Someone To Save You [Xanxus X Reader] von gluecklich (Leben für Anfänger) ================================================================================ Kapitel 3: Fabio ---------------- Kennen gelernt habt ihr euch, als du zwölf warst und er sechzehn. Deine Familie hatte schon seit Generationen im Herrschaftsgebiet der de Tomaso-Famiglia gelebt und dein Vater hatte es damals endlich geschafft, sich weit genug hochzuarbeiten, um mit seiner Familie hin und wieder bei diesem bedeutenden Mafiaboss eingeladen zu werden. Du sahst zu ihm auf, weil er schon ein Teenager war, weil er groß war und Bartwuchs hatte und eine tiefere Stimme, und generell viel interessanter war als Jungs in deinem Alter. Die waren unreif, du nicht. Und als du dich irgendwann trautest, bei einem der vielen Abendessen mit euren Eltern einfach ein Gespräch mit ihm anzufangen, entwickelte sich eigentlich etwas völlig Normales. Ihr habt euch angefreundet. Er hat dir die große Welt der Mafia Mädchen-gerecht gezeigt. Du hast ihn mit deinem Leichtsinn erheitert, wenn er schlecht drauf war. Fabio de Tomaso wurde einer der wichtigsten Menschen in deinem Leben. Er war bei dir, wenn du Teenager-bedingte Probleme mit deinen Eltern hattest, und du hieltest ihm die Stange, wenn er sich in der Mafiawelt behaupten musste. Er war jung und wurde unterschätzt. Das wusstest auch du. Aber er war der alleinige Boss-Anwärter der siebten Generation, er musste gut sein. Ihr wurdet beste Freunde, ihr wurdet älter, du pubertiertest, du wurdest weiblicher und er männlicher, und dann warst du verknallt. Und er auch. Der Altersunterschied war dir völlig egal, du fandest dich reif genug, und er dich ja offenbar auch. So warst du dreizehn, als du deine erste Beziehung eingingst. Und sie erfüllte all deine Erwartungen, sie übertraf sie sogar noch. Fabio sollte das Beste sein, was dir je hatte passieren können, er trug dich auf Händen und bescherte dir den Himmel auf Erden. Er war neunzehn, du warst fünfzehn, als er dir den Antrag machte. Ihr hättet noch Zeit, sagte er, die Hochzeit könne noch jahrelang warten, doch er wolle bereits ein Zeichen setzen. Eines für die Ewigkeit. Eines, das der ganzen Welt beweisen sollte, dass ihr unzertrennlich wart. Deine Eltern waren zuerst skeptisch, ließen sich aber schnell davon überzeugen. Fabio de Tomaso war immerhin eine gute Partie, und ihr wart ja schon zwei Jahre lang ohne jegliche Komplikationen zusammen gewesen. Dass ihr die Vernunft besaßt, frühestens dann heiraten zu wollen, wenn du auch volljährig warst, beruhigte sie. Du zogst zu ihm. Du warst verlobt. Du warst glücklich. Es geschah schleichend. Rückblickend denkst du, dass ihm die Macht zu Kopfe gestiegen ist. Das, gepaart mit einer langsamen, lähmenden Depression. Irgendetwas in der Richtung muss es sein. Er musste immer mehr arbeiten, weil er dem Datum immer näher kam, an dem er die Familie übernehmen würde. Er musste sich behaupten, er bekam nach und nach alles in die Hände gelegt, was ein Mafiaboss brauchte, die Leute begannen, zu ihm aufzusehen, die Mitarbeiter der Famiglia begannen, ihm zu gehorchen. Er schlug sich gut, er hatte durchaus Bossqualitäten, doch die Arbeit laugte ihn aus. Es war zu viel, und vor allem machte es ihn müde – statt glücklich. Und du warst da für ihn, du hieltest all seine Launen aus, weil du wolltest, dass es ihm irgendwann wieder besser ging. Du versuchtest alles, was in deiner Macht stand, damit es ihm gut ging, wenn er Feierabend hatte und ihr euch endlich sehen konntet. Du ließest die Schule schleifen, obwohl es ein wichtiges Jahr war, weil du deine ganze Freizeit damit verbrachtest, Möglichkeiten zu suchen, ihm zu helfen. Manchmal klappte es. Es gab immer wieder Momente, in denen sich seine Miene aufhellte, in denen er sich öffnete und wieder so wurde wie der Fabio, in den du dich verliebt hattest. Dann bedankte er sich für deine Geduld, versprach, dass es bald besser werden würde und er aus diesem Tief schon wieder herauskam. Und du glaubtest ihm das, weil du ihn noch immer liebtest und nicht damit aufhören wolltest. Doch diese Momente wurden weniger und weniger. Er hörte auf, zu lächeln. Er hörte auf, sich für deine Mühen zu bedanken. Er hörte auf, von Besserung zu sprechen. Er hörte auf, von überhaupt irgendetwas zu sprechen. Wenn du wieder einmal krampfhaft versuchtest, ihn aufzuheitern, schnauzte er dich an, weil du ihm auf die Nerven gingst. Du sagtest, dass es dir leid tat, und zogst dich zurück, und später schimpfte er, weil du