Das Shakespeare-Experiment von abgemeldet (oder der Widerspenstigen Zähmung (Seto x Joey)) ================================================================================ Kapitel 11: Ein Sommernachtstraum --------------------------------- Dritter Aufzug 4. Szene Es treten auf: Yugi, Tea und Seto Mein Blick wandert systematisch über die Landschaft und fokussiert schließlich irgendeinen abstrakten Punkt in der Ferne. Die Sonne brennt und es ist wärmer als ich vermutet habe. Ich hätte den Mantel in der Limousine lassen können, doch trotz der Wärme, fühle ich mich so bekleidet wesentlich sicherer. Selbst hier im Park. Zum Glück sind um diese Zeit nur wenige Menschen hier und die Individuen, die sich herumtreiben, schenken mir erfreulicherweise keinerlei Beachtung. Ich greife zu dem Pappbecher mit Kaffee, der neben mir steht und genieße die heiße, bittere Flüssigkeit. Noch 30 Minuten, dann wird Roland mich wieder zur Kaiba Corporation bringen. Ich seufze unwillkürlich und wende meinen Blick wieder dem Laptop zu, der auf meinen Beinen ruht. Für heute Nachmittag ist ein Meeting mit dem Aufsichtsrat angesetzt und am Abend soll ich an irgendeiner Wohltätigkeitsfeier teilnehmen. Ich bin sogar der Ehrengast, ein Umstand, der mir gleichgültiger nicht sein könnte, doch die Pflicht verlangt es und nachdem ich die letzten zwei Einladungen in den Müllkorb habe wandern lassen, werde ich diese wohl annehmen müssen. Es wird also ein qualvoll langweiliger Abend werden, umgeben von Menschen, die mich nicht interessieren. Ohne es zu wollen, muss ich plötzlich an Wheeler denken. Vermutlich weil gerade ein Hund an mir vorbei jagt, begierig einem Stöckchen folgend, dass er gleich wieder zu seinem Herrn zurück bringen wird. Unwillkürlich muss ich lächeln. Das goldene Fell erinnert tatsächlich an Wheeler und ähnlich wie der Köter scheint auch dieses Exemplar von überschäumender Fröhlichkeit erfüllt. Ich nippe erneut an meinem Kaffee und lasse den gestrigen Tag Revue passieren. Gestern war Wheeler nicht fröhlich. Er hat nicht ein einziges Mal gegrinst, auch kam erfreulicherweise keinerlei niveauloser Unsinn aus seinem Mund. Ich sollte mir den Tag vielleicht rot im Kalender vermerken. Im gleichen Moment wo sich dieser Gedanke in mir materialisiert, bereue ich ihn schon. Immerhin weiß ich inzwischen was es mit der untypischen Art von Wheeler auf sich hat und je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger vermag ich es meinen üblichen Zynismus an den Tag zu legen. Gestern sind wir beide vollkommen aus der Rolle gefallen. Selbst Mokuba kann das nicht entgangen sein. Wer hätte auch gedacht, dass ich einmal über eine Stunde ruhig an Joey Wheelers Seite sitzen würde? Erstaunlich, dass der Köter es vermocht hat, überhaupt so lange still zu sitzen. Und wer hätte es für möglich gehalten, dass dieser Wheeler einmal mit mir zu Abend essen würde. Zugegeben, dieser Punkt geht auf Mokubas Konto. Er machte den Vorschlag mit solcher Selbstverständlichkeit, dass ich gar nicht anders reagieren konnte als zu nicken. Wheeler war genauso überrascht wie ich und diese betretene Stimmung zwischen uns beiden hatte weiterhin angehalten. Ja, wir hatten sogar ein paar Floskeln ausgetauscht. Das Abendessen war vollkommen abstrakt und ist es noch immer in meiner Erinnerung. Und als er schließlich gegangen war, ich hatte ihm angeboten, dass Roland ihn fahren könne, doch er meinte nur, er sei mit dem Rad da, habe ich ihn zum Abschied tatsächlich bei seinem Namen genannt. Joey. Der Köter hat mich angestarrt als wäre ich ein Geist und wieder hatte ich seinem Blick ausweichen müssen. Ich weiß selbst nicht warum ich es getan habe. Ich habe ihn noch nie bei seinem Vornamen genannt. Das Wort kam einfach aus meinem Mund, ohne mein Zutun und ich hatte den Eindruck, dass er sich darüber freut. Erstaunlich. Ob diese kleine, unbewusste Geste ihn tatsächlich gefreut hat? Warum denke ich schon wieder darüber nach? Ich seufze und ziehe mein silbernes Zigarettenetui aus meiner Manteltasche. Ich weiß gar nicht mehr wann ich angefangen habe, dem Nikotin zu frönen. Es ergab sich einfach so und es bedarf auch keiner Rechtfertigung. Ab