Das Leben geht ungeahnte Wege von abgemeldet (Die Präsidententochter und der Soldat) ================================================================================ Kapitel 15: Eine stürmische Nacht --------------------------------- Jack schloss die Tür und kam langsam in das Wohnzimmer. Er ließ die Holzscheite neben dem Kamin fallen und legte gleich ein paar auf das Feuer. „Es wird immer schlimmer da draußen!“, sagte er. Ashley kam mit zwei dampfenden Tassen ins Wohnzimmer. Jack nahm ihr die Tasse mit dem Kaffee ab. Ashley nippte vorsichtig an ihrem Tee. Seitdem sie schwanger war, hatte sie so wie gar keinen Kaffee mehr getrunken. Sie blickte zum Fenster. Es wurde langsam dunkel und der Schnee fiel immer heftiger. Laut Wettervorhersage sollte es mit einer der schlimmsten Schneestürme der letzten Jahre werden. Ashley hoffte, dass es auch der letzte sein würde. Es war Ende Februar und die Geburt ihrer Tochter rückte nun immer näher. Plötzlich spürte sie ein Kneifen im Unterleib. Sie legte im Reflex die Hand auf den Bauch. Was Jack natürlich nicht entging. „Schon gut, war nur ein leichtes Kneifen!“, sagte sie beruhigend. Jack lächelte und legte einen Arm um ihre Schulter. Ashley schmiegte sich an ihn und Jack küsste ihre Stirn. So hart die letzten Monate auch gewesen waren, es wendete sich alles zum Guten. Bis jetzt hatte sie niemand hier erkannt und Jack war schon eine feste Größe in der Firma, was Alan Shafer auch immer wieder durchblicken ließ. Und wenn die Kleine erst einmal da war... Ashley löste sich von Jack und sie gingen zusammen ins Wohnzimmer. Ashley ließ sich in dem Sessel nieder und trank langsam ihren Tee. Jack legte sich lang auf die Couch und schloss die Augen. Schließlich richtete Ashley sich auf und ging in die Küche. Der Abwasch war noch zu machen. Sie ließ das Wasser in die Spüle laufen und begann die Teller hinein zu legen. Plötzlich fuhr wieder dieses Stechen durch ihren Unterleib. Jedoch dieses Mal etwas heftiger. Ashley legte wieder die Hand auf ihren Bauch. Die Kleine begann heftig zu treten und sich zu wenden. Wie so häufig in den letzten Tagen. Doch dieses Mal war es irgendwie anders. War es etwa soweit? Nein! Bitte nicht heute! Ashley versuchte den Gedanken abzuschütteln und wandte sich wieder dem Geschirr zu. Draußen schneite es immer heftiger und der Wind heulte beinahe bedrohlich. Plötzlich gab es einen leisen Knall und Überall in der Hütte erlosch das Licht. Ashley stand nun im völligen Dunkel. Vorsichtig tastete sie sich zum Küchenschrank, wo sie eine Taschenlampe hatte. Sie kramte sie hervor und schaltete sie an. „Ashley?“, hörte sie Jacks Bass und seine schweren Schritte. „Jack? Was ist los?“, fragte sie. Jack kam aus dem Wohnzimmer auf sie zu. „Weiß nicht. Der Sturm hat vielleicht die Kabel beschädigt!“ Er ging zur Tür und griff nach seiner Jacke. „Ich sehe mir das mal an!“, sagte er und verließ das Haus. Der Wind fegte heulend ein paar Schneeflocken rein und ein eisiger Hauch wehte Ashley entgegen. Und wieder spürte sie ein Ziehen im Unterleib. Es wurde immer schmerzhafter. Nach etwa zehn Minuten kam Jack wieder rein. Ashley hatte im Wohnzimmer ein paar Kerzen entzündet und saß auf der Couch. Vielleicht konnte sie so dieses Ziehen unterbinden. „Tja, ich kann bei dem Wetter nichts sehen, geschweige denn reparieren. Wir werden uns es wohl bei Kerzenschein gemütlich machen müssen!“, sagte er und ließ sich ebenfalls auf der Couch nieder. Er legte einen Arm um ihre Schulter und streichelte ihren Bauch. Plötzlich schoss ein so heftiges Ziehen durch Ashleys Unterleib, dass sie ein Keuchen nicht unterdrücken konnte und sich leicht zusammen krümmte. „Was ist?“, fragte Jack sofort erschrocken. „Ich weiß nicht! Ich glaube es sind die Wehen!“, sagte Ashley. Jack stand sofort auf. „Ich rufe einen Arzt!