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Where the heart truly lies

James Norrington x OC
von

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London, Frühjahr 1748 ~ Montague Anwesen

London, Frühjahr 1748

Montague Anwesen
 

Schon seid Montagmorgen wurde das gesamte Haus auf Vordermann gebracht. Das Parkett wurde gewischt und gebohnert, die Teppiche und Vorhänge ausgeklopft, die Möbel poliert, Staub gewischt, vom Dachboden bis in den Keller. Victoria selbst putzte zusammen mit dem Hausmädchen das feine Porzellan.

„Ich glaube das Haus war zuvor noch nie so sauber gewesen… ist das etwa das Porzellan aus Deutschland?“

„Ja, es ist Mutters Porzellan und du würdest gut darin tun mitzuhelfen.“

„Erwartest du den König zum Tee?“, lachte Angelica. „Das ganze Haus ist auf Hochglanz poliert, Mutters deutsches Porzellan, Emma hantiert schon den ganzen Tag in der Küche und macht Scones, Pasteten und Früchtebrot, wir sind ja bereit für einen königlichen Empfang!“

„Angelica, wir erwarten Besuch. Wie sollte das Haus denn deiner Meinung nach aussehen?“

„Ich will damit nur sagen, dass du es ein klein wenig übertreibst. Es ist Midshipman James Norrington, nicht König George persönlich der hier zum Tee erscheinen wird um 5 Uhr.“

„Wenn du einen Gast erwartest, kannst du das Haus belassen oder putzen wie du willst und das Teeservice benutzen was du möchtest. Aber James Norrington ist mein Gast und daher mache ich alles so wie ich es für angemessen halte.“

„Schon gut.“

Abwehrend hob sie ihre Hände und seufzte dann leise auf.

„Willst du dich nicht langsam umziehen? Und deine Haare machen? Mach dich für deinen hübschen James zu Recht, ich putze das Porzellan weiter. Und ich werde es nicht kaputt machen, versprochen.“

„Was versprichst du dir davon?“, misstrauisch sah ihr ihre jüngere Schwester an. „Wenn du freiwillig putzen willst, dann versprichst du dir doch irgendetwas davon.“

„Darf ich meiner Schwester nicht etwas Arbeit abnehmen damit sie genügend Zeit hat sich zu Recht zu machen für einen netten Gentleman?“

„Du willst doch irgendetwas.“

„Nein, ich möchte dir lediglich nur etwas Arbeit abnehmen.“

„Du hast Marys Einladung gefunden.“

„Nun… vielleicht.“

„Angelica…“

„Bitte, bitte, bitte Victoria! Ich möchte auf diesen Ball gehen! Bitte! Ich werde das ganze Porzellan putzen, ich helfe freiwillig Emma in der Küche für die nächsten zwei Wochen! Ich werde das Silber auf Hochglanz polieren! Ich mache alles, Victoria! Wirklich alles! Ich will nur mit auf diesen Ball!“

„Alles…? Du würdest wirklich alles machen dafür?“

Victoria hatte langsam die Tasse sinken lassen welche sie geputzt hatte. Angelica nickte heftig.

„Hm… Dann fang am besten mit Mutters Porzellan an. Und ab Morgen hilfst du Emma bei der Hausarbeit, das bedeutet, dass du ebenfalls so früh aufstehen wirst wie sie. Am Freitag kommt jemand der sich ein wenig um die Rosenbüsche und Blumenbeete kümmert, du wirst helfen, ganz gleich ob Rosen Dornen haben oder nicht. Dem Stalljungen wirst du ebenfalls zur Hand gehen und die Box deiner Stute selber ausmisten, jeden Tag. Verstanden?“

„Und dann kann ich mit zum Ball kommen?“

„Ja, dann werde ich dich mit zum Ball nehmen. Wenn du es bis dahin durchhältst.“

„Oh, das werde ich, das werde ich! Versprochen!“

Und schon scheuchte sie ihre Schwester von ihrem Platz auf um sich selber zu setzen und nahm sich das Porzellanservice vor. Victoria musste Schmunzeln.

