Away von Quiana (Und ich bringe dir das Leben bei | Sasuke x Sakura) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Fürstenreich Die Sonne neigte sich dem Horizont zu. Die sowieso schon dreckigen Straßen wurden dunkel. Und Sakura suchte sich einen freien Platz auf dem Boden. Einen Platz auf dem Boden, der mit Pappstücken und alten Decken ausgelegt war, um dort zu schlafen. Sie war sich nicht sicher, aber sie glaubte, dass sich außer ihr noch neun weitere Kinder in der Straßenkindergruppe befanden. Sie hatte nie die Zahlen gelernt und noch weniger wusste sie, wie man schrieb oder etwas las. Sakura kannte ihre Eltern nicht – man munkelte, sie wären bereits vor vielen Jahren umgekommen, aber das interessierte sie recht wenig. Keiner von ihren Freunden kannte seine Eltern. Sie alle waren auf sich selber eingestellt und jedem war bewusst, dass der nächste Tag der letzte sein könnte. Jedes Kind, welches auf der Straße lebte, war krank, abgemagert und hungrig. Dafür waren sie die besten Diebe weit und breit. Keiner schaffte es, so viel wie ein Straßenkind an einem Tag stahl, zu stehlen. Jeder Bürger der Stadt hasste grade diese Streuner, doch keiner wollte etwas dagegen unternehmen. Warum sollten sie auch einem schmutzigen Kind, nicht mehr wert, als eine Ratte es war, etwas zu essen geben oder gar ein Heim bieten? Wer auf der Straße lebte, wurde als Abschaum, Verschwendung und Dreck bezeichnet. Niemand wollte etwas mit ihnen zu tun haben, doch jeder kannte sie. Überall lungerten die armseligen, verkümmerten Gestalten und sahen zu, möglichst am Leben zu bleiben. Sakura hatte neben einer stinkenden Mülltonne eine freie Ecke gefunden. Wenn das Glück auf ihrer Seite stand, würden die Übrigen, die in der Nähe von ihr lagen, morgen früh nicht mehr da sein und sie konnte die Essensreste in der Tonne für sich alleine haben. Wie lange hatte sie nichts Richtiges mehr gegessen? Sie glaubte, die Sonne sei seit dem schon mindestens zwei Mal unter und wieder auf gegangen. Sie kannte ungefähr so viele Zahlen, wie sie Finger hatte, aber ob die Zahlen dann auch alle in der richtigen Reihenfolge waren, war eher unwahrscheinlich. An einer Hand konnte sie sicher abzählen, kam eine zweite hinzu, wurde es schon komplizierter. Das Mädchen legte sich auf den kalten Karton, schlang ihre Arme um die Beine und lauschte. Sakura konnte tiefe, männlich klingende Stimmen und eine schrille Frauenstimme schreien hören. Danach ein so widerliches Lachen, dass ein Schauer ihren Rücken herunter lief. Aber das war Alltag – jede Nacht verschwanden Frauen und wurden Tage später tot aufgefunden. Blutüberströmt und ohne einen Fetzen Kleider am Leib. Der nächste Morgen brachte die Sonne mit sich. Hell und stark schien sie in das Gesicht aller schlafenden Menschen und weckte sie so freudig, als ob die Geschehnisse der Nacht in einer anderen Welt passiert waren. Jeder Bürger ging seiner eigenen Arbeit nach. Markstände wurden aufgebaut, Bauern zogen mit Ziegen oder Kühen umher, die etwas erhabeneren Kinder gingen zur Schule, Mägde liefen mit Körben voller Gemüse durch die Straßen und die Soldaten ritten auf ihren braunen Pferden durch die Menge. Auch Sakura war schon länger auf den Beinen. Heute war Markttag – so sah es zumindest aus und das hieß, sie würde etwas Frisches zum Essen klauen können. Mit einer zerrissenen Haube, die sie sich tief in ihr Gesicht gezogen hatte ging sie los. Die Vorsichtsmaßnahme war wegen ihrer Haarfarbe. Die Farbe der schönsten Kirschblüten weit und breit. Aber genauso ein Hindernis. Alle konnten sie durch ihr Haar erkennen. Sakura könnte sie sich natürlich einfach abschaben, aber dann würde sie nicht nur als Straßenkind gelten, sondern auch als eine ehemalige Gefangene. Der Fürst des Landes ließ jedem die Haare abschaben, der beim Klauen, oder einer anderen Missetat erwischt wurde. Madara Uchiha, erster Fürst der Stadt war weit bei seinen Bürgern verhasst. Genauso wie auf den Straßen Tag und Nacht zwei verschiedene Welten waren, war die Wohngegend ein wahres Mauseloch im Vergleich zum Fürstenhaus. Wenn man es denn noch als Haus bezeichnen konnte. Es glich eher einer Festung, einer Burg, die groß und bedrohlich etwas außerhalb auf einem der kleinen Berge stand, umgeben von weiteren prunkvollen Häusern, in denen Adelsfamilien hausten. Mit voller Pracht warf die Burg zur Mittagsstunde seinen Schatten auf die Stadt und ließ jeden Bürger daran erinnern, wer hier der Herrscher war. So unauffällig wie sie konnte, ging Sakura einer Frau hinterher, die einen großen Korb voller roter, frischer Äpfel ächzend zu einem der vielen Marktstände trug. Ein Apfel. Rot, groß und grade zu verlockend, hineinzubeißen. Sakura wusste; dies war ihr Frühstück. Sie musste nur noch warten, bis die Bäuerin ihren Stand aufgebaut hatte, dann würde das Mädchen so tun, als ob sie etwas bei ihr kaufen wolle, nähme einen Apfel in die Hand und würde genau dann, wenn jemand anderes hinter ihr war, in diesen hineinstolpern, in dem sie einen Schritt nach hinten tat und in ihrem Fall dann den Apfel einsteckte. Genau so hatte sie es gelernt. Gelernt zu überleben. Sie grinste in sich hinein, entspannte sich und trat drei weitere Schritte auf die Bäuerin zu, die ihren Stand fast fertig aufgebaut hatte … Hätte Sakura gewusst, dass sie noch am selben Abend gefangen und verschleppt würde, wäre sie nicht ganz so locker in den Tag hineingelaufen. Kapitel eins ------------ Freiheitsabnahme Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf die Hauswand vor ihr. Das Herz schlug ihr wild in der Brust. Der Atem ging schnell. Er war so laut, dass er sie bestimmt verraten würde. Sakura stand in mitten einer dunklen, verlassenen und schmutzigen Seitengasse. So schnell wie es ihr vermochte, war sie hier hin geflüchtet. In der aufkommenden Dunkelheit hatte sie sich hier in Sicherheit geglaubt. Ein falscher Gedanke, sie war nirgends sicher, sie musste hier weg. Weg von den Schwertern der Soldaten. Weg von der schaulustigen Menge. Weg von dem, was sie hatte. Man verfolgte sie – mitten auf dem Marktplatz hatte eine große Hand grob an ihrer Schulter gezerrt und sie zu sich herumgerissen. Es waren drei Soldaten, alle hoch zu einem Ross, die sie gehässig anstarrten. Doch der Markplatz war voller Menschen, ein unachtsamer Moment und Sakura hatte sich aus den Klauen der Männer befreit und war weggelaufen. Doch waren sie dem Mädchen noch immer hinterher. Warum wusste sie nicht. Aber als Straßenkind musste man immer damit rechnen, im nächsten Augenblick gefangen zu werden. Es gab eine feste Regel unter den Obdachlosen. Flüchte niemals zu deinem Lager. So war sie in die entgegengesetzte Richtung ihres Schlafplatzes gerannt. In die kleine Seitengasse, nahe der Stadtmauern, die eine klare Grenze zwischen Land und Stadtende bildete. Es war wichtig, dass die Männer des Fürstens die anderen Straßenkinder nicht finden durften. Niemals, denn das hieße das Ende aller, die sich dort niedergelassen hatten. Sakura hatte es nicht nur einmal mitbekommen, dass ganze Gruppen Ihresgleichen von einem Tag auf den anderen fehlten. Sie hatte noch nie begonnen, nach ihnen zu suchen. Immer, wenn sie daran dachte, hatte sie ein einziges Blutbad vor den Augen. Nein, so ein Grauen musste sie sich nicht antun. Und nun stand sie hier. Auf sich alleine gestellt. Die Mauer vor ihr, in einem dreckigen Gischt, ließ sie erinnern. Hier gab es Unterschlupf. Es mussten zwei sein, so viel wusste sie noch. Zu beiden Seiten türmten sich weitere Häuser um Sakura. Sie musste schnell handeln. Einer der versteckten Tunnel brachte sie hinaus, hinaus auf die Felder und Wiesen der Bauern, der andere tief in das Herz der Stadt. So sagte man es sich zumindest, versucht dort anzukommen hatte Sakura noch nie. Meist versteckte man sich nur in einem der Tunnel und wartete, bis die Gefahr vorüber war. Fast panisch warf sie sich in den Gang, der Richtung Stadtinneres zeigte, als sie lautes Hufgeklapper hörte. Ihre Verfolger mussten schon sehr nah sein! Sakura schob hektisch die Säcke voller Müll und verdorbenen Gemüse zur Seite und krabbelte mit dem Kopf voran in die schmale Öffnung. Zugefallen. Der Eingang war verschüttet. Wimmernd hielt das Mädchen sich den Kopf, den sie sich an den harten Ziegelsteinen gestoßen hatte. Das gäbe eine weitere schöne Beule. Jetzt musste die Zeit auf ihrer Seite stehen … Panisch rappelte sie sich auf, lief auf die andere Seite der kleinen Gasse zu und suchte mit ihren Augen die Mauer ab. Wo war das Schlupfloch? Sie wusste nur, dass es schmaler und noch unscheinbarer als das andere war. Natürlich war das gut, so konnten die Fliehenden nicht entdeckt werden, andererseits musste es erst einmal von denen gefunden werden, die es suchten. Und dann kamen sie. Im gleichen Moment, in dem Sakura das kleine, im Verborgenen liegende Loch entdeckte. Das Mädchen konnte die Schreie der Männer ausmachen. So schnell sie konnte, kroch sie auf das Loch hinzu und zwängte sich hinein. Die Haube, welche sie auf dem Kopf hatte, fiel dabei auf den Boden. Aber umdrehen konnte sie sich nicht. Die Soldaten müssten sie davor auch schon gesehen haben, doch Sakura wäre es lieber gewesen, die Haube würde den Männern des Fürsten nicht auch noch den Weg zu ihr weisen. Sie musste sich schneller fortbewegen! Nicht, dass sie sehr langsam war – im Gegenteil, dadurch, dass sie so abgemagert, aber auch schon vieles Rennen gewöhnt war, konnte sie sehr flink sein. Wenn einer der Soldaten eine Kerze in den Tunnel hielt, könne er vermutlich Sakura sehen – also musste sie tiefer in das Versteck hinein. Der Dunkelheit zum Trotz. Sie hatte keine direkte Angst vor der Dunkelheit. Sakura hatte vielmehr großen Respekt davor. Niemand konnte genau sagen, was in den Nächten passierte. Es war bekannt, dass Frauen, die ihre Steuern nicht zahlen konnten misshandelt wurden. Bei zu häufiger Wiederholung sogar ermordet, aber mehr wusste niemand. Es war wie ein offenes Geheimnis. Jeder wusste, dass etwas passierte, aber was genau stattfand, war unklar. Entschlossen hatte Sakura sich in den schmalen Spalt gezwängt, als sie spürte, wie etwas Kaltes ihre nackte Wade streifte. Danach kam der Schmerz. Nicht stark, aber dennoch spürte sie es. Es mussten Speere sein, die man auf sie warf! Doch Sakura musste weiter, immer weiter. Auch, wenn sie spürte, wie ein Rinnsal Blut ihr Bein hinunterfloss, auch wenn sie hörte, dass sich die Männer höchstens noch ein paar Meter neben dem Eingang befanden und auch, obwohl sie am liebsten liegen geblieben wäre. Sie hatte Angst – so viel, wie noch nie in ihrem Leben. Das Zittern ihres Körpers erschwerte ihr das Krabbeln zusätzlich. Einer der Soldaten schrie, dass sie das Mädchen um jeden Preis fangen mussten, ein anderer packte sie grob an dem schäbigen Schuh, den Sakura anhatte. Die Stimmen hallten laut in dem Tunnel wider und Sakura hielt sich reflexartig die Ohren zu. Ein Fehler. Mit ihrem Oberkörper fiel sie nach vorne und man zog sie wie einen Kartoffelsack aus dem Eingang hinaus … Verängstig schaute sie zu den Soldaten herauf. Ja, genauso hatte Sakura sie in Erinnerung. Jeder mit einer Narbe unter beiden Augen – ein Zeichen dafür, dass sie dem Fürsten gehörten, einem Brustschutz, einen Helm mit schwarzer Feder und einem Speer. Wortlos fesselte man ihre Hände hinter ihrem Rücken und band ihr zusätzlich noch einen Strick um den Hals an dem sie geführt wurde, damit sie nicht in Versuchung kam, noch einmal die Flucht zu ergreifen. Doch das traute sie sich auch nicht mehr. Wer wusste, mit was man sie nun attackierte? Jetzt brachte man sie zum Fürsten – und ihr Leben sollte schlagartig aufhören. Wie viele Menschen hatte er in den letzten Monaten hinrichten lassen, nur weil ihm langweilig war? Mehr als eine Hand voll, sagte man sich. Stolpernd blieb Sakura stehen. Sie wusste nicht mehr, wie lange sie schon gelaufen waren. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Sie hob ihren Kopf und hielt ihren Atem an. Vor ihr lag der schönste Garten, den sie je gesehen hatte. Grüne Bäume, die hunderte Jahre alt sein mussten, Brunnen, in denen Vögel badeten, saftiges grünes Gras, jeder Halm auf die gleiche Länge geschnitten und doch sah alles verboten aus. Alles wirkte unberührt, obwohl es jemanden geben musste, der das alles zu pflegen wusste. Doch für was war ein Garten zunutze, wenn er nicht betreten werden konnte? Die hohe Mauer, die das kleine Reich umgab, wirkte so kalt und abweisend und zischte förmlich jedem zu, der daran vorbeikam, die Augen nicht auf diese blendende Schönheit des Gartens zu werfen. Stumm lief Sakura weiter, noch weiter weg von ihrer Stadt, als sie es schon waren. Ihrer Heimat … Das Haupt tief gesenkt. Sie wusste, man brachte sie zu der Festung des Fürstens, doch hatte sie sich den Fußmarsch dorthin nicht so beschwerlich und lang vorgestellt. Der majestätische Garten neben ihr, der sie auf ihrem Wege begleitete, machte das Ganze auch nicht angenehmer. Der Ruck der durch das Seil an ihrem Hals ging schmerzte, doch ließ sie es sich nicht anmerken. Die Soldaten stiegen von ihren Rossen hinab und gaben bereitstehenden Knappen die Zügel. Sakura erlaubte sich, den Kopf zu heben und erstarrte. Sie hatte nicht mehr auf den Weg geachtet, den sie hinter sich legen mussten und so hatte sie nicht bemerkt, wie sie dem Ziel zum Greifen nahe waren. Hinter ihr, in einer noch viel größeren und höheren Mauer als Sakura es kannte, war ein Tor, welches soeben geschlossen wurde, doch vor ihr lag … ja, eine weitere Stadt. Mit vornehmen, säuberlich in Weiß geziegelten Häusern, großen Kutschen und prächtigen Straßenlaternen, in denen Kerzen fackelten um Licht zu spenden. Gab es wirklich Menschen, die sich Tag für Tag die Mühe machten und jede einzelne Kerze anzündeten? Die Straßen, auf denen sie entlang gingen waren dunkel und verlassen. Trotzdem sah sie, wie hochnäsige Frauengesichter aus den Fenstern ihrer Häuser schauten und, sobald sie die Truppe erblickt hatten, rasch die Vorhänge zu zogen. Hier roch es nicht nach Fisch und faulem Gemüse, hier herrschten die Eitelkeit und die Kälte in den Straßen. Nichts sah danach aus, dass es hier Straßenhandel und Gemüsestände gab. Es sah so aus, als ob die Straßen in dieser Stadt kein Aufenthaltsort waren. Was waren das für Menschen, die hier zu hausen vermochten? Es mussten die Adelsleute sein, eindeutig. Aber gab es wirklich so viele von ihnen? Es waren so viele prunkvolle Häuser, die ihren Weg begleiteten. Und wenn das hier wirklich die Adelsleute waren, dann war es zum Fürsten nicht mehr weit. Es war merkwürdig, dass man seine Burg nicht über die Dachspitzen der zahlreichen Häuser sehen konnte. Die ganze Bevölkerung ihrer Stad hätte hier drei Mal verweilen können. Ab und zu konnte Sakura einen spärlichen Kasten voll Blumen auf den Fenstersimsen ausmachen, doch sonst wirkte alles kahl. So als ob es verboten war, hier etwas zu halten, was einen an das Leben erinnerte. Sakura war froh, wenn sie außer dem Licht welches großzügig von den Laternenpfählen gespendet wurde, noch den Kerzenschein hinter den Fenstern der Häuser sehen konnte. Es wirkte wie ein kleiner Lichtblick in einem dunklen Loch. Wieder ging ein Ruck durch den Strick an ihrem Hals, sodass sie abermals gezwungen war, stehenzubleiben. Zögerlich hob sie ihren Kopf. Es konnte nur einen Grund geben, warum sie stehen geblieben waren … Vor ihnen lag eine halbe Festung. Graue Ziegel, die so gar nicht zu den anderen Häusern passen wollten und große Fenster, durch die man dicke, samtig rote Vorhänge sehen konnte. Neben der geschwungenen Tür standen vier Soldaten – jeder von ihnen stand stramm und die Blicke gingen in die Ferne. An ihren Seiten prangten große Schwerter, deren Metall sauber geputzt war. Und natürlich hatten die Männer Narben unter den Augen. Halbe Ovale, die wie ein drittes Augenlied aussahen. Stumm nickten Sakuras Entführer den Wachen zu und passierten die große Tür. Sie hatte noch nie einen Gedanken darüber verloren, wie die Burg wohl von innen aussehen mochte, doch das, was nun vor ihr lag, hätte sie sich nicht in ihren schönsten Träumen erdenken können. Ein roter Teppich mit schwarz verzierten Rändern, hohe Pflanzen, deren Namen Sakura nicht kannte, wuchsen in goldenen Töpfen, auf kleinen Tischchen standen unzählige Kostbarkeiten und ein großer, mehrarmiger Kerzenleuchter hing tief von der Decke, die mit Stuck versehen war. Sakura fühlte sich hier nicht sehr wohl. Das war nicht ihre Umgebung, nicht das, was ihrem Alltag entsprach. Sie wollte aus diesem Palast flüchten und dem Henker entkommen. Es wäre eine persönliche Strafe für sie, schon jetzt zu sterben. Nicht, nach dem sie all die Jahre um ihre Freiheit gekämpft hatte und sich immer wieder