Freitags von Diabolo_17 (LavixKanda) ================================================================================ Kapitel 3: Kino --------------- „Hey Yuu-chan“ Genervt schlug Angesprochener den Spind zu und drehte sich zu dem rothaarigen Monster neben sich um. Seit geschlagenen zwei Wochen terrorisierte ihn Lavi mit diesem grässlichen Chan. Warum hatte dieser auch japanische Anredungsformen googlen müssen? Kanda könnte jedes Mal die Wände hoch. „Nenn. Mich. Nicht. So!“, zischte er durch die zusammengebissenen Zähne und schaute Lavi böse an. Doch der Rothaarige hatte sie noch nie von seinen bösen Blicken beeindrucken lassen, stattdessen lehnte er sich neben Kanda an die Schliessfächer und grinste ihn an. „Willst du nicht wissen, was ich von dir möchte?“, wollte der Jüngere wissen. „Nein.“ „Ich sag’s dir trotzdem.“ „Welchen Teil von Nein hast du nicht verstanden?“, wollte der Japaner genervt wissen und war sehr nahe dran, ihm eines seiner Schulbücher an den Kopf zu werfen. Wieder ging Lavi nicht darauf ein. Hatte der Typ Watte in seine Ohren gestopft, um Kanda nicht zu hören? „Also, mein Grossvater hat zwei Kinogutscheine gewonnen. Da er aber findet, dass es unnütz sei, ins Kino zu gehen, von wegen es mache den Kopf weich….“, fing der Rothaarige an und Kanda stellte wieder auf Durchzug. War es ihm wirklich so unmöglich, einfach auf den Punkt zukommen? Desinteressiert hörte der Langhaarige zu und filterte etwas aus dem ganzen Blabla heraus, dass Lavis Grossvater – Wen interessierte es?! – nichts vom Kino hielt, er dort seinen ersten Kuss seiner zweiten Frau bekommen hatte und so weiter und so fort. Versucht unauffällig schaute sich der Schwarzhaarige nach einem möglichen Fluchtweg um, da stoppte Lavi seine Erzählung. „Hey Yuu, hörst du mir überhaupt zu?“ Kanda verkniff sich ein Nein, da Lavi sowieso nicht darauf einging. „Also, um es kurz zu machen. Willst du mit mir heute Abend ins Kino gehen?“ Äh…..was?! Leicht verwirrt sah Yuu den Grösseren an. Er mit IHM ins Kino? Ha, wie lächerlich! In welcher Märchenwelt lebte der eigentlich?! Gerade wollte der Japaner ihm das unter die Nase reiben, da fiel ihm ein, was ihm sein Vater gestern Abend mitgeteilt hatte. Irgendetwas war heute Abend... Ach ja, Politiker würden kommen, dann noch etwas mit Treffen und Bla. Nein, da wollte Yuu nicht anwesend sein. „Wann?“, fragte er deswegen. Lavi schien kurz selbst die Welt nicht mehr zu verstehen, denn er hatte anscheinend mit einem grösseren Widerstand des Schwarzhaarigen gerechnet. So aber grinste er breit und schien sich zu freuen. „Ich würde dich heute Abend so gegen sieben abholen, passt dir das?“, fragte Lavi nach. Kurz dachte Kanda nach: Wann würden nochmal die Gäste seines Vaters kommen? Verdammt, er sollte besser zuhören, wenn ihm so etwas mitgeteilt wurde. So aber: „Ja, sollte gehen.“ „Und ähm, kann ich noch deine genaue Adresse haben? Ich meine, ich weiss ja, dass du an der Massachusetts Avenue wohnst, aber wo genau?