Straßenkind von abgemeldet (SasuXNaru) ================================================================================ Kapitel 5: Vergangenheit: Das Fliegen und Fallen ------------------------------------------------ Dies ist eins von sechs Vergangenheitskapiteln. Sie werden immer zwischendurch online kommen und beinhalten die Vergangenheiten von fünf Charakteren, wobei Zwei von ihnen in einem Kapitel zusammengefasst sind. ___________________________________________________________________________ Du fliegst hoch oben, die Augen verschlossen, der Wind gibt dir das Gefühl der Freiheit und Unbeschwertheit. Dein Leben ist perfekt, nichts kann es zerstören. Du fliegst mit Leichtigkeit, als wenn es das Einfachste der Welt wäre. Doch plötzlich, so abprubt wie ein Schlag ins Gesicht, verebbt der Wind, die Wolkendecke unter deinem Körper reißt auf, gibt die Sicht frei in eine schwarze, düstere Welt. Regen prasselt dort herunter, Gewitter verbreitet sich über den dunklen Horizont und ehe du es aufhalten kannst fällst du hinunter in dieses Loch. Fällst hinunter in die Finsternis, doch das Verrückteste daran: Du willst nicht zurück. "Itachi!" Eben Angesprochener drehte sich um, seine Augen leuchteten matt auf, ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er die rothaarige Schönheit im Flur erblickte. "Die Anderen warten schon", sagte die junge Frau und warf ihre Haarpracht nach hinten, während die rubinfarbenen Augen ihren Freund betrachteten. "Sie können doch schon mal vorgehen", meinte Itachi mit einem Seufzen und zog sich seine geliebte Kunstlederjacke an. "Itachi, das ist unsere Verlobungsfeier!", lachte die Rothaarige. "Amy! Itachi!", ertönte es aus dem kleinen Vorgarten. "Kommt schon! Bevor die ganze Feierstimmung verfliegt!" Die beiden frisch Verlobten verließen ihre kleine, gemütliche Wohnung, die Itachi von außen verschloss und gesellten sich zu ihren Freunden, die bereits vor dem Auto warteten. "Hey, Ita!", schlug der beste Freund des Uchihas diesem auf den Rücken. "Amy ist eine klasse Wahl! Sie sieht gut aus-" "-ist intelligent-", führte ein weiterer Freund fort. "-hat einen Sinn für Humor-", fügte die beste Freundin Amy's hinzu. "-und ist sozial engagiert", beendete der junge Mann, der noch immer die Hand auf dem Rücken Itachi's gelegen hatte. "Was will man mehr?" "Sie als Frau haben?", schlug der Uchiha mit einem leichten Lächeln vor. "Das wird zum Glück bald so weit sein", meinte Amy und gab ihrem Freund einen liebevollen Kuss auf die Lippen. "Ja, aber zuerst werden wir Fünf uns einen tollen Abend machen!", verkündete der beste Freund, die anderen Beiden stimmten jubelnd zu. *~* Es war sieben Uhr morgens, als der Wecker klingelte. Itachi schaltete ihn mit einem Handschlag aus. Dieses dumme Ding hatte eine Fehlfunktion und klingelte manchmal sonntags, obwohl er dort ausschlafen durfte. Am besten wäre es den Apparat zu ersetzen. Der Schwarzhaarige blieb noch einige Zeit liegen, betrachtete seine Verlobte, die nichts weiter um den Körper geschlungen hatte als ein weißes Laken, und stand dann mit einem Lächeln im Gesicht auf. Einschlafen könnte er nun ohnehin nicht mehr. Außerdem war er ein Frühaufsteher. Schnell sammelte er die Klamotten ein, die sich in der Nacht zuvor im Zimmer verteilt hatten, warf sie in den Wäschekorb, nahm sich aus dem Kleiderschrank Neue und verschwand im Badezimmer. Nach fast einer halben Stunde war er fertig mit duschen, abtrocknen und umziehen und ging in die Küche, um sich einen Kaffee zuzubereiten. Während die Maschine