erfolgreich verstecken konnte! Sie wollte ihr Leben genießen, so wie es war. Und das auch ohne, dass sie ein Dach über dem Kopf hatte und zu täglicher Nahrung kam. Sakura kannte kein anderes Leben, außer dieses und genau das wollte sie nicht jetzt schon verlieren. Warum mussten Menschen sterben? Das Mädchen konnte nicht mehr weiter denken. Irgendjemand ließ sie mit Gewalt leicht in die Knie gehen und drückte ihren eh schon gesenkten Kopf an ihre Brust. Dann ließ der Jemand los, doch sie traute sich nicht, sich wieder in eine vernünftige Position zu stellen. Kurz darauf spürte sie, wie die kalte Klinge eines Messers an ihrem Nacken werkelte und den Strick, der immer noch um ihren Hals gebunden war, aufschnitt. Ein merkwürdig leichtes Gefühl machte sich in ihrem Körper breit. Wie viel freier man sich doch gleich fühlte, wenn der Hals freigelegt war. "Du kannst dich wieder hinstellen, Mädchen!" Sakura zuckte zusammen. Es war das erste Mal seit langem, dass sie wieder jemand sprechen hörte. Auf dem Weg in dieses Reich hatten die Männer kein einziges Wort gesprochen. Dieser tiefe Unterton … sie konnte nur einem gehören. Trotzdem bewegte sie sich nicht. "Was ist? Was habt ihr mit dem Gör angestellt, habt ihr etwa mir ihr geredet?", blaffte die Stimme weiter. Der Soldat hinter ihr zuckte kaum merklich zusammen. "Aber nein mein Herr! Wir wissen, dass wir nicht mit dem Ding reden dürfen. Sie haben immer das erste Wort!", antwortete er mit harter Stimme. Mit dem Ding … Sakura war also auch nicht mehr als ein Objekt? "Und warum sagt sie dann nichts? Jeder andere, der zu mir kam, hat lauthals angefangen sich zu beschweren und zu schreien, was natürlich nichts gebracht hat. Ich habe sie so oder so umbringen lassen. Aber das beweist, dass die Göre wirklich einmalig ist. Habe ich nicht recht, mein Täubchen?" "Oh, aber natürlich mein Herr, Sie haben doch immer recht", kicherte eine hohe, weibliche Stimme. Hatte der Fürst eine Frau, von der man in der Stadt nicht Bescheid wusste? Doch neugierig geworden, ihrer Angst zum Trotz, schielte Sakura durch ihr herabhängendes Haar und richtete sich danach vollkommen auf. Unweit von ihr entfernt saß er, fast wie auf einem Thron. Der Fürst. Schwarzes langes Haar, welches teils wirr vom Kopf stand und ebenso schwarze Augen. Seine Kleidung, aus so feinen Stoffen, wie Sakura es noch nie zu sehen haben vermochte, war in der gleichen dunklen Farbe und einem stechenden Rot gehalten. Um ihn herum zwitscherten drei junge Frauen, jede von unterschiedlicher Haarfarbe. Sie waren die einzigen in diesem Saal, die etwas Weißes trugen. Wenn es auch sehr knapp geraten schien. Es verdeckte grade so die nötigen Körperteile. Es war mehr Haut als weißer Stoff zu sehen. Weiß wie die Unschuld. Sakura schauderte es. Kichernd hüpften die drei um den Fürsten herum, zupften sich ab und zu eine grüne Traube von den goldenen Teller, die neben ihnen auf einem Tisch standen, knieten sich dann wieder vor ihren Gebieter, nur um ihn schelmisch anzusehen und mit blitzenden Augen an seinem Gewand zu zupfen und anschließend wieder aufzuspringen. Es gab wirklich Frauen, junge Mädchen würde es besser beschreiben, die den Fürsten umgarnten? Oder hatten sie keine andere Wahl? Es gab bestimmt auch hier in der Umgebung des Fürstens ärmere Familien. Zumindest in ihren Kreisen mussten sie als arm gelten. So arm, dass sie ihre Töchter dem Fürsten überließen, der mit ihnen ihr Spiel treiben konnte. Anders konnte Sakura sich das Verhalten der drei nicht erklären. "Was schaust du mich so an, Mädchen? Hat es dir die Sprache verschlagen, vor deinem eigenen, hochachtungsvoll angesehen Fürsten zu stehen? Hast du keine Beschwerde über deine kleine Stadt, keine Beschwerde darüber, dass ich dich zu mir bringen lassen habe?" Uchiha Madara erhob sich und ging das kleine Podest, auf dem sein Stuhl stand, hinunter. Sakura musste nur einen Schritt nach vorne gehen und ihren Arm weit genug ausstrecken und sie hätte ihn berühren können. Angestrengt versuchte sie, seinem Blick standzuhalten. Sie musste Stärke beweisen! "Schön, ich sehe, meine Wahl war die Richtige. Bringt sie zu den Frauen, sie muss noch vieles lernen …" Mit diesem Worten nickte er seinen Soldaten zu, die sich abermals tief verbeugten und ging auf eine Tür zu, die Sakura vorher nicht aufgefallen war. Die drei Mädchen folgten ihm, noch immer kichernd. Was hatte der Fürst vor? Warum sollte sie etwas lernen – und nicht ihr Leben lassen, so wie sie es gedacht hatte? Wie lange saß sie nun schon hier? Mehr als genug auf jeden Fall. Der kleine Holzschemel war nicht grade bequem und die Frau, die hektisch um sie herumlief machte das Ganze auch nicht einfacher. Die Soldaten des Fürsten hatten sie grob in eine Kammer gezerrt, die hauptsächlich aus der Farbe Rot bestand. Sogar in die Fenster wurde buntes – rotes – Glas eingebaut, sodass das Licht gebrochen wurde. Alles war sehr einfach gehalten, trotzdem war es in Sakuras Augen immer noch eine Kostbarkeit – eine, vor der sie sich graute, in der sie nicht sein wollte. Ihre Welt war grau und schwarz, nicht rot. Ohne Vorwarnung packte die Frau mit einem sehr starken Griff Sakura an den Schultern und zerrte sie in ein Nebenzimmer, welches sich als ein Bad entpuppte. Ohne es richtig wahrzunehmen wurde das Mädchen ausgezogen und in eine große Wanne gesetzt, die mit warmem Wasser gefüllt war. Steif und beschämt saß Sakura da, die Arme um ihre Brust geschlungen. Sie mochte es nicht, wenn andere Menschen sie ohne Kleidung sehen konnten. Nichts war beschämender, als Nacktheit. "Heb die Arme hoch!", bellte die stämmige Frau und schaute Sakura mit strengem Blick an. Wahrscheinlich waren sie und ihre zwei Mitstreiterinnen, die noch sehr mädchenhaft aussahen und die ganze Zeit im Hintergrund blieben, Dienerinnen des Fürsten. Mit großen Augen verfolgten sie jede Bewegung der Älteren und murmelten etwas vor sich hin. Ganz so, als ob sie sich Notizen machen würden, um sich auch alles zu merken. "Bist du taub, oder was? Ich habe gesagt, du sollst gefälligst deine Arme heben." Als Sakura nur noch einmal den Kopf schüttelte, griff die Frau einfach nach ihren Armen und zerrte diese grob auseinander. Was sie dann sah, ließ sogar die zwei jüngeren Dienerinnen die Luft einziehen. Sakura war bis auf die Haut abgemagert. Nahezu jede ihrer Rippen konnte man sehen, so wie ihre dünne Wirbelsäule, die sich erstaunlich kräftig an ihrem Rücken windete. Ihre Schlüsselbeine warfen tiefe, traurige Falten in ihren Hals, wodurch ihr Busen nur noch kleiner wirkte. "Gott Kind, was ist denn mit dir passiert? Ist in der Stadt die Hungersnot ausgebrochen?" Mit kleinen Schlitzaugen sah sie sich das Mädchen vor ihr noch einmal genauer an und nahm sich danach einen weichen Schwamm, um ihren Rücken abzuschrubben und Sakura so vom groben Schmutz zu befreien, der schon seit sehr langer Zeit an ihr klebte. "Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte man denken können, du wärst ein kleines Kind und keine Person, die schon fast eine Frau ist", redete die Dienerin weiter, mehr zu sich selbst, als zu Sakura, die in diesem Moment hellhörig geworden war. "Mein Alter?", brachte sie hervor und starrte auf ihre Finger. Ihr fiel auf, dass diese wirklich sehr abgemagert waren, jetzt wo es ihr vorgeworfen wurde. Im Allgemeinen fühlte sie sich zum ersten Mal seit langem kränklich und hilflos. Ein Gefühl, das sie auf den Straßen nie gehabt hatte. Dort zählte sie zu einer der besten Mädchen, die es unter den Straßenkindern gab. Gegen einen gleichaltrigen Jungen war sie natürlich nie angekommen, aber es war schon ein paar Mal vorgekommen, dass man sie bewundert hatte. "Natürlich, ich werde von nun an deine Begleitperson sein, da ist es selbstverständlich, etwas über dich zu wissen", holte die Frau Sakura aus ihrer Gedankenwelt zurück. "Aber ich weiß doch selbst nicht …" Ihr war sehr unwohl zu Mute, diese Frau wusste mehr als sie selbst. "Wie alt … bin ich denn?" "Was du für Fragen stellst! Du müsstest seit einigen Monaten sechzehn sein. Man könnte fast meinen, dass du es nicht bist, aber ich …" Abrupt hielt die stämmige Frau im Satz inne, räusperte sich und schwieg für den Rest der Zeit. Anscheinend wusste sie mehr, als sie sagen durfte, oder zugeben wollte. Erst als Sakura fast sauber, das Wasser im Gegensatz nicht mehr ganz so durchsichtig und vor allem kalt geworden war, sprach die Frau wieder. Sie stellte sich als Ayumi vor, die die Schwägerin eines Mannes war, der eine Adelsfrau geheiratet habe und sie, trotz ihres etwas niedrigeren Standes mitgenommen hatte, damit sie auf der Burg Arbeit fand. Sakura fragte sich, ob alle Dienerinnen einen so komplizierten Weg hinter sich hatten und schließlich hier gelandet waren. Ayumi jedenfalls schien halbwegs glücklich mit dem zu sein, was sie nun hatte. Anscheinend war der Fürst nur zu seinen einfachen Untertanen alles andere als fürsorglich … Ayumi führte sie in ein kleines Zimmer, das eigentlich nur aus einem großen Bett und einer Kommode bestand, und brachte ihr eine kleine Schale mit Obst, die sie auf einem kleinen Tisch abstellte. Danach ging sie und schloss die Tür hinter sich ab. Hier hinaus konnte Sakura nicht, aber irgendwie, das schwor sie sich, würde sie einen Weg finden um wieder frei zu sein. Erneuert betrachtete sie die Schale voll Obst. Es waren teilweise Früchte, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Orange und pelzig, etwas, das so aussah wie eine Birne und eine kleine, weitere orangene Frucht, die von Blättern umgeben war. Vorsichtig nahm sie sich einen grünen Apfel und biss, leicht zögerlich, hinein. Kurz darauf schüttelte sich ihr ganzer Körper. Der Apfel war ungewöhnlich sauer, ganz anders, als die roten, matschigen Äpfel, die man auf dem Markt holen konnte. Sie stellte den Apfel zurück und legte sich so wie sie war, mit einem einfachen Leinenoberteil und einem Höschen, in das Bett. Ein ungewöhnliches Gefühl machte sich in ihrem Rücken breit. Sie hatte noch nie in einem Bett gelegen. Es war vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, doch man könnte sich durchaus daran gewöhnen. Wenn sie sich bewegte, gab der Untergrund nach und passte sich ihrer Rückenform an. Merkwürdig. Am nächsten Tag fühlte sie sich seltsam wackelig auf den Beinen, dafür war ihr Rücken erstaunlich entspannt. Sie ging zu dem kleinen Fenster in der Wand und stutze. Sie konnte in den Innenhof der Burg schauen, in dem schon ein reges Treiben stattfand. Auch die Sonne stand schon ziemlich weit am Himmel, sodass sich Sakura die Frage stellte, wie lange sie geschlafen haben mochte. Die Schale mit dem Obst war bereits verschwunden, was heißen musste, dass schon einmal jemand kam, um nach ihr zu schauen. Seltsam, dass sie das nicht mitbekommen hatte. Normalerweise war sie immer wachsam und hatte ein Ohr für ihre Umgebung … Sakura setzte sich wieder auf ihr Bett und überlegte. Allzu lange wollte sie nicht hier festsitzen müssen, das hier war nicht ihre Umgebung, nicht ihr Leben. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass der Fürst sie nicht umbringen lassen hat, so wie es sich zuerst gedacht hatte. Ein plötzliches Gefühl der Erleichterung breitete sich in ihr aus. Sie lebte noch, war den Umständen entsprechend gesund, hatte ein Bad und etwas zum Essen bekommen – und ein Bett. Ein Schauer lief ihr den Rücken herunter, als sie an Madara Uchiha dachte. Was hatte er doch gleich gesagt? Meine Wahl war die Richtige, bringt sie zu den Frauen, sie muss noch viel lernen. Mit weit aufgerissenen Augen zog sie die Beine zu ihrem Körper und umschlang diese noch einmal mit ihren dünnen Armen. Als ob ihr dies irgendetwas nützen würde. Ein kläglicher Schutzversuch. Was wollte der Fürst von ihr? Ein Klicken ertönte und Ayumi, die etwas stämmige Dienerin des Fürsten, trat ein. In der Hand hatte sie ein Tablett mit einem Teller und einem Becher. "Bist du auch endlich wach?", fragte sie kühl und stellte das Tablett auf dem kleinen Tisch ab, auf dem zuvor auch schon die Obstschale gestanden hatte. "Iss, der Fürst möchte keine abgemagerten Dinger bei sich herumlaufen haben." Ayumi setzte sich neben Sakura auf das Bett und schien zu überlegen. "Vielleicht sollte ich dir erst einmal zeigen, wie man Besteck richtig hält", sagte sie, als sie sah, wie unbeholfen Sakura mit dem Löffel für die Suppe umging. Diese hatte es nicht geschafft, ihre Faust so zu bewegen, dass die Flüssigkeit auch wirklich auf dem Löffel blieb und nicht einfach wieder in den Teller hinunterfloss. Peinlich berührt ließ sie das silberne Besteck wieder in die Suppe sinken und kniff die Lippen auf einander. Sie musste wirklich noch viel lernen. Sie kannte es nun einmal nicht, wie man mit Löffel, Gabel und Messer umging, wie man halbwegs vornehm etwas aß oder wie man respektvoll redete. Man hatte sie einfach so in eine andere Welt gezogen und hielt sie gefangen. Ayumi zeigte ihr, wie sie ihren Löffel zu halten hatte, wie viel Suppe sie sich auf ihren Löffel häufen sollte und sagte ihr zudem noch, dass man sein Essen mit geschlossenem Mund kaute und nicht mit geöffneten, weil das sonst kein schöner Anblick sei. Dann zeigte sie Sakura auch noch, wie sie die Becher und Gläser, die einen dünnen Hals hatten, halten musste. Es war ungewohnt und unbequem für Sakura. Warum konnte sie ein Glas nicht einfach mit der ganzen Hand umfassen, so essen, wie es ihr am besten gefiel und den Löffel bequem in der Hand halten? "Warum muss ich das eigentlich alles lernen?", fragte Sakura, worauf hin Ayumi nur verdutzt schaute. "Na hör mal, ein wenig Respekt sollte jeder an den Tag bringen können, oder nicht?" Sakura verschwieg, dass sie Ayumi etwas zu offen und fand und sie der Meinung war, dass die Frau etwas zu sehr in der Umgangssprache redete, dafür, dass sie dem Fürsten diente. Oder war das alles nur Tarnung und sie sollte nur einige Informationen über Sakura herausfinden? Hochstapler und Stümper … sie trieben sich überall herum, warum also auch nicht hier? "Dann wollen wir dich mal einkleiden", meinte Ayumi und ging zu der Kommode und holte einige Kleidungstücke hervor. "Steh auf, ich werde dir helfen, alleine wirst du es wahrscheinlich nicht schaffen." Sakura gehorchte, auch wenn ihr wieder auffiel, dass das hier nicht die Welt war, in die sie gehörte, in der sie sein wollte. Mit ihrer jetzigen Bekleidung hatte sie kein Problem gehabt, sie hatte sich vor Blicken geschützt gefühlt, doch das, was sie jetzt anbekam, war für sie einfach nur beschämend. Sie trug ein weißes Höschen, das ihr grade bis zu den Schenkeln ging und ein leichtes Oberteil, durch welches man fast durchschauen konnte und das eigentlich nur aus einem Stück Stoff bestand und ihren Po mit dem nötigsten verdeckte. Sie kam sich ein bisschen wie die Mädchen vor, die am Tag zuvor um den Fürsten herum gegurrt sind und ihn umgarnt haben. "Muss ich das wirklich tragen, Ayumi?", fragte Sakura vorsichtig, bekam als Antwort allerdings nur einen bösen Seitenblick zugeworfen. Auch wenn sie nach anfänglichen Schwierigkeiten nett wirkte, traute Sakura der Frau nicht richtig. Das Mädchen wusste noch nicht einmal, warum sie mit ihr redete. Schließlich waren der Fürst und seine Untertanen nicht grade sehr beliebt in der Stadt gewesen. Man hatte hinter gehobener Hand über die Soldaten geflüstert, die ab und zu in die Stadt ritten um nach dem Rechten zu sehen. Wie lächerlich stolz sie doch jedes Mal wirkten, wenn sie auf ihren Tieren durch die Straßen ritten und jemanden fanden, dem sie eine Strafe aufhalsen konnten. Ayumi packte Sakura fest am Handgelenk und zog sie, so dachte es Sakura zumindest, durch due ganze Burg, bis sie endlich vor einer Tür innehielten und eintraten. Im Inneren des Raumes saß ein Dutzend Dienerinnen, alle in dem gleichen Kostüm, wie Ayumi und vier weitere Mädchen, wobei sie meinte, drei von ihnen am Vortag beim Fürsten gesehen zu haben. Keine von den im Raum sitzenden schaute auf, oder unterbrach ihr Gespräch, als die Tür aufging und Ayumi wies Sakura einen leeren Platz neben den vier Mädchen. Anschließend setzte sie selbst sich auf den daneben liegenden freien Platz. Eines der Mädchen nahm eine Kette von ihrem Hals und zeigte diese stolz den anderen dreien. "Seht mal, das hier gab mir der Fürst gestern Abend." Sakura konnte den Neid der anderen Mädchen förmlich riechen – er war so schnell gekommen, dass sie es gar nicht bemerkt hatte. War es so wichtig, dem Fürsten zu gefallen? Mit begierigen Augen hingen sie an dem schwarzen, kleinen und durchaus hübschen Stein, der an einem Kettchen befestigt war. "Was hast du getan, dass du so ein Geschenk bekommst?", kam die Frage von Sakuras Sitznachbarin und die vier begannen kichernd zu flüstern, allerdings wollte sie auch nicht mehr dem Gespräch folgen. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, was der Fürst mit ihr gemacht hatte … Hoffentlich erwartete sie nicht das gleiche Schicksal. "Höre gut zu und lerne, Sakura. Überall kannst du die neusten Dinge, die in der Stadt vorgehen, hören. Wenn du in den Gängen spazierst, versuche das Gespräch andere aufzuschnappen, damit dir nicht selber alles erzählt werden muss. Am besten lernst du auch so etwas über das alles hier kennen. Es dauert zu lange, dir alles einzeln zu erklären. Eigentlich könntest du auch fragen, aber die meisten Menschen hier sind sehr in Hektik, da es fast immer etwas zu erledigen gibt." Sakura war nicht ganz klar, wovon Ayumi sprach, doch sie nickt stumm und hoffte, nicht allzu verwirrt auszusehen. In den Gängen spazieren, hieß das etwa, sie dürfe alleine und frei herumlaufen? Niemand verfolgte sie und beobachtete, was sie tat? Für Sakura war dies wie ein Schlüssel von vielen um ein großes Schloss zu öffnen. Neue Hoffnung flammte in ihr auf und sie beschloss, erst einmal einen halbwegs anständigen Eindruck zu hinterlassen. Je mehr man ihr vertraute, desto freier durfte sie sich bewegen – desto näher kam die Freiheit wieder in Sicht. Sie musste nur so tun, als ob sie ein ängstliches Mädchen war, das nicht wusste, wohin. Unschuldig und klein, so sollte es aussehen. Es war ein Spiel mit List und Tücke. Trickreich zu sein war schon immer eine Stärke Sakuras gewesen. "Nehmt sie zu Madara mit, aber passt auf, dass sie sich richtig verhält. Sakura muss noch einiges lernen", sagte Ayumi zu den anderen Mädchen, die zu tuscheln aufhörten und nickten. Zögernd stand Sakura mit den anderen auf und ging wieder auf den Flur hinaus. Bevor die Tür zu viel, warf sie noch einen letzten verzweifelten Blick auf Ayumi, die sich in dem Moment mit einem Ächzen vom Stuhl erhob. Sie wollte nicht, dass der Fürst sie anfasste. Sie wollte keine Puppe sein, mit der man machen konnte, was man wollte. Und doch musste sie folgsam sein … Kapitel zwei ------------ Des Fürstens Betten Mit gesenktem Kopf stand sie vor ihm, dem Fürsten. Die anderen Mädchen, die Sakura entrüstet angeschaut hatten, waren wieder weggeschickt worden, ebenso wie eine Schar Mägde. Nur seine Wächter und Soldaten postierten an den Raumeingängen und blickten mit starrem Blick auf einen nicht sichtbaren Punkt. Madara thronte auf einem Sessel und warf nach und nach kleine Holzscheite in das prasselnde Kaminfeuer. Die rote Glut spiegelte sich bedrohlich wirkend in seinen Augen wieder. "Komm näher!" Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und doch hallte sie unwahrscheinlich stark in Sakuras Ohren wider, fast wie das Zischeln einer Schlange, sodass sie zusammenzuckte und ihre Lippen fest aufeinander presste. Zögerlich machte sie einen kleinen Schritt nach vorn. Noch einen. Und noch einen. Ganz kleine Schritte. Von Mal zu Mal wurden sie immer kürzer und unsicherer. "Keine Sorge, ich werde dir schon nichts zu leide tun", sagte Madara, erhob sich leichtfüßig und ging von sich aus auf Sakura zu. Ihre Wahrnehmung spielte ihr einen Streich, denn er erschien ihr immer größer und mächtiger, je näher er an sie heran schritt. "Normalerweise kommen meine Untergebenen zu mir. Ich hoffe, du bist dir dessen bewusst." Er stemmte eine Hand in seine Seite, mit der anderen nahm er Sakuras Kinn und beugte sich zu ihr herunter. Eine Welle der Panik überflutete sie. In den verwinkelten Gassen der Stadt hatte sie diese Geste schon oft gesehen – immer von Soldaten, die eine Frau aufgegabelt hatten, die auf dem Weg zu ihrem Ziel durch die dunkelsten Straßen laufen musste. Es war widerlich, wie sie die armen Frauen angafften und anfassten. Madara zwang Sakura, ihn anzuschauen und das mit nur einer Bewegung. Er war kräftig – und das Mädchen hatte kaum Widerstand gezeigt. Ihre grünen Augen waren direkt auf die Seinen gerichtet. Schwarz, schwarz und noch mehr Schwärze. In diesen Augen war eine Begierde zu sehen, die sie nicht zu beschrieben vermochte. Er schaute auf sie hinab, ganz so, als ob er einen Schatz von ungeheurem Wert vor die Füße gelegt bekam. Sakura wurde schwindelig, mit einem Bein knickte sie leicht zur Seite, doch der Fürst war schneller. "Du willst doch nicht etwa vor mir umfallen. So etwas gehört sich nicht …" Seine Stimme war noch immer kaum mehr ein Flüstern. Wieder wurde Sakura dunkel vor Augen, doch bevor sie endgültig umfallen konnte, hatte Madara einen Arm ausgestreckt, um sie aufzufangen. Seine Hand umfasste ihre schmale Hüfte, als er sie einfach mit sich mit zog, in eines der vielen Zimmer der Burg. "Ich denke, wir sollten dir etwas Passendes zum anziehen heraussuchen, findest du nicht auch?", schnurrte er. Sakuras Kopf machte einen Ruck. Hatte sie da gerade richtig gehört? Sie sollte nicht mehr in diesem Stofffetzen herumlaufen? Der Fürst stieß eine Tür, die nicht von Soldaten bewacht war, auf und schob Sakura hinein. Sie fand sich in einem großen, prunkvollen Schlafgemach wieder. Ein Bett, in das der Fürst drei Mal hineingepasst hätte, stand in der Mitte des Raumes auf einer kleinen Steinerhebung. Rote Schleier fielen von der Decke, um einem die Sicht zu erschweren. Zu Sakuras Linken waren große Fenster – das Glas war blutrot. Zu ihrer Rechten befanden sich zwei große, fast bis zur Decke reichenden Flügeltüren. Hinge diese düstere Ausstrahlung nicht in dem Zimmer, könnte man es als einen gemütlich eingerichteten, farblich zusammenpassenden Raum bezeichnen. Madara schloss geräuschlos die Tür hinter sich und ein Grinsen umspielte seine Lippen. "Ich habe es extra für dich anfertigen lassen." Er schloss die Tür ab und nahm den Schlüssel, um ihn in seiner Brusttasche verschwinden zu lassen. Sakura fixierte diesen Punkt, ganz in der Hoffnung, den Schlüssel so in ihre Hände zu bekommen. In ihr bahnte sich eine unangenehme Vermutung auf. Sie überlegte, wie sie am schnellsten an den Gegenstand ihrer Begierde herankommen konnte, ohne dass der Fürst es merkte. Wieder packte der Fürst sie am Arm und setzte sie auf das große Bett. "Du wartest hier." Sakura hatte den Kopf gesenkt, sie wollte gar nicht wissen, was der Fürst holte. Sie wollte nur noch hier hinaus, in ihr Leben zurück. Sie war ein Straßenkind gewesen. Wie viel würde sie dafür geben, endlich wieder das sein zu können, was sie war? Womit sie aufgewachsen und an das sie gewöhnt war. Natürlich lebte man schlecht, doch gab es das Gefühl der Freiheit und Ungebundenheit. Vorsichtig wagte das Mädchen, ihren Kopf etwas anzuheben. Dort, wo grade noch das Zimmer aufgehört hatte, befand sich nun ein weiterer Raum. Madara musste die Flügeltür geöffnet haben. So weit, wie Sakura sehen konnte, war es eine Art Ankleideraum, da zu beiden Seiten schwer beladene Regale und Stangen unter der Last von unzähligen Kleidern ächzten. Der Fürst schien etwas suchen zu müssen, denn er schritt an den Wänden des Raumes entlang, zog ab und zu ein Kleidungsstück herbei, nur um es dann mit einem kritischen Blick anzuschauen und wieder zurückzuhängen. Er fuhr sich durch das lange schwarze Haar, wickelte eine Strähne um einen seiner Finger und seufzte einmal, dann schien er eine Eingebung zu haben. Er schloss die eine Hälfte der Tür, sodass Sakura nur noch einen kleinen Teil vom ihm sehen konnte. Und genau dieser Teil streckte einen Arm hinauf und schien etwas, das an der Tür hing, von seinem Platz zu nehmen. Fast lächelnd hielt er ein Kleid in der Hand. Der enge Brust- und Taillenbereich war aus einer Farbe, wie sie Sakura noch nie zuvor gesehen hatte. Es hatte etwas Sandiges an sich, was durch kleine kaum wahrnehmbare, weiße und rote Muster vermischt wurde. Der untere Teil des Kleides hatte einen blassen, ausgewaschenen rosa Farbton. Der Stoff sah leicht aus und floss sanft auf den Boden. "Das wirst du anziehen", konnte Sakura vernehmen und drehte ihren Kopf schnell weg. Er sollte nicht denken, dass ihr gefiel, was sie sah. Und wahrlich, wenn Sakura daran dachte, dass sie dieses Kleid tragen sollte, war die Tatsache, dass es durchaus nett anzusehen war, gleich viel geringer. "Schau mich an", knurrte Madara schon beinahe und trat einen großen Schritt auf Sakura zu, doch diese drehte ihren Kopf dadurch noch weiter in die andere Richtung. Schmerzerfüllt stöhnte sie auf, als der Fürst ihr grob in die Haare fasste und ihren Kopf zu sich drehte. Sakura meinte, dass rote Licht des Feuers in seinen Augen wieder sehen zu können, obwohl weder ein Feuer in dem Zimmer brannte, noch die verbrannten Holzscheite glühten. Das Mädchen schauderte – es war keine Einbildung gewesen. Die äußeren Ränder seiner Augen hatten die Farbe des Feuers angenommen und schimmerten ihr entgegen. Es sah beinahe so aus, als ob es das Schwarz, welches die normale Augenfarbe des Fürsten war, umzingelte. Es tanzte, einzelne Fäden der Farbe vermischten sich weiter mit seinen Augen und flossen dann weiter. Sakura bekam es mit der Angst zu tun. Noch nie hatte sie jemanden gesehen, der so etwas erstaunlich Bösartiges an sich hatte. Nie zuvor war sie einem Menschen begegnet, der eine so unnatürliche Augenfarbe besaß. Sie konnte ihren Blick nicht mehr abwenden, auch nicht, als Madara sie losgelassen hatte. Es war wie eine Starre, aus der sie sich nicht befreien konnte. Ihr Unterbewusstsein zerrte regelrecht an ihr, aber das einzige, das Sakura tun konnte war, ihn weiterhin anzuschauen. Madara Uchiha lächelte zufrieden, drückte sie auf die Matratze und seufzte einmal tief. Warum musste er immer Gewalt anwenden? Eigentlich mochte er es nicht besonders, andere in so eine Situation zu bringen, doch was blieb ihm schon anderes übrig? Wer nicht seinen Befehlen gehorchen wollte, musste gezwungen werden. Wieder nahm er das Kleid in die Hand und öffnete die Schnüre am Rückenteil des Kleidungsstückes. Vorsichtig legte er es auf das Bett, strich darüber und schüttelte dann leicht seinen Kopf, so dass seine Haare um seine Schultern flogen. Kurz betrachtete er das Mädchen vor ihm, immer noch in ihrer Starre gefangen, nicht einmal das heben und senken ihrer Brust konnte er richtig wahrnehmen. Madara nahm ihre Beine und packte auch diese auf das Bett. Behutsam ließ er sich neben Sakura nieder, bevor er sich über sie schob. Eine Hand griff wieder nach ihren Haaren, die andere umfasste ihren dünnen Hals. Er beugte sich tief zu ihrem Ohr hinab. Seine Nasenspitze berührte beinahe den Bezug seines Bettes … Kurz darauf murmelte er ein Wort und Sakura erwachte mit einem Keuchen und einem lauten Zischen. Dann biss sie sich auf ihre Lippe. Kein Wort sollte ihr entweichen, sie wollte nicht, dass sie Schwäche ihm gegenüber zeigte. "Du wirst tun, was ich dir sage, wenn du nicht auf irgendeine Art und Weise Schmerzen erleiden möchtest, hast du mich verstanden?" Die geflüsterten Worte klangen schrecklich in Sakuras Ohren. Ein Schauer lief ihren Rücken hinab und ein leichtes Zittern ergriff ihren Körper. Es war das erste Mal, dass sie ihre Angst gegenüber ihm öffentlich kund tat. Sie wusste nicht, was er mit ihr gemacht hatte, dass sie einfach für einen Moment aus dieser Welt verschwunden war – doch sie war sich sicher; nie wieder wollte sie so etwas erleben. Ihr ganzer Körper schien eingefroren gewesen zu sein, sie konnte nicht mehr klar denken, hatte nur noch Schwärze in ihren Gedanken und das Schlimmste war, dass sie es nicht einmal ansatzweise geschafft hatte, den Willen hervorzubringen, um sich zu befreien. Ein plötzlicher Druck an ihrem Hals ließ Sakura aufschrecken, sie wollte ihre Arme bewegen, doch waren sie unter den Fürsten geklemmt, der schwer auf ihr lag. Seine Finger hatte er fest um ihre Kehle gelegt und seine Nägel bohrten sich in ihre Haut. "Antworte mir", zischte er bedrohlich. Wieder verstärkte er seinen Griff. "Ja", krächzte Sakura und war dankbar dafür, dass sie ihre Stimme wiedergefunden hatte. Kaum hatte sie ihr Wort gesagt, verschwand der Druck an ihrem Hals und sie atmete einmal erleichtert ein und wieder aus. Er hob seinen Kopf und sah das Mädchen an. Ja, seine Augen waren wieder normal geworden. Kein glühendes Rot. Nicht mal ein kleiner Rest. "Es scheint, dass wir uns nun verstehen, Sakura." Es war das erste Mal, dass er ihren Namen aussprach, allerdings mit einem alles andere als beruhigendem Ton. In ihren Ohren klang er wie ein scharfer Schnitt eines Schwertes. Eine Hand von ihm schob sich über Sakuras Bauch und tastete sich an der Seite ihres Oberteiles entlang, um an den wenigen Knöpfen zu spielen, die das ganze zusammenhielten. In dem Mädchen verkrampfte sich alles. Nein! Es war nicht das, das sie wollte. Sie war kein Spielzeug, das man Lust und Laune gebrauchen konnte. Inzwischen hatte Madara ihr Oberteil geöffnet. Warme Finger streiften ihre Haut und Sakura atmete angewidert ein und aus. "Nein!", schrie sie, als er wieder begann, ihren Bauch zu betasten. Sie wandte sich unter ihm so gut es ging, wollte wieder frei sein und hinfort laufen, doch der Fürst hielt sie fest umklammert und nahm ihr alle Möglichkeit zu fliehen. Ein ungewöhnlich hohles Geräusch entwich Madaras Kehle. Es klang heiser, bröckelnd und fremd. Er hatte schon lange nicht mehr so laut gelacht. Amüsiert betrachtete er Sakuras Augenbrauen, die unkontrolliert zuckten, setzte sich auf und zog Sakura mit einer solchen Schnelligkeit auf seinen Schoß, dass sie keine Zeit hatte, um zu realisieren. Es war ihr unmöglich gewesen, seine Bewegungen wahrzunehmen. Einen Arm hatte er um ihren Bauch geschlungen, die andere Hand hatte sich wieder in ihren Haaren verfangen. "Dies hier wird unser Geheimnis bleiben. Ein süßes kleines Geheimnis, welches nur meine Wenigkeit und dich etwas anbelangt, das ist dir doch bewusst, nicht wahr?" Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken. Madara zog sie näher an sich heran. "Ich werde nicht noch einmal meine Frage stellen. Du musst wissen, dass ich durchaus ein sehr ungeduldiger Mann bin …" Sakura nickte kläglich. Den Klang seiner Drohung hatte sie noch immer in ihrem Ohr. Jede Faser ihres Körpers schrie danach, sich aus den Klauen des Mannes zu befreien, doch er war weitaus stärker, als sie es war. Es wirkte beinahe so, als ob er keine Mühe dabei verspürte. Mit dem einen Arm noch immer ihre Hüfte umklammernd, zog er mit einem starken Ruck an dem Stück Stoff, welches Sakura getragen hatte und riss es entzwei. Sie war ihm nun vollkommend ausgeliefert. Zuvor hatte der Stoff ihre schamhaftesten Körperstellen verdeckt, doch nun war sie bis auf ihr Leinenhöschen nackt. Es war irrwitzig, doch kurz dachte Sakura an die Bedienstete des Fürsten zurück, das den anderen Mädchen stolz eine Kette zeigte, die sie nach einer Nacht in Madaras Gemach bekam. Ihre Gedanken schweiften zu dem ungeheuren Wert des Schmuckstücks. Wenn sie es schaffte, es an einen reisenden Händler zu verkaufen, musste sie nicht weiter ein – "Woran verschwendest du deine Gedanken, mein Täubchen?" Die Worte glichen einem Schnurren, die Sakura erschauern ließ. "Dir ist der Verlust von diesem kleinen Stoffteil doch nicht etwa unangenehm?", flüsterte er rau und strich höhnisch hinter ihrem Rücken grinsend über ihre Wirbelsäule. Es stand außer Frage, Sakura war beinahe bis auf ihre Knochen herunter gehungert. Ihre Haut spannte sich fest darüber und ließ besonders ihre Rippen hervorstehen. Keine wirkliche Schönheit. Aber was sollte er als Fürst tun? Wer nicht arbeitete und Steuern zahlte, bekam keine Lebensmittel. So war das Gesetzt. Madara bemerkte, wie Sakura sich unter seiner Berührung verspannte und zum wiederholten Male versuchte, sich aus seinem Griff zu retten. Allerdings war sie nicht sehr kräftig – im Gegensatz zu ihm. Es machte dem Fürsten keine Mühe, sie bei sich zu behalten. Kurz schien er zu überlegen, doch dann kniff er ihr einmal, fast vorsichtig, in die Hüfte. Sakura fuhr erschrocken zusammen zuckte einmal mit dem Arm. Wenn sie an ihn Hand anlegte, würde er sie mit Sicherheit verletzten und das wollte sie nicht riskieren. Lieber hoffte Sakura, dass dieser Albtraum bald ein Ende nahm und sie schnellst möglichst einen weiten Abstand zwischen sich und dem Fürsten bringen konnte. "Hattest du grade daran gedacht, mich schlagen zu wollen?", hauchte Madara ihr zu und biss ihr einmal in die Schulter. Sakura schrie auf, doch der Uchiha hielt ihr schnell den Mund. "Oh nein", meinte er, "wir wollen doch nicht, dass jemand von unserem Spielchen mitbekommt, nicht wahr?" Während er ihren Mund wieder freigab, stahl sich seine Hand an ihre Brust und begann diese abzutasten. Sakura hielt es nicht länger aus. "Ich lasse mich nicht anfassen!" Schnell stieß sie dem Fürsten ihre spitzen Ellenbogen in die Rippen, kratzte seine Hände auf und nutzte die Chance seiner Überraschung