„Nun, wir werden sehen wie lange du es aushältst.“

„Ich werde alles so perfekt machen, du wirst mich auf sämtliche Bälle mitnehmen müssen zu denen du eingeladen wirst!“

„Wir werden sehen, Schwesterlein.“

„Und ob du sehen wirst, Schwesterherz! Erklär Vater schon einmal warum ich auf einmal so viele Ballroben brauche.“, nickte sie.

„Ich lasse mich überraschen. Ich ziehe mich dann jetzt zurück. Und denk dran, es ist Mutter Porzellan.“

„Ja, ja, ich gehe sorgsam damit um. Keine Angst… geh und mach dich für deinen James hübsch.“, kicherte sie was bei Victoria nur ein Augenrollen hervorrufen ließ.
 

Victoria wandte sich ab und begab sich hinauf in ihre Räumlichkeiten. Sie musste zugeben, doch ein wenig nervös zu sein und nicht ganz zu wissen wo sie anfangen sollte. Zuerst die Schminke, oder doch die Haare…? Und über die Wahl der Robe war sie sich auch nicht mehr so ganz sicher. Doch die mintgrüne mit den Rosenstickereien und den Rüschen oder die dunkelgrüne aus Damast? Obwohl… das weiße mit dem zarten Blau… nein, das erinnerte sie selber zu sehr an ein Teeservice.

Sie setzte sich erst einmal an ihren Schminktisch und betrachtete eine Weile ihr Spiegelbild ehe sie sich entschieden hatte, zumindest bezüglich ihrer Frisur. Dazu nahm sie sich die Schmuckschatulle die einst ihrer Mutter gehört hatte, öffnete diese und nahm fast schon andächtig einen Kamm heraus, der dazu diente sich diesen in das Haar zu stecken. Ein kleines Kunstwerk für sich, verziert mit kleinen Blumen aus Diamanten und Perlen. Mit ihrer Frisur fertig, steckte sie sich diesen dann sachte ins Haar.

„Mama hätte es bestimmt gefallen.“

Victoria fuhr herum und sah ihre Schwester im Türrahmen stehen.

„Ich dachte du wolltest das Porzellan putzen?“

„Ich wollte nur einmal sehen wie weit du schon bist und welche Robe du nehmen wirst. Deine Haare sehen toll aus.“, lächelte sie und trat etwas näher.

„Danke.“, lächelte Victoria sachte.

„Und welche Robe wirst du tragen?“

„Ich weiß es noch nicht. Ich schwanke zwischen der mintgrünen und der dunkelgrünen.“

„Die Mintgrüne würde ich nehmen. Es ist ein schönes, helles Grün, die Rüschen sind ein wenig verspielt aber elegant und die Stickereien sind wunderschön zierlich. Die perfekte Robe für einen 5 Uhr Tee.“, lächelte sie. „Er wird dich darin ganz bestimmt unheimlich bezaubernd finden.“

„Solche Worte aus deinem Mund?“

Angelica hob ihre Schultern.

„Ich denke mir… wenn du endlich verheiratet bist, bist du mit deinem eigenem Haushalt, deinem Mann und der Gründung einer Familie beschäftigt und kannst mir nicht mehr vorschreiben was ich tun und machen soll, ergo, kann ich dann tun was ich will.“, grinste sie.

„So, so… du willst also, dass ich so schnell wie möglich heirate.“, schmunzelte die Ältere.

„Ganz ehrlich, das sieht ein Blinder. Du brauchst gar kein Rouge mehr in seiner Nähe, deine Wangen werden ganz von alleine rot, ich habe es doch selber gesehen und er überhäuft dich mit Komplimenten! Und er erträgt sogar mich!“, lachte Angelica. „Hoffen wir nur, dass er kein Milk-in-first Anhänger ist. Nicht, dass es noch Streit deswegen zwischen euch geben wird. Aber er sieht mir eher wie ein Tea-in-first Anhänger aus…“

„Du meinst also die mintgrüne Robe sollte ich tragen?“, wollte Victoria wieder auf das eigentliche Thema lenken.

