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Eisblaues Verbrechen

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Das Vorhaben

Eisblaues Verbrechen

Vampire Knight

Kapitel 1: Das Vorhaben

Den Sankt-Schokolatius-Tag gibt es nur einmal im Jahr und an diesem Tag möchte jedes Mädchen seinem Angebeteten Schokolade schenken. Das ist wohl im Teenageralter so, oder? Doch so bescheiden dieser Wunsch ist, so hoch sind die Hürden zu seiner Verwirklichung. Vor allem hier, an der Cross Academy, musste man am Sankt-Schokolatius-Tag mit erbarmungslosen Kämpfen rechnen. An diesem Tag wurde abends beim Klassenwechsel das „Mädchen aus der Day Class an die Tore! Wie viele können ihre Schokolade übergeben?!“ Rennen veranstaltet, doch da nahezu alle Day-Class-Schülerinnen bereits morgens mit dem Gedrängel anfingen, waren die Siegchancen verschwindend gering. „Ach verdammt…! Ich schätze, das kann ich vergessen! Bei der Masse von Mädchen die es auf Kaname-sama abgesehen haben…“ Kaname Kuran war der Klassensprecher der Night Class und Vorstand des Hauses Mond – ein wundervoller Märchenprinz der selbst unter den Schülern der Night Class, diesem hochintelligenten und zugleich gut aussehenden Haufen, auf Grund seiner Schönheit hervorstach. An der Cross Academy teilen sich die „Day Class“ und die „Night Class“ ein Schulgebäude und abends, wenn der Wechsel stattfindet, gab es regelmäßig einen Riesenaufruhr. Am Sankt-Schokolatius-Tag musste man davon ausgehen, dass alle Mädchen heiß darauf waren, ihre Schokolade zu übergeben… Es wäre zwar übertrieben zu behaupten das Ganze bedeute Gefahr für Leib und Leben, aber es war doch ziemlich unwahrscheinlich, dass man seine Schokolade an den Mann bringen konnte. Außerdem hatte Fuka Kisaragi sich selbst noch ein höheres Ziel gesetzt: Sie wollte unbedingt als Erste ihre Schokolade übergeben!
 

„Uuuh… Kaname-sama ist echt zu beliebt…“, dachte sie, doch sie wollte sich nicht entmutigen lassen. Also fasste Fuka, die die erste Klasse der Day Class besuchte, einen Entschluss: „Na gut, wenn die ehrliche Methode nicht ans ersehnte Ziel führt, dann bleibt mir nichts anderes übrig!“ Die Maßnahme der Stunde lautet: „Ich bringe Kaname-sama die Schokolade einfach auf sein Zimmer!“ Nachdem sie sich einmal dazu entschlossen hatte, gab es kein Halt mehr! Der Sankt-Schokolatius-Tag war für verliebte Mädchen nun mal der Tag der Entscheidungsschlacht.
 

Fortsetzung Folgt

Über die Mauer

Kapitel 2: Über die Mauer

Klack, Klack! Um diese Zeit klang schon das Geräusch der Schritte ein wenig unheimlich. Fuka lief schnell weiter, ohne sich darum zu kümmern, dass ihre halblangen wuscheligen Haare durcheinander gerieten. Kanae, ein Mädchen mit Brille, lief hinter der übermütig drauflosstürmenden Fuka her und sah sich unsicher um. „Komm lass uns umkehren Fuka! Wenn man uns entdeckt, kriegen wir garantiert Ärger! Außerdem ist es total idiotisch in das Haus Mond zu gehen!“ Es war mitten in der Nacht – brave Schüler lagen um diese Zeit längst im tiefsten Schlummer und so herrschte ringsum Totenstille. „Das Lichterlöschen ist schon vorbei und wir verstoßen außerdem gegen die nächtliche Ausgangssperre! Die Schulordnung…“, wandte Kanae mit ängstlicher Stimme ein, doch Fuka lief weiter. „Du kannst ruhig zurückgehen Kanae! Ich führe mein Vorhaben allein durch“, sagte sie. „Als deine Zimmergenossin und beste Freundin habe ich die Pflicht, dich diesem unüberlegten Plan abzubringen!“ Kanaes Entrüstung ließ Fuka leise aufseufzen. „Sie ist so schrecklich anständig…hätte ich ihr bloß nichts gesagt! Jetzt macht sie sich nur unnötig Sorgen!“; dachte Fuka. „Hey, Fuka, hörst du mir überhaupt zu? Komm, lass uns umkehren, bevor uns noch jemand erwischt!“ Fuka verstand Kanae durchaus. Hier an der renommierten Cross Academy versammelten sich ausschließlich Kinder aus gutem Hause und nur wenige von ihnen hatten den Mut, einfach mal eben ein par Schulregeln zu brechen. Auch Fuka war vorher noch nie nachts draußen gewesen, geschweige denn, dass sie sich in Haus Mond gewagt hätte. „Ich will mich heute nur ein bisschen umsehen. Da wird schon nichts schief gehen, kannst also ruhig zurückgehen!“ „Fukaaa…“ Kanaes Stimme zitterte leicht. Vielleicht hatte sie begriffen, dass sie ihre Freundin nicht von ihrem Vorhaben abbringen konnte. Fuka verstand, dass Kanae sich Sorgen machte und fand das auch sehr lieb von ihr. Wenn sie erwischt würde, würde man sie nicht nur einfach wieder in ihr Haus zurückeskortieren, sie würde sicher einen Strafaufsatz schreiben müssen und sich dazu noch eine gepfefferte Predigt sowohl von ihrem Lehrer als auch vom Hausvorstand des Hauses Sonne anhören müssen. Schlimmstenfalls würde sie sogar eine Zeit lang suspendiert! Das wäre ziemlich übel. Ihre Eltern würden informiert… Bei diesem Gedanken brach ihr der kalte Schweiß aus. Aber trotzdem… Nein, sie durfte sich nicht beirren lassen, sie musste einfach nur daran denken, dass sie dies alles für Kaname-sama tat, dann hatte sie auch keine Angst mehr!
 

Am Sankt-Schokolatius-Tag schenkte man demjenigen, den man liebt, Schokolade. Und man schenkt nicht nur einfach Schokolade, sondern gleichzeitig Gefühle. Bewunderung, Herzklopfen. Die seltsamen, aufwühlenden Empfindungen, die man in seinem Herzen trägt. Das überaus merkwürdige Glücksgefühl, das einen so verzaubert. Kaname musste schon wirklich eine ungewöhnliche Person sein, wenn allein sein Anblick bei ihr so heftige Emotionen auslöste. Doch gerade deshalb… Er musste sie ja nicht bemerken. Er, dem sie am liebsten sämtliche Adelstitel verliehen hätte: Erster Fürst der Academy, Prinz, Majestät… musste sie ja nicht entdecken. „Trotzdem“, dachte sie, „Kaname-sama… ich bin hier. Und ich liebe dich…!“ Das sollte er unbedingt erfahren, sonst nichts. Und deshalb wollte sie ihm am Sankt-Schokolatius-Tag als Erste ihre Schokolade überreichen. Nach langem Grübeln war sie daher auf ihre „Ich bringe Kaname-sama die Schokolade auf sein Zimmer!“ Strategie verfallen. Wenn sie an besagtem Tag morgens ihre Schokolade an den Balkon seines Zimmers brächte, könnte sie ihm diese vor allen anderen übergeben. „Um meine Strategie erfolgreich in die Tat umzusetzen, muss ich unbedingt vorher das Terrain erkunden! Also lass mich bitte gehen!“ „Du bist so stur, Fuka! Soll man das jetzt mutig oder planlos oder waghalsig nennen…? „Ach was! Manchmal muss man eben mit dem Kopf durch die Wand! Außerdem gibt es diesen Sankt-Schokolatius-Tag nur einmal im Jahr! Und diese Chance möchte ich auf keinen Fall verpassen!“ „Ach, mir reicht es! Okay, es war bescheuert von mir eine beste Freundin von diesem Gewaltakt abhalten zu wollen. Mach doch was du willst! Ich hoffe, du wirst es nicht bereuen!“, mit diesen Worten drehte Kanae sich wütend auf der Ferse um. Fuka rief ihr hinterher: „Warte Kanae!“ „Was denn? Jetzt ist es zu spät für eine Entschuldigung!“, meinte Kanae. Sie drehte sich aber dennoch um, in der Hoffnung, Fuka hätte es sich anders überlegt. Doch Fuka legte nur die Hände in eine bittende Geste zusammen. Kanae sah sie fragend an. „Bitte mach mir eine Räuberleiter! Ich werde dich auch nie wieder um etwas bitten!“ „Hah…?“ „Na ja, mit einer Räuberleiter komme ich am besten auf diese Mauer rauf! Komm schon, bitte!“ „Ich fass es nicht! Für wenn hältst du mich eigentlich?“, rief Kanae entrüstet. Tatsächlich gab es in der soliden Mauer keine Möglichkeit, sich mit den Füßen abzustützen und hinüber zu springen schien auch ziemlich unmöglich. Natürlich wäre die sicherste Methode, auf das Gelände des Hauses Mond zu kommen, den Haupteingang zu benutzen. Doch den Schülern der Day Class aus dem Haus Sonne war es genauso wie den Schülern der Night Class aus dem Haus Mond verboten, das jeweils andere Haus zu betreten. Daher konnte sie wohl kaum vorne durch das Tor hineinmarschieren. Noch dazu bestand um diese Zeit Ausgangssperre. Darum hatte sich Fuka kühn dazu entschlossen, über die Mauer zu klettern. „Also? Willst du mir nicht doch helfen?“, Fukas große glänzenden Augen sahen Kanae flehend an. Ihre Freundin schwieg für eine Weile verbissen, doch schließlich gab sie ihren Widerstand auf. „Na gut. Jetzt sind wir eh schon so weit gegangen. Ich werde dir helfen!“ Trotz ihrer Schimpferei mochte Kanae die etwas starrköpfige Fuka doch gerne. Wenn ihre Freundin sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war sie nun mal nicht davon abzuhalten. „Du hast was gut bei mir! Nach dem Sankt-Schokolatius-Tag gehen wir zusammen in die Stadt und ich lad dich zu etwas Schönem ein.“ „Das brauchst du gar nicht. Sieh lieber zu, dass nichts schief geht, okay? Komm heil wieder zurück, versprich mir das!“ „Geht klar!“ Nachdem Fuka ihre Freundin umgestimmt hatte, kletterte sie mit ihrer Hilfe auf die Mauer. Sie war sportlich und es bestand kaum Gefahr, dass sie herunterfallen würde. Oben auf der sah sie hinüber zu dem grandiosen Gebäude, das vor ihr aufragte: das Haus Mond. „Okay, ich bin dann mal weg!“, rief sie Kanae leise zu und verschwand. „Viel Glück, Fuka…“, flüsterte Kanae, die allein zurückblieb.
 

Fortsetzung Folgt

Die Night Class Schüler

Kapitel 3: Die Night Class Schüler

„Uwaah…!“ Beim Herunterklettern hatte Fuka in ihrer Ungeduld das Gleichgewicht verloren und sich beim Aufkommen auf dem Boden mit beiden Händen abfangen müssen. Ihre Handflächen waren blutig, offenbar hatte sie sich die Haut aufgeratscht, außerdem schmerzten ihre Beine, da sie ziemlich tief gefallen war. „Autsch….tut das weh! Aber immerhin hab ich es geschafft! Ich bin drin!“ Für einen Moment hockte sie mit Tränen in den Augen auf dem Boden und verbiss sich den Schmerz, doch sie durfte natürlich keine Zeit verlieren. Sie musste schnell herausfinden, wo genau Kaname-samas Zimmer lag. Ja, wo war es eigentlich? Da Day Class und Night Class strikt voneinander getrennt waren, hatte sie keine Ahnung, wie es im Haus Mond aussah. Sie überlegte kurz, dann kam ihr eine Idee: „Na klar! Er ist Hausvorstand, daher hat er mit Sicherheit ein prächtiges Zimmer. Also suche ich vielleicht am besten nach einem Fenster mit teuren Gardinen!“ Mit dieser Überlegung im Kopf setzte Fuka sich in Richtung des Gebäudes in Bewegung.
 

Von der Mauer war es noch ein gutes Stück bis zum Haus Mond. Fuka achtete darauf, bei Gehen möglichst wenig Geräusche zu machen. Sie betrat die Parkanlage. Das Gebäude stand am anderen Ende des Parks. Obwohl es schon nach Mitternacht war, waren viele Fenster erleuchtet. Der Unterricht der Night Class fand in der Regel in den Stunden bis zum Tagesanbruch statt. Nur schien das Unterrichtssystem sich ein wenig von dem der Day Class zu unterscheiden: Zum Beispiel konnten die Night Class Schüler beliebig kommen und gehen und sie studierten verschiedene Fachgebiete.
 

„Das Haus Mond kommt mir schrecklich riesig vor“, dachte Fuka und musste unwillkürlich schlucken. Genau in diesem Moment hörte sie von irgendwoher eine angenehme Stimme. „Na so was! Ein Mädchen sollte aber nachts nicht alleine herumlaufen!“ „Oh nein… hat man mich entdeckt?“, dachte Fuka entsetzt. Für einen Augenblick war sie wie erstarrt. Dabei hatte sie doch nirgendwo eine Menschenseele gesehen…! „Bist du aus der Day Class…?“ „Entschuldigung! Ich bin unerlaubt hier eingedrungen! Ähm… es tut mir leid!“ Überrumpelt verbeugte Fuka sich hastig und versuchte gar nicht herauszufinden, mit wem sie es zutun hatte. Doch die einzige Reaktion war Stille. „Ähm…?“ Als Fuka sich zögernd aufrichtete und sah, wer vor ihr stand, wäre sie fast in Ohnmacht gefallen. „Ka…Kana…Kuran-senpai?!“ Seidige schwarze Haare bewegten sich sanft in der leisen nächtlichen Brise. Melancholische Augen, ein schlanker wohlproportionierter Körper, ein atemberaubend schönes Gesicht… Der Besitzer all dieser Attribute stand vor ihr. Es war Kaname Kuran, genau die Person, die der Grund für Fukas unerlaubtes Eindringen war. Was hatte sie für ein Riesenglück! Natürlich war es dumm, dass sie erwischt worden war. Aber von Kaname-sama entdeckt zu werden, also, das war doch ein ziemlicher Glücksfall! Auch wenn dieses unerwartete Ereignis sie total durcheinander brachte, war sie innerlich außer sich vor Freude. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie Kaname hier treffen würde und außerdem war sie ihm noch nie zuvor so nahe gewesen. Wenn sie normalerweise beim Klassenwechsel auf das Erscheinen der Night Class wartete, ließ sie den Senpais der Day Class immer den Vortritt und schmachtete Kaname unauffällig aus dem Hintergrund an.
 

