Fallen von -Yara- ================================================================================ Kapitel 3: Scum --------------- Scum-Abschaum Schmerzen. Sie sollten aufhören, verschinden! Seit einer Stunde waren meine Schreie einem schwachen Wimmern gewichen, während Sasori unbarmherzig weitermachte. Wieder und wieder schnitt er mir ins Fleisch, während jeder Schnitt tiefer wurde. Es handelte sich um eine spezielle Foltermethode, die dazu diente, das Opfer zu zermürben. Man fängt am linken Arm an. Beim Handgelenk, mit kleinen Schnitten. Dann arbeitete man sich immer weiter den Arm hoch, bis zum Ellbogen, während einem mit jedem Schnitt eine größere Wunde beigebracht wird. Nach dem linken Arm kam der linke Unterschenkel, gefolgt vom rechten und danach der rechte Unterarm. Nach diesem sind die Gefangenen in der Regel schon längst gebrochen, doch wenn nicht, war der Hals an der Reihe und erst der allerletzte Schnitt würde die Kehle durchtrennen und das Leben beenden. Zwei Tage hatte ich die Zähne zusammengebissen und die Prozedur still über mich ergehen lassen. Aber ich hätte es besser wissen müssen. Sasori gab sich mit meinem Schweigen nicht zufrieden. Er tauchte das Kunai regelmäßig in eine Schale mit einer leichten Säure. Ich hatte mich gedemütigt gefühlt, so gedemütigt, als ich nicht mehr konnte und die ersten Tränen über mein Gesicht rannen. Es schien fast, als würde sich der Nuke-nin an meinem Leiden ergötzen, doch so viel Grausamkeit traute ich ihm dann doch nicht zu. Als er das erste Mal kam, hatte er ohne umschweife erklärt, warum er hier war und was er von mir wollte. Natürlich hatte ich abgelehnt, doch seine Reaktion jagte mir noch immer einen eisigen Schauer über den Rücken. Genugtuung hatte in seinem Blick gelegen, während sich ein kaltes Lächeln auf seinen Lippen bildete. “Damit hatte ich gerechnet.” Das war der Startschuss für die unendlich erscheinenden Qualen gewesen. Jeden Tag kam er, beobachtete mein schmerzverzerrten Gesicht und stellte mir die Frage. Am Ende der Prozedur meinte er immer mit einem unergründlichen Lächeln, dass ich jetzt Zeit hätte die richtige Entscheidung zu treffen und verschwand. Es war der siebte Tag, der siebte Tag in dieser Hölle. Meine Hölle. Wieder hatte ich geschrien, hatte Schwäche gezeigt. Ich hasste mich selbst für meine Erbärmlichkeit. Die Wunden brannten wie Feuer, während aus etlichen von ihnen Blut floss. Plötzlich legte Sasori seinen Kopf schief. “Ich verstehe dich nicht.” Überrascht sah ich auf, vergaß für kurze Zeit meine Schmerzen und sah ihn fragend an. “Wieso machst du es dir so schwer?” Seine unergründlichen Augen wanderten über mein Gesicht auf der Suche nach einer Antwort. Müde erhob ich das Wort. Mein Hals war rau und ich bekam nicht mehr als ein Krächzen heraus, doch er hörte mich dennoch. “Das… würdest du nicht… verstehen, Sasori.” Er schnaubte, stand plötzlich ganz dicht vor mir und beugte sich zu mir herunter. “Du wirst noch heute nachgeben, dass ist ein Versprechen.” Damit verließ er den Raum. Ich hustete erneut, während es meinen ganzen Körper durchschüttelte. So ein Mist, jetzt werde ich auch noch Krank! Der rothaarige Nuke-nin war noch nicht lange weg. Vielleicht eine viertel Stunde vielleicht auch weniger. Ich wusste es nicht. Doch auf einmal vernahm ich Schritte. Sie waren ganz sachte, kaum zu vernehmen und kamen mir unheimlich bekannt vor! Itachi?! Meine Vorahnung wurde bestätigt, als sich die Tür öffnete und er herein trat. Kurz blieb er stehen und musterte mich. Ich