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Reise durch Enorath

Das Gleichgewicht der Mächte
von

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Ein ganz normaler Tag

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, doch weckten ihn erst jetzt einige zaghafte Strahlen, die es geschafft hatten sich einen Weg durch das noch teils dichte Blätterdach zu seiner Nase zu bahnen. Layn gähnte und räkelte sich im Gras. Von dort aus sah er blinzelnd durch die bereits gelbgrüne Baumkrone.

"Schon wieder so ein Tag..." murmelte er nur, gähnte daraufhin erneut und blinzelte nach links. Eine kleine Fledermaus hing noch schlafend an dem Knauf seines Schwertes, welches neben ihm am Baum lehnte. Leicht grinsend stand er dann träge auf und streckte sich erneut, dabei an den Rand des kleinen Wäldchens stapfend und blickte über die weiten Wiesen.

Von Fernen konnte er vereinzelte Dörfer sehen und wenn er die Augen zusammen kniff sogar ein etwas weiter entfernteres Königreich. Zumindest erschien es ihm wie eines, denn der Vampirelf kannte die Gegend hier kaum, nur vom Hören-Sagen, und Erfahrungen und Entdeckungen über die Länder, die er besuchte, sammelte er meist erst, wenn er den jeweiligen Ort passiert hatte.

Die Landschaft, die sich vor ihm erstreckte war schon atemberaubend: All die noch saftig wirkenden Wiesen - wobei es doch bereits Herbst war - die mit ihren seichten Hügeln den Anschein eines fleckig grünen Meeres erweckten, das sich vor einem erstreckte. Der Himmel war strahlend blau, größtenteils wolkenlos und die Sonnenstrahlen waren angenehm wärmend auf der unterkühlten Haut dank der gestrigen Nacht. Eine ungetrübte Stille lag friedlich auf dem Land - oder auch nicht.

"..." Genervt blickte Layn nach oben in die Baumkronen, wo die Vögel wild in den Ästen zwitscherten und den noch jungen Tag mit ihrem angenehmen Singsang versüßten:

"washeißthierdasistdeinast,dasistmeiner!"

"achja?verschwindeichwarzuersthier!"

"willstdudichmitmiranlegendublechbüchse?" "blechbüchse?werkrächztdennhierwieeinalteswaschweib?"

Layn verdrehte die Augen. Immer das gleiche Theater. Jeden Morgen. Egal in welchem Land, egal in welchem Wald, egal auf welchem Baum. Sei es der Ast, der Wurm oder die Freundin, die einem streitig gemacht wurde. Und dagegen protestieren half auch nichts! Die Vögel beachteten Layn nicht, es schien ihm sogar, dass sie ihr Gemeckere nur noch verstärkten, kaum dass sie merkten, dass er sie verstehen konnte. Und selbst wenn er mal 'beachtet' wurde, freuen konnte er sich in den meisten Fällen darüber immer noch nicht. Denn dann 'befeuerten' sie ihn sogar aus der Luft - und das nicht nur mit kleinen Steinen oder Beeren, wenn sie frech genug waren.

Layn schüttelte nur seufzend den Kopf. Blieb ihm denn gar nichts erspart...? Dann gähnte er noch einmal kräftig, weckte die letzten noch müden Glieder, und stapfte zurück an den Baum, um sich sein Schwert umzuhängen, wobei er dabei auf den kleinen Ijaii aufpassen musste, seinem einzigen kleinen Freund, dem er als einzigem hier wenigstens einen erholsamen Schlaf gönnen wollte.
 

Die Sonne tauchte gerade hinter einigen Wattewölkchen hervor, als der Hybrid die ersten Schritte auf die weiten Wiesen gesetzt hatte, und blendete ihn dabei so stark, dass er die Augen zukneifen musste. Ijaii murrte ebenfalls leise und schlug sich die Flügel enger zusammen. Tut mir Leid, mein Kleiner...aber da musst du jetzt durch…keine Bäume, kein Schatten...und gerade heute ist das Wetter so schön..., dachte sich Layn sofort und sah mit vorgehaltener Hand weiter, damit er nicht geblendet wurde.

