einige Wochen seit ihrer ersten gemeinsamen Nacht vergangen und Ben hatte immer mehr Gefallen daran gefunden, herauszufinden, welche Knöpfe er bei Shanks am besten drückte, damit dieser zu Wachs in seinen Händen wurde. Nun legte er sein Buch zur Seite und ließ seine Fingern den Rücken des Käpt'ns hinunter wandern. „Hör auf!“ zischte Shanks und wand sich leicht in Bens Armen. Doch die Hände seines Vizes setzten ihren Weg unbeirrt fort, streiften die dunkle Bauchbinde und strichen über Shanks' Hintern. „Ben! Das ist ein grobes Faul!“ knurrte dieser und starrte angestrengt auf Bens König, in der Hoffnung eine Möglichkeit zu finden, diesen schnell auszuschalten. „Ein Faul?“ murmelte Ben und begann Shanks' Bauchbinde zu lösen. „Und was passiert, wenn ich eine Rote Karte kriege?“ „Dann schläfst du heute Nacht alleine!“ grummelte Shanks und setzte einen seiner Türme. Ben sah nicht einmal wirklich hin, sondern bewegte nur rasch eine seiner Figuren. „Matt.“ „Was? Aber-?!“ Noch bevor der Rothaarige mehr sagen konnte, hatte Ben ihn mit einer Hand im Nacken zu sich gezogen und in einen Kuss verwickelt. Als sie sich wieder voneinander lösten blinzelte Shanks verwirrt. „Was ist?“ „D- das war neu!“ „Hm?“ „Na ja, diesmal musste ich gar nichts machen, damit du mich küsst und so...“ „Gar nichts machen? Du liegst seit über einer Stunde auf mir, schön mit einem Bein zwischen meinen und spielst die ganze Zeit mit meinem Shirt rum und das nennst du nichts machen?“ Shanks blickte etwas überrascht auf seine linke Hand, mit der er tatsächlich die ganze Zeit unbewusst Bens Shirt befingert hatte, dann musste er grinsen. „He he heh, Du bist grad ziemlich geil, oder?“ Zur Antwort wirbelte Ben beide herum, sodass Shanks unter ihm auf den Planken lag und küsste seinen Hals, während seine Hände die Bauchbinde nun ganz lösten und sich unter das Hemd seines Käpt'ns schoben. Überrascht stöhnte dieser auf. Sein Vize zog ihn weiter aus, bis er rasch nur noch in seiner Boxershorts unter ihm lag. „Ben, warte!“ „Was ist denn?“ „Nicht so schnell...“ Shanks sah ihn nicht wirklich an, sondern schien die leere Rumflasche neben seinem Kopf um einiges interessanter zu finden. „Alles in Ordnung, Käpt'n?“ Besorgt musterte Ben ihn, hatte er etwas falsch gemacht? Wie aus Gedanken gerissen sah Shanks zu ihm hoch. Dann lächelte er, legte seine Arme um Bens Nacken und küsste ihn sanft. „Mach nur nicht so schnell, wir haben doch die ganze Nacht.“ „Ja, das haben wir.“ Ben küsste ihn wieder, bevor er ihn auf sein Bett hob. Ben wurde vom lauten Gepolter mehrerer Füße auf den Planken der Red Force geweckt. Anscheinend war mittlerweile der Großteil der Crew wach und suchte, wie es sich den Rufen und Schreien nach anhörte, verzweifelt nach ihrem Käpt'n. Ben blickte an sich herunter. Shanks lag halb auf ihm, immer noch nackt und friedlich schlafend. Wenn die Mannschaft ihn so hier finden würde, wäre der Grund ihrer Suche bestimmt schnell vergessen. Egal, ob es sich dabei um ein angreifendes Marineschiff oder schlimmstenfalls die Tatsache, dass der Rum ausgegangen war handelte. Ben strich dem Rothaarigen sanft übers Gesicht. „Käpt'n, aufwachen.“ Shanks murmelte verschlafen etwas Unverständliches und schob Bens Hand weg. „Na komm, es ist schon hell.“ „Na und? Du hast mich ja auch die halbe Nacht wachgehalten.“ grummelte Shanks. „Jetzt sag nicht, das hätte dir nicht gefallen.“ Sein Käpt'n sah zu ihm hoch und grinste. „Na ja, dir fehlt es schon noch an Erfahrung!“ Ben wollte gerade etwas erwidern, als jemand draußen nach ihm rief und sich hastige Schritte seiner Kajüte näherten. Rasch zog er die Decke über Shanks, gerade noch rechtzeitig, bevor Yasopp ins Zimmer stürmte. „Beckman!“ „Morgen.“ Ben tat als wäre er noch verschlafen und rieb sich die Augen. „Was'n los?“ „Hast du Shanks gesehn?“ „Wie soll ich denn hier bitte Shanks gesehen haben? Glaubst du etwa, ich hab ihn unter der Bettdecke versteckt?“ grinste Ben und Shanks musste sich auf die Unterlippe beißen, um ein Lachen zu unterdrücken. Kurz musterte Yasopp die Bettdecke, die wirklich ziemlich voluminös war, dann schüttelte er den Kopf. „Natürlich nicht, ich mein ja nur... wir suchen ihn schon 'ne ganze Weile und können ihn einfach nicht finden!“ „Habt ihr schon im Vorratsraum geguckt? Vielleicht ist er ja wieder da betrunken eingepennt, auf der Suche nach noch mehr Rum.“ „Ich glaub schon... aber ich werde noch mal nachsehen. Hilfst du gleich auch mit Suchen?“ „Ja klar, ich zieh mich eben noch an.“ „Gut.“ Yasopp verließ das Zimmer wieder und schloss die Tür. Ben hob die Decke und sah zu seinem Käpt'n hinunter. Shanks grinste ihn an. „Weißt du, ich könnte den ganzen Tag hier bei dir sein ohne dass -“ „Das schlag dir mal ganz schnell wieder aus dem Kopf, wenn sie dich so sehr suchen wird es wohl um was Wichtiges gehen.“ „Ich hoffe sie haben nicht schon wieder den letzten Rum ohne mich leergemacht... langsam sollten wir sowas wie ein Regelwerk aufstellen! Ich bin schließlich der Käpt'n, eigentlich gebührt mir doch der letzte Schluck aus Allem!