und sprang auf. Mit ihrem Arm versuchte sie ihre Blöße zu bedecken – auch wenn es nicht sonderlich viel war. Madara stemmte sich auf und war mit wenigen Schritten bei ihr, dann holte er aus und schlug ihr mit der flachen Hand in das Gesicht. "Das wirst du nicht noch einmal tun!", zischte er, dann schmiss er ihr das sandfarbene Kleid zu, das auf einem Stuhl gelegen hatte. "Zieh das an!" Sich die schmerzende Wange haltend und vor Schreck nicht widersprechen könnend, nahm die es entgegen und zog es sich nach einigen kurzen Momenten über. Der Fürst schritt um sie herum und zog die Schnüre des Kleides am ihren Rücken so fest zusammen, dass es ihr fast den Atem nahm. Schließlich drückte er sie grob auf den Stuhl und begann unerwartet vorsichtig ihr Haar zu kämmen. Sakura bemerkte, wie er einzelne Strähnen zwischen den Fingern behielt, mal ohne den Kamm durch ihre Haare strich und jeden noch so kleinen Knoten löste. "Die Schuhe." Madara kam zu ihr getreten und hielt ihr ein Paar vor, das einen sehr hohen Absatz hatte. So hoch und dünn, dass Sakura sich sicher war, nie darin laufen zu können. "Anziehen. Dann geh", brummte der Fürst und verließ selber sein Schlafgemach. Noch immer leicht eingeschüchtert von seinem imposanten Auftritt, schlüpfte Sakura in die Schuhe und wagte einige wacklige Schritte. Undbeholfen stolperte sie zu der Wand und tastete sich haltsuchend an ihr aus dem Raum. "Was schwankst du hier so herum?", blaffte Ayumi, half Sakura jedoch gleich, sich an den Tisch in ihrem Zimmer zu setzten. Das Mädchen hob lediglich ihr Bein und zeigt so ihren neuen Fußschmuck. Der Weg bis in ihren Raum war vergleichsweise lang und beschwerlich gewesen. Mehr als einmal hatte sie sich beinahe von dem Gedanken verlocken lassen, das Schuhwerk auszuziehen, doch ihre Angst davor, erwischt zu werden war größer gewesen. Sie hatte sich in einem Spiegel in einem der Flure beobachtet. Schaute man genau hin, konnte man noch immer den Handabdruck des Fürstens auf ihrer Wange wahrnehmen. "Er war sehr großzügig, was dieses Kleid betrifft", stellte Ayumi fest und befühlte prüfend den Stoff. Abschätzend schaute sie Sakura an und das Mädchen war sich sicher, dass sie sich fragte, ob sie dafür mit dem Fürsten verkehrt hatte. Doch es kam nichts dergleichen. "Iss", sagte die Dienerin und stellte einige Schüsseln und Teller auf von einem Servierwagen auf den Tisch. Sie setzte sich neben Sakura und beobachtete sie genau. "Du hast schnell gelernt, wie du richtig mit Besteck umzugehen hast. Das freut mich." Sie nickte einmal und nahm sich dann ein Glas zur Hand, in der eine dunkelrote Flüssigkeit schwamm. "Rotwein. Alkohol. Das brauche ich nach einem anstrengenden Tag wie diesen einfach", erklärte sie, "Möchtest du auch etwas?" Sakura schüttelte den Kopf. Sie hatte Alkohol nur einmal probiert, aber es hatte scheußlich geschmeckt und ihr eine pelzige Zunge beschert. So hatte es sich zumindest angefühlt. Sie hatte schon viele jüngere Kinder sehen können, die dieses Getränk tranken, nach einer gewissen Menge allerdings waren sie wie verändert. Sie waren kaum noch fähig zu sprechen, wenn dann etwas, das keinen Sinn mehr ergab, und grade laufen konnten sie auch nicht mehr. "Hat der Fürst dir erzählt, was mit dir passieren wird?" Dem Mädchen wich die Farbe aus dem Gesicht. Passieren wird? Was hatte das zu bedeuten? "Nein", antwortete sie zögerlich. "Hm. Dann wird er es bestimmt in den nächsten Tagen tun." Unfähig sich abzuwenden, stand Sakura in ihrem Bad und starrte beinahe aus dem offenen Fenster. Die Gitterstäbe davor waren so weit voneinander gesetzt, dass sie ihr nicht die Sicht nahmen und sie etwas sehen ließen, das nicht für ihre Augen bestimmt war. Ihr schräg gegenüber, mit einem Abstand, der höchstens drei Mal so lang war wie sie selbst, befand sich Madara in einem Schlafzimmer. Es war nicht das, in dem Sakura zuvor gewesen war, das erkannte sie auf Anhieb. Er hatte sicherlich mehrere, in denen er sich ab und an aufhielt und seinen Tätigkeiten nachging. So wie in diesem Moment auch, denn der Fürst war weder alleine, noch bekleidet. Er lag zusammen mit einem Mädchen, dass Sakura unbekannt war, in dem großen Bett. Eigentlich war es nur das Mädchen, das auf dem Bett lag, da der Fürst sich auf ihr befand und wilde Bewegungen durchführte. Zu allem Überfluss stand das Fenster zu dem benachbarten Raum ebenfalls offen, so dass Sakura das gedämmte Stöhnen und Keuchen wahrnehmen konnte. Natürlich wusste sie, was dort getan wurde, aber gesehen – oder gar selbst erlebt – hatte sie es noch nie. Sie schockierte sich selber damit, doch ein Teil von ihr faszinierte dieses Treiben, immerhin waren es die ersten Bilder, die sie zu diesem Thema sehen konnte. Und etwas mit eigenen Augen mitzubekommen war etwas anderes, als darüber zu hören. Wahrscheinlich war das der Grund dafür, dass sie sich nicht fortbewegen konnte. Der Fürst richtete sich auf, so dass Sakura nun die junge Frau unter ihm genauer sehen konnte. Sie war wohl proportioniert, hatte sich in das Bettlaken gekrallt und ihre Brüste wippten bei jedem Stoß mit. Sie hatte den Kopf soweit es ging in den Nacken gelegt, die Augen zusammengekniffen und biss sich auf die Unterlippe. Madara lachte einmal, hörte mit seinen Bewegungen auf und half der jungen Frau dabei, sich umzudrehen und auf allen vieren abzustützen. Das Blut schoss Sakura augenblicklich in die Wangen. Sie hatte den … nun ja … sie hatte das Schwert des Fürsten gesehen. Sie zuckte zusammen, als die Gespielin des Fürstens laut aufstöhnte, da der Fürst sie herangezogen und wieder begonnen hatte, sich zu bewegen. Auch er schien nun Laute von sich zu geben, da sein Mund immer wieder aufklappte. Er legte sich komplett auf die Frau und umfasste mit beiden Händen ihre Brüste. Ihre Arme zitterten stark und auch die Bewegungen den Fürsten wurden immer unkontrollierter. Dann sackte die junge Frau mit einem lauten Schrei zurück auf das Bett und zog Madara mit sich. Sakura betrachtete die sich hebenden und senkenden Körper. War es das, was der Fürst auch hatte mit ihr machen wollen, hätte sie sich nicht gewehrt? Ganz so, als ob er ihren Gedanken gehört hatte, drehte Madara seinen Kopf in ihre Richtung und grinste sie unverfroren an. Erschrocken sprang Sakura auf und hastete aus dem Bad. Es kam ihr so vor, als hätte er gewollt, dass sie ihm dabei zusah … Schnell legte sie sich in ihr Bett, schloss die Augen und betete, dass es nicht auch ihr Schicksal war, das sie erwartete. Kapitel drei ------------ Familie "Oh oh, was mache ich nur mit dir? Einfach ungeniert andere Leute beobachten." Sakura war dabei gewesen, etwas an ihrem Tisch zu sich zu nehmen, als die Tür mit einem Poltern aufgerissen wurde und Madara Uchiha eintrat. Er hatte sich direkt neben sie gestellt und eine Hand auf ihre Schulter gelegt. Der Druck, der von ihr ausging, empfand Sakura als unangenehm. "Oder warst du fasziniert von meinem Anblick, dass du nicht mehr wegschauen konntest?" Sakura verschluckte sich an ihrem letzten Bissen und röchelte nach Luft. Wie konnte er nur so etwas Abstoßendes sagen? "Habe ich dich also erwischt, ja? Dir ist bewusst, dass nicht jede in meinen Genuss kommt? Schau dich doch an. Du bist wie ein Schatten deiner selbst, bestehst nur noch aus Haut, Haar und Knochen. Ein Wunder, dass du noch nicht in der Mitte durchgebrochen bist." Sakura schaute hinab auf ihren Schoß. Sie wollte nicht, dass der Fürst sich in dem gleichen Zimmer aufhielt wie sie auch. "Aber sorge dich nicht. Ich verbiete mir selbst, in näheren Kontakt mit dir zu treten." Er nahm eine ihrer rosafarbenen Haarsträhnen und ließ sie durch seine Finger gleiten. "Solange, bis wir zwei uns miteinander vergnügen können, werde ich dich an einen anderen Ort bringen lassen. Du wirst den Leuten dort dienen und genau das tun, was sie von dir verlangen. Ich rate dir von einem Fehltritt ab, Mädchen. Ansonsten wirst du wohl mit den Konsequenzen rechnen müssen und das wollen wir natürlich nicht." Madara fasste unter Sakuras Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Wieder war dieser Rotschimmer in seinen Augen zu sehen, der ihr Angst einjagte. Er blinzelte einmal, dann war es verschwunden. Sakura war sich sicher, dass sie sich diese Farbe nicht einfach einbildete. Mehrmals hintereinander konnte man doch sicherlich nicht das gleiche Hirngespinst haben. "Deine Bedienstete wird dich gleich fortbringen. Was bekomme ich für meine Gastfreundschaft von dir, einem dreckigen Straßenkind, gegenüber? Einen Kuss vielleicht?" Er beugte sich zu ihrem Gesicht hinab. "Niemals!", rief Sakura und befreite sich aus seinem Griff. Der Fürst lachte daraufhin leise. "Schade, dass sich Sakura Uchiha nicht ehrenhaft, geschweige denn gut anhört." Grob zog Ayumi an Sakuras Handgelenk und zog sie mit sich durch die Straßen der reichen Stadt. Einige wenige Menschen die sich auf die Straßen verirrt hatten, dafür aber umso mehr hochnäsig aussehende Frauen, die aus ihren Fenstern schauten, beobachteten das Schauspiel. So gut es dem Mädchen gelang, stolperte sie auf ihren hohen Schuhen der stämmigen Frau hinterher, die unentwegt schnaufte. "Warum schauen die alle so blöd? Haben wohl nichts besseres zu tun als ihr Gold zu zählen", grummelte die Frau und hastete weiter die Straßen entlang. "Bis an den Stadtrand kann ich dich bringen!", fluchte sie. "Also ob das nicht einer seiner Schatten machen könnte. Stattdessen stehen diese dämlichen Soldaten in der Gegen herum und gaffen den jungen Frauen auf den Busen." Sakura zog es vor zu schweigen und ließ sich tatsächlich fast bis an den Stadtrand ziehen. Das Haus, vor dem sie nun standen war, im Vergleich zu den anderen, klein und etwas heruntergekommen. Trotzdem sah es noch weit mehr erhabener aus, als das Haus des reichsten Bauern in der Stadt weiter unten. "Du wirst einer Familie mit zwei Kindern dienen", sagte Ayumi und wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Der Vater der beiden Söhne ist ein Cousin des Fürsten, also benimm dich." Innerlich zuckte Sakura zusammen. Es war, als ob man ihr einen Pfeil durch das Herz schießen würde. Der kleine Hoffnungsschimmer aus der Kontrolle Madaras zu flüchten, war erloschen. Wer außerhalb der Burg hatte mehr Kontakt zum Fürsten als sein Cousin? "Ich kann dir selber nicht viel über sie sagen. Sie sind anständige Leute, auch wenn ich den Eindruck habe, dass viele sie nicht mögen. Weiß Gott weshalb. Ich habe gehört, ihr jüngster Sohn bereitet ihnen momentan einige Probleme, aber das sollte sich wieder legen." Ayumi ging die wenigen Stufen zu der Haustür hinauf und klopfte einmal kräftig mit dem Klopfer gegen das Holz. "Moment!", schallte es aus dem Inneren wider. Sakura stellte sich hinter den massigen Rücken der Bediensteten. Kurz darauf öffnete sich die Tür und eine Frau mit dunklem Haar und einem freundlichen Gesicht erschien. "Wie schön, ihr seid angekommen. Kommt hinein. Möchtest du einen Tee trinken, Ayumi?" Angesprochene schüttelte den Kopf. "Ich werde gleich weiter müssen. Das", sie zerrte Sakura hinter ihrem Rücken hervor und schob sie vor sich, "ist Sakura. Du weißt ja, der Fürst schickt sie, damit sie euch dienen kann. Benimm dich anständig Mädchen." Dann drehte sie sich um und lief ohne ein weiteres Wort die Straße zurück. Unwohl massierte das Mädchen sich die Hände und schaute zögerlich zu der Frau in der Tür hinauf. Wenn sie das machte, was man von ihr verlangte, würde man ihr vielleicht trauen und mehr Freigang lassen. Sie musste nur mitspielen und ihre Freiheit war wieder zum Greifen nahe. Nur genau das tun, was ihr aufgetragen wurde … "Trete ein, Sakura. Ich bin Mikoto." Zögerlich setzte sich das Mädchen in Bewegung und stieg die wenigen Stufen empor. Als sie vorsichtig an der Schulter berührt wurde, sprang sie vor Schreck ein Stück zur Seite. Mikoto lächelte daraufhin kurz und schloss die Tür. "Folge mir." Sakura stand in einem schmalen Raum, in dem sich eine Treppe befand, auf die die Frau zuging. Oben angekommen, erstreckte sich vor ihr ein länglicher, schmaler Flur mit mehreren Türen. Aus einen von ihnen trat ein groß gewachsener Mann und ging mit festen Schritten auf Sakura zu. "Sakura, richtig?", fragte er mit einer tiefen, aber angenehmen Stimme. Das Mädchen nickte und machte nach kurzem Zögern einen Knicks. Genauso, wie Ayumi es ihr aufgetragen hatte. Doch der Mann schüttelte nur den Kopf. "Das lässt du am besten bleiben. Ich bin Fugaku Uchiha. Wieso setzten wir uns nicht in die Wohnstube?" "Guten Tag", flüsterte Sakura, doch der Mann und Mikoto, die allem Anschein nach seine Frau war, befanden sich nicht mehr im Flur. Zögerlich ging das Mädchen ihnen hinterher und fand sich in einem Zimmer wieder, in dem Sessel und Sofa vor einem Kamin stand und sich auf einem kleinen Tisch eine Teekanne befand. Genau wie der Flur war auch die Wohnstube mit allerlei Gegenständen dekoriert, allerdings wirkte es nicht allzu überladen. Uchiha … Fugaku sollte der Cousin des Fürsten sein? Sakura konnte keine Ähnlichkeiten unter den beiden ausmachen. Madara war eindeutig kleiner, hatte kein braunes Haar und ein nicht ganz so markantes Gesicht wie Fugaku. "Wir sehen uns nicht sehr ähnlich", sagte er und riss Sakura somit aus ihren Gedanken. Anscheinend hatte er bemerkt, dass sie ihn musterte. "Setzten wir uns und trinken erst einmal einen Tee. Unsere Söhne müssten jeden Augenblick da sein." Zögerlich ließ Sakura sich auf dem Sofa nieder. Fugaku war ein Uchiha – und doch keineswegs so wie Madara. Ihre Söhne waren nicht erschienen. Auch nicht, als Mitkoto Sakura in ihr neues Zimmer führte. Es war recht klein, war aber mit allem nötigen ausgestattet. Die Matratze, auf der sie nun lag, war nicht ganz so weich wie die in ihrem Burgzimmer, aber das war Sakura grade recht. Die Erwachsenen hatten einen netten ersten Eindruck bei ihr hinterlassen – und das verwirrte sie. Noch nie hatte ihr jemand einen Tee angeboten, sich höflich nach ihrem Befinden erkundigt. Warum auch? Als Straßenkind war man grade so viel Wert, wie eine Ratte es war. Es musste der schönste Nachmittag gewesen sein, den sie je erlebt hatte. So ungern sie es sich auch eingestehen wollte. Trotzdem würden diese Stunden sie nicht an ihrem Vorhaben zu Fliehen hindern. Aber dies hatte noch bis zum nächsten Tag Zeit. Lieber wollte sie den Abend nutzten und ausschlafen. Ein spitzer Schrei hallte durch das Haus, sodass Sakura sich erschrocken aufrichtete. Sie konnte unruhiges Stimmengemurmel wahrnehmen, eindeutig aus Richtung Flur. Nicht wissend, ob es nun der rechte Zeitpunkt war, um nach der Ursache des Geräusches zu schauen, ging sie mit vorsichtigen Schritten und ihr Nachtkleid anhebend zu ihrer Zimmertür. Einen Moment zögerte sie, bevor sie die Klinke hinunter drückte und einen kleinen Satz in den Flur tat. Sie konnte gradewegs in den noch immer erleuchteten Wohnbereich schauen, in dem sich nun vier Personen befanden. Fugaku und Mikoto Uchiha, ein junger Mann und ein Junge, der regungslos auf dem Sofa lag. Die Frau hatte sich neben den Jungen gekniet und tastete ihn scheinbar besorgt ab. Durch ihre Neugierde gezwungen, ging Sakura so leise sie konnte durch den Flur und gesellte sich zu der kleinen Gruppe. Miktot bemerkte sie als erste. "Sakura", sagte sie erstaunt, dann lächelte sie gequält. "Ich hatte mir diese Situation anders erhofft, aber wie es aussieht …" Sie verstummte und drehte sich wieder zu dem bewusstlosen Jungen. Fugaku trat zu Sakura und atmete einmal tief ein. "Das sind unsere Söhne Itachi", er legte dem jungen Mann seine Hand auf die Schulter, "und Sasuke. Er ist ein Jahr älter als du." Er nickte in die Richtung des Jungen. So wie Itachi sie musterte, tat sie es auch. Groß, fast schon dürr, lange schwarze, zurückgebundene Haare und merkwürdige Falten unterhalb seiner Augen. Seinen Blick konnte sie nicht richtig deuten, er machte einen sehr nichtssagenden Eindruck bei ihr, doch dann lächelte er. "Hallo, Sakura. Fühle dich hier wie in deinen eigenen vier Wänden." Sie nickte und trat dann auf das Sofa zu. Sasuke hatte, wie sein Bruder auch, eine blasse Hautfarbe, kürzeres, dunkles Haar und momentan viele blutige Striemen im Gesicht. Auch seine Hände sahen nicht weniger verletzt aus. Ohne diese Umstände könnte man behaupten, dass er einfach nur friedlich schlief. Sakura besah sich seiner Wunden genauer und hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, ihn berühren zu müssen. Sein Gesicht und seine Hände, die so mitgenommen aussahen. "Was ist mit ihm passiert?", fragte sie leise und ging, über sich selbst erschrocken, einige Schritte rückwärts. Dabei stieß sie gegen Itachi, der sie daraufhin kurz festhielt. "Er hat sich bei einem Übungskampf mit einem Soldaten etwas