„Oh ja, das ist perfekt für heute Nachmittag. Soll ich Evelyn zu dir schicken?“

„Das wäre nett, danke.“

„Gut, dann gehe ich jetzt weiter Porzellan putzen bis man sich darin spiegeln kann.“

„Putz aber nicht Malereien darauf ab.“, schmunzelte Victoria.

„So putzwütig bin ich gewiss nicht.“
 

Victoria merkte selber nur zu gut, dass sie doch ein wenig nervöser wurde je näher der Uhrzeiger auf die Zahl 5 zurückte. Es war schließlich kein neutraler Boden auf dem sie nun befanden, es war ihr zu Hause, das eigene Heim. Und sie fragte sich schon ein wenig, ob es überhaupt wirklich schicklich gewesen war ihn schon zum Tee einzuladen bei sich zu Hause wo sie sich wirklich erst so kurz kannten. Und sie ertappte sich selber dabei wie sich darum sorgte, ob die Milch nicht zu kalt wäre, der Tee nicht zu stark, ob die neuen Vorhänge überhaupt wirklich so gut zu der Polsterung der Möbel passten und ob sie nicht mehr Blumen in den Salon hätte stellen sollen oder ob das schon zu viele waren.

„Ich bin gespannt was er heute trägt, ob er seine Uniform wieder trägt oder einen einfachen Gehrock?“

Ihre Schwester riss sie aus ihren unsinnigen Gedanken, denn über so etwas fieberhaft nachzudenken war unsinnig in ihren Augen.

„Ich hoffe Uniform, die Uniformen der Navy sehen so schick aus, dieses dunkle Blau, kombiniert mit dem cremigen Weiß und den goldenen Verzierungen… Das sind mal wirklich hübsche Uniformen muss ich sagen. Hatte er nicht gesagt er würde noch in diesem Jahr sein Examen zum Leutnant machen? Das man dafür ein Examen machen muss… ich dachte man wird einfach befördert wenn man etwas großartiges geleistet hat.“

„Du kannst ihn ja selber fragen…“

„Als Leutnant macht er sich bestimmt auch ganz gut, dann trägt er gewiss eine noch hübschere Uniform. Und mehr verdienen wird er dann bestimmt auch. Ich bin ja mal bespannt ob er dir ein kleines Präsent mitbringen wird. Und wenn was es sein wird. Blumen oder Pralinen? Oder etwas ganz anderes? Vielleicht irgendetwas Exotisches von seinen Reisen? Ein Tigerbaby!“

„Übertreib nicht, Angelica.“

„Kann doch möglich sein. Ich hätte zumindest nichts dagegen.“

„Und wie soll das arme Tier Wochenlang auf See überstehen? Wir haben außerdem keinen Platz für eine so große Katze. Du hast deine Stute, das genügt.“

„Naja, wer weiß… wenn du vielleicht bald verheiratet bist...“
 

Ein Klopfen an der Tür hielt Victoria davon ab etwas zu erwiedern und da es genau 5 Uhr war… konnte es nur ein Besucher sein. William, der einzige männliche Bedienstete in diesem Haus, sah die Hausherrin fragend an welche ihm zunickte, das Zeichen, dass er die Tür öffnen sollte. Angelica wollte noch etwas sagen, aber Victoria brachte sie mit einem leisen Zischen zum schweigen. Merklich straffte sie ihren Körper, spannte sich an. Angelica musste sich auf die Zunge beißen um nicht zu lachen bei dem Verhalten ihrer Schwester. Diese war vorgetreten als James Norrington eingetreten war und von dem Bediensteten in den Salon geführt wurde.

„Guten Tag, James.“

„Guten Tag, Milady Victoria. Es ist mir eine Ehre von euch eingeladen worden zu sein.“

„Es ist schön euch hier begrüßen zu dürfen.“, nickte sie.

