Taking Over von Umi (Thief King/Seth | Bakura/Seto | Bakura/Ryou | Seto/Jounouchi) ================================================================================ Kapitel 1: Maybe Memories ------------------------- Die in der Ferne sichtbaren Tempelanlagen waren in weiches, warmes Licht gehüllt und warfen lange Schatten auf den rötlichen Wüstensand... In dem Wissen, unbeobachtet zu sein, entledigte der junge Hohepriester sich seiner Sachen und ließ sich langsam in das kühle Wasser des Nils gleiten. Um diese Tageszeit waren kaum Schiffe unterwegs und dies war eine recht abgelegene Stelle des großen Flusses... also ideal geeignet, um sich von den Strapazen des Tages zu erholen. Wenn da nicht just in diesem Moment... "Hab ich dich!" Der auf frischer Tat Ertappte ließ augenblicklich den Millenniumsstab fallen, als sein Handgelenk gepackt und brutal zusammengedrückt wurde. Mit einem wütenden Knurren riss er sich los. "Nimm deine dreckigen Pfoten weg, Priesterheini!" "Hüte du lieber deine Zunge, Dieb!" Der Kleinere fuhr sich durch das schlohweiße Haar und warf dabei einen verstohlenen Blick auf das goldene Artefakt neben sich, ohne dem anderen zuzuhören. Wenn er das Ding jetzt aufhob und schleunigst das Weite suchte... "Wage es ja nicht, auch nur daran zu denken. Du würdest nicht weit kommen." "Wer sagt das?" "Ich sage das." "Und wer bist du?" Der Blauäugige glaubte, sich verhört zu haben. Dieser Kerl kannte ihn nicht? Jeder in dieser gottverdammten Gegend, wenn nicht sogar halb Kemet wusste, wer er war. Na gut, man konnte den Ärmsten ja schlecht dumm sterben lassen... "Ich bin Seth, Hohepriester des Horustempels und Berater des Pharaos. Und wie ist dein Name?" Der Andere lachte. "Mein Name dürfte dir nichts sagen... aber..." Er packte den Braunhaarigen am Kinn und leckte ihm über die Lippen. "Man nennt mich den König der Diebe..." Schon war er verschwunden. Und mit ihm die goldene Halskette des Hohepriesters. Der stand noch immer wie angewurzelt herum und fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lippen. Dann schüttelte er verwirrt den Kopf, hob den Millenniumsstab auf und wandte sich wieder seinem Bad zu. "Nii-sama?" Der Angesprochene schreckte aus seinen Gedanken hoch. "Hm?" "Hast du mir überhaupt zugehört?" "Natürlich..." "Und was ist nun?" Keine Reaktion. "Nii-sama! Ich hab dich was gefragt!" "Was?" Mokuba seufzte genervt und verschränkte die Arme. "Was ist denn nur los mit dir?" "Nichts ist los... nichts..." "Und das soll ich dir glauben? Seit Tagen verschanzt du dich im Büro... ich seh dich überhaupt nicht mehr!" Müde zwang der Ältere sich ein Lächeln auf. "Tut mir leid... hab viel zu tun..." "Ist alles in Ordnung?" "Wieso fragst du?" "Du siehst ziemlich blass aus." "So?" Besorgt stiefelte der Schwarzhaarige zu seinem Bruder und legte ihm die Hand auf die Stirn, zog sie aber sofort erschrocken zurück. "Nii-sama! Du glühst ja!" Mit einer fahrigen Bewegung winkte der Größere ab. "Unsinn, das ist nur ne leichte Sommergrippe oder irgendwas in der Richtung. Geht vorbei.... was machst du da?" Entschlossen quetschte Mokuba sich zwischen seinen Bruder und dessen Computer und fuhr diesen herunter. "Für heute ist Schluss. Du gehst jetzt ins Bett. Na!" Er gab Kaiba einen flinken Klaps auf die Hand, als dieser nach seinem Laptop greifen wollte. "Keine Arbeit!" "Aber-" "Und KEIN Aber!" "Die Firma-" "Nix die Firma! Du ruhst dich jetzt aus! Oder ich werd verdammt ungemütlich!" "Und die Schule-" "NII-SAMA! Du gehst seit einer geschlagenen Woche nicht zur Schule. Da wird's keinen umbringen, wenn du währenddessen im Bett liegst und dich auskurierst." "Und wer kümmert sich-" "Noch ein Wort und es gibt Ärger! Ich werde jetzt ins Bad gehen und Medizin aus dem Schrank holen. Wenn ich wiederkomme, will ich hier ein leeres Büro vorfinden und dich, wie du im Bett liegst! Verstanden?" Ein resigniertes Nicken war die Antwort. Mit argwöhnischem Blick verließ Mokuba das Büro - natürlich nicht, ohne sich alle paar Schritte noch einmal umzudrehen; schließlich wusste man nie, wie weit dieses Workaholic-Problem seines Bruders reichte. Dann war dieser endlich wieder allein und vergrub erschöpft das Gesicht in den Händen, ehe er sich mühsam erhob. Wie hatte er sich nur was einfangen können? Er wurde doch sonst nie krank und wo hätte er sich anstecken sollen? ... Natürlich. Vor einer Woche war der Köter hustend und niesend in der Schule erschienen und hatte diese noch vor der dritten Stunde wieder verlassen müssen, weil er auf dem Flur fast zusammengeklappt wäre. 