überanstrengt. Ich denke, dass er seine Kraft noch immer überschätzt und sich zu viel auf einmal vornimmt." Mikoto holte einmal tief Luft, ganz so, als wollte sie widersprechen, doch durch einen ernsten Blick ihres Sohnes schloss sie wieder ihren Mund. Unruhig schaute Sakura zwischen den beiden hin und her. Sie hatte das Gefühl, als habe Itachi ein entschiedenes Detail absichtlich ausgelassen. Abermals lag Sakura in ihrem Bett, allerdings konnte sie nicht mehr daran denken zu schlafen. Als sie den verletzten Jungen gesehen hatte, schien es ihr, als ob sie mit vielen kleinen Nadeln in ihrem Rücken zu ihm geschoben wurde. Es hatte beinahe schmerzhaft geprickelt und ein Instinkt, den sie zuvor noch nie gespürt hatte, hatte sich in ihrem Bewusstsein gemeldet. Mit nur einem einzigen Wort. Helfen! Es war, als ob sie sich selbst rief, um zu ihm zu gehen und eine Hand auf seine Wunden zu legen, nur um zu schauen ob er noch geistig anwesend war. Es war merkwürdig, noch nie hatte sie solch einen Drang verspürt. Fremden Menschen einfach helfen zu wollen … Auf den Straßen hatte das Gesetzt gegolten, sich selber zu helfen. Die anderen standen immer an zweiter Stelle. Instinktiv stand Sakura wieder auf und schaute kurz aus dem Fenster. Es war dunkelste Nacht, nur die kleinen Kerzen in den Laternen spendeten etwas Licht. Die Dielen unter ihren Füßen knarrten, als sie sich in Bewegung setzte, freiheraus in das Nachbarzimmer. Als sie die Tür vorsichtig öffnete, konnte sie Itachi sehen, der sich mit verzerrtem Gesicht in seinem Bett hin und her drehte. Leise schloss Sakura die Tür wieder. Auch im nächsten Zimmer befand sich eine Person. Sasuke. Sein Atem war angestrengt laut und er wirkte wie in sich zusammengefallen. Vorsichtig trat Sakura näher, immer darauf bedacht ihn nicht aufzuwecken. Wieder spürte sie das Verlangen danach, ihn zu berühren und zu helfen. Einmal nur, kurz und vorsichtig, mehr nicht. Wie von selbst kniete sie sich neben ich, strecke eine Hand nach ihm aus und platzierte sie sacht auf seiner Wange. Sakura konnte seine Verletzungen auf ihrer Handfläche spüren. Ein Wärmeschlag durchfuhr ihren Körper und schien sich auf Sasukes Haut zu übertragen. Seine Wange wurde wärmer und in ihren Augen wirkte es, als ob seine Haut wieder an Farbe gewann. Allerdings konnte es auch das Mondlicht sein, das sein Aussehen änderte. Erst, als etwas in ihrer Hand zu ziehen begann und sich seine Haut unter ihr zu verändern schien, zog Sakura sich hastig zurück. Dort, wo sie ihn berührt hatte, waren seine Verletzungen verheilt. Auch das getrocknete Blut war verschwunden. Allerdings konnte Mikoto es auch weggewischt haben. Noch einmal streckte sie sich zu ihm, zog zögerlich die Decke beiseite und berührte ihn an der Stelle, an der sie sein Herz vermutete. Grade so lange, bis sie wieder die Hitze spürte, die von ihr zu ihm überging. Angespannt stolperte sie einige Schritte zurück und stolperte gegen einen Tisch. Es war nicht sehr laut gewesen, doch regte Sasuke sich. Er keuchte einmal und zuckte zusammen. Sakura japste nach Luft. Zu laut. Der Junge schlug die Augen auf, schaute kurz an die Decke und drehte dann langsam seinen Kopf in die Richtung, aus der er das Geräusch vernommen hatte. Kalte, schon fast boshafte Augen starrten sie an. Nun sah auch sein Gesicht anders aus. Er war weder angespannt noch richtig entspannt. Es wirkte mehr so, als ob er schon viel mitmachen musste, vieles erlebt hatte und abgehärtet war. Unbehagen machte sich in Sakuras Brust breit, als er kurz seine Beine streckte und dann langsam aber mit festen Schritten aufstand und auf sie zukam. Den Mund zu einer schmalen Linie verzogen und mit einer angespannten Körperhaltung ging er die letzten Schritte auf sie zu und blieb vor ihr stehen. "Darf ich fragen, weshalb sich ein Mädchen nachts in meinem Zimmer aufhält?" Es war nur ein Flüstern, doch Sakura konnte den scharfen Unterton deutlich wahrnehmen. "Ich bin Sakura", antwortete sie und zog voller Unbehagen den Kopf ein. "Der Fürst schickt mich zu euch." "Der Fürst?", fragte Sasuke bedrohlich und ging einen weiteren Schritt auf sie zu. Sie wollte ihm ausweichen, doch der Tisch, auf dem sich beinahe schon saß, versperrte ihr den Weg. "Seine Soldaten nahmen mich vor einiger Zeit als Straßenkind gefangen und haben mich auf seine Burg verschleppt. Und nun bin ich hier." Sasukes Körperspannung lockerte sich etwas, trotzdem blieb der argwöhnische Blick noch immer in seinen Augen. "Dann bist du also das Mädchen von dem meine Mutter seit zwei Tagen spricht. Warum schickt dich Madara hierher?" "Ich weiß es nicht", hauchte Sakura und zuckte ängstlich zusammen, als Sasuke einen weiteren Schritt auf sie zutrat und ihr wütend in die Augen starrte. Schnell wand sie ihren Blick von ihm ab und schaute zu Boden. "Und warum solltest du kein Späher sein, der für seinen ach so grandiosen Herrscher kundschaften soll?" Er lehnte sich leicht über sie. Sakura packte die Angst. Dieser Junge war beinahe so, wie Madara es war. Kalt und herzlos. Sie hatte es sofort gespürt. Statt zu Antworten zog sie es vor zu Schweigen. Dies allerdings war ein fataler Fehler, da ihr Gegenüber dadurch noch wütender wurde. Grob packte Sasuke sie an den Armen und schüttelte sie. "Antworte mir!", zischte er. Sakura schlug sich die Hände vor ihr Gesicht. "Bitte tue mir nicht weh", flehte sie, dann durchzogen die ersten Schluchzer ihren Körper. Es dauerte einen Moment, dann ließ er sie los. Vorsichtig blinzelte sie zwischen ihren Fingern hervor. Trotz des Tränenschleiers vor ihren Augen und dem spärlichen Licht in der Dunkelheit konnte sie erkennen, wie die Zornesfalten auf der Stirn der Jungen schwanden. Er schaute aus seinem Fenster. "Hier geht etwas nicht mit richtigen Dingen zu. Er hat etwas in Planung. Das merke ich …" Dann drehte er sich wieder zu dem Mädchen. "Ich werde gehen", sagte er, "sollten meine Eltern oder mein Bruder nach mir fragen, so hast du mich lediglich im Flur getroffen." Ohne zu zögern öffnete er das Fenster und sprang auf den Sims. Sakura wollte widersprechen, doch er war schon gesprungen. Leichtfüßig und ohne bedenken. Er sprang in die Tiefe und landete leise mit beiden Füßen voran. Sakura, die zum Fenster gelaufen war und sich weit vorbeugte, konnte grade noch so sehen, wie er in den schwarzen Tiefen der Nacht verschwand. Sein dunkles Haar war wirklich von Vorteil. Traurig schüttelte sie den Kopf. Sie hatte keine Ahnung, was in diesem Jungen vorging – und sie wollte es auch nicht wissen. So gut er auch aussehen mochte, es war die dunkle Aura die ihn umgab und die Sakura so verabscheute. "Ich bin mir sicher, dass unsere Söhne dir noch vieles beibringen werden", sagte Mikoto und lächelte Sakura an. Den ganzen Tag über hatte sie der Frau im Haushalt geholfen und sich dabei wahrscheinlich ungeschickter als zehn Pferde zusammen angestellt. Doch Mikoto hatte über jedes Missgeschick lächelnd hinweggesehen und dem Mädchen geduldig alles gezeigt. Es war bereits später Abend, als Sakura in die Wohnstube gebeten wurde. Sie nickte. In den ganzen letzten Tagen war ihr immer und immer wieder zu Ohren gekommen, dass sie noch einiges lernen müsse. "Ich bin wirklich froh, dass es Sasuke nun besser geht und du ihn von einer anderen Seite kennen lernen kannst", wechselte Mikoto unsicher das Thema, da ihr Gegenüber nichts erwiderte. Sakura nickte nur und verschwieg, dass sie ihren Sohn bereits kennen gelernt hatte. Von einer sehr unangenehmen Seite. Zudem war er am nächsten Morgen wieder in seinem Zimmer gewesen, ohne dass sie es mitbekommen hatte. Dabei war sie noch für eine lange Zeit wachgeblieben. Zu viele Gedanken schwirrten ihr in ihrem Kopf herum. Es klopfte energisch an der Tür. "Öffnest du bitte die Tür, Sakura?", fragte Mikoto lächelnd. Das Mädchen stand auf, froh darüber dem Gespräch entfliehen zu können, und traf im unteren Flur auf Itachi, der ebenfalls die Tür öffnen wollte. Er zog die Schultern zurück und öffnete den Hauseingang, als er und Sakura schon grob beiseitegeschoben wurden. Es war Ayumi, die Dienerin Madaras, die außer Atmen die Treppe hinauflief und gradewegs in die Wohnstube ging. Sakura und Itachi folgten ihr und wollten sich ebenfalls in den Wohnbereich begeben, doch Ayumi drehte sich um und schaute sie streng an. "Ihr werdet auf eure Zimmer gehen", herrschte sie und verschwand dann aus dem Blickfeld. Itachi schnaubte entrüstet. Er war kein Mann, der Befehle von anderen annahm. Dennoch drehte er sich um und ging. Sakura tat es ihm gleich. Sie stellte keine Fragen. Weder laut, noch sich selbst. Sie legte sich hin, merkte wie sie immer schwerer wurde und schloss die Augen. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Auch wenn das Mädchen es sich nicht eingestehen wollte, Sasuke hatte recht. Auch sie meinte es zu spüren. Irgendetwas würde in den nächsten Tagen passieren. Unruhig drehte sie sich auf ihrer Decke, ehe sie ein Alptraum mit seinen dunklen Klauen umschloss … Gleißendes Licht umfing Sakura. Gemurmel drang von allen Seiten zu ihr vor. Über ihr waren der blaue Himmel und eine große gelbe Sonne. Unter ihr ein staubiger brauner Boden. Das Bild verschärfte sich weiter. Wo befand sie sich? Es sah aus wie eine Art Amphitheater. Hohe Zuschauerränge die voll besetzt waren, drängten sich um das Mädchen. Alle flüsterten mit hervor gehaltener Hand. Es waren viele Augenpaare, die sie anschauten. Unzählig viele. Plötzlich verstummte alles – und Madara Uchiha, der Fürst – stand ihr gegenüber. Er war lautlos aus dem Nichts gekommen. Sein schwarzes langes Haar spielte um seinen Kopf herum und das, obwohl es windstill war. Ein Pfeifen, Jubeln und Klatschen brach von den Zuschauern hervor und Madara lächelte. Er hob die Hand, genoss das Gefühl des Ruhmes kurz und bedeutete der Menge dann ruhig zu sein. 'Heute haben wir uns hier versammelt', begann er und drehte sich einmal um die eigene Achse, 'um ein ganz besonderes Schauspiel anschauen zu dürfen. Ihr alle seht dieses Mädchen.' Ein Buhen schallte durch die Luft. 'Ihr alle könnt dieses Mädchen sehen. Abschaum und von der Straße obendrein! Wir alle wissen, was mit einem solchen Ding passiert, nicht wahr? Ihr wisst es und ich weiß es. Nur sie weiß es nicht.' Die Menge pfiff und johlte. Das starke Gefühl der Schadenfreue und Erregung traf Sakura wie ein Schlag in die Magengrube. 'Ein schönes Vergnügen wünsche ich euch. Genießt es, denn sie ist jemand ganz besonderes und sie hat diese Strafe nur zu Recht verdient. Meine lieben adeligen Mitbürger …' Er reckte die Hand in die Luft und ein so lautes Fürst Madara erklang, dass sich Sakura am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Doch es ging nicht. Sie konnte weder Arme, Beine oder Kopf bewegen. Es war wie eine Lähmung, nein, es war eine Lähmung. Genauso wie der Fürst erschienen war, verschwand er wieder und stand nach einem Bruchteil eines Augenschlags später auf einem großen Podium, das seinen Ehrensitz darstellte. Hochnäsig blickte er auf sie herab und lächelte spöttisch. Aus Angst wurde Wut. Aus Wut wurde Hass. Der Fürst hatte sie einfach aus ihrem Leben gerissen, so wie man einen Stück Faden aus seiner Kleidung zog. Mit zornig funkelnden Augen schaute sie zu ihm herauf. Und Madaras funkelten zurück. Fast schon belustigt. Und wieder lag dieser rötliche Schimmer darin. 'Lasst das Fest beginnen! Seht es auch an!' Ein letztes Mal schallte seine Stimme über das große Feld, dann zogen schwarze Wolken über den einst so strahlenden Himmel und eine nebelhafte Gestalt fiel herab. Lange, dampfende Arme strichen an Sakuras Haut entlang und eine eisige Kälte umfing sie. Die schleierhafte Gestalt legte sich um sie, verdunkelte ihre Sicht und raubte ihr das Durchhaltevermögen, von dem sie geprägt war. Noch immer konnte sie sich nicht bewegen, lediglich ihre Augen huschten von einer Seite zur anderen. Diese Gestalt, sie hatte keinen Körper. Es war vielleicht Nebel, aber … Es hatte eindeutig Augen. Große, fesselnde und seelenraubende, rote Augen. Blutrot, ausdrucklos und leer. Sakura schaffte es nicht, ihren Blick abzuwenden. Alles schien sich zu drehen und ihr wurde immer schummriger, als vereinzelte Bilder mit einer Geschwindigkeit durch ihren Kopf rasten, die nur ein Marathonläufer hätte erreichen können. Tote kleine Körper. Eine zerstörte Stadt. Ayumi, die an einem Galgen hing – direkt neben Mikoto und Fugaku Uchiha. Eine schemenhafte dunkle Gestalt, die sich über Sasukes leblosen Körper beugte und ein Messer an sein Ohr hielt. Itachi, der stramm vor einem Grab stand und in die Sonne schaute. Sakura schrie. Die Zuschauer lachten. Laut und voller Freude zeigten sie auf das Mädchen, das auf dem Boden lag. Der Schatten um sie herum schwand nicht. Fast liebevoll hielt er seine langen Klauen über ihren Kopf und packte sie. Schmerzen durchzogen ihren Körper und die Kälte sickerte durch ihre Haut und kroch immer weiter in ihre Knochen. Lange würde sie nicht mehr durchhalten können. Warum erlöste sie niemand? Sie wollte nicht, dass die Hand noch einmal zupackte und ihr das Leben stahl … Kapitel vier ------------ Beobachtungen Schweißgebadet erwachte Sakura aus ihrem Alptraum. Sie glaubte die dunklen Schatten noch immer auf sich zu spüren. Die schreckliche Vorstellung, die Familie bei der sie lebte tot zu sehen, zerrte ungeheuerlich stark an ihren Nerven. Als der Fürst sie hatte zu sich holen lassen, dachte sie wirklich, dass sie nun sterben würde. Diese Familie war möglicherweise der einzige Faden, der sie noch mit ihrem Leben verband. Warum sonst sollte Madara sie gefangen nehmen und unversehrt weiterschicken? Sie musste etwas besitzen, das er zu seinem Eigentum machen wollte. Zwar mochte sie weder lesen noch schreiben können, aber dumm war sie gewiss nicht. Viele der Gesetzte, die auf der Straße gegolten haben, taten es im Fürstenreich auch. Nur auf eine sehr viel kompliziertere Art und Weise. Sakura richtete sich auf und blickte aus ihrem Fenster. Lediglich die Laterne vor dem Haus spendete etwas Licht, ansonsten war es finster auf den Straßen. Sie sollte es sich verbieten, nach dem Grund ihrer Gefangennahme zu suchen und sich lieber auf eine mögliche Flucht konzentrieren. Auch wenn Itachi ihr versichert hatte, nach ihrer Herkunft zu forschen. Eine dunkle Gestalt, die sich an der Laterne vorbeischlich, erlangte Sakuras Aufmerksamkeit. Kurz stand die Person regungslos da, dann verschwand sie ohne einen Laut zu machen in den Tiefen der Nacht. Sie war sich sicher, dass es sich dabei um Sasuke handeln musste. Niemand sonst hätte den Weg von dieser Seite des Hauses nutzen können. Zudem war er es, der sich auch letzte Nacht davongestohlen hatte. Kurz überlegte Sakura, ob sie es tatsächlich wagen sollte, ehe sie das Fenster öffnete, auf den Sims emporstieg und die Hauswand hinabkletterte. Schon jetzt bemerkte sie, dass sie ungelenkiger als zu früheren Zeiten war. Hier bekam sie verhältnismäßig viel zum Essen und bewegte sich sehr wenig. Wenn sie erfolgreich flüchten wollte, musste sie deutlich mehr auf ihre Fitness achten. Als sie den festen Boden unter ihren Füßen spürte, ging sie in die Richtung, in die die Person, die ihres Erachtens nach Sasuke war, auch gelaufen ist. Sie hoffte, ihn in der Dunkelheit ausfindig zu machen und mit ihm Schritt halten zu können. Andernfalls musste sie wieder umkehren. Dies stellte für Sakura allerdings kein Problem dar. Sie verließ sich auf ihre Fähigkeit, den hingelegten Weg wiederzufinden. Beeilte sie sich jetzt, könnte sie mit etwas Glück noch die Fußschritte der Person, hoffentlich Sasuke, hören. Wobei er gewiss darauf achtete, so wenige Geräusche von sich zu geben, wie nur möglich. Sakura schätzte den Jüngsten der Familie Uchiha als sehr gerissen ein, schlau und mit mehr Informationen, als so manch einer besaß. Ihre nackten Füße berührten immer wieder den kalten Boden und ihr schauderte es kurz. Der Temperaturfall war unglaublich, da ihr Zimmer von dem großen Ofen in der Wohnstube gewärmt wurde. Rasch lief sie an den Hauswänden vorbei, auf der Suche nach Sasuke. Er sollte sie möglichst nicht zu Gesicht bekommen, denn wer wusste schon, was er dann mit Sakura anstellte. Schließlich wurde ihr klar verdeutlicht, dass sie sich aus seinen Angelegenheiten hinauszuhalten hatte. Grade, als sie an einer Seitenstraße vorbeihuschen wollte, vernahm sie die dunkle Gestalt in dieser. Nun war sie sich auch sicher, dass es sich dabei um Sasuke handeln musste. Was mochte sein Ziel sein? So vorsichtig wie sie konnte, schlich Sakura an den Backsteinen entlang und drückte sich so gut es ging gegen diese, sobald Sasuke stehen blieb, um sich verstohlen umzuschauen. Ein Mal war sie der Meinung, dass sie aufgeflogen war, hatte sich aber getäuscht. Es