Es vergingen mehrere Sekunden in denen sie sich einfach nur gegenüberstanden und ansahen bevor Angelica beide mit einem leisen Räuspern wieder in die Realität zurückholte.

„Ich habe euch etwas mitgebracht.“, lächelte er verlegen und holte hinter seinem Rücken ein kleines Holzkästchen hervor.

„Oh, Dankeschön, James. Das wäre nicht nötig gewesen.“

„Es ist nur grüner Tee. Frischer grüner Tee aus China. Vor drei Tagen kehrte ein Schiff der East India Company aus China zurück und sie konnten etwas Tee entbehren für eine reizende, junge Lady.“

„Vielen Dank.“, lächelte sie mit geröteten Wangen und öffnete das Kästchen ein wenig. „Er riecht wunderbar. Als wäre er gerade erst geerntet worden.“

„Ich möchte auch einmal! Direkt aus China? Ist das genauso exotisch und interessant wie Indien? Gibt es da auch Elefanten und Tiger?“

„Das kann ich ihnen nicht beantworten Miss Angelica, ich war leider noch nie in China.“, schmunzelte James.

„Naja, zumindest Tee gibt es in China, also kann es ja ein recht angenehmes Land sein, oder? Solange es da Tee gibt, denke ich, könnte man dort leben. Wäre doch grausam wenn es keinen Tee mehr gibt, oder?“

„Ja, Angelica… das wäre es… Wollt ihr euch setzen?“, fragte dann Victoria, hielt das Kästchen immer noch in ihren Händen.

„Ihr müsst euch einfach den Salon ansehen, James, meine Schwester hat ihn ganz alleine eingerichtet!“

Ohne umschweife hakte sich Angelica bei ihm ein und führte ihn in den Salon des Hauses.

„Sie hat zwar einen leichten Hang zu Blau aber das habt ihr Berufsbedingt ja gewiss ebenfalls, oder?“, schmunzelte sie.

Leise musste er lachen.

„Ja, berufsbedingt.“, nickte er. „Aber eurer Schwester steht das Blau weitaus besser als in meinem Falle.“, lächelte er, warf einen Blick über seine Schulter zu Victoria die ihnen folgte und verlegen lächelte.

„Es ist schön hier. Wenn ihr alles selber eingerichtet habt wie eure Schwester sagt, habt ihr wirklich ein Händchen dafür, Victoria.“, lächelte er als sie saßen.

„Vielen Dank. Aber soviel habe ich gar nicht verändert. Nur einige Kleinigkeiten. Ich habe es größtenteils so belassen wie meine Mutter es gelassen hatte.“

Victoria selbst schenkte allen den Tee ein und bot die Milch dazu an. Angelica stupste unter dem Tisch mit ihrem Fuß den ihrer Schwester an, mit den Augen deutete sie auf James und es schien als wollte sie ihr sagen: ´siehst du, er gibt auch zuerst den Tee und dann die Milch dazu, ganz genau wie du.`.

„Wann müsst ihr denn wieder in See stechen, James? Das nennt man doch so, in See stechen, oder? Wohin führt euch denn die nächste Reise? Wieder nach Indien oder besucht ihr einmal China oder ein noch exotischeres Land? Auf welchem Schiff seid ihr eigentlich stationiert?“

„Ich bin auf der HMS Dolphin.“

„Oh, habt ihr schon einmal Delphine gesehen? So richtige Delphine im Wasser? Ich würde so gerne einmal welche sehen… schwimmen die wirklich neben den Schiffen her?“

„Ich habe bisher nicht viele gesehen, aber ab und zu sieht man einige im Meer. Und ja, sie scheinen auch zuweilen Spaß daran zu haben neben den Schiffen zu schwimmen.“, lächelte er und nahm einen Schluck Tee.

„Müsst ihr England bald wieder verlassen, James?“

„Nicht allzu bald, Milady.“, lächelte er Victoria zu.