“ „Ja ja.“ Ben machte Anstalten aufzustehen, doch Shanks legte sich nun mit seinem ganzen Gewicht auf ihn. „Was heißt denn hier ja ja?“ grummelte er. „Hörst du deinem Käpt'n etwa nicht mehr zu?“ „Also wirklich Käpt'n! Wie können Sie mir das nur unterstellen? Wo ich doch einer Ihrer treusten...“ Er begann an Shanks Ohrläppchen zu knabbern. „... und ergebensten Crewmitglieder bin!“ „Also dass du mich mal mit sowas versuchen würdest abzulenken!“ „Oh, ich bin um einiges schlimmer als du denkst!“ grinste Ben. „Oh ja, ein richtiger Bad Boy!“ Shanks Finger fuhren über seine Brust. „Käpt'n du solltest wirklich zu den anderen gehen...“ „Ich glaube, die können wohl noch zehn Minuten warten...“ lächelte Shanks, während seine Hand tiefer glitt. „Aber wirklich nur zehn Minuten!“ Eine halbe Stunde später sah Ben auf dem Gang nach, doch die Luft war rein, also traten er und Shanks hinaus. Fast die gesamte Mannschaft hatte sich am Bug des Schiffes versammelt und war wild am diskutieren. Ben blickte zur Sonne. „Sie haben den Kurs geändert... wieder zurück!“ Auch Shanks bemerkte dies beunruhigt und eilte zu Yasopp. „Ey, warum habt ihr gewendet?“ „Shanks ist verschwunden! Vermutlich ist er über Bord gegangen, also werden wir das Wasser absuchen und hoffen, er ist nicht im Suff ertrunken!“ „Ehm... Yasopp? Weißt du wer ich bin?“ Erst jetzt schien Yasopp ihn wirklich wahrzunehmen. „Käpt'n! Wo hast du denn gesteckt!“ Auch die anderen Crewmitglieder bemerkten ihn jetzt. „Bei Ben unter der Decke.“ grinste Shanks und zwinkerte. Yasopp lachte. „Aber jetzt mal ernsthaft, wo warst du?“ „Ein Geheimnis!“ Lachte Shanks. „Warum habt ihr ihn überhaupt so dringend gesucht?“ fragte Ben um möglichst schnell das Thema zu wechseln. „Du hast Post gekriegt, Shanks. Liegt bei Roo in der Kombüse.“ „Und deshalb macht ihr so 'nen Aufstand?“ fragte Shanks verwirrt und ging, gefolgt von der ganzen Crew, zur Kombüse. „Naja... der Brief ist... anders.“ meinte Yasopp. Als sie den Brief auf dem Tisch liegen sahen, wussten beide, was gemeint war. Der Umschlag war rosa, nicht pink, nein, zart rosa und zu allem Überfluss auch noch mit einem feinen Rand aus roten Rosen versehen. Die Anschrift war mit einem silbernen Glitzerstift geschrieben in der geschwungenen und verschnörkelten Art, die nur eine Frau hinbekommen konnte: „Shanksylein?“ Las Ben verwirrt. Shanks schnappte sich den Brief. „Nich' so wichtig, oder?“ „Der riecht sogar nach Parfüm.“ murmelte Yasopp Ben zu. „Und zwar richtig Gutem!“ Während Shanks las brach Gemurmel unter der Crew los: „Von wem der wohl ist?“ - „Ich wusste gar nicht, dass der Käpt'n eine Geliebte hat.“ „Vielleicht ist sie sogar von der Marine!“ - „Ja, total die geheime Beziehung.“ - „Und ich dachte schon, es wäre ein Heuler oder so...“ - „Quatsch, dann wäre der doch schon längst explodiert!“ - „Stimmt...“ - „Ob sie wohl heiß ist?“ - „Na ja solche Mühe geben sich doch nur die, die sonst nichts abkriegen würden...“ - „Wie meinste denn das?“ - „Na ja, so eine die halt besser auf zwei Stühlen sitzt...“ Shanks blickte auf und alle schwiegen. „Los, setzt die Segel, wir müssen in den West Blue!“ Alle sahen sich verwirrt an. „Na los! Beeilung!“ Fortsetzung folgt... Kapitel 5: ----------- „Shanks!“ Ben tippte ungeduldig mit einem Finger auf die Tischplatte seines Schreibtisches. „Von wem ist dieser verdammte Brief?“ Sein Käpt'n saß gemütlich auf dem Bett und musste grinsen. „Ist dir schon mal aufgefallen, dass du mich nur „Shanks“ nennst, wenn du genervt bist? Ist doch komisch, müsste es nicht eigentlich umgekehrt sein?“ Ben rieb sich entnervt das Nasenbein. „Seit drei Tagen sind wir unterwegs und mittlerweile im West Blue! Gut, dass du der Mannschaft nichts verraten willst mag ja vielleicht noch verständlich sein, aber ich -“ „Was macht dich denn so besonders?“ Fragte Shanks gespielt unschuldig. „Ich – ich bin immerhin dein Vize!“ „Siehst du! Und als solcher eben auch nur ein Teil der Mannschaft!“ lächelte Shanks und stand auf. „Gute Nacht, Beckman!“ Er verließ das Zimmer. Wenn Ben ihn als Vize fragte, würde er auch nur die Antwort für einen Vize erhalten. Ben legte etwas genervt den Kopf in den Nacken und blies bläulichen Rauch der Decke entgegen. Vor einigen Tagen war der Brief, der eindeutig von einer Frau stammte auf der Red Force eingetroffen und seitdem hatte niemand auch nur eine Andeutung aus Shanks herausbekommen, nicht einmal er. Natürlich machten schnell Gerüchte die Runde. Einige sagten, er hätte eine heimliche Affäre mit einer Marineoffizierin, einige sprachen von einer Prinzessin und manchmal hörte man sogar von Meerjungfrauen. Doch alle waren sich mittlerweile einig, dass sie wohl der Grund war, weshalb Shanks anderen Frauen kaum Beachtung schenkte. Was bedeutete, dass sie wunderschön sein musste. Ben hätte selbst nicht gedacht, dass ihn das so beschäftigen würde. Gut, er schlief mit Shanks, doch viel mehr war da seiner Meinung nach nicht. Es war eine Freundschaft mit Extras, wie es so schön hieß, oder doch nicht? Oder zu mindestens für ihn nicht? Und wie sah es bei Shanks aus? War er für Shanks nur eine Art Beschäftigung, weil sich keine Frau mit jener Frau messen konnte? Sein Magen schnürte sich zusammen. Einerseits wollte er es unbedingt wissen, andererseits fürchtete er die Antwort, sodass er nicht wirklich hartnäckig nachhakte, wenn er Shanks doch darauf ansprach. Morgen würden sie die Insel erreichen, zu der Shanks unbedingt wollte. Dann würde sich alles klären. Hoffentlich. „Käpt'n! Land in Sicht!