Sein Blick streifte wieder über das weite Land und er seufzte erneut leise, als Layn an die unzähligen Dörfer und Städte dachte, die er passieren müsste, bis das Land der Weiten Ebenen hinter ihm lag. Eigentlich mied er solche Orte mit zu vielen Menschen, aber dieses Mal musste es sein. Seine Stiefel gaben langsam ihren Geist auf und ohne Stiefel konnte er seine Reise, wohin auch immer sie führen mochte, nicht fortsetzen. Jeder Schuster in egal welchem Dorf hätte seinen Dienst erfüllt – das war zumindest Layns erster Gedanke gewesen. Doch nachdem er nun schon einige durchgeklappert hatte und feststellen durfte, dass kleine Bauerndörfer nicht die Art Stiefel hatten, die jemand brauchte, der sein Leben lang durch die Gegend wanderte, musste es wohl dieses Mal ein Ort sein, an dem sich mehr Menschen auf dem Marktplatz trafen, als nur eine Handvoll. Also Layn, das Königreich erwartet dich..., ging es dem Schwarzhaarigen nur durch den Kopf. Wenn schon ein Stadtbesuch, dann schon ein großer.. Und ein Königreich war sicher etwas, was man gesehen haben musste, wenn man schon die Gelegenheit zur Besichtung hatte.
 

Gemächlich stapfte Layn über einem Hügel nach dem anderen und zählte dabei die kleinen braunen Punkte in der Ferne. Er stöhnte leise, diese Gegend war wirklich eintöniger, als er es erwartet hatte, und so erinnerte er sich an den letzten Kampf, in den er geraten war. Ist auch schon wieder lange her... Nicht, dass er gezielt üble Kreaturen aufsuchte, um sie zum Kampf herauszufordern, ganz im Gegenteil, sie scheinen immer zu ihm zu kommen, aber ganz ohne war ihm dann doch zu seltsam. Die Welt war eben nicht friedvoll. Es gab überall Probleme, wieso dann ausgerechnet hier nicht?

Abwarten...es wird schon noch was passieren..., dachte sich der Hybrid nur, fast schon optimistisch, und sah nach Nordosten, dem bisherigen Ziel seiner Reise. Hoffentlich ist es dort anders...

Layns Geist ging auf Phantasiefahrt. Ein Ort gänzlich aus Eis und Schnee. Nicht sehr aufbauend, so als derzeitiges Reiseziel, doch für jemand, der sich bisher nur durch karge Gegenden nackten Gesteins oder üppige Wald- und Wiesenlandschaften durchkämpfen musste – sprichwörtlich zum Teil – war so etwas doch wirklich eine gelungene Abwechslung. Doch auch nur ein Grund mehr sich wieder neue Stiefel zu kaufen, die zu mehr taugten als jeglichen Schmutz, den sie erhaschen können, in sich aufzusaugen um eins mit ihrer Umgebung zu werden!

Grimmig sah Layn dabei runter und auf die abgewetzten Lederstücke, die er Stiefel schimpfte. Löcher und Risse überall, die hatten echt ausgedient! Da half auch kein optimistisches Flicken mehr. Mit was auch? Flicken konnte er sich zwar leisten, doch hatten diese ebenfalls schnell ausgedient. Wenn schon der Kälte und Nässe entfliehen, dann mit neuen Tretern – natürlich zu einem angemessenen Preis. Denn Layns Geldbeutel war nicht gerade üppig gefüllt.
 

"Hm...?" Er blickte überrascht auf – waren ihm seine Stiefel mit der Zeit doch wirklich interessanter vorgekommen als die Landschaft selbst – da der Schwarzhaarige plötzlich jemanden fluchen hören konnte. Einen weiteren Hügel später sah Layn auch schon eine kleine Handelsstraße – die er vorher gar nicht gesehen hatte, obwohl sie sich wie ein brauner Faden durch die Landschaft zog – und darauf einen Holzkarren an dem ein einzelnes Pferd gespannt war, das ungeduldig mit dem Vorderhuf scharrte. An dem Karren selbst lief ein kleiner Mann auf und ab - die Quelle der lauten Flucherei.

Layn musterte das Gefährt, das mit allem Möglichem beladen war: Krüge, Teppiche, allerlei Krempel und Plunder, den man eh nicht brauchte, bunte Stoffe und sogar ein paar Möbelstücken, sofern er das von seinem Standpunkt aus vermuten konnte. Doch näher ran gehen wollte er irgendwie nicht, stattdessen beobachtete Layn nur den aufgebrachten Fahrer. Wenigstens etwas Interessantes hier.

Anscheinend wollte der Mann zu einem Markt oder einfach nur Waren an einen größeren Händler liefern. Am auffälligsten war jedoch der Karren selbst: ihm fehlte ein Rad.

Der Vampirelf schmunzelte. Es musste gebrochen sein oder dergleichen und nun versuchte dieser Mann seinen Karren zu reparieren. Vergeblich natürlich. Immerhin war er gerade einen Kopf größer als das Rad selbst, was sicher einen halben Zentner wog, wie er es aus der Ferne her schätzen konnte. Fast schon geistesabwesend sah Layn kurz zur Sonne. Die Mittagszeit zog langsam vorbei und die Luft wurde auffällig kühler... Bahnte sich da etwa ein Gewitter an?