„Ich werde ein Weilchen in England bleiben. So schnell wird die Dolphin den Hafen vorerst nicht verlassen.“

„Und wieso das nicht? Hat das Schiff schweren Schaden erlitten?“

„Nur einige kleine Reparaturen sind von Nöten.“

„Also liegt sie gezwungener maßen wie ein Fisch auf dem Trockenen?“, kicherte Angelica.

„Ja, die Dolphin liegt wortwörtlich auf dem Trockenen.“

„Aber es ist doch gewiss auch einmal angenehm wieder in der Heimat zu sein für längere Zeit?“

„Das ist es gewiss, auch wenn man irgendwann wieder Sehnsucht nach dem Meer hat.“

„Habt ihr denn im Moment Sehnsucht nach dem Meer?“

Er hob seinen Blick und sah Victoria an, lächelte.

„Nein. Im Moment habe ich keine Sehnsucht nach dem Meer… Im Moment bin ich auf dem Festland ganz glücklich.“

Angelica nahm ein Schluck Tee damit ihr Grinsen nicht allzu deutlich zu sehen war und stupste mit ihrem Fuß ihre Schwester an dir ihr doch ganz schön verträumt dreinblickte.
 

„Vielleicht bin ich zu vermessen in euren Augen und vielleicht ist es noch nicht angebracht, da wir uns erst so kurze Zeit kennen aber… nächste Woche spielt Händel im Theatre Royal ein neues Oratorium vor, Alexander Balus. Ich dachte mir, wenn es nicht zu vermessen von mir wäre, dass ich Milady dahin ausführen dürfte? Es wäre mir wirklich eine große Ehre und Freude wenn ich dies tun dürfte.“

„Nun… vielleicht ist es wirklich noch nicht angebracht… aber eure Einladung nehme ich liebend gerne an, James.“, lächelte Victoria. „Ich habe Händel schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gehört.“, lachte sie leise.

„Ihr mögt Händel?“

„Oh, ich liebe seine Wassermusik. Ich finde seine Musik ist etwas ganz neues, etwas, was vorher noch nie da gewesen war. Ich denke Händel wird man noch in hundert Jahren hören.“, schmunzelte sie.

„Welch ein Glück ich habe, dass er nächste Woche ein neues Oratorium vorführt.“, lächelte James.

„Ja, da habt ihr Glück. Bach mag ich zum Beispiel gar nicht hören. Seine Musik ist immer so schwer… man kann beinahe schon den Weihrauch der Kirchen riechen wenn man seinen Kompositionen lauscht.“

„Dann muss ich Herrn Händel dafür danken, dass er in London ist… Ich würde euch selbstverständlich abholen, das ist keine Frage.“

„Ich würde mich freuen. Ich war schon lange nicht mehr im Theatre Royal. Und bei so einer charmanten Begleitung…“, lächelte sie. „Ich darf euch dann um 18 Uhr erwarten?“

„Ich verspreche pünktlich zu sein, Milady.“

„Daran werde ich nicht zweifeln.“

„Ich kann es kaum erwarten euch wieder zu sehen, Milady.“

Ein Handkuss und eine leichte Verbeugung folgten.

„Ich wünsche euch noch einen wundervollen Abend, Milady.“

„Den wünsche ich euch ebenfalls, James.“
 

Lächelnd sah sie ihm bis ihre Schwester neben ihr erschien und sie verbal piekste.

„Er lädt dich ins Theater ein?“

„Händel spielt ein Oratorium. Händel sollte man nicht verpassen.“

„Hmhm… du gehst natürlich nur allein wegen dessen Musik mit James in das Theater, natürlich.“, grinste Angelica. „Er trug vielleicht keine Uniform heute, aber er sah dennoch gut aus in dem dunkelblauen Gehrock. Was er wohl für das Theater tragen wird… Bestimmt sein allerfeinstes Justaucorps wenn er dich ausführen wird. Aber nicht, dass ihr in einer dunklen Loge verschwindet.“

„Angelica!“

„Was denn? Ich möchte nur noch nicht Tante werden… das klingt so furchtbar alt… und außerdem, was wohl Vater dazu sagen würde?“

