Eins plus eins macht drei! von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 45: Trautes Heim ... ---------------------------- Kapitel 45: Trautes Heim … Shikamaru hatte keine Ahnung, wie viele Stunden sie schon durch Sunagakure streiften – sein Zeitgefühl hatte auf dem Weg hierher das Zeitliche gesegnet –, doch eines wusste er sicher: Dass es nach seinem Geschmack schon viel zu lange dauerte. Seine Beine fühlten sich, als hingen tonnenschwere Gewichte dran – nur ein Rock Lee hätte sich davon nicht aufhalten lassen – und er musste sich arg zusammenreißen, um die Füße richtig anzuheben und nicht wie ein krankes Faultier über den Boden schleifen zu lassen ... Verpatzt! Er kam fast ins Straucheln und zog eine Spur im Sand hinter sich her. Diese blöden, versandeten Wege! Warum konnten hier nicht auch neunzig Prozent der Gehwege und Straßen geteert wie in Konoha sein? Und dazu noch diese Hitze ... Sunagakure wurde ihm nicht sympathischer! Etwas verdrießlich betrachtete er Temari, die ein paar Schritte vor ihm ging. Es war ja schön, dass sie ihm ihre Heimat näherbringen wollte, aber musste es denn ausgerechnet heute sein? Der erste Tag nach der Reise, auf der er sich halb zu Tode geschleppt hatte?! Das war doch die reinste Schikane! Hatte sie ihm etwa immer noch nicht verziehen, dass er zum Jounin aufgestiegen war? Oder hatte sie einfach nur Spaß dran, ihn an seine körperlichen Grenzen zu bringen? Nun gut, Letzteres kannte er ohnehin schon von ihr, aber die Art und Weise, wie sie dies sonst tat, war ihm sehr viel lieber. Tatsächlich hätte er eine halbe Stunde Sex diesem gemütlichen Spaziergang vorgezogen. Beim Vögeln konnte man schließlich liegen. Obwohl andererseits … Nein, das war nur auf eine andere Art und Weise anstrengend. Und heute konnte er nichts dergleichen gebrauchen. Shikamaru fuhr sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. Wenn ihm gleich nicht vor Erschöpfung die Beine abfielen, starb er an innerlicher Austrocknung. So muss sich ein Teilnehmer beim Todesmarsch fühlen, kurz bevor er aufgibt und erschossen wird, dachte er voll Selbstmitleid, war allerdings froh, dass niemand eine Knarre auf ihn richtete und darauf wartete, einen Grund zum Abdrücken zu haben. Wenn man mal davon absah, dass es in dieser Welt ohnehin keine Schusswaffen gab, war das definitiv kein schöner Gedanke. Aber ein Typ, der ihn mit einem Kunai oder einem aussagekräftigen Jutsu bedrohte, hatte in etwa denselben Effekt. Gedanklich verpasste er sich eine Ohrfeige. Sein Gehirn war durch die sengende Hitze geschmolzen. Jetzt wartete er nur noch darauf, dass es ihm zu den Ohren hinauslief ... Temari blieb abrupt stehen und da er selbst so KO war, bereitete es ihm keine Probleme, seine Freundin nicht über den Haufen zu rennen. Wenigstens hatte seine körperliche Verfassung etwas Gutes ... Ohne nachzudenken ließ sich Shikamaru auf den nächsten Stuhl fallen. „Was wird das, wenn’s fertig ist?“ „’ne Pause?!“, erwiderte er hoffnungsvoll. „Wir sind nicht mal eine Stunde unterwegs – da brauchen wir auf keinen Fall so was wie ’ne Pause.“ Nicht einmal eine Stunde war vergangen? Das konnte doch gar nicht sein. Das musste ein schlechter Scherz sein ... „Du brauchst vielleicht keine, aber ich schon!“, widersprach er – zu ihrer, aber vor allem, seiner eigenen Überraschung. „Okay“, gab sie nach, „in zehn Minuten geht’s weiter!“ Dann durfte er also noch ein wenig länger leben. Wie großzügig von ihr! --- Aus den geplanten zehn wurden zwanzig und schließlich dreißig Minuten, denn zu seinem Glück hatte er bei einem Café Platz genommen und allein diese Tatsache weckte Temaris Heißhunger auf Eis so sehr, dass sie sich gleich eine extragroße Portion bestellte. Shikamaru trocknete sich derweil weiterhin fleißig die Stirn. Obwohl er im Schatten saß, lief der Schweiß wie ein Wasserfall an ihm herunter. Ein gewisses Unwohlsein kam in ihm auf. Bestimmt starrten ihn alle Leute deshalb an und zerrissen sich hinterher die Mäuler darüber, als ob sie noch nie einen schwitzenden Touristen gesehen hätten. Moment! Seit wann interessierte ihn das bitte? Es war ihm schon immer egal gewesen, was andere dachten. Warum sollte er das ausgerechnet jetzt, nach fast zwanzig Jahren, ändern? Das mussten die ersten Anzeichen eines Sonnenstichs sein … „Du hättest dir auch ein Eis bestellen sollen“, merkte Temari an. „Auch wenn du es nicht besonders magst: Besser was Ekeliges essen, als zu verhungern – oder in deinem Fall: zu schmelzen.