Das Shakespeare-Experiment von abgemeldet (oder der Widerspenstigen Zähmung (Seto x Joey)) ================================================================================ Kapitel 30: ... oft zu höherm Glück. ------------------------------------ Sechster Aufzug 6. Szene Es treten auf: Seto und Joey Die Worte sprudeln aus mir raus ohne, dass ich weiß was gerade passiert. Ich weiß nur, dass ich sie sagen muss. Nicht, weil er eine Erklärung für mein Verhalten erwartet. Also soweit sind wir noch nicht, dass ich die Erwartungen von Kaiba schlagartig erfüllen will, aber naja, ich habe einfach das Gefühl, dass die Worte raus müssen und da wir gerade allein sind... "In dich, Kaiba." Ich schlucke und wage es nicht ihn anzusehen. Es zu fühlen, ist strange. Es zu sagen, ist noch stranger. Aber ihn dabei anzusehen, nein, das bringe ich nicht. "Ich weiß." erwidert er schließlich und ich zucke kaum merklich zusammen. Hm? Er weiß es? Woher weiß er das denn? Aber gut, Kaiba weiß ja bekanntlich alles. Für einen Moment kommt mir der Gedanke, ihm zu sagen, dass ich weiß, dass er schon vorher verliebt war - in mich, aber ich verkneife es mir und es erscheint mir nach so einer Offenbarung auch irgendwie... unangebracht. Also halte ich die Klappe und warte. Ich überlasse ihm den nächsten Zug. Ja, soll sich doch Mr. Ich-kann-alles-und-dass-besser-als-jeder-andere um die nächsten Schritte kümmern. Ich habe ohnehin keinen Plan, wie ich mit dem ganzen Umgehen soll. Ich meine... Kaiba, echt? Dass ich verliebt bin, ist ja schon was neues für mich. Ich war nämlich noch nie wirklich verliebt. Gut, ich habe ein paar Mädchen hinterher gesehen und auch vielleicht ein bisschen für Mai geschwärmt, aber jetzt bin ich verliebt. Das ist was ganz anderes. Viel größer und so. Mit Prickeln und rebellierendem Magen. Ein ganz anderer Fall. Und es ist nicht so einfach damit umzugehen. Echt jetzt. Zumal ich mich in Kaiba verliebt habe. Warum ausgerechnet Kaiba? Die Erkenntnis verkraften zu müssen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Verliebt in meinen Erzfeind. Das klingt wie aus einer dämlichen Tv-Schnulze. Und naja, die Tatsache, dass Kaiba ein Kerl ist und ich somit scheinbar auf Männer stehe ist auch irgendwie komisch. Gut, ich habe mir noch nie groß Gedanken darüber gemacht, welches Geschlecht ich bevorzuge, aber hey, ich bin davon ausgegangen, dass Joey Wheeler Frauen bevorzugt. Wie das normal auch so ist. Aber was ist schon normal? Es ist sicher vollkommen bizarr auf Kaiba zu stehen. Gott, ich kann mir schon vorstellen was die andern dazu sagen! Unwillkürlich muss ich an Tristan denken. Der wird das nie verkraften, dass ich jetzt... schwul bin. Oh Mann. Ich bin tatsächlich schwul. Und schlimmer noch, ich stehe auf Kaiba. WIESO? Sekunden lang passiert nichts. Dann nehme ich deutlich seine Schritte und dann steht er vor mir. Unsicher blicke ich zu ihm auf und schlucke schon wieder. Ok, ok, langsam checke ich wieso. Der Kerl hat einfach ne Ausstrahlung, die zum niederknien ist. Das liegt an diesen verdammten Augen. Und irgendwie war ich doch immer schon etwas masochistisch veranlagt, oder? "Du bist ein albernes Hündchen, Wheeler." meint er leise und seine Finger streichen mir zaghaft eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Dann reicht er mir seine Hand und einen Moment starre ich auf die feingliedrigen, weißen Finger. Perfekt manikürt natürlich. Und eine Haut wie Marmor. Dann lege ich meine Hand in seine und eine Sekunde später stehe ich auf den Beinen. Etwas verblüfft sehe ich ihn an. Ich hätte ihm solche Kraft gar nicht zugetraut, aber gut. In seinen Augen funkelt es amüsiert. ""Wir sind beide albern, Joey." sagt er und ich spüre seinen warmen Atem auf meiner Haut. "Ja?" frage ich ziemlich dämlich. Er seufzt. "Ich befürchte, unser Modus hat