Someone To Save You [Xanxus X Reader] von gluecklich (Leben für Anfänger) ================================================================================ Kapitel 4: Squalo ----------------- Er sitzt rittlings auf einem Stuhl, hat das Kinn auf die Unterarme und die Unterarme auf die Rückenlehne gestützt, und beobachtet dich, während die Ärztin dein Handgelenk schient. »Beweg die Hand einfach nicht zu viel«, sagt sie freundlich und du nickst. Du kennst das Ganze schon; es ist dir nur noch nie so nett gesagt worden. »Schone dich in den nächsten drei, vier Wochen, und versuch, dich zu entspannen. Schaffst du das?« »Klar«, sagst du und lächelst ihr zu. Sie lächelt zurück, steht auf und verlässt den Raum. Du siehst ihr nach, dann fällt dein Blick wieder auf Squalo, der dich unentwegt ansieht. Um seine Lippen spielt ein flüchtiges Grinsen. »Kannst wirklich prima lügen«, sagt er. »Danke«, antwortest du trocken. »Vooi! Sobald du nach Hause kommst, wirst du’s nicht mehr schaffen, das Ding zu schonen, das ist dir klar, oder?« »Du meinst, ich sollte sie mir gleich selbst abhacken?« »Sehr witzig.« »Ich weiß. Xanxus hat mir erzählt, was du da angestellt hast. Hast du Borderline oder sowas?« »Voooi. Nicht so schlimmes wie du, schätze ich.« »Touché.« »Was?« »Touché. Das kommt aus dem Französischen und… Ach, vergiss es.« »Du versuchst, das Gesprächsthema von dir abzulenken.« »Ja. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich jetzt wirklich ungern über meinen Verlobten sprechen, oder über die Hand, die er mir fast gebrochen hat.« Zu deinem Missfallen grinst Squalo und zuckt mit den Schultern. »Dann sprechen wir eben über dich persönlich.« »Das gefällt mir auch nicht viel besser…«, sagst du mit gerümpfter Nase, verstehst aber im selben Moment, dass Squalo sich von sowas nicht abbringen lässt. »Wieso sagst du’s nicht einfach deinen Eltern? Die würden ja wohl was unternehmen, oder?« Seufzend wendest du den Blick ab. Wenn Xanxus hier ist, stellt er nie solche Fragen. Er ist einfach nur da und sorgt dafür, dass seine Leute dich mit warmen Getränken und gutem Essen versorgen und du nicht aus dem nächstbesten Fenster springst. Er fragt nie nach. Er redet generell wenig, aber das stört dich nicht. Squalo ist anders. Squalo ist immer dann da, wenn Xanxus nicht da ist, scheinbar hat Xanxus das so angeordnet, und Squalo redet viel und laut. Du findest das amüsant – solang, bis es um deine Person geht. Und soweit kommt es früher oder später immer. »Ich weiß nicht«, sagst du dumpf und betrachtest die Schiene an deinem Unterarm. Das war eine Lüge, und das weißt du auch. Es gibt einen Grund, weshalb du es deinen Eltern nicht sagst. Du hast selbst eine Weile gebraucht, bis es dir klar geworden ist, aber jetzt ist es offensichtlich. Und obwohl du selbst es dämlich findest, kannst du es nicht ändern. Als du den Blick hebst und Squalos Augen kurz streifst, bevor du wieder zur Seite blickst, beschließt du, doch die Wahrheit zu sagen. »Zu stolz«, erklärst du hörbar widerwillig. »Ich musste diese Verlobung vor ihnen rechtfertigen. Ich… Es war ein Fehler. Sie wussten das – ich nicht.« Vorsichtig blickst du wieder auf, und zu deiner Überraschung grinst Squalo. »Voooi!«, sagt er. »Verstehe.« »Was… Wirklich?