Schon aus der Entfernung war er hübscher, doch aus der Nähe war er einfach umwerfend. Im sanften Mondlicht sah er wirklich wie ein echter Märchenprinz aus. So als würde er sich in Luft auflösen, wenn man ihn anspräche. Als würde er verschwinden, wenn man ihn berührte…Fukas Wangen färbten sich flammend rot. „Bist du okay? Ist dir vielleicht schlecht?“ Kaname runzelte besorgt die Stirn und beugte sich vor, um Fuka ins Gesicht zu sehen. Als er ihr so nahe kam, meinte Fuka, ihr Herz würde gleich zerspringen. „M…Mir geht es gut. Alles in Ordnung…!“, stotterte sie. „Wirklich? Gut, dann geh schön zurück auf dein Zimmer. Die Nacht ist voller Gefahren…“ „Eh? Ähm, wirst du den Lehrern von meinem Besuch berichten…?“ Das würde eine saftige Strafe bedeuten, aber das hatte sie einkalkuliert, seit ihr diese Idee gekommen war. Sie bereute gar nichts, denn sie hatte Kaname ganz allein gegenübergestanden und sogar mit ihm geredet! Kaname legte mit einer eleganten Bewegung seinen Zeigefinger an die Lippen: „Das, was heute Nacht passiert ist, wird unser Geheimnis bleiben.“ „Geheimnis? Aber warum…?“ http://i51.beon.ru/67/60/236067/64/13299264/1218096739_vampire_knight_novel_007.jpeg
 

„Ich habe dir heute Nacht eine schöne Entdeckung zu verdanken…dafür verrate ich dich nicht.“ Hingerissen von seinem umwerfenden Lächeln nickte Fuka wie in Trance. Sein Lächeln war freundlich und es hatte zugleich eine Kraft, die keinen Widerspruch zuließ. „Mir zu verdanken? Was mag er denn entdeckt haben?“, fragte Fuka sich. Kaname nickte zufrieden, da sie sich trotz ihrer Verwirrung fügte und richtete dann seinen Blick hinter sie. Mitten in der Finsternis, wo eigentlich niemand sein konnte. „Also…der Ausgang ist da drüben. Sei vorsichtig auf dem Heimweg. Aido, Kain, Ruka, Ichijo…begleitet sie bitte zum Tor.“ Fuka legte verwundert den Kopf zur Seite, als direkt neben ihr aus der Finsternis von dort, wo doch eigentlich niemand sein konnte, klar und deutlich geantwortet wurde. „Verstanden.“ „Wir bringen sie vors Tor.“ Mit diesen Worten tauchten Hanabusa Aido und Akatsuki Kain vor ihnen auf. „Aido-senpai, Kain-senpai…?“, entfuhr es Fuka. Sie schlug die Hände vor den Mund. „Ich glaub es nicht“, dachte sie. „Da sind ja auch Ichijo-senpai und Soen-senpai!“ Denn jetzt waren auch Vize-Hausvorstand Takuma Ichijo und Ruka Soen aus der Dunkelheit aufgetaucht. Es war schier unfassbar, dass hier genau die vier Personen vor ihr versammelt waren, die Kaname von den Schülern der Night Class ganz besonders nahe standen! Aido mit seinem zarten, schönen Gesicht war der reinste Popstar. Kain, der neben ihm stand, machte im Vergleich zu seinem Cousin einen reichlich wilden Eindruck. Der bildschöne Ichijo wirkte erwachsen und ruhig, während Ruka so reizend und hübsch war wie eine antike Puppe. „Aber mal was anderes, ich wusste gar nicht, dass es ein Mädchen wie dich in der Day Class gibt… Wobei, vielleicht hab ich dich schon mal irgendwie bemerkt…“ Trotz der Dunkelheit erkannte Fuka, dass Kaname lächelte. Bedeutete das, dass er sie hübsch fand? Oder wollte er damit sagen, wie kann man nur so blöd sein und gegen die Schulordnung verstoßen? Sie wurde rot. Um ihre Verwirrung zu bekämpfen, presste sie die Handflächen gegen ihre Wangen und ermahnte sich: „Beruhige dich, Fuka!“ Ruka, die neben Kaname stand, beachtete sie gar nicht und flüsterte ihm leise zu: „Wir haben Information bekommen, die für unsere Forschung nützlich ist, nicht wahr, Kaname-sama?“ „Nun, wenn du dieser Meinung bist, dann kannst du eure Bekanntschaft ja gleich ein wenig vertiefen, während du sie begleitest.“ Da auch Kaname nur ganz leise antwortete, verstand Fuka seine Worte nicht. „Also, gehen wir. Die Nacht ist schon weit fortgeschritten.“ „O…Okay!“ Erschrocken kam Fuka wieder zu sich, als Ruka sie ohne Umschweife am Arm fasste. Das anmutige Mädchen war erstaunlich kräftig, ihr Griff duldete keinen Widerstand. Widerwillig setzte Fuka sich in Bewegung, während sie ihre Augen kaum von Kaname lösen konnte. Kaname beantwortete ihren sehnsüchtigen Blick mit einem Winken. „Gute Nacht…ähm…“ Als er stockte, fiel Fuka auf, das sie sich noch nicht einmal vorgestellt hatte. „Kuran-senpai, ich bin Fuka!“, rief sie. „Gute Nacht, Fuka-chan.“ Innerlich quietschte sie vor Begeisterung. „Kaname-sama, Kaname-sama hat mich mit meinem Namen angesprochen! Gute Nacht!“ Mit einem strahlenden Lächeln verabschiedete sie sich. Vor lauter Freude merkte Fuka gar nicht, dass Ruka, die sie nach wie vor am Arm festhielt, ein ziemlich böses Gesicht machte.
 

„Übrigens…wieso bist du eigentlich hier eingedrungen?“, fragte Kain. Aus ihren Träumen gerissen antwortete Fuka hastig: „Oh, ich…also, ich wollte Kuran-senpai am Sankt-Schokolatius-Tag als Erste meine Schokolade übergeben. Darum habe ich sein Zimmer gesucht.“ „Wie waghalsig…! Da war Kaname bestimmt auch verblüfft.“ Ichijo, die einzige Person, die Kaname bei seinem Vornamen nennen durfte, lächelte sie offen an. „In der Tat ein interessanter Einfall!“ Kain schien sich über Fukas mutigen, besser gesagt tollkühnen Plan zu amüsieren. „Man muss zugeben, so ein Mädchen hat es bisher noch nicht gegeben!“, war Rukas barsche Reaktion, während sie angewidert den Kopf abwandte. Aido sagte als Einziger gar nichts und folgte Kain schweigend. Da er beim Klassenwechsel den Mädchen der Day Class immer mit einem liebenswürdigen Lächeln begegnete, empfand Fuka sein Verhalten ein wenig befremdend. Ob er vielleicht in Wirklichkeit ein besonders korrekter und ernsthafter Mensch war…? Vielleicht wollte er mit dieser unverschämten Person, die mitten in der Nacht bei ihnen eingedrungen war, noch nicht einmal reden? „Ah…da ist ja der Haupteingang. Sei vorsichtig! Von hier kannst du allein weitergehen. Wir Night Class Schüler dürfen dich ja nicht bis zu Haus Sonne begleiten…“ Fuka war erleichtert, endlich wieder ihre vertraute Welt vor sich zu haben und verbeugte sich höflich. „Entschuldigt bitte vielmals. Grüßt Kuran-senpai von mir. Ich verspreche, dass ich nie wieder in das Haus Mond eindringen werde.“ „Ach, warum denn nicht? Du kannst uns jederzeit besuchen kommen! Ein so interessantes Mädchen wie dich hat es bisher noch nicht gegeben… Du bekommst eine Ausnahmeerlaubnis!“ Fuka machte unwillkürlich einen Satz rückwärts, als Ruka sie plötzlich so liebenswürdig anlächelte. „Wirklich?!“, fragte sie ungläubig. „Du hast Recht. Da sie Hausvorstand Kuran ja auch zu gefallen schien, warum nicht?“, Kain hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und stimmte ebenfalls zu. „Beim nächsten Mal kommst du einfach vorne durch den Haupteingang. Du darfst aber niemanden davon erzählen, klar?“ „Ja, verstanden! Ich sag es niemandem!“ „Also dann, bis demnächst!“ „Ja, auf Wiedersehen!“ Während ihre Begleiter ihr nachsahen, trat Fuka durch das Tor und lief beschwingt los. „Wahnsinn!“, dachte sie. „Das gibt’s doch gar nicht! Ich habe mit Kaname-sama geredet, er hat mich mit meinem Namen angesprochen und ich darf wieder zu Besuch kommen! Das muss ich sofort Kanae erzählen! Ups!“, sie blieb auf der Stelle stehen. Richtig! Sie durfte Kanae nichts verraten… Es tat ihr wirklich im Herzen weh, dass sie selbst ihrer besten Freundin gegenüber, die ihr bei dieser Aktion geholfen hatte, Schweigen bewahren musste. Natürlich freute sie sich, dass Ruka und die anderen Night Class Schüler kennen gelernt hatte. Sie musste nun aber auch ein Geheimnis bewahren. Irgendwie fühlte sie sich komisch. Aber sie hatte es nun mal versprochen… „Es tut mir leid Kanae!“, entschuldigte sie sich im Stillen bei ihrer Freundin, die in diesem Moment sicher tief und fest schlief. Davon abgesehen…sie hatte Schüler der Night Class immer für unnahbar gehalten, doch nun fühlte sie sich ihnen schon ein bisschen näher. Bestimmt waren sie alle sehr nett, wenn man erstmal mit ihnen ins Gespräch kam…
 

Es war schon kurz vor Tagesanbruch. Tänzelnd machte sich Fuka auf den Weg zu ihrem Zimmer. Sie dachte nicht einmal darüber nach, warum sie wohl als Einzige eine Sonderbehandlung erfuhr.
 

„Unser nächtlicher Gast ist unversehrt im Haus Sonne angekommen.“ Kaname hatte sich in seinem Zimmer auf dem Sofa ausgestreckt und lauschte Ichijos Bericht. „Ah ja…“ „Ähm, Fuka-chan hieß sie, nicht wahr? Ihrer Begeisterung nach zu urteilen, wird sie bestimmt bald wieder hier auftauchen. Deshalb sollten wir möglichst schnell die entsprechenden Vorbereitungen treffen, damit sie am Tor nicht abgewiesen wird. Ach, Aido sah übrigens ziemlich miesepetrig aus. Er ist wohl zu eigen…“ Kaname verzog die Lippen zu einem lässigen und sehr sanften Lächeln. „Ja…“ Ichijo zog mit einer geübten Bewegung die Vorhänge an Kanames Zimmerfenster zu. Es war kurz vor Sonnenaufgang: Die Menschen erwachen – höchste Zeit für die Vampire schlafen zu gehen.
 

Fortsetzung Folgt

Besuch bei der Night Class

Kapitel 4: Besuch bei der Night Class

„Haaah…“, Fuka war selig. Hinter ihrem Schulbuch versteckt, seufzte sie zufrieden und war mit sich und der Welt im Reinen. „Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, mal das Haus Mond besuchen zu dürfen! So kann ich meine Schokolade als Allererste abgeben! Vielleicht, ganz vielleicht…kann ich sie Kaname-sama sogar direkt überreichen?!“, das Lächeln in ihrem Gesicht wurde immer breiter. „Oder noch besser: Ich versuche mich an selbst gemachter Schokolade! Genau! Ich kann ja sicher sein, dass er sie persönlich entgegennimmt!“ Fuka Kisaragi, 16 Jahre alt, Frühlingserwachen eines Teenagers. „Ob Kaname-sama Süßes mag? Vielleicht zieht er Bitterschokolade vor? Oder einen Schokoladenkuchen…Hm, was mache ich bloß? Ach, wenn das meine einzigen Probleme sind, dann bin ich glücklich!“, dachte sie. „Hallo, Kisaragi! Hörst du überhaupt zu?“ „Aua!“, jäh wurde Fuka aus ihrem Tagträumen gerissen. Der Mathematiklehrer hatte ihr mit seinem riesigen Geodreieck eins übergebraten und sie genau mit der scharfen Ecke getroffen… „…Sensei!“, vor Schmerz schossen Fuka die Tränen in die Augen. Sie sah zu ihrem Lehrer auf. „Was träumst du hier rum?! Wenn du keine Lust hast dich zu beteiligen, kannst du dem Unterricht gerne fernbleiben!“, der Lehrer wies mit dem großen Geodreieck auf die Aufgabe an der Tafel. Fuka hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass er sie aufgerufen hatte. Für Schüler der renommierten Cross Academy gab es nichts Peinlicheres, als im Unterricht getadelt zu werden. „Entschuldigen Sie bitte…!“, schnell stand sie auf und ging nach vorne, um die Aufgabe zu lösen.
 

Da gedämpfte Läuten der Schulglocke erlöste die Schüler vom Vormittagsunterricht. Endlich war Mittagessenszeit! Fuka setzte sich neben Kanae und beide öffneten ihre Lunchpakete, die sie zuvor am Kiosk gekauft hatten. „Hey, Fuka! Du bist total aus dem Häuschen, weil deine Aktion so erfolgreich war, was?! Du hast im Unterricht die ganze Zeit gegrinst!“ Fuka lachte verlegen! Es war ihr zwar schwer gefallen, aber sie hatte ihr Versprechen gehalten und Kanae nichts von der letzten Nacht erzählt, außer dass sie Kanames Zimmer gefunden hätte. Dass sie von nun an im Haus Mond ein und aus gehen konnte, behielt sie selbstverständlich für sich. Das Hauptthema der Mittagspause war natürlich der bevorstehende Sankt-Schokolatius-Tag. Aus allen Ecken hörte man fröhliches Geschnatter. „ich gebe meine Schokolade Ichijo-senpai!“ „Aido-senpai würde ich auch gerne Schokolade übergeben…“ „Eh? Aber da ist die Konkurrenz zu groß, oder?“ „Ich glaube, ich nehme Kain-senpai.“ „Shiki-senpai ist aber auch umwerfend!“ Während sie den aufgeregten Stimmen ihrer Klassenkameraden lauschte, badete Fuka insgeheim im Gefühl ihrer Überlegenheit. Sie war den umschwärmten Senpais Ichijo, Kain und Aido gestern Nacht ganz nahe gewesen und hatte sogar mit ihnen geredet…! Noch dazu hatten die Senpais ihr angeboten, sie zu besuchen, wann immer sie mochte. Das musste allerdings ihr Geheimnis bleiben! „Was für ein Glück, dass ich diese Aktion gestartet habe!“, gratulierte sie sich selbst und biss zufrieden ein großes Stück von ihrem Sandwich ab.
 