“ „2520“, nannte Yuu die Nummer der Botschaft und fragte sich gleichzeitig, ob das eine gute Idee war, dass ihn der Rothaarige dort abholte. „Gut, hab ich mir im Kopf gespeichert. Ich hol dich dann heute Abend ab, tschüss Yuu“, meinte Lavi grinsend und machte sich davon zu seinem Tennistraining. Seufzend sah ihm der Kleinere nach. Jetzt konnte er Lavi nicht mehr sagen, dass er ihn doch nicht Zuhause abholen sollte. Er schleppte sich zu seinem Japanischkurs, wie jeden Freitagnachmittag und war dort noch unaufmerksamer als sonst. Auch wenn sich Yuu einredete, er ginge nur mit Lavi ins Kino, damit er nicht bei diesem Besuch anwesend sein musste - was er sowieso schon immer gehasst hatte. Ein ungewohntes Kribbeln verspürte er in seiner Bauchgegend. Es war nur ein Kinobesuch, nicht mehr und nicht weniger. Es gingen Tausende von Leuten ins Kino. Warum also machte sein Magen jetzt deswegen solch Purzelbäume? Genervt von seinem Körper und seinen idiotischen Gedanken, die absolut nichts mit der Realität zu tun hatten, kritzelte er sein Notizpapier voll. Dennoch, seine Gedanken kreisten immer noch um heute Abend. Was machte man nach dem Kino? Sie könnten noch essen gehen, aber wenn der Film um Acht anfängt, dann wäre es reichlich spät. Abwesend kaute Yuu auf seinem Kugelschreiber herum. Wieso machte er sich überhaupt Gedanken darüber? Als ob man nach dem Kino etwas machen müsste. Andererseits wollte Kanda auf keinen Fall früh zurückkehren, da die Gefahr bestand, dass dieser Besuch noch dort war. Yuu schaute die Tischplatte vor sich an und hätte am liebsten seinen Kopf dagegengeschlagen. Der blöde Hase machte ihn noch ganz krank! Zuhause durfte er seiner Mutter irgendwie erklären, dass er heute Abend nicht anwesend war. Sie würden auch gut ohne ihn auskommen. Vor allem dann, als seine Mutter meinte, dass eine Tochter von irgendwem anwesend sein würde. Yuu interessierte es nicht. Besonders dann nicht, als er das Blitzen in den Augen seiner Mutter gesehen hatte. Das schrie geradezu nach Zwangsverkupplung. Darauf konnte Kanda erst recht verzichten. Der Langhaarige stieg unter die Dusche. Auch wenn man mit einem blöden Hasen ins Kino ging, nach Schweiss stinken musste man ja nicht gerade. Ausserdem schien die Frage, was er anziehen sollte, doch grösser zu sein, als sich Yuu vorgestellt hatte. Er stand nach dem Duschen vor seinem geöffneten Kleiderschrank. Sollte er ein Hemd anziehen? Ein Blick nach draussen, sagte ihm aber, dass dafür der Abend viel zu warm war. Dann vielleicht doch eines seiner ärmellosen Shirts? Dann würde man seine Tätowierung sehen, die sich von seiner Brust über den linken Oberarm erstreckte. Kam vielleicht bei den Staatsgästen nicht ganz so gut an, aber er musste diese ja nicht begrüssen. Also war diese Sorge unbegründet. Der Japaner entschied sich dann für ein dunkelblaues, ärmelloses Shirt und schwarze Hosen. Das reichte. Irgendwo war doch noch sein blaues Haarband. Je näher der Zeiger der Sieben kam, umso unruhiger wurde Kanda. Er wartete jetzt bestimmt schon seit zehn Minuten auf der Bank vor der Botschaft auf Lavi. Wieso schon so früh? Der Langhaarige hatte es drinnen einfach nicht mehr ausgehalten. Immer wieder sah er auf sein Handy. Lavi hatte ihm vor etwa 15 Minuten geschrieben, dass er nun abfahren würde. Da war der Vollpfosten immer noch nicht. Wie lange brauchte man, um hierher zu kommen? Kanda schnaubte. Der Rothaarige hatte wohl ein schlechtes Navigationsgerät. Vielleicht hatte er auch keines. Dann war das Lavis Pech. Yuu schaute auf die Uhr. Sollte der Grössere nicht in zehn Minuten erscheinen, war das ganze abgeblasen. Als Kanda wieder zur Strasse sah, fuhr wieder dieser silberne Wagen vorbei, bestimmt zum vierten Mal. Doch sich wirklich etwas dabei denken tat er nicht, der suchte wohl etwas. Keine Minute später kam eine SMS von Lavi. „Hey Yuu.