„Er würde sich freuen, dass ein so ehrbarer und nobler Mann wie James Norrington, dazu noch von der Royal Navy, mich zu einem Oratorium von Händel ausführt.“

„Sicher? Vater würde ihn sich doch erst einmal genauer ansehen wollen.“

„Bei deiner Wahl gewiss, aber ich bin älter als du und damit ein Stückchen reifer und weiser.“, schmunzelte sie. „Ich weiß welche Art von Männern gut und schlecht für eine junge Dame sind.“

„Lass mich raten, er zählt zu der guten Art?“

Schmunzelnd sah Victoria ihre Schwester an.

„Sonst würde ich mit ihm nicht in das Theatre Royal gehen und ihn auch nicht zum Tee einladen.“

„Übrigens Tee… ich hätte ja gedacht er würde dir eher Blumen mitbringen, aber Tee? Grüner Tee?“

„Liebes, das ist frischer Tee, direkt auch China, frischer kann er nur sein wenn du ihn selber pflückst.“, lächelte sie. „Mir gefiel es. Blumen verwelken schnell, aber ein guter Tee bleibt dir lange erhalten.“

„Blumen hätte ich dennoch romantischer gefunden, so ein schöner Strauß Rosen… Ich habe noch nie erlebt, dass jemand mit Tee um einen wirbt. Und jetzt leugne es nicht, Schwesterlein, es sieht ganz so als würde er dir den Hof machen! Er macht dir Komplimente, er lädt dich ein, zusammen mit mir, er erträgt mich sogar, er schmeichelt dir unentwegt, er bringt dir Tee mit, lädt dich in das Theater ein…“

„Dann hast du keine Ahnung wie es aussieht, wenn einem der Hof gemacht wird, Schwesterherz. Und solltest du nicht Martha und Emma im Haushalt und der Küche helfen? Vergiss nicht den Ball zu dem Mary-Anne geladen hat.“

Und schon hatte Angelica den Saum von Robe und Rock gerafft und eilte davon um ihren Aufgaben nachzugehen. Für so einen Ball war sie wahrlich bereit beinahe alles zu tun!
 


 


 

Anm.:
 

Die goldenen Regeln des Tees = Der Gast schenkt sich niemals selbst ein, entweder die Gastgeberin oder jemand des Personals der von ihr dazu beauftragt wurde. Mit dem Löffeln wird auch nur sachte gerührt, der Löffel darf den Rand der Tasse nicht berühren um kein Geräusch zu verursachen. Der Löffel streift man dann an der Innenseite der Tasse ab und legt ihn dann auf die Untertasse (hinter der Tasse rechts unter dem Handgriff). Die Tasse wird stets zusammen mit der Untertasse bis zum Kinn gehoben, die Tasse selbst wird so wenig wie möglich bewegt. Während des Tees wird auch nicht geraucht.
 

Milk-in-first / Tea-in-first = die Art wie man in England seinen Tee trink. Traditionell trinkt man dort Schwarztee und um diesen zu mildern geben die Briten Milch in den Tee. Es gibt nun diese die zuerst die Milch und dann den Tee dazugeben, aber auch die, welche zuerst Tee und dann die Milch dazu geben.
 

Scones = Ein Gebäck das immer zur Teezeit gereicht wird und mit Honig, Marmelade Clotted Cream oder Schlagsahne gegessen wird.
 

Alexander Balus = Ein Oratium von Georg Friedrich Händel in drei Teilen, dass am 23.März 1748 Uraufführung im Royal Opera House im Convent Garden London hatte.
 

Theatre Royal / Royal Opera House / Convent Garden London = Es ist das bedeutendste Opernhaus Englands. Hier waren die Royal Opera und das Royal Ballett beheimatet. Obwohl es vorrangig ein Schauspielhaus war, wurden auch hier Opern aufgeführt, wie z.B. von Händel. 1732 wurde es als Theatre Royal eröffnet. Erst 1892 wurde es offiziell in Royal Opera House umbenannt.



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