Der Nachtwind war gnadenlos kalt. Fuka kuschelte sich noch mehr in ihren dicken Mantel und ging auf das Haus Mond zu. Sie sah ihren Atem in der eisigen Luft zum Himmel aufsteigen. „Entschuldige, Kanae! Nur noch ein einziges Mal…“, in Gedanken entschuldigte sich Fuka bei ihrer besten Freundin, die in diesem Moment wahrscheinlich schon tief uns fest schlummerte. „Soen-senpai hat zwar gesagt, beim nächsten Mal solle ich durch den Haupteingang kommen, aber…ich weiß nicht, ist das wirklich okay? Ich möchte nicht erwischt werden“, sie blieb abrupt stehen. „Überhaupt, das ist doch Wahnsinn…Day Class und Night Class sind streng voneinander getrennt. Sie wollten mich bestimmt mit ihrem „Komm uns jeder Zeit besuchen“ auf den Arm nehmen.“ Je mehr sie darüber nachdachte, desto merkwürdiger erschien ihr die Einladung. „Wieso bin ich eigentlich so begeistert?“ Es war schon ein großes Glück, dass sie gestern ohne Ärger davongekommen war. Obendrein hatte sie sogar Kaname getroffen. Das war ein Wunder, aber Wunder passieren eben nur sehr selten. „Ich bin nicht bescheuert…Ich geh lieber wieder zurück!“, dachte sie und drehte sich auf dem Absatz um. Dabei knirschte der Kies leise unter ihren Füßen. „Ah!“, vor dem geöffneten Tor stand das Hausmädchen des Hauses Mond in strenger Haltung und wartete. „Fuka Kisaragi-sama, bitte tretet ein.“ Hinter dem majestätischen Tor ragte das Haus Mond empor. Erneut war Fuka von dem prachtvollen Bau beeindruckt. Trotz der späten Stunde war er hell erleuchtet und wirkte wie eine Bastion gegen das nächtliche Dunkel. „Ob der Unterricht schon aus ist? Hoffentlich sind alle schon wieder im Haus…“, um nicht aufzufallen, dämpfte sie das Geräusch ihrer Schritte. Sie wollte gerade an der Tür klopfen, da wurde diese auch schon geöffnet. „Ah, da bist du ja!“, Ruka empfing sie, als hätte sie nur auf die Day Class Schülerin gewartet. Dieses Timing war so überraschend, dass Fuka nach Luft schnappte. Sie war völlig überrumpelt. „Äh…Ähm…guten Abend!“ „Es ist bestimmt kalt draußen. Komm doch rein.“ Im Inneren des Hauses war es angenehm war. Sie betraten eine große Lobby, an deren Seite sich eine Treppe befand. „Setz dich einfach irgendwohin“, forderte Ruka sie auf und verschwand in den ersten Stock. Fuka nahm zögernd auf einem Sofa Platz und sah sich neugierig um. Nach einer weile kam Ruka mit Ichijo, Aido und Kain zurück. Jeder von ihnen sah so gut aus, dass ihr gemeinsamer Auftritt etwas Prachtvolles hatte. „Hallo, Fuka-chan, willkommen! Schön, dass du da bist!“, Ichijo begrüßte sie mit einem strahlenden Lächeln. Das aus dem Nichts aufgetauchte Hausmädchen deckte den Tisch mit Tee und Gebäck. „Ähm…guten Abend! Ich hoffe, ich störe nicht, aber ich wollte eure nette Einladung nicht ausschlagen!“, bei diesen Worten war Fuka aufgestanden und hatte sich tief verbeugt. „Wir haben schon mit dir gerechnet und deshalb früher mit dem Unterricht aufgehört. Setz dich doch!“, sagte Ichijo und nickte ihr lächelnd zu. Kain ließ sich neben ihr aufs Sofa plumpsen: „Mach dir keine Gedanken.“ Sie fand diese lässige Bemerkung sympathisch, auch wenn sie gar nicht zu seinem grimmigen Gesichtsausdruck passte. „Schließlich haben wir dich eingeladen.“ „Vielen dank!“ Fuka war vor Nervosität ein wenig linkisch bei dieser nächtlichen Teeparty. „Ähm, ihr studiert immer bis spät in die Nacht, nicht wahr? Alle Fenster sind noch hell erleuchtet…“ Fuka war zutiefst beeindruckt – sie ahnte ja nicht, dass sie es hier mit waschechten Vampiren zu tun hatte. Tatsächlich stammten alle in der Night Class eingeschriebenen Schüler aus adligen oder zumindest dem Adel gleichgestellten Familien und waren Elitestudenten. „Viele von uns büffeln auch in ihrer Freizeit den neuen Stoff, aber ich zum Beispiel lese auch manchmal Mangas“, entgegnete Ichijo. „Du liest Mangas, Ichijo-senpai?“ „Ja, ich finde sie so lustig.“ „I…Ich auch!“ „Wirklich? Das hätte ich nicht vermutet. Schließlich besuchst du die renommierte Cross Academy!“ „Stimmt, wenn ich spät nachts noch Mangas lese, schimpft meine Zimmerkameradin immer…“ „Ja? Ich wusste es doch! In der Day Class sind lauter disziplinierte Schüler“, meine Kain und streckte die Hand nach seiner Teetasse aus. „J…Ja, das ist wahr…“, sagte Fuka und wurde knallrot. Nachdem sie jedoch tollkühn über die Mauer geklettert war, konnte man sie kaum noch als disziplinierte Schülerin sehen… Die Teetasse in ihren Händen war zart und hübsch, der Tee duftete nach Rosen und schmeckte vollkommen anders als jeder Tee, den sie bisher getrunken hatte Beim Schlucken breitete sich von der Kehle her ein erfrischendes Gefühl aus, das nach und nach den ganzen Körper erfasste. „Magst du Gebäck?“ „Oh ja, danke“, während sie sich bediente, warf Fuka heimlich einen Blick auf Aido. Er war der Einzige, der sich nur auf dem Sofa lümmelte und keine Anstalten machte, sch an dem Gespräch zu beteiligen. „Er wirkte eigentlich so offen, aber vielleicht ist er doch eher ein schüchterner Typ“, überlegte sie. „Irgendwann wird er sicher auch mit mir reden.“ Was Fuka aber viel mehr beschäftigte, war die Tatsache, dass sie die entscheidende Person, nämlich Kaname, nirgends erblicken konnte. Dabei hatte sie doch gehofft, dass sie ihn hier treffen würde. Als sie leise seufzte, warf ihr Ruka einen scharfen Blick zu: „Was ist?“ „Ähm…ist Kuran-senpai schon ins Bett gegangen?“ Sie hatte diese Frage leise an Ruka gerichtet, doch offenbar hatten alle anderen sie ebenfalls verstanden. Alle erstarrten und für einen Moment schien ein eisiger Windhauch durch die angenehm warme Lobby zu wehen. „Was liegt den hier auf einmal in der Luft?“, fragte sich Fuka. Hatte sie sich die plötzliche Kälte nur eingebildet? „Lass das…“, Kain warf Aido einen tadelnden Blick zu. Aido ignorierte ihn und machte missgelaunt den Mund auf: „Was willst du von Kaname-sama?“ seine Blicke durchbohrten Fuka. „Er braucht mich nur böse anzusehen und schon läuft es mir kalt den Rücken hinunter…Wieso ist er denn so wütend?“ fragte sie sich. Sie verstand seinen Zorn nicht. Leicht zitternd brachte sie eine Antwort heraus: „Ähm…ich wollte mich nur noch mal bedanken…“ „Wirklich nur das?“ „Aber, aber, Hanabusa, jetzt mach mal nicht so ein grimmiges Gesicht. Nur weil du ein so leidenschaftlicher Fan von Hausvorstand Kuran bist, musst doch nicht gleich böse dreinschauen, wenn mal jemand seinen Namen nennt!“ „Ich bin kein alberner Fan! Lass die blöden Scherze Akatsuki!“ „Beruhige dich, Aido! Fuka-chan sieht schon ganz ängstlich aus, die Arme!“, griff Ichijo schlichtend ein. Kain lächelte Fuka an: „Entschuldige. Hanabusa ist ein bisschen eigenartig, wenn es um den Hausvorstand geht“, meinte er und zwinkerte ihr wie im Scherz zu. Aido war jetzt offenbar vollends schlecht gelaunt und starrte weiterhin zur Seite. „Also hat Aido-senpai sich geärgert, weil ich von Kaname-sama geredet habe?“, überlegte Fuka. War ihre Frage möglicherweise indiskret gewesen? Sie ließ niedergeschlagen den Kopf hängen. Ruka, die bisher geschwiegen hatte, sprach sie nun freundlich an: „Kaname-sama schläft schon. Ich werde ihm sagen, dass du hier warst.“ „Okay, vielen Dank, Soen-senpai.“ Fuka war erleichtert, dass sich die Atmosphäre in der Lobby allmählich wieder entspannte. Doch dann fiel ihr Blick auf die Uhr. Sie erschrak: „Schon so spät?“ Angesichts Fukas Panik sahen nun alle gleichzeitig auf die Uhr und Ichijo legte bedauernd den Kopf zur Seite. „Für heute solltest du wohl ins Haus Sonne zurückgehen. Entschuldige, dass wir dich so lange hier behalten haben! Wir haben ganz vergessen, dass du ja eine Schülerin der Day Class bist!“ „Aber nein, ich muss mich für eure Gastfreundlichkeit bedanken! Entschuldigt, dass ich mich so verplaudert habe.“ Ichijo hatte Fuka die ganze Zeit über freundlich angelächelt, war gut gelaunt und redete erstaunlich gern. „Er macht einen sehr erwachsenen Eindruck“, fand Fuka. Weil er so verantwortungsbewusst schien, begann sie unwillkürlich, ihn zu bewundern. Bestimmt war er auf Grund seiner Souveränität zum stellvertretenden Hausvorstand gewählt worden. Sie zog ihren Mantel an, den Ruka ihr gereicht hatte und verbeugte sich an der Tür noch mal. „Es hat mir sehr viel Spaß gemacht!“ „Uns auch“ Wir würden uns freuen, wenn du mal wiederkämst.“ „Genau. Besuch uns bitte wieder. Wir freuen uns auf dich!“ „Kain, Aido, begleitet Fuka-chan bitte. Es ist zu gefährlich für ein Mädchen mitten in der Nacht.“ „Verstanden!“, nickte Kain. Während Aido neben ihm angewidert das Gesicht verzog: „Ich will nicht.“ „Nichts da. Es ist gefährlich! Aido, dies ist ein Befehl von Kaname.“ „Sprich nicht in Kaname-samas Namen!“, fauchte Aido Ichijo an, griff aber trotzdem im nächsten Moment nach Fukas Arm. „Los, gehen wir!“ „Also dann, auf Wiedersehen!“, verabschiedete sich Fuka bei Ichijo und Ruka, die an der Tür stehen geblieben waren, während Aido sie mehr oder weniger hinter sich her schleifte. Die beiden winkten ihr lächelnd nach.
 

„Ziemlich kalt…Apropos, Kisaragi, wie fühlst du dich so?“ „Eh? Wie ich….mich fühle?“ „Fühlst du dich nicht schlapp oder fiebrig oder so? Nichts dergleichen?“ „Nein, mir geht es gut…“ „Ja?“ Fuka hatte den Eindruck, dass hinter Kains Frage etwas anderes steckte als nur die Sorge um ihr Wohlbefinden. „Was soll denn mit mir sein?“ „Oh, nichts. Nur weil es so kalt ist…“ Aido, der immer noch schwieg, warf Kain einen schnellen Blick zu, wandte seine Augen dann aber gleich wieder ab. Fuka würdigte er keines Blickes. „Mit Aido-senpai komme ich wirklich nicht besonders gut klar“, dachte sie. „Aido wirkte eigentlich wie ein sehr freundlicher und umgänglicher Charakter. Deshalb hatte in der Day Class eine Menge Fans. Ob er speziell sie nicht leiden konnte…?“ Während Fuka leicht deprimiert Aidos Rücken anstarrte, betrachtete Kain heimlich ihr Profil.
 

Kaum war Fuka verschwunden, wich der freundliche Ausdruck aus Rukas Gesicht. Sie hatte keinen Grund mehr, sich zu verstellen. Ihre fein geschnittenen Gesichtszüge glichen denen einer Porzellanpuppe, sie wirkten glatt und kalt, als ob sie keinerlei Körperwärme besäße. Hätte Fuka sie so gesehen, wäre sie sicher erschrocken. „Du schaust vielleicht böse drein, Ruka!“ „Ich bin einfach nur erschöpft, Takuma-sama.“ Für einen Moment lag ein merkwürdiger Ausdruck in Ichijos Augen – dann drehte er sich auf dem Absatz um. „Ich fand es ganz lustig. Du erlaubst, dass ich mich zurückziehe. Ich gehe Kaname Bericht erstatten. Gute Nacht, Ruka.“ „Gute Nacht!“ Allein zurückgeblieben betrachtete Ruka die Finsternis, die sich hinter dem Fenster ausbreitete. „Dieses Mädchen hat wohl nichts gemerkt…“ murmelte sie, während sie mit den Fingern ihre Haare zurückstrich. Ihr Flüstern erstarb in der Finsternis. Es war niemand da, der sie hätte hören können. „Die Arme…“ Im Gegensatz zu ihren Worten enthielt ihre Stimme nicht den Hauch von Mitgefühl. Ja – es gab für Ruka keinen Grund, Mitleid mit „ihr“ zu haben.
 

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Blutmangel?

Kapitel 5: Blutmangel?