und an habe ich das Gefühl, dass der Tabak tatsächlich eine beruhigende Wirkung auf mich hat. Mokuba ermahnt mich zwar gelegentlich, dass ich dieses Laster schleunigst wieder aufgeben solle, aber ich diskutiere nicht mit meinem kleinen Bruder darüber. Genauso wenig wie über meine Ernährung. Ich weiß selbst, dass ich viel zu viel Kaffee trinke, zu wenig schlafe und zu oft die Kopfschmerzen mit Tabletten bekämpfe. Mokuba sagt, ich geißele mich geradezu mit Terminen und Meetings. Er weiß aber auch nicht, was es heißt die Kaiba Corporation zu leiten, sich ständig - Tag für Tag - in der Geschäftswelt behaupten zu müssen. Ich inhaliere und blicke wieder über den Park. Meine Blick streift erneut den kleinen Hund, der schwanzwedelnd neben seinem Herrn her springt. Und wieder denke ich an Wheeler. Joseph Jay Wheeler mit den unglaublich warmen braunen Augen und den ungebändigten Haaren. Eine bekannte Stimme reißt mich plötzlich aus meinen Gedanken. Muto. Genervt verdrehe ich die Augen. Muss das jetzt auch noch sein? War der Tag nicht schon stressig genug? Es fehlt mir gerade noch, dass dieser Spielezwerg mich mit seiner übernatürlich guten Laune bedenkt. Ich wende leicht den Kopf und tatsächlich, da sind diese neunmalkluge Gardner und der Punk. Ich klappe den Laptop zu und leere meinen Kaffee in einem Zuge. Noch haben die Beiden mich nicht gesehen. Ich überlege kurz ob ich zum Parkplatz gehen soll, aber Roland wird noch nicht da sein. Er wird erst pünktlich um halb zwei erscheinen. Auf Roland ist Verlass. Er ist wie ein Uhrwerk. Genau wie ich. Deshalb schätze ich ihn auch so. Als die Zwei näher kommen, entscheide ich mich dafür, hinter einem der dicken Bäume Deckung zu suchen, in der Hoffnung, dass sie weitergehen und ich den Rest meiner Pause noch genießen kann. Wütend, weil ich zu so einer Maßnahme greifen muss, trete ich meine Zigarette aus und schaffe es gerade noch mich ihrem Blickfeld zu entziehen. "Du machst dir ernsthaft Sorgen, Tea?" höre ich Muto bestürzt sagen und das Mädchen seufzt. "Er gefällt mir einfach gar nicht in diesem Zustand." erwidert sie und ich stöhne leise auf. Wheeler. Sie reden wieder von Wheeler. Wunderbares Timing, Seto. Ich verdrehe die Augen als die Beiden sich auf meiner Bank niederlassen. Muss das sein? Verdammt, jetzt sitze ich hier fest. Immerhin kann ich nicht einfach aus dem Nichts erscheinen. Zudem würden sie dann wissen, dass ich Teile ihres Gesprächs gehört habe. Also rühre ich mich nicht. "Er war gestern ja bei Kaiba." fängt Gardner an zu erzählen. "Danach kam er bei mir vorbei und war vollkommen fertig." Muto erwidert nichts, zum Glück kann ich ihn von meiner Position aus auch nicht sehen. "Er meinte, er wisse nicht wie er das ertragen solle..." Gardner seuftzt wieder melodramatisch und ich frage mich was sie meint. "War Kaiba wieder gemein zu ihm?" will der Zwerg wissen. Ich unterdrücke ein Zischen. Was denkt der von mir? Dass ich nichts besseres zu tun habe als permanent Wheeler zu unterdrücken? Gardner schüttelt den Kopf. "Kaiba muss echt human gewesen sein." erzählt sie weiter. Danke, ich war mehr als human, ich habe ihn sogar von meinem Tisch esse lassen. "Aber Joey meinte, es wäre einfach eine Qual in seiner Nähe zu sein... er wäre ihm so nah gewesen, dass er ihn fast hätte berühren können und er hätte das so gerne getan." Wieder ein wehmütiger Seuzfer. Das muss ihr einprogrammiert worden eins. "Er wollte Kaiba berühren?" Bei Muto klingt das so als hätte Wheeler vorgehabt sich selbst die Augäpfel rauszureißen. "Yugi..." Gardners Blick wird nachsichtig. "Er ist eben verliebt und wenn man verliebt ist, dann will man demjenigen so nahe wie möglich sein." Der Kleine erwidert nichts. Vermutlich ist er gerade rot angelaufen und für einen Augenblick verspüre ich den Wunsch, Gardner zu sagen, dass sie sich vielleicht lieber um ihre Sachen kümmern sollte. Bei all ihrer Weisheit, die sie so gerne zur Schau trägt, scheint ihr nämlich vollkommen zu entgehen, dass der Punk sie anhimmelt. Verächtlich verziehe ich den Mund. Kindergarten. "Er sagt, Kaiba war so... " Das Mädchen bricht ab und scheint nun auch verlegen zu werden. Ich spüre wie mein