"Hab mal wieder zu lang geschlafen..." murmelte er jedoch nur leise, da Layn es eigentlich vorgesehen hatte nach dem Morgengrauen aufzustehen, und sah anschließend auf den Mann zurück. "Wenn er sich nicht beeilt wird es dunkel ehe er fertig wird und dann kann man sich ja denken was passiert..." Layn verharrte einen Moment, während sich ihm ein Gedanke aufdrängte und dabei einen anderen in den Hintergrund zu schieben versuchte. Er seufzte erneut, zog die Hände aus den Hosentaschen und ging mit zum Gruß erhobener Hand auf den Mann zu. "Hey, Meister! Brauchen Sie vielleicht Hilfe?" Ein Lächeln lag auf seinen Lippen.

Der Mann zuckte erst einmal zusammen als er ihn hörte und wirbelte herum. Zuerst schien er erfreut über Layns Erscheinen zu sein, doch als dieser näher kam, zuppelte er nur nervös an seiner Brille herum und tippelte auf und ab. "Nein, nein! Verschwinden Sie! Ich schaffe das schon allein!" Der Schwarzhaarige schüttelte nur leicht den Kopf. Immer wieder dasselbe...da bietet man seine Hilfe an, lächelt dabei sogar freundlich, aber nein…

"Ach kommen Sie..." Er sah auf das Ersatzrad und auf den Karren. "Das schaffen Sie nie allein...und dunkel wird es auch bald...die Wolken ziehen sich langsam zusammen, sehen Sie? Da wollen Sie doch nicht ganz allein hier draußen bleiben, oder? Und dann auch noch mit fahruntauglichem Untersatz, so fernab jeglicher Zivilisation..." Er fasste das schwere Holzrad – was nicht allzu schwer für ihn selbst war – und sah den Mann weiterhin freundlich an, auch wenn es Layn schon besser wissen müssen, mit all dem, was er bisher erlebt hatte.

"Nein, nein! Ich brauche keine Hilfe...!" erwiderte der Mann jedoch nur weiterhin stur und Layn konnte schwören ein "Und Ihre erstrecht nicht…" nachträglich dazu geflüstert zu hören, während er nun sogar schon versuchte Layn wieder das Rad abzunehmen. Aus Angst, er würde es nicht wiederbekommen, so schien es. Dass er dabei jedoch fast unter dessen Gewicht zusammenbrach, ignorierte er so gut es ging: Ächzend rollte er es über den Boden und lehnte es zurück an den Karren. Ein kleiner Lappen, aus der Hosentasche gezogen, kümmerte sich danach über die Anzeichen der Schwerstarbeit, die er dabei geleistet hatte.

Layn konnte dabei nur zusehen, so stehen bleiben, dass er jederzeit eingreifen konnte, bevor der Mann noch vom eigenen Rad überrollt wurde, und anschließend innerlich den Kopf schütteln, während der andere sich langsam wieder in seine Richtung drehte – und erneut leicht aufschrak. Layn selbst zuckte dabei vor Überraschung zusammen. "Sie sind ja immer noch da! Was wollen Sie von mir?" keuchte er und sah nervös an dem Vampirelf hoch, der ihn fast um drei Köpfe überragte. Sah er wirklich wie jemand aus, der unbewaffnete, kleine Männer ausraubte? Und dann noch solche, deren Besitz den Anschein machte nur aus Trödel zu bestehen, mit einem Karren dem ein Rad fehlte? Gut, das war schnell behoben – wenn man ihn nur ranließe! Doch das tat jetzt nicht zur Sache….

Layn seufzte und ging wortlos an dem Mann vorbei, allerdings langsam, damit er seine Nervosität nicht weiter strapazierte. Ein starker Wind, von Nordwesten her, kam plötzlich auf und blies ihm ins Gesicht. Das Gras wurde hin und her gewirbelt und schickte ihm ein Flüstern ins Ohr:

"siekommen…sietrampeln…beeildich…dasschwarzblut!"

"Was...?" Der Hybrid bückte sich sofort und lauschte dem Gras, doch waren die zarten Stimmen bereits verklungen. Der Mann neben ihm sah ihn nur verwirrt an und zog anschließend eine Grimasse, die die Brille dabei auf der Nase kurz hüpfen ließ und die buschigen Augenbrauen verengte. Layn ignorierte das Schauspiel, welches die Mimik des Mannes vollführte, sprang auf und drückte diesem dann das Rad in die Hand. "Guter Mann..." begann er weiterhin freundlich, doch mit nun deutlich mahnend klingender Stimme. "Wenn Sie überleben wollen sollten Sie sich jetzt zusammenreißen und mit mir zusammen Ihren Karren reparieren...und – zwar – schnell!" Entgeisterte Augen starrten ihn an. "W-Was? A-Aber...wieso?" Dann japste der Mann plötzlich nach Luft, als wäre ihm soeben die Lösung gekommen. "Wollen Sie mich etwa umbringen? Oh, bitte!! Alles, nur das nicht! Sie können sich nehmen was Sie wollen, nur-…!"