“ Ein zufriedenes Grinsen schlich sich auf Kandas Lippen, endlich hatte der blöde Hase kapiert, wie man seinen Namen schrieb. „Hab mich wohl verfahren. Was sagtest du? 2520 Massachusetts Avenue oder hab ich mir die Adresse falsch gemerkt? LG. Lavi.“ Zuerst überlegte sich der Japaner, ob er Lavi zurückschreiben sollte, dass er seinen Arsch hierher zu schieben hatte und das auf der Stelle. Doch er erbarmte sich seiner und wählte seine Nummer. „Yuu!“ Lavi hörte sich leicht verzweifelt an, fand der Japaner. „Wo bist du?“, wollte er gelangweilt wissen. Lavi hatte seine Adresse und der wagte es, ihn nicht zu finden?! „Ich stehe bei dem grossen Kreisel. Ich hab mich verfahren. Man ich bin in einer Gegend, da gibt’s nur Botschaften, stell dir das mal vor! Ich hatte keine Ahnung, dass hier alle auf einem Haufen stehen.“ Kanda rollte mit den Augen, als sein Gesprächspartner auch noch anfing zu lachen. Der Kreisel befand sich mehr als nur in der Nähe. „Fahr zurück zu den vielen Botschaften. Ich warte vor der Japanischen.“ Mit diesen Worten drückte Kanda auf den roten Hörer seines Handys und stand auf. Er ging zum Gehsteig und wartete dort auf den Rothaarigen. Jetzt sollte dieser ihn gewiss finden. Tatsächlich kam kurz darauf wieder dieser silberne Wagen und blinkte, um abzubiegen. Dann war das also doch Lavi gewesen, der hier ganze vier Mal vorbeigefahren war. „Hast aber ganz schön lange gebraucht“, murrte der Japaner, als er in den Wagen einstieg. Lavi sah ihn nur mit offenem Mund und grossen Augen an. „Was ist?!“, wollte Yuu wissen, als er sich angeschnallt hatte und der lästige Blick des Grösseren auf ihm ruhte. „Du wohnst hier?“ Lavi deutete auf das Botschaftsgebäude. Zur Antwort schnaubte der Schwarzhaarige nur. „Dein Vater ist also…?“ „Botschafter. Können wir jetzt gehen?“, fiel ihm Yuu ins Wort und sah Lavi genervt an. Lavi nickte und lächelte den Japaner wieder an. So richtig fassen konnte es dieser noch gar nicht. Sie fuhren los und Yuu hatte schnell die Orientierung verloren. „Ich glaub’s immer noch nicht. Ich meine, was suchst du auf unserer Schule? Du solltest doch auf einer privaten sein. Weisst schon, mit all den Bonzen und Politikerkindern zusammen. Solltest du nicht rund um die Uhr beschützt werden? Du bist so etwas wie eine höher gestellte Persönlichkeit“, schnatterte Lavi drauf los und Yuu beschloss auf keine Frage zu antworten. Wie denn auch? So schnell wie der das Zeug runterquasselte. „Du bist absolut kein guter Zuhörer, Yuu“, meinte Lavi und sah den Älteren grinsend an, als sie vor einer Ampel standen. „Schau auf die Strasse“, knurrte Kanda, denn die Ampel sprang gerade auf grün. Ein Kichern ertönte und Yuu rollte mit den Augen. Das konnte noch ein herrlicher Abend werden. Dennoch er war froh darüber, dass er mit Lavi weggehen konnte. Doch das brauchte er dem Rothaarigen nicht auf die Nase zu binden. Es dauerte seine Zeit, bis sie beim Kino ankamen, und dann erst recht, einen Parkplatz zu finden. Lavi hatte Kanda erzählt, dass das Auto seinem Grossvater gehörte. Doch weil dieser langsam zu alt war zum Fahren, hatte er ihn meistens. „Also warum bist du nicht auf einer Privatschule?