« »Superbia ist nicht mein richtiger Name, weißt du. Es gibt einen Grund, weshalb sie mich so nennen. Vooi! Wenn ich die Wahl hätte zwischen Selbstmord und Zugeben, dass ich Scheiße gebaut hab, na ja…« Er zuckt die Achseln. Über dein Gesicht huscht ein geschlagenes Lächeln. Wahrscheinlich kann er nicht besonders viel von deiner Geschichte nachvollziehen. Das soll er auch gar nicht. Aber wenigstens dein sinnloser, selbstzerstörerischer Stolz stößt hier nicht auf Ablehnung. Nicht bei diesem Kerl. »Obwohl ich mir eigentlich eher den Arsch aufreißen würde, um diesen Fehler wieder auszubügeln, anstatt mich vom Pellegrino zu werfen.« Resigniert nickst du und lässt dich auf den Rücken fallen. »Ich weiß, dass du das so handhaben würdest, Squalo«, sagst du mild. »Aber ich hab dazu nicht die Kraft.« »Voooi! Schöne Ausrede«, kommentiert er. Daraufhin bekommst du buchstäblich Magenkrämpfe. Xanxus und Squalo haben beide ihre eigene Art, schmerzhaft ehrlich zu sein. Du beschließt, nicht darauf zu antworten und blickst stattdessen still die Zimmerdecke über dir an. Es ist jetzt gut drei Wochen her, dass Xanxus dich aufgegabelt hat, und du hast dieses Gästezimmer schon lieber gewonnen als dein eigenes Zuhause. Und du bist öfter hier, als du zu Anfang gedacht hast. Manchmal sind es nur ein paar Stunden am Nach- oder Vormittag, wenn Fabio nicht da ist. Zweimal hast du schon hier übernachtet, weil du dich nicht getraut hast, zu ihm ins Bett zu gehen. Und sechsmal bist du aus eben diesem Bett abgehauen und mitten in der Nacht hierhergekommen. Diesmal ist es mal wieder ein Nachmittag. Er kam früher nach Hause, du hast ihn begrüßt, er war genervt. Du hast versucht, nicht mit ihm zu reden, das hat ihn noch mehr genervt. Er hat dir den Arm verdreht und war drauf und dran, noch mehr zu tun, als du es einfach gewagt hast, dich wegzuducken und zur Haustür zu sprinten. Er griff noch nach dir, doch bis er ebenfalls an der Tür angekommen war, liefst du schon durch den Garten und er war scheinbar nicht motiviert, dir zu folgen. Fabio rief dir irgendwas hinterher, was du nicht verstandest, und dann ranntest du vom Grundstück. Du hast beschlossen, wieder hier zu übernachten. Du bist dir sicher, dass er keine Ahnung hat, wo du bist, Xanxus und Squalo bestätigen diesen Verdacht für gewöhnlich, und du willst deinem schmerzenden Arm wenigstens ein paar Stunden Ruhe geben, bevor du wieder zurückgehst. Vor einem Monat noch wolltest du Fabio nicht verlassen müssen, weil du glaubtest, dass er dich braucht und du ihm helfen musst. Vor drei Wochen dann warst du überzeugt davon, dass es keine Hilfe mehr geben wird, nicht für ihn und nicht für dich, und wolltest deshalb nicht nur Fabio, sondern gleich die ganze Welt verlassen. Und nun? Nun würdest du am liebsten deine Sachen packen, Fabio den Laufpass geben und dein restliches Leben – oder wenigstens die nächste Zeit – in diesem Gästezimmer verbringen. Du akzeptierst es, wenn Xanxus dir sagt, dass das nicht geht. Du akzeptierst sogar, wenn er dir sagt, dass du noch ein paar Wochen bei deinem Verlobten aushalten sollst, weil danach »etwas Besseres« folgen wird. In dieser Hinsicht vertraust du Xanxus, vielleicht aus Instinkt, vielleicht auch nur aus Dankbarkeit. Aber du willst endlich wissen, was dieses bessere Etwas ist, worauf du wartest. Du willst endlich wissen, wieso du noch nicht gehen darfst. »Xanxus hat gesagt, dass ich Teil eines großen Ganzen bin«, beginnst du langsam und blickst noch immer an die Decke. »Kannst du mir sagen, was für ein großes Ganzes das werden soll?« »Nein«, antwortet Squalo sofort. »Wenn er noch nicht damit rausrücken will, tu ich das auch nicht.« Du verziehst das Gesicht, dann schmunzelst du und schielst zu ihm. »Euch zwei kann man nicht gegeneinander ausspielen, hm?