Herzschlag sich beschleunigt. Was war ich? Ich habe nicht die geringste Ahnung was sie meinen könnte. Muto scheinbar auch nicht. "Was denn, Tea?" fragt der Kleine. "Naja... Joey sagt, Kaiba wäre gar nicht so eisig gewesen wie sonst, eigentlich richtig nett und er findet ihn eben... heiß." Ich muss mir die Hand auf den Mund pressen, um einen Hustenanfall zu unterdrücken. Habe ich richtig gehört? Wheeler findet mich heiß? Das Umfeld beginnt sich zu drehen. "Ich weiß, ich würde Kaiba jetzt auch nicht unbedingt so bezeichnen." redet Gardner schon weiter. "Aber Joey sagt, es wäre eben so und dass sein Herz fast ausgesetzt hätte als Kaiba ihn beim Namen genannt hat. Er hat tatsächlich Joey gesagt, Yugi." "Hm." vernehme ich nur von Muto und habe das Gefühl, dass mein Herz auch gleich aussetzt. Es hat ihn also tatsächlich gefreut. "Joey weiß einfach nicht mehr weiter... Er sagt, dieses Gefühl wäre zu groß, dass er es alleine ertragen könnte, aber Kaiba würde es nie verstehen. Er hat gesagt, dass er sterben will, wenn Kaiba ihn nicht lieben wird und dass er auch lieber sterben will als es ihm zu sagen..." Ich schlucke hart. DAS hat Wheeler gesagt? Jetzt mache ich mir auch Sorgen. Der Köter wird doch keinen Unsinn machen... "Tea, das ist ja furchtbar. Was machen wir nur?" Yugi klingt aufgeregt. Seufzer Nr. ... "Ich weiß es wirklich nicht, Yugi." entgegnet Gardner und eine Weile schweigen beide. Und ich... ich versuche das Gehörte zu verarbeiten. So ernst steht es also um Wheeler oder übertreibt Gardner nur? "Wenn Kaiba Joey doch nur mal richtig ansehen würde, anstatt ihn immer gleich runterzuputzen. Joey ist ein echter Freund, er ist der ehrlichste und loyalste Kumpel, den man sich wünschen kann. Er ist immer für mich da und hat mir schon oft geholfen und auch wenn er leicht aufbrausend ist, er hat eigentlich ein so sonniges Gemüt und wenn Kaiba erst wüsste, was in Joey steckt, wenn er ihn mal nicht als Hund sehen würde..." Yugi seufzt jetzt auch. "Ich weiß." stimmt Gardner traurig zu. "Joey ist was besonderes und er hat ein gutes Herz. Kaiba könnte sich glücklich schätzen, dass Joey so für ihn fühlt. Ich meine, wer sonst könnte je ein Gefühl für diesen kalten Zyniker aufbringen? Das allein ist schon eine Leistung! Kaiba sollte sich geehrt fühlen und..." In meinem Kopf dreht sich alles. "Wenn er es Kaiba doch nur sagen könnte..." "Aber genau darin liegt ja seine Qual. Er kann es nicht und will es nicht, er fürchtet sich zu sehr davor, dass Kaiba ihn dann total vernichtet." Gardner schüttelt den Kopf und wieder schweigen die Beiden. Ich stehe da wie angewurzelt und weiß nicht was ich denken soll. Inzwischen ist es sicherlich schon halb zwei, Roland wird auf mich warten und ich muss zu diesem Meeting in die Firma, aber mein Kopf ist wie leer gefegt. Ich höre nur Gardners traurige Stimme und sehe Wheeler wieder vor mir. Wheelers braune Augen, die mich unsicher ansehen. Wheeler, der nervös von einem Bein auf das Nächste hüpft. Wheeler, der die Lippen aufeinander presst. Wheeler, der zusammen zuckt, als ich seinen Namen sage. Joey. Verdammt. Und jetzt leidet dieser Köter tatsächlich so... meinetwegen Ich unterdrücke einen Seufzer und fasse mir mit der Hand an die Stirn. Was soll ich jetzt tun? Ich muss doch irgendwas tun, oder? Wenn dieses alberne Hündchen meinetwegen eine Dummheit begeht... Das kann ich doch nicht zulassen. Nein, ich muss etwas unternehmen, denn diesem Kindergarten darf ich das nicht überlassen. Wie sollte Gardner ihm auch helfen, sie weiß doch selbst nicht was um sie herum passiert? Und Muto, der sich nicht einmal traut über seine eigenen Gefühle zu reden... Ich spüre wie sich meine bebenden Hände zu Fäusten ballen. "Er hat gesagt, dass er sterben will, wenn Kaiba ihn nicht lieben wird und dass er auch lieber sterben will als es ihm zu sagen..." Ich muss etwas unternehmen. Ich. Ich kann doch schließlich nicht zulassen, dass Joey Wheeler sich aufgibt. In mich verliebt? Oh, das muß erwidert werden. Ich höre, wie man von mir denkt: sie sagen, ich werde mich stolz gebärden, wenn ich merke, wohin die Neigung geht... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)