am Arbeiten war schaute er nach der Post und musste feststellen, dass sie bereits die Zeitung und ein paar Briefe bekommen hatte. Er warf die Zeitung auf den Tisch, setzte sich an diesen und schaute sich die Briefumschläge kurz an. Rechnungen, Rechnungen, Rechnungen, Werbung, und - Ihm stockte der Atem. Für den Bruchteil einer Sekunde befürchtete er, dass sein Herz ebenfalls stehen bleiben würde. Sofort spürte er einen eiskalten Schauer über seinen Rücken laufen, seine Finger zitterten leicht. "Reiß dich zusammen, Itachi!", sagte er sich selbst, doch er traute sich nicht den Briefumschlag zu öffnen. Die Zuschrift kam aus England, und zwar von Oxford. Einer der besten Unis in Europa. Es war Itachi's größter Traum dort studieren zu können, darauf hatte er fast vierzehn Jahre lang hingearbeitet. Er hatte nach der Grundschule sofort ein Internat besucht, eines der besten im Land, mit einem Abitur von 1,1 hatte er sich dann in Oxford angemeldet. Wenn er dort aufgenommen werden würde... dann würde sein größter Traum in Erfüllung gehen und er könnte mit Amy nach England ziehen, was sich die junge Frau wünscht seit sie sechs Jahre alt ist. Sein Vater würde wahrscheinlich vor Stolz platzen, er prahlte schon so überall mit den Leistungen seines Ältesten. Nun, Sasuke würde wahrscheinlich eifersüchtig werden, so wie immer, wenn Itachi mit guten Leistungen ankam. Und seine Mutter... Ein Lächeln umspielte Itachi's Lippen. Sie lachen zu sehen, den Stolz in ihren Augen, das war einer der größten Geschenke, die es in Itachi's Leben gab. Seine Mutter war krank seit Sasuke auf die Welt kam. Ihr Immunsystem wurde durch die schwere Geburt so geschwächt, dass sie sich ständig mit Lungenentzündungen, Grippen und anderen Krankheiten herumschlagen musste. Dadurch konnte sich ihr Immunsystem nicht mehr erholen, wodurch sie dauerhaft krank war. Die meiste Zeit ihres Lebens verbrachte sie deswegen im Haus. Auch wenn sie gelernt hatte sich mit den einfachen Dingen im Leben zufrieden zu geben, so war sie doch eher selten am Lachen oder am Lächeln. Sie hatte zu Itachi gesagt, wenn er es schaffen könnte sein Leben so zu leben, wie er es wollte, dann wäre sie glücklich. Der Schwarzhaarige starrte noch eine Weile auf die feinen Schriftzüge, die die Adresse von den Oxford Universitäten zeigten, und öffnete den Briefumschlag schließlich mit zitternden Händen. Das Blatt Papier wurde sorgsam aus dem Umschlag gezogen, wurde nur misstrauisch entfaltet und mit aufgeregter Atmung gelesen. 'Hello Mr. Itachi Uchiha. Oxford Universities thank for your registration and are pleased to inform you, that you have passed the registration check. We except you on time to 18.07. to an interview and are already glad to get to know you. Oxford Universities' Ungläubig starrte Itachi auf die Schriftzüge. Erneut las er sich den kurzen Abschnitt durch. Dann sprang er auf, stürmte in das gemeinsame Schlafzimmer und rief ohne Vorwarnung: "WIR FLIEGEN IN EINER WOCHE NACH ENGLAND!!!" *~* "Ich glaub's nicht, Mann!", sagte der beste Freund, las sich die Schriftzüge zum wiederholten Male durch. "Dein Leben kann echt nicht besser laufen!" Itachi lachte leise. Die Sonne stand hoch am Horizont und spiegelte die gute Laune des Uchihas wieder. Er saß zusammen mit dem jungen Mann im städtlichen Park. Heute sah die blühende Natur noch schöner aus, als normalerweise. Das lag wohl auch daran, dass alles einfach perfekt war! Du fliegst hoch oben, die Augen verschlossen, der Wind gibt dir das Gefühl der Freiheit und