„Guten Abend!“ „Hallo, guten Abend! Wir haben schon auf dich gewartet, Fuka-chan! Bald können wir dir eine Auszeichnung als „Regelmäßige Besucherin“ verleihen!“, Fuka lachte geschmeichelt, als Ichijo sie so locker empfing. Sie war tatsächlich seit ihrem ersten unerlaubten Eindringen jeden Abend zu Besuch gekommen. „Ich habe Kekse mitgebracht, die können wir nachher alle zusammen essen!“, sie reichte Ichijo das hübsch eingepackte Mitbringsel. Er nahm es mit einer eleganten Bewegung entgegen: „Hmm, die sehen ja lecker aus! Wir lassen uns gleich von der Hausmutter dazu einen schönen schwarzen Tee kochen!“ „Und vielen Dank für den Manga, den du mir geliehen hast. Er war unheimlich lustig!“ „Das freut mich, dass er dir gefallen hat! Den nächsten Band kannst du dir auch von mir ausleihen, sobald er rausgekommen ist.“ „Oh ja, gerne.“ „Gut, ich rufe mal die anderen. Wartest du kurz?“ Nachdem Ichijo im ersten Stock verschwunden war, setzte sich Fuka auf das Sofa. Ihre Treffen fanden immer hier in der Lobby statt. Man hatte ihr bisher keine anderen Räume gezeigt, geschweige denn eines der Privatzimmer der Bewohner. Dabei hätte sie so gerne mal gesehen, in was für einem Zimmer Soen-senpai wohnte…aber sie war ja schon glücklich, dass sie überhaupt in das Haus Mond kommen durfte! Einen kleinen Wermutstropfen gab es jedoch: Sie hatte Kaname kein einziges Mal mehr gesehen. Hoffentlich würde sie ihn heute treffen…Jeden Abend klopfte ihr Herz vor leiser Erwartung. Heute kam Aido als Erster die Treppe herunter, gefolgt von Ruka und Kain. „Hallo!“ „Guten Abend!“ „Hi!“ Fuka tauschte ein Lächeln mit Ruka und Kain, aber im nächsten Augenblick zuckten ihre Lippen nervös. „Wie Aido mich anstarrt!“ Nach wie vor zeigte er kein Interesse an Fuka, und sie selbst fühlte sich in seiner Gegenwart unsicher und beklommen, so dass zwischen ihnen immer noch eine unangenehme Atmosphäre herrschte. „Ach ja, der Vize-Hausvorstand musste übrigens plötzlich etwas erledigen, deswegen kann er an unserem Treffen nicht teilnehmen. Ichijo hat mich gebeten, ihn bei dir zu entschuldigen.“ „Oh ja? Er hat bestimmt immer sehr viel zu tun, nicht wahr?“ Während ihrer Unterhaltung war die Hausmutter erschienen und hatte behände Tee und Gebäck auf dem Tisch arrangiert. „Also, greift zu!“ „Oh, danke!“ „Die Kekse hat Fuka-chan mitgebracht.“ „Wirklich? Dann probier ich doch gleich mal einen…“ Kain steckte sich schnell einen Keks in den Mund und sagte dann plötzlich: „Ruka, ich habe eine Bitte! Kannst du dir einen Ausschnitt in meinem Bericht über das Experiment durchlesen?“ „Was“ Hast du ihn noch nicht fertig? Er muss doch morgen abgegeben werden, oder?“ „Ja, sorry. Bitte sei so nett! Da ist eine Passage, mit der ich einfach nicht richtig zufrieden bin…“ Mit der Teetasse in der Hand sah er Ruka an und nach kurzem Zögern nickte sie widerwillig. „Na gut. Aber nur kurz!“ „Du bist ein Schatz!“ „Das heißt, du musst leider auf uns verzichten, Kisaragi. Aber nicht lange“, entschuldigten sich Ruka und Kain. „Kein Problem! Macht euch bitte meinetwegen keine Gedanken!“ Die Schule ging auf jeden Fall vor. Sie hatte kein Recht, auf die Anwesenheit der beiden zu bestehen. Ein wenig enttäuscht war sie dennoch und schaute ihnen betrübt nach. In dem nun folgenden drückenden Schweigen nippte Fuka an ihrem Tee und bemühte sich, möglichst kein Geräusch zu machen. „Oh man, warum ist der denn jetzt noch hier?“, fragte sie sich im Stillen. Durch den aus ihrer Tasse aufsteigenden Dampf blickte sie zu Aido, der sich nach wie vor mit missmutigem Gesicht auf einem Sessel lümmelte und aus dem Fenster sah. Nach Rukas und Kains Rückzug war Fuka davon ausgegangen, dass er sich schleunigst verkrümeln würde. „Ich wäre viel entspannter, wenn ich allein hier warten könnte“, dachte sie. Sie seufzte genervt. Aido wandte sich zu ihr: „Was ist?“ Anscheinend fühlte er sich angesprochen. „Oh nein, was mach ich denn jetzt…?“, überlegte sie erschrocken. Es war ihr überhaupt nicht in den Sinn gekommen, sich über ein Gespräch mit Aido Gedanken zu machen. Und so redete sie einfach drauflos. „Ähm…bitte erzähl mir etwas über Kaname-sama!“ Aido zog pikiert eine Augenbraue hoch: „Kaname-sama?“ Siedend heiß fiel Fuka ein, dass das Thema Kuran-senpai gegenüber Aido-senpai ein absolutes Tabu war. Noch dazu war ihr „Kaname-sama“ rausgerutscht! So nannte sie ihn nur in ihren Gedanken, offiziell sprach sie natürlich von „Kuran-senpai“. Sie erinnerte sich an die grässliche Atmosphäre bei ihrem zweiten Besuch, als sie nach ihm gefragt hatte. Ein eisiger Windhauch war durch die Lobby geweht. „Aber egal, Aido-senpai kann mich ohnehin nicht leiden. Wovor sollte ich mich fürchten?“, dachte sie und beschloss einfach ohne Hemmungen draufloszureden. „Ähm, mag Kuran-senpai Süßigkeiten?“ „Weiß nicht.“ „Isst er zum Beispiel Schokolade?“ „Keine Ahnung.“ „Oder mag er Süßes vielleicht überhaupt nicht?“ „Weiß nicht.“ „Was isst er denn gerne?“ „Weiß nicht.“ Diese widerwillig gegebenen Antworten nahmen selbst ihr die Lust, weiterzufragen und sie fiel in verdrossenes Schweigen. „Wie ist der denn drauf? Ein bisschen was könnte er ja ruhig mal verraten, der Blödmann!“, dachte sie. Ihr plötzliches Verstummen veranlasste Aido zu einem genervten Blick in ihre Richtung: „Was ist?“ „Du kannst mich nicht leiden, weil ich für Kuran-senpai schwärme, stimmt es?“ „Ja, stimmt genau“, gab er ohne weiteres zu. Fukas Schläfen pochten. „Eifersucht ist bei Männern etwas Hässliches“, stellte sie fest. „Was fällt dir…“, setzte er an, doch sie unterbrach ihn. „Du bist doch selbst schuld!“ Fuka war bei diesen Worten von Sofa aufgesprungen. Da wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen. Verwundert spürte sie, wie ihre Beine nachgaben und ihre Hände und Füße kalt wurden. Um sie herum war zwar alles schwarz, doch im Inneren ihrer Augen flackerten trübe Farben. Blutarmut? „He, was hast du?“, Aido sagte etwas, aber sie verstand ihn nicht. Ihre Lippen zitterten, sie brachte keinen Ton heraus. Außerdem fror sie und konnte kaum atmen. „Mir…ist kalt…“, dachte sie. Irgendetwas hüllte ihren zitternden Körper ein. „Was war das?“, mit äußerster Kraftanstrengung hob sie den Kopf und sah vor sich Aidos besorgtes Gesicht. Offenbar hatte er sie rasch vor dem Umfallen aufgefangen und hielt sie nun fest. Sie wollte sich bedanken, aber ihre Stimme gehorchte ihr nicht und auch ihr Körper war immer noch kraftlos. Vielleicht hatte Aido das bemerkt, denn er packte noch einmal fester zu. „Sei ganz ruhig. Ich halte dich.“ Sie nickte zitternd und lehnte sich an ihn. Er war so warm… Ihr blutloser Körper empfand die Hitze, die Aido ausstrahlte, als sehr angenehm. Er sah zwar zart aus, doch er war erstaunlich stark. Er stützte Fuka ohne die geringste Anstrengung. Ihr Herz machte einen Sprung. Es war ein seltsames Gefühl, ganz anders als bei einer Ohnmacht. „Ähm, entschuldige. Es geht schon wieder“, Fuka versuchte sich aus seinen Armen zu winden. „Nicht bewegen!“, Aido ließ sie sanft auf das Sofa gleiten. „Bist du wieder okay? Was war denn nur los mit dir?“ „Mir wurde auf einmal schwindelig…“, fing sie an. „Schwindelig…?“, bei diesem Wort erstarrte Aidos Miene. „Passiert dir das in letzter Zeit häufiger?“ „Eh? Was meinst du?“ „Dass dir schwindelig wird“, merkwürdigerweise schien Aido ernsthaft besorgt um sie. Das war so erstaunlich, dass es sie geradezu nervös machte. „Aido-senpai macht sich Sorgen um mich?“ Irgendwie tat ihr das auch leid, so dass sie ihr immer noch bleiches Gesicht zu einem Lächeln zwang. „Mir geht es schon wieder gut, entschuldige bitte!“ „Lass dir Zeit! Ruh dich eine Weile aus.“ Tatsächlich war ihr Körper immer noch schlapp und sie würde ihm wohl kaum über längere Zeit weismachen können, dass es ihr wirklich besser ging. „O…Okay.“ „Warte mal!“, Aido griff in seine Brusttasche, zog eine kleine Dose heraus und öffnete sie. Dann nahm er Fukas Hand und schüttete drei weiße Tabletten hinein. „Was ist das?“, fragte sie. „Ein Medikament gegen Blutarmut. Schluck das bitte!“ „Ein Medikament gegen Blutarmut…?“, Fuka riss erstaunt die Augen auf. „Wieso trug Aido-senpai so etwas mit sich herum?“ „Du wirst dich dann besser fühlen“, versicherte er, griff nach einer Flasche auf dem Tisch und goss Wasser in ein Glas, das auf dem Teewagen stand. „Wozu brauchst du diese Tabletten? Hast du etwa eine schwache Konstitution, Aido-senpai?“ erkundigte sich Fuka. „Das ist doch jetzt uninteressant. Nimm die Tabletten, schnell.“ Sie nahm das Glas aus seiner Hand und spülte die Tabletten gehorsam hinunter. Das klare Wasser erfrischte sie und sie atmete auf. „Das Medikament wirkt nur langsam. Bis dahin musst du schön vernünftig sein.“ Sie legte sich hin und schloss die Augen. Nach einer Weile überkam sie, vielleicht auf Grund der Tabletten, eine angenehme Schläfrigkeit. „So, dann…“ Das Sofa quietschte leise und sie spürte, wie seine Wärme sich entfernte. Panisch streckte sie eine Hand nach ihm aus. Sie wollte jetzt nicht allein sein! „Eh…?“ Fuka hatte ihn mit ihrer kleinen Hand an seinem Hemd gepackt. Er hielt für einen Moment die Luft an, setzte sich dann ganz leise und behutsam an den Rand des Sofas. Fuka schlief beruhigt ein. Aido hatte nichts weiter zu tun, er saß einfach da. Er hatte ihr die Tabletten gegeben, mehr konnte er nicht machen. Er schüttelte nicht einmal ihre Hand ab, mit der sie ihn immer noch festhielt, er blieb einfach nur bei ihr. http://img2.lln.crunchyroll.com/i/spire4/07092008/f/5/e/d/f5eda89f761430_full.jpg
 

Plötzlich wachte Fuka auf und rieb sich verwundert die Augen, als sie nicht wie üblich auf ihre gewohnte Zimmerdecke blickte. „Nanu?“, wunderte sie sich. „Wo bin ich?“ „Aufgewacht?“ Als sie Aidos Stimme neben sich hörte, fiel ihr sofort wieder ein, dass sie im Haus Mond war. Richtig, sie wäre ja fast umgekippt… Nach dem kurzen Schlaf fühlte sie sich aber wieder einigermaßen wohl. „Wie geht es dir?“, erkundigte sich Aido. „Die Tabletten haben offenbar gewirkt“, als Fuka sich aufrichtete, rutschte die Jacke, mit der er sie zugedeckt hatte, von ihren Schultern. „Oh, hier…“, sie nahm die Jacke und reichte sie Aido. „Vielen Dank!“ „Dafür musst du dich nicht bedanken“, wehrte er ab. „Ich geh jetzt besser. Es ist schon spät und die anderen kommen offenbar auch nicht mehr…“ Aido wartete mit den Händen in den Hosentaschen, während Fuka sich zum Gehen fertig machte. Danach begleitete er sie wie immer ohne Worte zum Tor, doch diesmal war die Stimmung zwischen ihnen nicht angespannt oder steif, so dass Fuka überhaupt nicht unter seiner Wortkargheit litt. Sie hatte eher ein ganz merkwürdiges Gefühl, halb geschmeichelt, halb beschämt, weil Aido aus Rücksicht auf sie kleinere und langsamere Schritte machte als sonst. „Wir sind da.“ Vor dem Tor blieben sie stehen und Fuka verbeugte sich höflich. „Ich bin dir heute zur Last gefallen. Ich bring dir beim nächsten Mal etwas mit, zum Dank.“ „Nicht nötig. Falls du noch mal zusammenbrichst…kannst du gerne noch mehr Tabletten von mir bekommen.“ „Okay, wenn es noch mal passiert, sag ich dir bescheid. Also dann, gute Nacht!“ Über Aidos unerwartete Freundlichkeit war sie wirklich erfreut. Zwar hatte sie auch heute wieder nicht Kaname getroffen, doch dafür hatte sie eine überraschende Seite an Aido kennen gelernt. Außerdem…Sie erinnerte sich an die wärme von Aidos Brust und legte die Hände an ihre Wangen. „Oh mein Gott! Was hab ich denn für Gedanken?!“, quietschte sie innerlich. Als sie schnell zu ihrem Haus zurücklief, hatte Fuka bereits vergessen, dass ihr plötzlich schwindelig geworden war und dass sie solche Symptome bisher noch gar nicht gekannt hatte.
 

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Der Albtraum

Kapitel 6: Der Albtraum

Fuka spielte mit einem Hund in einem weitläufigen Park. Der Hund hatte weiches Fell und war klein, ein Welpe. Fuka warf einen roten Ball, der Kleine lief ihm hinterher, schnappte ihn und wälzte sich übermütig auf dem Boden. „Oje, du bist ja ganz schmutzig! Zu Hause musst du aber in die Wanne, okay?“ Als sie ihn auf den Arm nahm, streckte der Hund erfreut seine Zunge heraus und leckte ihr über die Wange. Dabei sah er sie mit seinen Kulleraugen bettelnd an. Sie musste lachen und nahm den roten Ball wieder in die Hand. „Ist ja gut, mein Kleiner! Jetzt werfe ich ihn aber mal richtig weit, ja?“ Der Ball flog, tippte auf und der kleine Hund preschte los. „Eh?!“, Fuka erstarrte. Der Hund rannte dem wegkullernden Ball hinterher – aus dem Park auf die stark befahrene Straße“ „Vorsicht!“, schrie Fuka, sprintete los, lief um ihr Leben und riss den kleinen Hund in ihre Arme – im nächsten Moment flog sie durch die Luft. Zu spät hatte sie das ohrenbetäubende Quietschen von Bremsen gehört, während sie den blauen Himmel wie in Zeitlupe vor ihren Augen vorbeiziehen sah. „Fliege ich…?“, fragte sie sich. Das Geräusch, mit dem sie auf dem Boden aufprallte, hörte sie nur wie aus weiter Ferne und spürte gar nichts. Die Zeit verging unendlich langsam. Fuka lag auf der Straße und erkannte irgendetwas Rotes auf dem Boden. „Mein…Ball…?“, dachte sie und versuchte die Hand danach auszustrecken, doch sie merkte, dass sie den Arm nicht bewegen konnte. Nein. Das war nicht ihr Ball. Das war… Dieses Rot, das sich vor ihren Augen allmählich ausbreitete… Dieses hübsche Rot, das aus ihrem Körper herausfloss und die Straße färbte…war das ihr…?! „Aaaaaah!“, mit einem lauten Schrei fuhr Fuka hoch. Sie war schweißgebadet, ihr Herz raste und sie zitterte am ganzen Körper. Was war das eben…? Was hatte sie…Hatte sie geträumt? Sie hatte noch nie einen Unfall gehabt. Aber der Traum war so unglaublich realistisch gewesen… „Fuka? Was hast du?“, Kanae hatte sich im Bett aufgesetzt und rieb sich die Augen. „Oh…entschuldige, Kanae. Ich hab was Seltsames geträumt…“ „Alles okay? Ich hol dir ein Glas Wasser…“ Fuka schüttelte den Kopf: „Nein danke, lass nur. Wenn ich Durst bekomme, kann ich mir selber etwas holen.“ „Ja? Okay, dann gute Nacht! „Ja, schlaf gut!“ Kanae schlief wieder ein und bald hörte Fuka ihren ruhigen Atem. Vorsichtig stand sie auf und trat an Waschbecken. Sie trank einen Schluck Wasser und beruhigte sich langsam. Dieser Traum eben….und…das ganze Blut…Sie schauderte. Ihr Körper wurde von einem unbeschreiblichen Frösteln geschüttelt. Sie legte ihre Arme um sich. „Es war ein Traum! Ein Traum!“, wiederholte sie, wie um sich selbst zu überzeugen und kroch zurück ins Bett. Sie würde einfach wieder einschlafen. Schlafen und den Traum vergessen. Fuka starrte in die Dunkelheit und atmete flach. In ihrer Brust saß ein eisiger Klumpen aus Beklemmung und Furcht. Ihre Nerven waren gereizt und angespannt. „Was ist das bloß…?“ Obwohl sie in ihrem warmen Bett lag, zitterte ihre Stimme. Fuka konnte in dieser Nacht nicht mehr einschlafen. Dieser Albtraum hatte sich tief in ihr Herz eingebrannt.
 

Fortsetzung Folg

Die Unterlagen

Kapitel 7: Die Unterlagen

In dieser Nacht war nur ein einziges Fenster des Schulgebäudes erleuchtet. Die Vampire hatten eine Unterrichtspause und versammelten sich um Ichijos Platz. „Seit etwa einer Woche nimmt sie das Medikament… Wie ist ihr Zustand?“, während sie in ihren Unterlagen blätterte, warf Ruka einen kurzen Blick auf Aido. „Es scheint zu wirken.“ „Aber wir können noch nichts Genaues sagen, bevor wir den Verlauf nicht etwas länger beobachtet haben, oder?“, meinte Rima Toya und strecke die Hand nach der Tüte mit Schokobonbons aus, die Senri Shiki festhielt. „Also bitte…“ Ihr beide seid ja noch kein einziges Mal dabei gewesen!“ „Na ja, am ersten Abend waren wir nun mal nicht auf dem Gelände! Immerhin unterstützen wir eure Forschung ja jetzt, indem wir an der Diskussion teilnehmen“, murmelten die beiden. Die Gesichtszüge der Night Class Schüler waren so grazil – beide gingen problemlos als Models durch – dass es schwer einzuschätzen war, ob Rima und Shiki nur so affektiert wirkten oder es wirklich waren. Aido meldete sich zu Wort: „Findet ihr nicht, dass ihr euch zu sehr auf mich verlasst? Aber eigentlich kein Wunder, immerhin gelte ich als Genie“, meinte er großspurig, was ihm eine bissige Grimasse von Ruka einbrachte. „Ihr versteht euch gut. Deswegen vertrauen wir dir. Das ist alles.“ „Wie bitte…?“ „Hört schon auf. Alle beide!“, mischte Kain sich ein, um die Woge zu glätten. „Komm schon, Aido! Du engagierst dich doch am meisten bei dieser Forschung. Also verlassen sich alle automatisch auf dich“, meinte Ichijo lächelnd und warf einen Blick zur Tür. „Allmählich müsste der Physiklehrer kommen.“ Aido nahm die Unterlagen mit den Daten von Ruka in Empfang und ging an seinen Platz. Er hatte noch ein bisschen Zeit, um sie durchzusehen. Hier standen die nüchternen Zahlen und Zeichen, die er selbst eingetragen hatte. Seit dem Vorfall hatte er Fuka jeden Tag Tabletten gegeben, aber…die Dosis musste deutlich erhöht werden. Das wich ein wenig von den Berechnungen ab, nach denen eine geringe Menge des Medikaments hätte ausreichen müssen. Dennoch, Fuka war immer gut gelaunt und munter, wenn sie ins Haus Mond kam. Die Tabletten wirkten also durchaus. Unwillkürlich warf er einen Blick hinüber zum Haus Sonne, das durch die Fenster zu sehen war. Die meisten Schüler der Day Class schienen noch wach zu sein, denn viele Fenster waren erleuchtet. Eine Academy, an der Vampire und Menschen koexistierten: „Es wäre dumm, diese Gegebenheit nicht für unsere Forschung zu nutzen“, dachte er. Er tat es für Kaname, der über die Welt der Vampire herrschte. Er empfand es als seine Pflicht und seinen Auftrag, der Sache zu dienen.
 