“ Shanks blickte hoch zum Krähennest und grinste. „Ich übernehm das Steuer!“ Ben trat neben Shanks, der das Ruder ergriffen hatte und musterte missmutig die Stadt, die sich bis in die Mündung eines gewaltigen Fjordes vor ihnen zog. „Bloody Bight... wohl der dreckigste Ort außerhalb der Grand Line.“ „Das ist Bloody Bight?“ fragte einer der jüngeren Matrosen ängstlich. „Aye!“ brummte einer der Älteren. „Ich war dort, als ich so alt war wie du, und war froh, als ich ein Schiff zur Grand Line fand! Selbst die Marine hat dort keine Macht. In dieser gottverlassenen Stadt regiert nur der Berry und das Gesetz des Stärkeren.“ „Keine Sorge.“ rief Shanks ihnen zuversichtlich zu. „Bloody Bight ist nicht unser Ziel!“ In dem Moment riss er das Ruder herum und brachte sie auf Kurs, entlang der Küste dieser gewaltigen Insel, die wie eine Mauer aus den Wellen ragte. Haggled Heart Island hatte seinen Namen zu Recht verdient. Betrachtete man die Insel von oben, war sie geformt wie ein Herz, jedoch durzogen von dutzenden Fjorden, die sich wie Kerben vom Meer ins Land gruben. Und Bloody Bight war wie Lougetown im East Blue die letzte Stadt vor der Grand Line und doch vollkommen anders. Hier herrschte nicht die Weltregierung, sondern Korruption und das Verbrechen. Man sagte, dass die stärksten Piraten aus dem East Blue kämen, da sie bereits Bloody Bight überlebt hatten. Shanks steuerte nun die Red Force in einen der Fjorde, der für die Meisten aussah wie jeder andere. Zu beiden Seiten von ihnen ragten nun schroffe Felswände dem düsteren Himmel entgegen. Die Wellen peitschten geräuschvoll gegen die Felsen und den Bug des Schiffes, das Wasser schien immer wilder zu werden. Schnell erkannten sie, wie tückisch die Strömung war, doch Shanks schien das nicht im geringsten zu beunruhigen. „Bist du sicher, dass wir mit der Red Force hier durchkommen?“ fragte Ben etwas unsicher, als sie abermals einem gewaltigen Felsbrocken erst im letzten Moment ausgewichen waren. „Jetzt sei nicht so'n Angsthase, Ben!“ meinte Shanks nur. „Ich hab schon Schiffe mit größerem Tiefgang hier durch befördert und da konnte ich ohne Kiste unter meinen Füßen noch nich' mal über's Steuer blicken!“ Schließlich steuerte er sie in einen ruhigen Seitenarm, der den Meisten im Bemühen, nicht mit den Felsen zu kollidieren, wohl verborgen geblieben wäre. Die Mannschaft atmete erleichtert auf und war sogleich fasziniert von dem Anblick, der sie willkommen hieß. Ein riesiges Tor erstreckte sich vor ihnen von einer Felswand zur anderen. Es reichte bis auf das Wasser hinunter und unter der Oberfläche schienen Gitter es bis auf den Grund zu verlängern. „Meine Güte wie groß sind die?“ entfuhr es Ben beim Anblick der gewaltigen Flügeltüren. „Über 100 Meter hoch und gut 60 Meter breit.“ meinte Shanks. „Und wie kriegen wir die auf?“ fragte Yasopp ein wenig ratlos. „Gar nicht.“ Alle starrte Shanks verdutzt an. „Na ja, wir müssen schon warten, bis sie geöffnet werden.“ „Und wann ist das?“ „Sobald sie uns entdecken und mich erkennen!“ er nahm seinen Hut ab, sodass sein rotes Haar in der Sonne leuchtete. „Aber eigentlich dürften sie auch die Jolly Roger kennen.“ „Und was erwartet uns hinter dem Tor?“ Shanks grinste den jungen Matrosen an. „Sparrow's Lair!“ Die Mannschaft starrte ihn mit einer Mischung aus Verblüffung und Unverständnis an. „Aber das ist doch nur eine Legende!“ „Nun, und warum ist dann hier, mitten in einem Fjord ein Tor?“ im selben Moment gab es einen lauten Knall in der Ferne, als wäre etwas sehr schweres irgendwo herunter gefallen und ächzend und knarrend öffneten sich die Flügeltüren. „Sie lassen uns wirklich rein!“ „Hab ich doch gesagt!“ meinte Shanks nur und drehte die Red Force wieder so in den Wind, dass sie auf die Tore zu segelten. Wenn die meisten schon das Tor allein beeindruckt hatte, waren nun alle sprachlos. Sie fuhren in eine riesige Bucht. Vor ihnen erstreckte sich ein großer Hafen mit einigen Häusern und dahinter grüne Gärten, die stufenartig den Fels überzogen. Die Wände hingen voll mit kleinen und großen Hütten, zwischen denen klapprig aussehende Hängebrücken und Strickleitern gespannt waren und alles war gehüllt in einen Schleier aus saftigen grünen Pflanzen. Das Tor schloss sich mit Hilfe gewaltiger Zahnräder wieder hinter ihnen. Vögel, die sie noch nie zuvor gesehen hatten, kreischten über ihnen und ein bekannter Geruch erfüllte die Stadt. „Sake!“ rief Yasopp aus. „Dann gibt es also wirklich den berühmten Sparrow's Lair Sake?“ „Sieht ganz so aus.