“, fragte Lavi bestimmt zum zweiten Mal nach, als sie zum Kino gingen. „Meine Eltern fanden, dass ich so meine Sozialkompetenz fördere“, antwortete Kanda trocken. Was zum Teil stimmte. Seine Eltern wollten andererseits auch, dass sich Yuu durch die Stellung seines Vaters nicht als etwas Besonderes ansah. Da war die staatliche High-School gerade richtig für so etwas. Lavi grinste auf Kandas Antwort und meinte: „Da hast du wohl noch einen weiten Weg vor dir. Aber du hast Glück, dass ich dir dabei helfen werde.“ Als ob Yuu Hilfe dabei bräuchte. Ausserdem hatte er gar nicht vor, irgendetwas an seinem Verhalten zu ändern. Er war zufrieden mit seinem Charakter, und wem das nicht passte, war selbst schuld. Im Kino sahen sie sich die aktuellen Filme an und der Rothaarige kratzte sich etwas verlegen am Kopf. Was schaute man mit jemandem, der wie Kanda einfach nur desinteressiert die Kinoplakate ansah. In Yuus Kopf begann es zu arbeiten. Er hasste Romantik, ebenso war ihm der Humor zu flach. Auf Action stand er auch nicht, da alles zu übertrieben war. Von Dramen, Horrorfilmen und Animationsfilmen wollte er gar nicht erst anfangen. Der Japaner kam zu dem glorreichen Entschluss, dass alles Müll war. „Was möchtest du schauen, Yuu-chan?“, fragte Lavi schliesslich nach, als der Kleinere die Arme vor seiner Brust verschränkt hatte und nicht mehr so finster drein blickte. Doch die Finsternis in dessen Augen kam augenblicklich wieder. „Nenn mich nicht so!“, fauchte der Ältere aufgebracht und funkelte den Rotschopf böse an. Dann antwortete er doch noch indirekt auf die Frage mit einem abfälligen Schnauben. „Ist mir egal.“, war seine Meinung zu der ganzen Sache. Leise seufzte Lavi auf. Irgendwie hatte er sich das einfacher vorgestellt. So zuckte er nur mit den Schultern und stellte sich an eine der Schlangen vor der Kinokasse an. Dann würde er eben selbst entscheiden, was sie heute Abend anschauten. Mit einer grossen Tüte Popcorn sass Kanda neben Lavi im Kino, mit dem er sich das Popcorn teilte. Der Film, den der Rothaarige ausgesucht hatte, hatte ihm überhaupt nichts gesagt. War das gut oder schlecht? Egal, er musste sich überraschen lassen. Immer wieder hatte der Rothaarige versucht, ihr Gespräch in Gang zu halten, doch Yuu war immer recht kurz angebunden gewesen, doch wenn es der Jüngere geschafft hatte, das richtige Thema zu finden, hatte der Japaner gerne erzählt. Kaum zu glauben, dass jemand, der ohne Probleme den lieben langen Tag reden konnte, so gut zuzuhören vermochte. Der Film fing harmlos an und Yuu rollte schon mit den Augen beim Gedanken, dass es sich um einen drögen High-School Film handelte, bei dem alle ihre Jungfräulichkeit los werden wollten. Doch der Langhaarige wurde eines Besseren belehrt. Die Szene mit dem einsamen Haus am See, mit einem grossen Wald dahinter und einer Gruppe Teenager schrie geradezu nach Horrorfilm. Sein Verdacht wurde bestätigt, dass jux ein mehrfacher Mörder dem Gefängnis entflohen war und zufälligerweise mit einer Kettensäge auch dort in der Nähe war. Kanda drehte seinen Kopf zu Lavi. Was um Himmels Willen hatte sich dieser bei der Filmauswahl gedacht?! Wenn Yuu etwas mehr hasste als kitschige Romantikfilme mit einem grässlichen Happy End, dann waren es Horrorfilme. Ihm wurde schlecht bei denen und ganz tief in ihm drinnen fürchtete er sich vor ihnen. Es dauerte keine zwanzig Minuten und der erste unglückliche Teenager musste qualvoll sterben. Der Japaner hätte schwören können, dass Lavi breit grinste und sich prächtig darüber amüsierte. Warum konnten sie sich keinen schnöden Teenagerfilm ansehen? Er musste