nicht bei ihm gewesen warst. Und irgendwann trautest du dich, genug zu haben. Irgendwann dachtest du dir, dass er vielleicht einen Arschtritt brauchte, wenn all das Nette nicht funktionierte. Du sagtest ihm, dass er seine Versprechen endlich wahrmachen solle, weil du müde wurdest, weil du nicht immer für ihn da sein konntest, und weil es wehtat, wenn er dich beleidigte, obwohl du nur helfen wolltest. Du sagtest ihm, dass er etwas tun sollte. Du sagtest ihm, dass du sonst nicht sicher warst, ob du das noch lang aushieltest. Exakt auf diese Worte folgte das erste Mal, dass er dich schlug. Es begann mit einer Ohrfeige, sie tat weh, du warst erschrocken, er entschuldigte sich. Du schliefst im Gästezimmer und er war weg, als du aufwachtest. Eine Woche lang war es still um euch. Du glaubtest, dass er reumütig war, und wolltest ihm verzeihen. Mit Fabio ging es weiterhin steil bergab, also versuchtest du, viel mit ihm zu reden, ihn zu beschäftigen und irgendwie bei Laune zu halten – und merktest zu spät, dass deine Fürsorge ihn einmal mehr reizte. Es war ein Donnerstagabend, an dem er ungewöhnlich spät von der Arbeit kam, schon schimpfte, während er Jacke und Schuhe auszog, und du spüren konntest, dass er einen weiteren Tiefpunkt erreicht hatte. Also eiltest du zu ihm und wolltest mit ihm sprechen. Wolltest alles über seinen Tag aus ihm herausquetschen, damit du wusstest, was schiefgelaufen war, und ihr vielleicht darüber reden konntet. Als das nicht fruchtete, gingst du mit ihm das späte Fernsehprogramm durch, damit er sich wenigstens damit beschäftigte, aber ihm gefiel nichts. Du fragtest, ob er ins Bett gehen wolle, doch er wollte nicht. Du fragtest, was er stattdessen tun wolle, doch er wusste nichts. Es war lediglich ein »Gott, du bist schwierig«, was dir herausrutschte. Er brach dir die Nase. Während Fabio sich nicht rührte, eiltest du zu eurem Arzt, der für die ganze Famiglia zuständig und deshalb glücklicherweise immer in der Nähe war. Du hattest nicht einmal den Nerv, dir irgendeine Lüge auszudenken, und sagtest ihm einfach, dass Fabio dich geschlagen hatte. Gleich darauf wünschtest du dir, du hättest dir irgendetwas anderes überlegt. Der Gleichmut des Arztes war fast unerträglich. Du gingst einen Tag lang nicht in die Schule, saßest stattdessen allein im großen Anwesen und weintest stundenlang. Einige Male hieltest du eine von Fabios vielen Schusswaffen in der Hand, du wusstest ganz gut, wie man die bediente, und wohin man am besten zielte, wenn man sterben wollte. Aber der Gedanke, dass er dein Verlobter war und dich brauchte, um irgendwann wieder aus diesem Loch zu kriechen, hielt dich vom Selbstmord ab. Als du am nächsten Tag wieder in die Schule gingst, erzähltest du lachend von einem dummen Zusammenprall mit dem Türrahmen, während du mit der Katze gespielt hättest, und versuchtest, den Schmerz in dir zu ignorieren, der sich anfühlte, als seist du mit diesen Worten zerbrochen. Du hattest nicht einmal eine Katze. Fabio sprach wenig mit dir. Deine dicke, blaue Nase ignorierte er völlig, und wenn ihr euch doch kurz unterhieltet, klang er arrogant und schien es darauf anzulegen, deutlich zu machen, dass er sich für nichts entschuldigen musste. Ein paar Tage später wagtest du ein weiteres Mal, ihm deine Hilfe anzubieten. Wieder schienst du ihn damit zu nerven. Wieder schlug er zu. Diesmal nicht in dein Gesicht, nein, das war der Tag, an dem er anfing, mehr dorthin zu zielen, wo es nicht jeder sehen konnte. Blaue Augen oder eine blutige Nase fingst du dir nur noch ein, wenn es wirklich schlimm war. Du hörtest auf, ihm helfen zu wollen, aber das nutzte nichts. Du musstest nur noch den Mund öffnen, um dich zu seiner Zielscheibe zu machen. Und selbst, als du begannst, fast nur noch zu schweigen, ging er immer wieder aus heiterem Himmel auf dich los. Wenn ihr nebeneinander im Bett lagt und du dein Bestes gabst, so zu weinen, dass er es nicht bemerkte, sagte er manchmal, dass du ihn nicht verlassen durftest. Manchmal schaffte er sogar ein Ich liebe dich. Aber meistens war es nur das. Du darfst mich nicht verlassen. Und trotz des Schmerzes, trotz der Verzweiflung und der schwachen Wut, sahst du doch immer wieder, dass es ihm ein wenig besser zu gehen schien, wenn er mit dir fertig war. Du sahst, dass er Stress hatte und den eben abbauen musste. Du sahst, dass er dich brauchte. Und dass er dich liebte. Und dass er dich nicht gehen lassen würde. Also bliebst du. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)