Unbeschwertheit. Dein Leben ist perfekt, nichts kann es zerstören. Du fliegst mit Leichtigkeit, als wenn es das Einfachste der Welt wäre. "Wir ziehen nach England, ich gehe Studieren, Amy wird das Café eröffnen, das sie schon immer haben wollte", zählte Itachi auf und seufzte. "Wenn wir die Zeit finden werden wir heiraten und irgendwann, wenn ich eine feste Arbeit habe, bekommen wir Kinder. Außerdem werde ich meiner Familie ein größeres Haus kaufen und Sasuke bekommt ein Fußballfeld in den Garten." Der junge Mann lachte neben ihm leise auf. "Wie alt ist dein Bruder eigentlich mittlerweile?", fragte er und faltete das Papier wieder zusammen. "Er müsste jetzt vierzehn sein", antwortete Itachi. "Acht Jahre Unterschied? Das trifft man nicht häufig." "Ja, schon..." "Hast du es deiner Familie eigentlich schon erzählt?" Der beste Freund wedelte mit dem Papier in seiner Hand. "Nein, ich habe versucht sie zu erreichen, aber es geht keiner ran. Wahrscheinlich hat meine Mutter heute einen Arzttermin. Die dauern bei ihr immer länger", antwortete Itachi. "Wie wäre es mit hinfahren?" Der Schwarzhaarige lachte auf. "Denk dran, wir sind hier fast 1oo Kilometer von ihnen entfernt! ... Ich werde trotzdem noch mal zu ihnen fahren ehe ich nach England fliege. Das ist mir wichtig." "Schon klar", sagte der beste Freund. "Du hast ein Leben vor dir... Ich könnte glatt neidig sein!" "Und ich werde es gegen nichts in der Welt eintauschen!" *~* "Darf ich die Augen jetzt öffnen?" "Noch nicht!" "Ach Mann..." Itachi seufzte enttäuscht. Er spürte, wie Amy ihm eine Halskette umlegte, doch er hielt sich an ihre Bitte und ließ die Augen geschlossen. Nach ein paar schweigsamen Sekunden gab die Rothaarige bekannt, dass er die Augen wieder öffnen dürfte. Sofort wanderte sein Blick nach unten auf seine Brust und fand dort eine silberne Kette vor, an der sich ein ebenfalls silberner Anhänger befand. Es war ein japanisches Zeichen, das Symbol für 'Liebe'. Itachi schmunzelte und umfasste den Anhänger mit seiner Hand. "Danke, Süße", sagte er leise und gab Amy einen Kuss, der sich in der nächsten Sekunde auch gleich in einen Zungenkuss verwandelte. "Sollen wir das von gestern Nacht wiederholen?", fragte die Rothaarige, als sie sich wieder voneinander gelöst hatten. "Nichts lieber als das", hauchte der Uchiha. Die Verlobten wollten sich gerade erheben und den Weg ins Schlafzimmer betreten, als es an der Tür klingelte. "Ausgerechnet jetzt", stöhnte Itachi genervt. "Ich gehe schnell schauen, wer das ist und wimmel ihn ab, geh du schon mal ins Schlafzimmer." "Ich warte auf dich", säuselte Amy und zog sich dabei verführerisch das Hemd von der Schulter. Mit einem Luftkuss verabschiedete sie sich, der Schwarzhaarige verspürte das Verlangen danach seine Verlobte sofort zu nehmen und wollte den Besucher auch schon außer Acht lassen, als es erneut klingelte. "Mann...", seufzte Itachi und ging ein wenig geknickt zur Tür hin. Als er sie geöffnet hatte blieb ihm kurz die Luft im Halse stecken: Da standen zwei Polizisten vor ihm, mit ernster Miene und straffer Haltung. Bevor der Uchiha etwas sagen konnte, fragte einer der Beiden: "Ist ihr Name Itachi Uchiha?" "J-ja", antwortete Itachi stotternd. Was war passiert? Er hatte doch nichts verbrochen, zumindest konnte er sich an Nichts erinnern, was strafbar hätte sein können. Vielleicht war ja etwas passiert und er könnte als Zeuge in Frage kommen, oder jemand verdächtigte ihn unberechtigt. "Es geht um ihre Eltern", sprach einer der grün gekleideten Männer. "Meine-" Itachi blieben die Worte im Halse stecken. Er spürte wie ihm schlagartig schwindelig wurde und er nicht mehr in der Lage war klar zu denken. Wie in Trance schaute er in die Gesichter der Polizisten in denen Mitleid zu erkennen war. Irgendwann hätte dieser Tag ja kommen müssen, er befürchtete schon seit langem, dass irgendwann die Polizei vor seiner Türe stehen und ihm erzählen würde, dass seine Mutter an einer ihrer Krankheiten umgekommen war. Aber... warum war auch sein Vater beteiligt? 