hätte gerne gewusst, was er dachte, konnte man doch wie üblich keine Regung auf seinem Gesicht erkennen. Unwillkürlich dachte ich an Sasuke. Er hätte mich in dieser Situation gewiss verspottet und ich war Itachi unheimlich Dankbar, dass er es nicht tat, doch die Dankbarkeit sollte schnell weichen, als er zu sprechen anfing. “Ich bin hier um Sasori etwas… unter die Arme zu greifen.” Seine Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. Entsetzt starrte ich ihn an und das war mein Fehler. Rote Iriden blickten mir entgegen… Verwirrt sah ich mich um. Wo bin ich? Es war stockfinster. Doch plötzlich bildeten sich Farben, Gegenstände und Menschen. Erleichtert erkannte ich, wo ich mich befand. Ich war in Konoha! Dann fiel mir auch wieder ein, was ich hier machte. Ich war gerade von einer Mission zurückgekehrt. Neben mir stand Naruto und sah mich erwartungsvoll an. “Kommst du jetzt mit Ramen essen oder nicht”, wollte er hibbelig wissen. Ich fühlte mich erschöpft und müde, weswegen ich ihm erklärte, dass ich erst einmal nach Hause wollte. Naruto zog eine Schnute, fing im nächsten Moment aber wieder mit seinem üblichen Grinsen an. “Okay, dann bis später, Sakura-chan!” Ich lächelte ihn noch einmal an und machte mich dann auf den Weg. Nach etwas fünf Minuten kam unser Haus in Sicht. Ich verlangsamte meine Schritte. Unvermittelt war mir kalt und ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit. Langsamen Schrittes ging ich auf die Haustür zu und öffnete sie leise. Das Licht im Flur war aus, ebenso im Wohnzimmer. Nur in der Küche schien ein gedämpftes Licht. Etwas hielt mich davon ab laut nach meinen Eltern zu rufen, denn das ungute Gefühl hatte sich verstärkt. Lautlos erreichte ich die Küchentür. Sie war nur angelehnt und gedämpfte Stimmen drangen zu mir auf den Flur. Es waren meine Eltern, doch als ich einen Blick ins innere des Raumes erhaschte, erstarrte ich. Sie sahen so… anders aus. Aber was mich viel mehr verwirrte waren diese kalten Gesichter. So hatte ich sie noch nie gesehen. Dann besah ich mir ihre Kleider. Sie sahen wie Shinobis aus! Ungläubig starrte ich weiter auf die Szene, die sich mir bot. Mein Blick fiel auf das Stirnband, dass mein Vater trug und alle Farbe wich aus meinem Gesicht. Ich kannte es gut, dieses Zeichen. Otogakure. Nur langsam sickerte das Gehörte zu mir durch. “Dieses Gör hat uns fast einen Strich durch die Rechnung gemacht.” Die Stimme meines Vaters, doch sie hatte einen komplett anderen Klang, hörte sich kalt und hasserfüllt an. “Wir können nur hoffen, dass man ihre Leiche nicht zu früh entdeckt, denn das würde es schwieriger machen.” Auch meine Mutter klang anders. Ihre liebevolle Stimme war einer eisigen gewichen. “Ach mach dir keine Sorgen darum. Wenn sie gefunden wird, haben wir Sakura schon längst erledigt und können endlich wieder zu Orochimaru-sama zurückkehren.” Meine Mutter wirkte plötzlich traurig. “Warum sie? Wir hatten sie doch als unsere Tochter angenommen…” “Wir sollen sie ausschalten, dass ist unser Auftrag. Daran können wir auch nichts ändern.” Ich stand völlig neben mir, während die beiden Personen die ich über alles liebte über meine Ermordung sprachen. “Ich sehe den Sinn darin nicht, sie ist doch nur eine unterdurchschnittliche Kunoichi, was zieht er für einen Nutzen daraus, sie aus dem Weg zu räumen?” Ein Stich fuhr mir ins Herz. Unterdurchschnittlich… schwach… ein Klotz am Bein… “Ist doch klar. Sie steht der Hokage nahe. Er will Tsunade zermürben, dafür ist das ein gelungener Schachzug.” Mein