Layn verdrehte die Augen und hatte den anderen allein damit schon zum Schweigen gebracht, indem er ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und sich zu ihm herunter gebeugt hatte. Layn empfand sich keinesfalls als unheimlich – lieber Himmel, nein! – doch konnte er in den Moment auch nicht sehen, wie er einen bedrohlichen Schatten auf den Kleineren warf, der nur in ein Paar rötlich wirkender Augen starrte, während der Hybrid den Größenunterschied zwischen ihnen überwunden hatte. "Bei allen guten Göttern die Ihnen und mir heilig sind, nein!" Sah er wirklich wie ein Dieb und Mörder aus? Das wurde ja immer besser!

"Das wird schon jemand anderes erledigen... " erklärte Layn nur vage weiter, was den Händler natürlich keineswegs beruhigte – und ihn auch nicht wirklich. "Und dann trifft es Sie und mich, wenn wir Pech haben…und das wollen wir doch nicht, oder? Ich zumindest nicht! Also treten Sie bitte zur Seite und lassen Sie mich Ihnen endlich helfen, bitte, verdammt! "Daraufhin ignorierte er den anderen nun gänzlich und legte seine Hände unter den Karren, prüfend, wo er am besten zu fassen war.
 

Der Verstand des Händlers jedoch schien noch nicht recht begriffen zu haben, dass es an der Zeit war Taten statt Worten den Vortritt zu lassen – besonders, wenn es sich eh um ungünstige Fragen handelte: "W-Wie? W-Was reden Sie da? Wer sind Sie überhaupt, zu behaup-...!?" "Stellen Sie keine Fragen! Los, Beeilung!" unterbrach ihn Layn, nun sichtlich genervt von ihm, und stemmte nun den Karren hoch, nachdem er das Rad schon einigermaßen in Position gebracht hatte. Er war selbstverständlich auch für ihn schwer, da hätte dieser kleine Mann es nie im Leben schaffen können! Alleine einen vollgepackten Karren reparieren zu wollen… So ein törichter Gedanke! Er konnte von Glück reden, dass Layn ein Halbblut war, andererseits hätten sie zu zweit hier gestanden und sich nacheinander das Kreuz verrenkt! Und dann hätten sie auch noch zusehen müssen so schnell wie nur irgendwie möglich das Weite zu suchen, so wie es die Stimmen ihm geraten hatten. Was hatten sie überhaupt damit gemeint, als sie von Schwarzblut sprachen? Layn wusste es nicht – und um ehrlich zu sein hatte er im Moment auch nicht groß das Verlangen danach es herauszufinden. Doch wahrscheinlich würde er nicht drum herum kommen, wenn dies hier noch länger dauern würde…
 

Der Mann versuchte nun (endlich) so schnell wie möglich das Rad auf den Bolzen zu stecken. Er zitterte vor Nervosität und Unbehagen und so gelang es ihm nicht sofort, zumal das massive Holzrad auch etwas zu schwer für ihn war.

Dann konnte Layn sie hören. Das waren doch Schritte - oder war es doch nur ein nahendes Donnergrollen? Doch wieso warnte ihn dann Mutter Natur, wie sie es so selten tat? Stets nur dann, wenn es sein musste...anscheinend lag Layn doch jemandem am Herzen, auch wenn er sich bei Mutter Natur und einem Herz nicht ganz so sicher war. Bei der Göttin Gairyn schon eher, der Herrscherin über Flora und Fauna, wie über die Naturgewalten... Nun, wem auch immer, Layn dankte demjenigen sehr, wissend, dass es doch noch jemanden gab, der von seiner Existenz wusste und diese auch zu wahren wissen wollte.

Immer lauter wurde der rhythmische Klang, dessen Laute bereits zu hören er seinem elfischen Gehör zu verdanken hatte – nicht zu vergessen der großen, spitzen Ohren. Ja, das waren eindeutig Schritte. Layn versuchte die Richtung zu erahnen, um eventuell schon von Weitem erkennen zu können, was ihnen da entgegen kam. Es mussten mindestens sechs sein, doch wie Pauris (Zwerge, die Rotkappen genannt wurden, da sie ihre aus Menschenhaut gefertigten Kappen in das Blut ihrer Opfer tauchten) hörte es sich nicht an.