“ grinste Shanks. „Leute, bevor wir anlegen, möchte ich noch etwas klären! Erstens: Dieser Ort ist geheim! Ich möchte keinen von euch etwas darüber erzählen hören, sobald wir hier wieder weg sind! Zweitens: Ich dürft an Land gehen, und auch gerne in die Kneipen, aber ich möchte keinen von euch eine Strickleiter oder so hochklettern sehen! Bleibt auf der untersten Ebene! Glaubt mir, das ist zu eurem eigenen Schutz! Und drittens: Habt Spaß, wir werden wohl eine Weile hier bleiben!“ Beim Anblick der gemütlichen, kleinen Schenken vor den Brauereien, aus denen der verlockende Duft des Reisschnapses stieg, vergaßen die meisten Rothaarpiraten, warum ihr Käpt'n sie hier hin geführt hatte. Da ihr Schiff hinter dem geschlossenen Tor sicher war, konnten auch alle feiern gehen, sodass die Red Force nur wenige Momente nach dem Anlegen wie leer gefegt war. Auch Shanks verließ nun das Schiff, gefolgt von seinem Vize, den Sparrow's Lair nicht wirklich zu interessieren schien. „He, Beckman! Du hast auch frei! Los, amüsier dich!“ „Ich dachte, ich geh einfach mal dahin, wo du hin willst. Du scheinst dich ja auszukennen, also weißt du sicherlich, wo es hier den besten Sake gibt.“ „Oh, ich geh nicht feiern. Hab noch was Privates zu erledigen. Du verstehst.“ Bens Miene blieb unverändert. „Na ja, wie auch immer... siehst du die Brauerei mit dem blauen Dach? Dort gibt’s den besten Sake! Also hab Spaß! Wir seh'n uns dann morgen!“ Mit den Worten schritt Shanks den Pier entlang und verschwand in eine Gasse. Ben starrte ihm nach, ohne etwas von dem wahrzunehmen, was er sah. Etwas Privates und er würde die ganze Nacht wegbleiben. Noch vor ein paar Wochen hätte er sich nicht groß darum geschert, was Shanks machen würde. Er hätte es als eine seiner typischen, verspielten Geheimnistuereien abgehakt und wäre mit den Anderen in eine der Bars gegangen. Doch seine Vernunft hatte sich schon vor einer Weile verabschiedet, jedenfalls wenn es um Shanks ging. Er ging auf die Gasse zu und lugte um die Ecke, gerade noch um zu sehen, in welche Richtung Shanks abbog. Er lief zur nächsten Ecke und spähte auch um diese. Sein Käpt'n stand vor einem Feld exotischer Blumen und unterhielt sich mit einem älteren Mann. Eine junge Frau kam aus dem Feld heraus und reichte dem Rothaarigen einen Strauß von der Größe eines Wagenrades. Shanks nahm in freudig entgegen und bezahlte, dann ging er die Straße wieder herunter auf Ben zu. Dieser sah sich hastig um und hechtete hinter eine Regentonne. Shanks ging an ihm vorbei, ohne ihn zu bemerken und pfiff so fröhlich vor sich hin, dass es Ben beinahe den Magen umdrehte. Er folgte Shanks durch die prächtigen Obstgärten hinauf zu einem großen Haus, das mehrere Meter über dem Boden wie schwerelos an der Felswand hing. Ben versteckte sich hinter einem Baum und beobachtete wie Shanks eine Strickleiter hinauf kletterte. Oben angekommen öffnete ihm ein Mann, gekleidet wie ein Butler, nickte ihm zu und ließ ihn herein. Ben drückte seine Zigarette aus und zündete sich gleich eine neue an. Er wollte wissen, was Shanks in diesem doch recht prächtigen Haus wollte, oder vielmehr, wen er traf. Doch durch die Tür würde er dank des Butler nicht unbemerkt kommen. Natürlich könnte er ihn ausschalten, wenn er wollte, aber das war im Zweifelsfall doch zu auffällig. Langsam wurde es dunkler und Ben konnte erkennen, dass nur in der Eingangshalle und einem großen Saal Lichter entzündet wurden. Kurz entschlossen klettere Ben den Baum hinauf und hoffte, so etwas zu sehen. In dem Saal schien eine Feier stattzufinden, vielleicht sogar ein Ball. So etwas passte überhaupt nicht zu Shanks! Doch von seiner Position aus konnte er nichts Genaues ausmachen, er musste näher heran! Das Haus war mit Kletterpflanzen und anderem Gewächs überwuchert. Wenn er die Leiter hinauf kletterte und sich dann an den Pflanzen entlang hangelte, könnte er vielleicht ein Fenster erreichen. Normalerweise hätte sein Verstand ihm wohl recht schnell klar gemacht, dass es eine ziemlich dämliche Idee war, in dünnen Pflanzen, die gut zehn Meter über dem Boden hingen, herum zu klettern, um seinem Käpt'n hinterher zu spionieren. So jedoch hing er ziemlich schnell vor einem leicht geöffneten Fenster und suchte den Saal nach Shanks ab. Ben entdeckte ihn und vergaß beinahe, sich weiter festzuhalten. Offensichtlich hatte er sich in dem Haus umgezogen. Shanks trug einen Anzug! Ben hätte es nicht geglaubt, wenn er es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Dies passte so wenig zu Shanks wie Marmelade zu Pommes, vor allem, da er immer noch seinen Strohhut trug. Erst jetzt bemerkte Ben, dass Shanks zwei Gläser in den Händen hielt und bald tauchte auch die Besitzerin des anderen Glases auf. Er musste gestehen, dass die Mannschaft mit ihren Vermutungen nicht daneben gelegen hatten. Sie war unglaublich schön - recht schlank, jedoch noch mit Kurven und trug ein elegantes rotes Kleid, das gerade so tief ausgeschnitten war, dass man erkennen konnte, wie perfekt ihre Brüste waren, ohne, dass es billig wirkte. Ihr