'Reiß dich zusammen, Itachi!', sagte sich der Uchiha innerlich selbst. 'Es muss ja nicht gleich das Schlimmste sein...' "Es tut mir Leid, Herr Uchiha", riss einer der Polizisten den jungen Mann aus seinen Gedanken. "Ihre Eltern hatten an diesem Morgen einen Autounfall, die Ärzte konnten nichts mehr für sie tun." Doch plötzlich, so abprubt wie ein Schlag ins Gesicht, verebbt der Wind, die Wolkendecke unter deinem Körper reißt auf, gibt die Sicht frei in eine schwarze, düstere Welt. Regen prasselt dort herunter, Gewitter verbreitet sich über den dunklen Horizont und ehe du es aufhalten kannst fällst du hinunter in dieses Loch. *~* Mit einem traurigen Lächeln warf Itachi die Zuschrift in den Briefkasten und schloss die Klappe wieder. Es war die Absage für das Studium an der Oxford University. "Es tut mir so Leid", hauchte Amy und umarmte ihn sanft von hinten. "Mir tut es Leid", widersprach Itachi, "du wolltest schon immer in England wohnen und jetzt können wir dort nicht hinziehen." "Was ich will spielt momentan keine Rolle", sagte die Rothaarige und drehte ihren Verlobten um, so dass sie sich anschauten. "Der Autounfall ist nun schon knapp drei Tage her, es wird höchste Zeit, dass wir in dein Heimatdorf fahren und uns um Sasuke kümmern! Er kann ja nicht ewig in dem Kinderheim bleiben." "Ja, du hast Recht", murmelte der Uchiha. Keine vier Stunden später hatten sie ihre Sachen eingepackt und die Wohnung Amy's bester Freundin anvertraut. Während der Fahrt schwieg sich das Paar bloß an, Itachi hatte den Tod seiner Eltern noch nicht realisiert, hatte noch nicht kapiert, dass er nun nicht von ihnen empfangen wurde. Doch je näher er seiner Heimat kam, desto mehr stieg in ihm das Gefühl der Verzweiflung hoch, breitete sich in seinem Körper aus und bohrte sich in ihn hinein, wie eine scharfe Messerspitze. Immer und immer wieder spürte er die Stiche sein Herz bearbeiten, doch er unterdrückte den Schmerz. Dabei war er so stark, so unaufhaltsam, dass er sich nicht einmal nach dem Termin der Beerdigung erkundet hatte. Weil er nicht weinen wollte, weil er sich seinen Gefühlen nicht aussetzen wollte. Amy hatte ihm deswegen erst einen vorwurfsvollen Blick zugeworfen, doch schließlich sagte sie ihm, dass es seine Entscheidung wäre, sie würde in dieser harten Situation für ihn da sein, egal was kommen mag. Und das machte Itachi ein wenig Mut. *~* Es war fast Abend als sie vor dem Kinderheim standen, um Sasuke ab zu holen, der dort für die drei Tage untergebracht worden war. Itachi wurde zunehmend nervöser. Sein kleiner Bruder konnte ihn nicht sonderlich gut leiden, außerdem hatten sie sich fast drei Jahre lang nicht mehr gesehen, nur ab und an auf einem Familienfest, doch sie hätten genauso gut Fremde sein können, den Unterschied hätte keiner gemerkt. Als der 14 - Jährige schließlich trübselig den Flur zu ihnen entlang trabte, sackte Itachi das Herz in die Hose. Die Augen des jüngeren Uchihas waren geschwollen und gekennzeichnet mit tiefen Augenringen, Tränen schimmerten wie ein Schleier über