Fortsetzung Folgt

Verliebt in Aido?

Kapitel 8: Verliebt in Aido?

„Fuka! Lass uns Mittag essen!“, rief Kanae, das Lunchpaket in der Hand. „Okay…“, antwortete Fuka lustlos, während sie mit aufgestütztem Kinn am Tisch saß und verträumt nach draußen blickte. „Ich freu mich schon, heute gibt es mein Lieblingsessen! Was gibt es wohl zum Nachtisch…?“ Fuka ließ Kanaes Geplapper an sich vorbeiziehen und grübelte. Warum hatte sie jede Nacht denselben Traum? Wenn es nur irgendein belangloser Traum wäre, würde sie sich ja keine Gedanken machen. Aber er war so realistisch. Er war zu realistisch und das machte ihn so unangenehm und beängstigend. Durch ihre belastenden Träume schlief sie zu wenig. Vielleicht fühlte sie sich deshalb in letzter Zeit so schlapp. Möglicherweise war das auch der Grund für die Blutarmut. Fukas Fingerspitzen tasteten vorsichtig nach dem kleinen Döschen, das sie in ihrer Rocktasche versteckt hatte. Da sie seit dem Vorfall im Haus Mond häufig zum Umkippen neigte, hatte sie sich letztendlich tatsächlich von Aido mit Tabletten versorgen lassen. Vor sieben Tagen hatte sie das Medikament zum ersten Mal eingenommen. Doch die Symptome besserten sich nicht.
 

„Das Quietschen von Bremsen, ein Schrei, tiefrotes Blut… mein Blut!“ Jedes Mal, wenn sie an den Traum dachte, hatte sie das Gefühl, alles Blut wiche aus ihrem Körper. Sie versuchte den Traum zu vergessen, doch die Bilder waren wie auf ihrer Netzhaut eingebrannt und ließen sie nicht los. Sonst konnte sie doch ihre Träume immer irgendwann vergessen! So etwas hatte sie noch nie erlebt. „Was ist los mit dir, Fuka? Machst du dir etwa schon wieder Gedanken wegen des Sankt-Schokolatius-Tags?“ „Eh? Sankt-Schokolatius-Tag?“ Plötzlich in der Realität zurückgerufen riss Fuka die Augen auf. Kanae saß vor ihr und sah sie an, während sie ihr Lunchpaket öffnete. „Ach, doch nicht?“ Hastig setzte Fuka ein Lächeln auf: „Doch, doch, du hast Recht! Wenn ich erst anfange über Schokolade nachzudenken, kann ich gar nicht mehr aufhören…“ „Du bist ja wirklich voll motiviert! Und, welche Schokolade nimmst du?“ „Welche…?“ Fuka legte verwundert den Kopf zur Seite, dann schlug sie die Hände zusammen, als wäre es ihr gerade erst eingefallen: „Richtig! Ich wollte Kuran-senpai ja Schokolade übergeben!“ „Hey, was bist du denn so schusselig? Bist du nicht genau deswegen ins Haus Mond eingestiegen?!“ Vor lauter Verblüffung hatte Kanae unwillkürlich die Stimme erhoben. Fuka legte ihr schnell die Hand auf den Mund. „Kanae, nicht so laut!“ „Oh, sorry, tut mir leid!“ Kanae zog erschrocken den Kopf ein. Dann rückten sie so nah aneinander, dass ihre Münder sich fast berührten und führten ihr Gespräch mit gedämpfter Stimme fort. „Und, hast du nachgeforscht, welchen Geschmack Kuran-senpai hat?“ „Ähm, na ja…“ Da Fuka Kaname seit jenem Abend nicht mehr getroffen hatte, hatte sie keine Möglichkeit gehabt ihn zu fragen. Und Aido, der sofort miserable Laune bekam, wenn die Rede auf Kaname kam, konnte sie ohnehin vergessen. Doch auch die anderen drei wechselten immer geschickt das Thema, wenn sie nachfragte. Es war ihr inzwischen auch nicht mehr so wichtig, irgendetwas auszukundschaften. Sie war zufrieden und glücklich, dass sie das Haus Mond besuchen durfte.
 

Plötzlich sah sie Aidos Gesicht vor ihrem inneren Auge und wurde flammend rot. „Oje, Fuka, was ist mit dir?! Hast du vielleicht Fieber?!“, fragte Kanae besorgt. „Nein, es ist nichts, keine Sorge! Ich hab mir vorgestellt, wie Kuran-senpai meine Schokolade in Empfang nimmt und da…Ich hab nichts, wirklich!“ Fuka schüttelte den Kopf um die Situation zu überspielen, doch innerlich war sie ziemlich durcheinander. Warum taucht Aido-senpais Bild vor ihr auf? Noch dazu dachte sie ausgerechnet an die Nacht, als er sie im Arm gehalten hatte…Seine Brust. Seine Augen, die sie besorgt angesehen hatten. Kanae grinste Fuka an, die mit hochroten Wangen vor ihr saß. „Liebst du Kuran-senpai so sehr?“ „J…ja…“ Genau, sie liebte Kaname-sama! Wieso dachte sie an Aido-senpai?! Ihr Herz schlug laut. Doch das heftige Pulsieren war nicht unangenehm. Gerade das verwirrte Fuka noch mehr. „Oh Mann, ich halte das nicht aus!“, dachte sie verzweifelt. Sie war völlig verwirrt. Ihr Mittagessen ließ sie unberührt stehen.

In der Stadt

Kapitel 9: In der Stadt

Fuka und Kanae hatten sich eine Ausgeherlaubnis besorgt, um am Wochenende in die Stadt zu gehen. Sie wollten Schokolade für den Sankt-Schokolatius-Tag kaufen und Fuka wollte Kanae als Dank für ihre Hilfe beim Überklettern der Mauer zu einem Kakao einladen. „Und Fuka, wie hat dir die Schokolade aus dem Laden geschmeckt?“ „Hmmm…“ „Vielleicht solltest du doch etwas selber machen, oder? Da du sie ihm doch morgen als Erste an seinem Balkon überreichen wirst! Da musst du schon was Tolles zu bieten Haben. Wollen wir noch mal in dem Geschäft gucken, was es da so gibt?“ Kanae, die fast motiviert war als Fuka selbst, schleppte ihre Freundin regelrecht hinter sich her. In diesem Moment bemerkte Fuka aus den Augenwinkeln, wie eine Gestalt, die Aido ähnelte, in eine Gasse auf der anderen Seite der Straße einbog. „War er das wirklich? Und war das nicht Senri Shiki-senpai?“ Ihm war sie bei ihren Besuchen im Haus Mond nie begegnet, doch da er als absoluter Frauenschwarm bei den Mädchen der Day Class hoch im Kurs stand, kannte sie sein Gesicht. „Was ist los Fuka?“ „Ach, ich hab nur einen Bekannten gesehen…Ich will ihm kurz Hallo sagen. Geh ruhig schon mal vor!“ Fuka überquerte die Straße. Sie suchte die Gasse, in die Aido und Shiki eben verschwunden waren und lief weiter. Nach ein par Schritten kam sie plötzlich wieder zu sich. „ Was fällt mir eigentlich ein ihm nachzulaufen?“, dachte sie. Als sie sich selbst die Antwort auf die Frage gab, machte ihr Herz einen kleinen Satz. Sie beschloss zu Kanae zurückzugehen. Genau in diesem Moment kam von oben irgendetwas herabgesprungen. Fuka schrie auf, denn im selben Moment schlang auch schon jemand, der viel größer war als sie, von hinten seine Arme um sie. „Du siehst köstlich aus!“, krächzte eine grobe Stimme und eine raue Zunge leckte über ihren Nacken. Ihr Schrei wurde von einer schwieligen Hand erstickt. „W…Wer war das? Ein Triebtäter, ein Perverser?“ Fuka wand sich um aus der Umklammerung loszukommen. Und im nächsten Augenblick hörte sie: „Lass sie los.“ Fuka meinte Aidos Stimme erkannt zu haben, als sie auch schon auf den Boden geworfen wurde. Schnell richtete sie sich wieder auf und sah, wie sich eine Art Peitsche um den Körper des fremden Mannes schlang. Aus seinem Mund ragten zwei…Reißzähne? „Bist du ein Adliger?“, spuckte die raue Stimme des Mannes dem Besitzer der Peitsche spottend entgegen. „Was machte Shiki-senpai da? Es sah aus, als käme diese Peitsche irgendwie aus seiner Fingerspitze hervor…“ „Komm!“, Aido zerrte Fuka hoch und sie stolperte vorwärts. Sie liefen durch die enge Gasse, liefen und liefen… Auf einer großen Straße blieben sie stehen. Das helle Sonnenlicht blendete sie für einen Moment. „Was hast du hier in der Gasse zu suchen?“ „Wieso…? Ich bin zum Einkaufen in der Stadt…und ihr…? Aus einer Gasse trat Shiki zu ihnen. „Bin fertig Aido-san.“ Im hellen Sonnenschein wirkte Shiki mit seiner weißen Haut so zart, fast als könne man durch ihn hindurchsehen. Er sah nicht im Entferntesten so aus, als könne er eine Peitsche kräftig schwingen und einen Mann damit fesseln. Doch sie hatte es eben mit eigenen Augen gesehen. „Ist sie…“, Shikis Augen hefteten sich auf Fuka. „Ja, das ist sie. Aus der Day Class.“ Shiki wandte den Blick rasch ab und drehte sich auf dem Absatz um. „Ich geh von hier aus zur Arbeit, ciao!“ „Okay!“ Nachdem Shiki gegangen war, sah Aido Fuka mit einem irgendwie unschlüssigen, vielleicht sogar genervten Blick an. „Ähm, vielen Dank…dass ihr mich vor diesem Triebtäter gerettet habt!“, stotterte Fuka. „Triebtäter?“, wiederholte Aido. „Ähm, ich habe Shiki-senpai gar nicht danken können, bitte tu das für mich! Ich muss los, Kanae-chan wartet auf mich!“ Sie verbeugte sich und lief davon. Aido-senpai hatte sie vor einem Triebtäter gerettet! Was für ein Zufall, dass er wieder zur Stelle gewesen war! Es lag wohl nicht nur am schnellen Laufen, dass ihr Herz so schnell schlug und ihre Wangen glühten.
 

Fukas Gestalt mischte sich unter die Menschenmenge und war bald nicht mehr zu sehen. Aido fuhr sich durch die krausen Haare. „Ein Triebtäter also, meinte sie…?“ Also brauchte man ihre Erinnerung ja wohl nicht zu löschen. Aido und Shiki, die auf Kanames Befehl zur Jagd ausgerückt waren, hatten den Ehemals-Mensch-Vampir exakt in dem Moment entdeckt, als er seine Reißzähne in Fukas Hals graben wollte. Ausgerechnet Fuka war sein Opfer, die ohnehin in letzter Zeit häufig an Blutarmut litt. Hätte dieser Vampir seinem Instinkt folgend ihr Blut getrunken, wäre sie an dem Schock möglicherweise gestorben. Vielleicht wäre das für sie sogar besser gewesen… Wie um diesen Gedanken zu verscheuchen, fuhr Aido sich noch einmal fast wütend durch die Haare.

Eine Schlaflose Nacht

Kapitel 10: Eine Schlaflose Nacht

„Kaname-sama, Kaname-sama. Ich liebe Kaname-sama.“ Nach dem Lichterlöschen lag Fuka in ihrem Bett und betete sich verzweifelt diesen Satz vor. Sie schloss die Augen und versuchte sich Kanames Gesicht vorzustellen, doch… „Verdammt! Nein, das ist nicht das richtige, ich will Kaname-samas!“, dachte sie wütend, denn vor ihrem inneren Auge erschien immer nur Aidos Gesicht. Fuka zappelte wie wild mit den Armen und Beinen, nahm dann ihr Kissen in den Arm und kniff entschlossen die Augen zu. „Aido-senpai ist überhaupt nicht mein Fall! Er ist kaltherzig, unfreundlich, gemein…“ Klapp!, gingen ihre Augen wieder auf. „Aber...er hat mir geholfen…“ Als sie umgekippt war, hatte Aido sich um sie gekümmert, nicht Kaname. Dabei war es in seinen Augen Sicherheit die reinste Zumutung gewesen. Das hatte er sich aber nicht anmerken lassen, sondern war an ihrer Seite geblieben, bis es ihr wieder besser ging. Und auch heute hatte er sie vor dem Triebtäter gerettet. Da war es wieder. Wieder fing ihr Herz an stärker zu klopfen. Vielleicht war Aido-senpai nur schüchtern… Das wäre eine Erklärung. Ihr erster Eindruck von ihm war grässlich gewesen, dass sie seitdem der festen Überzeugung gewesen war, nie mit ihm klarkommen zu können. Sie hatte es einfach nicht gemerkt, dass er trotz seines ablehnenden Verhaltens kein gemeiner Mensch war. Ein wirklich kaltherziger Mensch hätte sie nicht bis ans Tor gebracht, als sie nachts alleine nach Hause gehen musste. Sie hatte ihn falsch eingeschätzt. Sie wollte sich mit ihm anfreunden. Sie wollte mehr über ihn erfahren… Als sie in ihren Gedanken so weit gekommen war, schreckte sie plötzlich hoch. „Nein, nein, ich liebe Kaname-sama, also muss ich mich auf für Kaname-sama interessieren!“ Als sie Kaname das erste Mal getroffen hatte, hatte sie auch Herzklopfen gehabt. So sehr, dass sie kaum atmen konnte. Doch dieses Herzklopfen jetzt war irgendwie anders. Kein Bubbern, sondern ein richtiges tiefes Pochen. „Oh verdammt, was mach ich bloß…? Ich versteh gar nichts mehr…Was soll ich tun?“ seufzte Fuka und drückte ihre Stirn tief in ihr Kopfkissen. Dann kam ihr plötzlich eine Idee. „Genau!“ Sie würde Aido-senpai einfach auch Schokolade schenken! Sie hatte sich ohnehin noch nicht für die Tabletten bedankt. Und sie musste sich dafür erkenntlich zeigen, dass er sie heute gerettet hatte… Es war nichts Seltsames daran, jemanden zum Dank Schokolade zu schenken. „Okay! Die richtige bekommt Kuran-senpai und Aido-senpai bekommt welche als Zeichen meiner Dankbarkeit.“ Beschlossen! Damit wäre das Problem ja wohl gelöst… „Moment, wieso Problem?!, rief sie unwillkürlich aus und gleich drehte sich Kanae im Bett neben ihr herum. Hastig schlug Fuka sich die Hände vor den Mund. Sie musste vorsichtiger sein, damit sie Kanae nicht aufweckte. Sie zog die Beine an ihren Körper und warf sich die Decke über den Kopf. So würde Kanae sie nicht hören, selbst wenn sie ein bisschen lautere Selbstgespräche führte. „Welche Art Schokolade Aido-senpai wohl mochte?“ Als sie die Kekse mitgebracht hatte, hatte er welche genommen, also hatte er wohl nichts gegen etwas Süßes. Aber selbst wenn Kekse okay waren, mochte er vielleicht süße Schokolade nicht so gern. Falls er aber ein Fan davon war… Sie hatte einfach nicht genügend Informationen! Es war vielleicht auch besser, nichts allzu Niedliches zu nehmen. Wenn er so eine besonders mädchenhafte Schokolade sah, würde er Fuka vielleicht für kindisch halten und das wollte sie nicht. Eine zu ausgefallene Schokolade dagegen würde zu motiviert wirken und wäre peinlich. „Schokolade für Aido-senpai…hmmm…“ Fuka überlegte stirnrunzelnd, dann setzte sie sich ruckartig auf. „Ich hab es! Ich frage ihn einfach!“ Das war am sichersten, damit konnte sie nichts falsch machen. Sie warf einen kurzen Blick auf die Uhr neben ihrem Bett. Es war schon ziemlich spät. In letzter Zeit ging es ihr nicht besonders gut und sie hatte eigentlich heute Nacht nicht vorgehabt ins Haus Mond zu gehen. Vielleicht schlief er ja schon…aber vielleicht war er auch noch wach, schließlich gehörte er zu Night Class. Kurz entschlossen machte sie sich fertig. „Wenn er schläft, geh ich einfach wieder und wenn er wach ist, frage ich ihn“, dachte sie. Schnell lief sie hinüber zum Haus Mond. „Ist das kalt! Ich hätte mir mehr überziehen sollen!“, murmelte sie und zog ihren Mantel enger um sich. Sie atmete heftig aus, weißer Dunst breitete sich aus und zerstob. Sie fror stärker als sonst, vielleicht weil sie heute später unterwegs war. „Nur schnell zum Haus Mond!“ Sie lief weiter, während sie ihre klammen Hände mit ihrem Atem wärmte. Ihre Haare tanzten um ihre Schulter.