langes, dunkles Haar umspielte in sanften Locken ihren Nacken und mit der blassen Haut und den roten Lippen erinnerte sie Ben an eine Märchenfigur. Er musste es einsehen, wenn sie nicht zufällig total übel roch oder richtig nervig war, hatte wohl keiner eine Chance gegen sie. Die Band begann ein anderes Lied zu spielen und sie forderte Shanks zum Tanz auf. Ben wollte eigentlich so schnell wie möglich verschwinden, doch konnte er die Situation noch immer nicht wirklich begreifen, weshalb er unschlüssig vor dem Fenster verharrte. Das Lied endete und die beiden verließen die Tanzfläche und kamen in seine Richtung. Er duckte sich ein Stück und musste kurz darauf feststellen, dass sie fast direkt vor ihm zum Stehen gekommen waren und sich unterhielten. „Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du noch auftauchen würdest.“ Warum musste ihre Stimme nur auch so schön sein? Hätte sie nicht wenigstens klingen können wie auf Helium? Oder krächzen können wie ein Rabe? „Na ja, wir waren eh in die Nähe.“ meinte Shanks nur beiläufig. Von wegen in der Nähe! Wir waren auf der Grand Line! Bens Magen fühlte sich an, als würde er brennen. „Ich dachte nur, ihre Partys würden dich langweilen!“ Sie nickte zu einer eleganten Frau in den 40ern herüber, die sich angeregt mit einigen älteren Herren in Kimonos unterhielt. „Nun, ich wollte dir eben Gesellschaft leisten!“ Jetzt reichte es Ben endgültig. Er hangelte sich wieder in die Richtung der Strickleiter. „Außerdem hätte Mama mich bestimmt gevierteilt, wenn ich nicht mal zu ihrem Geburtstag gekommen wäre!“ Moment mal! Mama? Ben dachte kurz darüber nach, griff ins Leere, rutschte aus und stürzte mit einem, an Tarzan erinnernden, Schrei dem Boden entgegen. Die Musik verstummte und immer mehr Leute blickten aus dem Fenster. Vor Bens Augen zuckten weiße Blitze. Eine Lampe wurde auf ihn gerichtet. Irgendwo hörte er Shanks Stimme seinen Namen rufen und eine andere fragen: „Shanksylein, kennst du den Mann?“ Dann wurde alles Schwarz vor Beckmans Augen. Shanks sprang die Strickleiter mehr herunter, als dass er kletterte und hockte sich neben seinen bewusstlosen Vize. „Scheiße, Ben!“ Sicher, ihn zu ärgern hatte Spaß gemacht, doch das hatte er sicher nicht gewollt! Seine Mutter erschien neben ihm. „Ein Freund von dir?“ Shanks nickte nur. „James! Bring ihn ins Haus und hohl den Arzt!“ Kapitel 6: ----------- Es klang wie ein fernes Rauschen. Wie das sanfte Wogen der See. Doch das Geräusch wurde immer lauter, schwoll an, bis er es erkannte. Jemand sagte seinen Namen, immer und immer wieder. „Wenn er bis jetzt nicht reagiert hat,“ Eine andere Stimme. „Wird er das auch nicht, nur weil du immer wieder-“ „Klappe! Lass mich!“ Wieder die erste Stimme. „Ben.“ Langsam öffnete er die Augen. „Ha! Siehste! Es funktioniert!“ Die laute Stimme seines Käpt'ns dröhnte in seinem Schädel. Er fühlte sich, als hätte er einen besonders schlimmen Kater. Langsam setzte er sich auf. „Was? Wo...?“ „Shanks, dein Einsatz!“ brummte Doc. Sein Käpt'n holte rasch einen Eimer hervor und reichte ihn Ben. „Was soll das denn?“ Verwirrt betrachtete er den Eimer in seiner Hand. Verstand er gerade etwas Offensichtliches nicht? Hatte sein Hirn doch mehr abbekommen? „Na ja, Doc meinte, wenn du dich hinsetzt, würdest du bestimmt kot-“ Im selben Moment übergab sich Ben in den Eimer. „Wow Doc! Du hast's voll raus!“ rief Shanks begeistert aus. Der Arzt der Rothaarpiraten schenkte seinem Käpt'n jedoch gerade keine Beachtung, sondern musterte etwas kritisch seinen Patienten, der nun mit sehr bleichem Gesicht wieder in die Kissen sank. „Du brauchst auf jeden Fall Ruhe, Beckman! Kann ich sonst noch was für dich tun?“ „Mein Kopf tut weh.“ „Möchtest du eine Schmerztablette?“ „Jahaaa.“ „Ok, ich hol dir eine.“ Er verließ den dunklen Raum. Eine Weile sagte keiner etwas, dann brach es gleichzeitig aus ihnen heraus: „Tut mir Leid.“ Wieder Stille. „Mir muss es Leid tun, immerhin hab ich die Party versaut!“ „Das hättest du aber bestimmt nicht getan, wenn ich dir von Anfang an erzählt hätte, dass der Brief von meiner Mutter ist und sie mich nur zu ihrem Geburtstag eingeladen hat! Aber ich hielt es ja für eine bessere Idee zu versuchen, dich eifersüchtig zu machen, indem ich so tu, als wäre der wirklich von 'ner Ex oder so... und dann stirbst du auch noch fast dabei!“ „Jetzt übertreibst du aber!... oder?“ „Vielleicht ein bisschen...“ Ben seufzte. „Na ja, aber zu mindestens hat das mit dem eifersüchtig machen ja funktioniert...“ Shanks blinzelte etwas überrascht, dann beugte er sich vor und küsste Ben. Rasch schreckte er wieder zurück und verzog angeekelt das Gesicht. „Man sollte wirklich niemanden Küssen, der gerade gekotzt hat...“ Ben lachte leise. „Weißt du,“ begann Shanks. „Eifersüchtig wird man eigentlich nur, wenn man ver-“ Die Tür ging auf und Doc kam zurück. „So, Beckman! Noch eben die Tablette schlucken und dann solltest du versuchen zu schlafen! Denk mal, dann wird’s dir bald besser gehen. Und du Shanks kommst mit. Beckman braucht Ruhe!“ „Aber-!