den schwarzen Iriden, die zum Boden gewendet waren. Der kleine Körper zitterte und schien das Gewicht seiner großen Tasche kaum halten zu können, so abgeschwächt war er. Dieser Anblick brach Itachi das Herz. Er schämte sich so sehr dafür, dass er nicht direkt am Tag des Autounfalls hergekommen war. Für seinen kleinen Bruder muss eine Welt zusammengebrochen sein und dann hatte man ihn auch noch in ein Kinderheim gesteckt, dort wo ihn Keiner verstand, wo er Niemanden hatte, der ihn trösten könnte. "Sasuke-", setzte Itachi an, doch er wurde unterbrochen. "Warum warst du nicht da?", fragte der Jüngere. Seine Stimme hörte sich abgenutzt an und war mehr ein Keuchen, als hätte er tagelang durchgeweint. Er wendete seinen verletzten Blick nun an die Wand, man konnte erkennen, dass er nicht nur verzweifelt, sondern auch sauer war. Sauer auf seinen älteren Bruder. "Es tut mir Leid", sagte Itachi. "Ich musste Entscheidungen treffen, es war nicht leicht gewesen." "Nicht leicht", spottete Sasuke und Tränen rannen über sein Gesicht. "Sag mir nicht, dass es nicht leicht war. Ich hasse dich." Das hatte gesessen. Itachi spürte die Worte wie ein Schlag ins Gesicht. Sie trafen sein ohnehin verletztes Herz und hinterließen noch mehr Kummer. Dafür hatte er sein Studium hingeschmissen... um hier Verachtung zu spüren zu kommen. Doch er hatte keine andere Wahl. Auch wenn ihn die Worte verletzt hatten, so wollte er hier sein. Er wollte Sasuke die Eltern ersetzen und ihn bei sich leben lassen. Fällst hinunter in die Finsternis, doch das Verrückteste daran: Du willst nicht zurück. "Wir sollten gehen", sagte Amy, um die Situation zu retten. "Ich habe den Schlüssel für die Wohnung geholt." *~* "Handwerker, Bürokaufmann, Kassierer... ich will keine Ausbildung, ich will Studieren!" Itachi warf die Zeitungsseiten mit den Jobangeboten in die Ecke und seufzte genervt. "Du kannst nicht studieren", erinnerte ihn Amy, während sie ein Frühstück zubereitete. "Du brauchst einen Job, sonst kannst du unsere kleine Familie nicht ernähren! Das, was ich als Bedienung in dem Café verdiene, reicht nicht aus!" "Ja, ich weiß." Der Schwarzhaarige ließ geknickt den Kopf hängen. "Studieren wäre echt zu schön gewesen..." "Tut mir Leid", sagte die Rothaarige und begann den Tisch zu decken. "Geh doch bitte Sasuke holen." "Ja, okay..." Itachi erhob sich von seinem Platz und ging den Flur zu Sasuke's Schlafzimmer entlang. An den Wänden hingen noch vereinzelt Bilder von ihrer Familie, der junge Mann beachtete sie nicht. Er wollte die Stiche in seinem Herzen nicht spüren, wenn er in die Gesichter seiner Eltern sah. Als er einige Meter vor der Schlafzimmertür seines kleinen Bruders stand, hörte er hinter dieser ein leises Schluchzen. Schmerz breitete sich daraufhin in ihm aus, es brach ihm fast das Herz zu hören, wie sehr Sasuke unter dem Tod ihrer Eltern litt. Für einen kurzen Augenblick blieb Itachi nur hilflos vor der Tür stehen, dann klopfte er zwei Mal gegen diese. Das Schluchzen hörte fast abrupt auf. Es dauerte einige Sekunden ehe die Tür geöffnet wurde und Sasuke vor ihm stand. Seine Augen waren geschwollen und rot, seine Lippen gereizt und entzündet, sein ausgelaugter Körper zitterte. Er wischte sich die letzten Tränen aus seinem Gesicht und schaute mit wütendem Gesichtsausdruck hoch in die Seelenspiegel Itachis. Der Schwarzhaarige warf kurz einen Blick in das Zimmer hinter dem Jüngeren. Es war abgedunkelt, wirkte abgeschnitten von der Familie und der Gesellschaft. "Was?!", fragte Sasuke pampig. "Amy hat