'Jetzt hab ich die Hundegrippe... fehlte nur noch, dass ich zum Tierarzt muss...' Langsam schlurfte der junge Firmenchef in sein Zimmer und ließ sich dort in voller Montur aufs Bett fallen. Sein Blick wanderte zu dem Bild über sich. Prag. Karlsbrücke. Ein tanzendes Paar im Regen, neben ihnen der Butler, der einen Schirm hielt. Es war das erste und einzige Bild, das je bei Kaiba (wenn auch nur ansatzweise) so etwas wie romantische Gefühle ausgelöst hatte - aus diesem Grund hatte er es auch gekauft. Es war nicht teuer gewesen, 200 Kronen nur... Mit einem leisen Ächzen richtete der Braunhaarige sich auf, hängte das Bild ab, öffnete den dahinter verborgenen Safe und nahm dessen Inhalt heraus. Dann verschloss er den Tresor wieder und lehnte sich erschöpft an die Wand. Nachdenklich betrachtete er das goldene Artefakt in seinen Händen. Nach dem Finale seines DuelMonsters-Turniers hatte ihm dieser Irre von einem Ägypter einfach dieses Ding in die Hand gedrückt und war verschwunden. Und nun musste er darauf aufpassen. Als ob er sonst nichts zu tun hatte... "Nii-sama? Schläfst du?" Hastig versteckte der Angesprochene den Stab unter seinem Kissen. "Nein. Komm ruhig rein." Der Kleinere schlüpfte ins Zimmer und sprang dann mit Anlauf auf das riesige Bett seines Bruders. "Und nun sag Aaaah!" "Mokuba, ich-" "Sag Aaaah!" Ein Seufzen. "Aaampf-" Der Ältere kniff die Augen zusammen und schluckte die eklige Medizin herunter, die Mokuba ihm in den Mund gestopft hatte. "Zufrieden?" "Sehr sogar. Und nun wird Fieber gemessen." "Also, ich-" "Nii-sama... wir messen jetzt dein Fieber!" "Das kann ich auch alleine." "Aber ich will das machen!" "Mokuba, musst du nicht zur Schule?" Stille. "Dacht ich's mir doch. Du machst dich jetzt fertig, dann wird Roland dich fahren, verstanden?" "Aber-" "Kein Aber!" "Wer kümmert sich um-" "Mokuba!" Schmollend kletterte der Junge vom Bett herunter. "Ja ja... aber du gehst nicht arbeiten! Das versprichst du mir!" "Ich verspreche es... aber nur, wenn du jetzt endlich zur Schule gehst! Sonst bring ich dich persönlich dahin!" "Na gut... also... bis heute Nachmittag." "Bis dann." Enttäuscht schlurfte Mokuba aus dem Zimmer. Kaum dass die Tür ins Schloss fiel, ließ Kaiba sich müde in die Kissen zurück plumpsen und kramte den Millenniumsstab wieder hervor. Betrachtete ihn eine Weile abwesend und lehnte dann seinen Kopf gegen das metallene Artefakt. Angenehm kühl... Eingeschüchtert stand Ryou vor dem Anwesen der Kaibas. "Ist das groß... hoffentlich verlauf ich mich da nicht..." Er atmete tief ein, presste den Block mit den Hausaufgaben an sich und trat näher an das Tor heran. Gerade wollte er klingeln, als... Der Block fiel zu Boden. Ohne sich darum zu kümmern, kletterte der Dieb die Mauer hinauf und balancierte auf ihr zu der riesigen Villa. Der Millenniumsring wies direkt dorthin, es bestand also kein Zweifel: einer der übrigen Gegenstände musste da drin sein. Mühelos kraxelte der Geist erst auf den großen Kirschbaum und landete von dort direkt auf dem kleinen Balkon in der zweiten Etage. "Also nein, wie unvorsichtig..." Schmunzelnd schob er die halboffene Glastür auf und trat ein. Dunkle Möbel und Dielen aus Mahagoni, smaragdgrüne, schwere Vorhänge... ein verdammt teurer, nachtblauer Teppich... "Wer's sich leisten kann..." Kopfschüttelnd konzentrierte der Eindringling sich wieder auf den goldenen Ring an seiner Kette, dessen Spitzen munter geradeaus zeigten - direkt auf das große Bett an der gegenüber liegenden