musst einem Wunder gleichen, dass er nicht das schnell schlagende Herz in ihrer Brust zu hören bekam. Ob er so verbissen war und mitten in der Nacht seine Fähigkeiten trainierte? Natürlich hatte Itachi ihr von den Kampfkünsten seines Bruders erzählt. Stolz hatte in seiner Stimme mitgeschwungen, aber auch Besorgnis. Kein anderer wusste besser, dass Sasuke weit über seine Grenzen ging, um seine eigens gesetzten, scheinbar unerreichbaren, Ziele zu erreichen. Sakura fragte sich, wie er kämpfte und mit welchen Mitteln. Mit Schwertern, oder gar mit seinen bloßen Fäusten? Sie hatte Itachi nicht danach gefragt, da es ihr als sicherer erschien, so wenig über Sasuke Uchiha zu wissen, wie möglich war. Ein Grund, der ihre Aktion absurd wirken ließ. Niemand schlich sich nachts heimlich weg – es sei denn, man besaß ein Geheimnis. Und diesem jagte Sakura nun hinterher. Dabei war es sonst immer sie gewesen, die verfolgt wurde. Es kam Sakura beinahe wie eine unendliche Reise vor. Es dauerte lange, bis Sasuke an seinem Ziel angekommen schien. Es war ein großes, eindrucksvolles Haus mit ausladendem Balkon, der erleuchtet war. Eine schattenhafte Gestalt verriet, dass dort jemand stand und anscheinend auf Sasuke wartete. "Du bist tatsächlich noch zu mir gekommen", flüsterte eine leise Stimme durch die Nacht, sodass Sasuke den Kopf in den Nacken legte und zu ihr schaute. "Natürlich. Ein Uchiha hält seine Versprechen, aber dies müsste dir bewusst sein." "Selbstverständlich", erwiderte die Stimme, "Ich sagte ja auch nichts dergleichen. Selbst gestern kamst du noch zu mir, trotz deiner Verletzungen." Sasuke schnaubte einmal entrüstet. "Macht es dir etwas aus, wenn ich nun hinaufkomme?" Ohne auf eine Antwort zu warten, packte er die starken Äste einer Schlingpflanze, die an dem Haus wuchs, und kletterte mit deren Hilfe bis zu dem Balkon. "Darauf warte ich schon die gesamte Nacht." Als sich Sakura sicher war, nicht mehr entdeckt werden zu können, schlich sie näher an das Haus und betrachtete die Person, die auf Sasuke gewartet hatte. Es war eine Frau, nur mit einem feinen Bettlaken bekleidet, einem seltsamen Gestell auf der Nase und lange Haare, die die Farbe eines reifen Apfels besaßen. In dem schwachen Licht schien sie hübsch zu sein. "Karin", war das einzige, was Sasuke zu sagen vermochte, als er sich neben sie stellte und kurz betrachtete. Dann wanderte sein Blick in den Himmel. Die Frau indes schlang ihre schlanken Arme um seinen Nacken und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. Sakura konnte sehen, dass er diesen Kuss nicht erwiderte. Das tat er also, wenn er sich des Nachts davonstahl? Sasukes Hand wanderte unter das Bettlaken, was die junge Frau zum Kichern veranlasste. Sie zupfte an Sasukes Kragen und sah ihn erwartungsvoll an – solange, bis er ihr das Laken vom Leib riss und sie rückwärts in das Innere des Hauses drängte. Sakura biss sich auf die Unterlippe. Sie war Sasuke den ganzen Weg gefolgt, nur um festzustellen, dass er sich mit einer Frau vergnügte? Aber warum tat er dies im Heimlichen? Sakura war sich sicher, dass sie ihn in jeder Nacht vor ein paar Tagen nicht hätte verfolgen dürfen. Seit sie wusste, was der jüngste Uchiha tat, war ihr sehr unwohl zumute. Ihr Tagesablauf war trist und eintönig geworden, trotz aller Bemühungen der Familie. Morgens stand sie auf, aß etwas und wurde dann zum Lernen mit Itachi genötigt. Sie war nicht dumm, im Gegenteil, aber das Wissen, was man ihr einzutrichtern versuchte, erschien ihr als unnütz. Anschließend half sie jeden Nachmittag Mikoto Uchiha im Haushalt, da Itachi und sein Bruder Trainingskämpfe austrugen. Nach dem Abendessen verabschiedete Sakura sich, um sich hinzulegen. Sie täuschte vor zu schlafen, doch stattdessen blieb sie wach und dachte nach – so lange, bis sie wieder Sasuke sah, der noch zwei weitere Male in der Nacht verschwand. Sakura hatte sich nie getraut, ihm noch ein weiteres Mal zu folgen. Es war, als ob ihr Leben innerhalb dieser kurzen Zeit an ihr vorbeizog. Auf den Straßen der Stadt glich kein Tag dem anderen, doch hier war sie in einem Käfig gefangen. Sie war sich sicher, dass ihr Versuch zu flüchten, nicht viel mit sich gebracht hätte. Die engere Gefolgschaft Madaras war von einer großen Mauer mit Wachposten umgeben, Sakuras Entkommen wäre sofort aufgefallen. Mikoto, der Sakuras Trägheit nicht entgangen war, versuchte so einiges, um sie aufzuheitern und so sehr Sakura sich auch bemühte, eine Besserung vorzutäuschen, Mikoto glaubte ihr nicht. Sie bemerkte, dass es ihr weiterhin nicht gut ging. Und sie wusste auch, dass Sakura niemand war, den man einsperren konnte. Sie wusste nicht, was dieses Mädchen erwartete, sodass sie in größter Sorge war. Sie kannte Madara nur zu gut. Sakuras Leid hielt so lange an, bis es nach einigen weiteren Tagen laut an der Haustür klopfte. Fugaku Uchiha war es gewiss nicht, da er zur frühen Mittagszeit noch immer seine Arbeit zu erledigen hatte. Itachi, der sich, wie auch seine Mutter, sein Bruder und Sakura, in der Wohnstube befunden hatte, stand auf um die Tür zu öffnen. Es dauerte etwas, bis er den unteren Flur erreicht hatte. Doch die Ruhe, die bei den drei oben gebliebenen vorlag, war nichts im Vergleich zu der geisterhaften Stille, die mit einem Mal herrschte, sobald die Haustür geöffnet wurde. Mikoto, dessen Gesicht sehr blass wurde, stand ebenfalls auf, um nach ihrem Sohn zu schauen. Ihre Beine zitterten dabei so sehr, dass sie sich an den Möbelstücken festhalten musste. Sasuke sprang auf und stützte seine Mutter. "Uchiha Itachi?", dröhnte ihnen eine tiefe Stimme entgegen, die Sakura frösteln ließ. Ihr war dieser Klang gewiss nicht unbekannt. "In der Tat. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?" Itachis Stimme im ersten Moment ruhig, doch Sakura konnte einen Unterton wahrnehmen, den sie noch nie zuvor bei ihm bemerkt hatte. "Wo sind Uchiha Sasuke und die Göre, die der Fürst hat schicken lassen?" "Sakura. So lautet ihr Name", antwortete Itachi. Mikoto stürzte, als hätte sie auf ein Signal gewartet, aus dem Raum und lief die Treppe hinunter, um sich vor ihren ältesten Sohn zu stellen. Sasuke schaute Sakura mit einem eisigen Blick an, der ihr klar verdeutlichte, dass sie ihm folgen sollte. Sie bemerkte, wie schwer seine Schritte wurden und dass sein Körper schlagartig stark angespannt war. Ängstlich trat sie einer Gruppe an Soldaten gegenüber, die sich vor die Haustür drängten. Im Hintergrund konnte sie eine gefesselte Frau wahrnehmen, dessen rotes Haar im Sonnenlicht glänzte. Kurz stockte Sakura der Atem. Dies war die Frau, mit der Sasuke sich heimlich traf! "Wir sind im Auftrag des Fürstens hier", begann einer der Soldaten und grinste hämisch, "Er erwartet Uchiha Itachi, Uchiha Sasuke und Sakura unverzüglich in seiner Burg!" Kapitel fünf ------------ Flucht Es war die Angst, die Sakura durch die Knochen kroch. So schwarz und unheimlich erdrückend. Sie zitterte und kalter Schweiß war ihr auf die Stirn geschrieben. Der Frau neben ihr erging es anscheinend nicht besser. Sie hielt den Kopf gesenkt und ihr rotes Haar fiel ihr in das Gesicht, aber Sakura spürte es trotzdem. Die Soldaten hatten ihre Hände hinter dem Rücken angekettet und führten sie gradewegs zu der Burg des Fürsten. Sasuke der ebenfalls neben ihr ging, schaute stur geradeaus. Keiner der Soldaten traute sich, ihn noch ein weiteres Mal anzuschauen, nachdem er einen von den Männern trotz seiner verbundenen Hände verletzt hatte, als dieser handgreiflich wurde. Sakura hatte nicht mitbekommen wie, sie hatte lediglich gesehen, dass der jüngste Uchiha sehr fixiert auf den Rücken des Mannes war, der ihn führte. Dieser hatte dann plötzlich laut aufgeschrien, sich an die Brust gefasst und für kurze Zeit auf die Knie gesunken. Sie wollte gar nicht wissen, wie Sasuke dies geschafft hatte. Sie wusste nur, dass er danach eine peitschende Ohrfeige bekommen hatte. Einen roten Abdruck der Hand hatte er nun auf seiner Wange, aber das schien ihn nicht zu kümmern. Itachi hingegen besaß einen äußerlich ruhigen Eindruck, doch Sakura war sich sicher, dass er angestrengt nachdachte. Ob er die möglichen Gründe für ihre Festnahme abwog? Oder sorgte er sich um seine Mutter, welche ruppig angewiesen wurde, in ihrem Haus zu bleiben und ihnen nicht zu folgen. Madaras Soldaten waren mehr als nur grob geworden. "Eintreten", bellte die erschreckend laute Stimme Madaras durch den Thronsaal. Keinen Augenblick später öffneten sich ächzend die großen Flügeltüren und Sakura, Itachi, Sasuke und diese Frau, Karin, wurden von den Soldaten hineingeführt. An dem Gesichtsausdruck Madaras meinte Sakura ablesen zu können, dass er allein die Vorstellung von dem, was nun geschehen würde, genoss. Ihr schauderte es, wenn sie an seine noch unbekannten Beweggründe, die kleine Truppe zu sich holen zu lassen, dachte. Vor allem verwunderte sie es, was er für ein Anliegen mit Karin hatte. Ob er wusste, dass sie und Sasuke sich des Öfteren nachts trafen? Der Weg bis vor Madaras Thron wirkte unendlich – und als sie vor ihm stehenblieben, erschien der mit Gold überzogene und mit rotem Samt staffierte Stuhl noch größer, als er es bereits war. "Wie ich sehe, habt ihr unsere kleine rothaarige Hure ebenfalls aufgefunden. Wo war sie?", fragte er und stand auf. "Lag sie etwa gleich in Uchiha Sasukes Gemach?" Verwirrt blickte Itachi von seinem Bruder zu Karin, die rot anlief und beschämt zur Seite schaute. "Was hat das zu bedeuten?", fragte er, doch erhielt keine Antwort. Madara schritt auf Karin zu und hob vorsichtig ihr Kinn an, sodass sie gezwungen war, ihn anzublicken. "Was für eine Verschwendung", seufzte er, "wenn ich es mir recht überlege, werde ich dich sofort bei mir behalten. Mit den richtigen Diensten wirst du deiner gerechten Strafe entkommen können." Angewidert versuchte die junge Frau sich aus seinem Griff zu wenden, doch der Fürst war stärker. Ohne jegliches Schamgefühl musterte er sie eingehend. Sakura konnte sich noch gut daran erinnern, wie jener Blick sie vor einiger Zeit fixierte. Karin schien erleichtert, als er sich nach einer schier endlosen Zeit von ihr abwand, aber dafür Itachi und Sasuke betrachtete. Der Zorn spiegelte sich plötzlich in seinen Augen wieder und die Ohrspitzen des Fürsten liefen rot an. "Der missratene Abschnitt meiner Familie", höhnte er. "Wäre ich euer Vater, besäßet ihr beiden schon längst den höchsten Posten unter meinen Soldaten, aber Fugaku scheint bei eurer Ausbildung sehr schlampig zu sein. Was für eine Schande." Die beiden Brüder regten sich. Sakura war schnell die Tatsache aufgefallen, dass Itachi und Sasuke nur sehr schwer aus der Fassung zu bringen waren – es sei denn, ihre Familie wurde angegriffen und somit auch ihre Ehre. Familie … Unvorstellbar, dass Fugaku und Madara Uchiha mit einander verwand sein sollten. "Tritt vor, Mädchen. Karin", knurrte der Fürst und die junge Frau wurde unsanft von seinen Soldaten einige Schritte vorwärts geschubst. Eingeschüchtert stand sie vor ihm, den Blick starr zu Boden gerichtet. Es gab nicht viele, die sich trauten Madara direkt und ohne Aufforderung in die Augen zu schauen. Es zu tun, glich einer Sünde, die bestraft werden konnte, sollte der Fürst die Lust dazu verspüren. "Sasuke", meinte er bedrohlich ruhig, doch der Angesprochene offenbarte keinerlei Reaktion. Dem Fürsten schien dies zu missfallen, da er ärgerlich die Augen zusammenkniff. "Diese Frau ist dir nicht unbekannt, habe ich Recht?" Grob zerrte er Karin an seine Seite und zwang sie, sich umzudrehen. Die Furcht, die sie ausstrahlte war noch größer als die Sakuras, das wusste sie. Es war der Ausdruck ihres Gesichts, der die junge Frau verriet. "Antworte mir", zischte der Fürst, doch Sasuke regte sich noch immer nicht. Teilnahmslos fixierte er einen Punkt, der weit in der Ferne zu liegen schien. Sakura bewunderte ihn für seine äußerliche Ruhe und die Fähigkeit, diese so schnell aufzusetzen. Auf dem Weg zu der Burg hatte sein Wesen noch anders ausgesehen, wild und jederzeit dazu bereit anzugreifen, doch jetzt sah er aus wie eine lebende Hülle ohne Geist. "Uchiha Sasuke!", donnerte die Stimme des Fürsten durch den Raum, die jedoch nur Sakura, Karin und einige Mädchen zusammenzucken ließen, die zu seiner Rechten an dem Ende des Saales saßen und das Vergnügen hatten, mit Madara zu speisen. "Ist sie dir bekannt, oder nicht?", keifte der Fürst und schüttelte Karin dabei unsanft durch. Trotz fehlender Sympathie, tat ihr Sakura leid. Sie hatte nicht das Verlangen danach zu wissen, wie sie sich momentan in ihrer Haut fühlte. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie Sasuke kurz blinzelte, doch diese Geste allein genügte, um den Fürsten gehässig grinsen zu lassen. "Also habe ich recht", schnurrte er Karin in das Ohr. "Ihr kennt euch." Er stellte sich vor Sasuke und schob die junge Frau dabei mit sich. "Man erzählt sich", begann er, "dass ihr ab und zu, Nacht für Nacht, immer mal wieder … ein paar vergnügte Stündchen miteinander verbringt." Aufgeregtes Tuscheln erfüllte den Raum. Sakura hatte schon öfter beobachten können, wie sich vor allem Mädchen ihre Mäuler über die neusten, verbotenen Ereignisse zerrissen. "Euch ist bewusst, was dies bedeutet?" Madara zwang Karin auf die Knie und strich ihr einmal durch das Haar. "Eine große Feier, viele Gäste, ein Festmahl, Kirchenglocken, ein junges Brautpaar", der Fürst lachte spöttisch, "das den Bund für das Leben eingeht." Karin schaute flehentlich zu Sasuke. Ihre Arme und Beine zitterten vor Angst wie Espenlaub. Der Fürst beobachtete dies mit Genugtuung. In seinem Gesicht spiegelte sich die Selbstgefälligkeit wieder, die er dabei empfand. "Doch leider muss ich auch mitteilen, dass ich euch eine Hochzeit verbiete!" Triumphierend lächelte er Sasuke an, der sich noch immer nicht für das Geschehen zu interessieren schien. "Hast du etwas dazu zu sagen?", fragte Madara weiter und legte eine Hand auf die Schulter Karins. "Es gibt nichts, was ich zu sagen hätte. An Eurer Entscheidung liegt mir nichts, da ich nicht die Absicht habe, mich zu binden. Damit legt Ihr mir keinen Stein in den Weg." Leichter Spott klang in Sasukes Stimme mit, als er zum ersten Mal, seit sie in die Burg gebracht wurden, etwas sagte. Für einen kurzen Augenblick schien Madara verwirrt, dann drückte er ärgerlich in die Schulter von Karin, die zusammenzuckte und sich auf die Lippe biss. "Was willst du mir damit sagen? Ich habe dir soeben verboten, deine hübsche Gefährtin zu heiraten." "Sie ist nicht meine Gefährtin." "Dann triffst du dich also aus reinem Vergnügen mit unserem Täubchen?", höhnte der Fürst und strich Karin ein weiteres Mal über den Kopf. "Wie unanständig. Solch eine Tat hätte ich mir nie von dir erträumen lassen." Angespannt hielt Sakura die Luft an. Was würde der Fürst als nächstes tun – und warum bezeichnete er Taten, die er selber unternahm, als unanständig? "Woher wollt Ihr wissen, dass dies der Wahrheit entspricht? Zeigt mir jemanden, der diesen lächerlichen Vorwurf bestätigen kann." Herausfordernd schaute Sasuke den Fürsten an, der erzürnt die Augen zusammenkniff. Sein Blick schweifte durch den Raum und blieb schließlich kurz an Sakura hängen, die erblasste. Wusste er, dass sie Sasuke gefolgt war und gesehen hatte, wie er sich mit Karin vergnügte? Es musste ihr gelingen Haltung zu bewahren, wenn sie nicht auffliegen wollte. Eine kleine Ewigkeit verstrich, zumindest dachte sie es so, bevor Madara sich von ihr abwand. Sakura unterdrückte das Bedürfnis, erleichtert auszuatmen. "Wenn dir wirklich nichts an diesem Mädchen liegt", sagte Madara und schob seinen Mantel zur Seite und holte ein großes Schwert hervor, "dann wirst du sicher mit ansehen können, wenn sie verletzt wird." Langsam, beinahe andächtig hielt Madara die Klinge an den Hals der jungen Frau und strich gemächlich an diesem entlang. Augenblicklich flossen einige Tropfen Blut auf Karins Kleid, die zitternd und mit einem flehenden Ausdruck im Gesicht zu Sasuke schaute, der sie nur stumm beobachtete. Auch Sakuras Körper begann zu beben. Sie hatte eigens mitbekommen, wie grausam der Fürst sein konnte und sie hoffte, nein sie flehte, dass er nicht vorgesehen hatte, Karin vor ihren Augen umzubringen. Madaras Arm zuckte einmal gefährlich, doch statt eine weitere Bewegung auszuführen sagte er: "Liegt dir wirklich nichts an ihr, kannst du sie sicherlich selber verletzten, nicht wahr Sasuke?" Kurz betrachtete er das Schwert, hielt es dann aber doch Sasuke entgegen. Vorsichtig und so unauffällig, wie es für sie möglich war, schob Sakura sich hinter Itachis Rücken. Wie gerne hätte sie sich an seinem Arm festgehalten, doch ihre Hände waren noch immer hinter ihrem Rücken verbunden – anders als