“, sagte er und begann an dem Telefon herum zuspielen. Doch das war natürlich auch ausgefallen. „Verdammt! Die Leitung ist auch tot!“, sagte er. Der Wind heulte um das Haus. Es klang beinahe wie ein Lachen. Ashley richtete sich langsam auf. „Glaubst du, du kämst mit dem Schneemobil zu Mary?“, fragte sie. Jack blickte hilflos aus dem Fenster. „Vielleicht!“, meinte er schließlich. „Sie hat gesagt, sie würde helfen, wenn wir sie brauchen.“ Ashley stützte sich am Türrahmen ab. Jack nickte knapp und ging zur Garderobe. „Gut! Ich versuche sie zu holen. Bleib du im Wohnzimmer!“, sagte er und zog sich seinen dicken Parka an. „Okay!“, sagte Ashley. Jack nahm ihr Kinn und küsste sie innig. „Wir schaffen das schon!“, sagte er und verließ das Haus. Der Wind heulte immer schlimmer und das Schneetreiben wurde auch immer dichter. Ashley blieb an der Tür stehen, bis sie das Aufheulen des Schneemobilmotors hörte. Und tatsächlich begann es sich dann zu entfernen. Erneut ließ eine Wehe Ashley zusammen zucken. Sie wurden immer schmerzhafter. Langsam wankte sie zur Couch zurück. Hoffentlich war Mary da. Nach zehn Minuten hatte Jack Marys Hütte erreicht. Er stellte das Schneemobil ab und ließ den Motor laufen. Heftig keuchend kämpfte er sich zur Eingangstür von Marys Blockhaus vor. Als er keine zwei Meter davon entfernt war, ging die Tür auf und Mary stand vor ihm. „Michael! Was ist?“, rief sie ihm sofort entgegen. Jack blieb keuchend vor ihr stehen. „Eileen! Es geht los! Das Telefon ist ausgefallen! Ich kann keinen Arzt holen!“, keuchte er. Mary sagte nichts weiter, sondern lief in ihre Diele zurück. Jack atmete noch ein paar mal tief durch und wollte weiter auf das Haus zugehen, doch da stand Mary schon in Stiefeln und Jacke vor ihm. In der einen Hand trug sie eine große Stofftasche. „Los, kommen sie schon!“, sagte sie und lief an ihm vorbei zum Schneemobil. Jack sah ihr staunend nach. Diese Frau war einfach Gold wert. Ashley lag auf der Couch und versuchte die Wehen auszuatmen, wie es Mary ihr einmal gezeigt hatte. Sie kamen in immer kürzeren Abständen und wurden immer schmerzhafter. Nachdem Jack weggefahren war, hatte sie noch nach ein paar Kerzen und Handtüchern gesucht. Doch sie hatte sie nicht einmal mehr aufstellen können. Wieder krampfte sie sich unter einer Wehe zusammen. Hoffentlich schaffte Jack es. Plötzlich ging die Tür auf und sie hörte seine schweren Schritte. „Eileen!“, rief er. Beinahe hätte sie ihn mit seinem richtigen Namen gerufen und besann sich im letzten Moment. „Michael!“, rief sie zurück und konnte dann einen leisen Schmerzensschrei nicht unterdrücken, als wieder eine Wehe durch ihren Unterleib fuhr. Sie hörte, wie er ins Wohnzimmer gelaufen kam. Und dann sah sie Mary. „Alles okay, Liebes! Das schaffen wir schon!“, sagte sie in einem fast lockeren Ton. Sie stellte ihre Tasche ab und ging dann zu Ashley rüber. Blitzschnell tastete sie ihren Bauch ab. „Die Maus hat sich gedreht! Jetzt muss es schnell gehen!“ Sie richtete sich wieder auf und sah zu Jack rüber, der begonnen hatte die Kerzen, die Ashley geholt hatte anzuzünden. „Michael! Ich brauche sie jetzt!“, sagte sie. Jack eilte an ihre Seite. „Okay, Handtücher haben wir. Holen sie mir noch heißes Wasser. Und dann kann es losgehen.“ Jack stürzte davon. Ashley hatte ihn noch nie so hilflos gesehen. „Okay, Liebes. Du musst dich jetzt erst einmal richtig hinlegen.“ Sie dirigierte Ashley so, dass sie in der Couchecke saß. Dann holte Mary die Handtücher und legte sie unter Ashleys Po und Beine. Mit einem Mal spürte Ashley, wie es an ihren Beinen nass wurde. „Aha! Die Fruchtblase ist geplatzt! Sehr gut. Jetzt geht es schnell!“, sagte sie. Jack kam ins Wohnzimmer zurück. Er trug eine große, dampfende Schüssel in der Hand. „Michael, stellen sie die Schüssel dahin und jetzt kommt ihre wichtigste Aufgabe. Halten sie ihre Hand!