sich ablenken, und zwar auf der Stelle. Fieberhaft suchte Kanda eine Möglichkeit, wie er dem Film elegant entkommen konnte ohne vor Lavi als Weichei da zustehen, das keine Blutspritzer sehen konnte. Lavis Hand suchte im Blindflug nach der Tüte Popcorn, welche Yuu auf seinem Schoss platziert hatte. Der Kleinere hob leicht gereizt eine Augenbraue, weil der Rothaarige die Tüte gefunden hatte und nun eine Handvoll von dem weissen Zeug nahm. Bestimmt krümmelte er ihn gerade voll, als er die Hand zurück zog und genussvoll das Maiserzeugnis verschlang. Da kam ihm die Idee. Er könnte noch die restlichen Schalen von dem Popcorn kratzen. Da war er beschäftigt, bis die Pause kam. Oder bis ihm Lavi das Zeug weggegessen hatte. Es ging sogar sehr gut, sich von diesem grässlichen Film abzulenken. Yuu war stolz auf sich selbst. Dennoch - wenn die Musik zu dramatisch wurde, konnte er nicht umhin, doch einen kurzen Blick auf die grosse Kinoleinwand zu werfen. Leider war sein Timing grottenschlecht und es flogen entweder Leichenteile herum oder es wurde gerade jemand verstümmelt. Eine Welle der Übelkeit kroch in Kanda hoch und schnell konzentrierte er sich wieder auf das Popcorn. Lavi stattdessen starrte fasziniert auf das Geschehen und tauchte seine Hand immer seltener in die Tüte. „Wann kommt endlich die Pause?“, dachte sich Kanda genervt, als die junge Frau neben ihm angefangen hatte zu wimmern und die Hand ihrer Begleitung zu deformieren anfing. Doch richtig darüber aufregen konnte sich der junge Japaner nicht. Ging es ihm doch nicht anders. Warum hatte Lavi ihn bloss ins Kino geschleppt? Geistesabwesend kramte der Langhaarige in der Popcorntüte herum und spürte plötzlich Lavis Hand. Erschrocken drehte er seinen Kopf zu seinem Sitznachbarn, der immer noch völlig gefesselt geradeaus starrte. Kandas Herz begann zu rasen, als die warmen Finger über seine Hand glitten. Was machte der blöde Hase da?! Yuu war drauf und dran, seine Hand wegzuziehen, doch das käme schräg rüber - besonders dann, wenn er den Rothaarigen nicht anschnauzen konnte. Lavis Berührung dauerte keine fünf Sekunden und die Hand war wieder weg, natürlich mit Popcorn. Nach weiteren fünfzehn qualvollen Minuten wurde Kanda erlöst, indem das Licht anging. Der erste Teil des Filmes galt als überstanden. Länger hätte er das nicht mehr durchgehalten, und das Popcorn ging auch schon zur Neige. Lavi drehte sich grinsend zu ihm um. „Der Film ist toll, nicht?“, fing er schon an und Kanda verzog seinen Mund. Der Rothaarige stand auf und streckte sich. „Ich hohl uns mal ein Eis.“ Der Rothaarige verschwand und Yuu konnte ihm nicht einmal mehr nachrufen, dass er doch Süsses hasste. Seufzend rutschte der Schwarzhaarige tiefer in den Sessel und sah sich auf dem Handydisplay die Zeit an. Es war gerade mal halb Zehn und erst die Hälfte des Filmes geschafft. Nochmals sich so lange durchzuquälen würde Yuu aber nicht überleben. Blöder Hase, das nächste Mal wollte er mitbestimmen, was sie sich ansahen. Kandas Augen weiteten sich geschockt. Moment ‚das nächste Mal‘? Che, es würde kein nächstes Mal geben. Das hatte er gerade grummelnd beschlossen. „Hier.“ Lavi hielt dem Japaner ein Eis unter die Nase. Er hob eine Augenbraue. „Was soll ich damit?“, wollte er wissen, als er das Erdbeereis dem Grösseren leicht widerwillig abnahm. „Essen, was denn sonst? Ich hab mir gedacht, du bist eher der Erdbeer- als der Schokoladentyp.