Whats On My Mind von _t_e_m_a_ ================================================================================ Kapitel 6: Die Beinahe-Braut ---------------------------- Sie waren schon ewig ein Paar. Ein ganzes Jahrzehnt. Als sie 15 waren, da hatte er sie gefragt, ob sie seine Freundin sein möchte. Und wie sie seine Freundin sein wollte. Seit dem waren sie zusammen. Das hieß nicht, dass sie sich nie gestritten hatten, zwischendurch war sogar mal für zwei Monate Schluss gewesen, aber sie hatten sich wieder zusammen gerauft. Sie gehörten zusammen. So war das eben. Sie liebte ihn halt. Das Leben ging vorwärts, beide fanden einen festen Job, doch an ihrem Verhältnis änderte sich nichts. Sie konnten zusammen in Urlaub gehen, sie trafen sich statt im Elternhaus des anderen, in dessen eigener Wohnung. Es war alles gut, so wie es war. Doch so wie das Leben vorwärts ging, sollte auch ihre Beziehung vorwärts gehen. Fanden sie beide. Die Verlobung. Das feste Versprechen, dass man heiraten werde. Sie war sich absolut sicher. Schließlich waren sie nun seit 10 Jahren glücklich zusammen. Sie gehörten zusammen. Sie liebte ihn. Oder? Es war diese kleine Frage, die ihre Pläne zum Wanken brachten. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn. Oder? Seit einem Jahrzehnt war sie es gewöhnt, ihm zu sagen, sie liebe ihn. Aber stimmte das noch? Liebte sie ihn wirklich? Oder hatte sie sich einfach so sehr daran gewöhnt, ein Leben zu führen, in dem sie ihn liebte? Ach, das ist einfach nur die Unsicherheit vor so einem großen Schritt, meinte ihre Mutter. Natürlich liebst du ihn. Das sieht man dir doch an. Doch etwas änderte sich in ihrem Inneren. Etwas fing an, sich zu widerstreben. Sie sah ihrem Freund, ihrem Verlobten!, ins Gesicht und fragte sich: Liebe ich ihn? Liebe ich ihn wirklich? Und sie fand keine Antwort. Nur noch mehr Unsicherheit. Aber wir gehören doch zusammen, wir sind doch so ein gutes Team, egal ob ich mir gerade unsicher bin, ob ich ihn wirklich liebe oder nicht, ich sollte ihn heiraten. Er ist der eine für mich. Oder? Oder was, wenn dies der größte Fehler in meinem Leben ist? Ich mich in einer Beziehung weiter gefangen halte, in der ich nicht mehr sein möchte? Sie nahm sich ihre Freundinnen und ein Wochenende. Sie brauchte Abstand. Er verstand nicht. Was los sei. Das auch er etwas Angst habe, aber sie auf alle Fälle heiraten will. Weil er sie liebt. Panik breitet sich in ihr aus. Er liebt sie. Er will sie heiraten. Und sie? Wo sind ihre Gefühle für ihn hin? Sie scheinen spurlos verschwunden, als seien sie nie dagewesen. Sie bricht aus. Schmeißt hin. Hat einen riesen Streit mit ihm. Ihre Eltern verstehen nicht. Niemand versteht wirklich. Ihr seid doch so ein tolles Paar! Sagen sie. Aber du liebst ihn doch! Behaupten sie. Bekannte tratschen darüber, ziehe über ihren Rücken über sie her, die Braut, die ihn stehen lässt, die sich nicht binden will, die einen anderen hat, den älteren Kollegen, was doch total abwegig ist. Sie könnte kotzen, in einem Strahl, für einen kurzen Moment wünscht sie sich, sie hätten ihn doch geheiratet, damit alle anderen zufrieden sind. Und da macht es in ihr klick. Es ist ihr Leben. Und sie muss damit glücklich sein. Sie muss sich nicht gegenüber Tratsch freudigen Bekannten rechtfertigen. Sie muss sich nicht vor ihrer Familie rechtfertigen. Sie muss sich nicht vor ihm rechtfertigen. Mit diesem Wissen, breitet sich wieder ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Ein neuer Lebensabschnitt. Sie möchte mehr in sich horchen, tun, was sie wirklich will. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)