"Die tragen keine Metallrüstungen..." murmelte er und wurde nun doch etwas unruhig. "Schneller!" drängte er somit, doch wurde der Mann daraufhin nur noch nervöser, als er eh schon war. Anscheinend konnte er die Schritte nun ebenfalls hören. So murmelte er nur vor sich her und schwitzte vor Anstrengung und Angst.

Layn hoffte derweil inständig, dass es vielleicht doch nur ein Trupp Männer war, Krieger dieses Landes, die auf einer Art Patrouille waren oder dergleichen oder gerade von wer-weis-woher kamen, auf dem Weg nach Hause. Wenigstens hoffen wollte er noch, auch wenn dies nicht wirklich angebracht war, wenn die Göttin Gairyn selbst durch das Gras zu ihm sprach. Durch Gras… Layn dämmerte nun, warum der Mann ihn so seltsam angesehen hatte. Er dürfte ihn nun sicher für verrückt abgestempelt haben! Zuerst wurde er als Dieb betrachtet, dann als Mörder und nun auch noch als Irrer. Er hatte sich getäuscht…es konnte doch nur noch schlimmer werden! Vermutlich waren es also doch Pauris. Oder schlimmer… Vielleicht sogar beides – wenn das möglich war.
 

"Man!" Der Hybrid verlor langsam die Geduld. Da glaubte man, dass der Mann es endlich geschafft hatte das Rad auf den Bolzen zu stecken, da rutschte dieses nur wieder davon ab! Ihm wurden langsam die Arme lang, glaubte er das war ein Zuckerschlecken hier??

Vorsichtig zog er eine Hand unter dem Karren hervor und half und auch noch dem Händler, der langsam einem Nervenzusammenbruch nahe zu sein schien, was sich mindestens an einem puterrotem Gesicht und einem Wasserfall gleichem Schweißausbruch bemerkbar machte.

Etwas erschöpft ließ Layn dann erleichtert den Karren herunter, nachdem sie es nun endlich geschafft hatten das Rad anzubringen. Nun waren sogar Stimmen und Gegröle zu hören. Es klang eher wie Gegrunze und auch die Stimmen waren heller, als sie bei Pauris hätten sein können. Also kam es doch schlimmer. Er hätte drauf wetten können! Nun hieß es keine Zeit verlieren…

"Schnell! Fahren Sie! Los!" drängte Layn somit den Mann sofort, der erstaunlich schnell und plötzlich gehorchte, ohne jegliche Einwände dagegen zu erheben, und mit einer überraschenden Leichtigkeit auf den Kutschbock sprang, wie ein Athlet über ein Hindernis beim Hürdenlauf. Keinen Augenblick später schnalzte er mit der Zunge und fuhr über die Straße Richtung Norden.

Layn blieb keine Zeit ihm nachzusehen. Er drehte sich nur rasch um, als er Schatten hinter sich bemerkte, und stand damit auch schon einem Trupp aus kleinen, grauhäutigen Wesen gegenüber. Sie hatten große Ohren, sowie schiefe Nasen und Zähnen. Es waren sechs bis acht und jeder von ihnen war in dicke Leder- und Metallrüstungen gekleidet, wie auch mit grob gearbeiteten, scharfen Kurzschwertern oder kleine Kurzbögen bewaffnet. Unter düsterem Gekichere spürte sich der große Hybrid auch schon langsam von ihnen umzingelt.
 

Layn besah sich die Kreaturen vage. Klein wie Pauris...(und hässlich wie Trolle)...das müssten Goblins sein, aber.....Goblins hier in diesen Gebieten..? Leben sie nicht eigentlich östlich, weit hinter den Grenzen Orgoths?, dachte er nur, verwarf dann aber jegliche Spekulationen über ihr hiesiges Dasein. Dafür blieb später noch Zeit. Hoffte er zumindest... Layn wollte zumindest nichts unversucht lassen, dass es noch ein später geben würde. So zog er seinen langen Zweihänder, nachdem Ijaii sich zuvor in das schützende Geäst eines nahen Wäldchens rettete, aus dem das Pack vermutlich gekommen war.

Dank seiner ungewöhnlichen Kraft durch das vampirische und elfische Blut in seinen Adern, führte Layn den Zweihänder stets mit einer Hand, wenn es den Umständen entsprechend möglich war (da das Führen eines Zweihänders mit einer Hand bei ihm zwar, dem Gewicht entsprechend, nicht der Rede wert war, aber dessen Handhabung noch weiterhin etwas unhandlich blieb).

Und so wanderte Layns linke Hand an seinen Gürtel, wo sich seine Finger um den Griff seines Dolches schlossen, um diesen ebenfalls zu ziehen. So gut es ging versperrte der Hybrid ihnen somit die Straße nach Norden, zu den Dörfern und Städten der Menschen, wie deren Königreich, im Glauben, dass es das Ziel ihrer mysteriösen Wanderschaft hier war.