“ „Kein aber! Wenn jemand hier das Gegenteil von Ruhe ist, dann ja wohl du!“ Mit diesen Worten schleifte er Shanks aus dem Zimmer. Der Rothaarige wartete, bis er sicher war, dass Doc ihm nicht mehr auflauern würde, um ihn daran zu hindern, zu Ben zu gehen. Nun schlich er durch das Haus seiner Mutter auf sein altes Zimmer zu. Doc hatte gemeint, dass Ben mit einer Gehirnerschütterung auf der Red Force am schlechtesten aufgehoben war und so lag er nun in Shanks' altem Kinderzimmer. Leise schob er sich durch die Tür und schlich aufs Bett zu. „Ben?“ Doch Ben schlief tief und fest. Etwas enttäuscht, aber doch erleichtert darüber, dass sein Vize so friedlich aussah, blieb er neben dem Bett stehen. Dann kroch er mit unter die Decke und küsste ihn leicht auf die Wange. „Gute Nacht, Ben.“ „Gute Nacht, Käpt'n.“ Ben schloss ihn in die Arme. „Hab ich dich geweckt?“ „Nicht schlimm.“ murmelte Ben und vergrub sein Gesicht in Shanks' roten Haaren. „Wie geht’s dir?“ „Muss.“ Shanks musste grinsen. „Bloß nicht zu viele Worte, was?“ Er schloss die Augen und lauschte Bens Herzschlag. „Du, Ben... ich… weißt du... also ich...“ Er holte tief Luft und wunderte sich, dass Ben noch nichts gesagt hatte. Unsicher blickte er zu ihm hoch. Sein Vize war leise schnarchend wieder eingeschlafen. Shanks lächelte, küsste ihn auf den Mund und flüsterte: „Ich liebe dich.“ Kapitel 7: ----------- Ben öffnete die Augen, doch Shanks war nicht da. Er hätte schwören können, sein Käpt'n wäre nachts zu ihm geschlichen und hätte neben ihm gelegen. War es nur ein Traum? Ein leiser Seufzer entwich ihm und er vergrub sein Gesicht in den Kissen. Sie rochen nach Meer, Pfirsichshampoo und einer Spur Rum: Shanks. Bildete er sich das nur ein? Er hatte gelesen, dass es bei Gehirnerschütterungen durchaus zu Sinnestäuschungen kommen konnte. Doch wenn nicht, war Shanks dann wirklich hier gewesen? Und hatte er - Ben setzte sich auf - hatte Shanks es wirklich gesagt? Shanks blickte über die versteckte Bucht. Es war komisch wieder hier zu sein. Wieder Zuhause zu sein. Seit neun Jahren war das Meer seine Heimat gewesen und er hatte versucht nicht an Sparrow's Lair zu denken und doch schien alles weiter weg zu sein, als je zuvor. Er kannte alles und jeden und doch fühlte er sich fremd. Zuhause und doch irgendwie nur zu Gast. Gerne hätte er noch länger in Bens Armen gelegen, doch die Gefahr, dass Doc früher zur Visite vorbeikam und sie erwischte war zu groß. „Shanks!“ Er zuckte zusammen und sah zu seiner Mutter herüber, die mit verschränkten Armen und leicht schief gelegtem Kopf in der Tür stand. "Wäscht du dir, seit du Pirat bist nicht mehr die Ohren, oder warum muss man dich fünfmal ansprechen, damit du reagierst?" Eine Spur von Belustigung schwang in ihrer Stimme mit. „Nein, ich hab mal nachgedacht.“ meinte Shanks, auch wenn er sich eingestehen musste, dass er sich nicht mehr erinnern konnte, wann er das letzte Mal seine Ohren gereinigt hatte. „Oh, na dann lass dich nicht stören.“ kicherte sie. Shanks streckte ihr die Zunge raus. „Bäh!“ „Ich schneid' sie ab!“ drohte sie grinsend. Beide mussten lachen. Es hatte sich nichts verändert. Sich ruckartig aufzusetzen war eine dumme Idee gewesen, denn jetzt war ihm wieder schlecht. Ben saß in der Mitte des großen Bettes, sicherheitshalber den Eimer im Arm und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Wo war er überhaupt? Offensichtlich nicht auf der Red Force. Er blickte sich um. Der Raum war recht hoch und großzügig geschnitten. Zwischen den langen Vorhängen fiel etwas Licht in das Zimmer. Ben blinzelte, um die Gegenstände in den Regalen, auf den Tischen und auf dem Boden besser zu erkennen. Es waren Schiffsmodelle in allen Variationen. Buddelschiffe, welche von Pleamobil, ein paar von Leqo, dann wieder aufwendig gearbeitete Modelle und sogar ein paar, die man fernsteuern konnte. Über einem Bücherregal hing eine Karte der bekannten Welt. Neben dem Schreibtisch stand ein Globus, in dem lauter kleine Fähnchen in einer Reihe steckten, sie zogen sich über die Grand Line. Auf dem Tisch stand ein unvollendetes Modell und jede Menge feiner Werkzeuge. Ben war sich sicher, das Schiff zu kennen, konnte es jedoch gerade nicht zuordnen. Er sah zur Wand neben sich und zuckte vor Schreck leicht zusammen. Garp starrte ihn finster an. „Und? Was bedrückt dich so sehr, dass es dich schon früh morgens aus dem Bett deines Geliebten treibt, Shanksylein?“ Shanks starrte sie verdattert an und wurde rot. „Was?“ „Ach, jetzt tu nicht so! Dein Bett sieht noch genauso aus wie gestern Abend und erzähl mir nicht, du hättest einfach gelernt wie man ein Bett macht! Ich hab gesehen, wie du vorhin aus dem Zimmer geschlichen bist.“ „Aber er ist nich' - also... das is' kompliziert...“ Sie seufzte leise. „Das ist es immer, Shanksylein.“ „Und warum tut man sich dann sowas an?“ Murmelte er leise und lehnte sich gegen das Balkongitter. „Was ist denn so kompliziert? Vielleicht kann ich dir ja noch einen guten Rat geben?“ „Glaub ich nicht.