Wand. Vorsichtig schlich er näher und kniete sich daneben, musterte den darauf Liegenden und dessen goldenes Artefakt. In diesem Augenblick schlug der Schlafende die Augen auf. Nichts passierte. Beide Anwesende sahen sich einfach nur schweigend an. "Du... schon wieder." "Bitte?" Müde erhob Kaiba sich. "Du bist doch dieser komische Dieb... dieses geisteskranke Imitat von dem Kleinen, der in meine Klasse geht." "Ich bin kein Imitat, ich bin das Original, verstanden?" "Mir doch egal. Was willst du hier?" "Ach, nichts wichtiges..." Der Weißhaarige schnappte sich den Millenniumsstab. "Ich nehm nur das hier mal eben mit und bin auch schon wieder weg. Vergiss am besten, dass ich überhaupt da war." Aber kaum, dass der Dieb sich abwandte und verschwinden wollte, wurde er am Handgelenk gepackt. "Das kannst du dir gleich abschminken. Der Stab bleibt hier, verstanden?" Ein dunkles, kehliges Lachen. "Sag bloß, du hast Verwendung dafür." "Das tut nichts zur Sache. Er gehört mir und das zählt. Ich rate dir, ihn mir freiwillig wieder zu geben." "Ich bitte dich. Seh ich aus, als würde ich mich von einem-" Weiter kam der Geist des Rings nicht, da er sich urplötzlich an die Wand gedrängt wiederfand, das Gesicht des Größeren direkt vor seinem. "Ich lasse mich nicht bestehlen, erst recht nicht von so einem billigen Taschendieb wie dir." Mit diesen Worten riss Kaiba dem anderen den Stab aus den Händen und ließ ihn dabei nicht einmal aus den Augen. "Ta-schen-dieb?! TA-SCHEN-DIEB?! Ich bin kein Taschendieb du missratene Wiedergeburt von einem Priesterfuzzi! Ich bin der König der Diebe, der Beste!" "Dann hättest du dich nicht von mir erwischen lassen. Vielleicht warst du mal der Beste, aber das hier ist nicht das alte Ägypten. Du bist in Japan, im 21. Jahrhundert, und hier bist du nichts weiter als ein dreckiger, kleiner Taschendieb und wirst auch nie etwas anderes-" Er blinzelte und schnappte nach Luft. "Etwas anderes..." Verwirrt verfolgte der Dieb, wie sein Gegenüber sich von ihm löste und den Kopf schüttelte, ehe es ein paar Schritte seitwärts schwankte und sich kraftlos an der Wand abstützte. Dann sank der junge Firmenchef auf die Knie. Das war die Chance. Mit einem kurzen Satz hockte der Weißhaarige neben ihm und streckte die gierigen Finger nach dem goldenen Artefakt aus. "Wag es ja nicht!" Innerhalb von Sekundenbruchteilen hielt Kaiba den Stab in seiner Hand beförderte seinen Widersacher mit einer kurzen Bewegung an die Wand zurück. Ein wütendes Knurren später leuchtete der Millenniumsring auf und sein Besitzer löste sich aus der unfreiwilligen Starre. "Mach das nie wieder. Weißt du nicht, dass so etwas weh tut?" Der Größere erhob sich mühsam. Er wusste zwar nicht genau, was er getan hatte - ebenso wenig, wie er es getan hatte - aber anscheinend hatte es dem Eindringling nicht gefallen und das war schließlich die Hauptsache. "Nii-sama, ich bin wieder da! Guck mal, was ich vor dem Tor gefunden habe!" Die Tür sprang auf und ein gutgelaunter Mokuba kam herein gerannt. "Hallo Bakura, was machst du denn hier?" Der Dieb hatte sich in den Ring zurück gezogen und das Feld seinem Hikari überlassen, der nun sein unschuldigstes Lächeln aufsetzte und dem Schwarzhaarigen den Block aus den Händen nahm. "Hallo Mokuba. Ah, da sind ja meine Aufzeichnungen." Er legte sie auf Kaibas Schreibtisch. "Da sollte ich schon die Hausaufgaben vorbei bringen und verlier die Hälfte... Ungeschick verlass mich nicht..." Mit diesen Worten steuerte er auf die Tür zu. "Da das jetzt erledigt ist, geh ich mal wieder. Ich wünsch dir gute Besserung, Kaiba-kun. Bis bald. Tschüss, Mokuba." "Öh... Tschüss..." Dann waren die beiden Brüder wieder allein. "Der hatte es ja eilig... Warum hast du ihn denn in dein Zimmer gelassen? Machst du doch sonst nie..." Keine Antwort, nur ein dumpfer Schlag, gefolgt von einem kurzen Poltern. Erschrocken drehte Mokuba sich um. "Nii-sama!" Der Angesprochene reagierte nicht, sondern blieb regungslos liegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)