"Na, ihr kleinen Stinker? An mir kommt ihr eh nicht vorbei, lasst euch das gesagt sein! Also versucht es erst gar nicht!" Er grinste breit, sodass seine spitzen Vampir-Eckzähne weit über seine Unterlippe ragten.

Layn achtete stets darauf sie niemandem zu offenbaren – es reichte schon, wenn man glaubte, dass er ein gewöhnlicher Halbelf war, also halb Mensch halb Elf. Woher die andere Blutlinie in Wirklichkeit her stammte sollte da lieber ein Geheimnis bleiben, wenn er wusste, was gut für ihn war.
 

Sein Grinsen hielt nicht lang an, denn schon steckte dem Hybrid ein Pfeil in der linken Schulter. Vor Schreck und natürlich vor Schmerz, hätte er beinahe seinen Dolch fallen gelassen und auch die Spitze seiner Schwertklinge neigte sich dem Gras zu. Wütend drehte sich Layn zum Schützen um, der sich herumgeschlichen und hinter ihm aufgelauert hatte, nun hämisch lachend und dem Hybrid einen weiteren Pfeil verpassen wollend. So schnell und stark wie möglich warf Layn seinen Dolch auf den heimtückischen Angreifer. Die Schulter schmerzte ihn während des Wurfes, sodass er beten musste den Goblin überhaupt getroffen zu haben. Zu seinem Glück fiel dieser, mit der Klinge im Kopf und den Augen dem kalten Eisen zugewandt, wortlos nach hinten auf das Gras. Das Startzeichen für die anderen, die nun wild grunzend und grölend angriffen.

Layns Kopf drehte sich nur, fast wie in Zeitlupe, zu den Heranstürmenden um, während sich seine nun freie Hand ebenfalls um den Griff des Zweihänders schloss und dieses dabei mit sich zog. Wieder machte sich der Pfeil in der Schulter bemerkbar und schien seine Muskeln bei jeder Bewegung lähmen zu wollen. Dem Schwarzhaarigen blieb nichts anderes übrig als die Zähne zusammen zu beißen.

Zum Glück hatte Layn schnell ihre Schwachstellen entdeckt: am Hals und an den Armen waren die Rüstungen alle offen und der Weg seiner Klinge ins Fleisch der Gegner frei. Zudem hatten die Kleineren eh kaum eine Chance lebend davon zu kommen, wenn sein - aus ihrer Sicht - riesiges Schwert ins Schwarze traf. So ließ er sein Schwert beinahe elegant umher kreisen und schnitt ihnen, so gut er konnte, die Gliedmaßen ab – oder was er sonst noch erhaschen konnte. Geschickt waren sie, dass musste er ihnen lassen – und widerspenstig. Denn selbst das schien diese Kreaturen nicht sonderlich aufzuhalten. Sie jaulten nur kurz, doch nur vor Schmerz, nicht um den verloren Arm oder der verloren Hand, und griffen dann sofort wieder an.

Layn war ebenfalls geschickt und wich ihren Angriffen aus, musste aber dennoch ein paar kleine Schnitte einstecken. Ungeachtet dieser schlug er einem nach dem anderen dann den Kopf ab. Der wohl einzige Weg um sie mit einem Hieb vom Hals zu bekommen.
 

Zum Schluss waren nur noch drei übrig, einer einarmig, einer zwar leicht verletzt, dafür aber nur noch einhändig und der andere mit nur einem Ohr weniger.

Der Hybrid grinste breit. "Meint ihr, ihr drei schafft mich?" Seine Miene wurde schlagartig wieder ernst und so griff er daraufhin wieder an. Die Goblins wichen etwas zurück und zu seiner noch größeren Überraschung liefen sie dann auch noch weg. "Hey! Hier geblieben!" Layn rannte ihnen sofort hinterher und holte sie auch schnell wieder ein, doch da drehten sie sich nur plötzlich wieder um und griffen erneut an. Überrascht und verwirrt über dieses Verhalten, stockte der Schwarzhaarige für einen kurzen Moment, etwas, was er sofort bereute, denn prompt streifte eine Klinge seinen rechten Unterarm und hinterließ eine unschöne, wenn auch oberflächliche Schnittwunde. Dennoch ließ der Hybrid vor Schmerz sein Schwert fallen und schaffte es auf die Schnelle gerade noch zur Seite zu springen, um einer weiteren Klinge auszuweichen. Layn blieb nichts weiter übrig als dem Goblin ins Gesicht zu treten (in passender Höhe waren sie ja schließlich) und griff sich dann sein Schwert. Es glitt mühelos durch den Hals eines anderen Goblins und dann, durch eine sanfte Kurve in seinem Hieb, durchgehend in den Wanst des fast dahinter stehenden, dessen Oberkörper sofort vom Rest getrennt wurde und ins Gras flog, welches schon von schwarzem Blut wie getränkt schien.