“ „Na hör mal! Immerhin hab ich jedes komplizierte Problemchen deiner Schwestern mitgekriegt und drei von ihnen sind schon verheiratet!“ „Ja, aber das sind Mädchen.“ „Na ja, wer bei dir und... Also wer bei euch zwei die Hosen anhat ist wohl offensichtlich!“ „Echt?“ „Beim Letzten hattest du sie schließlich auch nicht an, daher ist es wohl...“ Shanks hörte ihr nicht mehr richtig zu. Beim Letzten. Sein Brustkorb schnürte sich zusammen. Stimmt ja, bei seinem letzten Besuch war er noch dabei gewesen. Vor einigen Jahren hatte die Marine Poster und Actionfiguren ihrer bekanntesten Kapitäne, Vizeadmiräle und so weiter herausgegeben und nun starrte Garp ihn von einem eben solchen Poster an. Neben ihm hing Bens ehemaliger Mentor, Sengoku und auf einem kleinen Regalbrett stand ein Marinesoldat neben dem anderen. Er wusste, dass es auch eine Serie mit ihm als Figur gab, doch das hier war die erste, also bestimmt 10 Jahre alt. Er wandte den Blick wieder ab. Wo war er hier bloß hingeraten? Erst jetzt bemerkte er, dass das große Bett in dem er saß, die Form eines Schiffes hatte. Daher war es wohl für ein Kinderzimmer auch so riesig, das Kind konnte noch hineinwachsen. Er setzte sich auf die Bettkante, um langsam aufstehen zu können. „Und jetzt hast du dich in ihn verliebt, weißt aber nicht ob und wie du es ihm sagen sollst, weil er bis vor ein paar Wochen noch glaubte absolut hetero zu sein. Und du hast Angst, ihn dadurch womöglich als Vize und guten Freund zu verlieren... schwierige Sache...“ Fasste sie den Bericht ihres Sohnes zusammen. „Siehst du? Alles scheiße!“ „Solche Worte will ich hier nicht hören!“ Shanks sah sie zweifelnd an. „Was soll ich nur tun?“ Es tat unglaublich gut endlich mal mit jemandem darüber reden zu können, auch wenn es ihn noch nicht weiter gebracht hatte. Sie strich ihm sanft über den Rücken. „Lass ihm Zeit...“ „Aber nicht zu viel, sonst ist er weg!“ meldete sich eine Stimme zu Wort. „Jetzt sei nicht so gemein, Jordan! Du machst ihm doch nur Angst!“ „Genau, bei einer jungen Liebe muss man geduldig warten, bis die Triebe sich vermehren! Man kann sie nicht hetzen!“ „Oh, Josephine! Du Romantikerin!“ kicherte eine Vierte. „Aber eins muss man dir lassen, Shanksy, Geschmack haste! Selbst mit Gehirnerschütterung sah der noch ziemlich gut aus, wie er da auf dem Rasen lag...“ Alle fünf kicherten und kamen nun auch auf den Balkon. „Jordan, Jenny, Josephine, Joyce, Jacky! Habt ihr uns etwa belauscht?“ „Aber Mama, doch nur, weil wir uns um unseren kleinen Bruder sorgen!“ Jetzt scharten sie sich um ihn. „Und Shanks, hast du so richtig Schmetterlinge im Bauch?“ - „Möchtest du nur noch bei ihm sein?“ - „Kriegst du keinen Bissen herunter, weil du ständig an ihn denken musst?“ - „Träumst du nachts von ihm?“ - „Ist er so gut im Bett, wie er aussieht?“ Shanks wurde rot. „Was?!“ „Jacky!“ „Och, kommt schon, dass woll'n wir doch alle wissen!“ Shanks biss sich auf die Unterlippe. Er hatte weder Appetitlosigkeit, noch Schmetterlinge im Bauch und ob er schon mal von Ben so geträumt hatte, wie seine Schwestern sich das vorstellten, wusste er nicht sicher. War er wirklich verliebt? Ben fuhr sich mit der Hand über die geschlossenen Augen. Aufstehen war eine dämliche Idee gewesen. Jetzt lag er auf dem Boden, die Beine auf dem Bett und versuchte seinen Kreislauf wieder einigermaßen in Gang zu kriegen. Das vielleicht einzig positiv Erwähnenswerte war, dass er den Eimer diesmal nicht gebraucht hatte. „Geh zu ihm, Shanksy!“ „Liebe gedeiht nicht ohne Präsens!“ „Ja, und dann küss ihn wach, wie im Märchen!“ Alle begannen zu kichern, bis auf Shanks, der sich etwas überfordert fühlte. „Aber, aber-“ „Kein aber! Auf mit dir!“ „Aber wenn Doc kommt...“ Sie sahen sich an. „Keine Sorge, den halten wir schon auf!“ Vielleicht sollte er einfach versuchen ins Bett zu klettern? Aber was wenn ihm dann wieder schwindelig wurde und er sich nochmal den Kopf stoßen würde? Es grenzte ja fast an ein Wunder, dass er gerade nicht schon wieder auf seinen Schädel gestürzt war. Er schloss erst einmal die Augen und ruhte sich aus. Doch die Ruhe währte nicht lange, denn Shanks kam herein und schrie vor Schreck, Ben auf dem Boden liegen zu sehen, laut auf. Ben versuchte, ihn einfach zu ignorieren, gerade hatte er keinen Nerv für Shanks' laute Art. Also blieb er mit geschlossenen Augen auf dem Boden liegen. Shanks starrte ihn entsetzt an. „B- Ben?“ Keine Reaktion. Er kniete sich neben ihn. „Bist du tot?!“ „Ja, Käpt'n. Ich bin tot.“ „Du Arsch!“ Ben blinzelte zu ihm hinauf. „Hey, man spricht nicht schlecht über Tote.“ Shanks lächelte ungewöhnlich matt. „Warum liegst du auf dem Boden?“ „Lange Geschichte...“ Shanks legte sich neben ihn. „Ich hab Zeit.“ Ben blickte zu ihm herüber. Eigentlich hatte er keine große Lust ihm zu erzählen, wie er zu Boden gegangen war. „Is' aber nich' sehr bequem..." Stellte Shanks fest. "Also... wo wolltest du hin?“ „Was?“ „Na ja, ich nehm mal an, du wolltest aufstehen, aber dein Kreislauf nich'... und deshalb liegst du jetzt hier! Hey, jetzt sieh mich nich' so an, als wär's total überraschend, dass ich darauf gekommen bin! War ja schon offensichtlich... Außerdem meinte Doc, sowas würd' passieren.