“ Ihr Freund antwortete nicht. Diesen neunmalklugen Satz hätte sie auch für sich behalten können. Sie seufzte, legte den Löffel beiseite und schob ihm den Rest ihrer Portion vor die Nase. „Danke, aber ich kann mir auch selbst eins bestellen.“ „Iss schon. Hier ist es so voll, dass es ewig dauert, bis du dein Eis bekommst“, erwiderte sie. „Außerdem hab ich keinen Mopp dabei, um das was von dir übrig bleibt, aufzuwischen.“ --- Eiscreme war bei Temperaturen um die vierzig Grad nicht übel, legte er für sich fest. Ganz und gar nicht. Temari grinste ihn an. „Was denn?“, fragte er, ohne wirklich interessiert zu klingen. „Irgendwie erinnert mich das hier an unser erstes Date.“ Shikamaru verstand nicht, warum sie sich in dieser fast gegensätzlichen Situation daran erinnerte. Das Einzige, was mit dem damaligen Treffen übereinstimmte, war, dass sie sich in einem Café aufhielten. Und ansatzweise die Uhrzeit. „Weil?“, erwiderte er und bereute es beinahe, dass er nachgefragt hatte. Er wollte sich nur ungern an die Verklemmtheit und das peinliche Schweigen erinnern. Seine Freundin zuckte die Achseln. „Ach, ich weiß auch nicht … Ich musste nur gerade daran denken.“ Drei große Fragezeichen erschienen über seinem Kopf – das hieß, wenn er eine Figur in einem Comic gewesen wäre. Doch sinnbildlich passte es perfekt. Besonders für die Zeit, seit er von ihrer Schwangerschaft wusste. Ihr Verhalten war seitdem ein einziges Fragezeichen. Dann denk an was anderes, sagte er in Gedanken zu ihr, bevorzugte es allerdings, den Mund zu halten. Nicht, dass er angesichts ihrer Sensibilität einen Streit anzettelte, bei dem er letzten Endes doch nachgab. Nein, das war es ihm nicht wert. Auch wenn die Verabredung wirklich, wirklich beschissen gewesen war. „Ich weiß, es war grauenvoll“, sagte Temari mit einem Lächeln, das Shikamaru ernsthaft irritierte. „So schlecht, dass man eigentlich nur noch drüber lachen kann, oder?!“ Erwartete sie etwa, dass er darauf antwortete? Er rang sich ein „Wie man’s nimmt“ ab und suchte nach einer Ablenkung. Der Eislöffel kam ihm gerade recht und er drehte ihn zwischen seinen Fingern hin und her. Seine Lust, diesen unsäglichen Tag von vor drei Jahren Revue passieren zu lassen, hielt sich stark in Grenzen. „Man könnte meinen, dass du nicht drüber reden willst“, bohrte sie weiter. „Gibt’s denn da was, worüber man reden sollte?“ „Ich dachte nur, dass es ganz witzig wäre, in Erinnerungen zu schwelgen.“ Nun war er derjenige, der mit den Schultern zuckte. „Schade“, bedauerte sie. Ihr Grinsen verschwand allerdings nicht. --- Temari genoss den Ausflug in ihr Heimatdorf in vollen Zügen. Auch wenn erst drei Monate seit ihrer Abreise vergangen waren, kam es ihr der Zeitraum bedeutend länger vor. Es gab nur einen Wermutstropfen. Und der schlurfte gerade wie ein altersschwacher Untoter hinter ihr her. „Sollen wir die Sightseeing-Tour beenden?“, fragte sie, da sie sich das Elend, das Shikamaru war, nicht weiter ansehen konnte. „Nein, ich bin topfit“, japste er voll Ironie. „Ich könnte noch Stunden so weiter laufen.“ „Ha, ha“, machte sie, klang aber alles andere als belustigt. „Weißt du eigentlich, dass du noch nie so jämmerlich ausgesehen hast?“ Er antwortete nicht. Selbst wenn das stimmte – und daran zweifelte er nicht – verschwendete er doch nicht seine letzte Energie, um auf ihre Provokation einzugehen. Seine Freundin wiederum ignorierte seine Ignoranz und ging weiter. „Da geht’s aber nicht zu dir nach Hause!“, rief Shikamaru ihr nach. „Ich weiß“, sagte sie, „aber der Ort, den ich dir zeige, wird dir bestimmt gefallen!“ Hatte sie nicht gesagt, dass mit der Besichtigung für heute Schluss war? Er schleppte sich hinter ihr her – in der Erwartung, dass jeder Schritt sein letzter sein konnte. --- „Und? Gefällt’s dir?