Ertappt

Kapitel 11: Ertappt

Vermutlich wegen der späten Stunde war heute niemand am Tor, so dass Fuka einfach durchging. Sie erreichte die Eingangstür des Hauses und fasste gerade nach dem Türknopf, als sie durch die Tür eine sanfte Stimme hörte. Sie gehörte Ichijo: „Fuka-chan scheint als Versuchskaninchen für das Medikament ideal zu sein, nicht wahr?“ Als sie ihren Namen hörte, erstarrte Fuka. Als Nächstes hörte sie Kains Stimme. „Es war einfach günstiges Timing, dass gerade die Symptome eingesetzt haben. Die Wirkung des Medikaments ist ohne solche Anzeichen schwer zu erkennen…Es hat genau gepasst.“ „Ja, sie hat die Tabletten bekommen und sie nimmt sie ein. Nun ist der Verlauf leicht zu verfolgen.“ „Aido, du verstehst dich ja so gut mit ihr, also kannst du sie weiterhin überwachen.“ „Ich versteh mich nicht gut mit ihr. Das ist doch nicht euer Ernst…mit einem Ehemals-Mensch-Vampir? Außerdem finde ich diese Überwachung lästig. Ich habe da keine Lust drauf.“ „Ach ja? Hast du dich nicht neulich sehr nett um sie gekümmert?“ „Da ist mir ja nichts anderes übrig geblieben. Außerdem war es eine günstige Gelegenheit, ihr die Tabletten zu geben!“ „Aber, aber! Wir sollten auf alle Fälle jetzt erst mal den Verlauf der Medikation beobachten.“ Versuchskaninchen, Symptome, Überwachung? Lauter Worte, die Fuka verwirrte, drangen an ihre Ohren. Versteinert stand sie da, unfähig sich zu bewegen. Sie verstand nicht, was das alles bedeutete.
 

„Kaum zu glauben, dass sie ein Vampir-Rekrut ist…“ „Hausvorstand Kuran hat es am ersten Abend am Geruch ihres Blutes erkannt…“ „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie zum Level E degeneriert.“ Lauter unbekannte Begriffe schwirrten ihr um die Ohren. Doch Ichijo und die anderen redeten ohne jeden Zweifel über sie. Das war das Einzige, was sie verstand. Sie war ein Versuchskaninchen…? Und was in aller Welt meinten sie mit Überwachung…? Medikation…? Meinten sie damit etwa die Tabletten gegen Blutarmut, die sie von Aido-senpai bekommen hatte? Ihre Beine schienen unter ihr nachzugeben. Sie konnte sich kaum aufrecht halten. „Sie kommt zu Glück regelmäßig hierher. Das gibt uns die Möglichkeit, kontinuierlich zuverlässige Daten zu sammeln.“ Sie hörte ein Geräusch wie das Umblättern von Papier. Ichijos sanfte stimme klang ganz anders als sonst, so gleichgültig und unbeteiligt. Der Ichijo hinter dieser Tür war nicht der Ichijo, den sie kannte. „Wie man den Daten entnehmen kann, wird es nicht mehr lange dauern, bis sich das Mädchen in ein Vampir verwandelt…sehr traurig.“ Die Stimme klang zu gelassen…beängstigend. „Was soll das? Wovon sprechen sie…? Vampir…Ich soll…ein Vampir sein?“ Fuka wollte nur noch weglaufen. Doch ihre Füße gehorchten ihr nicht. Ihr übermäßig geschärfter Hörsinn erfasste nach und nach Worte, die sich in ihr Gedächtnis eingruben und sie verletzten. „Aido, wie beurteilst du den Verlauf?“ „Ich denke, dass die Tabletten recht gut wirken. Die Symptome haben sich noch nicht extrem verschlechtert, wenn ich das richtig sehe.“ „Das denke ich auch. Noch ist es Blutarmut. Die Degeneration hat noch nicht eingesetzt.“ „Das heißt demnach, das Medikament, das wir entdeckt haben, unterdrückt zumindest ihre Verwandlung zum Vampir?“ „Ich hoffe es. Noch hat sie nicht den Hauch einer Ahnung, was mit ihr passiert. Wir können jedenfalls noch keine endgültigen Schlüsse ziehen, nicht wahr?“
 

Vampire waren doch Fantasiewesen…! Sie logen, das konnte nicht sein! Fuka versuchte verzweifelt, sich einzureden, dass das alles Hirngespinste waren, doch in ihren Augen sammelte sich Tränen. Es war wie ein Albtraum, genau wie ihr nächtlicher, immer wiederkehrender Traum. Das konnte einfach nicht stimmen. Doch ihr Instinkt sagte ihr, dass ihre häufige Blutarmut nicht normal war. Sie sollte ein Vampir sein…? Das konnte nicht sein…! Völlig geschockt setzte sie sich auf die Türschwelle. Ruka hatte das kaum wahrnehmbare Geräusch gehört und rief mit scharfer Stimme: „Wer ist da?!“ Aido riss die Tür schwungvoll auf. „Du…?!“ „Aido-senpai…“ Zwei Augen, aus denen große Tränen kullerten, blickten zu ihm auf… Fuka erhob sich blitzschnell, drehte ihm den Rücken zu und rannte davon. „Hey warte!“, rief er und streckte rasch die Hand aus, doch sie war zu schnell. „Mist!“, entfuhr es ihm. Er schnalzte mit der Zunge und lief hinter ihr her. Sie hatte gehofft, dass alles das Gerede ein geschmackloser Scherz sei. Doch ein Blick in Aidos Gesicht hatte genügt: Sie hatte verstanden. Sie wusste, dass es die Wahrheit, dass es die Realität war. Aido war seine Beunruhigung deutlich anzusehen, denn ihm war klar geworden, dass Fuka alles mitgehört hatte.

Die Wahrheit

Kapitel 12: Die Wahrheit

Sie konnte nicht mehr. Was war hier eigentlich los?! Mit zusammengepressten Lippen lief sie einfach blindlings drauflos. Es kümmerte sie nicht, dass sie kaum noch Luft bekam und ihre Beine schwer wurden. Sie wollte einfach nur weg. Vor der Wahrheit fliehen. „Es ist eine Lüge…!“ Aber Aidos Augen hatten ihr gesagt, was sie nicht hatte hören wollen. „Ist das alles…wahr…?“ Heftig atmend blieb Fuka endlich stehen und sank an Ort und Stelle auf die Knie. Sie bekam einen Hustenanfall, zog die Schultern beim Atmen hoch und wiederholte unter Tränen: „Warum? Warum?!“ Sie alle hatten sie betrogen. Die Night Class Schüler waren nicht nett zu ihr gewesen, weil sie sie gern hatten, sondern weil sie Fuka als Versuchskaninchen brauchten. Sie hatten ihr erlaubt, ins Haus Mond zu kommen, um sie zu überwachen. Sie hatten Fuka ohne jeden Skrupel an der Nase herumgeführt. Sie hatte nichts gemerkt und sich naiv gefreut und war doch nur eine Marionette gewesen. „Wieso…?“ Ihre Handflächen waren blutverschmiert. Wahrscheinlich hatte sie sich beim Hinfallen aufgeratscht. Tiefrotes Blut mit einem speziellen Geruch. Ob auch dieses Blut schon nicht mehr menschliches Blut war, sondern das Blut eines Monsters? „Bin ich ein…Monster…?“ Sie hörte das Rascheln von Schritten im Gras. Als sie langsam den Kopf hob, sah sie ein paar Schuhe, zwei Beine… Ihr Blick wanderte allmählich nach oben und hielt schließlich bei Aidos ruhigem Gesicht inne. „Aido…Senpai…“ Fukas blasses Gesicht, das im Mondlicht leuchtete, war ausdruckslos wie eine Puppe. Der Nachtwind ließ Aidos Haare umherfliegen und blies kalt zwischen den beiden hindurch. „Bist du in Ordnung?“, fragte Aido. „Aido-senpai…was bedeutet das? Ich soll ein Vampir sein?“ Ihr verzweifelter Blick durchbohrte ihn. „Ich bin ein ganz normales Mädchen…ich bin doch kein…Monster!“ Aido kniete sich neben Fuka, um ihr in die Augen sehen zu können. „Du bist ein normaler Mensch. Im Moment…“ „Im Moment?!“ „Du hattest in den Schulferien, bevor du hier an die Academy kamst, einen Unfall, nicht wahr?“ Bevor sie hierher gekommen war? Sie besuchte die Cross Academy nicht bereits seit der Junior Highschool, sondern erst seit der Highschool. Doch an einen Unfall konnte sie sich nicht erinnern. „Einen Verkehrsunfall? Aber…das ist doch nur ein Traum…“ Was, wenn dieser Traum aber tatsächlich passiert war? „Du hattest wirklich einen Unfall. Und du warst lebensgefährlich verletzt.“ „Woher weißt du das? Ich kann mich nicht daran erinnern…“ Aido fuhr fort, ohne ihre Frage zu beantworten. „Nach dem Unfall hast du mit dem Tod gekämpft. Offenbar hat ein reinblütiger Vampir, der zufällig in der Nähe war, dich aus seiner Laune heraus gerettet. Wobei man es im Ergebnis vielleicht nicht wirklich als Rettung bezeichnen kann…“ Was Aido Fuka nun erzählte, überstieg ihr Vorstellungsvermögen bei weitem: „Unter Vampiren gibt es so genannte Reinblüter, die in der Lage sind, andere starke Vitalkraft zu verleihen. Ein Mensch, der von einem Reinblüter gebissen wird, verwandelt sich selbst in einen Vampir. Daraufhin kann er sich irgendwann nicht mehr gegen den Instinkt des Vampirs, das Verlangen nach Blut, wehren und was ihn letztendlich erwartet, ist der Tod als Vampir – das so genannte Erlöschen. Die letzte Stufe, zu der ein Mensch-Vampir degeneriert, nennen wir Level E.“ „Wieso… Wieso weiß du all das, Aido-senpai?“ Aido antwortete ruhig: „Ich bin auch ein Vampir. Genauer gesagt, alle Schüler der Night Class sind Vampire. Das ist allerdings nur eine Handvoll Menschen bekannt…“ Wie ein Stein landete diese Eröffnung in Fukas Bewusstsein. Aido, Ichijo, Ruka, Kain, Kaname…sie alle waren Vampire. Sie waren keine Menschen. „In dem Moment, als du fast gestorben wärst, wurdest du von einem Reinblüter gebissen und erwachtest als Vampir. Deine Erinnerung wurde wahrscheinlich von dem Reinblüter gelöscht. Dass sie anfängt zurückzukehren, ist möglicherweise eine Nebenwirkung der Tabletten.“ „Das ist…ungerecht! Ich habe mir das nicht ausgesucht!“ „Du bist wütend auf den Reinblüter? Aber nur weil du ein Vampir geworden bist, konntest du weiterleben. Ist das ein Grund, unglücklich zu sein? Wärst du bei dem Unfall gestorben, gäbe es dich jetzt nicht mehr.“ In Aidos Stimme schwang eine Spur von Ungeduld mit. In seinem Gesicht kämpften die verschiedensten Empfindungen miteinander: Wut und Verwirrung, Entrüstung und Nachsicht. Wäre Fuka für ihn nur ein Versuchskaninchen, dann hätte er nicht diese sich widersprechenden Gefühle. Er wäre viel kühler, so wie Ichijo, Ruka und die anderen. „Bisher hatte ich meine Familie, meine Freunde, ich hatte immer einen Grund fröhlich zu sein… Ich war nie unglücklich. Im Gegenteil, ich war sehr glücklich“, dachte sie. Sie Sah die Gesichter ihrer Eltern und Kanaes vor sich und wieder flossen Tränen ihre Wangen hinunter. Wenn nun dies der Preis für das Glück war, das ihr als Mensch zuteil war? Das war zu grausam. „Was soll ich denn machen…?!“ Aido streckte der völlig verstörten Fuka eine Hand hin. „Nimm das Medikament. Es ist zwar noch im Erprobungsstadium, aber eine andere Möglichkeit gibt es nicht.“ „Du meinst…die Tabletten?“ Die Tabletten, die sie für ein Medikament gegen Blutarmut gehalten hatte. „Genau. Die Tabletten, die ich dir gegen habe verlangsamen die Verwandlung in einen Vampir. Mit der Einnahme kannst du die Entwicklung unterdrücken.“ Fuka sah Aido direkt in die Augen. Sie sah hinter den Zorn, der in seinem Blick lag und es kam ihr so vor, als könne sie da so etwas wie Anteilnahme erkennen. Sie holte tief Luft. „In Ordnung. Ich werde die Tabletten weiter einnehmen. Ich habe wohl keine andere Wahl. Ich…werde dir vertrauen, Aido-senpai. Aidos Lippen bebten für einen kurzen Moment. Dann presste er sie fest aufeinander und blickte zu Boden. „Ja, das kannst du auch. Ich bin nämlich ein Genie.“

Stille Hilferufe

Kapitel 13: Stille Hilferufe

Fuka erinnerte sich nicht daran, wie sie wieder zurück in ihr Zimmer gekommen war. Sie saß auf ihrem Bett und betrachtete abwesend das Pillendöschen in ihrer Hand. Es war das Döschen, das Aido bei sich gehabt hatte. Er hatte es ihr gegeben, gefüllt mit Tabletten. Dieses Medikament würde ihr helfen? Sie nahm eine Tablette aus dem Döschen und ließ sie in ihrer Hanffläche herumkullern. Sie war klein und weiß. Sie sah aus wie eine gewöhnliche Tablette. Diese noch in der Entwicklung befindlichen so genannten „Bluttabletten“ sollten Fukas Verwandlung in einen Vampir hemmen. Vampir. Ein Monster, das Menschen aussaugte. So etwas würde sie werden…Sie war nicht auf so etwas vorbereitet. Sie konnte es einfach nicht glauben. Was würde mit ihr geschehen? Sie ballte die Hand um die Tablette zur Faust. Aido hatte ihr alles gesagt, ohne irgendetwas zu verheimlichen. Er hatte all ihre Fragen beantwortet und ihr gesagt, was mit einem Menschen passierte, der von einem Reinblüter gebissen wurde. Fuka würde am Ende ein Vampir werden und kein Mensch mehr sein. Sie würde allmählich die Stufen bis zum Level E durchlaufen und schlussendlich zu einem Monster verkommen, das Leute angriff und ihr Blut aussaugte. Aido erklärte ihr, dass der Mann, der sie gestern bedroht hatte, ein Level E gewesen war. „Also waren das tatsächlich die Reißzähne eines Vampirs“, dachte sie, „die zwei spitzen Zähne, die sie nur für einen kurzen Moment gesehen hatte. Ohne Aidos und Shikis Eingreifen hätte er ihr Blut ausgesaugt. Andererseits, wenn sie ihren Senpais nicht nachgelaufen wäre, hätte sie sich gar nicht in diese gefährliche Situation gebracht. Ironischerweise hatte sie nun bei dem Gedanken an Aido, ihren Retter, kein Herzklopfen mehr. Das Erlebnis machte ihr nur noch Angst, weil sie jetzt wusste, dass auch sie irgendwann als Monster enden würde.
 