die des jüngsten Uchihas. Sie war sich nicht sicher wie, doch Sasuke schien keine Probleme damit zu haben, sich aus den Handfesseln befreien zu können. Sakura vermutete, dass es bei seinem Bruder nicht anders war. "Ich habe einen besseren Vorschlag", sagte Madara, während er entschlossen das Schwert wieder zu sich zog, bevor sein Gegenüber es an sich nehmen konnte. "Ab morgen früh werde ich ein großes Fest auf dem Burgplatz feiern lassen. Meine Bürger kamen schon viel zu lange nicht mehr in den Genuss, eine Hinrichtung mit ansehen zu dürfen." Karin japste erschrocken nach Luft, Tränen tropften ihr Gesicht herunter. "Die Köche sollen sich sofort an die Arbeit machen und die Boten die freudige Nachricht überbringen!", befahl Madara zu einem kleinen Trupp seiner Soldaten, die sich augenblicklich ehrfürchtig auf den Weg machten. "Oh!", sagte er genießerisch und schloss seine Augen. "Ich sehe schon die vielen Spielmannsleute vor mir, die von der dramatischen Geschichte eines Mannes singen, der seine geliebte Frau umbringen musste. Was für ein tragisches Stück." Madara zerrte Karin auf die Beine und hielt sie grob an ihrem Arm fest. "Dich werde ich hier behalten", raunte er ihr zu. "Und euch überlasse ich natürlich mein prunkvollstes Zimmer. Schließlich müsst ihr für unser großes Fest morgen ausgeruht sein", höhnte der Fürst an Sasuke, Itachi und Sakura gewandt, dann gab er seinen Soldaten mit einem Handzeichen zu verstehen, seine Besucher wieder abzuführen. Voller Unbehagen blicke Sakura in das ihr mittlerweile Vertraute Gesicht von Ayumi, der Bediensteten Madaras. "Beeilt euch", bedeutete sie und winkte in Richtung Tür. Die Soldaten hatten die kleine Gruppe, wie der Fürst es gesagt hatte, in ein sehr prunkvolles Zimmer gesperrt, in dem sie auf den Morgen warten sollten. Sakura wusste nicht, ob es Zufall oder Absicht war, dass grade Ayumi sich um sie kümmern musste – oder sie gar aus eigenen Stücken zu dem Zimmer gegangen war, um helfen zu können. "Ich hoffe Ihnen ist klar, dass es keine Möglichkeit gibt, aus dieser Burg zu entkommen. Wir sind von Soldaten umzingelt." Itachi schob den Stuhl beiseite, auf dem er gesessen hatte und schaute die Bedienstete eindringlich an, die lediglich den Kopf schüttelte. "Vertraut mir bitte. Ich möchte nur das Beste für euch, vor allem für Sakura. Ich kenne einen Weg, durch den ihr ungesehen fliehen könnt. Der Fürst ist momentan nicht gut anzusprechen und plant die widerlichsten Vorgehensweisen, um euch auf dem Fest morgen bloßzustellen." "Wieso hat er uns hierher holen lassen?", fragte Sakura vorsichtig und stand ebenfalls auf. Eine innere Stimme riet ihr, Ayumi zu trauen und zu folgen, damit sie in Sicherheit kamen. Sie schaute zu Itachi, der ihr zunickte, und Sasuke, der ausdruckslos auf den Flur starrte. Schließlich war es jedoch er gewesen, der beschloss der Dienerin zu vertrauen und mit ihrer Hilfe zu fliehen. "Beeilt euch!", zischte Ayumi ihnen zu und führte sie durch den großen Flur entlang, bis zu einem schmalen Seitenflur, an dessen Ende sich eine ebenso kleine Treppe befand. "Warum werden wir nicht bewacht?", fragte Itachi, ehe er hinter Sasuke und Sakura hinabstieg. "Die Soldaten sind hirnrissige Nichtsnutze", schimpfte Ayumi leise, ehe sie sich noch einmal über die Schulter umsah und dann der kleinen Gruppe folgte. "Ich habe ihnen lediglich sagen müssen, dass der Fürst sie rufen ließe. Sind gesprungen wie junge Hunde, dieses lausige Pack." Der Gang wurde immer dunkler und Sakura war froh, dass es nicht sie war, die vorweglaufen musste. Dennoch war sie sich sicher, dass die Dienerin wusste, was sie tat – auch wenn es sehr leichtsinnig von ihr war, da sie sich selber einer großen Gefahr aussetzte. Ayumi dirigierte sie durch den reinsten Irrgarten, sodass Sakura schnell aufgegeben hatte, sich den Weg einzuprägen. Die Frau ging die verstecktesten Winkel so selbstverständlich entlang, als ob sie eigens bei dem Bau der Burg dabei gewesen sei. Es dauerte, doch schließlich blieb Ayumi in einem kleinen Raum hinter der großen Küche stehen und blickte der kleinen Gruppe mit verstecktem Stolz an. Sakura war sich sicher, dass sie sich selbst für ihre Tat lobte. Niemand konnte von sich behaupten, drei Gefangene unbemerkt durch ein großes Haus führen zu können, ohne dass es zu größeren Zwischenfällen kam. "Es tut mir leid, euch durch die ganze Burg führen zu müssen, doch der einzige freie Ausgang ist dieser hier." Sie stieß die Tür auf und deutete auf einen kleinen Platz, an dem ein großer Garten grenzte. Zudem war es bereits tiefste Nacht, sodass Sakura sich fragte, wie lange man sie hatte einsperren lassen. "Geht hier hinaus, dann seid ihr im Garten des Fürsten. Normalerweise patroulieren hier keine Soldaten, da Madara der Meinung ist, dass sie seine Pflanzen für einen Fußabtreter halten. Ich rate trotzdem zur Vorsicht." "An welchem Ort werden wir ankommen, sollten wir diesen Garten durchqueren?", fragte Itachi. "Das wird ganz an euch liegen. Solltet ihr es bis zu dem Ende des Gartens schaffen, steht ihr auf offenem Land. Andernfalls seid ihr wieder in der Stadt. So gesehen umrahmt der Garten einen großen Teil dieses Gebiets." Ohne ein dankbares Wort zu verlieren, ging Sasuke durch die Tür und verschwand wenige Augenblicke später in der Dunkelheit. Sein Bruder schüttelte den Kopf auf Grund seiner Manieren. "Vielen Danke für Ihre Hilfe", sagte er und wollte Ayumi seine Hand reichen, doch sie ignorierte diese. "Beeilt euch jetzt. Und passt auf euch auf", sagte sie und schaute Sakura mit einem Blick an, den sie nicht deuten konnte. Dann schob sie die beiden energisch aus der Tür hinaus und schloss sie wieder. Der Garten des Fürsten hätte für Sakura eine wahre Schönheit darstellen können, wüsste sie nicht, wem er gehörte. Einerseits reizte sie es, stehen zu bleiben und an den erstaunlichsten Blumen zu riechen, andererseits hatte sie das Gefühl, dass eben diese Pflanzen sie mit Argusaugen beobachteten. Sie fragte sich, wie der Garten bei Tageslicht aussehen mochte. Wie Ayumi gesagt hatte, hatten sie das Glück, keinem Soldaten begegnet zu sein, trotzdem waren sie mit größter Obacht bis hin zu der großen Mauer geschlichen. "Meint ihr, wir sind weit genug gegangen, um auf dem Land zu sein, wenn wir dieser Mauer überwinden?", fragte Sakura und versuchte mit dem Fuß sicheren Halt in den Ziegelsteinen zu finden, doch Itachi hielt sie zurück, in dem er ihr eine Hand auf die Schulter legte. "Ich möchte nach Mutter schauen. Wir müssen also nach Hause. Ich will sichergehen, dass sie sich keine Sorgen um uns machen wird, wenn wir fliehen. Unser Fehlen wird sicher nicht lange unbemerkt bleiben." Sakura nickte, schaute zu Boden und lief weiter. Wie gerne sie nun schon längst wieder außerhalb dieses riesigen Käfigs wäre. Dennoch folgte sie Itachi und Sasuke, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. "Ich denke, hier sind wir richtig", flüsterte Sasuke und begann ohne Probleme die Mauer hinaufzuklettern. Sein Landen auf der anderen Seite war nicht zu hören. Sakura schaute an ihrem Kleid hinunter. Es war leicht schlammig geworden. Sie biss sich auf die Lippe. Seit wann interessierte es sie, wie sie aussah und ob sie sich schmutzig machte? "Ich kann dir gerne …", begann Itachi, doch Sakura hatte bereits ihre Schuhe mit dem kleinen Absatz ausgezogen und über die Mauer geworfen. Dann raffte sie ihr Kleid und suchte festen Halt in der Mauer, um sich über diese zu ziehen. Wieder einmal bemerkte sie, dass sie an Gewicht zugelegt hatte, da sie der festen Überzeugung war, dass sie vor noch gar nicht so langer Zeit keine Probleme damit hatte, ihren eigenen Körper für eine längere Zeit zu halten und ziehen. Es kostete Kraft, doch schließlich schaffte sie es auf die Krone und ließ sich mit einem leider sehr uneleganten Satz neben Sasuke fallen, der sie verärgert ansah und einen ihrer Schuhe in der Hand hielt. Es war ihr peinlich, es einzugestehen, doch sie war froh, dass sie heile geblieben waren. "Es wäre angebracht, mir das nächste Mal keinen Schuh auf den Kopf zu werfen", knurrte Sasuke und drückte ihn Sakura in die Hand, als sein Bruder ebenfalls neben ihnen landete. Kurz schaute er verwirrt zwischen den beiden hin und her, verkniff sich aber einen Kommentar. Als Sakura sich umschaute erkannte sie, dass sie sich tatsächlich wieder in der Stadt befanden, wenn auch am äußersten Rand. Ihr Herz wurde ein Stück schwerer. Als sie sich ihre Schuhe wieder anzog und dabei auf einen spitzen Stein trat, zögerte sie allerdings etwas. War es wirklich ihr altes Leben, welches sie weiterführen wollte? Tagtäglich neben einer stinkenden Müllhalde aufwachen und die Essensreste anderer Menschen essen? Kein frisches Wasser haben? Wie ein Sturm zogen die Bilder an Sakuras innerem Auge vorbei. Wie einfach es doch war, Menschen innerhalb kürzester Zeit umzupolen. Trotzdem – in Gefangenschaft wollte sie ebenfalls nicht leben, auch wenn es ihr an den grundregelnden Lebensbedürfnissen hier nicht fehlte. Sie konnte spüren, wie angespannt Sasukes Körper war, der immer wieder zitterte. Zusätzlich entwich ihm bei jeder wahrgenommenen Bewegung ein Knurren. Sakura machte dies schier verrückt. Ihr eigenes Herz klopfte bis in das Unermessliche und sein Verhalten wirkte dazu bei, dass sie nur noch nervöser wurde. Wie gerne wäre sie einfach umgedreht und hätte sich einen sicheren Ort gesucht, an dem sie sich verstecken konnte. Nur, dass es keinen Weg zurück und keinen Platz, an dem sie unbemerkt geblieben wäre. Die Straße in der die Uchihas lebten, hatte seltsam verlassen dagelegen, als sie zu dritt in der Nähe des Hauses zum Stehen kamen. Es hatte nicht lange gedauert, ehe Itachi Sakura und seinen Bruder in eine Nische zwischen zwei Wänden gedrängt und ihnen befohlen hatte, dort zu warten. Dann war er in sein Haus gerannt und hatte nichts übriggelassen, außer dieser bedrückenden Aura. Sakura hatte den schlimmen Verdacht, dass diese von Sasuke ausging. "Sobald Itachi wiederkommt, wirst du auf alles vorbereitet sein müssen", herrschte Sasuke und schielte abermals um die Ecke hinüber zu seinem Haus. Sakura war verwirrt und verstand die momentane Situation nicht. Warum war Itachi so plötzlich losgerannt? Diese ganze Atmosphäre machte ihr schreckliche Angst. "Was geschieht hier?", wisperte sie und versuchte ebenfalls aus der Nische hervorzuschauen, doch Sasuke hielt sie so unerwartet zurück, dass sie vor Schreck kurz aufschrie. Ein weiteres Mal schrie sie auf, als Sasuke sie plötzlich am Handgelenk packte und sie mit sich zerrte. "Lauf!", rief er, während Sakura versuchte, ihr Gleichgewicht zu finden und dem immer schneller werdenden jungen Mann hinterher stolperte. Sie wollte sie umdrehen und nach der Ursache schauen, doch etwas in ihr sagte, es nicht zu tun. Laute, aufgeregte Männerstimmen waren zu hören, sowie rasch näher kommende Schritte. Sasuke riss abermals an ihrem Handgelenk. "Lasst sie nicht entkommen!", brüllte ein Mann, sodass ihr ein kalter Schauer den Rücken hinunterlief. "Was ist mit Itachi?", rief Sakura Sasuke zu, der keine Anzeichen von Erschöpfung zeigte. "Er ist hinter uns!", antwortete Sasuke. "Er wird schon wissen, was er tut. Renn weiter, wir müssen verschwinden!" Das war es, was Sakura seit all den Tagen wollte, doch hatte sie sich beim besten Willen keine Verfolgungsjagt vorstellen können. Sasuke zerrte sie durch etliche Straßen, bis die langen Häuserreihen abrupt aufhörten. Hinter einer kleinen Wiese befanden sich die Mauer, die die Stadt umgab sowie ein Tor mit Wachposten. "Wir können das Tor nicht passieren", japste Sakura. Ihre Beine schmerzten. "Dort befinden sich Soldaten!" Panik strömte in rasender Geschwindigkeit durch ihren Körper und sie musste sich dazu zwingen, nicht stehenzubleiben. Sasuke allerdings ließ sich nicht ablenken. Zielstrebig rannte er weiter und ignorierte den Schmerzenzschrei, der hinter ihnen ertönte. Sakura allerdings schaute über ihre Schulter zurück – und blickte einer Ansammlung von Menschen entgegen, die ihnen folgte. Es waren eindeutig Soldaten, die mit gezückten Waffen versuchten, sie aufzuholen. Doch dies interessierte sie im Moment weniger. Lediglich ein paar Längen hinter ihnen befand sich Itachi. Seine Augen leuchteten in einem gefährlichen Rot zu ihr herüber. Kurz schien sie wie gefesselt, doch dann ging ein befreiender Ruck durch ihren Körper und sie konnte sich von diesem Blick lösen. Doch als sie wieder nach vorn schaute bemerkte sie, dass sie gradewegs in die Wache haltenden Soldaten hineingerannt waren. Sasuke verlangsamte das Tempo etwas und führte seine Hand zu seinem Mund – dann brannte es. Es war, als ob ein riesiger Feuerball aus seinem Mund explodierte, der auf die Soldaten zuraste und sie gradewegs verschluckte. Sakura konnte sie schreien hören. Zu viele Gedanken kreisten in ihrem Kopf herum. Was geschah hier? Zöge Sasuke sie nicht mit sich, wäre sie längst verloren. Sie passierten das Tor und befanden sich unmittelbar vor einem Wald, in den ein schmaler Weg führte, der sich gabelte. "Das Feuer" Sakura rang nach Atem, doch Sasuke zeigte keine Gnade. "Gib mir deinen Schuh, schnell", verlangte er. "Aber …", gab sie verwirrt von sich, tat aber dennoch, wie von ihr verlangt. Ohne zu zögern nahm Sasuke ihn und schmiss ihn an den Rand des einen Weges, eher er den anderen einschlug. Dann schlang er einen Arm um Sakura und beförderte sie mit ein paar Sätzen auf einen großen Baum und verharrte dort. Sein Atem ging schnell und ungleichmäßig. "Was geschieht hier?", fragte Sakura abermals und viel verängstigter. Sie hatte Seitenstiche und ihre Brust schmerzte ihr unangenehm. "Den anderen Weg", keuchte Sasuke, "wird Itachi nehmen. Siehst du die drei Soldaten hinter ihm? Er wird sie in die Irre führen." Erschrocken sah Sakura zu ihm. Als sie sich vorhin umgeschaut hatte, waren weitaus mehr als nur drei Soldaten hinter ihnen. "Was ist mit den anderen Männern?", fragte sie. "Sie sind tot", antwortete Sasuke emotionslos. Sakura stockte der Atem. Hatte Itachi sie …? "Und sie haben unsere Eltern verschleppt." Sasukes Hand um ihren Arm verkrampfte sich. Verwundert schaute Sakura zu ihm hinauf. Leuchtend rote Augen funkelten ihr entgegen. Kapitel sechs ------------- Irreal Sakura drohte zu fallen. Ihr Herz schlug wie verrückt gegen ihre Brust, es raubte ihr fast den Atem. Seit sie in die roten Augen Sasukes geschaut hatte, wuchs ihre Panik stätig. Sie hatte kein Überblick über das Geschehen mehr, verstand kein Wort von dem, was gesagt wurde. Wieder wollte sie sich einfach umdrehen und zurücklaufen, aber das war nicht mehr möglich. Die Geschehnisse würden nie mehr aus ihrem Kopf verschwinden, so etwas konnte nicht von dem einen Moment zu dem anderen vergessen werden. Und dann die Nachricht über das Verschwinden von Mikoto und Fugaku Uchiha. "Sasuke …", wimmerte Sakura leise. Die Angst, entdeckt zu werden, war stärker denn je, selbst wenn die Soldaten des Fürsten Itachi und nicht sie verfolgten. "Was geschiegt hier?" Sie wusste nicht, wie sie nun über Sasuke denken sollte. Auch er besaß diese bedrohlichen, roten Augen wie Madara. Einerseits hatte sie das Verlangen, vor ihm zu flüchten, andererseits sagte ihr eine innere Stimme, dass sie Sasuke vertrauen und sich keine Sorgen machen musste. Es schien, als zöge man sie an den Armen in zwei verschiedene Richtungen gleichzeitig. Der junge Uchiha atmete einmal geräuschvoll aus und verlagerte anschließend sein Gewicht. Es war sicher nicht sehr bequem, mit einer weiteren Person auf dem Arm auf dem Ast eines Baumes zu sitzen. Eine Weile lang schaute er sie lediglich an, ganz so, als müsse er überlegen, was und wie viel er ihr sagen sollte. Seine Augen leuchteten noch immer in dieser ungewöhnlichen Farbe, die Sakura schmerzhaft an frisches Blut erinnerte. Abermals seufzte Sasuke auf und schaute dann zu dem schmalen Pfad hinüber, auf dem vor wenigen Augenblicken Itachi, gefolgt von drei Soldaten, entlanggelaufen war und so seinem Bruder und Sakura einen kleinen Teil an Sicherheit gegen hatte. "So grotesk es auch klingen mag, Uchiha haben seit Generationen mehrere besondere Fähigkeiten, angefangen mit dem Augen. Jeder von uns ist von unterschiedlicher Stärke … Nur Madaras Kraft ist so enorm, dass viele Menschen aus Angst vor ihm das tun, was er ihnen befiehlt." Es schaute Sakura nicht an, während er redete, doch war es ihr möglich, seine Unruhe zu spüren, die er bis dato so sorgfältig verbergen konnte. "Auch Itachis Kraftpensum ist sehr groß, daher ist er es, der mir versucht alles beizubringen, was ich erlernen sollte." Unbehagen machte sich in Sakura breit. Was hatte dies alles zu bedeuten? Wollte Sasuke sagen, dass er und sein Bruder eine Art Zauberer