“, fragte sie ohne eine Antwort zu erwarten. Ihr Freund kommentierte das Gewächshaus natürlich nicht, schwankte zur nächstbesten Stelle und schloss die Augen. Es vergingen nicht einmal zwei Minuten und er schlief. Temari war etwas ratlos, was sie nun tun sollte. Am liebsten wäre sie weiter durch Sunagakure gewandert, um ihren Lieblingsplätzen und -geschäften einen Besuch abzustatten. Andererseits bezweifelte sie stark, dass Shikamaru den Weg zurück zum Haus fand – wie auch in einem fremden Dorf? – und deswegen blieb sie. Sie war zwar heute schon mal hier gewesen, aber es war angenehm kühl im Gegensatz zu draußen – tatsächlich steckte sie das Klima nicht so gut weg, wie es nach außen hin schien – und das Wichtigste: Es gab Toiletten. Und falls sie doch Hunger bekam, verschwand sie eben für zehn Minuten. Wie wahrscheinlich war es schon, dass Shikamaru ausgerechnet dann aufwachte, wenn sie sich was zu essen kaufte? Sie setzte sich in seine Nähe und schaute ein wenig umher. Das Innere des Gewächshauses erinnerte wirklich stark an Konoha. Ein großer Teil der Pflanzen stammte auch aus dem Feuerreich. Sie starrte einen Baum mit länglichen Blättern an – sie erinnerte sie im Entfernten an eine Tanne – und überlegte, wie die Sorte hieß. Sie beobachtete zwar gerne Pflanzen zur Entspannung, aber sie hatte sich nie sonderlich belesen, was das betraf. Dass sie Eichen, Kastanien und Buchen unterscheiden konnte, war schon das Höchste der Gefühle und – Lärche! Ein plötzlicher Geistesblitz erhellte sie und sie war froh, dass sie das Thema somit abhaken konnte. Wie sie sich kannte dachte sie sonst in einer Stunde noch darüber nach. Aber so ging es wohl jedem, wenn ihm etwas auf der Zunge lag. Ihr Blick schweifte ihren Freund und sie schmunzelte. Na ja, fast jedem. --- Temari langweilte sich unsäglich. Shikamaru schlief und schlief und sie selbst konnte nur herumsitzen und irgendwelchen Gedanken nachhängen. Sogar die Kleine war weniger aktiv als sonst. Ein paar halbherzige Tritte – so fühlten sie sich jedenfalls an – und das war es schon. Nicht, dass sie das äußerst angenehme Bearbeiten ihrer Blase und ihres Magens vermisste, aber nun war es eine willkommene Ablenkung für sie. Sie piekte sich ein paar Mal sanft in den Bauch und hoffte, dass ihre Tochter auf diese Provokation einging, doch Fehlanzeige. Noch gar nicht auf der Welt und schon kommst du ganz nach deinem Vater, dachte sie amüsiert. Oder dir ist es da drin auch einfach zu heiß. Zweiteres war zwar im Grunde genommen Schwachsinn, aber vielleicht wirkte es sich doch ein wenig auf ihr Kind aus, dass sie sich noch nicht wieder ans Klima gewöhnt hatte. Unbedacht fummelte sie an der Rinde des Baumes hinter ihr herum. Den Schnitt in die Handfläche bemerkte sie erst, als sie das Blut auf ihrem Top verschmierte. Temari betrachtete die Wunde. Sie war nicht tief und hörte in wenigen Minuten sicher auf zu bluten und machte eine Versorgung damit überflüssig. Außerdem brachte sie sie auf eine großartige Idee … Sie platzierte ihre Hand neben sich auf dem Boden und murmelte: „Kuchiyose no Jutsu!“ Kamatari, das Sichelwiesel, erschien in einer Rauchwolke. Es machte einen Sprung nach vorne, warf seinen Schwanz mit der Waffe nach vorne und fällte den nächsten Baum. Irritier sah es sich um. „Warum rufst du mich, wenn du gar nicht kämpfst oder trainierst?“, maulte es los. „Davon mal abgesehen hättest du dich ruhig mal bei mir melden können, anstatt mich sechs Monate in Unwissenheit versauern zu lassen. Ich dachte schon, du hättest dir einen anderen Kuchiyose-Partner gesucht …“ Temari musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Erst meckern und dann beschwerte er sich doch. Diese Gesprächigkeit war an Kamatari eine ganz neue Seite. „Entschuldige, ich war mit den Gedanken in letzter Zeit ganz woanders“, sagte sie. „Du solltest dich schämen, dass du nicht einmal an deinen alten Freund gedacht hast!“ „Hast du nicht mal gesagt, dass du das Wetter in Konoha nicht magst?“ Das Wiesel sah sie vorwurfsvoll an. „Schon gut, Schande über mich!“, setzte sie nach. „Ich verspreche dir, dass das nicht noch einmal vorkommt.“ „Das will ich doch schwer hoffen!“, schnaubte er. Er setzte sich neben sie und ließ sich den Hals kraulen. „Wenn du willst, kannst du wieder bei mir einziehen. Dann hast du in einem guten Jahr einen brauchbaren Spielkameraden.“ Nun kraulte sie ihn hinter den Ohren. Kamatari gab einen Schnurrlaut von sich. „Verzichte. Ich bin doch kein Haustier!“ Temari lachte. „Du benimmst dich aber gerade wie eins!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)