Ein Level E. In nicht allzu ferner Zukunft würde Fuka degenerieren. Wie würde sich das anfühlen? Sie würde ihre Freunde und die Menschen in ihrer Umgebung, jeden, der ihr in die Hände fiel, angreifen und deren Blut rauben. Wenn der Instinkt des Vampirs sie dazu brachte, ihre Reißzähne in den Hals eines Menschen zu bohren, würde sie in ihrem Herzen schreien: „Ich wollte nicht so ein Monster werden! Ich hatte keine Wahl!“ Dies war ihr Schicksal, gegen das sie sich nicht wehren konnte. Sie war froh, dass Aido ihr das ganze deutlich gesagt hatte. Es war besser, zu wissen, was auf sie zukam, als zu degenerieren, ohne zu ahnen, was da mit ihr geschah. Er hätte ihr das alles auch verschweigen können. Er hätte sich herausreden oder lügen können. Die Senpais waren alle von Geburt an Vampire…Das hatte Aido ihr erzählt, und dass Kaname einer der wenigen „Reinblüter“ war, die die Oberschicht der Vampirwelt bildeten, während er selbst und die anderen Schüler zur zweithöchsten „Adelsschicht“ gehörten. Mit anderen Worten: Sie waren alle Zugehörige der herrschenden Klasse. Darunter kamen die normalen Vampire, und den untersten Rang nahmen die Ehemals-Mensch-Vampire ein, wobei Leben und Tod der Vampire des Level E = END komplett von der herrschenden Klasse kontrolliert wurde. Sie „kontrollieren“. Fuka „wurde überwacht“. Diese Hierarchie stimmte sie traurig und wütend. Sie unterschieden sich durch ihre Geburt und durch ihre soziale Stellung. Diese Unterschiede trennten sie. Für die herrschende Klasse war sie vermutlich nicht mehr als ein Haustier. Wenn das so war, dann wäre es ihr lieber gewesen, sie wäre nicht gerettet worden. „Hast du etwa nur gelitten in deinem Leben? Hast du dich nicht ein einziges Mal glücklich gefühlt?“ Aido Stimme hallte in ihrem Kopf wieder, und Fukas Herz, das angefangen hatte sich vor Hass zu verhärten, wurde plötzlich weich. Wäre sie nicht an die Academy gekommen, dann hätte sie ihre beste Freundin Kanae nicht kennen gelernt. „Ich werde niemanden hassen…“ Davor wollte sie sich bewahren – trotz des schweren und harten Schicksals, das ihrer Seele aufgebürdet worden war. Auch wenn sie sich so sehr davor fürchtete, dass sie laut schreien und weglaufen wollte. Ihr blieb nur ein einziger Weg: Sie musste jeden Tag mit ganzer Kraft leben. Sie war sie selbst, sie konnte niemand anders werden, Daran musste sie glauben. Sie wollte sich bis zum Schluss treu bleiben. Auch deshalb musste sie diese Tabletten schlucken. Sie waren die letzte Hoffnung, die ihr blieb. Das einzige Mittel, das ihre Zerstörung verhindern konnte. Es war eine kleine, ein winzige Hoffnung, aber ihr blieb im Moment nichts anderes übrig, als sich daran zu klammern. Ein Schwindelgefühl überfiel sie. Ihr Blickfeld färbte sich rot, ihre Kehle war trocken, ihr ganzer Körper fühlte sich entsetzlich ausgetrocknet an. Schnell warf sie die Tablette in den Mund und spülte sie mit Wasser hinunter. Sie legte den Kopf in den Nacken, trank die Tasse mit großen Schlucken aus und keuchte. War es das Wasser, das den plötzlichen Durst gelöscht hatte, oder war es… Fuka wusste nicht, was sie machen sollte, um ihren vor Angst und Unsicherheit zitternden Körper zu beruhigen. „Hilfe…! Hilfe…!“, flehte sie inbrünstig, doch es war niemand da, den ihre Worte hätte erreichen können. Fuka rollte sich in der Dunkelheit auf dem Bett zusammen. Das Zittern hörte die ganze Nacht lang nicht auf.

Ein Funken Freude

Kapitel 14: Ein Funken Freude

„Fuka, du bist in letzter Zeit so blass… Geht es dir irgendwie nicht gut?“ Als Fuka morgens ihre Schuluniform anzog, betrachtete Kanae plötzlich kritisch ihr Gesicht. „Eh? Nein, wieso? Mir geht’s prima!“ „Ja? Dann ist ja gut, aber schläfst du auch genug? Und dein Appetit war auch mal größer, oder? Wenn irgendwas ist, sag es mir, okay? Ich bin jederzeit für dich da.“ „Ja, das ist lieb. Danke…“ Kanaes Freundlichkeit schnitt ihr ins Herz und tat ihr weh. Da sie das Gefühl hatte, gleich in Tränen auszubrechen, griff sie schnell nach ihrer Tasche. „Ich geh schon mal los, ja?“ Beim Hinausgehen wurde ihr schon wieder schwindelig. Sie taumelte, ihr Blick verschwamm und in ihrem Kopf drehte sich alles. „Oh nein!“, dachte sie. All ihre Bemühungen, sich zusammenzureißen, nützten nichts, denn nun rutschte die Tasche aus ihren kraftlosen Fingern. Kanae kam zu ihr gelaufen und flüsterte erschrocken: „Was hast du, Fuka? Du bist kreidebleich!“ „Es ist nicht schlimm. Ich muss nur meine Tabletten nehmen, dann geht’s wieder.“ „Jedenfalls musst du dich erst mal hinlegen! Kannst du stehen? Stütz dich auf mich. Wir gehen ganz vorsichtig!“ Kanae stützte Fuka, so gut sie konnte, und brachte sie zu ihrem Bett. Fuka öffnete mit zitternden Fingern ihr Pillendöschen und Kanae brachte ihr sofort ein Glas Wasser. „Soll ich einen Lehrer oder den Arzt rufen?“ „Nein, lass nur, ich kenne das schon.“ Sie nahm die Tabletten mit einem Schluck Wasser. „Wenn ich mich jetzt noch einen Moment Ausruhe, geht es wieder.“ Sie seufzte erleichtert auf, dabei kullerte eine letzte Tablette aus ihrer Hand in das Glas. „Oje!“ Die wertvollen Tabletten! Nun hatte sie eine davon vergeudet. Während die weiße Tablette langsam im Wasser versank und sich auflöste, sonderte sie rote Farbe ab, die das Wasser allmählich zu einem giftigen, grausamen Purpurrot einfärbte. „Irgendwie ist die Farbe unheimlich… Fuka, ist das wirklich ein Medikament?“, Kanae betrachtete das Glas und zog angeekelt die Augenbrauen hoch. „J…Ja, keine Sorge. Ist wohl ein Farbstoff drin. Der schadet aber nicht. Normalerweise nehme ich die Tablette auch nicht aufgelöst ein.“ Fuka redete munter drauflos, damit Kanae nicht merkte, wie schlecht es ihr ging, doch ihr Blick wanderte immer wieder zu dem blutrot gefärbten Wasser. Das Medikament wurde also aus Blut hergestellt… Von dem Zeitpunkt an, wo sie Blut zu sich nahm, war sie bereits ein Monster, egal in welcher Form es geschah. Fuka überlief es kalt, da ihr so vorkam, als ob ihr Bewusstsein in eine bodenlose Finsternis hineingezogen würde. „Bist du okay? Vielleicht solltest du heute nicht zum Unterricht gehen. Ich sage den Lehrern Bescheid.“ „Nein, ich komme, wenn ich mich ein wenig ausgeruht habe. Richte ihnen bitte nur aus, dass ich mich verspäte.“ „In Ordnung…Gut, dann gehe ich schon vor. Aber mute dir nicht zu viel zu, okay?“ Kanae sah sie unendlich besorgt an, doch dann ertönte der erste Gong und sie verließ eilig das Zimmer. Fuka, die sich mit letzter Kraft zusammengerissen hatte, streckte sich ganz auf ihrem Bett aus und atmete keuchend. Merkwürdig. Es dauert viel länger als sonst, bis das Medikament wirkte. „Ich habe nicht mehr viel Zeit. Aber ich will noch so lange wie möglich normal leben und zur Schule gehen…!“ Was würde passieren, wenn sie Kanae alles erzählte? Nein, das kam nicht in frage. Die meisten Menschen wussten ja nicht einmal, dass Vampire überhaupt existierten. Wenn sie ihrer Freundin von ihrem Schicksal erzählte, würde sie nie wieder zu ihrem normalen Leben zurückkehren können. Auch Kanae würde schrecklich unter dem Los leiden, das Fuka aufgebürdet worden war, und sich aus Angst vor ihrer besten Freundin vielleicht sogar distanzieren. Sie wollte nicht, das Kanaes Lächeln, das sie so liebte, von Kummer überschattet wurde. Darum würde sie die Wahrheit vor ihr geheim halten. Wenn sie zum Level E degenerierte, würde sie ohne zu zögern sofort verschwinden. Diesen Entschluss hatte sie jetzt gefasst. „Es tut mir leid, Kanae Es tut mir so leid…“
 

Abends überzeugte Fuka sich davon, dass Kanae eingeschlafen war, und machte sich dann auf den Weg zum Haus Mond. Das majestätische Gebäude glänzte im Mondlicht – das Schloss der Vampire. Niemals hätte sie erwartet, dass sie einmal mit solchen Gefühlen herkommen würde. Als sie an die Tür klopfte, öffnete ihr Aido. „Ach du bist es. Brauchst du Tabletten?“ Fuka nickte mit starrem Gesichtsausdruck, ganz anders als früher. „Ich hole sie. Komm doch rein.“ „Nein, ich warte hier.“ „In Ordnung. Bin gleich wieder da.“ Zu Anfang hatte sie hier so viel Spaß gehabt. Jetzt wollte sie nicht einmal mehr einen Fuß über die Schwelle setzen. Es war ihr zuwider. Sie wollte Ichijo und die anderen nicht mehr sehen. Denn nun kannte sie die kaltblütigen Gesichter der Herrschenden hinter ihren freundlichen Masken. Aido gehörte zwar auch zur herrschenden Klasse, doch sie hatte beschlossen, ihm zu vertrauen. Er war der einzige Vampir, der offen und ehrlich mit ihr gesprochen hatte, auch wenn es vielleicht nur dazu diente, das Experiment voranzubringen. „Hiermit müsstest du eine Weile auskommen“, sagte er. Sie spürte das Gewicht der Tabletten, die er ihr in die Hand gedrückt hatte, und bedankte sich leise. „Vielen Dank!“ „Dir geht’s nicht so gut, oder? Du siehst blass aus.“ „Aber nein! Ich nehme das Medikament ja regelmäßig ein.“ Fuka rang sich ein schiefes Lächeln ab. „Wirklich? Dann ist es ja gut. Wenn irgendwas nicht stimmt, sag mir schnell Bescheid.“ „Ja… Oh, apropos, bald ist ja Sankt-Schokolatius-Tag!“ Um vor Aido zu verheimlichen, dass es ihr ganz und gar nicht gut ging, wechselte Fuka schnell das Thema. „Ah? Stimmt, dieses Event gibt’s ja auch noch…“ „Was magst du lieber, süße oder bittere Schokolade?“ Zum Glück erinnerte sich Fuka in ihrer Verzweiflung noch daran, dass sie Aido ja zum Dank Schokolade schenken wollte. Als sie diese Idee gehabt hatte, wäre es ihr niemals in den Sinn gekommen, dass ihr bis zum bevorstehenden Sankt-Schokolatius-Tag so schreckliche Dinge zustoßen würden. Im Handumdrehen hatte sich ihr Schicksal gewendet und wurde nun allmählich mit blutroter Farbe überstrichen. „Hmm…ich mag süße schon, aber sie darf nicht zu süß sein. Sonst schmeckt sie irgendwie seltsam.“ „Ach, ja?“ Fuka dachte daran, dass sie sich wegen des Sankt-Schokolatius-Tags ins Haus Mond eingeschlichen hatte. Im Garten hinter dem Haus war sie Kaname zum ersten Mal begegnet. Damals hatte alles begonnen… Obwohl es gerade erst passiert war, kam es ihr vor, als sei es schon vor langer Zeit gewesen. „Ja – mein Ziel war es, Schokolade zu übergeben.“ „Hah? Wovon redest du?“ Als Fuka plötzlich diesen unverständlichen Satz von sich gab, hob Aido die Augenbrauen. „Du willst ja wohl nicht mir Schokolade schenken?“ „Quatsch! Für mich gibt es nur Kuran-senpai!“ Fuka streckte dem unverblümt genervt dreinblickenden Aido die Zunge heraus. „So, jetzt bin ich erst recht wieder voll motiviert! Ich gebe alles!“ „Dass du Kaname-sama Schokolade übergibst, kommt überhaupt nicht in Frage. Ich werde dich davon abhalten, egal was ich dafür tun muss!“ „Bitte sehr! Diese Herausforderung nehme ich gerne an!“ Fuka kicherte amüsiert. Da sie sich genauso locker verhielt wie sonst auch, übersah Aido die Vorzeichen der nahenden Tragödie.
 

In Aidos Zimmer wartete Kain auf ihn. „Akatsuki…“ „Sie ist und bleibt ein Versuchskaninchen.“ Kain war ganz ruhig. Er machte Aido weder Vorwürfe noch kritisierte er ihn, sondern er wies ihn nur auf die Tatsache hin. Die Warnung lag zwischen den Zeilen. Lass dich nicht zu sehr auf sie ein! „Wovon redest du? Das ist doch selbstverständlich.“ Aido glitt durch die Tür in sein Zimmer. Kain seufzte gottergeben und murmelte: „Wir sind Wächter. Wir dürfen keine Gefühle entwickeln. Mitgefühl ist sowohl für sie als auch für dich nur quälend, Hanabusa… Ist dir das denn wirklich nicht klar?“