“ Jack lief hinter die Couch und kniete sich hinter die Ecke. Genau in diesem Augenblick kam die erste Presswehe. Und die Schmerzen waren schrecklich. Ashley stieß einen Schmerzensschrei aus und griff Jacks Hand. Wellen des Schmerzes fuhren durch ihren Körper und sie bekam es nur am Rande mit, dass Mary ihr Umstandskleid aufriss und ihren Unterleib frei legte. Als die Schmerzen verebbten, versuchte Ashley sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Doch da erschütterte schon eine erneute Presswehe ihren Körper und sie schrie gepeinigt auf. „Pressen! Du musst pressen!“, hörte sie Marys Stimme. Ashley biss die Zähne zusammen und spannte die Muskeln an. Die Schmerzen waren kaum zu ertragen. „Ja, so ist gut!“, hörte sie Mary sagen. Ashleys Hand krampfte sich immer fester um Jacks Hand, der hilflos ihren Kopf zu streicheln begann. Dann fuhr auch schon der nächste Feuerstoß durch ihren Körper und Ashley schrie ihre Pein heraus. „Eileen, ich sehe den Kopf! Du hast es fast geschafft!“, hörte sie Mary. Noch einmal biss sie die Zähne zusammen und presste. „Der Kopf ist da!“ Und wieder unterdrückte Ashley einen Schrei und spannte die Muskeln an, so fest sie konnte. In ihren letzten Schrei mischten sich die ersten Schreie ihrer Tochter. „Da ist sie, die Maus!“, hörte sie Mary sagen und dann das kräftige Schreien eines Babys. Ashley konnte das alles noch nicht begreifen. Sie atmete heftig und genoss das Gefühl, wie die Schmerzen verebbten. Schweiß lief ihr in Strömen über das Gesicht. Sie spürte wie Jacks Hand zitterte. Dann spürte sie, wie Mary ihr ein feuchtes, strampelndes Bündel auf die Brust legte. „Begrüßt eure Tochter!“, sagte Mary. Ashley schloss die Arme um das Bündel auf ihrer Brust und öffnete die Augen. Ihr Baby war noch ganz voll Käseschmiere, aber groß und kräftig. Und kräftig waren auch ihre Schreie, mit denen sie ihre Eltern begrüßte. „Hey, Mäuschen!“, flüsterte Ashley und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Dann sah sie Jacks Hand, die sich vorsichtig zum Kopf seiner Tochter vor tastete. Die Kleine Maus streckte im selben Moment ihre Hand aus und ergriff die Finger ihres Vaters. Dann öffnete sie zum ersten Mal die Augen. Eisblau, wie die ihres Vaters. „Sie ist so schön!“, hörte sie Jack hauchen. Ashley sah zu ihm auf. Und war überwältigt, wie zärtlich Jack seine Tochter ansah. Tränen liefen über sein vernarbtes Gesicht. Mary legte ein Handtuch über das Neugeborene. „So, jetzt warten wir noch die Nachgeburt ab und dann haben wir es geschafft!“ Ashley konnte nicht antworten. Sie hatte nur Augen für ihre kleine Bridget. Diese hatte mittlerweile aufgehört zu schreien und sah sie immer wieder mit müden kleinen Augen an. Die Finger ihrer einen Hand waren noch immer um den Zeigefinger ihres Vaters geschlossen. Mary begann in der Zwischenzeit die Nabelschnur knapp vor Bridgets Bauch abzubinden und schnitt den Rest ab. „Michael, wollen sie ihre Tochter vielleicht baden?“ Jack nickte nur. Mary nahm Ashley sanft die Kleine ab. Was der gar nicht gefiel. Sofort fing sie an zu krähen. Jack ging um das Sofa herum. „Ich...ich habe noch nie ein Baby gehalten!“, sagte er leise. „Das ist nicht schwer, keine Angst!“, lachte Mary. „Am besten setzen sie sich erst einmal dabei, wenn sie unsicher sind!“ Gehorsam ließ Jack sich neben Ashley auf dem Sofa nieder und Mary legte ihm seine Tochter in die starken Arme. Die sich unendlich sanft um den kleinen Körper schlossen. „Hallo, Süße!“, sagte Jack. Seine Stimme war belegt vor Rührung. Die protestierenden Laute seiner Tochter verstummten sofort, als sie den Klang seiner Stimme hörte. Sie schlug die Augen auf und sah ihn neugierig an. Und streckte dann einen ihrer kleinen Arme ihm entgegen. Wenn sie jetzt noch „Daddy“ gesagt hätte, wäre es perfekt gewesen, dachte Ashley. Mary stellte die Schüssel zurecht und legte frische Tücher parat. „So, kommen sie Michael. Es ist nicht schwer!