“ fügte er etwas kleinlaut hinzu. Ben lachte und fuhr Shanks durch die Haare, dabei fiel ihm etwas auf: „Wo ist dein Hut?“ „An der Garderobe. Mama meint, Hüte trägt man nur draußen.“ „Deine Mutter? Dann sind wir bei ihr Zuhause?“ „Jup, das hier ist mein Kinderzimmer.“ Ben stutzte. „Da hängen Marineposter.“ Shanks zuckte mit den Schultern. „Ich wollte früher zur Marine.“ Ben setzte sich ruckartig auf. Wieder keine gute Idee. Sterne blitzten vor seinen Augen und Shanks verschwamm in seinem Blick. Der Rothaarige kam ihm rasch zur Hilfe und beförderte ihn erst einmal ins Bett, etwas in dem er mittlerweile Übung hatte, wenn auch meist aus anderem Anlass. „Du bist wirklich noch nich' wieder ganz da, oder?“ fragte er besorgt und strich Ben eine lange Strähne aus dem Gesicht. Sein Vize griff nach seiner Hand und sah ihn einfach nur an. Normalerweise war er es, der Shanks' verschmitzten, dunklen Augen nicht sonderlich lange stand hielt, doch diesmal blickte sein Käpt'n als erster zur Seite. Zu den kleinen Figuren, die neben Bens Kopf auf einem Regal standen. „Als ich klein war, fand ich die Marine... cool.“ Begann er und merkte wie Ben ihn musterte, während er ohne ihn anzusehen weitersprach. „Aber wenn man auf dieser Insel aufwächst, merkt man schnell, wie wenig die Marine doch ausrichten kann. Und als Roger dann hier aufgetaucht ist, hab ich mich auf sein Schiff geschlichen und bin mit zur Grand Line gesegelt. Ich dachte, wenn nicht die Marine wirklich Gerechtigkeit umsetzt, weil sie lieber der Gerechtigkeit des Geldes und der Macht nachgeht, dass es vielleicht Piraten wie Roger tun.“ Eine kurze Pause trat ein, in der Beide die Poster von Garp und Sengoku betrachteten. „Ich hab bis zum Rang eines Kapitäns gebraucht, bis ich das gemerkt habe.“ Meinte Ben. „Was hat dich darauf gebracht?“ Ben seufzte. „Das ist keine schöne Geschichte...“ Shanks legte sich neben ihn, seine Arme und seinen Kopf jedoch auf Bens Brust und sah ihn ernst an. „Das hast du schon mal gesagt. Du behauptest immer, du wirst sie mir ein anderes Mal erzählen, also warum nicht jetzt? Im Moment kannst du doch eh nur hier rumliegen und nichts anderes tun.“ Ben musterte ihn. Er wollte es ihm nicht erzählen, nicht seinetwegen sondern, da er genau wusste, dass Shanks das Ganze vermutlich noch härter treffen würde, als ihn damals. „Was wenn Doc kommt, und uns so sieht?“ „Oh, keine Sorge, meine Schwestern meinten, sie würden ihn aufhalten.“ grinste Shanks. „Schwestern?“ „Jup, fünf. Eine hast du schon gesehen, sie stand neben mir, als du dich gestern zum Affen gemacht hast.“ Ben ignorierte Shanks' Stichelei und versuchte sich zu erinnern. „Die, mit der du auch getanzt hast?“ „Jup, Jacky.“ „Wow.“ Fiel Ben dazu nur ein, schließlich war sie eine ziemliche Schönheit, oder zu mindestens schön genug ihn ganz schön eifersüchtig zu machen. „Wow?“ Wiederholte Shanks. „Was soll das denn heißen?“ „Na, wow eben.“ „Und „wow eben“ bedeutet?“ Shanks pickte ihm mit einem Finger in der Wange rum. „He, lass das!“ „Du findest sie hübsch, oder?“ „Ja, und?“ Shanks wusste nicht, was er antworten sollte, also legte er seinen Kopf auf Bens Brust und schmollte. „Na ja, wenn sie nicht hübsch gewesen wär', hättest du mich wohl kaum eifersüchtig machen können...“ „Was hättest du denn gedacht, wenn sie hässlich gewesen wär?“ Ben überlegte kurz. „Dass du einen ziemlich komischen Geschmack hast... und dann hätt' ich mir Sorgen gemacht, ob ich vielleicht genau so hässlich bin und es mir nur noch keiner gesagt hat.“ Shanks lachte und beugte sich über ihn, sodass sich ihre Nasen fast berührten. „Klar bist du hässlich, du hast nich' mal Augenbrauen!“ „Tja... deshalb krieg' ich wohl nur 'nen Rothaarigen ab!“ Beide mussten lachen. Und Shanks fragte sich, wie er vorhin noch daran hatte zweifeln können, was er für Ben empfand. „Ben, ich...“ Beide blickten sich in die Augen. Shanks lag noch immer halb auf ihm, während Ben ihm nun durch das Haar strich. Shanks holte tief Luft: „Fünühinethiiiiii.“ Ben blinzelte verwundert. Verzweifelt blickte Shanks ihn an, während sein Gesicht immer mehr die Farbe seiner Haare annahm, dann vergrub er sein Gesicht zwischen Bens Kopf und seiner Schulter. Sein Vize strich ihm leicht über den Rücken, kraulte ihn mit der anderen Hand im Nacken, drehte seinen Kopf zu ihm und flüsterte in sein Ohr: „Ich dich auch.“ Shanks hatte das Gefühl, die Welt um ihn würde still stehen. Er brauchte einige Momente um zu realisieren, was Ben gesagt hatte. Zu begreifen, was er damit gemeint hatte. Hatte er das gemeint, was Shanks gemeint hatte? Er hob den Kopf und sah Ben an. Sein Blick ließ keinen Raum für Zweifel. Sie wussten selbst nicht, wie lange sie sich so angesehen hatten, bis sie sich endlich küssten. Nur, dass dieser Kuss auch für immer hätte dauern können, ohne das sie Gefühl gehabt hätten, etwas zu verpassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)