sich radikal verändert." höre ich ihn sagen und einen Moment lang hallen die Worte in meinem Kopf wieder. Ja, so kann man es wohl ausdrücken. Radikal, das trifft es voll. Aber zwischen uns waren die Dinge immer schon radikal. Also kann es auch nur radikale Veränderungen geben. So sind wir eben. Feuer und Wasser, ähm, Eis. Zwei Kehrseiten einer Medaille. Und doch... in dem Moment sind wir wohl gar nicht so verschieden. Ich meine, er fühlt doch genauso, oder? Aber wir haben doch eigentlich immer gleich getickt. Schließlich hat er sich auch mit keinem lieber gestritten als mit mir. Vielleicht verlagern sich unsere Wortgefechte nur auf eine andere Ebene? Ich weiß nicht so recht was ich sagen soll, also mache ich nur "Oh." Er lächelt und dann... dann beugt er sich zu mir, schiebt mein Kinn mit seiner freien Hand etwas hoch und tja, er küsst mich. Kaiba küsst mich. Schon wieder. Und es ist immer noch gut. Also, er kann es tatsächlich. Es löst natürlich schlagartig dieses Prickeln aus. Einfach nur wow und ich glaube, es ist so wie es sich die Hühner in der Schule vorstellen, wenn sie an Küsse von ihm denken. Ok, keine Geigen, keine Musik, aber es prickelt ganz schön und ich bekomme weiche Knie. Keine Ahnung wie lang der Kuss insgesamt dauert, mein Zeitgefühl bleibt auf der Strecke. Mir kommt es lange vor, aber das heißt ja nichts. Als er sich von mir löst, öffne ich langsam wieder meine Augen und sehe direkt in seine. Ich schlucke unwillkürlich und stelle fest, dass er noch immer meine Hand hält. Er bemerkt meine Irritation und meint lakonisch: "Damit du nicht wieder die Flucht ergreifst." Als ob ich das vorhätte! Ich könnte nicht mal, wenn ich wollte. Meine Beine sind Butter. BUTTER. Ich glaube, ich grinse ihn an. "Also, es ist nicht so als würde man einen Kühlschrank küssen." bemerke ich und sehe wie seine Brauen sich irritiert zusammen ziehen. Jetzt bin ich sicher, dass ich grinse. "Wollt ich nur anmerken." sage ich leise. "Beruhigend." erwidert er und seine Stimme ist ein wenig heiser, was mich unweigerlich an den Gedanken erinnert, dass Kaiba sexy ist. "Beim dritten Kuss noch rot zu werden, erscheint mir etwas übertrieben." stellt er nüchtern fest und ich befürchte, dass ich noch mehr anlaufe. "Kommt drauf an wen man küsst." kontere ich, was mir beim aussprechen allerdings nicht mehr ganz so schlagfertig erscheint. Er lächelt und ist immer noch nur einen Atemzug von meinem Gesicht entfernt. Und immer noch irritiert mich diese Nähe. Wieder sehen wir uns schweigend an und ich habe den Eindruck, dass keiner von uns so recht weiß wie er mit der neuen Lage umgehen soll. Ok, wir sind albern. Das haben wir festgestellt, aber was heißt das jetzt genau? Tja, wenn ich das wüsste. Irgendwie hab ich so ne Ahnung, dass dieses ... und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende. nicht so recht passt. Unwillkürlich muss ich lachen. Stirnrunzend und auch ein wenig skeptisch, wie es nun einmal seiner Natur entspricht, sieht er mich an. Ich fasse mich sofort wieder. Ich glaube kaum, dass es gut ist, wenn ich in der Situation weiterhin lache. In Teas Zeitschrift stand auch so was drin. "Ähm... ja." stammle ich verlegen. "Was?" fragt er und auch wenn sein Tonfall keineswegs kühl ist, hat er doch wie immer etwas scharfes, schneidendes. Also verrate ich ihm meinen Gedanken etwas verlegen. Er verzieht spöttisch den schönen Mund. "Ihr habt wirklich einen Hang zu Märchen." stellt er fest. Ich zucke leicht mit den Schultern. "Und nun?" frage ich unschuldig, schließlich weiß ich, dass er keinen Plan hat. Im Grunde müsste er noch überforderter sein als ich. Immerhin ist er Seto Kaiba, der Typ, der keinerlei Ahnung von zwischenmenschlichen Beziehungen hat, es sei denn es handelt sich um geschwisterliche Bande und selbst da habe ich so meine