Vampirinstinkt

Kapitel 15: Vampirinstinkt

Es war erst drei Tage her, dass Fuka mit Kanae in der Stadt gewesen war. An diesem Abend war sie früh zu Bett gegangen, sie war entsetzlich blass und erschöpft. Die Übelkeit will gar nicht mehr weggehen… „Was soll ich nur machen…?“, fragte sie sich verzweifelt. Schon am Morgen war es ihr nicht gut gegangen, und sie hatte sorgfältig darauf geachtet, sich nicht zu überanstrengen. Häufig verbesserte sich ihr Zustand gegen Abend, doch heute gab es keinerlei Anzeichen dafür. Sie hatte eher das Gefühl, dass es immer schlimmer wurde. Obwohl ihr nicht schwindelig war, beschloss sie, die Tabletten zu nehmen. Sie zog ihr Pillendöschen hervor und stand langsam vom Bett auf. Kanae war gerade im Bad. Wenn Fuka die Ohren spitzte, konnte sie das Wasser rauschen hören. Es würde wohl noch einige Zeit dauern, bis ihre Freundin wieder herauskam. Fuka nahm ihre ganze Kraft zusammen und lief zum Waschbecken. Ihre Beine waren so schwer, dass sie fürchtete, es nicht zu schaffen. Alles schwankte vor ihren Augen. Dann sah sie nur noch Schwarz, hörte nichts außer einem Klingeln in den Ohren und verlor jegliche Orientierung. Sie spürte nur, dass ihre Hände und Füße kalt wie Eis waren und dass ihr Herz unangenehm hämmerte. „Hil…fe…“, Fuka war kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. „Bin fertig mit Duschen! Wie geht…“, Kanae kam in ein Badetuch gewickelt aus dem Badezimmer. Sie riss die Augen auf, als sie Fuka zusammengesunken auf dem Boden hocken sah. „Fuka! Was ist mit dir?“ „A…Alles…o…ka…“ „Du bist überhaupt nicht okay, du bist total bleich! Wo sind deine Tabletten?!“ Fuka hielt die Pillendose mit ihrer zitternden Hand umklammert. „Warte, ich hole Wasser!“ Kanae goss Wasser in ein Glas, half Fuka sich hinzulegen und versuchte dann, ihr die Tabletten zwischen die Lippen zu schieben. „Fuka, deine Tabletten! Schluck sie bitte!“ Langsam erreichte ein warmer, süßer Duft Fukas trübes Bewusstsein. Was war das für ein Duft? Er lockte sie, zog sie an. Fuka öffnete ihre fest geschlossenen Lider und sah mit leeren Augen zu ihrer Freundin auf. „Ah, es ist Kanae!“, dachte sie und richtete sich langsam auf, als würde sie von ihrem Duft angezogen. Es war nicht der Duft von Shampoo oder Duschgel. Der vom Duschen erwärmte Körper strömte ihn aus, diesen Geruch. „Halt, Fuka! Kannst du schon wieder aufstehen? Komm jetzt, nimm die Tabletten!“ Mit irrem Blick suchte Fuka nach dem Ursprung des süßen Dufts. Kanae hatte sich nach dem Waschen die Haare hochgesteckt. Ihre weiße Nackenlinie war entblößt – unter der rosigen Haut am Hals konnte Fuka die Adern durchschimmern sehen. Adern, die mit jedem Herzschlag pulsierten. Fukas Herz klopfte im Gleichklang mit Kanaes Puls. Es sah köstlich aus. Es sah unglaublich köstlich aus. Sie schluckte ihren Speichel hinunter. Sie hatte Durst. Sie konnte diesen Durst nicht mehr mit den Tabletten stillen. Denn hier hatte sie etwas vor sich, das viel süßer war als die Tabletten. „Fuka?! Hörst du mich?!“ Endlich wurde auch der Freundin klar, dass Fuka in keinem normalen Zustand war. Sie griff brutal nach Kanaes Schultern und zog sie an sich. „Au!“ Solche Gewalt passte gar nicht zu Fuka. Kanae verzog das Gesicht und sah ihre Zimmerkameradin ängstlich an. „Was ist denn mit dir, Fuka? Du bist so seltsam! Deine Augen sind ganz blutunterlaufen, und dein Mund… Waaaaaaaah!“ Das Beben in ihrer Stimme mündete in einen spitzen Schrei. Fukas Kopf näherte sich ihrem Hals… das heißt, nein, sie… „Fu…ka…?“ Aus Fukas weit geöffnetem Mund ragten weiße Reißzähne. Kanae schloss ihre Augen, öffnete sie aber wieder, als sie einen kurzen Schmerz spürte: Diese Reißzähne hatten sich exakt in ihre Halsschlagader gebohrt und saugten das Blut heraus. Kanae konnte deutlich hören, wie Fuka schluckte. „Köstlich…wie köstlich das schmeckt! Mehr! Gib mir mehr davon…“, Fuka hatte vollkommen die Kontrolle über sich verloren. Hier waren ein Vampir und seine Beute. Kanae war weder ihre Freundin noch ihre Zimmerkameradin, sie war reine „Nahrung“. Der Vampir in Fuka war wie berauscht vom Geschmack menschlichen Bluts, das sie zum ersten Mal in ihrem Leben kostete. Unersättlich und gierig fuhr sie fort, es hinunterzuschlingen. Doch noch war sie nicht gesättigt. Sie wollte mehr. Sie umfasste Kanaes bereits kraftlosen Körper mir ihren Armen uns spürte dabei, wie sich das warme Rot wohltuend in ihrem Inneren ausbreitete. Fuka überließ sich ganz und gar ihrem Glücksgefühl und ihrer Gier, gegen die sie sich nicht wehren konnte… Dann verlor sie plötzlich das Bewusstsein.
 

Wie viel Zeit war vergangen, wie lange war sie bewusstlos gewesen? Fuka fröstelte auf einmal und öffnete die Augen. Verwundert stellte sie fest, dass sie auf dem Boden lag. Sie wollte sich mit der Hand am Boden abstützen, um aufzustehen, als ihre Fingerspitzen die Wange der neben ihr liegenden Kanae berührten. „Kanae…?“ Kanae lag mit fest geschlossenen Augen da, leblos und weiß wie ein Blatt Papier. Ihre Haare waren immer noch feucht. Es konnte also nicht lange her sein, dass sie aus der Dusche gestiegen war. „Kanae, was…“ Die Wange an ihren Fingern war eiskalt. Dann fiel Fuka s Blick auf die zwei winzigen Löcher an Kanaes Hals. Zwei kleine Wunden, die aussahen, als hätte ein Vampir zugebissen. Vampir? Fuka schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. „War…war ich das etwa…? Habe ich sie…?!“ Sofort erhielt sie die Antwort auf diese Frage: ihr Blick fiel auf ihre Handfläche, die noch immer klebrig und voller Blut waren. Als sie sich hastig umschaute, entdeckte sie überall Blutflecken: auf dem Boden, auf ihrer Kleidung, überall. Hatte sie das getan…? „Kanae…oh mein…! Es tut mir leid! Mach die Augen auf, Kanae…!“ Sie umklammerte die ohnmächtige Freundin und schüttelte sie. Der kraftlose Körper schwankte leicht in ihren Armen und im Takt dazu rannen aus den zwei Wunden frische Bluttropfen. In diesem Augenblick erwachte die entsetzlich schamlose Gier erneut zum Leben. „Köstlich…. So ein Durst…mehr…mehr…mehr, mehr, mehr…!“ So trank sie noch mehr Blut. Kanaes Blut, das Blut ihrer besten Freundin. Sie trank das Blut eines Menschen! „N…Neiiiiiiin!"

Beschützer

Kapitel 16: Beschützer

Es klopfte heftig an der Tür. Es wurde kein Besuch erwartet. Aido, der zufällig gerade im Erdgeschoss war, öffnete mit unverhohlen missbilligender Miene die Tür. „Wer macht da solchen Krach?! Ach du bist es. Was soll der Lärm? Wenn es um die Tabletten geht…“ Seine Miene verhärtete sich im Nu und er zog seine wohlgeformten Augenbrauen zusammen. Es roch nach Blut…und zwar genau vor ihm. „Hast du…?“ Fuka stand blutbefleckt vor ihm und zitterte vor Entsetzen wie ein kleines Kind. „Sen…pai…i…ich…habe…Kanae…“ Sie versuchte verzweifelt, ihm zu erklären, was passiert war, doch vor lauter Schluchzen konnte sie nicht richtig sprechen. „Hast du jemandem Blut ausgesaugt…?“ „Ka…Kanae… Was soll ich nur machen? Vielleicht ist sie tot… Sie bewegt sich nicht. Sie bewegt sich nicht mehr!“ „Kanae? Deine Zimmerkameradin?“ Fuka nickte unter Tränen. „Hast du die Tabletten nicht genommen?!“, Aido packte sie brutal an den Schultern. „I…Ich habe sie genommen… Ich habe sie die ganze Zeit genommen…“ „Aber warum…?“, Aido kam ein schrecklicher Gedanke. „Das ist doch nicht etwa…?“, ihm viel nur eine plausible Erklärung ein. „Eine Resistenz?“ Wenn man ein Medikament über eine längere Zeit hinweg einnahm, dann konnte der Körper immun dagegen werden. Das bedeutete, dass es seine Wirkung verlor. Die Tabletten, die er Fuka gegeben hatte, hatten anfangs gewirkt. Doch möglicherweise hatte Fukas Körper im weiteren Verlauf der Einnahme Antikörper gebildet. So etwas konnte passieren… „Sie wirken also nicht mehr…“ Fuka war zwar das erste Mädchen, an dem die Tabletten getestet wurden, doch mit diesem Ergebnis hatte er nicht gerechnet. „Verdammt…“ Wenn sie hier stehen blieb, würden die anderen Schüler der Night Class den Geruch des Blutes bemerken. Er konnte Fuka nicht hier behalten. „Komm mit in mein Zimmer.“ Gerade als er dem zitternden Mädchen bedeutete, ihm in sein Zimmer zu folgen, kamen Ichijo und Shiki die Treppe herunter. „Warte, Aido. Das geht uns auch etwas an. Es wäre schön, wenn du nicht versuchen würdest, dir das alleine aufzubürden.“ Ichijo sprach mit leicht tadelnder und dennoch sanfter Stimme, während er auf Fuka zuging. Sie krümmte sich zusammen und machte einen Schritt rückwärts. Aido trat vor sie, wie um sie zu beschützen. „Ichijo…“ „Für den Moment ist es das Wichtigste, dass sie sich beruhigt.“ Sein Blick wanderte zu Fuka, die sich hinter Aido versteckte. „Deine Freundin ist am Leben. Ruka und Kain haben mir das eben berichtet.“ „Kanae…“ Sie lebte! Vor lauter Erleichterung fing Fuka an, hemmungslos zu weinen. Sie bedeckte das Gesicht mit beiden Händen und schluchzte heftig. „Ich bin so froh! Ich dachte, ich hätte sie getötet… Aber wieso haben die Senpai…?“ Ichijo blickte erst verlegen zu Aido und dann wieder zu Fuka. „Ehrlich gesagt haben wir dich in den letzten Tagen überwacht.“ „Hattet ihr die Überwachung nicht mir aufs Auge gedrückt?“, fragte Aido. „Kain meinte, du wärst „nicht unbeteiligt“…und Shiki hat mir von dem Vorfall in der Stadt erzählt. Deshalb haben wir so gehandelt.“ „Das ist…“, Aido biss sich ärgerlich auf die Lippe. „Zurück zum Thema. Deine Zimmerkameradin hat zwar überlebt, aber du hast ihr anscheinend eine ziemlich große Menge Blut abgenommen. Sie wird eine Weile im Bett bleiben müssen.“ Fukas Erleichterung hatte nur einen Moment angehalten. Bei Ichijos Worten lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken. „Ich bin widerwärtig… Ich kann ihr nicht mehr unter die Augen treten…“ Sie sackte in sich zusammen und fiel auf den Boden. Sie hatte ihrer besten Freundin nicht nur Blut ausgesaugt, sondern sie um ein Haar sogar getötet. „Was soll ich jetzt bloß machen…?“, Fuka wusste nicht mehr weiter. Dieses Verbrechen würde sie ihr Leben lang verfolgen. Als Ichijo sah, wie verzweifelt sie war, sagte er ihn ruhigem Ton: „Mach dir keine Sorgen, die Erinnerung deiner Freundin ist gelöscht. Sie wird vermutlich nur denken, dass sie umgekippt ist, als sie aus dem Bad kam.“ „Eh…?“ „Bei dir wurde doch auch die Erinnerung an den Unfall gelöscht, nicht wahr? Dasselbe haben wir bei ihr gemacht.“ „Aber…“ Sie sah Kanae wieder vor sich, wie sie blutend am Boden lag. Fuka beschloss, sich zum Besten ihrer Freundin und ihrer selbst von Kanae zu trennen. „Selbst wenn ihre Erinnerung gelöscht wurde, kann ich nicht zu ihr zurückgehen. Ich würde sie doch nur wieder der Gefahr aussetzen…“ Wenn sie jetzt noch bei ihr bliebe, würde sie sie am Ende doch noch töten, sobald sie zum Level E degeneriert wäre. „Du hast Recht. Wenn du zum Level E wirst, bist du nur noch ein „Tier“, das blind nach menschlichem Blut verlangt. Deshalb kann ich deine Entscheidung nur unterstützen.“ „Was…soll ich jetzt machen?“, fragte Fuka mit zitternder Stimme und sah Ichijo dabei direkt in die Augen. „Wir müssen dich isolieren, bevor du zum Level E wirst. Solange du noch du bist, stellen wir dich unter unsere Überwachung. Du wirst keinen Kontakt mehr zur Außenwelt haben und in aller Stille darauf warten, dass es passiert.“ „Das bedeutet also…?“ „Du wirst einsam auf deinen Tod warten“, diese Worte kamen von Shiki, der bisher geschwiegen hatte. Dann biss er auf seine fingerspitze, aber es quoll kein Blut daraus hervor, sondern eine Peitsche blitzte auf, die sich um Fukas Körper schlang. Sie schrie auf. „Shiki was machst du da?“, rief Aido empört. Anstelle von Shiki antwortete Ichijo. „Wir müssen sie fesseln. Die Geschwindigkeit, mit der sie degeneriert, ist nicht normal. Es geht zu schnell. Wir können nicht riskieren, dass sie in ihr Zimmer im Wohnheim zurückgeht.“ „Aber…sie ist doch noch nicht zum Level E geworden! Außerdem haben wir noch Zeit, das Medikament zu verbessern, um damit das Voranschreiten zu stoppen…“ Aido hatte die Fäuste geballt und zitterte, als würde er etwas mit Gewalt unterdrücken. „Aido-senpai…“, Fuka schnürte es fast das Herz ab, als ihr klar wurde, dass er wirklich versuchte, sie zu beschützen. „Ich verstehe dich ja. Aber du weißt sicher auch, dass wir sie nicht in die Academy zurückgehen lassen können.“ „Natürlich weiß ich das! Trotzdem…“ „Aido, belass es dabei…“ Beim Klang dieser Stimme wurde die Atmosphäre in der Lobby für einen Moment angespannt. Alle Anwesenden wandten ihre Augen in Richtung, aus der die Stimme so plötzlich gekommen war: Kaname stieg die Treppe hinunter. „Kaname…“ „Hausvorstand Kuran…“ „Bitte verzeiht, dass ich mich so aufgeführt habe“, Aido lockerte seine Fäuste und verbeugte sich höflich. „Schon in Ordnung. Sag mir lieber, wie du vorgehen möchtest…“, forderte Kaname ihn mit souveräner Miene auf, so als durchschaue er alles. „S…Sie hat mir vertraut und regelmäßig die Tabletten eingenommen. Darum will ich nicht, dass sie noch schlimmer…von uns verraten…“ Er konnte nicht weiter sprechen und biss sich auf die Lippe. Ihm war zutiefst bewusst, dass er sich Kaname gegenüber unverschämt verhielt. Kaname konnte Aidos Entschlossenheit in seinem Gesicht lesen. „Also gut. Ich vertraue sie dir an.“ Die Mienen von Ichijo und Shiki verdüsterten sich. „Kaname! Das ist…“ „Ihr habt es gehört, Ichijo und Shiki.“ „…Ja.“ Shiki verbeugte sich schnell, als Kaname die Treppe wieder hinauf ging, während Ichijo schweigend nickte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (17)
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Von:  Joumi
2022-02-06T14:29:39+00:00 06.02.2022 15:29
Die FF entstammt der Novel Eisblaues Verbrechen von Matsuri Hino und Ayuna Fujisaki und wurde nur einfach abgeschrieben. Es ist also keine FANgeschichte im eigentlichen Sinne, denn die ist kommerzielle und entspringt nicht der hier abgemeldeten Aurorin. ;)
Von: abgemeldet
2012-01-05T05:23:39+00:00 05.01.2012 06:23
ein super KApitel wieder!!!!!!!
Richtig gut geschrieben!!
Freu mich schon aufs nächste!!!!

Lg Duski1
Von:  Rin-Okumura
2011-12-19T18:15:39+00:00 19.12.2011 19:15
wow man war das spannend bin wirklich gespüannt aufs nächste^^
Von: abgemeldet
2011-10-16T20:12:38+00:00 16.10.2011 22:12
Also erstmal: Super hamma geil!!!!!!!!!
wie ich es gelesen hab, war mir einfach nur ein wort im sinn: weiter lesen!!!!!!!!!

Mein Fazit, super gut. und ich würde mcih freuend wenn du weiter schreiben würdest!!!!!!!!!

Lg Duski
Von:  Rin-Okumura
2011-08-17T17:53:17+00:00 17.08.2011 19:53
wirklich aufregende kapitel ^^
Von:  Rin-Okumura
2011-06-12T18:30:46+00:00 12.06.2011 20:30
wie immer richtig aufregend vor allen aidos letzter das kannst du ich bin nämlich ein genie XD
Von:  Rin-Okumura
2011-06-12T13:39:30+00:00 12.06.2011 15:39
wow, aber jetzt mal echt, ich bin ja entzsetzt wie arrogant kain
über die arme fuka da redet das ist ja echt hart die arme.
Von:  Rin-Okumura
2011-06-11T14:13:12+00:00 11.06.2011 16:13
echt schönes kp, oh man ich finde diese fuka voll toll^^
Von:  Rin-Okumura
2011-06-11T10:00:10+00:00 11.06.2011 12:00
echt aufregend^^,
also die fuka die geriert aber echt immer in schwiegkeiten, freue mich aufs nächste^^
Von:  Rin-Okumura
2011-03-15T18:00:34+00:00 15.03.2011 19:00
schönes kapitel freue mich aufs nächste


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