“ Kanda war eher ein Ich-hasse-Süsses-Typ. „Erzähl mal, wie findest du den Film bis jetzt? Jedes Mal wenn ich zu dir geschaut habe, hast du irgendetwas an dem Popcorn herumgefingert“, sagte Lavi und sah Kanda interessiert an, der gerade sein Eis von der Verpackung befreite und es leicht angewidert ansah. Wie er den Film fand? Der Schwarzhaarige hatte gerade zu viele Worte, die sein Missfallen ausdrücken konnten und er wusste schlicht weg nicht, welches gerade das Treffendste war. „Hab schon besseres gesehen“, antwortete er ihm dann, hoffentlich hatte Yuu ihm somit auch die Frage auf das Popcorn beantwortet. „Du findest es also langweilig?“, hakte Lavi nach und schien etwas enttäuscht. Schliesslich liebte er Horrorfilme und der hier war ganz grosse klasse. Und Kanda schien das nicht einmal zu jucken. Vorsichtig leckte der Japaner über das Eis und verzog kurz seinen Mundwinkel. Es war zu süss. Es schmeckte künstlich. Es war hässlich und es tropfte schon auf seine Finger. Wenn Kanda keine klebrigen Finger wollte, musste er das Eis wohl schneller essen. „Ja“, murmelte er und war froh, dass er so dem Jüngeren nicht die Wahrheit sagen musste. Wer stand schon gerne als Feigling da? Genau - niemand und schon gar nicht ein Yuu Kanda! Der Saal wurde wieder abgedunkelt und für den Langhaarigen begann die Qual von Neuem. Dieses Mal gab es kein Popcorn, an dem er sich ablenken konnte – Lavi hatte es erst vor wenigen Minuten leer gegessen. Auch das Eis war schneller gegessen, als er gedacht hatte. Verdammt, unwohl sah sich Kanda nach einer Ablenkung um. Ein hysterischer Schrei und Yuu schaute zur Leinwand. Fehler, grosser Fehler. Er sah gerade noch, wie die Blondine geköpft wurde. Eine Welle der Furcht und Übelkeit strömte durch seinen Körper und er verkrampfte sich in seinem Sitz. Wann war der Film zu Ende? Ewig konnte es bestimmt nicht mehr gehen. Schliesslich waren nur noch der Klassenstreber und seine Tusse übrig….ach, und der Killer auch. Erschrocken zuckte er noch zusammen, als sich der Rothaarige tatsächlich erdreistete, seine Hand auf Kandas zu legen, welche völlig verkrampft war. „Lügner“, flüsterte Lavi ihm ins Ohr, „von wegen langweilig. Du fürchtest dich.“ Beschämt und unglaublich wütend darüber, dass der blöde Hase dahinter gekommen war, färbten sich seine Wangen rot und er drehte seinen Kopf mit einem „Che“ weg. Lavi sagte zum Glück nichts mehr, nur hatte dieser nicht im Sinn, Kandas Hand wieder loszulassen. Der Ältere sass mit einem hochroten Kopf da und versuchte seinem Körper zu befehlen, seine Hand loszureissen. Doch es passierte nichts. Stattdessen kribbelte es nur, als hätten Ameisen eine neue Strasse entdeckt. Völlig abgelenkt zwischen diesem mysteriösen Kribbeln und der Tatsache, dass sein Körper nicht mehr gehorchte, konnte sich der Schwarzhaarige nicht mehr auf den Film konzentrieren. Was auch besser so war. Hätte er doch sonst bei diesem klischeehaften Ende das Erdbeereis auf dem schnellsten Weg nach oben befördert. Erst als das Licht anging und der Rothaarige seine Hand weg nahm, wurde Yuu zurück ins Hier und Jetzt versetzt. Schnaubend stand er auf, funkelte den Rothaarigen böse an und wollte schon davonstolzieren. Schliesslich hatte dieser ihn einfach so angefasst! Doch das mit dem davonstolzieren wurde nichts. Was brauchten die vor ihm so lange? Warum mussten die ausgerechnet jetzt den schmalen Gang zu den Treppen verstopfen? „Bist du jetzt sauer, Yuu-chan?