“ Jack stand vorsichtig auf und ging langsam zu ihr rüber. „Also, den Arm unter dem Kopf ihrer Tochter durch und dann halten sie sie an dem Oberarm fest, so kommt sie nicht mit dem Gesicht ins Wasser.“, erklärte Mary. Ashley beobachtete sie. Und war fasziniert, wie geschickt sich Jack dabei anstellte. Bridget gab leise, wohlwollende Laute von sich. Wie alle Babys mochte sie das Baden. Nach ein paar Minuten hob Jack sie vorsichtig aus dem Wasser. Die damit verbundene Kälte behagte Bridget gar nicht und sie begann protestierend zu krähen. „Shh!“, machte Jack und schaukelte sie beruhigend in seinem Arm. Mary breitete ein paar Handtücher neben der Schüssel aus und half Jack die Kleine zu versorgen. Ashley beobachtete ihn hingerissen. Irgendwie musste sie daran zurückdenken, wie alles begonnen hatte. Als Jack sie entführt hatte. Hätte man ihr damals gesagt, dass dieser große rohe Klotz ein unglaublich liebevoller Vater sein würde, hätte sie denjenigen schallend ausgelacht. Schließlich nahm Jack Bridget wieder hoch und setzte sich neben Ashley auf das Sofa. Bridget war deutlich geschafft und auch Ashley wäre am liebsten sofort eingeschlafen. Nicht nur die Anstrengung der Geburt, sondern auch die Tatsache, dass es nun mitten in der Nacht war, forderten ihren Tribut. Doch es war ja noch nicht ganz geschafft. Erst als Mary sie versorgt hatte, konnte sie ihre Erschöpfung zeigen. „Gott, ich bin so müde!“, flüsterte sie. „Verständlich, Schätzchen! Aber jetzt kannst du ja ins Bett gehen!“ lächelte Mary. Vorsichtig richtete Ashley sich auf, doch bevor sie überhaupt auf den Beinen stand, hatte Jack Mary die Kleine in die Arme gedrückt und hob sie kurzerhand hoch. „Du gehst mir keine zwei Meter weit, allein!“, sagte er. Mary lachte leise. „Das ist nicht schlimm Michael! Was meinen sie, was die Frauen früher alles aushalten mussten!“ Doch Jack ließ es sich nicht nehmen Ashley ins Schlafzimmer zu tragen und auf ihr Bett zu legen. Mary legte ihr die mittlerweile wieder quengelnde Bridget in den Arm. „So, ihr beiden! Nun ruht euch erst einmal aus! Ich komme morgen vorbei und sehe nach euch!“, sagte sie fröhlich und sie und Jack verließen das Schlafzimmer. Ashley hörte draußen, wie Jack sich immer wieder überschwänglich bei Mary bedankte und dann schließlich, wie die Tür ins Schloss fiel. Kurz darauf das Aufheulen des Motors. Ashley ließ sich in die Kissen sinken und betrachtete müde, aber unendlich glücklich ihren kleinen neugeborenen Engel. Sie war schon eingeschlafen und gab leise wohlige Laute von sich. Sie war Jack wie aus dem Gesicht geschnitten! Glücklich lächelnd schlief Ashley ein. Nachdem Jack Mary nach Hause gebracht hatte, stellte er das Schneemobil unter dem Carport ab und ging ins Haus. Nicht nur, dass er auch ganz schön müde war, er wollte zu seiner Tochter, die nun mit seiner Liebsten im Bett lag. Leise betrat er das Schlafzimmer. Ashley lag auf dem Rücken und schlief tief und fest. Die Kleine lag in ihrer Armbeuge und schlief ebenfalls. Leise ließ Jack sich auf das Bett sinken, rutschte zu ihnen rüber und begann sanft die Hand seiner Tochter mit dem Finger zu streicheln. Was diese mit leisen, wohligen Geräuschen beantwortete und dann nach seinem Finger griff und ihn mit erstaunlicher Kraft festhielt. Jack lächelte. Tränen rollten über sein Gesicht, während er seiner Tochter noch einen sanften Kuss auf die Stirn gab und dann selbst einschlief. Während er in den Schlaf hinüber dämmerte, musste er an sein altes Leben denken. Und auf welche merkwürdige Art es sich gewendet hatte. Eine merkwürdige, aber wundervolle Art. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)