Frühstück gemacht-" "Ich hab keinen Hunger!", kam es von dem Dunkelhaarigen sofort, er wollte die Tür zuschlagen, doch Itachi drückte seine Hand gegen die große Holzfläche. "Sasuke. Ich weiß, der Unfall ist erst eine Woche her, doch du kannst dich nicht ununterbrochen in deinem Zimmer einsperren", sagte der Ältere sanft. "Du isst viel zu wenig. Wir machen uns Sorgen." "Wir?!", wiederholte Sasuke aufgebracht, "wohl eher nur Amy! Wenn dir etwas an der Familie liegen würde, wärst du zur Beerdigung gekommen, du wärst auf kein Internat gegangen und du hättest mich früher aus diesem Kinderheim geholt!" "Es tut mir Leid", sagte Itachi nur leise. "Das sagst du ständig!", schrie Sasuke wütend und verzweifelt, "aber dir tut es gar nicht Lied!" Bedrückt ließ Itachi die Tür wieder los, die Sasuke auch sofort zuknallte und von innen abschloss. Ehe es Itachi aufhalten konnte traten ihm die Tränen in die Augen. So hatte er sich das nicht vorgestellt: Sasuke hasste ihn, er konnte nicht Studieren gehen und Amy's Wünsche und Bedürfnisse konnte er auch nicht mehr erfüllen. Außerdem bekam das Geld ihrer Eltern wahrscheinlich der Staat, womit sie fast pleite wären. Wie sollte er so nur Sasuke ernähren? Ein Schluchzen entfuhr dem jungen Mann. Ein erbittertes Schluchzen, das seinen Körper schütteln ließ. Zwei Tränen rollten seine Wange herunter, trafen sich an der Kinnspitze und tropften wie eine große Perle auf den Boden hinab. Es waren die ersten Tränen, die er vergossen hatte seit Sasuke auf der Welt war und es würden die Letzten sein, das nahm er sich vor. Er wollte nicht weinen und sich so noch weiter ins Unheil stürzen, er wollte nun alles daran setzen, dass er Sasuke durch das Leben bringen konnte. Und selbst wenn er ihn für immer hassen wird, momentan war ihm nichts wichtiger, als das Wohlbefinden seines kleinen Bruders. *~* Es waren fast zwei Monate vergangen. Das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern hatte sich nicht sonderlich gebessert, zwar war der Jüngere nicht mehr sauer auf Itachi, doch wirklich leiden konnte er ihn immer noch nicht. Dafür ließ sich Sasuke jedoch wieder regelmäßig blicken und nahm an den Mahlzeiten teil. Itachi hatte eine Ausbildung als Bürokaufmann begonnen und Amy fungierte mittlerweile wie eine Art Hausfrau, was sie sichtlich nervte. "Ich will nicht mehr alleine bügeln, kochen und putzen!", fauchte sie eines abends, wie so oft in der letzten Zeit. "Es tut mir Leid, du weißt ich kann dir nur halbtags helfen", sagte Itachi, der er auf der Couch Platz genommen hatte. "Am liebsten würde ich diesen Sasuke einfach in ein Kinderheim geben!", meinte Amy, während sie durch den Raum hin und her ging. "Diesen Sasuke?", wiederholte Itachi mit hochgezogener Augenbraue. "Ja, DIESEN!" Die Rothaarige blieb vor dem Uchiha stehen und hob die Hand hoch an der ihr Verlobungsring glitzerte. "Siehst du das? Wenn dein kleiner Bruder nicht wäre, wären wir schon längst verheiratet, du würdest in Oxford studieren und wir würden in England leben. Ich hätte vielleicht sogar schon das Café, das ich immer haben wollte und würde nicht in dieser stickigen Wohnung Hausfrau für ein nerviges Kind spielen!" "Du gehst zu weit", sagte Itachi kalt, in seiner Stimme war keine Wut zu erkennen, doch es schien, als würde er Amy von jetzt auf gleich nicht mehr als seine Verlobte, sondern als seine Feindin ansehen. "Ich gehe zu weit? ICH gehe zu weit?!", spottete die Rothaarige. "Pass nur auf, mein Lieber. Demnächst wenn du heim kommst sitzt dein ach so geliebter