Auf ins Dorf
Die Straßen des Dorfes waren gefüllt von fröhlich umherlaufenden Menschen, die von einer Seite zur Anderen huschten und und den Ständen am Rand einkauften.
Sie standen vor dem Tor und beobachteten das rege Treiben. Bis jetzt hatte man sie noch nicht entdeckt.
„Was jetzt?“ Kisame stellte sein Schwert auf den Boden und streckte den Rücken.
„Du spürst keine Bedrohung, Kleines? Oder?“
Sie schüttelte den Kopf, bereute es jedoch sofort wieder und massierte sich die Schläfen. Die Emotionen brodelten immer noch in ihr. Nur mit Mühe konnte sie einen Ausbruch unterdrücken. Die Gefühle der Menschen auf der Straße, die ihr entgegenschlugen halfen ihr da auch nicht weiter.
„Wir suchen ein Gasthaus.“ Bei dem Klang seiner Stimme zuckte sie zusammen. Sie war so anders, als in seiner Erinnerung. Dort klang sie noch sanft und so voller Leben. Genau wie seine Augen. Sie hatten so gestrahlt, als sein Vater ihm vorführte, wie er sein Chakra zu verbergen hatte. Sogar Zorn hatte sie aufblitzen sehen, als sein bester Freund ihn übertraf.
Doch jetzt war nichts mehr in ihnen zu erkennen. Kälte, Leere.
Schwarze Augen, die einen durchbohren.
Sie brauchte eine Weile bis sie bemerkte, dass das nun die Realität war und seine Augen sie wirklich durchbohrten.
Komplett in Gedanken versunken hatte sie nicht bemerkt, dass sie ihm direkt ins Gesicht gestarrt hatte.
Die Röte erschien prompt wieder auf ihren Wangen, dennoch schaffte sie es nicht, sich loszureißen. Es war, als versinke sie in der Schwärze. Erneut war sie das Kaninchen, das von der Schlange mit ihrem Blick gefesselt wurde. Die Dunkelheit umgab sie und hüllte sie ein, dann...
...verschwand sie.
Sakura keuchte auf und versuchte sich zu sammeln. Sie zitterte. Schweiß hatte sich auf ihrer Stirn gebildet.
Er hatte den Blickkontakt unterbrochen.
Die Leere, die in seinen Augen gelegen hatte, füllte nun sie aus. Als ob er alles aus ihr herausgesaugt hätte.
„Komm schon, Kleines.“ Kisames Hand lag auf ihrer Schulter und drückte sie leicht vorwärts. Hinter Itachi her, der das Dorf schon betreten hatte.
Keinen schien es zu stören, wer da so eben in ihre Mitte getreten war.
Die Dorfbewohner sahen sie und gingen weiter. Manche nickten ihnen zu, andere ignorierten sie völlig.
Hier schien Akatsuki wohl nicht bekannt zu sein.
Itachi ging geradewegs auf die erste Gaststätte auf ihrem Weg zu.
Der Mann an der Rezeption machte große Augen, als sie eintraten.
Sie mussten aber auch merkwürdig aussehen.
Kisame lehnte sich lässig an die Theke und legte seinen anderen Arm um sein Schwert, welches der Mann argwöhnisch beäugte. Itachi trat neben ihn. „Wir hätten gerne ein Zimmer. Drei Personen.“
Erst nach dieser Bemerkung schien ihm aufzufallen, dass noch eine weitere Person im Raum war. Er lehnte sich an Itachi vorbei und begutachtete sie. Seine Augen wanderten von oben nach unten und wieder zurück.
*Fehlt nur noch, dass er sich über die Lippe leckt*, dachte sie angewidert.
Itachi trat einen Schritt zur Seite und verdeckte dem Mann so die Aussicht erneut. „Das Zimmer.“ Wie in Trance griff der Mann hinter sich und reichte Itachi einen Zimmerschlüssel.
„Musstest du ihn schon so früh unter ein Gen-Jutsu stellen. Es fing doch gerade erst an Spaß zu machen, nicht wahr Kleines?“ Kisame kicherte vergnügt.
Sakura ignorierte ihn und ging ohne Umwege in das Badezimmer, nachdem Itachi die Tür geöffnet hatte.