waren? "Und dein Vater?", fragte sie zögerlich und hoffte, damit keinen verletzlichen Punkt in ihm zu treffen. "Er hat es nie geschafft seine Fähigkeiten weiter auszubauen", antwortete Sasuke kurz angebunden und schaute weg. Ob es ihm schwer fiel über seinen Vater zu sprechen? Sakura wusste nicht, wie sich ein Mensch fühlte, wenn die Personen, die er liebte, in Gefahr waren. Sie senkte ihr Haupt und hoffte, dass Sasuke verstand, dass es ihr Leid tat, denn irgendwo traf es auch ihr Herz. Zu wissen, dass Mikoto, dieser liebenswürdigen Frau, etwas geschehen könne, war nicht sehr angenehm. "Warum …?", fragte Sakura und bemerkte, dass ihre Augen zu brennen begonnen haben. Sollte sie tatsächlich weinen? "Wir haben keine Informationen über Madaras Vorhaben, doch war uns schon immer klar, dass er früher oder später einen von vielen Schachzügen täte. Er hasst Itachi und mich, doch gleichzeitig stiert er auf unsere Kräfte, die er für sich beanspruchen möchte, damit er", Sasukes Stimme erhielt einen eisigen Unterton, der nicht daran zweifeln ließ, wie stark er den Fürsten verabscheute, "alle Macht zu sich ziehen kann. Er widert mich an." Zögerlich ergriff Sakura seinen Arm und drückte diesen, da sie das Gefühl heimgesucht hatte, dass er momentan Unterstützung bräuchte. Hätte sie nicht mit eigenen Augen gesehen, was hier geschah, würde sie es für ein schlechtes Schauermärchen halten, welche die älteren Jungen, die auf der Straße lebten, immer so gerne erzählten, um die Jüngeren in Angst und Schrecken zu versetzen. "Wozu möchte er eure Kraft haben, wenn er selber", sie stockte, "so stark sein soll? Ich verstehe nicht richtig – und warum hat er mich holen lassen?" Murmelnd schloss sie für einen kurzen Moment die Augen und fragte sich, wie sie es schaffen konnte, nicht verrückt zu werden. So viele unbegreifliche und unwirkliche Dinge passierten um sie herum. Als sie wieder zu Sasuke schaute, hatten dessen Augen wieder ihr gewöhnliches Schwarz angenommen. "Dies zu wissen wäre ein guter Anfang", antwortete er. Auf welche ihrer Fragen wusste Sakura allerdings nicht. "Zudem meint Itachi, dass wir dich in Sicherheit bringen müssen und ich vertraue ihm und seinem Handeln. Madara muss in dir und uns etwas, seiner Meinung nach, Wertvolles entdeckt haben, was er für sich beanspruchen möchte." Es beunruhigte Sakura, Sasuke reden zu hören. Nicht nur, von was er sprach, sondern auch, dass er es tat, war ihr nicht ganz geheuer. Mit jedem neuen Wort prägte sich seine Stimme mehr und mehr in ihr Gedächtnis ein, sodass sie sich sicher war, Sasuke jederzeit wiedererkennen zu können. "Ich denke wir sollten weiter gehen. Sollten wir zu lange an einem Ort verweilen, werden die Soldaten leichtes Spiel haben, uns zu finden." Etwas ungeschickt löste Sasuke sich von ihr und sprang leichtfüßig von dem Ast hinab. Sakura allerdings wurde die Höhe erst jetzt bewusst, sodass sie sich abermals fragte, wie der junge Uchiha es geschafft hatte, sie beide auf den Baum zu befördern. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in ihrem Magen breit, als sie vorsichtig den Stamm hinunterkletterte und schließlich unsanft neben Sasuke landete. "Sollten wir diesem Weg folgen, werden wir ungefähr einen Tag Fußmarsch vor uns haben, ehe wir im nächsten Fürstenreich angelangen", sagte Sasuke und setzte sich ohne zu zögern in Bewegung. "Was ist mit Itachi?", fragte Sakura und musste sich beeilen, um mit ihm Schritt halten zu können. "Er wird schon zurechtkommen. Er ist einer der vernünftigsten Personen die ich kenne, er wird sicherlich nichts Unüberlegtes tun. Früher oder später werden wir wieder zu ihm stoßen." Sakura wusste nicht, ob sie ihm Glauben schenken sollte, sagte allerdings nichts. Sasuke hielt sie so abrupt zurück, dass sie beinahe stolperte. Im ersten Moment wusste sie nicht, wie ihr geschah. Ihre Beine schmerzten nach dem mehrstündigen Fußmarsch durch den Wald, da Sasuke nicht dazu bereit gewesen war, Rast zu machen. Grob wurde sie hinter seinen Rücken gezogen und Sasuke zischte ihr zu, dass sie ruhig sein solle. Sakura nickte lediglich und lugte über seine Schulter hervor. Unweit entfernt von ihnen lief eine Frau durch die Dunkelheit auf sie zu, ehe sie stehen blieb und die beiden musterte. "Ein Uchiha. Lasst mich einen Moment überlegen", sagte sie und strich sich durch das lange, zusammengebundene Haar. "Sasuke, habe ich Recht? Du scheinst jung zu sein und soweit ich informiert bin, gibt es nicht mehr sehr viele Nachfahren der Uchiha-Familie." "Woher …", begann Sasuke, wurde aber grob unterbrochen. "Und Sakura", flüsterte die unbekannte Frau beinahe ungläubig und trat einen Schritt auf sie zu um das Mädchen besser beobachten zu können. Der junge Uchiha allerdings versperrte ihr den Weg. "Wer sind Sie?", knurrte er. "Sie kennen mich?", fragte Sakura erstaunt und unterdrückte den Instinkt, von sich aus auf die Fremde zuzugehen. "Habe ich dir nicht gesagt, dass du leise sein sollst?", blaffte er sie an, sodass Sakura kurz zurückschreckte. "Bitte Sasuke", flehte sie. "Diese Frau scheint mich zu kennen und vielleicht ist sie ja in der Lage, etwas …" "Aber du kennst diese Frau nicht", fauchte Sasuke aufgebracht. "Was ist, wenn sie eine von Madaras Spitzeln wäre?" "Du wagst es mir zu unterstellen, ich gehöre zu einem dieser Widerlingen die wie ein lausiges Pack um euren verkümmerten Fürsten herumkriechen?", donnerte die Frau und schaute Sasuke erbost an, der sich davon allerdings wenig beeindrucken ließ und Haltung bewahrte. "Mikoto hat dir wahrlich nichts über mich berichtet. Ich bin die Heilerin dieses Waldes. Deine Mutter kam vor vielen Jahren mit deinem Bruder Itachi zu mir, da er schwer krank war. Ich habe ihn solange gehegt und gepflegt, bis er wieder gesund war. Solltest du schlau sein, lässt du zu, dass ihr mir folgt, bevor euch die Soldaten aufspüren können." "Woher wissen Sie von den Soldaten?", fragte Sasuke argwöhnisch. "Ich lebe in diesem Wald. Ich weiß alles, was hier geschieht." Sakura atmete einmal tief aus und legte Sasuke ihre Hand auf den Arm. Ein ihr unbekanntes, aber dennoch nicht unangenehmes Gefühl durchfuhr sie und schien in dem jungen Uchiha zu schwinden, dessen Muskulatur sich augenblicklich entspannte. In den Augen der fremden Frau blitze es wie bei einer Reflektion auf, obwohl es tiefste Nacht war und auch der Mond nicht zu sehen war, der etwas Licht hätte spenden können. "Lass uns mit ihr gehen", sagte Sakura leise. Diese Frau schien noch weitaus mehr als nur ihre Namen zu wissen, zudem kannte sie Mikoto. Sie war sich sicher, dass die Fremde nicht mit dem Fürsten zusammenarbeitete. Es war, als ob diese innere Stimme sie wieder dazu riet, mit ihr mitzugehen. Sasuke schien gespaltener Meinung zu sein, seufzte dann aber ergeben. Die Frau nickte einmal zufrieden und bedeutete mit einem Wink, dass sie ihr folgen sollten. Dankbar lächelnd schaute Sakura zu Sasuke, der sie, anders als erwartet, vorsichtig am Handgelenk festhielt und losging. Während ihrer ersten Schritte kam Sakura ein irrwitziger Gedanke, den sie schnell wieder verwarf. Was war, wenn die Frau wusste, wer ihre Eltern waren? "Achtet ja darauf, dass ihr bei mir bleibt. Es kann zu jeder Zeit passieren, dass wir fremden Menschen kreuzen werden, von denen wir nicht wissen, ob sie für den Fürsten arbeiten." Die Frau führte sie zielstrebig immer tiefer in den Wald hinein, die vorgeschriebenen Wege hatte sie schon längst verlassen und lief stattdessen über große Wurzeln und das Unterholz. Es dauerte nicht lange, ehe sich die Bäume wieder einen größeren Abstand zueinander hatten und der Wald sich somit lichtete. "Solltet ihr genau hinschauen, könnt ihr dort hinten mein kleines Häuschen sehen." Die Frau deutete auf einen dunklen Punkt in der Ferne. Durch die Nacht und die herum wachsenden Sträucher lag die Hütte gut verborgen, da sie sehr unscheinbar wirkte. Wahrscheinlich wäre Sakura daran vorbeigelaufen, hätte man es ihr nicht gesagt. Sasuke allerdings sah sich weiterhin argwöhnisch um. Er schien der Fremden immer noch nicht recht glauben zu wollen und beobachtete jeder ihrer Bewegungen achtsam. Je näher sie an das wirklich sehr kleine Haus herantraten, desto heruntergekommener sah es aus. Zwei der wenigen Fenster waren mit Brettern zugenagelt, die Tür saß schief in den Angeln und das Dach schien einige Lecke zu haben. Trotzdem fand sich in dem Innenraum, als die Frau sie hineinführte, all das, was man brauchte. Für Sakura war es eine Wohltat jemanden kennenzulernen, der ebenfalls nichts im Luxus, sondern eher bescheiden lebte und sich auf das Nötigste beschränken musste. Ein Tisch mit Stühlen, ein Feldbett, einer großen Truhe, eine winzige Küchenzeile sowie ein ausgesessenes Sofa, vor dem ein rostiger Ofen stand. Es gab lediglich noch ein längliches Regal an der Wand, in dem merkwürdig aussehende Bücher, gefüllte Einmachgläser und Kräuter standen, die Sakura nie zuvor gesehen oder gerochen hatte. Sie schaute zu dem jungen Uchiha, der sich misstrauisch umschaute. Insgeheim fragte sie sich, ob er dieses Haus mit seinem verglich, allerdings würde sie ihn das nicht fragen. Wer wusste schon, wie Sasuke daraufhin regierte? "Ihr könnt euch setzen", sagte die Frau und deutete auf das Sofa, während sie selbst ein kleines Feuer unter der Herdplatte entfachte und eine Kanne Wasser aufsetzte. Dann nahm sie sich einen Stuhl und ließ sich ihren Gästen Gegenüber nieder. Abschätzend musterte sie die beiden. "Was treibt euch in diesen Wald und das auch noch in der Nacht? Ich muss sagen, dass ihr weit fernab des Fürstenreichs seid. Wärt ihr noch einige Stunden mehr gelaufen, wärt ihr in dem nächsten Reich angekommen." Sasuke setzte sich aufrecht hin. "Ich denke nicht, dass es Sie etwas anginge, weshalb wir hier durch die Nacht laufen", antwortete er und schaute sein Gegenüber so unfreundlich an, dass es Sakura kalt den Rücken hinunter lief. Gleichzeitig schämte sie sich etwas für sein Verhalten, immerhin war diese Frau so gut, sie anscheinend für die Nacht aufzunehmen. "Du bist nicht wie dein Bruder", stellte die Frau fest, lächelte dennoch weiterhin. "Natürlich habe ich ihn seit einigen Jahren nicht mehr gesehen, doch als er sich in meiner Obhut befand, war er stets höflich und zuvorkommend. Deine Mutter war mir damals sehr dankbar. Wie geht es ihr?" Ihr Lächeln erfror, als sie die knappe Antwort Sasukes hörte. Stattdessen breitete sich Zorn auf ihrem Gesicht aus. Kurz ballte sie ihre Hand zu einer Faust, sodass ihr gesamter Arm zitterte, doch dann atmete sie einmal tief ein, entspannte sich und stand auf. Sie lief zu der alten Truhe und holte eine Decke heraus, die sie Sakura und Sasuke zuwarf. "Ruht euch aus. Es geht mich wahrlich nichts an, wohin eure Reise führt, aber es spräche gegen meine Prinzipien, wenn ich euch in der Nacht alleine ließe. Ich werde euch einen Tee machen." Dankbar breitete Sakura die Decke über sich und Sasuke aus. "Vielen Dank dafür, dass sie uns aufgelesen haben", sagte sie und hoffte, den richtigen Wortlaut gewählt zu haben. "Ich bin Tsunade, die Heilerin in diesem Wald. Und du, Sakura, du bist", sie hielt kurz inne, so, als hätte sie zu viel gesagt, " eine starke Persönlichkeit." Es war eng auf dem alten Sofa, so eng, dass Sakura sich dicht an Sasuke drücken musste, damit auch sie Platz zum Schlafen fand und nicht hinunterfiel. Deutlich konnte sie seine harte Brust an ihrem Rücken und seinen Atmen in ihrem Nacken spüren. Die kleine Decke, unter die sie grade so zusammen passten, spendete zwar etwas Wärme, dennoch war ihr kalt. Lieber hätte sie zwischen Lehne und dem jungen Uchiha gelegen, denn sicherlich wäre es so wärmer gewesen. Anders als erwartet hatte Sasuke nicht lange gebraucht, bis er eingeschlafen war. Auch wenn er sehr streng wirkte, schienen auch an ihm die Ereignisse der letzten Stunden nicht spurlos vorbeigegangen sein. Sakura konnte es ihm nicht verübeln. Auch er musste von den vielen plötzlichen Geschehnissen erschöpft sein. Ihr Körper fühlte sich zunehmend schwerer an. Die Müdigkeit zerrte auch an ihr … Als Sakura die Augen wieder aufschlug, fiel ihr Blick als erstes aus dem Fenster. Tsuandes Häuschen war nur spärlich beleuchtet, sodass das grelle Sonnenlicht von außen nur noch mehr blendete. Das Feldbett lag wie unberührt da, was bedeuten musste, dass die Heilerin bereits aufgestanden sein dürfte. Sie startete soeben den Versuch sich umzudrehen, als sie von draußen ein lautes Fluchen vernahm und vor lauter Schreck beinahe das Gleichgewicht verloren hätte, wenn Sasuke nicht wäre, der sie packte und so vor dem Fall bewahrte. Er zog sie an sich und drückte ihren Kopf an seine Brust. "Sage kein Wort", flüsterte er in ihr Ohr, dass sein Atem ihre Haut streifte. Seine Hand an ihrem Hinterkopf zitterte leicht. Sakura konnte spüren wie er sich bemühte, zu entspannen. Das Fluchen außerhalb des Hauses wurde durch lautes Stimmengewirr ersetzt. Sakura schluckte. Ob es Madaras Soldaten waren, die sie suchten und nun auch noch Tsuandes Heim entdeckt hatten? Schlagartig kroch die Angst ihre Knochen empor. War der freundlichen Frau etwas zugestoßen? Sie hatte sie so bereitwillig aufgenommen und nun … Sakura schloss die Augen und versuchte sich auf Sasuke zu konzentrieren. Sie versuchte sich einzureden, dass sie sicher war, solange sie bei ihm sein sollte, schließlich hatten sie es ohne Zwischenfälle bis zu dieser Hütte geschafft und Sasuke hatte bewiesen, dass er nicht schwach war. Sein Herz schlug schnell, beinahe ungleichmäßig und doch vermittelte es Sakura das Gefühl von Wärme und vielleicht Geborgenheit. Beschämt stellte sie fest, dass Hitze in ihrem Gesicht aufstieg und sie sich fragte wie sie fühlte, wenn sie sich an den jungen Uchiha schmiegte. Was für alberne Gedanken sie doch hatte. Sakura kicherte leise in seine Brust hinein. "Du sollst leise sein", zischte Sasuke, drückte sie noch näher an sich und wartete, bis die Stimmen der Männer verklungen waren. "Verstehst du nicht, wie ernst die Situation momentan ist?", fragte Sasuke wütend, wenn auch noch leise. Er schob sie von sich und funkelte sie erbost an. "Aber die Männer sind doch wieder fortgegangen, ohne dass sie hier hineingegangen sind." Natürlich wusste sie, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war, um sich über etwas lustig zu machen, dennoch verstand sie seine Aufregung nicht. "Das liegt auch daran", begann Sasuke und holte einmal tief Luft, um sich zu beruhigen, "dass sie dieses Haus auch nicht sehen können. Mir war klar, dass du es nicht bemerken würdest." Sakura kam sich dümmlich vor. Nicht so wie in den Situationen, als sie das Lesen, Schreiben und Rechnen hatte lernen müssen, nein, eher so wie damals, als sie noch ein junges Kind gewesen war. Immer, wenn die älteren Straßenkinder ihr erzählt hatten, dass um sie herum unsichtbares Obst liege und sie es nur finden müsse, hatte man sie ausgelacht – dennoch war sie mehrmals auf diesen Trick hineingefallen. Es war, als ob sie in alte Zeiten versetzt würde und Sasuke ihr versuchte klarzumachen, dass es sehr wohl Zauberer auf der Welt gab. Aber hatte er das nicht schon und es auch noch beweisen können? Rote Augen, Feuerspucker … "Dieses Haus ist also für andere Menschen nicht sichtbar?", fragte sie dennoch irritiert und schaute auf ihre eigenen Hände, die sie sehr wohl noch sehen konnte. Sasuke atmete ein weiteres Mal tief ein. "Richtig. Ich nehme an, dass du jetzt verstanden hast, dass es wahrhaftig Kräfte gibt, die man sich nicht erklären kann. Ich rate dir, dich nicht über sie lustig zu machen, wer weiß, welch einen Schaden sie dir eines Tages zufügen können." Sakura war sich sicher, dass sie ihm Glauben schenken konnte, allerdings war es einfach so unwirklich. Normalerweise kannte man all diese Zauber nur aus Märchen und Spukgeschichten und jetzt schwebten sie um Sakura herum, als sei es selbstverständlich. Sie wurde mit zu vielen, unglaubwürdigen Dingen konfrontiert, ob sie wollte oder nicht. "Das heißt, sie werden uns, egal was wir tun, Böses bringen?" "Nicht unbedingt", antwortete Sasuke leise und wich ihrem Blick kurz aus und schaute sie danach umso fester an. "Allerdings kann ich auch nicht das genaue Gegenteil behaupten. Die Männer dort draußen waren ein Suchtrupp von Madara, wenn auch nicht sehr stark. Sollte einer von ihnen uns sehen, weiß Madara wo wir sind. Seine Augen sind praktisch überall." Sasuke stand auf. "Wir sollten weiter. Tsuande ist schon lange im Wald verschwunden, ihr ist nichts zugestoßen, da bin ich mir sicher." Er reichte ihr die Hand, Sakura nahm sie an. Ein Schlag während der Berührung, die eine angenehme Wärme in ihr hinterließ. Trotz all der Verwirrtheit in ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)