Sasuke irgendwo auf der Autobahn rum und findet nicht nach Hause. Dafür werde ich definitiv sorgen, vertrau mir!" "Wenn du drohst meinen kleinen Bruder auszusetzen muss ich dich leider rauswerfen", sagte Itachi und erhob sich bedrohlich von seinem Platz. "Von mir aus! Ich wollte ohnehin Schluss machen!", fauchte Amy, riss den Ring von ihrem Finger und warf diesen Itachi vor die Füße. "Hier hast du deinen bescheuerten Ring! Es ist vorbei!" Mit diesen Worten wirbelte sie auf dem Absatz herum, packte ihre Jacke und verschwand aus der Haustüre, jedoch nicht ohne vorher noch zu sagen, dass sie jemanden vorbei schicken würde, der ihre Sachen abholen würde. Seltsamerweise machte Itachi diese Trennung wenig aus. Er wusste zwar, dass Amy die Frau seiner Träume war, doch Sasuke hatte eine solche Wichtigkeit in seinem Leben gefunden, dass es mehr schmerzte von ihm als von der Liebe seines Lebens gehasst zu werden. Itachi hob den Ring auf und ließ sich langsam auf der Couch nieder. Nun hatte er das Studium hinschmeißen müssen, seine Verlobte hatte ihn verlassen, er hatte eine tot langweilige Ausbildung, das Geld reichte nicht um alles zu bezahlen und sein kleiner Bruder hasste ihn. Wie konnte es noch schlimmer kommen? "Itachi?" Der Schwarzhaarige erschrak ein wenig, als Sasuke plötzlich neben ihm stand. Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er ihn gar nicht bemerkt hatte. "Was ist?", fragte er ruhig. "Stimmt das, was sie gesagt hat?", fragte Sasuke und klang ein wenig ungläubig. "Dass du das Studium wegen mir hin geschmissen hast?" "Ja", antwortete Itachi. Seltsamerweise breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. "Ich habe auch meine Freunde zurückgelassen, ich wohne immer noch in Deutschland und meine Verlobte hat mich soeben verlassen. Alles scheiße, was?" "Aber warum hast du das alles für mich gemacht?" "Weil du mein kleiner Bruder bist", sagte der Ältere, das Lächeln verschwand wieder. Sein Blick war liebevoll und sanft, er schaute Sasuke an, der ihm immer noch nicht glauben konnte. "Du bist mir wichtig, Sasuke. Auch wenn du mich hasst, ich werde versuchen dich groß zu ziehen und dir alles zu geben, was ich geben kann... das ist jetzt meine Aufgabe." Sasuke schaute bedrückt zu Boden, ehe er murmelte: "Ich hasse dich nicht." "Das hast du mir aber so gesagt", bemerkte der Ältere. "Ich weiß... eigentlich war ich immer sauer auf dich, weil du einfach weggegangen bist. Weißt du was für ein Gefühl das war? Du warst einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben und dann ziehst du einfach weg. Es hat ja schon gereicht, dass du nur in den Ferien hier warst wegen deinem Internat, aber dann kamst du gar nicht mehr. Und Vater hat mich ständig mit dir verglichen, ich war nicht gut genug für ihn und ständig hat er mich grundlos angeschrien", erklärte Sasuke, dabei traten ihm Tränen in die Augen. "Es tut mir Leid, Sasuke. Aber jetzt bin ich für dich da und werde auch immer für dich da sein... Versprochen", sagte Itachi. Sein kleiner Bruder schaute ihn mit dankendem Blick an, ehe er ihm in die Arme sprang. Ein wenig erschrocken hielt der Ältere ihn aus Reflex fest. Er spürte den kleineren Körper durch ein Schluchzen erzittern und drückte ihn tröstend an sich. Das Gefühl seinen jüngeren Bruder endlich so behandeln zu können, wie er es wollte, war schön. So schön, dass es niemals vergehen sollte. "Warum weinst du jetzt?", flüsterte Itachi und Sasuke antwortete: "Weil ich glücklich bin." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)