Grün glänzende Augen starrten sie aus dem Spiegel heraus an. Immer noch tänzelten Chakrafünkchen in ihnen.
*Wieso verwirrt er mich so?*
Mit fahrigen Händen spritzte sie sich Wasser ins Gesicht und ließ sich vom gleichmäßigem Rauschen des Wassers beruhigen. Allmählich verschwanden die Fünkchen aus ihren Augen.
„Kleines?“ Kisame klopfte an die Tür. „Ertränk dich nicht! Wir wollen jetzt los und unseren Mägen mal wieder was anbieten...“
„J-ja ist gut! Einen Moment, ich komme gleich.“
Kisame trat wieder von der Tür zurück und setzte sich Itachi gegenüber auf das Sofa.
„Mich interessiert immer noch, was du mit ihr angestellt hast. Scheint sie ja ganz schön aus der Fassung zu bringen.“
Erwartungsvoll sah er seinen Partner an.
Kisame seufzte. „Dann eben nicht. Aber tu uns wenigstens den Gefallen und sieh sie nicht immer mit diesen vernichtenden Blicken an. Ich kann das vielleicht vertragen; sie offensichtlich nicht. Außerdem ist sie mal eine angenehme Gesellschaft. Mit ihr kann ich mich vielleicht demnächst mal unterhalten, wenn wir unterwegs sind und auch du musst zugeben, dass sie zu ertragen ist. Oder?“
Kalte Augen starrten zurück.
„Komm schon.“ Kisame funkelte ihn an. „Ich weiß es doch. Komm! Sag schon!“
Die Badezimmertür ging auf. Schon stand Itachi an der Tür, bereit zum Aufbruch.
Doch im letzten Moment hatte Kisame noch gesehen, wie sich einer von Itachis Mundwinkeln leicht nach oben bewegt hatte.
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Sakuras Kopf ruckte von links nach rechts. Es gab so viel zu sehen, dass sie am Liebsten noch ein paar Augenpaare mehr gehabt hätte. An so einem Ort war sie noch nie gewesen.
Die unterschiedlichsten Geschäfte reihten sich aneinander; der Metzger neben dem Juwelier, die Süßigkeiten neben der Apotheke und dem Kleidungsgeschäft, kleine Cafés uns Bars neben dem Bäcker.
Und der Geruch!
So vielfältig und merkwürdig und doch schön.
Sie wollte alles probieren und alles kaufen, doch das Geld hatten die Beiden.
Kisame sah ihr amüsiert zu, wie sie im Zick-Zack über die Straße lief und alles begutachtete. „Also gut, Kleines! Was willst du haben?“
Sakura sah zu ihm auf. „Meinen Sie das ernst?“
„Nur wenn du nicht „Sie“ zu mir sagst! Deine Augen sind doch schon tellergroß. Mein Magen schreit nach diesen gegrillten Tintenfischen am Stiel dahinten.“ Er deutete die Straße herunter auf einen Stand, der zwischen einem Souvenir-Shop und einem Blumengeschäft eingekeilt war.
Vor dem Lädchen war eine lange Schlange.
Ihr lief das Wasser im Mund zusammen. „Man soll immer da einkaufen, wo die Einheimischen auch hingehen, also“, sie grinste Kisame an, „wenn du schon so fragst...“
+++ ein etwas längere Wartezeit später +++
Sakura fröhlich kauend und Kisame mit voll geladenen Armen kehrten zufrieden zu Itachi zurück. „Hast du dem Mann auch noch ein paar Tintenfische auf dem Grill gelassen?“
Mit vollem Mund schüttelte Kisame den Kopf. „Ist doch kaum was dran, an den Dingern...“
„Hast du denn wenigstens noch etwas Geld zurückgehalten?“
Kisame schluckte schwer. „Ein wenig...“
Sakura stand schweigend daneben und hörte aufmerksam zu. Die Beiden waren schon ein sehr merkwürdiges Pärchen.
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Abends im Bett fiel Sakura dann ein, dass sie gar nicht gesehen hatte, dass Itachi etwas gegessen hatte.
Bis Kisames gleichmäßiges Schnarchen sie langsam einschlafen ließ.