« Squalo grinst. »Voooi! Allein für den Versuch gehörst du eigentlich bestraft.« Er zuckt die Achseln. »Nein, kann man nicht. Ich werd dich darüber nicht anlügen, ist mir zu anstrengend, aber ich werd dir auch nichts verraten, was noch nicht verraten werden soll. Find dich damit ab.« Mit einem Seufzen wendest du den Blick wieder der Decke zu und neigst den Kopf etwas auf die Seite. Du hast so viele Theorien, was es sein könnte, aber keine ist wirklich ausgearbeitet, weil du nicht einmal den Hauch einer Vorstellung hast, was in aller Welt Xanxus und Squalo planen könnten, was ausgerechnet mit Fabio zusammenhängt. Manchmal glaubst du, dass es wohl eine Ehre ist, darin eine Rolle zu spielen, aber meistens findest du den Gedanken eher beengend. »Und wenn ich einfach auf gut Glück ein paar Fragen stelle?«, schlägst du vor. »Und du antwortest weiterhin ehrlich oder hältst von mir aus einfach die Klappe, wenn es nicht geht?« »Vooi, du bist echt ‘ne hartnäckige Nervensäge.« Aus dem Augenwinkel kannst du sehen, wie Squalo die Achseln zuckt. »Von mir aus.« Du überlegst einen Moment. »Wird es mir gefallen?«, fragst du. Squalo gluckst und braucht nicht lang zum Antworten. »Wahrscheinlich nicht.« Hast du dir fast schon gedacht. Immerhin sind Xanxus und Squalo daran beteiligt und das bedeutet, es ist entweder Vongola-Sache, oder Varia-Sache, oder eben Sache von zwei sehr mordlustigen Jugendlichen. »Wieso nicht?«, fragst du. Diesmal antwortet er nicht sofort, und du schielst zu ihm, um zu beobachten, wie er den Kopf neigt. »Es werden ein paar Menschen sterben«, sagt er vage. Augenblicklich wird dir unwohl, sehr unwohl, aber du glaubst, es dir nicht anmerken zu lassen. »Ich auch?«, hörst du dich fragen, deine Stimme klingt plötzlich dumpf und entfernt. Plötzlich grinst Squalo. Du weißt nicht, ob du das gut oder schlecht finden sollst, hast aber auch keine Zeit, dich zu entscheiden, denn er antwortet wieder schneller. »Nicht, wenn der Plan funktioniert.« Du beißt die Zähne zusammen. Die Frage, ob Fabio sterben wird, brennt auf deiner Zunge, doch du sprichst sie nicht aus. Du willst es nicht wissen. Du willst es nicht wissen, du willst nicht wissen, wie du auf ein Ja reagieren würdest, und noch weniger willst du wissen, wie du auf ein Nein reagieren würdest. Du weißt, dass es dich quälen wird, dich selbst im Unklaren zu lassen, aber du bist dir sicher, dass es dich noch mehr quälen würde, würdest du dir erlauben, die Wahrheit zu erfahren. Vielleicht würde Squalo es dir ja auch gar nicht verraten. Du atmest lang aus, und dann schweigst du. Und Squalo auch. Einige Minuten lang seid ihr beide einfach nur da, blickt irgendeinen Punkt im Raum an und denkt beide über denselben Plan nach. Und irgendwann platzt Squalo einfach so mit einer trivialen Anekdote über Xanxus heraus. Und damit ist die Barriere zwischen euch, die wegen deiner Fragerei entstanden ist, einfach wieder gebrochen. Er sitzt auf dem Stuhl und du liegst auf dem Bett, und ihr redet, bis es dunkel wird, erst über Xanxus, dann über Timoteo, dann über Schnurrbärte, dann über Essen, und dann über Actionfilme. Irgendwann geht er, und du wünschst ihm eine gute Nacht. Er sagt »Ja, ja.« und winkt ab und du musst lachen. Dann liegst du in dem großen, weichen, bequemen Gästebett und hast, wie immer, Probleme mit dem Einschlafen, aber diesmal ist es nicht so schlimm, weil du feststellst, dass du Squalo magst, und dass das gut ist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)