Zweifel. Aber er scheint ernsthaft zu überlegen. "Pattsituation." sagt er nach einer Weile und ich brauche einen Moment, um ihm folgen zu können. Ok, das kann man gelten lassen. Wir haben uns beide matt gesetzt, ist ja mal was neues. Kein Sieger, kein Verlierer. Damit kann ich leben. "Du bist also verliebt." bemerkt er und ich habe das Gefühl, dass er mich amüsiert mustert. Ich grinse. "Du doch auch." erwidere ich und schaffe es tatsächlich, dass auch seine Wangen sich etwas röten. Immerhin. Mein Stolz ist gerettet, naja, das was davon übrig ist, wenn man Kaiba seine Gefühle gestanden hat. Er lächelt. "Warum?" fragt er doch tatsächlich. "Ich meine, in welche meiner vortrefflichen Eigenschaften hast du dich zuerst verliebt?" Typisch Kaiba. Der Kerl hat echt Nerven, das muss man ihm lassen. Ich schenke ihm ein zuckersüßes Lächeln. "Hm... lass mich überlegen." Ich lege den Kopf schief und er sieht mich abwartend an. "Ich würde sagen - in alle auf einmal. Immerhin ergeben sie zusammen eine perfekt strukturierte Ansammlung von Fehlern, dass deine schlechten Eigenschaften jegliches Erscheinen einer Guten hervorragend zu verhindern wissen." erwidere ich nach einer Weile, denn diese geniale Antwort bedurfte doch einiger Überlegung. "Und wie steht´s bei dir?" hake ich weiter nach. "Welche meiner bahnbrechenden Qualiäten lässt dich Gefühle für mich erdulden?" Er seufzt. "Erdulden? Ja, das trifft es gut. Immerhin muss ich diese Gefühle für dich wider besseres Wissen und meinen Willen erdulden." Er lächelt sarkastisch und ich verspüre den Wunsch in in die Seite zu kneifen. "Na, wenigstens werden wir nicht kitschig über dieser Sache." befinde ich fröhlich. "Ich bin nie... kitschig." erwidert er bissig. "Aber albern." kontere ich und er seufzt. "Das reicht auch beileibe." Ich nicke. Mir reicht es auch. Ist ja auch schon ne Menge, wenn man bedenkt, was es bedeutet. "Ich hoffe, Wh- Joey, dir ist klar, dass ich keinerlei Strategie habe, wie wir bei dieser Angelegenheit am effektivsten verfahren sollen." Er macht eine Miene als würde er mir gerade eine äußerst dramatsiche Offenbarung machen. Ich bemühe mich einen ernsten Gesichtsausdruck beizubehalten, was in Anbetracht seiner Wortwahl doch etwas schwierig ist. "Nun ja..." Ich überlege ernsthaft, was ich dazu sagen soll. Natürlich habe ich nicht mit einer fertig ausgearbeiteten Taktik seinerseits gerechnet. "Was?" fragt er und ich glaube, einen Anflug von Unsicherheit in seiner Stimme zu hören. "Naja..." Ich sehe ihn ernst an und seine Züge verhärten sich wieder etwas. "Ich habe keineswegs damit gerechnet, dass du ne Strategie hast. Immerhin bist du Seto Kaiba." Fassungslos starrt er mich an und ich grinse. Ja, mir gelingt es tatsächlich ihn aus der Fassung zu bringen. Unzählige Male habe ich das versucht, durch tausend verschiedene Ausdrücke und Sprüche. Wenn ich geahnt hätte, dass ich es auf dieser Ebene so spielend schaffen würde... "Das Zwischenmenschliche ist nicht dein Ding. Wie solltest du also wissen, wie man mit diesen Gefühlen umgeht? Ich meine..." Mein Grinsen wird breiter. "Ich bin ja schon erstaunt genug darüber, dass du ein Herz hast." Sekunde vergehen in denen er mich schweigend ansieht. Fast befürchte ich schon, dass ich den Bogen überspannt habe, doch dann seufzt er resignierend. "Mach dich nicht lächerlich. Natürlich habe ich ein Herz. Ich bin schließlich am leben. Folglich..." Ich lasse ihn nicht ausreden sondern ziehe gleich. Ist schließlich nur fair, immerhin führt er bislang und ich gedenke nicht es dabei zu lassen. Kurz fühle ich seine Überraschung, doch dann erwidert er den Kuss und wir werden wirklich besser. Dieses Mal zittern meine Hände auch nicht als ich meine Arme um seinen Nacken schlinge. Oh, schwöre nicht und küsse nur ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)