Der Goblin, dem er ins Gesicht getreten hatte, hatte sich nun auch schon wieder gefasst und stürmte mit zertrümmerter Nase auf Layn zu, doch schlug er nur mit seinem weitaus größeren Schwert so kräftig gegen das des Goblins, dass es diesem nicht einfach aus der Hand geschlagen wurde, sondern sofort in zwei Teile zerbrach. Die restliche Klinge flog im hohen Bogen durch die Luft und blieb dann neben Layn im Boden stecken. Wieder grinste der Hybrid nur breit, ein roter Schein lag in seinen Augen, der Schmerz in der Schulter und im Arm war wie fortgeblasen.

Da ergriff der letzte Überlebende des Goblintrupps nur die Flucht, doch dieses Mal war Layn darauf vorbereitet. Schnell sprang er hinterher und köpfte den Goblin von hinten (lang genug waren Schwert und ausgestreckter Arm ja), dem nur ein gurgelndes Geräusch blieb, ehe der Kopf, mit weit aufgerissenen Augen und ebenfalls aufgerissenem Mund, einen kleinen Hang hinunter kullerte und Layn von dort aus her mit trüb gewordenem Blick anstarrte.

Geschafft steckte dieser sich nur sein Schwert zurück in die Tragegurte (solch ein großes Schwert besitzt keine passende Hülle) und suchte nach seinem Dolch, denn er wenig später aus dem Kopf des ersten Goblins zog. Dann trat Layn auf die Straße, die er zwar erfolgreich, wenn auch vielleicht unnötig verteidigt hatte, und seufzte diesbezüglich.
 

"meisterlayn!" Ijaii flatterte im Sturzflug auf ihn zu und landete auf seiner Schulter. Er schmiegte seinen kleinen, weichen Kopf an Layns Wange und drückte ihm die feuchte Schnauze dagegen. "ichhattesolcheangstumdich..." piepste Ijaii nur kläglich. "Keine Sorge...kennst mich doch...mir passiert nichts..." Layn drückte die kleine Fledermaus nur mit der flachen Hand tröstend an sich und versuchte dabei kein allzu schmerzverzerrtes Gesicht zu ziehen. Ijaii waren seine Wunden natürlich nicht entgangen, er schrie sogar leise auf, als er einen Blick auf den Rücken des Schwarhaarigen warf. "einpfeil! dasteckteinpfeil! einganzerpfeil!" jammerte er nur panisch. Layn griff nur nach hinten "Gleich nicht mehr, mein Kleiner..." und zog ihn dann, unter zusammen gebissenen Zähnen, mit einem Ruck heraus.

Es war schon schwer genug gewesen den Pfeil so zu umfassen, dass es gerade noch erträglich war, doch das Ergebnis schmerzte gekonnt noch mehr als der Pfeil selbst:

Fassungslos starrte Layn auf den Pfeil – dem die Spitze fehlte. Keine Worte in jeder Sprache, der er kannte, konnten ausdrücken, was ihm dabei durch den Kopf ging, und so warf er das Stück Holz nur wütend zu Boden, um anschließend vorsichtig mit den Fingern in seiner Wunde nach der Spitze zu tasten. Die kleine Fledermaus wollte ihm dabei ein fehlendes Paar Augen am Rücken sein, doch widerstand Ijaii dem Anblick all vielen des Blutes nicht.

"Argh...verdammt...a-ah...da, ich…ich glaub ich hab sie…" Layn presste noch einmal die Zähne aufeinander. Jetzt ganz vorsichtig ziehen… Seine blutverschmierten Finger jedoch rutschten nur am Schaft ab. Schlimmer noch, der Schwarzhaarige hatte sogar das Gefühl die Spitze dadurch nur noch tiefer hinein zu drücken. "So ein Mist aber auch!" fluchte er sofort laut und wischte sich dann die blutverschmierten Finger an der Weste ab, die, wie seine Stiefel, sich die Fähigkeit zu eigen gemacht hatte jeglichen neuen Schmutz sofort so aussehen zu lassen, als sei er dort schon immer gewesen.

"Dann muss ich halt einen in der Stadt finden, der sie mir rauszieht...am besten ich geh zu einem Schmied..." seufzte er leise und schritt dann die kleine Straße entlang. Das Dorf, in welches der Händler vermutlich verschwunden war, schien ja nicht sehr weit entfernt zu sein.