“, wollte Lavi hinter ihm wissen, als es endlich voran ging. Keine Antwort. Yuu wollte ihn mit Ignoranz bestrafen. „Du bist also doch sauer.“ Er hörte hinter sich ein tiefes Seufzen. Ja, sollte Lavi doch in Schuldgefühlen ertrinken, war Kanda nur recht. Was musste dieser ihn auch anfassen? Und erst recht seine Hand halten?! Schweigend gingen sie nebeneinander aus dem Kinosaal, während Lavi ihm immer wieder besorgte Blicke zuwarf. Der junge Japaner ignorierte diese gekonnt. Besser gesagt, er versuchte es. Als sie das Kino verlassen hatten, hielt es der Langhaarige nicht mehr aus und blieb stehen. „Sieh mich nicht so an!“, verlangte er leicht wütend und musste gleich darauf feststellen, dass es um diese Zeit doch nicht mehr so warm war, wie er noch Zuhause gedacht hatte. Weil es ihn fröstelte, verschränkte Yuu seine Arme. „Aber Yuu-chan, du frierst ja.“ Lavi schien schon vergessen zu haben, dass der Langhaarige eigentlich sauer auf ihn war. Oder der Jüngere überspielte das einfach. „Che, nenn mich nicht so!“ Wann lernte es dieser blöde Hase endlich, dass er nicht Yuu für ihn war und schon gar nicht Yuu-chan?! Ohne wieder auf den Japaner einzugehen, zog Lavi ihn mit zum geparkten Auto. Der Rothaarige nuschelte nur etwas vonwegen dass er sich keine Erkältung einfangen sollte. Eine halbe Stunde später stand der Wagen des Rothaarigen vor der japanischen Botschaft. Lavi schenkte Yuu ein breites Lächeln. „Der Abend mit dir hat Spass gemacht. Wir könnten das doch Wiederholen, nicht? Nur - das nächste Mal suchst besser du dir einen Film aus.“ Als ob es ein nächstes Mal geben würde! Das stand noch gar nicht fest. Ausser, wenn sein Vater wieder irgendwelche politischen Gäste zu sich eingeladen hätte, dann könnte es sich Kanda nochmals durch den Kopf gehen lassen. „Also dann. Ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende und ich seh dich am Montag wieder in der Schule.“ Lavi lächelte immer noch. Und irgendetwas an dem Rothaarigen verleitete Yuu zu nicken und ihn ebenfalls ganz kurz anzulächeln. Bevor er die Beifahrertür öffnete und ausstieg. „Ach Lavi. Solltest du irgendjemanden erzählen, dass ich hier wohne, bringe ich dich um, ist das klar?“ „Ich würde auch sonst niemandem etwas sagen, auch wenn du mich nicht mit dem Tod bedrohen würdest.“ Das Lächeln des anderen hatte sich in ein breites Grinsen verwandelt. „Dann schönen Abend noch.“ Mit diesen Worten schlug Kanda die Autotür zu und ging zur Botschaft. Hinter sich hörte er, wie Lavi wegfuhr. Yuus Tagebuch: Dank Lavi weiss ich wieder, warum ich Horrorfilme nicht ausstehen kann. Was ist so unterhaltsam daran zu sehen, wie Menschen abgemetzelt werden und Gedärme und Blut herumfliegen? Und Erdbeereis…nie mehr wieder! Nicht einmal dann, wenn es von Lavi bezahlt wird. Der ist sowieso seltsam. Hält einfach so meine Hand! Das ist doch nicht normal? Ich bin doch kein Mädchen, das sich vor Angst in die Hosen macht. Ausserdem hab ich mich seltsam dabei gefühlt. Bestimmt löst Lavi in mir irgendeine Allergie aus. To do für nächste Woche: -Meine Allergie im Auge behalten - Ich will immer noch auf eine Privatschule -> Vater davon überzeugen. Wichtig! - Lavi eine Kopfnuss verpassen, wenn er mir ein Chan anhängt. - Lavi töten, wenn er irgendetwas in der Schule herumerzählt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)