Vater zeigte keine Regung als er sprach. Meine Mutter nickte schwach und straffte sich. “Tja, hätte sie auf uns gehört und wäre nicht zur Akademie gegangen, müssten wir sie jetzt auch nicht töten”, sprach der hochgewachsene man tonlos weiter. Ich unterdrückte mit aller Kraft ein schluchzen. Meine Augen waren feucht, doch die Tränen liefen nicht. Meine Mutter richtete sich entschlossen auf. “Du hast recht. Dummes Gör, aber dafür sind wir sie endlich los und müssen uns nicht mehr verstecken. Den Preis bin ich bereit zu zahlen.” Mein Vater lächelte böse. “Ich weiß immer noch nicht warum wir genau sie damals zu uns nahmen...” Meine Mutter zuckte mit den Schultern. “Orochimaru hatte ihre Eltern doch als Versuchskaninchen genommen und wir brauchten ein Neugeborenes, sie kam einfach zur richtigen Zeit, mehr nicht.” Mein Herz bekam einen Riss, der mit jedem weiteren Wort größer wurde. Unterdurchschnittlich… schwach… ein Klotz am Bein… “Was machen wir mit dem Mädchen?” Kurz sah der Mann, den ich all die Jahre über als meinen Vater gesehen hatte auf das Bündel am Boden. Ich hatte es erst jetzt bemerkt und besah es mir näher. Ino… INO! Meine Augen weiteten sich, als ich sie erkannte. Ino lag reglos auf dem Boden. Das Gesicht war mir zugewandt und die leeren Augen starrten mich klagend an. “Dieses Gör hat uns fast einen Strich durch die Rechnung gemacht…”Wieder musste ich ein Schluchzen unterdrücken. Ich sah sie an, sah ihre leblosen Augen und konnte den Blick nicht abwenden. Blut klebte an ihrer Haut, man hatte ihr die Kehle durchgeschnitten. Meine Welt fiel in sich zusammen, wie eine Brücke, der man die Stützpfeiler entfernt hatte. Ein Abgrund tat sich vor mir auf und ich stürzte hinein. Inoooo! Mein stummer Schrei blieb ungehört. Es ist meine Schuld! Sie ist wegen mir gestorben! Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte davon. Rannte, um zu vergessen. Rannte um nicht die Wahrheit erkennen zu müssen. Rannte, weil ich hier weg wollte. Die Verzweiflung überkam mich, als ich plötzlich wieder in vollkommener Dunkelheit stand. Stumm rannen Tränen über mein Gesicht. Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete war ich zurück in der Realität, doch das änderte nichts daran, dass in meinem Inneren etwas zerbrochen war. Itachi sah mich aufmerksam an, beugte sich dann vor und hielt neben meinem Ohr inne. Eine kleine Stimme in meinem Kopf meinte beleidigt, dass ich zwar etwas kleiner war, aber doch nicht so klein, dass sich alle bücken mussten! “Das wirst du jeden Tag sehen. Jeden Tag die Verzweiflung spüren und… schwach sein.” Er zog seinen Kopf zurück. “Wie sieht es aus? Hast du dich entschieden?” Seine ruhige Stimme trieb mich fast in den Wahnsinn. Stumm blickte ich zu Boden. Ich verabscheute mich. Für meine Inkompetenz als Ninja, für meine Angst und vor allem für meine Schwäche. Es war nur ein leises Flüstern, doch für mich hörte es sich an, als wenn ich die Worte hinaus schrie. “Ich werde alles tun, was ihr verlangt.” Sie hatten es geschafft. Hatten mich gebrochen und wieder in den Abgrund geschubst, aus dem es kein Entkommen gab. “Braves Mädchen”, ertönte auf einmal die Stimme Sasoris. Ich blickte auf, sah ihn in die Augen. Meine hatten soeben ihren Glanz verloren, starrten matt zu meinem Gegenüber. Mein Gesicht war noch gezeichnet von den Tränen, die ich um Ino geweint hatte. Doch innerlich war ich seltsam ruhig. Verzeih mir Ino… Ich, Haruno Sakura, war der größte Abschaum auf Erden! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)