Ijaii hing derweil nur stumm am Knauf des Zweihänders und starrte besorgt kopfüber auf die blutende Schulter seines Herrn. Immer wieder hörte man ihn leise schniefen. "Keine Sorge..." beruhigte ihn Layn nur, wissend, wie besorgt die kleine Fledermaus über die kleinsten Kleinigkeiten sein konnte. "Es ist nicht so schlimm wie es aussieht..." Demonstrativ wollte er den Arm heben, doch allein das ließ Layns Muskeln sich zusammen ziehen und beinahe taub vor Schmerz ließ er ihn somit nur gesenkt unten. Ijaii beäugelte dies nur noch bedrückter, wogegen der Hybrid dann auch nichts mehr tun und sagen konnte um ihn zu beruhigen, außer dem Kleinen immer wieder zu versichern, dass ein Schmied - oder irgendwer mit einer guten und vor allem sauberen Zange, das schon hinbekommen würde. Um das Abheilen musste er sich ja keine Sorgen machen. Zum Glück.
 

~○~
 

Fernab des Geschehens, doch näher, als man es vermuten mochte, lief eine junge Frau durch die Straßen ihres Heimatdorfes, durch welches in geraumer Zukunft ein Einspänner rasen würde, als sei der Fürst der Unterwelt selbst hinter ihm her – der im Moment weitaus besseres zu tun hatte, als dafür zu sorgen pummeligen Händlern Beine zu machen, für sowas war sicherlich schon jemand anderes zuständig.
 

Yael war schon immer ein hübsches Mädchen gewesen und von den jungen Männern im Dorf und den nahen Nachbardörfern umschwärmt wie sonst niemand. Eine Tatsache, die sie am allermeisten störte, noch weit mehr als die teils – ihrer Meinung nach zumindest – weitaus attraktivere Konkurrenz. Woran es lag wusste sie nicht, doch hatte sie schon früh begonnen Maßnahmen dagegen zu ergreifen: eine ungeflochtene windumspielte Frisur, Hosen statt Röcke und eine freche, dickköpfige Art, wie sie sich so mancher Lausebengel noch abkupfern konnte, spiegelten derweil ihr Selbst wieder. Und Yael war damit recht zufrieden. Es verringerte zwar nicht die Anzahl der Verehrer, doch die derjenigen, die irgendwelche fruchtlosen Versuche starten würden bei ihr den Hof machen zu wollen. Das passte zwar ihrer Mutter nicht so ganz, wünschte sich diese doch eine Tochter, die sich auch wie eine Tochter benahm, doch verstand sie die junge Frau andererseits auch, dass sie sich zum einen noch nicht für eine Beziehung oder gar Ehe bereit fühlte und zum anderen sich nicht jedem Dorftrottel – sprichwörtlich – hingeben wollte. Es war eben noch nicht der richtige gekommen. Und wenn es nach Yael ging, dann konnte derjenige auch ruhig noch etwas auf sich warten lassen.
 

Ein Korb, der munter an ihrer Armbeuge baumelte, füllte sich langsam mit einigen Kleinigkeiten, die Yael zu besorgen hatte. "Hallo Yael! " rief ein Händler freundlich dem Mädchen zu. Sie winkte knapp. "Heute brauch ich nichts, vielleicht morgen~..." Sie gab dem Mann noch nicht einmal Zeit darauf zu reagieren und lief gleich wieder los. Sie mochte es zu laufen. Es gab nichts Besseres als schneller zu sein, als die anderen. Außerdem hatte sie, allein der Verehrer wegen, gelernt oft und schnell zu laufen, bis niemand mehr mit ihr mithalten konnte. Noch etwas, worauf Yael sehr stolz war.

Mit flinken Füßen sprang sie über die schiefen Pflaster der nächsten Straße, die sie passierte. Diese Stadt war ihr Gebiet, hier kannte sie sich aus, hier fühlte sie sich wohl. Auch wenn der Schein einer idyllischen kleinen Stadt bei ihrer täuschen mochte. Was Yael jedoch besorgte, waren nicht die jüngsten Ereignisse, die jedermann des Nachts die Türen und Fenster verbarrikadieren ließ, sondern das Gerücht, dass der Fürst eine Braut suchte. Natürlich sorgte sie sich nicht wirklich darum irgendwelche Vorkehrungen diesbezüglich zu treffen. Sollten sich die anderen doch jeden Tag schön machen, in der Hoffnung, dass der Fürstensohn diesmal durch das Dorf reiten und sich umsehen würde. Yael kümmerte es nicht, sie wollte nicht heiraten – und den dummen Sohn des Fürsten sowieso nicht. Er hatte nur schöne Frauen, reiche Festtafeln mit viel Fleisch und Wein und die Jagd im Kopf. Dabei war das Leben doch so viel mehr, als Reichtum und...Fleischeslust. Nie könnte sie sich in so einen Mann verlieben!



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